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Generalisierte Parton-Verteilungen

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<strong>Generalisierte</strong> <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong><br />

Bachelorarbeit<br />

zur Erlangung des Grades eines<br />

Bachelor of Science Physik<br />

vorgelegt von<br />

Robi Pedersen<br />

aus Luxemburg<br />

Themenstellung: Prof. Dr. Kay Königsmann<br />

Fakultät für Mathematik und Physik<br />

Albert-Ludwigs-Universität<br />

Freiburg im Breisgau<br />

2011


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 6<br />

2 <strong>Parton</strong>en 8<br />

2.1 Klassisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.1.1 Formfaktoren des Protons . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.1.2 Strukturfunktionen des Protons . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2.1.3 Die Bjorkensche Skalenvariable . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

2.1.4 Klassisches <strong>Parton</strong>-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.1.5 <strong>Parton</strong>en und Quarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.2 Verbessertes <strong>Parton</strong>-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.2.1 Der Hadron-Tensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.2.2 Operator-Produkt-Entwicklung und Twist . . . . . . . . . 17<br />

2.2.3 Altarelli-Parisi-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

3 <strong>Generalisierte</strong> <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong> 24<br />

3.1 DVCS - Tief-virtuelle Compton-Streuung . . . . . . . . . . . . . 25<br />

3.2 Die <strong>Generalisierte</strong>n <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong> . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

3.2.1 Definition und Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

3.2.2 Eigenschaften der GPDs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

3.2.3 Tomographie des Protons . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.3 Wirkungsquerschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.1 Der Bethe-Heitler-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.2 Kinematik zum Wirkungsquerschnitt . . . . . . . . . . . 40<br />

3.3.3 Die Amplituden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

3.3.4 Extrahierung und Asymmetrien . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

3.3.5 Die Proton-Größe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

4 Schlussbemerkungen 50<br />

2


A Allgemeine Formelsammlung 57<br />

A.1 Wirkungsquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

A.2 Mandelstam-Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

A.3 Lösung der Dirac-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

B Lichtkegelkoordinaten 59<br />

C Vektor- und Axialvektor-Strom 61<br />

D Das VGG-Modell 63<br />

3


Nomenklatur<br />

Im Allgemeinen werden für Teilchen folgende Abkürzungen benutzt:<br />

Elektron/Positron<br />

µ ∓ Myon, Antimyon<br />

l ∓ Lepton, Antilepton<br />

p Proton<br />

γ Photon<br />

g Gluon<br />

q, ¯q Quark, Antiquark<br />

u, (ū) (anti-)up-quark<br />

d, ( d) ¯ (anti-)down-quark<br />

s, ( ¯s) (anti-)strange-quark<br />

e ∓<br />

Virtuelle Teilchen werden mit einem *-Symbol gekennzeichnet, z.B. beschreibt γ ∗<br />

ein virtuelles Photon, wohingegen γ ein reelles Photon darstellt.<br />

Es werden folgende mathematische Symbole benutzt:<br />

e<br />

ε 0<br />

γ µ<br />

M<br />

α<br />

α S<br />

σ<br />

E<br />

p,q<br />

⃗p,⃗q<br />

j µ ,J µ<br />

dΩ<br />

Elementarladung<br />

Elektrische Feldkonstante<br />

Dirac-Gamma-Matrizen<br />

Protonenmasse<br />

Feinstrukturkonstante, elektromagnetische Kopplungskonstante<br />

Starke Kopplungskonstante<br />

Wirkungsquerschnitt<br />

Energie<br />

Vierer-Impuls<br />

Dreier-Impuls<br />

Vierer-Strom<br />

Infinitesimaler Raumwinkel<br />

4


Glossar<br />

BH Bethe-Heitler(-Prozess), siehe Kap. 3.3.1<br />

CFF Compton Formfaktor, siehe Kap. 3.2.1<br />

CMS Center Of Mass-System (Massenschwerpunktssystem)<br />

DD Double Distribution, siehe Anhang D<br />

DVCS Deeply Virtual Compton Scattering (Tief-virtuelle Compton-Streuung), siehe Kap. 3.1<br />

DVMP Deeply Virtual Meson Production siehe Kap. 3<br />

GPD Generalized <strong>Parton</strong> Distributions (<strong>Generalisierte</strong> <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>), siehe Kap. 3<br />

OPE Operator-Produkt-Entwicklung, siehe Kap. 2.2.2<br />

PDF <strong>Parton</strong> Distribution Functions (<strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>), siehe Kap. 2<br />

QED Quantenelektrodynamik<br />

QCD Quantenchromodynamik<br />

5


Kapitel 1<br />

Einleitung<br />

Es war ein warmer Sommerabend im alten Griechenland, als sich Demokrit die<br />

Frage stellte, woraus eigentlich alle Materie der Welt aufgebaut ist. Er war nicht<br />

der erste, den diese philosophische Frage beschäftigte, jedoch prägte Demokrit<br />

als erster den Begriff átomos (unteilbar) als Grundbaustein aller Materie. Dieser<br />

Begriff hat sich als Atom bis in die heutige Wissenschaft erhalten.<br />

Die Entwicklung der Wissenschaften ermöglichte es, die Idee von unteilbaren<br />

Grundbausteinen der Materie auch tatsächlich zu testen. Mehr als 2000 Jahre<br />

später, im Jahre 1803, konnte John Dalton zeigen, dass alle bis dahin bekannten<br />

chemischen Elemente aus Atomen bestehen, die verschiedene Massen haben. Er<br />

legte somit den Grundstein für das Periodensystem der Elemente. Die Systematik<br />

der Elemente deutete damals schon für einige Leute darauf hin, dass die Atome<br />

eine Substruktur besitzen. Etwa 100 Jahre später zeigten dann J.J. Thomson und E.<br />

Rutherford anhand von Experimenten, dass das Atom tatsächlich nicht unteilbar ist,<br />

sondern aus positiven und negativen Ladungen besteht, die als (positiven) zentralen<br />

Kern und darum kreisende (negative) Teilchen - Elektronen - identifiziert werden<br />

konnten. Nach der Entdeckung des Neutrons und der Erkenntnis, dass es Isotope<br />

gibt, postulierte Rutherford die positiv geladenen Protonen und elektrisch neutralen<br />

Neutronen als Bestandteile des Atomkerns.<br />

In den 1950er Jahren fand man anhand der ersten hochenergetischen Teilchenkollisionen<br />

heraus, dass sogar die Protonen und Neutronen wiederum eine Substruktur<br />

besitzen: Beide bestehen aus 3 punktförmigen Quarks, die durch die starke Wechselwirkung<br />

zusammengehalten werden, also sogenannte Gluonen austauschen. Die<br />

Entwicklung der Theorie der starken Wechselwirkung - die Quantenchromodynamik<br />

- zeigte später, dass neben den 3 Quarks im Proton oder Neutron, sich<br />

noch viele Quark-Antiquark-Paare, sogenannte Seequarks, befinden, die durch<br />

6


Paarproduktion aus den Gluonen entstehen.<br />

Um dieser Struktur auf den Grund zu kommen, versucht man die <strong>Verteilungen</strong> der<br />

3 Valenzquarks, der Seequarks und der Gluonen im Proton herauszufinden, um<br />

daraus Schlüsse auf das Gesamtproton ziehen zu können, wie z.B. die Herkunft<br />

dessen Größe, Masse und Spin. Erste Modelle für den Aufbau des Protons waren<br />

die <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>, die in Kapitel 2 dieser Arbeit besprochen werden. In den<br />

letzten Jahrzehnten konnte dieses Modell stark erweitert werden, sodass man aus<br />

dem erweiterten Modell die dreidimensionale Struktur des Protons herleiten kann,<br />

sowie den Einfluss der <strong>Parton</strong>en auf den Gesamtspin des Protons. Diese neuen<br />

<strong>Parton</strong>enverteilungen sind die sogenannten <strong>Generalisierte</strong>n <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>,<br />

die den Titel dieser Arbeit ausmachen und in Kapitel 3 besprochen werden.<br />

7


Kapitel 2<br />

<strong>Parton</strong>en<br />

2.1 Klassisches Modell<br />

2.1.1 Formfaktoren des Protons<br />

Durch elastische Streuung von punktförmigen Teilchen an Protonen kann man Informationen<br />

über die Form letzterer erhalten [8]. Die Wahrscheinlichkeit der Wechselwirkung<br />

eines spinlosen Teilchens der Ladung ±e (z.B. eines Leptons) an einem<br />

spinlosen Proton ist im einfachsten Fall durch den Rutherford-Wirkungsquerschnitt<br />

gegeben:<br />

( ) dσ<br />

e 4<br />

=<br />

dΩ<br />

RF (4πε 0 ) 2 (4E) 2 sin 4 (θ/2) = α 2<br />

16E 2 sin 4 (2.1)<br />

(θ/2)<br />

wobei θ der Winkel ist, um den das einfallende Teilchen gestreut wird. E ist die<br />

Energie des einfallenden Teilchens und Ω ist der differentielle Raumwinkel, in<br />

den das Teilchen gestreut wird. Der Faktor α ≈ 1/137 ist die elektromagnetische<br />

Kopplungskonstante.<br />

Neben der Wechselwirkung zwischen der Ladung des Leptons und des Protons<br />

müssen auch noch die Wechselwirkungen der Streuteilchen berücksichtigt<br />

werden, die von deren Spin abhängen (Leptonen und Protonen haben Spin 1/2),<br />

sowie die Tatsache, dass Protonen eine Ausdehnung haben. Man berechnet die<br />

Streuamplitude über [5]:<br />

mit<br />

∫<br />

T = −i<br />

j µ<br />

(<br />

− 1 q 2 )J µ d 4 x (2.2)<br />

8


j µ = −eū(k ′ )γ µ u(k)e i(k′ −k)x<br />

J µ = eū(p ′ )[ ]u(p)e i(p′ −p)x<br />

Viererstrom des Leptons, 1 (2.3)<br />

Viererstrom des Protons. (2.4)<br />

) (− 1 ist der Photonenpropagator und q µ ist der Viererimpuls des Photons, wel-<br />

q 2<br />

cher definiert ist durch q = (k ′ − k). 2 Später wird Q 2 = −q 2 gebraucht, da diese<br />

Größe positiv ist.<br />

Abbildung 2.1: Feynman-Diagramm der elastischen Streuung eines Elektrons an<br />

einem Proton. Die Zeitachse verläuft nach rechts und die Raumachse nach oben.<br />

In die leergelassenen Klammern [ ] des Viererstroms des Protons in Gleichung<br />

(2.4) muss anstelle einer γ-Matrix, wie beim Lepton, ein allgemeinerer Vierervektor<br />

eingesetzt werden, der die Ausdehnung des Protons berücksichtigt. Mithilfe der<br />

Gordon-Identität erhält man folgende Form: 3,4<br />

Hier ist σ µν = i 2 [γ µ ,γ ν ] = i 2 (γ µ γ ν − γ ν γ µ ).<br />

[ ] = F 1 (q 2 )γ µ + 1<br />

2m F 2(q 2 )iσ µν q ν (2.5)<br />

2 k und k ′ sind die Viererimpulse des ein- bzw. ausfallenden Leptons, siehe Abb. 2.1.<br />

2 u und ū = u † γ 0 sind die Lösungen der Dirac-Gleichung, also Spinoren für punktförmige Spin-<br />

1/2-Teilchen, siehe hierzu Anhang A. Die Werte in den Klammern entsprechen dem Vierer-Impuls<br />

der betroffenen Teilchen. Man siehe hierzu Abb. 2.1.<br />

3 Für eine explizite Herleitung siehe man z.B. [5] oder [7].<br />

4 Es sind genau 2 Formfaktoren, da das Proton Spin 1/2 hat [27]<br />

9


Die beiden Funktionen F 1 (q 2 ) und F 2 (q 2 ) sind die sogenannten Formfaktoren<br />

des Protons. 5 F 1 (q 2 ) heißt Dirac-Formfaktor und berücksichtigt das normale magnetische<br />

Moment des Protons. F 2 (q 2 ) ist der Pauli-Formfaktor und berücksichtigt<br />

das anomale magnetische Moment des Protons. F 1 erhält die Helizität des Protons<br />

und F 2 ist für einen Helizitätsflip verantwortlich. Die Formfaktoren sind wie folgt<br />

normiert:<br />

F 1 (q 2 = 0) = 1 und F 2 (q 2 = 0) = κ (2.6)<br />

Hier ist κ das anomale magnetische Moment des Protons und hat dem Wert<br />

κ = 2.79 in Einheiten des Kernmagnetons µ K = e¯h<br />

2M = 3.15 · 10−8 eV/T.<br />

Setzt man nun die Amplitude in die allgemeine Formel für den Wirkungsquerschnitt<br />

ein (siehe Anhang A) und berücksichtigt man noch den Rückstoß des<br />

Protons, so erhält man die Formel für den Rosenbluth-Wirkungsquerschnitt [6]:<br />

