Der Weg ins soziale Netz - VKE
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MARKENFÜHRUNG<br />
HANDEL<br />
RECHT<br />
SERVICE<br />
16<br />
TITEL MARKENARTIKEL 7/2010<br />
<strong>Der</strong> <strong>Weg</strong> <strong>ins</strong><br />
<strong>soziale</strong> <strong>Netz</strong><br />
Für Unternehmen ist heute die Kommunikation<br />
über <strong>soziale</strong> <strong>Netz</strong>werke unumgänglich. Gerade<br />
über Kosmetikprodukte tauschen sich die Verwenderinnen<br />
gerne im Internet aus.<br />
DIE ENTWICKLUNGEN im Online-Marketing haben auch die<br />
Kosmetikbranche ergriffen. In der zunehmenden Verbreitung<br />
und im Erfolg des Suchmaschinenmarketing<br />
sehen vor allem die transaktionsgetriebenen Online-<br />
Kosmetikhändler ihre Vertriebs-Chancen. Und seit <strong>soziale</strong><br />
<strong>Netz</strong>werke wachsen und sich verbreiten, ergeben<br />
sich für die Hersteller neue Möglichkeiten, Awarenessund<br />
Imageaufbau zu betreiben. Facebook und teilweise<br />
auch YouTube übernehmen dabei für Markenartikler<br />
der FMCG- und Kosmetikbranche die zentrale Rolle,<br />
die Google zuvor gespielt hat.<br />
Für die Kosmetikbranche ist Social Media aus drei<br />
Gründen relevant: Erstens spielt bei der Ver- und Anwendung<br />
der Produkte der <strong>soziale</strong> Austausch eine Rolle.<br />
Freundinnen tauschen Erfahrungen und Tipps zur<br />
Verwendung miteinander aus. Zweitens sind Schminkresultate<br />
und Anwendungsbeispiele ausgezeichnet audiovisuell<br />
darstellbar. Die persönlichen Bilder und Videos<br />
rund um Kajalstifte und Lidschatten eignen sich<br />
perfekt zum Austausch (Sharing) und zum E<strong>ins</strong>tellen<br />
und Bewerten auf Social Media-Portalen. Drittens<br />
deckt sich die in <strong>soziale</strong>n <strong>Netz</strong>werken häufig überrepräsentierte<br />
Nutzergruppe junger Frauen mit dem zentralen<br />
Zielgruppencluster der Kosmetikindustrie.<br />
Diese Eigenheiten bieten den Herstellern große Chancen<br />
in <strong>soziale</strong>n <strong>Netz</strong>werken. Infolgedessen haben vor<br />
allem Mass-Market-Kosmetikhersteller auf Facebook<br />
Markenprofile angelegt, einen YouTube-Channel eröffnet,<br />
ein Webforum initiiert oder Word-of-Mouth-<br />
Kampagnen bei Produktlaunches eingesetzt. Die<br />
Premiumanbieter aus dem Selektivmarkt zögern erwartungsgemäß<br />
noch. Aber die Erfahrungen der Modeindustrie<br />
zeigen, dass es nur eine Frage der Zeit ist,<br />
bis sie nachziehen und aktiv werden.<br />
Owned<br />
media<br />
Earned<br />
media<br />
Paid<br />
media<br />
Brand Website<br />
Facebook Profil<br />
Youtube Channel<br />
Friends & Follower<br />
Produkt Reviews<br />
(Positive) Posts<br />
Advertising<br />
Advertorials<br />
Paid Search<br />
Kontrolle<br />
Effekt<br />
Kontrolle<br />
Abb.1: Owned Media umfasst alle Mediaformen, die ein Unternehmen direkt besitzt und steuert. Paid Media meint die klassische Anzeigenschaltung<br />
(Banner, Video Advertising, etc.). Earned Media umfasst Produktempfehlungen, privat gedrehte Kosmetikvideos, etc. Die Kontrolle der<br />
Hersteller ist in diesem Bereich gering.<br />
Quelle: GroupM
Quelle: GroupM<br />
MARKENARTIKEL 7/2010<br />
