SONO Ausgabe 2 - Luzifer Verlag
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46<br />
Tad Williams: Es gibt einen<br />
Unterschied zwischen Beeinflussung<br />
- ich würde sagen, „Otherland“<br />
wurde von so verschiedenen<br />
Werken wie Farmers „Riverworld<br />
Saga“, L.M. Bostons „Green Knowe<br />
Chronicles“ oder die Bücher von T.<br />
Pynchon (Hinweis des Übersetzers;<br />
Keines dieser Bücher ist derzeit auf<br />
Deutsch erhältlich) - und die spaßigsten<br />
Elemente anderer Bücher klauen,<br />
was ich über die ganze<br />
Geschichte hinweg getan habe. Das<br />
ist etwas, was mich an „Otherland“<br />
so gereizt hat; mit fast allem zu<br />
arbeiten, wofür ich mich entscheide,<br />
inklusive fiktionaler Universen.<br />
Spezial: Tad Williams Otherland<br />
<strong>SONO</strong>: Könntest du dir vorstellen,<br />
eines Tages in die Welt von<br />
Otherland zurückzukehren, vielleicht<br />
in Form von Kurzgeschichten,<br />
wie in Osten Ard oder sogar mit<br />
einem zweiten Zyklus<br />
Tad Williams: Tatsächlich habe ich<br />
gerade meine erste Post-Otherland<br />
Arbeit, die in der selben Welt angesiedelt<br />
ist, abgeschlossen. Es ist eine<br />
Kurzgeschichte für eine Anthologie<br />
namens „Legends II“, die von<br />
Robert Silberberg herausgebracht<br />
wird. Sie trägt den Titel „The happiest<br />
dead Boy in the World“ und<br />
handelt von einer der Hauptfiguren<br />
aus “Otherland” nach den<br />
Ereignissen des Buches. Ich sage<br />
natürlich nicht, wer es ist, um niemandem<br />
den Spaß zu verderben,<br />
der den Zyklus noch nicht durchgelesen<br />
hat. Ich hoffe, dass die<br />
Kurzgeschichte die Idee, die<br />
„Otherland“ zugrunde liegt, weiter<br />
vertieft und ihr einen neuen Aspekt<br />
hinzufügt. Es macht keinen Sinn,<br />
eine Welt noch einmal zu besuchen,<br />
wenn man dadurch keinen neuen<br />
Blickwinkel auf sie gewinnt. Was<br />
nun die weitere Zukunft betrifft ...<br />
wer weiß Ich plane im Moment<br />
zwar nichts derartiges, aber grundsätzlich<br />
vorstellen könnte ich es mir<br />
schon. Ich mochte die Figuren und<br />
ICH LIEBE ES, mit den berühmten<br />
Werken anderer Autoren herumzuspielen...<br />
<strong>SONO</strong>: Tanja Kinkel, eine deutsche<br />
Bestsellerautorin sagt zu<br />
"Otherland":<br />
Tad Williams hat mit Otherland aus<br />
FanFiction eine Kunst gemacht, da<br />
besagter Zyklus ja von<br />
Gormenghast bis zum Mars a la<br />
Edgar Rice Burroughs alle möglichen<br />
"klassischen" phantastischen<br />
Erzählungen einbindet.<br />
Ist Otherland die perfekte<br />
FanFiction, oder wie stehst dr zu der<br />
Äußerung von Frau Kinkel<br />
Tad Williams: Ja, da ist unbestreitbar<br />
etwas davon in „Otherland“,<br />
obwohl ich mich wohl für andere<br />
Bücher entschieden hätte, wenn es<br />
nur darum ginge. Doch wie ich<br />
bereits sagte, es war unter anderem<br />
dieser Aspekt, der mich an<br />
„Otherland“ so gereizt hat und<br />
überhaupt erst auf den richtigen<br />
Weg brachte. Es ist, um ein viel<br />
zitiertes, amerikanisches Bild zu<br />
benutzen, mein eigenes, ganz privates<br />
Disneyland.<br />
<strong>SONO</strong>: Wie bist du beim Schreiben<br />