( ) ( ) ( ) ( )]<br />

dσ dσ θ E<br />

= cos<br />

[F 2 2<br />

dΩ dΩ<br />

RF<br />

2 E ′ 1 + Q2<br />

4M 2 F2 2 + 2 Q2<br />

θ<br />

4M 2 (F 1 + F 2 ) 2 tan 2 2<br />

(2.7)<br />

Der Faktor cos 2 (θ/2) folgt aus der Helizitätserhaltung. Im Falle eines Teilchens,<br />

welches sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, wird dieser Faktor durch<br />

(1 − β 2 sin 2 (θ/2)) ersetzt, wobei β die Geschwindigkeit in Einheiten der Lichtgeschwindigkeit<br />

ist. E und E ′ sind die Energien des ein- bzw. auslaufenden Leptons.<br />

2.1.2 Strukturfunktionen des Protons<br />

Geht man von der elastischen Streuung eines Leptons an einem Proton zu der<br />

inelastischen Streuung über, so werden die vorhin erwähnten Formfaktoren durch<br />

sogenannte Strukturfunktionen ersetzt, welche die innere Struktur des Protons<br />

beschreiben. In diesem Falle wird Gleichung (2.4) durch eine allgemeinere Form<br />

beschrieben. Hierzu benutzt man den sogenannten Hadronen-Tensor, den man<br />

folgendermaßen ausdrücken kann [5]:<br />

W µν = W 1<br />

(<br />

−g µν + qµ q ν<br />

q 2 )<br />

+W 2<br />

1<br />

M 2 (<br />

p µ − p · q<br />

q 2 qµ )(<br />

p ν − p · q<br />

q 2 qν )<br />

(2.8)<br />

5 Formfaktoren sind im Allgemeinen die räumlichen Fourier-Transformationen der Ladungsverteilungen.<br />

10


Der differentielle Wirkungsquerschnitt ist proportional zum Lepton- und Hadrontensor:<br />

Mit dem Leptonentensor<br />

dσ ∼ L µν W µν (2.9)<br />

L µν = 1 2 ∑ (ū(k ′ )γ µ u(k))(ū(k ′ )γ ν u(k)) ∗ (2.10)<br />

spins<br />

erhält man dann den Wirkungsquerschnitt für die inelastische Leptron-Proton-<br />

Streuung [8]:<br />

d 2 ( )<br />

σ dσ<br />

[<br />

]<br />

dΩdE ′ = cos 2 (θ/2) W 2 (Q 2 ,ν) + 2W 1 (Q 2 ,ν)tan 2 (θ/2)<br />

dΩ<br />

RF<br />

(2.11)<br />

Der erste Term beschreibt die elektrische und der zweite Term die magnetische<br />

Wechselwirkung. ν = E ′ − E ist der Energieübertrag zwischen den beiden wechselwirkenden<br />

Teilchen.<br />

Man kann diese Wechselwirkung aber auch direkt als Photon-Proton-Streuung<br />

betrachten. In diesem Falle sieht der Wirkungsquerschnitt wie folgt aus [5] :<br />

σ tot<br />

λ<br />

= 4π2 α<br />

K ε µ∗<br />

λ εν λ W µν (2.12)<br />

Dabei sind ε λ die Polarisationsvektoren des Photons 6 und K = ν + q2<br />

2M .<br />

Mit dem Hadron-Tensor aus (2.8) ergeben sich dann die separaten Wirkungsquerschnitte<br />

für transversal und longitudinal polarisierte Photonen:<br />

σ T = 1 2 (σ + + σ − ) = 4π2 α<br />

K W 1(Q 2 ,ν) (2.13)<br />

)<br />

]<br />

σ L = σ 0 = 4π2 α<br />

[(1 − ν2<br />

K q 2 W 2 (Q 2 ,ν) −W 1 (Q 2 ,ν) (2.14)<br />

6 Man unterscheidet zwischen transversal (Helizität λ = ±1) und longitudinal (λ = 0) polarisierten<br />

Photonen. Wählt man die z-Achse in ⃗q-Richtung so sehen diese folgendermaßen aus:<br />

ε ± = ∓ √ 1/2(0,1,±i,0), ε 0 = √ 1/Q 2 ( √ ν 2 + Q 2 ,0,0,ν).<br />

11


2.1.3 Die Bjorkensche Skalenvariable<br />

Bei der elastischen Streuung hat man bei einer festen Energie des einfallenden<br />

Teilchens nur einen freien Parameter. Wird nämlich eine Größe festgelegt, so<br />

werden alle anderen durch diese Wahl fest bestimmt [8]. Dies wird mit folgender<br />

Beziehung wiedergegeben:<br />

2Mν − Q 2 = 0 (2.15)<br />

Bei der inelastischen Streuung kommt ein weiterer Parameter hinzu, der aus der<br />

Anregungsenergie des Protons folgt und die obige Relation wird zu<br />

2Mν − Q 2 > 0 (2.16)<br />

Es ist hilfreich eine neue lorentz-invariante Variable einzuführen, nämlich die<br />

sogenannte Bjorken’sche Skalenvariable:<br />

x =<br />

Q2<br />

2p · q = Q2<br />

2Mν<br />

(2.17)<br />

Diese ist bei der elastischen Streuung immer genau 1 und bei der inelastischen<br />

Streuung liegt sie zwischen 0 und 1, wie aus Gleichungen (2.15) und (2.16) schnell<br />

ersichtlich ist.<br />

Man kann nun anstelle der Strukturfunktionen W i (Q 2 ,ν) in Gl. (2.11) dimensionslose<br />

Strukturfunktionen einführen:<br />

F 1 (x,Q 2 ) = Mc 2 W 1 (Q 2 ,ν) (2.18)<br />

F 2 (x,Q 2 ) = νW 2 (Q 2 ,ν) (2.19)<br />

Diese Strukturfunktionen sollten nicht mit in Kapitel 2.1.1 definierten Dirac- und<br />

Pauli-Formfaktoren verwechselt werden, die auch mit F 1 und F 2 bezeichnet wurden.<br />

Im tiefinelastischen Limit, d.h. Q 2 und ν groß, folgen hiermit und aus den<br />

Gleichungen (2.13) und (2.14) folgende Zusammenhänge [5]: 7<br />

7 s ist die Mandelstam-Variable, siehe Anhang A.<br />

2F 1 = MK<br />

2π 2 α σ T (2.20)<br />

F 2<br />

x = MK<br />

2π 2 α (σ T + σ L ) (2.21)<br />

12


2.1.4 Klassisches <strong>Parton</strong>-Modell<br />

Ist die Energie des virtuellen Photons der Lepton-Proton-Streuung hoch genug, so<br />

löst das Photon die Substruktur des Protons auf, und die Streuung am Proton wird<br />

zu einer Streuung an einem Punktteilchen innerhalb dieses. Diese Punktteilchen<br />

werden <strong>Parton</strong>en genannt. Eine wichtige Interpretation der oben eingeführten<br />

Bjorken’schen Skalenvariable ist ihre Identifizierung mit dem Impulsbruchteil<br />

eines solchen <strong>Parton</strong>s im Proton, an dem bei der tiefinelastischen Streuung gestreut<br />

wird. [5]<br />

Im Grenzfall Q 2 → ∞ mit x = const findet man, dass die Strukturfunktionen<br />

des Protons nicht mehr von Q 2 abhängen. Man erhält also:<br />

F i (x,Q 2 ) → F i (x) (2.22)<br />

Dies wird als Bjorken-Skalierung bezeichnet. Definiert man die <strong>Parton</strong>-Impuls-<br />

Verteilung<br />

f j (x) = dP j<br />

dx , (2.23)<br />

welche die Wahrscheinlichkeit beschreibt, dass das gestreute <strong>Parton</strong> j den Impulsbruchteil<br />

x des Protons besitzt, so kann man die Strukturfunktionen folgendermaßen<br />

ausdrücken:<br />

F 2 (x) = ∑e 2 jx f j (x) = 2xF 1 (x) (2.24)<br />

j<br />

Die Summe läuft über alle <strong>Parton</strong>en, die sich in dem Proton befinden. Der Faktor<br />

e j ist die elektrische Ladung des <strong>Parton</strong>s j in Einheiten der Elementarladung. Der<br />

Zusammenhang zwischen F 1 und F 2 wird als Callan-Gross-Beziehung bezeichnet<br />

[5, 8].<br />

2.1.5 <strong>Parton</strong>en und Quarks<br />

Da die eingeführten <strong>Parton</strong>en punktförmige, elektrisch geladene Teilchen sind,<br />

kann man sie mit den Quarks aus dem Standardmodell identifizieren. Allgemein<br />

weiß man, dass das Proton aus 3 Quarks besteht, nämlich aus zwei up-Quarks und<br />

einem down-Quark, die genau die Quantenzahlen des Protons wiedergeben (siehe<br />

hierzu Tab. 2.1). Diese Quarks bezeichnet man als Valenzquarks.<br />

13


u ū d d¯<br />

s ¯s p<br />

Ladung +2/3 -2/3 -1/3 +1/3 -1/3 +1/3 +1<br />

Spin 1/2 1/2 1/2 1/2 1/2 1/2 1/2<br />

Isospin +1/2 -1/2 -1/2 +1/2 0 0 +1/2<br />

Masse/MeV ∼2.5 ∼ 2.5 ∼5 ∼5 ∼100 ∼100 938<br />

Tabelle 2.1: Ladung, Masse und 3. Komponente des Spins sowie Isospins der 3<br />

leichtesten Quarks und ihrer Antiteilchen und des Protons.<br />

Neben den Valenzquarks existieren im Proton aber noch andere Quarks, nämlich<br />

Quark-Antiquark-Paare, die im Allgemeinen als Seequarks bezeichnet werden.<br />

Diese entstehen durch Paarproduktion aus den Gluonen, die zwischen den Quarks<br />

ausgetauscht werden. Somit besteht das Proton eigentlich nicht nur aus 3 Quarks<br />

sondern aus Valenzquarks, Seequarks und Gluonen. Diese Seequarks müssen im<br />

<strong>Parton</strong>-Modell berücksichtigt werden, da die Photonen der elektromagnetischen<br />

Wechselwirkung auch an diesen streuen können. Die Gluonen müssen auch mit<br />

in das Modell einbezogen werden, da sie die Erzeuger der Quarks sind. Eine<br />

schematische Darstellung dieser Prozesse ist in Abbildung 2.2 zu sehen.<br />

Abbildung 2.2: Schematisches Bild, welches die drei Valenzquarks (in schwarz)<br />

des Protons zeigt, die durch Gluonenaustausch miteinander wechselwirken. In<br />

weiß sieht man die Seequarks, welche durch Paarproduktion der Gluonen entstehen<br />

und zum "Gesamtproton" beitragen.<br />

14


Mit diesen Tatsachen kommt man auf den folgenden Ansatz für die Strukturfunktionen<br />

der Lepton-Proton-Streuung [8]:<br />

F 2 (x) = x ·<br />

∑ e 2 j(q j (x) + ¯q j (x)) (2.25)<br />

j=u,d,s<br />

Hier wird über die verschiedenen Quark-Flavours summiert. 8,9 Die Funktionen<br />

q(x) und ¯q(x) sind Quark- und Antiquarkverteilungen im Proton. Ausgeschrieben<br />

sieht F 2 dann folgendermaßen aus 10<br />

1<br />

F 2 (x) = x·[<br />

9 (d V (x) + d S (x) + d¯<br />

S (x)) + 4 9 (u V (x) + u S (x) + ū S (x)) + 1 ]<br />

9 (s S(x) + ¯s S (x)) ,<br />

(2.26)<br />

wobei der Index V für Valenz- und der Index S für Seequarks steht. Es gelten die<br />

Normierungsbedingungen: [6]<br />

∫<br />

∫<br />

∫<br />

∫<br />

u V (x)dx = (u(x) − ū(x))dx = 2 (2.27)<br />

∫<br />

d V (x)dx = (d(x) − d(x))dx ¯ = 1 (2.28)<br />

∫<br />

s V (x)dx = (s(x) − ¯s(x))dx = 0 (2.29)<br />

Anschaulich bedeutet dies , dass ein Proton grundsätzlich aus einem down- und<br />

zwei up-Quarks besteht.<br />

Summiert man nun über die Impulsbruchteile aller Quarks, so kann man den<br />

Impulsbruchteil p g der Gluonen bestimmen [5]:<br />

⇔<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx (xp)[u + ū + d + ¯ d + s + ¯s] = p − p g (2.30)<br />

dx x[u + ū + d + ¯ d + s + ¯s] = 1 − ε g (2.31)<br />

Hier ist ε g = p g /p. Aus Experimenten findet man:<br />

8 Man vernachlässigt die schwereren Quarks, da ihre Erzeugung wegen ihrer hohen Masse stark<br />

unterdrückt ist.<br />

9 Man vergleiche dies mit Gleichung (2.24).<br />

10 Hier wird q j (x) durch j(x) dargestellt, um die Schreibweise zu vereinfachen.<br />

15


sowie ε u =<br />

und ε d =<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

ε g = 0.46 (2.32)<br />

dx x(u + ū) = 0.36 (2.33)<br />

dx x(d + ¯ d) = 0.18 (2.34)<br />

Dies bedeutet, dass die Gluonen etwa 46% des Proton-Impulses tragen, die up-<br />