ABB.2: DIE MÖGLICHKEITEN IN SOZIALEN NETZWERKEN SIND VIELFÄLTIG<br />
Social Advertising<br />
Schaltung von (bezahlten)<br />
Media Kampagnen in Social<br />
Networks, Auslieferung auf<br />
UGC Seiten, bspw.<br />
Blogvertising, Social Ads<br />
Active Outreach<br />
1:1 Dialog und Interaktion mit<br />
Opinion Leadern und<br />
Meinungsführern, umfangreicher<br />
Support, bspw.<br />
Samplings, Word-of-Mouth<br />
Contribution<br />
Adaption und (Neu-)<br />
Entwicklung von Social<br />
Media kompatiblen Inhalten,<br />
Basis für viralen Content,<br />
bspw. Widgets, Videos<br />
OnSite Integration<br />
Einbindung von Social Media<br />
Elementen und<br />
Funktionalitäten (SMO),<br />
bspw. User Reviews,<br />
Facebook Connect<br />
Seeding<br />
Verteilung viraler (!) Inhalte<br />
(Bilder, Videos) auf Social<br />
Media Portalen, Verbreitung<br />
durch Weiterempfehlung,<br />
bspw. viral Videos<br />
Community Building<br />
Aufbau und Management<br />
von Communities, ongoing<br />
Dialog mit Konsumenten auf<br />
„eigenen“ Plattformen, bspw.<br />
Brand Pages<br />
Tracking und Monitoring Ermittlung und Überprüfung relevanter KPIs auf Social Media<br />
Plattformen, bspw. Brand Advocates, Sentiments, Social Graphs, Net Promoter Score<br />
TITEL<br />
MARKENFÜHRUNG<br />
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RECHT<br />
SERVICE<br />
17<br />
Um das Konstrukt Social Media zu erfassen, empfiehlt<br />
es sich eine Strukturierung der Begrifflichkeiten. Oft<br />
findet eine Differenzierung basierend auf den unterschiedlichen<br />
technischen Plattformen statt.<br />
Foren, Blogs, Rezensionen und Co.<br />
Es existieren Kosmetikforen, in denen sich User über<br />
Kosmetikprodukte und -erfahrungen austauschen, Fragen<br />
stellen und beantworten. In Blogs äußern Verwender<br />
und (selbsternannte) -experten ihre Sicht der Dinge<br />
– weitgehend ohne Diskussion. Auf Content Sharing-<br />
Plattformen findet sich eine Vielzahl von privaten Videorezensionen.<br />
Und in <strong>soziale</strong>n <strong>Netz</strong>werken versammeln<br />
sich Marken-Fans und tauschen sich mit Freunden und<br />
Bekannten aus. Daneben existieren Microblogs, Ratingplattformen,<br />
Social News Sites, ...<br />
Als weitere Strukturierungsform für Social Media hat<br />
sich vor allem in der Mediabranche eine Differenzierung<br />
in Owned, Earned und Paid Media durchgesetzt.<br />
Owned Media umfasst alle Mediaformen, die ein Unternehmen<br />
direkt besitzt und steuert (Websites, Band<br />
Profiles, etc.). Demgegenüber deckt Paid Media die<br />
»klassische« Anzeigenschaltung in Form von Banner-<br />
Kampagnen, Video Advertising und Co. ab. Unter Earned<br />
Media sind Produktempfehlungen, privat gedrehte<br />
Kosmetikvideos oder Fans eines Brand Profiles zusammengefasst<br />
(siehe Abb.1).<br />
Unternehmen müssen Kontrolle abgeben<br />
Während der Effekt auf Markenimage und Kaufverhalten<br />
in der letztgenannten Kategorie am höchsten<br />
ist, gibt eine Marke hier am stärksten die Kontrolle<br />
aus der Hand. Kontrolle ist nur bei Owned und Paid<br />
Media möglich – wenn keine Konsumenten-Interaktion<br />
zugelassen wird. Dieser Kontrollverlust ist eine der<br />
zentralen Folgen von <strong>soziale</strong>n <strong>Netz</strong>werken, über die<br />
