Bronze bei Olympia - Regio aktuell
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AUSGEWANDERT<br />
Abenteurer in Südafrika<br />
Stephan Müller (43) aus Dornach wollte eigentlich nur eine Zeitlang im Ausland<br />
als Coiffeur ar<strong>bei</strong>ten und Englisch lernen. Es verschlug ihn nach Südafrika,<br />
wo er bald geschäftlichen Erfolg hatte. Doch dann suchte er mehr Freiheit, um<br />
auf Safaris im Busch die Schönheiten Afrikas zu entdecken und zu geniessen…<br />
von Peter O. Rentsch<br />
Wer ist dieser Stephan Müller? Zu seinem<br />
Werdegang mailt er uns, dass er<br />
in Dornach aufgewachsen sei und dann in<br />
Reinach Damencoiffeur gelernt habe, anschliessend<br />
Herrencoiffeur in Basel. Dann<br />
packte ihn das Fernweh: «London war mein<br />
Traum. Aber da ich damals keine Chance<br />
für eine Ar<strong>bei</strong>tsbewilligung in Grossbritannien<br />
hatte, suchte ich weiter…» Mit 20 fand<br />
er eine erste Stelle nach der Lehre in Kapstadt/Südafrika<br />
für ein Jahr. «Anschliessend<br />
kehrte ich in die Schweiz zurück und ar<strong>bei</strong>tete<br />
als Coiffeur in St.Moritz, Luzern und in<br />
Basel.» Mit 24 Jahren startete er sein eigenes<br />
Geschäft in Dornach – extra haarmode –<br />
mit mehreren Angestellten. Nach erfolgreichem<br />
Abschluss der Meisterschule machte<br />
er noch die Berufsmatur <strong>bei</strong> der AKAD und<br />
fand ein Teilpensum als Coiffeurfachlehrer<br />
an der Berufsschule für Mode und Gestaltung<br />
in Zürich. Eigentlich wäre für Stephan<br />
Müller hier eine steile Karriere vorgezeichnet<br />
gewesen, «doch der Afrikavirus liess<br />
mich nicht los…»<br />
Erfolgreiches Berufsleben<br />
Als er mit 31 Jahren die Chance sah, in Kapstadt<br />
ein grösseres Coiffeurgeschäft zu übernehmen,<br />
entschloss er sich, nach Südafrika<br />
10 ■ REGIO AKTUELL 4/2010<br />
Auf Safari mit Lebenspartnerin Anita. Geländewagen mit Dachzelt.<br />
auszuwandern. «Meine Englischkenntnisse<br />
wurden hart auf die Probe gestellt, und ich<br />
fragte mich, ob mich das bestehende Team<br />
als Chef akzeptieren würde.» Er brauchte<br />
sich keine Sorgen zu machen: Sein Salon<br />
wurde als eines der drei besten Coiffeurgeschäfte<br />
der Metropole Cape Town – mit<br />
rund 4 Millionen Einwohnern – bewertet<br />
und hatte zu den besten Zeiten 14 Angestellte.<br />
Manche seiner ehemaligen Lehrlinge<br />
ar<strong>bei</strong>ten heute in Europa oder auf Kreuzfahrtschiffen.<br />
Neun Jahre später hat er sein Geschäft<br />
an einen langjährigen Mitar<strong>bei</strong>ter verkauft,<br />
«um, wie man auf Englisch sagt, to simplify<br />
my life». Er hatte genug vom Vollgas geben<br />
und von einer Sechstagewoche mit 60 bis 70<br />
Ar<strong>bei</strong>tsstunden. Er spürte, es sei jetzt Zeit,<br />
to smell the roses again. Das war vor drei Jahren.<br />
Heute betreibt er mit einem Schweizer<br />
Kollegen zusammen einen kleineren Salon<br />
in Sea Point direkt am Meer. Er und seine<br />
Schweizer Lebenspartnerin Anita leben in<br />
Kapstadt in einem schönen viktorianischen<br />
Haus nahe Meer, Innenstadt und Fussballstadion.<br />
(Für die Weltmeisterschaft im Juni<br />
vor seiner Haustür hat er sich einige Tickets<br />
ergattert.) «Dieser neue, einfachere Lebensstil<br />
und die daraus resultierende Freiheit<br />
erlauben mir, mehr die Nationalparks<br />
des südlichen Afrikas zu erkunden. Meine<br />
grosse Leidenschaft sind Trips im Geländewagen<br />
mit Dachzelt.»<br />
Die andere Seite Südafrikas<br />
Südafrika sei wegen seiner Landschaftsvielfalt<br />
wohl eines der schönsten Länder<br />
der Welt, und Kapstadt mit dem Tafelberg<br />
eine der schönstgelegenen Städte. «Man<br />
muss sich immer wieder vor Augen halten,<br />
dass in Südafrika – obwohl das reichste<br />
Land des Kontinents – die 3. auf die 1. Welt<br />
treffen mit ganz verschiedenen Kulturen.<br />
Hier sieht man wirklich Extreme: die tollsten<br />
Autos und die ärmsten Leute.» Entsprechend<br />
gross sei das Kriminalitätspotenzial.<br />
«Aber wer einfache Vorsichtsmassnahmen<br />
beachtet, dem sollte eigentlich nichts<br />
passieren.» Ein anderes Problem sei die<br />
hohe Zahl an HIV-Infizierten unter den<br />
Schwarzen: «Viele gute Ar<strong>bei</strong>tskräfte zwischen<br />
20 und 40 sterben einfach weg, und es<br />
gibt sehr viele Waisenkinder. Eine grosse<br />
Herausforderung für das Land.»<br />
Im Herzen Schweizer geblieben<br />
Viktorianisches Domizil<br />
in Kapstadt.<br />
Stephan Müller freut sich jedes Mal, wieder<br />
in seine alte Heimat zu kommen. «Ich<br />
schätze dort viele Dinge, die für Schweizer<br />
selbstverständlich sind. Ich bin nach<br />
Südafrika ausgewandert, weil ich ein Abenteurer<br />
bin und Afrika sehr liebe. Aber<br />
Heimat bleibt Heimat. Kapstadt ist meine<br />
Wahlheimat.» Er pflege seine Swissness und<br />
seine Wurzeln. «Wenn man als Schweizer<br />
nach Südafrika kommt, muss man einen<br />
Gang runterschalten. Das ist angenehm,<br />
wenn man Ferien hat. Aber wenn man<br />
hier lebt und ar<strong>bei</strong>tet, bereitet einem das<br />
schon manchmal Kopfschmerzen. Das<br />
meiste benötigt dreimal so lange wie in der<br />
Schweiz.» Auch nach elf Jahren komme er<br />
manchmal an den Punkt, wo er am liebsten<br />
alles zusammenpacken und heimfliegen<br />
möchte. «Doch dann erlebt man wieder<br />
diese wunderschönen Sonnenuntergänge,<br />
den typischen African Blue Sky, und ist hin<br />
und weg.» ■