Quarks 36% und die down-Quarks 18%.<br />

2.2 Verbessertes <strong>Parton</strong>-Modell<br />

Das bis jetzt eingeführte Modell der Substruktur des Protons ist das sogenannte<br />

klassische <strong>Parton</strong>-Modell. Mit der theoretischen Weiterentwicklung der Quantenchromodynamik<br />

entwickelte sich eine bessere Kenntnis der Wechselwirkungsprozesse<br />

innerhalb Hadronen und Mesonen, was auch zu einem besseren Verständnis<br />

der <strong>Parton</strong>en führt. Bevor das verbesserte <strong>Parton</strong>-Modell eingeführt wird, brauchen<br />

wir noch einige nützliche Folgerungen aus der Quantenchromodynamik.<br />

2.2.1 Der Hadron-Tensor<br />

Für die allgemeine inelastische Streuung e(k) + p(p) → e(k ′ ) + X ergibt sich das<br />

Übergangsmatrixelement [10]<br />

∫<br />

T = i<br />

)<br />

d 4 x d 4 y Jµ(x)<br />

(− e igµν<br />

q 2 Jν p (y) (2.35)<br />

= i(2π) 4 δ (4) (p + k − p X − k ′ )ū(k ′ )γ µ u(k) e2<br />

q 2 〈X| jµ (0)|p〉 (2.36)<br />

wobei x und y die Orte sind, an denen die Viererströme J e,p wirken. Setzt man das<br />

Betragsquadrat von T in den Wirkungsquerschnitt ein (siehe Anhang A), so kann<br />

man den Hadron-Tensor wie in Gl. (2.9) isolieren. Man findet<br />

W µν (p,q) = 1<br />

4π ∑ (2π) 4 δ (4) (q + p − p X )〈p| j µ(0)|X〉〈X| † j ν (0)|p〉 (2.37)<br />

X<br />

= 1 ∫<br />

d 4 z e iqz 〈p|[ j †<br />

4π<br />

µ(z), j ν (0)]|p〉 (2.38)<br />

16


wobei ∑ X |X〉〈X| über alle möglichen Endzustände läuft. Gleichung (2.38) gilt<br />

im Falle der inklusiven Leptoproduktion und ist im eigentlichen Sinne eine Reduzierung<br />

auf die virtuelle Compton-Streuung (siehe Bild 2.3), die noch weiter<br />

vereinfacht werden kann. Mit Hilfe des Time-Ordered Product (’Zeitlich geordnetes<br />

Produkt’) der Viererströme<br />

T (A(x)B(0)) =<br />

{ A(x)B(0) , x 0 > 0<br />

B(0)A(x) , x 0 < 0.<br />

(2.39)<br />

und der kompletten Amplitude der virtuellen Compton-Streuung<br />

∫<br />

T µν (p,q) = i d 4 z e iqz 〈p|T ( j µ(z) † j ν (0))|p〉 (2.40)<br />

wird der Hadron-Tensor schließlich zu:<br />

W µν = 1<br />

2π Im[T µν] (2.41)<br />

Diese Schritte sind auch die Schritte, die zum optischen Theorem führen.<br />

Abbildung 2.3: Eine Veranschaulichung, wie man vom Hadron-Tensor der inelastischen<br />

Streuung über die virtuelle Compton-Streuung zum Imaginärteil der<br />

Vorwärtsamplitude für γ ∗ p-Streuung kommt.<br />

2.2.2 Operator-Produkt-Entwicklung und Twist<br />

Die Operator-Produkt-Entwicklung ist eine Methode, die Struktur von Feldtheorien<br />

im Lichtkegellimes 11 zu erforschen und die Skaleninvarianz bei kleinen Distanzen<br />

11 Das Lichtkegellimes ist ein Formalismus, welcher bei relativistischen Kollisionen benutzt<br />

werden kann, siehe hierzu Anhang B.<br />

17


zu bewahren. Ihre allgemeinste Form gilt für den singulären Teil vom Produkt<br />

zweier Operatoren [7, 10, 11, 32, 33]. 12<br />

A(x)B(y) −−−−−→ (x−y)→0<br />

∑C j (x − y)N j (y) (2.42)<br />

Hierbei sind C j singuläre Koeffizienten-Funktionen (singulär bei x → y) und N j<br />

sind nichtsinguläre lokale Operatoren. Für die ersteren gilt<br />

j<br />

C j (x − y) ∼ (x − y) d N j −d A −d B<br />

, (2.43)<br />

wobei d A , d B und d Nj die Dimensionen des jeweiligen Operators sind. Somit wird<br />

C j ’singulärer’, je größer d A + d B ist. Statt kleiner Distanzen (x − y) → 0 kann man<br />

das Verhalten der Operatoren nahe am Lichtkegellimit betrachten, indem man die<br />

Bedingung (x − y) 2 → 0 betrachtet.<br />

Bei der inelastischen Streuung kann man nun das zeitlich geordnete Produkt<br />

folgendermaßen entwickeln: 13<br />

iT ( j † (z) j(0)) z2 →0<br />

−−−→ ∑C j,n (z 2 , µ 2 )z µ 1<br />

...z µ n<br />

N µ 1...µ n<br />

j,n<br />

(µ 2 )<br />

j,n } {{ }<br />

N j (z,µ 2 )<br />

(2.44)<br />

Der Wert µ 2 wird als Cutoff eingeführt, der dazu dient, ungewollte Singularitäten<br />

zu vermeiden. C j,n (z 2 )z µ 1 ...zµ n<br />

ist wiederum singulär bei z 2 → 0. N ...<br />

j,n sind die<br />

lokalen Tensor-Operatoren mit Maximalspin n. Für den Singular-Koeffizient-Faktor<br />

gilt in diesem Limes:<br />

C j,n ∼ (z 2 ) 1/2(d j,n−n)−d J<br />

für z 2 → 0 (2.45)<br />

Der Term d J ist die Dimension des elektromagnetischen Viererstroms. Der andere<br />

Term wird als Twist bezeichnet und beschreibt die Massendimension des Operators<br />

abzüglich der Dimension des Spins:<br />

N ...<br />

j,n<br />

τ = d j,n − n (2.46)<br />

Man stellt fest, dass sich alle Terme mit dem gleichen Twist in Gl. (2.44) im Lichtkegellimit<br />

gleich verhalten, weswegen eine Einteilung in die jeweiligen Twists<br />

sinnvoll ist. Die Unterdrückung der Terme in der OPE (höhere Ordnungen) ist nicht<br />

12 Eine explizite Herleitung findet man z.B. in [11] und [33].<br />

13 Wir ersetzen y durch 0 und x wird wegen voriger Konvention durch z ersetzt<br />

18


durch die Massendimension des Operators, sondern durch seinen Twist bestimmt.<br />

Abbildung 2.4 veranschaulicht dies für die virtuelle Compton-Streuung.<br />

Definiert man C j,n (z 2 , µ 2 ) = C ′ j,n (z2 , µ 2 ) · (z 2 ) τ/2−1 und 〈p|N µ 1...µ n<br />

j,n<br />

(µ 2 )|p〉 =<br />

p µ1 ... p µn ¯N j,n (µ 2 ), und setzt alles in (2.40) ein, erhält man nach ausführlicher<br />

Berechnung (siehe [10]) folgenden Ausdruck für die Momente der Strukturfunktion<br />

des Hadrons:<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx x n−1 W(Q 2 ,x) = 1 4 ∑ j<br />

C j,n (Q 2 , µ 2 ) ¯N j,n (µ 2 )( 1<br />

Q 2 ) τ/2−1<br />

(2.47)<br />

Wie man sieht, können die Momente der Strukturfunktionen als Potenzreihe in<br />

1/Q 2 entwickelt werden. Höhere Twists sind höhere Glieder der Reihe und somit<br />

unterdrückt. Betrachtet man nur das führende Twist-Glied, so kann man Gleichung<br />

(2.47) folgendermaßen schreiben:<br />

∫ 1<br />

0<br />

dx x n−1 W(Q 2 ,x) = 1 4 C n(Q 2 , µ 2 ) ¯N n (µ 2 ) + O(1/Q 2 ) (2.48)<br />

Aus dieser Gleichung lässt sich nun das allgemeine Faktorisierungstheorem der<br />

QCD herauslesen (siehe Abbildung 2.5). Dieses besagt, dass sich der Wirkungsquerschnitt<br />

der inelastischen Streuung als Faltung einer harten Streuamplitude mit<br />

einer <strong>Parton</strong>-Verteilung beschreiben lässt. Im Falle der Gleichung (2.48) erhält<br />

man:<br />

∫<br />

∫<br />

⇒ W(Q 2 ,x) =<br />

dζ ζ n−1 q(ζ , µ 2 ) = ¯N n (µ 2 )/4 (2.49)<br />

dz z n−1 σ(z,Q 2 , µ 2 ) = C n (Q 2 , µ 2 ) (2.50)<br />

∫ 1<br />

x<br />

dζ<br />

ζ q(ζ , µ2 )σ(x/ζ ,Q 2 , µ 2 ) (2.51)<br />

Die Variablen ζ und z = x/ζ werden im nächsten Kapitel genauer erläutert.<br />

19


Abbildung 2.4: Diese beiden Diagramme stellen die virtuelle Compton-Streuung<br />

dar, wie sie später noch genauer erläutert wird. (a) zeigt das Diagramm in führender<br />

Twist-Ordnung (τ = 2) und (b) zeigt ein Beispiel für eine höhere Twist-Ordnung<br />

der selben Wechselwirkung [10].<br />

Abbildung 2.5: Anschauliche Darstellung des Faktorisierungstheorems. q ist die<br />

<strong>Parton</strong>-Verteilungsfunktion und σ ist der Wirkungsquerschnitt für die harte γ ∗ q-<br />

Streuung.<br />

20


2.2.3 Altarelli-Parisi-Gleichungen<br />

Das <strong>Parton</strong>modell kann mit genauerer Kenntnis quantenchromodynamischer Prozesse<br />

verbessert werden. Die Idee des verbesserten Modells ist, dass das viruelle<br />

Photon anstatt mit einem punktförmigen Quark im Proton, mit einem allgemeineren<br />

<strong>Parton</strong> wechselwirkt, das vor oder nach der Wechselwirkung noch Gluonen<br />

abstrahlen kann oder gerade aus einem Gluon entstanden ist [5, 10].<br />

Man definiert ζ als den Impulsbruchteil des <strong>Parton</strong>s an der Wechselwirkung,<br />

d.h. der Impuls des <strong>Parton</strong>s ist<br />

und definiert zusätzlich<br />

p i = ζ p (2.52)<br />

z = x ζ = Q2<br />

2p i q<br />

(2.53)<br />

Im einfachsten Fall muss neben der normalen Streuung auch noch der Prozess der<br />

Gluonabstrahlung, also der Prozess γ ∗ q → qg, berücksichtigt werden. Durch diese<br />

Abstrahlung erhält das Quark einen transversalen Impuls. Der Wirkungsquerschnitt<br />

hängt dann von der Funktion<br />

P qq (z) = 4 ( 1 + z<br />

2<br />

)<br />

(2.54)<br />

3 1 − z<br />

ab. Nach Integration des Wirkungsquerschnittes über diesen transversalen Impuls,<br />

erhält man eine Gleichung für die Quarkverteilungen in Abhängigkeit von Q 2 , eine<br />

sogenannte Altarelli-Parisi-Gleichung:<br />

d<br />

d logQ 2 q(x,Q2 ) = α ∫ 1<br />

S dζ<br />

2π x ζ q(ζ ,Q2 ) P qq (x/ζ ) (2.55)<br />

Hier sieht man, dass die Annahme (2.22) in der QCD nicht mehr stimmt, da man<br />

eine logarithmische Abhängigkeit von Q 2 hat. Die Bjorken-Skalierung ist also<br />

verletzt bei Gluon-Emissions-Prozessen.<br />

Anschaulich besagt diese Gleichung, dass ein Quark mit dem Impulsbruchteil<br />

x von einem Quark mit dem Impulsbruchteil ζ abstammen könnte, das ein Gluon<br />

mit der Impulsdifferenz abgestrahlt hat.<br />

Neben diesem Prozess kommen noch weitere Prozesse hinzu, die berücksichtigt<br />

werden müssen um die kompletten Altarelli-Parisi-Gleichungen herzuleiten:<br />

21


• g → gg (Gluonpaarproduktion)<br />

• g → q ¯q (Quarkpaarproduktion)<br />

• q → qg → q (Emission und Reabsorption eines Gluons)<br />

Dies wird hier jedoch nicht besprochen. Ausführliche Herleitungen findet man<br />

zum Beispiel in den Werken [5], [7] und [10].<br />

22


Kapitel 3<br />

<strong>Generalisierte</strong> <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong><br />

Bevor wir uns der Definition der <strong>Generalisierte</strong>n <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong> (GPDs - "Generalized<br />