sich Unternehmen bewusst sein müssen.<br />
Neben Mediaagenturen schreiben sich ganz unter-<br />
schiedliche Dienstleister Social Media <strong>ins</strong> Leistungsportfolio.<br />
Vor allem sind das PR- und Kreativagenturen<br />
– darüber hinaus aber auch Marktforschungs<strong>ins</strong>titute<br />
und Online-Agenturen. Als erstes lassen sich Social<br />
Media-Leistungen unter Social Monitoring und<br />
Tracking zusammenfassen. In Form eines kombiniert<br />
quantitativ-qualitativen Screenings empfiehlt sich dieses<br />
Modul als Start in die Social Media-Welt. Als rein<br />
quantitatives Social Tracking dient es der kontinuierlichen<br />
Erfolgskontrolle.<br />
Kostenlose Weiterempfehlungen<br />
Social Advertising fasst Anzeigenschaltungen auf Social<br />
Media-Plattformen zusammen, das heißt auf User<br />
Generated Content-Websites. Während Social Advertising<br />
dem Paid Media zuzuordnen ist, setzt Seeding<br />
auf organischen Reichweitenaufbau, das heißt auf Earned<br />
Media. Beim Seeding verbreiten sich virale Videos<br />
über Weiterempfehlungen »kostenlos«. Gegenüber<br />
Social Advertising sind beim Seeding die Ansprüche<br />
an das Werbemittel beziehungsweise den Content sehr<br />
hoch. Die Inhalte müssen viral kompatibel sein, das<br />
bedeutet entweder überaus informativ oder – besser –<br />
unterhaltsam (Contribution).<br />
Social Advertising und Seeding fokussieren auf Reichweite<br />
und Massenkommunikation. Demgegenüber benutzt<br />
Active Outreach den Modus der 1:1 Kommunikation.<br />
Beispielsweise bei Produktlaunches erhalten<br />
Multiplikatoren (z.B. reputationsstarke Blogger oder<br />
ausgewählte Haushalte) Produkt-Samplings zum Testen.<br />
Anschließend schreiben sie über ihre Eindrücke<br />
und Erfahrungen (Blogger Outreach) oder empfehlen<br />
die Produkte ihrer Peer Group (Word-of-Mouth).<br />
OnSite-Integration umfasst die technische Vernetzung<br />
unterschiedlicher Plattformen. Das reicht von Social<br />
Bookmarking bei Mr. Wong oder Delicious bis zu Facebook<br />
Connect. Facebook Connect verknüpft Websites,<br />
indem Seiteninhalte auf Basis von User-Profilen indivi-
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TITEL MARKENARTIKEL 7/2010<br />
ABB.3: ZIELE DER SOCIAL MEDIA-STRATEGIE DEFINIEREN<br />
initial<br />
screening<br />
Understand!<br />
Social<br />
Tracking<br />
18<br />
Community<br />
Building<br />
Strategie<br />
Entwicklung<br />
Active<br />
Outreach<br />
Content<br />
Seeding<br />
be live!<br />
Social<br />
Advertising<br />
be useful!<br />
OnSite<br />
integration<br />
Contribution<br />
Nur was eine Community<br />
interessiert und bewegt und was<br />
ihr nützt, hat eine Chance aufgegriffen,<br />
verbreitet und geteilt<br />
zu werden. Es empfiehlt sich, in<br />
einem umfassenden Social Media-Screening<br />
festzustellen, wer,<br />
wo, über was und wie diskutiert.<br />
Quelle: GroupM<br />
dualisiert werden. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit<br />
des Community Building, zu dem das Setup und<br />
das kontinuierliche Management von Marken- oder<br />
Produkt-Communities gehören. Die Rolle von Marken<br />
ist hier weniger die eines Gesprächspartners als vielmehr<br />
