Zitronenbäumchen - Natürlich
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Garten NATUR<br />
<strong>Zitronenbäumchen</strong><br />
Für den Biogärtner ist der sonnenarme<br />
Winter eine lange Zeit. Da kommt ein kleiner,<br />
intensiv duftender Zitronenbaum gerade<br />
recht. Das dekorative Rautengewächs lässt<br />
sich auch in unseren Breiten ohne<br />
Fremdenergie ziehen und liefert in den<br />
Wintermonaten Früchte voller gesunder<br />
Vitalstoffe.<br />
Text und Fotos: Kurt Forster<br />
<strong>Natürlich</strong> | 4-2003 23
Ist die Zitronenschale mit Pestiziden behandelt<br />
oder nicht? Kann man sie bedenkenlos<br />
in den Kuchenteig raffeln<br />
oder für den Punsch verwenden? Wer<br />
hat in solchen Situationen noch nie gezögert?<br />
Die meisten Zitrusfrüchte werden<br />
während der Anbauzeit mehrfach mit Pestiziden<br />
besprüht. Für die Haltbarmachung<br />
kommen natürliche oder künstliche<br />
Wachse wie das Pestizid Thiabendazol zum<br />
Einsatz. Eine Alternative besteht in der<br />
Anzucht und Pflege von eigenen, unbehandelten<br />
Zitruspflanzen. Dies ist sogar in<br />
unseren Breiten ohne Fremdenergie möglich.<br />
Da bei uns die typischen Zitruskrankheiten<br />
nicht auftreten, kann man auf einen<br />
Pestizideinsatz verzichten.<br />
Zitruspflanzen gehören zu den ältesten<br />
Kulturpflanzen. Ihre Heimat liegt in Ostasien<br />
und an den Südhängen des Himalajas.<br />
Bereits vor 4000 Jahren wurden in<br />
Südchina Orangen und Pampelmusen zur<br />
Zierde und zu Heilzwecken gezogen. Auch<br />
in den Hängenden Gärten der Semiramis<br />
sollen Zitruspflanzen gewachsen sein. Die<br />
Römer brachten die Agrumen (lat. für<br />
Zitruspflanzen) nach Italien, wo sie – in<br />
Tontöpfe eingepflanzt – die Säulengänge in<br />
den Häusern der Vornehmen zierten. Wegen<br />
ihres hohen Zierwertes haben sie eine<br />
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lange Tradition in den Orangerien der<br />
fürstlichen Gärten. Heute werden Zitruspflanzen<br />
auf 5 Kontinenten angebaut und<br />
sind hinter Bananen und Trauben die weltweit<br />
am dritthäufigsten angebaute Obstart.<br />
Kerne, Stecklinge<br />
oder Gekauftes?<br />
Es erfüllt einen mit Stolz, ein eigenes <strong>Zitronenbäumchen</strong><br />
heranzuziehen. Bei Kindern<br />
kann dieses Erlebnis die Liebe zur Natur<br />
wecken und später das Verantwortungsgefühl<br />
für alles Liebgewonnene fördern.<br />
Die einen Zentimeter tief gesteckten<br />
Samen keimen meist gut. Allerdings<br />
blühen aus Kernen gezogene Wildlinge erst<br />
nach 8 bis 10 Jahren, wenn überhaupt, und<br />
auch ihre Früchte können eine Überraschung<br />
sein. Diese Wildlinge bilden jedoch<br />
eine robuste Unterlage, die sich mit den<br />
Reisern einer gut fruchtenden Zitruspflanze<br />
veredeln lässt.<br />
Etwas schneller und sicherer geht die<br />
Vermehrung mit Stecklingen. Dazu verwendet<br />
man einjährige, halbverholzte<br />
Triebe mit zwei Blattpaaren. Sie werden bei<br />
Zimmertemperatur in ein Wassergefäss<br />
gestellt, bis sie kleine Würzelchen bilden.<br />
Jetzt ist der Zeitpunkt, sie einzupflanzen.<br />
Ein Zitronenpflanztopf wird vorbereitet:<br />