<strong>Parton</strong> Distributions") widmen, betrachten wir zuerst den wichtigsten Prozess,<br />

aus dem diese extrahiert werden können, nämlich die Tief-virtuelle Compton-<br />

Streuung (DVCS - "Deeply Virtual Compton Scattering"). DVCS ist der einfachste<br />

Prozess, der die Extrahierung der GPDs ermöglicht [1, 2, 3, 12, 19, 20] ohne die<br />

Komplikationen, die z.B. bei Hadron-Hadron-Prozessen auftauchen. Ein alternativer<br />

Prozess zur Extrahierung der GPDs ist die Tief-virtuelle Meson-Produktion<br />

(DVMP - "Deeply Virtual Meson Production"), welche jedoch die Nachteile hat,<br />

dass sie um 1/Q 2 unterdrückt ist und höhere Twists 1 stärker beitragen als bei<br />

DVCS [12]. Außerdem muss noch die Meson-Struktur berücksichtigt werden, was<br />

den Prozess noch komplizierter macht. Da DVCS durch das optische Theorem<br />

direkt mit der tiefinelastischen Lepton-Hadron-Streuung zusammenhängt, ist die<br />

Theorie der Evolution der Strukturfunktionen bereits bekannt [12]. 2 Durch Interferenz<br />

von DVCS mit dem Bethe-Heitler-Prozess lassen sich auf einfache Weise, mit<br />

Hilfe von Asymmetrien, die GPDs aus experimentellen Daten extrahieren.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wird nur auf den DVCS-Prozess in Twist-2 Näherung<br />

eingegangen.<br />

1 Siehe Kapitel 2.2.2.<br />

2 Siehe Kapitel 2.2.2 und 2.2.3.<br />

24


3.1 DVCS - Tief-virtuelle Compton-Streuung<br />

Die tief-virtuelle Compton-Streuung am Proton ist die Reaktion<br />

l + p → l + p + γ, (3.1)<br />

wobei l ein Lepton und p ein Proton darstellt. 3 Ignoriert man in der Notation das<br />

Lepton und betrachtet nur das virtuelle Photon der Wechselwirkung, kommt man<br />

auf folgende Reaktion<br />

γ ∗ + p → γ + p, (3.2)<br />

die stark an die der klassischen Compton-Streuung erinnert: γ + l → γ + l [4].<br />

Wir betrachten DVCS im Bjorken-Limit (2.1.4), d.h. dass Q 2 sehr groß ist.<br />

Somit wird die Streuung sehr inelastisch und das Photon liegt weit entfernt von<br />

seiner Massenschale. [1]<br />

Ein wichtiger Effekt bei DVCS ist, dass das Proton einen Impulsübertrag<br />

bekommt, der eine gewisse Schiefe zwischen Anfangs- und Endzustand mit sich<br />

bringt, worauf später eingegangen wird [20]. DVCS kann, wie in Kapitel 2.2.2<br />

eingeführt wurde, in einen harten und einen weichen Teil faktorisiert werden. 4 Der<br />

harte Teil ist die direkte Streuung des virtuellen Photons an einem Quark und der<br />

weiche Teil beschreibt die Quark-<strong>Verteilungen</strong> im Proton, in unserem Fall also<br />

die sogenannten GPDs - <strong>Generalisierte</strong> <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>, welche im nächsten<br />

Kapitel behandelt werden. Diese Faktorisierung spiegelt sich im sogenannten<br />

Handbag-Diagramm wieder, welches man in einen harten und einen weichen Teil<br />

aufteilt. Dieses wird hier nur in Twist-2-Näherung betrachtet, da höhere Twists<br />

unterdrückt sind, wie in Kapitel 2.2.2 erklärt wird. Das Handbag-Diagramm ist in<br />

Abbildung 3.1 dargestellt:<br />

3 Ein anderer Prozess, genannt Bethe-Heitler-Prozess hat die gleichen Anfangs- und Endzustände<br />

wie DVCS. Im Experiment interferieren somit beide Prozesse. Hierauf wird im Kapitel 3.3 näher<br />

eingegangen.<br />

4 Hierfür muss der Impulsübertrag klein sein.<br />

25


Abbildung 3.1: Das sogenannte Handbag-Diagramm in führender Twist-Ordnung<br />

(τ = 2), welches veranschaulicht, wie ein Quark des Protons mit dem Impulsbruchteil<br />

x + ξ mit einem virtuellen Photon wechselwirkt, dann selber virtuell wird, und<br />

durch Emission eines reellen Photons mit dem Impulsbruchteil x − ξ wieder ins<br />

Proton zurückkehrt.<br />

Kinematische Variablen im DVCS-Prozess: (3.3)<br />

Viererimpuls des einlaufenden Leptons<br />

k<br />

Viererimpuls des auslaufenden Leptons k’<br />

Viererimpuls des einlaufenden virtuellen Photons q 1 = k − k ′<br />

Viererimpuls des auslaufenden reellen Photons q 2 = q 1 − ∆<br />

Viererimpuls des einlaufenden Protons p 1<br />

Viererimpuls des auslaufenden Protons<br />

p 2 = p 1 + ∆<br />

Impulsübertrag ∆ = p 2 − p 1 = q 1 − q 2<br />

Masse des Protons<br />

M<br />

Aus diesen Variablen kann man folgende wichtige Variablen definieren: 5<br />

Q 2 1 = −q 2 1 (3.4)<br />

ist der positive Viererimpulsquadrat des virtuellen Photons, auch die Photonen-<br />

Virtualität genannt, und<br />

x = −q2 1<br />

2p 1 q 1<br />

(3.5)<br />

5 Die Masse des Leptons (Myon oder Elektron) wird im folgenden immer vernachlässigt werden.<br />

26


ist die gewöhnliche Bjorken-Variable und beschreibt beim DVCS den mittleren<br />

longitudinalen Impulsbruchteil des gestreuten Quarks. Wie man sehen kann, hängt<br />

dieser Impulsbruchteil nur vom Viererimpuls der einlaufenden Teilchen ab. Man<br />

definiert zusätzlich eine generalisierte Bjorken-Variable, die erst durch die Reaktion<br />

zustande kommt, also den longitudinalen Impulsbruchteil des Impulsübertrags ∆<br />

beschreibt [20]. Man nennt diese Variable die generalisierte Bjorken-Variable [2]:<br />

ξ =<br />

−(q 1 + q 2 ) 2<br />

2(p 1 + p 2 )(q 1 + q 2 )<br />

(3.6)<br />

Wie man gut erkennen kann, ist ξ , statt nur durch die einkommenden Impulse wie<br />

x, durch die Summe der einlaufenden und auslaufenden Impulse definiert. ξ und x<br />

hängen somit folgendermaßen zusammen:<br />

ξ = x 1 + ∆2 /2Q 2 1<br />

2 − x + x∆ 2 /Q 2 ≈<br />

x<br />

(3.7)<br />

1<br />

2 − x<br />

Die gemachte Näherung ist im Bjorken-Limit gültig. ξ übernimmt in DVCS die<br />

Rolle von x in der tiefinelastischen Streuung als Impulsbruchteil des gestreuten<br />

Quarks des Protons, zu dem es gehört [1].<br />

Zum Vereinfachen von Gleichungen, definiert man noch<br />

q = q 1 + q 2<br />

und p = p 1 + p 2 (3.8)<br />

2<br />

sowie der vom Lepton auf das γ ∗ übertragene Energiebruchteil [27]:<br />

y = p 1 · q 1<br />

p 1 · k = ν E<br />

(3.9)<br />

Das Betragsquadrat des Impulsübertrags ∆ ist genau die Mandelstam-Variable t<br />

dieses Prozesses: 6 t = ∆ 2 (3.10)<br />

6 Siehe auch Anhang A.<br />

27


3.2 Die <strong>Generalisierte</strong>n <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong><br />

3.2.1 Definition und Herleitung<br />

Die GPDs sind direkte Folgerungen aus dem Hadron-Tensor der DVCS. Der<br />

allgemeine Hadron-Tensor ist gegeben durch die DVCS-Amplitude [3]:<br />

T = ± e3<br />

q 2 εµW ∗ µν ū(k ′ )γ ν u(k) (3.11)<br />

1<br />

Hier ist ε µ der Polarisationsvektor des auslaufenden reellen Photons (siehe auch<br />

Kapitel 2.1.2), W µν der Hadron-Tensor und der hintere Term ist der Viererfluss<br />

des Leptons. Der Vorfaktor ± hängt von der Ladung des Leptons ab.<br />

Der Hadron-Tensor ist definiert durch das zeitlich geordnete Produkt zweier<br />

elektromagnetischer Flüsse (siehe Kapitel 2.2.1): 7<br />

W µν (q, p 1 , p 2 ) = i<br />

e 2 ∫<br />

dx e iqx 〈p 2 ,s 2 |T j µ (x/2) j ν (−x/2)|p 1 ,s 1 〉 (3.12)<br />

Bei einem Spin-1/2-Target gibt es für den Hadron-Tensor 12 8 unabhängige kinematische<br />

Strukturen. Beschränken wir uns auf den führenden Twist (τ = 2) und<br />

vernachlässigen Terme, die einen doppelten Spin-Flip des Nukleons induzieren,<br />

so bleiben 4 übrig [1, 2, 3], zwei in Form von Vektoren und zwei in Form von<br />

Axialvektoren im Hadron-Tensor.<br />

Man stellt dies dar, indem man den Hadron-Tensor in einen Vektor- und einen<br />

Axialvektor-Teil entwickelt:<br />

q ·V<br />

W µν = −P µσ g στ P τν<br />

p · q − P A ρ<br />

µσiε στqρ P τν + O(τ > 2) (3.13)<br />

p · q<br />

Hier sind<br />

(<br />

P µν = g µν − q )<br />

1µq 2ν<br />

(3.14)<br />

q 1 · q 2<br />

die Projektionsoperatoren, g µν = diag(1,−1,−1,−1) ist der metrische Tensor des<br />

Minkowski-Raumes und ε αβγδ ist der vierdimensionale Levi-Civita-Tensor. 9<br />

7 s 1 und s 2 sind die Spinzustände des Protons am Anfang und am Ende der Streuung.<br />

8 1/2 × 3(γ ∗ ) × 2(γ) × 2(p ein ) × 2(p aus ) = 12. Der Faktor 1/2 folgt aus Paritätsinvarianz.<br />

9 Wir verwenden die Konvention ε 0123 = +1.<br />

28


Man macht diese Aufteilung, um zwischen polarisierten und unpolarisierten<br />

Formfaktoren zu unterscheiden. Der Vektorteil entspricht einem unpolarisierten<br />

Hadron und der Axialvektorteil einem polarisierten Hadron. Die oben eingeführten<br />

Axialvektor- und Vektorentwicklungen des Hadronentensor können jeweils wieder<br />

in zwei Formfaktoren entwickelt werden. Diese Formfaktoren sind die sogenannten<br />

Compton-Formfaktoren. In Twist-2 Näherung sehen sie folgendermaßen aus: 10<br />

V µ = Ū(p 2 ,s 2 )<br />

[H γ µ + E iσ µν∆ ν ]<br />

U(p 1 ,s 1 ) (3.15)<br />

2M<br />

[<br />

A µ = Ū(p 2 ,s 2 ) ˜H γ µ γ 5 + Ẽ ∆ ]<br />

µγ 5<br />

U(p 1 ,s 1 ) (3.16)<br />

2M<br />

U(p,s) ist der Nukleon-Bispinor, normiert auf 2M.<br />

Schlussendlich sind die 4 hier auftretenden Compton-Formfaktoren H , ˜H ,<br />

E und Ẽ gegeben durch Faltungen einer harten Streuamplitude C mit weichen<br />

<strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>, den <strong>Generalisierte</strong>n <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong>: [2, 3]<br />

H (ξ ,Q 2 ,∆ 2 ) =<br />

E (ξ ,Q 2 ,∆ 2 ) =<br />

˜H (ξ ,Q 2 ,∆ 2 ) =<br />

Ẽ (ξ ,Q 2 ,∆ 2 ) =<br />

∫ 1<br />

∑ C − j (x,ξ ) ⊗ H j(x,ξ ,∆ 2 ) = ∑ dx C − j (x,ξ ) · H j(x,ξ ,∆ 2 )<br />

j=u,d,s<br />

j=u,d,s −1<br />

(3.17)<br />

∫ 1<br />

∑ C − j (x,ξ ) ⊗ E j(x,ξ ,∆ 2 ) = ∑ dx C − j (x,ξ ) · E j(x,ξ ,∆ 2 )<br />

j=u,d,s<br />

j=u,d,s −1<br />

(3.18)<br />

∫ 1<br />

∑ C + j (x,ξ ) ⊗ ˜H j (x,ξ ,∆ 2 ) = ∑ dx C + j (x,ξ ) · ˜H j (x,ξ ,∆ 2 )<br />

j=u,d,s<br />

j=u,d,s −1<br />

(3.19)<br />

∫ 1<br />

∑ C + j (x,ξ ) ⊗ Ẽ j (x,ξ ,∆ 2 ) = ∑ dx C + j (x,ξ ) · Ẽ j (x,ξ ,∆ 2 )<br />

j=u,d,s<br />

j=u,d,s −1<br />

(3.20)<br />

C ± kann störungstheoretisch entwickelt werden, ist hier aber nur in der führenden<br />