vorgegangen, um nicht das große<br />
Ziel aus den Augen zu verlieren<br />
Tad Williams: Das ist eine der<br />
Fragen, die schwierig zu beantworten<br />
sind. Es ist einfach meine Art, zu<br />
arbeiten. Im Grunde ist es ein bisschen,<br />
als würde man einen<br />
Athleten fragen, wie er es schafft, so<br />
hoch zu springen. Begabung und<br />
viel praktische Erfahrung, ehrlich.<br />
Ich neige dazu, einen Großteil meiner<br />
Geschichten im Kopf zu behalten.<br />
Einerseits führt das dazu, dass<br />
die Einzelteile immer wieder<br />
zusammenknallen und so zu neuen<br />
Teilen führen, andererseits ist das<br />
Gedächtnis wie ein Muskel und<br />
man muss es benutzen, um es zu<br />
trainieren.<br />
<strong>SONO</strong>: Wie hält Tad Williams es<br />
mit der Virtualität Nutzt du das<br />
Internet regelmäßig Welche<br />
Chancen siehst du hier<br />
Tad Williams: Was Computer, das<br />
Internet und Technik im<br />
Allgemeinen betrifft, so bin ich<br />
irgendwas zwischen einem echten<br />
„Science Boy“ und einem hoffnungslosen<br />
Zivilisten. Ich bin kein<br />
Ingenieur oder Programmierer – ich<br />
bin nicht mal in der Nähe davon –<br />
aber ich habe schon für Apple gearbeitet<br />
und benutze Computer nun<br />
schon seit vielen Jahren. Seit ungefähr<br />
15 Jahren bin ich in den<br />
Arbeiten an Online Communities<br />
involviert – ein blutiger Anfänger<br />
bin ich also auch nicht.<br />
Ich glaube, das Internet ist weder<br />
gut noch schlecht. Es ist einfach nur<br />
eine neue Form der Kommunikation<br />
und ein neues Medium zum<br />
Archivieren; es hat bereits eine<br />
Menge Veränderungen mit sich<br />
gebracht, aber es wird noch sehr viel<br />
mehr ändern, als bisher.<br />
<strong>SONO</strong>: Die Bücher, die dir am<br />
Herzen liegen, scheinen auf den<br />
ersten Blick mit Virtualität nichts zu<br />
tun zu haben; wie sieht es mit<br />
Autoren wie Gibson aus Bist du ein<br />
Fan vom "Neuromancer" oder war<br />
die Virtualität für dich weniger ein<br />
wesentliches Konzept als vielmehr<br />
Mittel zum Zweck<br />
Tad Williams: Natürlich bin ich ein<br />
Fan von Gibson, aber in erster Linie<br />
deshalb, weil er ein großartiger<br />
Autor ist.<br />
Die Konzepte von Virtualität sind in<br />
der Science-Fiction Literatur schon<br />
eine ganze Weile im Umlauf und<br />
wurden auch schon von anderen<br />
vor mir verwendet. Ich habe versucht,<br />
die Idee von Virtualität zu<br />
meinen eigenen, ganz praktischen<br />
Gründen zu verwenden, nämlich<br />
eine epische Geschichte zu erzählen,<br />
die hinsichtlich der wissenschaftlichen<br />
Grundzüge eher praktisch ist,<br />
die aber zu geradezu magischen<br />
Resultaten führt, indem sie nämlich<br />
die Fähigkeit verleiht, zwischen völlig<br />
verschiedenen Welten - einige<br />
von ihnen historisch, andere frei<br />
erfunden - hin und her zu reisen. Es<br />
war dieses Ergebnis, das für mich<br />
wirklich interessant war.<br />
Ich glaube, ich bin ein ganz anderer<br />
Schriftsteller, als Gibson. Während<br />
er sehr düstere Geschichten<br />
schreibt, sind meine doch eher in<br />
der Tradition von Schelmenromanen<br />
zu lesen, um nur zwei Beispiele<br />
zu nennen.