die eines Initiators und Katalysators. Das Konsumenten-Engagement<br />
geschieht über kontinuierliche<br />
Aufrufe zu Abstimmungen, Wettbewerben, Aktionen<br />
(siehe Abb. 2).<br />
Aufgabenteilung: Wer liefert was<br />
Diese Unterteilung zugrunde gelegt, sind die Aufgabengebiete<br />
einzelner Dienstleister deutlich: Contribution<br />
steuert meist die Kreativagentur bei, indem sie Inhalte<br />
und Ideen für Werbemittel, Widgets und Communities<br />
liefert. Die Webagentur setzt diese Inhalte technisch um<br />
und übernimmt die OnSite-Integration. Die PR-Agentur<br />
deckt durch ihre Erfahrungen aus dem Umgang mit<br />
Redakteuren die Active-Outreach Leistungen ab.<br />
Schließlich liefert die Mediaagentur über Social Advertising<br />
und Seeding die Bekanntmachung und kontinuierliche<br />
Bewerbung von Plattformen. Sie sorgt für die<br />
Generierung von Buzz und Mitgliedern. Im Idealfall<br />
übernimmt die Mediaagentur zudem das quantitative<br />
Social Tracking und verfügt damit neben einer Erfolgskontrolle<br />
über die wesentlichen Insights für die Mediaplanung,<br />
das heißt für die Auswahl thematisch und<br />
zielgruppenspezifisch passender Werbeträger (bspw.<br />
Foren, Blogs, Communites) und Werbemittel (passend<br />
zu Diskussionen, Meinungen, Interessen).<br />
<strong>Der</strong> Kreis schließt sich, indem diese kontinuierlich erhobenen<br />
Tracking Daten – angereichert mit qualitativen<br />
Studien der Marktforschungs<strong>ins</strong>titute – als wesentlicher<br />
Input für die Kreativagentur dienen. Denn nur<br />
was eine Community interessiert und bewegt und was<br />
ihr nützt, hat eine Chance aufgegriffen, verbreitet und<br />
geteilt zu werden (sieh Abb.3).<br />
Erste Schritte im <strong>Netz</strong><br />
Für Kosmetikmarken empfiehlt sich, in einem umfassenden<br />
Social Media-Screening festzustellen, wer,<br />
wo, über was und wie diskutiert. Daraus ergeben sich<br />
wichtige Informationen zu a) starken Brand Advocats,<br />
b) von der Zielgruppe favorisierten Blogs, Foren<br />
und Communities, c) diskutierten Themen rund um<br />
die Marke und Produkte, sowie d) E<strong>ins</strong>tellungen und<br />
Meinungen (Sentiments). Angereichert mit einem Wettbewerbs-Screening<br />
dient diese Bestandsaufnahme als<br />
Ausgangpunkt einer Social Media-Strategie.<br />
Entscheidend für die Strategieentwicklung ist zudem<br />
die Feststellung der unternehmensinternen und -externen<br />
Stakeholder und Schnittstellen sowie vor allem<br />
die Fokussierung auf bestimmte Ziele. Gerade weil Social-Media<br />
alle Organisationseinheiten und Unternehmensziele<br />
tangiert, sollten im Vorfeld klare Ziele definiert<br />
werden.<br />
Es wird deutlich: Social Media ist kein neuer Kanal,<br />
sondern vielmehr eine integrative Erweiterung und –<br />
bei korrekter Verwendung – Optimierung bestehender<br />
Marketing und Mediamaßnahmen.<br />
Dr. Robert Mayer-Uellner<br />
Dr. Robert Mayer-Uellner<br />
verantwortet seit Anfang 2010<br />
bei der GroupM die Bereiche<br />
Social Media und Search. Nach<br />
verschiedenen Tätigkeiten<br />
unter anderem in einer Unternehmensberatung<br />
und einer<br />
Maschinenfabrik arbeitete er<br />
zuvor mehrere Jahre im Online<br />
Performance Marketing.