Ordnung der starken Kopplungskonstante relevant. In führender Ordnung hat<br />

man: 11<br />

10 Siehe hierzu auch Anhang C. Man beachte die Analogie zu den klassischen Formfaktoren.<br />

11 Der Summand i0 ist die Propagator-Vorschrift, die in den meisten Werken als iε dargestellt<br />

wird. Ausführliche Erklärungen finden sich z.B. in [5, 7].<br />

29


ξC ± j (x,ξ ) =<br />

e 2 j<br />

1 − x/ξ − i0 ± e 2 j<br />

1 + x/ξ − i0<br />

(3.21)<br />

Schlussendlich sieht also der Hadron-Tensor für DVCS in Abhängigkeit der GPDs<br />

folgendermaßen aus:<br />

(<br />

)<br />

∫<br />

q ρ<br />

T µν = −P µσ g στ P τν<br />

p · q<br />

∑<br />

1 e 2 j<br />

dx<br />

j=u,d,s −1 1 − x/ξ − i0 − e 2 j<br />

1 + x/ξ − i0<br />

iσ ρα ∆<br />

×Ū(p 2 ,s 2 )<br />

(H α )<br />

j γ ρ + E j U(p 1 ,s 1 )<br />

2M<br />

(<br />

)<br />

∫<br />

1<br />

−P µσ iε στqρ P τν<br />

p · q<br />

∑<br />

1 e 2 j<br />

dx<br />

j=u,d,s −1 1 − x/ξ − i0 + e 2 j<br />

1 + x/ξ − i0<br />

(<br />

)<br />

∆ ρ γ 5<br />

×Ū(p 2 ,s 2 ) ˜H j γ ρ γ 5 + Ẽ j U(p 1 ,s 1 )<br />

2M<br />

3.2.2 Eigenschaften der GPDs<br />

(3.22)<br />

Der große Vorteil von GPDs ist, dass sie klassische <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong> (PDFs<br />

- <strong>Parton</strong> Distribution Functions) mit klassischen Formfaktoren vereinen [1]. Die<br />

Formfaktoren beschreiben den transversalen Aufbau des Nukleons [19]. Die PDFs<br />

beschreiben die Nukleon-Struktur in Abhängigkeit des longitudinalen Impulses<br />

der <strong>Parton</strong>en und entsprechen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung [22, 23]. Die<br />

GPDs sind eine Synthese aus diesen beiden Beschreibungen des Nukleons und<br />

besitzen korrelierte Information über die transversale Orts- und die longitudinale<br />

Impulsverteilung der <strong>Parton</strong>en [19]. Vergleicht man Gleichung (2.40) und (3.12), so<br />

kann man erkennen, dass bei den PDFs das zeitlich geordnete Produkt der Ströme<br />

zwischen zweimal dem gleichen Zustand steht und somit als Wahrscheinlichkeitsamplitude<br />

interpretiert werden kann, wohingegen man bei den GPDs verschiedene<br />

Anfangs- und Endzustände hat. Somit sind die GPDs nicht als Wahrscheinlichkeitsamplituden,<br />

sondern eher als quantenmechanische Interferenz zwischen den<br />

Nukleon-Zuständen und somit der verschiedenen <strong>Parton</strong>-Konfigurationen im Hadron<br />

zu sehen. Die beiden Zustände können sich sowohl in longitudinalen als<br />

30


auch in transversalen Komponenten unterscheiden. [20,23]. Außerdem enthalten<br />

GPDs Informationen über die Gesamtdrehimpulsverteilung der Quarks und Gluonen<br />

innerhalb des Nukleons [1, 20]. Diese Information kann durch Bildung des 2.<br />

Moments aus den GPDs extrahiert werden.<br />

In folgender Tabelle sind die Unterschiede der vier, im vorigen Kapitel eingeführten,<br />

GPDs zusammengefasst:<br />

H ˜H E Ẽ<br />

Unpolarisiertes Hadron (Vektor) X X<br />

Polarisiertes Hadron (Axialvektor) X X<br />

Helizitätserhaltung X X<br />

Helizitäts-Flip X X<br />

Tabelle 3.1: Eigenschaften der GPDs<br />

Es ist wichtig zu bemerken, dass mit dem Helizitäts-Flip ein Helizitäts-Flip<br />

des Nukleons gemeint ist, die Helizität für Quarks ist nämlich erhalten. Was also<br />

im Quark-Niveau passiert ist eine Veränderung des Quark-Bahndrehimpulses und<br />

somit der Helizität des Gesamt-Nukleons. Dieser Fall existiert nur bei transversalem<br />

Impulsübertrag und ist somit bei PDFs nicht möglich [20, 23].<br />

Vorwärts-Limes der GPDs<br />

Da die GPDs eine Erweiterung der klassischen Quark-<strong>Verteilungen</strong> sind, besitzen<br />

sie die nützliche Eigenschaft, dass sie sich auf diese zurückführen lassen. Dies ist<br />

möglich im sogenannten Vorwärts-Limes:<br />

Für H(x,ξ ,∆ 2 ) und ˜H(x,ξ ,∆ 2 ) gilt [1]<br />

∆ 2 = 0 und ξ = 0 (3.23)<br />

H j (x,0,0) = q j (x) = q ⇒ j<br />

(x) + q ⇆ j<br />

(x) (3.24)<br />

˜H j (x,0,0) = ∆q j (x) = q ⇒ j<br />

(x) − q ⇆ j<br />

(x) (3.25)<br />

wobei q ⇒ j<br />

(x) die PDF für gleiche Helizität von Quark und Nukleon darstellt<br />

und q ⇆ j<br />

(x) für die entgegengesetzte Helizität steht. Betrachtet man zusätzlich<br />

Antiquarks im Nukleon, so sieht der Vorwärts-Limes folgendermaßen aus [2]:<br />

31


H j (x,0,0) = q j (x)θ(x) − ¯q j (−x)θ(−x) (3.26)<br />

˜H j (x,0,0) = ∆q j (x)θ(x) + ∆ ¯q j (−x)θ(−x) (3.27)<br />

Hier sind ¯q(x) und ∆ ¯q die Antiquarkverteilungen und θ(x) ist die Heaviside-<br />

Funktion.<br />

Der Vorwärts-Limes ist analog dazu, dass in Gleichung (3.12) der Anfangsund<br />

der Endzustand der gleiche sind. Man kann sich somit die Reduzierung der<br />

GPDs auf PDFs im Vorwärts-Limes anschaulich erklären. Der quantenmechanische<br />

Interferenzterm zwischen zwei verschieden Zuständen reduziert sich in diesem<br />

Limes zu einer Wahrscheinlichkeit, da sich der eine Zustand dem andern nähert, bis<br />

man den gleichen Anfangs- und Endzustand hat. Es gibt keine analogen Vorwärts-<br />

Limita für die Funktionen E und Ẽ, da sie die Nukleon-Helizität nicht erhalten und<br />

somit nicht mit bestimmten PDFs verwandt sind. Ein Helizitätsflip ist auch nur<br />

möglich wenn Anfangs- und Endzustand verschieden sind [24].<br />

Erstes Moment<br />

Eine weitere wichtige Eigenschaft der GPDs ist ihr erstes Moment in x, welches<br />

die 4 <strong>Verteilungen</strong> auf folgende Formfaktoren zurückführt [1, 2, 20]:<br />

∫ 1<br />

−1<br />

∫ 1<br />

−1<br />

∫ 1<br />

−1<br />

∫ 1<br />

−1<br />

dx H(x,ξ ,∆ 2 ) = F 1 (∆ 2 ) (3.28)<br />

dx E(x,ξ ,∆ 2 ) = F 2 (∆ 2 ) (3.29)<br />

dx ˜H(x,ξ ,∆ 2 ) = G A (∆ 2 ) (3.30)<br />

dx Ẽ(x,ξ ,∆ 2 ) = G P (∆ 2 ) (3.31)<br />

Hier sind F 1 (∆ 2 ) und F 2 (∆ 2 ) die in Kapitel 2.1.1 eingeführten Dirac- und Pauli-<br />

Formfaktoren. G A (∆ 2 ) ist der Axialvektor-Formfaktor und G P (∆ 2 ) ist der pseudoskalare<br />

Formfaktor, die beide aus der Modellierung der Nukleonen anhand eines<br />

Axialstroms folgen (man siehe hierzu Anhang C und [26,27]). Bei der Bildung des<br />

ersten Moments fällt die ξ -Abhängigkeit raus.<br />

32


Zweites Moment<br />

Das zweite Moment der GPDs ist eine der wichtigsten Errungenschaften des<br />

GPD-Modells, nämlich erlaubt die sogenannte Ji-Summenregel den Beitrag der<br />

Quark-Spins und -bahndrehimpulse zum Nukleon-Gesamtspin zu ermitteln. Dies<br />

ist bis jetzt die einzig bekannte Möglichkeit die Drehimpulsbeiträge zu bestimmen<br />

[1, 12, 15, 19, 22, 23]. Mit den GPDs der Gluonen kann man analog auch<br />

deren Beitrag zum Gesamtspin des Protons bestimmen, dies wird hier jedoch nicht<br />

besprochen.<br />

Die Summenregel von Ji (nach Xiangdong Ji [1]) lautet:<br />

∫ 1<br />

−1<br />

dx x [ H j (x,ξ ,∆ 2 ) + E j (x,ξ ,∆ 2 ) ] = A j (∆ 2 ) + B j (∆ 2 ) (3.32)<br />

A j (∆ 2 ) und B j (∆ 2 ) sind die Formfaktoren des Energie-Impuls-Tensors und werden<br />

in diesem Zusammenhang auch gerne als Gravitations-Formfaktoren bezeichnet.<br />

Extrapoliert man nun diesen Zusammenhang nach ∆ 2 → 0, so ergibt sich für die<br />

rechte Seite der Gleichung<br />

A j (∆ 2 = 0) + B j (∆ 2 = 0) = 2J j (3.33)<br />

wobei J j der Gesamtdrehimpuls des jeweiligen Quark-Flavors ist und sich aus dem<br />

Spin ∆Σ und dem Bahndrehimpuls L j dieser zusammensetzt. Es ergibt sich der<br />

Zusammenhang zwischen den GPDs und dem Gesamtdrehimpuls der Quarks:<br />

∫<br />

1 1<br />

dx x [ H j (x,ξ ,0) + E j (x,ξ ,0) ] = J j (3.34)<br />

2 −1<br />

Einen analogen Zusammenhang gibt es für die GPDs der Gluonen, durch welche<br />

man J g = ∆G + L g ermitteln kann. Aus der Summe der Gesamtdrehimpulse J<br />

müsste man dann den bekannten Spin des Protons erhalten:<br />

J j + J g = 1 2<br />

(3.35)<br />

Erste Berechnungen anhand chiraler Störungstheorie für die Quarkbeiträge ergaben<br />

[25]:<br />

J u = 0.236 ± 0.06 (3.36)<br />

J d = 0.002 ± 0.004 (3.37)<br />

33


Der Beitrag des Quarkspins konnte durch Messungen auf ∆Σ ≈ 0.33 festgelegt<br />

werden.<br />

Altarelli-Parisi-Gleichungen<br />

Die Entwicklung der GPDs kann wie die der PDFs auch durch Altarelli-Parisi-<br />

Gleichungen beschrieben werden (siehe Kapitel 2.2.3). Die Entwicklung von<br />

Helizitäts-unabhängigen und abhängigen GPDs unterscheidet sich jedoch. Die<br />

Behandlung aller Entwicklungsgleichungen für verschieden kinematische Bereiche<br />

wird komplett in [1] durchgeführt und erläutert.<br />

3.2.3 Tomographie des Protons<br />

Da die GPDs mit den eindimensionalen PDFs und den zweidimensionalen 12 klassischen<br />

Formfaktoren zusammenhängen, enthalten sie Informationen dieser beiden<br />

Beschreibungen des Protons. Aus der Kombination beider Elemente ergibt sich eine<br />

dreidimensionale Beschreibung des Protons, die in den GPDs enthalten ist [28].<br />

Die GPDs hängen von 3 Variablen ab, nämlich von x, ξ und ∆ 2 , bzw. t. Die<br />

Variablen x und ξ parametrisieren die longitudinale Impulsverteilung der <strong>Parton</strong>en<br />

und ∆ 2 = t ziehen noch die Möglichkeit in Betracht, dass das Proton einen transversalen<br />

Impulsübertrag erfährt [24]. Eine sehr anschauliche Darstellung liefert<br />

Abbildung 3.2:<br />

12 Die klassischen Formfaktoren sind eigentlich eindimensional, beschreiben aber ein zweidimensionales<br />

Proton, da dieses rotationssymmetrisch ist.<br />

34


Abbildung 3.2: Dieses Bild zeigt den Anfangs- und den Endzustand des Protons,<br />

sowie den Impulsbruchteil des <strong>Parton</strong>s, an dem gestreut wird. Das Proton erhält<br />

einen transversalen Impulsübertrag und verscheibt sich somit in diesem Beispiel<br />

nach unten. Der relative Impulsbruchteil des Quarks verändert sich hierbei um 2ξ .<br />

