erste kommunikation - Prentke Romich GmbH
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Charlotte kann widersprechen<br />
Seit dem zweiten Lebensjahr unserer inzwischen<br />
zehnjährigen Tochter Charlotte besuchen wir mit<br />
ihr regelmäßig eine Beratungsstelle für Unterstützte<br />
Kommunikation. Von Anfang an zeigte<br />
Charlotte sehr großes Interesse daran, zu kommunizieren,<br />
arbeitete immer mit und hat jederzeit<br />
versucht, mit neuen Geräten zu arbeiten. Da<br />
Charlottes Motorik sehr stark eingeschränkt ist,<br />
waren diese Versuche oft sehr anstrengend und<br />
nicht immer erfolgreich. Auf der Suche nach der<br />
richtigen Ansteuerung für einen Talker war allen<br />
Beteiligten schnell klar, dass man sich zwischen<br />
Kopf- oder Augensteuerung entscheiden<br />
musste.<br />
Nachdem Charlotte in der Beratungsstelle<br />
die Geräte einmal<br />
ausprobiert hatte, wurde zur Entscheidungsfindung<br />
im Frühjahr<br />
2010 über einen Zeitraum von<br />
vier Wochen ein SmallTalker<br />
mit Kopfsteuerung ausgeliehen.<br />
Charlotte hat sofort bemerkt, dass<br />
die Bewegung der Maus auf dem<br />
Bildschirm von ihr kommt, hat<br />
angefangen zu probieren und es<br />
hat ihr gefallen, wenn das Gerät<br />
gesprochen hat.<br />
Wir hatten eine Seite (15 Felder)<br />
speziell mit Dingen für Charlotte<br />
angelegt und dabei nicht alle Felder<br />
besetzt. Die Symbole, eingefügten<br />
Fotos und Bilder hat sie erkannt. Sie wusste<br />
z. B. auch, dass der „Scheibenwischer“ wieder<br />
das Textfeld „leert“. Wenn Reaktionen direkt von<br />
uns kamen, nachdem sie durch den Talker etwas<br />
gesagt hatte, hat sie sich sehr gefreut – dieser<br />
Zusammenhang war ihr sofort klar und sie hatte<br />
Spaß daran, damit weiterzumachen. Hier noch<br />
eine Situation zuhause, bei der die komplette Familie<br />
begeistert war: Charlotte war zufällig auf<br />
der Seite mit den Feldern „NEIN“ und „JA“,<br />
während ihr Papa nebenher das Abendessen<br />
richtete. Papa: „Hm, Käsebrezeln – die sind alle<br />
für mich!“ Charlotte: „Nein!“ Papa schaut überrascht<br />
zu ihr hin und sagt: „Doch!“ Spontane<br />
Antwort: „Nein!“ Endlich hatte Charlotte auch<br />
www.prentke-romich.de<br />
mal die Möglichkeit zu widersprechen!!!<br />
Allerdings kamen solche Situationen viel zu selten<br />
vor, um Charlotte ein echtes Erfolgserlebnis<br />
zu geben. Sie hat uns überdeutlich gezeigt, dass<br />
sie bestimmte Felder ansteuern will, es aber mit<br />
der Steuerung nicht oder nur schwer schaffen<br />
kann.<br />
Außerdem waren Charlottes Bewegungsmuster<br />
während der Arbeit am SmallTalker sehr verkrampft.<br />
Ihre Beine wurden ständig nach vorne<br />
gestreckt, die rechte Hand „ruderte“ oder hat<br />
sich an etwas gekrallt. Sehr oft hielt sie die rechte<br />
Hand hinter ihrem Kopf krampfhaft an ihrer<br />
Nackenstütze fest. Dies waren Bewegungsmuster,<br />
die wir bei Charlotte eigentlich immer vermeiden<br />
wollen.<br />
Mit diesen Beobachtungen und Erfahrungen waren<br />
wir uns mit den Therapeuten und Lehrern<br />
einig, dass für unsere Tochter ein EcoTalker mit<br />
Augensteuerung beantragt werden sollte.<br />
Diesen Talker haben wir nun seit Anfang des<br />
Jahres 2011. Er wird regelmäßig sowohl zuhause<br />
als auch in der Schule eingesetzt. Charlotte freut<br />
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sich jedes Mal, wenn sie merkt, dass wir mit ihr<br />
am Talker üben wollen. Oftmals ist die Arbeit am<br />
Talker abhängig von Tagesform oder -zeit, aber<br />
nach und nach lernt Charlotte, dass sie mit dem<br />
Hilfsmittel auch etwas erreichen kann. Sie teilt<br />
uns mit, dass sie Hunger bzw. Durst hat und<br />
bestätigt dies auch bei Nachfragen von uns. Im<br />
Urlaub konnte sie uns mitteilen, dass auch sie<br />
Postkarten verschicken möchte und an wen. Als<br />
ihr in der Schule kürzlich jemand beim Drücken<br />
einer Taste behilflich sein wollte, kam von ihr die<br />
Aussage „Lass das, ich bin neun Jahre alt!“.<br />
Einmal pro Woche findet Unterricht<br />
in einer Gruppe statt, bei<br />
dem ausschließlich Schüler mit<br />
Talker teilnehmen. Dabei werden<br />
Spiele für die Talkernutzung<br />
„modifiziert“, und es macht<br />
Charlotte sichtlich Spaß, dass sie<br />
bei Spielen wie z. B. „Uno“ oder<br />
„Nanu, wo liegt der Schuh?“<br />
nicht immer nur dabei ist und<br />
zuschauen muss, sondern auch<br />
ein Stück weit mitspielen kann.<br />
Immer wieder haben wir gemerkt,<br />
dass es ein weiter und z.<br />
T. schwieriger Weg ist, Charlotte<br />
die Anwendung des Talkers nahe<br />
zu bringen. Je nach Anforderung<br />
aktualisieren wir immer wieder<br />
die Seiten und Felder auf Charlottes<br />
Talkeroberfläche, ebenso korrigieren wir<br />
auch ständig die Ausrichtung des Talkers an den<br />
Halterungen. Wir werden daran weiterarbeiten,<br />
evtentuell zur 45-Oberfläche zu wechseln, um ihr<br />
mehr Kommunikation zu ermöglichen…<br />
Letztlich hat aber das „Abenteuer Sprachcomputer“<br />
bei uns so gut angefangen, dass wir sehr hoffen,<br />
dass Charlotte ihn immer mehr nutzen und<br />
in ihren und unseren Alltag integrieren kann.<br />
Katja Lang<br />
Erfahrungsberichte