Kies und Lavagries sorgen für einen guten<br />
Wasserablauf, darüber kommen tonige<br />
Erde, kalkarmes Steinmehl, Sand und gut<br />
gereifter Kompost.<br />
Wer weniger Geduld besitzt und punkto<br />
Fruchtbildung auf Nummer sicher gehen<br />
will, kauft in einem Gartenzentrum bereits<br />
fruchtende, veredelte Pflanzen. In der professionellen<br />
Zucht wird meist die sehr<br />
widerstandsfähige Bitterorange als Unterlage<br />
verwendet.<br />
Kräftige Erde ohne Staunässe<br />
Zitrusgewächse lieben eine kräftige, nährstoffreiche<br />
Erde mit niedrigem Kalkgehalt<br />
und hohem Ton- oder Lehmanteil. Für<br />
mittelgrosse Zitronenpflanzen sollte das<br />
Pflanzgefäss mindestens 50 Liter Inhalt besitzen.<br />
Da Zitruspflanzen meist verschoben<br />
werden und sie häufiges Umpflanzen nicht<br />
lieben, empfiehlt es sich, genügend grosse,<br />
leichte Kunststofftöpfe zu wählen. Den<br />
Topfboden belegt man am besten mit einer<br />
Schicht Lavagries und Kies, um einen<br />
guten Wasserabfluss sicherzustellen. Den<br />
Rest des Gefässes füllt man mit einer Mischung<br />
aus lehmhaltiger Erde, gut gereiftem<br />
Kompost und Sand. Zitruspflanzen<br />
lieben ein leicht saures Milieu (pH-Wert 6<br />
bis 6,5), weshalb sich Lauberde 1 besonders<br />
gut eignet. Speziell aufbereitete Zitruspflanzenerde<br />
kann man in Spezialgeschäften<br />
kaufen. Möchte man auf Kunstdünger<br />
verzichten, ist Kuhdung eine gute Alternative.<br />
Mit kleinen Magnesium- und Eisengaben<br />
kann die Zitruspflanzenerde optimiert<br />
werden.<br />
Sonnig und windgeschützt<br />
Als Mittelmeerbewohner lieben Zitruspflanzen<br />
Wärme und viel Licht. Sie gedeihen<br />
daher in Süd- oder Westlage am besten.<br />
Besonders wohl fühlen sie sich an<br />
einem vor kalten Winden geschützten<br />
Platz vor einer Mauer oder Hecke. Ein<br />
idealer Standort liegt auch unter einem<br />
vorspringenden Dach vor einer Südfront.<br />
Im Hochsommer muss man die Pflanzen<br />
reichlich giessen. Am besten verwendet<br />
man dazu kalkarmes Regenwasser. Die<br />
Pflanzen lieben kein stehendes Wasser. Bei<br />
Staunässe werden die Blätter gelb und der<br />
Zitrusbaum lässt seine Blätter fallen, was<br />
manche Hobbygärtner als Durst interpretieren<br />
und noch mehr giessen, so dass die<br />
Pflanzen zu serbeln beginnen.<br />
Während der Überwinterungszeit, zwischen<br />
November und April, stellen Zitruspflanzen<br />
ihr Wachstum weitgehend ein.<br />
Ihre Wasser- und Nährstoffbedürfnisse sind
dann gering. Gegossen wird nur einmal<br />
im Monat.<br />
Sie vertragen im Winter durchaus<br />
Temperaturen um den Gefrierpunkt. Es ist<br />
bedeutend besser, die Pflanzen in der kalten<br />
Jahreszeit hell, aber kühl zu halten, als<br />
sie bei hohen Zimmertemperaturen zu verzärteln<br />
oder sie zu dunkel zu halten. In<br />
überhitzten Wohnräumen kommt es gerne<br />
zu Laubabfall, Spinnmilben- und Schildlausbefall.<br />
Ein guter Luftaustausch (genügend<br />
lüften) hilft Krankheiten vermeiden.<br />
Gute Erfahrungen habe ich mit der<br />
Überwinterung im unbeheizten Anlehngewächshaus<br />
gemacht. Solange die Temperaturen<br />
im kalten Gewächshaus über 5<br />
Grad Celsius liegen, wirkt die kühle Luft<br />