Die Größe b ist der Abstand des <strong>Parton</strong>s vom Impulszentrum des Protons. [24]<br />

Es existieren in diesem Zusammenhang zwei wichtige Grenzfälle für ξ , nämlich<br />

ξ = 0 und ξ = x [22].<br />

• Im Falle ξ = 0 trägt das <strong>Parton</strong> im Anfangs- und im Endzustand den gleichen<br />

longitudinalen Impulsbruchteil x und somit ist der Impulstransfer rein<br />

transversal:<br />

t = −⃗∆ 2 ⊥ (3.38)<br />

Die Fouriertransformation der GPD H j = H j (x,0,−⃗∆ 2 ⊥<br />

) für festes x ergibt<br />

in diesem Fall dann die Ortsverteilung der <strong>Parton</strong>en mit dem Impulsbruchteil<br />

x. Die Ortsverteilung ist durch die Distanz⃗b ⊥ vom Impulsschwerpunkt des<br />

Protons gegeben.<br />

q j (x,⃗b ⊥ ) =<br />

∫ d 2⃗∆ 2 ⊥<br />

(2π) 2 e−i ⃗∆ ⊥<br />

⃗b ⊥<br />

H j (x,0,−⃗∆ 2 ⊥ ) (3.39)<br />

ist dann die dreidimensionale impulsabhängige <strong>Parton</strong>-Verteilung. Da der<br />

Anfangs- und Endzustand der gleiche sind, kann man diese Funktion als eine<br />

Wahrscheinlichkeit interpretieren.<br />

Im Laborsystem beträgt die transversale Distanz zwischen dem gestreuten<br />

<strong>Parton</strong> und dem Impulsschwerpunkt r ⊥ = |⃗b ⊥ |/(1 − x). Diese kann dazu<br />

benutzt werden, die Größe des gesamten Protons abzuschätzen. Damit die<br />

Protonengröße endlich bleibt muss |⃗b ⊥ | → 0 für x → 1.<br />

35


• Der Fall ξ = x hat hingegen keine Wahrscheinlichkeitsinterpretation, da<br />

hier Anfangs- und Endzustand wieder verschieden sind. Jedoch kann man<br />

hier auch die Gesamtgröße des Protons extrahieren, nämlich hängt der Erwartungswert<br />

〈r⊥ 2 (x)〉 direkt vom Imaginärteil der DVCS-Amplitude ab.<br />

Parametrisiert man den exklusiven Wirkungsquerschnitt als<br />

dσ<br />

dt<br />

∼ exp(−B(x)|t|), (3.40)<br />

wobei t die Mandelstam-Variable ist, so erhält man für kleine x den Zusammenhang<br />

〈r⊥ 2 (x)〉 ≈ 2 · B(x) (3.41)<br />

Berechnungen zur Ermittlung der transversalen Größe des Protons haben ergeben,<br />

dass diese mit dem Impulsbruchteil x des gestreuten <strong>Parton</strong>s zusammenhängt<br />

[22]. Je größer x ist, desto kleiner wird der transversale Proton-Radius. Man<br />

erwartet bei x → 1 ein punktförmiges Proton, da das <strong>Parton</strong> dann den gesamten<br />

Proton-Impuls trägt und somit selber zum Zentrum wird. Der Impulsbruchteil<br />

bekommt somit eine Interpretation im Raum wie Abbildung 3.3 darstellt:<br />

36


Abbildung 3.3: Die Nukleon-Tomographie: (a) zeigt wie der transversale Ort<br />

und der longitudinale Impuls in Gl. (3.39) zusammenhängen. Einem gewissen<br />

Impulsbruchteil kann eine bestimmte Protongröße zugeordnet werden.<br />

(b) zeigt wie die gemessene transversale Struktur vom Impulsbruchteil des <strong>Parton</strong>s,<br />

an dem gestreut wird, abhängt. Ist x sehr klein, so sieht man vor allem die Seequark-<br />

Verteilung, die sich wie eine Wolke um die Valenzquarks bildet (siehe Abb. 2.2). Bei<br />

größerem x wird die radiale Verteilung immer kleiner, da der Impuls immer größer<br />

wird und somit das <strong>Parton</strong> selber zum Zentrum des Protons wird. In dieser Region<br />

sieht man vor allem die Valenzquarks. Im Grenzfall x → 1 trägt das aktive Quark<br />

den gesamten Proton-Impuls und wird somit selber zum Zentrum des Protons,<br />

welches dann punktförmig werden würde. [22]<br />

Berechnungen zum Gesamtdurchmesser des Protons ergaben den erwarteten<br />

Zusammenhang zwischen dem Impulsbruchteil x und der <strong>Parton</strong>-Distanz vom<br />

Impulszentrum b ⊥ . Für den Proton-Durchmesser 〈r ⊥ (x B )〉 ergibt sich durch Interpolation<br />

der Wert:<br />

〈r ⊥ (x B )〉 = (0.65 ± 0.2) fm (3.42)<br />

Wie stark b ⊥ und x voneinander abhängen ist noch nicht exakt bestimmt, da ihr Zusammenhang<br />

stark vom benutzten Modell abhängt und die Abweichung zwischen<br />

den verschieden Modellen um bis zu 30% beträgt [22].<br />

37


Zusammenfassend kann man sagen, dass GPDs Informationen über den<br />

transversalen Ort des <strong>Parton</strong>s in Abhängigkeit dessen Impulsbruchteils<br />

enthalten, was zu einem dreidimensionalen Bild des Protons führt.<br />

Außerdem enthalten sie Informationen über die Beiträge der <strong>Parton</strong>en zum<br />

Gesamtspin des Protons und sind damit bisher die einzigen Ansätze, mit<br />

denen dessen Extrahierung möglich ist. Die Bezeichnung generalisiert<br />

beschreibt, dass sich die GPDs in bestimmten Grenzfällen auf die Formfaktoren<br />

und klassischen <strong>Parton</strong>-<strong>Verteilungen</strong> zurückführen lassen. Sie sind<br />

universelle Größen und nicht reaktionsabhängig.<br />

3.3 Wirkungsquerschnitte<br />

Der allgemeine Wirkungsquerschnitt (WQ) für die Reaktion<br />

ist durch die Formel 13 [2]<br />

gegeben, mit<br />

l(k) + p(P 1 ) → l(k ′ ) + p(P 2 ) + γ(q 2 ) (3.43)<br />

dσ<br />

dxdyd|∆ 2 |dφdϕ =<br />

α 3 ∣<br />

xy<br />

T ∣∣∣<br />

2<br />

16π 2 Q1√ 2 1 + ε 2 ∣e 2<br />

(3.44)<br />

ε 2 = 4x 2 M2<br />

Q 2 (3.45)<br />

1<br />

Jedoch ist der DVCS-Prozess nicht der einzige der die oben genannten Anfangsund<br />

Endprodukte besitzt. Ein anderer Prozess mit den gleichen Produkten ist der<br />

Bethe-Heitler-Prozess, der im folgenden Kapitel kurz behandelt wird.<br />

3.3.1 Der Bethe-Heitler-Prozess<br />

Beim Bethe-Heitler-Prozess (BH) streut ein Lepton elastisch an einem Proton<br />

und gibt entweder vor oder nach dem Photonenaustausch mit dem Proton ein<br />

reelles Photon ab, sodass die Endprodukte die gleichen wie bei DVCS sind, siehe<br />

Abbildung 3.4. Diese Abstrahlung ist im wesentlichen Sinne Bremsstrahlung im<br />

13 Die Variablen φ und ϕ werden in Kapitel 3.3.2 eingeführt.<br />

38


elektromagnetischen Feld des Protons. Im Gegensatz zum DVCS-Prozess wird<br />

bei BH kein Quark angeregt, welches ein Photon abgibt, sodass das auslaufende<br />

Photon keine Information über das Proton enthält.<br />

Abbildung 3.4: Der Bethe-Heitler-Prozess, bei dem das Lepton ein reelles Photon<br />

als Endprodukt abgibt, und nicht das <strong>Parton</strong>. Es gibt 2 verschiedene Möglichkeiten,<br />

nämlich kann das Lepton das Photon vor oder nach der Wechselwirkung mit dem<br />

Proton aussenden. Die Endprodukte sind die gleichen wie bei DVCS.<br />

Da DVCS und BH experimentell nicht unterscheidbar sind, interferieren beide<br />

Prozesse und die gesamte Amplitude ergibt sich aus den beiden einzelnen Amplituden.<br />

Das Betragsquadrat der Gesamtamplitude enthält somit einen Interferenzterm.<br />

Obwohl dies für Messungen ungünstig erscheinen mag, kann man diese Interferenz<br />

herausfiltern. Nämlich ist unter bestimmten kinematischen Bedingungen<br />

der Bethe-Heitler-Prozess stark unterdrückt (siehe Bild 3.5), oder man kann den<br />

theoretischen Wert einfach von der Gesamtmessung abziehen, da BH theoretisch<br />

komplett berechenbar ist. Interessanterweise ist diese Interferenz sogar von Vorteil,<br />

da sie gewisse Asymmetrien mit sich bringt, die experimentell ausgenutzt<br />

werden können, um einzelne GPDs zu extrahieren, was in Kapitel 3.3.4 behandelt<br />

wird [2, 3, 22].<br />

39


Abbildung 3.5: Diese Abbildung zeigt eine Monte-Carlo-Simulation des Prozesses<br />

µ + p → µ + pγ. Die Events sind in Abhängigkeit vom Winkel φ zwischen der<br />

Ebene des gestreuten Leptons und des gestreuten Hadrons (siehe nächstes Kapitel)<br />

aufgetragen. Man kann hier sehr gut erkennen wie für kleine x BH klar dominiert,<br />

aber für große x DVCS stärker ist [22].<br />

3.3.2 Kinematik zum Wirkungsquerschnitt<br />

Neben den in Kapitel 3.1 definierten kinematischen Variablen, muss man noch<br />

weitere, für die Messung relevante Variablen definieren, die den Streuwinkel und<br />

die Polarisation des Protons mit in Betracht ziehen. Hier wird das System aus [2]<br />

benutzt, welches in Abbildung 3.6 anschaulich dargestellt ist:<br />

40


Abbildung 3.6: Die Kinematik zum Prozess l p → l pγ ist im Ruhesystem des Protons<br />

in zwei Ebenen einteilbar, die im Winkel φ zueinander stehen. Die sogenannte<br />

Leptonebene ist definiert durch die Ebene, auf der sich das einlaufende und auslaufende<br />

Lepton, sowie das virtuelle Photon der Streuung befindet. Die Hadronebene<br />

ist durch das auslaufende Proton und das reelle Photon definiert. [2]<br />

Dieses System ist so gewählt, dass das virtuelle Photon keine Transversalkomponenten<br />

besitzt. Wir haben somit folgende Viererimpulse und Polarisationsvektoren:<br />

k = (E,E sinθ l ,0,E cosθ l )<br />

q 1 = (q 0 1 ,0,0,−|q3 1 |)<br />

P 1 = (M,0,0,0)<br />

P 2 = (E 2 ,|⃗P 2 |cosφ sinθ p ,|⃗P 2 |sinφ sinθ p ,|⃗P 2 |cosθ p )<br />

S LP = (0,0,0,Λ = ±1)<br />

S T P = (0,cosα,sinα,0)<br />

Die beiden Vektoren S LP und S T P sind die Polarisationsvektoren des Protons im<br />

Falle von longitudinaler und transversaler Polarisation. Man definiert λ = ±1 als<br />

Polarisation des Leptons. Ist das Hadron transversal polarisiert, also hat einen<br />

definierten Polarisationsvektor S ⊥ = (0,cosα,sinα,0), so ist der Winkel von S ⊥<br />

zur Hadronebene genau ϕ = φ − α.<br />

41


3.3.3 Die Amplituden<br />

Wie bereits vorhin erwähnt, setzt sich die Gesamtamplitude des Prozesses l p → l pγ<br />

aus der BH- und der DVCS-Amplitude zusammen (siehe Abbildung 3.7)<br />

Abbildung 3.7: Die Amplitude des gesamten l p → l pγ-Prozesses setzt sich aus<br />

diesen 3 Feynman-Diagrammen zusammen, wobei die ersten zwei die beiden<br />

Bethe-Heitler-Prozesse sind und der dritte Summand DVCS darstellt. Man kann<br />

hier auch gut erkennen, dass die Anfangs- und Endprodukte die gleichen sind, und<br />

somit die verschiedenen Prozesse experimentell nicht zu unterscheiden sind.<br />

und die Gesamtamplitude im Betragsquadrat sieht folgendermaßen aus:<br />

|T | 2 = |T BH | 2 + |T DVCS | 2 + T DVCS T ∗ BH + T ∗ DVCS T BH<br />

} {{ }<br />

I<br />

(3.46)<br />

Die einzelnen Amplituden können als Fourier-Reihen in Abhängigkeit des Winkels<br />

φ zwischen der Lepton- und Hadronebene entwickelt werden [2].<br />

|T DVCS | 2 = 1 [<br />

y 2 Q 2 c DVCS<br />

1<br />

|T BH | 2 =<br />

I =<br />

0 +∑<br />

n<br />

c DVCS<br />

n<br />

1<br />

x 2 y 2 (1 + ε 2 ) 2 ∆ 2 P 1 (φ)P 2 (φ)<br />

]<br />

cos(nφ) + s DVCS<br />

n sin(nφ)<br />

[<br />

c BH<br />

0 +∑<br />

n<br />

c BH<br />

n<br />

[<br />

]<br />

1<br />

xy 3 ∆ 2 c I 0<br />

P 1 (φ)P 2 (φ)<br />

+∑c I n cos(nφ) + s I n sin(nφ)<br />

n<br />

In twist-2-Näherung vereinfachen sich diese Formeln zu:<br />

(3.47)<br />

]<br />

cos(nφ) + s BH<br />

n sin(nφ)<br />

(3.48)<br />

(3.49)<br />

42


|T DVCS | 2 = cDVCS 0<br />

y 2 Q 2 1<br />

|T BH | 2 c BH<br />

0<br />

=<br />

x 2 y 2 (1 + ε 2 ) 2 ∆ 2 P 1 (φ)P 2 (φ)<br />

I = cI 1 cos(φ) + sI 1 sin(φ)<br />

xy 3 ∆ 2 P 1 (φ)P 2 (φ)<br />

(3.50)<br />

(3.51)<br />

(3.52)<br />

Die Faktoren P 1 (φ) und P 2 (φ) sind die Bethe-Heitler Lepton-Propagatoren, welche<br />

definiert sind durch:<br />

mit<br />

J + 2K cos(φ)<br />

P 1 (φ) = −<br />

y(1 + ε 2 )<br />

und<br />

P 2 (φ) = 1 + ∆2 J + 2K cos(φ)<br />

Q 2 +<br />

1<br />

y(1 + ε 2 )<br />

(3.53)<br />

K 2 = − ∆2<br />

Q 2 (1 − x)<br />

1<br />

)<br />

J =<br />

(1 − y −<br />

)(1 yε2 + ∆2<br />

2 Q 2 − (1 − x)(2 − y) ∆2<br />

1<br />

Q 2 1<br />

(1 − y − y2 ε 2<br />

4<br />

)( ){ √<br />

1 − ∆2 min<br />

∆ 2 1 + ε 2 4x(1 − x) + ε2<br />

+<br />

4(1 − x)<br />

(3.54)<br />

∆ 2 − ∆ 2 }<br />

min<br />

Q 2 1<br />

(3.55)<br />

∆ 2 min beschreibt die kinematische Grenze für ∆2 , was heißt, dass K genau dann<br />

verschwindet, wenn ∆ 2 = ∆ 2 min<br />

, daher diese (vereinfachende) Bezeichnung. Ausgeschrieben<br />

sieht dieser Term folgendermaßen aus:<br />

2(1 − x)<br />

(1 − √ )<br />

1 + ε 2 + ε 2<br />

∆ 2 min = −Q2 1<br />

4x(1 − x) + ε 2 (3.56)<br />

Die Fourierkoeffizienten können wiederum durch die Winkelfunktionen<br />

C(H ,E , ˜H , Ẽ ) ausgedrückt werden. Man unterscheidet jeweils für die 3 verschiedenen<br />

Polarisationen des Hadrons: unpolarisiert (U), transversal polarisiert (TP)<br />

und longitudinal polarisiert (LP). Im Fall von DVCS erhält man somit folgende 3<br />

Fourier-Koeffizienten [2]:<br />

43


c DVCS<br />

0,U = 2(2 − 2y + y2 )C DVCS<br />

U (3.57)<br />

c DVCS<br />

0,LP<br />

= 2λΛy(2 − y)CDVCS LP (3.58)<br />

[<br />

]<br />

−λy(2 − y)cos(ϕ)CT DVCS<br />

P+ + (2 − 2y + y 2 )sin(ϕ)Im(CT DVCS<br />

P− )<br />

c DVCS<br />

0,T P = − Q 1K<br />

M √ 1 − y<br />

Für den Interferenzterm erhält man folgende 6 Fourier-Koeffizienten:<br />

(3.59)<br />

c I 1,U = −8K(2 − 2y + y 2 )Re(C I U) (3.60)<br />

s I 1,U = 8Kλy(2 − y)Im(C I U) (3.61)<br />

c I 1,LP = −8KΛλy(2 − y)Re(C I LP) (3.62)<br />

s I 1,LP = 8KΛ(2 − 2y + y 2 )Im(CLP) I (3.63)<br />

c I 1,T P = 8M√ 1 − y [<br />

−λy(2 − y)cos(ϕ)Re(C<br />

I<br />

Q T P+ ) + (2 − 2y + y 2 )sin(ϕ)Im(CT I P−) ]<br />

1<br />

(3.64)<br />

s I 1,T P = 8M√ 1 − y [<br />

(2 − 2y + y 2 )cos(ϕ)Im(CT I Q<br />

P+) + λy(2 − y)sin(ϕ)Re(CT I P−) ]<br />

1<br />

(3.65)<br />

Der Bethe-Heitler-Prozess wird hier nicht explizit behandelt, da er nicht direkt<br />

relevant ist und da er in der Theorie komplett berechnet ist. Dieser hängt nur von<br />

den Pauli- und Dirac-Formfaktoren ab und enthält keine GPDs. Für die gesamte<br />

Amplitude kann man sich z.B. [2] und [3] zu Rate ziehen. Interessanterweise kann<br />

man unten in den Interferenz-Termen sehen, wie sich die GPDs vom DVCS-Prozess<br />

mit den Pauli- und Dirac-Formfaktoren aus dem BH-Prozess vermischen und somit<br />

den Interferenz-Term zusammensetzen. Die 8 oben eingeführten Winkelfunktionen<br />

C(H ,E , ˜H , Ẽ ) setzen sich folgendermaßen zusammen:<br />

44


C DVCS<br />

U =<br />

C DVCS<br />

LP =<br />

{<br />

1<br />

(2 − x) 2 4(1 − x)<br />

(H H ∗ + ˜H ˜H ∗) )<br />

− x<br />

(H 2 E ∗ + E H ∗ + ˜H Ẽ ∗ + Ẽ ˜H ∗<br />

)<br />

}<br />

−<br />

(x 2 + (2 − x) 2 ∆2<br />

4M 2 E E ∗ − x 2 ∆2<br />

4M 2 Ẽ Ẽ ∗<br />

{<br />

1<br />

(2 − x) 2 4(1 − x)<br />

(H ˜H ∗ + ˜H H ∗) )<br />

− x<br />

(H 2 Ẽ ∗ + Ẽ H ∗ + ˜H E ∗ + E ˜H ∗<br />

C DVCS<br />

T P+ =<br />

C DVCS<br />

T P− =<br />

( x<br />

2<br />

)<br />

∆2 (<br />

−x + (2 − x)<br />

2 4M 2 E Ẽ ∗ + Ẽ E ∗)}<br />

{<br />

1<br />

(2 − x) 2 2x(H Ẽ ∗ + Ẽ H ∗ ) − 2(2 − x)( ˜H E ∗ + ˜H ∗ E ) + x 2 (E Ẽ ∗ + Ẽ E ∗ )<br />

}<br />

{<br />

2<br />

(2 − x) 2 (2 − x)(H E ∗ − E H ∗ ) − x( ˜H Ẽ ∗ − Ẽ ˜H ∗ )<br />

CU I = F 1 H + x<br />

2 − x (F 1 + F 2 ) ˜H − ∆2<br />

4M 2 F 2E<br />

CLP I x<br />

=<br />

2 − x (F 1 + F 2 )<br />

(H + x )<br />

( )<br />

2 E x x<br />

+ F 1 ˜H −<br />

2 − x 2 F 1 + ∆2<br />

4M 2 F 2 Ẽ<br />

{ x<br />

CT I 2<br />

P+ = (F 1 + F 2 )<br />

(H + x ) }<br />

2 − x 2 E + x∆2<br />

4M 2 E −<br />

x2 (<br />

2 − x F x<br />

)<br />

1 ˜H +<br />

2Ẽ<br />

{<br />

+ ∆2<br />

4M 2 4 1 − x<br />

) }<br />

2 − x F 2 ˜H −<br />

(xF 1 + x2<br />

2 − x F 2 Ẽ<br />

) { (<br />

)<br />

CT I 1<br />

P− =<br />

(x 2 F 1 − (1 − x) ∆2<br />

2 − x<br />

M 2 F ∆ 2<br />

2 H +<br />

4M 2 (2 − x)F 1 + x2<br />

2 − x F 2<br />

}<br />

( )<br />

+ x2<br />

2 − x F 1 E −<br />

x2<br />

2 − x (F 1 + F 2 ) ˜H + ∆2<br />

4M 2 Ẽ<br />

}<br />

(3.66)<br />

45


3.3.4 Extrahierung und Asymmetrien<br />

Der Gesamtwirkungsquerschnitt der Reaktion setzt sich aus DVCS, BH und deren<br />

Interferenz zusammen. Um Aussagen über einzelne GPDs treffen zu können, muss<br />

man zuerst versuchen, die einzelnen Prozesse klar zu trennen. Dazu bedient man<br />

sich einer sehr nützlichen Eigenschaft, nämlich dass man aus den Wirkungsquerschnitten<br />

für verschiede Polarisationen und Ladungen von Leptonen und Hadronen<br />

Asymmetrien bilden kann. Dies bedeutet, dass man die verschiedenen Wirkungsquerschnitte<br />

addiert oder subtrahiert, um somit einzelne Prozesse zu isolieren.<br />

Ein Beispiel hierzu ist z.B. die Summe der differentiellen Gesamt-Wirkungsquerschnitte<br />

- im folgenden einfach als dσ bezeichnet - für Leptonen mit entgegengesetzter<br />

Ladung und entgegengesetzter Helizität. Die allgemein benutzte Bezeichnung<br />

hierfür ist S CS,U , wobei S für eine Summe steht (D steht für Differenz), CS<br />

für die Umkehrung von Ladung und Spin (charge-spin) des Leptons und U für ein<br />

unpolarisiertes Hadron. Man erhält in twist-2 Näherung [19, 22, 30]:<br />

S CS,U = dσ(l + ↓ ) + dσ(l− ↑ ) ∼ dσ BH + c DVCS<br />

0,U + sI 1,U sinφ (3.67)<br />

Zieht man hier den Wirkungsquerschnitt für den Bethe-Heitler-Prozess ab, welcher<br />

theoretisch komplett berechenbar ist, so erhält man eine Abhängigkeit von zwei<br />

Fourierkoeffizienten, einer vom DVCS-Prozess und einer vom Interferenzterm,<br />

welcher eine sinφ-Abhängigkeit besitzt. Will man also nur einen der beiden Terme<br />

betrachten, so kann man die Winkelabhängigkeit ausnutzen, um sie klar zu trennen.<br />

Eine andere Möglichkeit ist die Differenz der beiden Lepton-Ladungen/Helizitäten.<br />

In diesem Fall hat man in twist-2-Näherung<br />

D CS,U = dσ(l + ↓ ) − dσ(l− ↑ ) ∼ cI 1,U cosφ (3.68)<br />

was einem einen einzelnen Fourierkoeffizient aus dem Interferenzterm, multipliziert<br />

mit cosφ gibt.<br />

Wie man im vorherigen Kapitel nachlesen kann, sind die beiden Interferenzterme<br />

proportional zu:<br />

46


c I 1,U ∼ Re(C I U) (3.69)<br />

s I 1,U ∼ Im(C I U) (3.70)<br />

wobei C I U = F 1 H + x<br />

2 − x (F 1 + F 2 ) ˜H − ∆2<br />

4M 2 F 2E (3.71)<br />

Im kinematischen Bereich von COMPASS sind die Vorfaktoren von ˜H und E<br />

klein genug, dass der erste Summand in Gl. (3.71) dominiert [22]. Dies ist also<br />

ein Weg den CFF H zu isolieren und sogar separat den Real- und Imaginärteil zu<br />

erhalten:<br />

{<br />

CU I c I 1,U<br />

≈ F 1 H ⇒<br />

∼ Re(F 1H )<br />

s I 1,U ∼ Im(F (3.72)<br />

1H )<br />

In führender Ordnung der starken Kopplungskonstante kann man nun aus dem<br />

Real- und Imaginärteil von H die GPD H folgendermaßen extrahieren: 14<br />

ImH (ξ ,Q 2 1,∆ 2 ) = H(x = ξ ,ξ ,∆ 2 ) ± H(x = −ξ ,ξ ,∆ 2 )) (3.73)<br />

∫ 1<br />

( 1<br />

ReH (ξ ,Q 2 1,∆ 2 ) = P dx H<br />

x − ξ − 1 )<br />

(3.74)<br />

x + ξ<br />

−1<br />

Messungen mir transversal polarisiertem Target ermöglichen die Extrahierung der<br />