abhärtend auf die Pflanzen.<br />
Im zeitigen Frühjahr werden die Zitruspflanzen<br />
leicht zurückgeschnitten, wobei<br />
überkreuzende Äste entfernt werden. Ein<br />
starker Rückschnitt bringt verstärktes<br />
Pflanzenwachstum, aber weniger Blüten<br />
und folglich auch weniger Früchte.<br />
Im Frühjahr, wenn die Fröste vorüber<br />
sind, bringt man die Pflanzen an einem<br />
trüben, regnerischen Tag ins Freie, damit<br />
sie keinen Sonnenbrand bekommen. Wer<br />
den Standort verändert, muss darauf achten,<br />
dass die Pflanze keinen Schock erleidet.<br />
Sicher sind Zitrusfrüchte keine Pflanzen<br />
für gemässigte Breiten. Trotzdem ist es<br />
möglich, sie erfolgreich und ohne Fremdenergie<br />
zu ziehen, sofern ein Kaltgewächshaus<br />
oder Wintergarten zur Verfügung<br />
steht. Im Winter liefern uns die gelben<br />
Vitaminbomben wertvolle Biostoffe wie<br />
Vitamin A, B1, B2 und C, Zitronensäure,<br />
Flavonoide, Natrium, Kalium, Kalzium,<br />
Phosphor und Eisen.<br />
Meine Zitrusbäumchen tragen fast ganzjährig<br />
kleine, mittelgrosse und grosse<br />
Früchte, wobei ich die saftigen Vitaminpakete<br />
vor allem in den Wintermonaten ernte. Ein<br />
mittelgrosses Bäumchen von einem Meter<br />
Grösse bringt gegen 30 gut ausgereifte<br />
Zitronen hervor. Die aromatisch duftende<br />
Zitronenschale kann als vielfältiger Würzstoff<br />
verwendet, der herrliche Zitronenduft<br />
soll tief eingeatmet und genossen werden.<br />
1 Lauberde entsteht schwergewichtig aus kompostiertem<br />
Laub. Diese Erde ist locker, dunkelbraun und leicht sauer.<br />
Kurt Forster überstäubt das Laub aus seinem Garten bei<br />
der Kompostierung alle 10 Zentimeter mit vulkanischem<br />
oder siliciumreichem Steinmehl. Das Laub von Bäumen<br />
an Strassenrändern soll aufgrund der Schadstoffbelastung<br />
gemieden werden.<br />
Garten NATUR<br />
Vielseitige Rautengewächse<br />
Die Gattung der Zitruspflanzen umfasst etwa 20 Arten, die zur 1600 Arten<br />
zählenden Familie der Rautengewächse (Rutaceae) gehören. Die Lebensbedingungen<br />
der Zitruspflanzen sind unterschiedlich. Gewisse Arten wie die chinesische<br />
Bergzitrone oder Bitterorange (Poncirus trifoliatus) vertragen bis minus<br />
20 Grad Celsius. Etwas geschützt kann sie auch bei uns im Freien überwintern.<br />
Andere Arten tolerieren nur leichte Minustemperaturen; diese Pflanzen werden<br />
am besten im kalten Gewächshaus überwintert.<br />
Die bekanntesten Agrumen sind die sauren Zitronen (Citrus limon), die dickschaligen<br />
Zitronatzitronen (Citrus medica), die leicht schälbaren Mandarinen<br />
(Citrus reticulata), die Orangen (Citrus sinensis), die grossen Grapefruits (Citrus<br />
paradisii), die Pampelmusen (Citrus maxima), die kleineren Chinottos (Citrus<br />
myrtifolia) und die pflaumengrossen Kumquats (Fortunella margarita). Auf Pflanzenmärkten<br />
findet man zudem viele Zwergformen, Hybriden, Spezialzüchtungen<br />
und Kreuzungen. Am besten lässt man sich von einem erfahrenen Fachmann<br />
oder einer Fachfrau beraten.<br />
Zierlich, aber produktiv:<br />
Auch kleine <strong>Zitronenbäumchen</strong><br />
können bis 30 Früchte tragen.<br />
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