GPD E. Man bedient sich der selben Asymmetrie wie bei Gl. (3.68), benutzt aber<br />

ein transversal polarisiertes Target [30]:<br />

D CS,T P = dσ(l + ↓ ,Λ) − dσ(l− ↑ ,Λ) ∼ Im(F 2H − F 1 E )sinϕ cosφ (3.75)<br />

Analog erhält man die GPD ˜H anhand eines longitudinal polarisierten Targets<br />

D CS,LP = dσ(l + ↓ ,Λ) − dσ(l− ↑ ,Λ) ∼ Im(F 1 ˜H )sinφ (3.76)<br />

Die GPDs kann man dann immer anhand der Gleichungen (3.73) und (3.74)<br />

extrahieren, indem man H und H durch die jeweiligen GPDs oder CFFS ersetzt.<br />

Bei den polarisierten GPDs muss das Minus in (3.74) durch ein Plus ersetzt<br />

werden. Die Extrahierung des vierten CFFs Ẽ ist schwierig, da sein Beitrag in allen<br />

Wechselwirkungen stark unterdrückt ist. Die Kenntnis z.B. von ˜H würde jedoch<br />

die Extrahierung von Ẽ bei longitudinal polarisiertem Hadron ermöglichen.<br />

14 P ist der Cauchy’sche Hauptwert, der dafür sorgt, dass das Integral nicht divergiert.<br />

47


3.3.5 Die Proton-Größe<br />

Wie vorhin erwähnt, kann man aus S CS,U den Fourierkoeffizienten c DVCS<br />

0,U<br />

isolieren,<br />

der in Twist-2 Näherung alleine die DVCS-Amplitude definiert. Mit der Annahme<br />

aus Gl. (3.41), dass bei kleinen x der Wirkungsquerschnitt exponentiell von t abhängt,<br />

kann man B(x) mit der Kenntnis von c DVCS<br />

0,U<br />

(und somit dσ DVCS ) extrahieren.<br />

Man kann hier auch statt dem normalen WQ durch Asymmetrien jeweils den Realund<br />

den Imaginärteil separat betrachten.<br />

Man verwendet den einfachen Ansatz<br />

B(x) = B 0 + 2α ′ log<br />

( x0<br />

)<br />

x<br />

(3.77)<br />

wobei die Steigung α ′ die Änderung der Größe des Protons in Abhängigkeit von x<br />

darstellt. Dieser Ansatz funktioniert nur bei kleinen x, was experimentell jedoch<br />

möglich ist. Auf Messungen dieser Größen wird in Kapitel 4 kurz eingegangen.<br />

48


Kapitel 4<br />

Schlussbemerkungen<br />

Erste Messungen des DVCS- und DVMP-Prozesses für die Ermittlung der Struktur<br />

des Protons wurden bereits<br />

in einigen Hochenergie-<br />

Experimenten durchgeführt.<br />

Zum Beispiel hat der HERA-<br />

Collider in Hamburg bereits<br />

Messungen, vor allem zur<br />

Ermittlung der Gluonen-GPDs,<br />

in einem x-Bereich unter 10 −2<br />

durchführen können. Im JLab<br />

in Virginia, USA, mit einer<br />

Strahlenenergie von 6 GeV, und<br />

im HERMES-Experiment am<br />

HERA, bei 27 GeV, wurden dann<br />

neue kinematische Bereiche<br />

getestet. Das COMPASS-<br />

Experiment am CERN in Genf<br />

versucht zukünftige Messungen<br />

mit einer Strahlenenergie von<br />

190 GeV auf den kinematischen<br />

Bereich zwischen HERA, HER-<br />

MES und JLab zu erweitern,<br />

wie man der Abbildung 4.1<br />

entnehmen kann [21].<br />

Abbildung 4.1: Kinematische Bereiche für x und<br />

Q 2 von COMPASS, HERMES, JLAB und ZEUS<br />

und H1 am HERA. [20]<br />

50


Erste Messungen für die Größe des Protons wurden am ZEUS, H1 und H2<br />

durchgeführt, für x im Bereich 10 −3 . Die Resultate sind in Abbildung 4.2 dargestellt.<br />

Abbildung 4.2: In dem Graphen sind links erste Ergebnisse für die Messung von<br />

B(x) dargestellt, die am HERA-Collider (ZEUS und H1) gemacht wurden. Die<br />

horizontal gepunkteten Linien geben den gemessenen x-Bereich an. Rechts sind<br />

simulierte Ergebnisse für Q 2 zwischen 1 und 8 GeV 2 am COMPASS-Experiment<br />

dargestellt. Die unteren Punkte (mit ECAL0) stellen Ergebnisse dar, die von<br />

COMPASS-II-Erweiterung erwartet werden. Jeder Messpunkt hat 2 Fehlerbalken,<br />

von denen jeweils der linke den statistischen Fehler und der rechte zusätzlich<br />

den systematischen Fehler angibt. Die beiden Geraden stellen exemplarisch den<br />

Verlauf von B(x) dar, je nach Wert von α ′ , siehe Gleichung (3.77). Die Einheit von<br />

α ′ ist GeV −2 . [22]<br />

Ein großer Vorteil an COMPASS ist, dass Myon-Strahlen mit beiden Ladungen<br />

und Spineinstellungen verfügbar sind. Um Messergebnisse von Myon-Proton-<br />

Streuungen simulieren zu können, müssen GPD-Modelle benutzt werden. Es gibt<br />

mittlerweile viele Modelle, die oft erweitert und verbessert wurden. Betrachtet man<br />

51


z.B. die in Kapitel 3.3.4 eingeführte Ladungs- und Spinasymmetrie von Myonen,<br />

so erhält man je nach Modell verschiedene Verläufe: 1<br />

Abbildung 4.3: Erwartete Ergebnisse für die Messung von D CS,U , siehe Gl. (3.68),<br />

für 4 verschiedene Modelle im kinematischen Bereich 0.03 ≤ x ≤ 0.07 und 1 ≤<br />

Q 2 ≤ 4GeV 2 bei einer Myonenenergie von 160 GeV. Die Ergebnisse wurden in<br />

Abhängigkeit vom Winkel φ zwischen der Lepton- und Hadronebene auffgetragen.<br />

Die benutzten Modelle sind das VGG-Modell, einmal mit Regge-Ansatz und<br />

einmal ohne (siehe Anhang D) und ein von D. Müller vorgeschlagenes Modell,<br />

welches in [35] beschrieben wird. Das Regge-VGG-Model wurde mit α ′ = 0.8<br />

GeV −2 angesetzt. Experimentelle und phänomenologische Hinweise deuten stark<br />

darauf hin, dass das Regge-VGG-Modell favorisiert ist. Die eingezeichneten roten<br />

Punkte mit Fehlerbalken sind die in diesem Modell erwarteten Ergebnisse nach<br />

280 Tagen Messungen am COMPASS-Experiment in Genf [30].<br />

1 D CS,U = dσ(l + ↓ ) − dσ(l− ↑ ) 52


Diese erwarteten Ergebnisse lassen sich auch auf weitere kinematische Bereiche<br />

erweitern:<br />

Abbildung 4.4: Erwartete Ergebnisse für die Messung von D CS,U , siehe Gl. (3.68),<br />

in Abhängigkeit von φ für 12 verschiedene kinematische Bereiche. Als Modell<br />

wurde das Regge-VGG-Modell benutzt. Unterhalb der erwarteten Kurvenverläufe<br />

sind sowohl die erwarteten systematischen als auch statistischen Fehler aufgetragen<br />

[22].<br />

53


Abbildung 4.5: Erwartete Ergebnisse einer Messung von A CS,U = D CS,U /S CS,U in<br />

Abhängigkeit von t für 6 verschiedene x-Werte. A CS,U hängt direkt mit c I 1 zusammen<br />

und so lässt sich aus dieser Messung der Realteil von H extrahieren. Die<br />

eingetragenen blauen Dreiecke sind Resultate aus Messungen von HERMES, die<br />

roten Punkte sind erwartete Ergebnisse nach 2 Jahren Messungen am COMPASS<br />

(simuliert anhand des Regge-VGG-Modells, siehe Anhang D). Die durchgezogene<br />

grüne Linie stellt ein alternatives Modell dar, welches höhere Ordnungen<br />

berücksichtigt und hier nicht besprochen wird. [22]<br />

Abbildung 4.6: Erwartete Ergebnisse für A CS,T P in Abhängigkeit von t, x und Q 2<br />

für ein transversal polarisiertes Target nach 280 Tagen Messung am COMPASS-<br />

Experiment. Die schwarzen Quadrate stellen durchgeführte Messungen von<br />

HERMES dar. [22]<br />

54


Die Untersuchung der Substruktur des Protons hat also in den letzten Jahren<br />

große Schritte gemacht; vor allem die Möglichkeit, den exakten Beitrag der<br />

Quarks und Gluonen zu dessen Quantenzahlen zu ermitteln, ist ein großer Erfolg<br />

des neuen <strong>Parton</strong>-Modells und eröffnet eine neue Sichtweise auf das Innenleben<br />

von Hadronen, welches frühere Modelle nicht ermöglichten. Ein Upgrade des<br />

COMPASS-Experimentes bietet neue kinematische Bereiche, die bisherigen Experimenten<br />

nicht zur Verfügung standen, sowie vielseitige Einstellmöglichkeiten<br />

- Helizität und Ladung des einfallenden Myons, sowie Polarisation des Targets -<br />

anhand dessen Asymmetrien ausgeschöpft werden können, die klare Aussagen<br />

über einzelne Messgrößen ermöglichen. Das nächste Jahrzehnt wird somit einen<br />

Einblick in noch unbekannte Tiefen der QCD bieten, die bisher dem Beobachter<br />

versteckt blieben.<br />

55


Anhang A<br />

Allgemeine Formelsammlung<br />

A.1 Wirkungsquerschnitt<br />

Der differentielle Wirkungsquerschnitt einer Wechselwirkung ist im Allgemeinen<br />

durch die folgende Formel gegeben [5]:<br />

|T |2<br />

dσ =<br />

F dP<br />

(A.1)<br />

T ist die Amplitude der Wechselwirkung, F ist eingehende Fluss und dP bezeichnet<br />

den möglichen Phasenraum für die Endprodukte. Im Massenschwerpunktssystem<br />

ergibt sich für den Wirkungsquerschnitt der Streuung in einen infinitesimalen<br />

Raumwinkel der Zusammenhang<br />

dσ<br />

dΩ = 1 p f<br />

64π 2 |T | 2<br />

s p i<br />

(A.2)<br />

wobei s die Mandelstam-Variable ist, p f der Impulsbetrag der ausfallenden Teilchen<br />

und p i der Betrag der einfallenden Teilchen. 1<br />

1 Da wir im CMS sind, sind die Impulse der ein- und ausgallenden Teilchen gleich groß.<br />

57


A.2 Mandelstam-Variablen<br />

Für eine allgemeine Streuung p 1 + p 2 → p 3 + p 4 lauten die lorentzinvarianten<br />

Mandelstam-Variablen [9]:<br />

s = (p 1 + p 2 ) 2 = (p 3 + p 4 ) 2<br />

t = (p 1 − p 3 ) 2 = (p 2 − p 4 ) 2<br />

u = (p 1 − p 4 ) 2 = (p 2 − p 3 ) 2<br />

(A.3)<br />

(A.4)<br />

(A.5)<br />

A.3 Lösung der Dirac-Gleichung<br />

Die Dirac-Gleichung ist eine Gleichung aus der QED zur Beschreibung von Spin-<br />

1/2-Teilchen und -Antiteilchen. Die Gleichung sieht folgendermaßen aus:<br />

(<br />

)<br />

i<br />

3<br />

∑<br />

µ=0<br />

γ µ ∂ µ − m<br />

ψ = 0<br />

(A.6)<br />

ψ ist die Wellenfunktion des Spin-1/2-Teilchens und m dessen Masse. γ µ sind die<br />

Dirac-γ-Matrizen und ∂ µ ist die kovariante Ableitung. Die Lösungen der Dirac-<br />

Gleichung sind [5]:<br />

⎛<br />

u + = ⎜<br />

⎝<br />

⎛<br />

⎞ ⎛<br />

⎟<br />

⎠ u− = ⎜<br />

⎝<br />

0<br />

⎞ ⎛<br />

1<br />

0<br />

⃗σ⃗p<br />

E+m<br />

−⃗σ⃗p<br />

|E|+m<br />

v + = ⎜<br />

0<br />

⎟<br />

⎝ 1 ⎠ v− = ⎜<br />

⎝<br />

0<br />

0<br />

1<br />

0<br />

⃗σ⃗p<br />

E+m<br />

0<br />

−⃗σ⃗p<br />

|E|+m<br />

0<br />

1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

(A.7)<br />

(A.8)<br />

Die beiden u-Vektoren beschreiben Teilchen (E > 0) und die v-Vektoren bezeichnen<br />

Antiteilchen (E < 0). Die Zeichen + und − geben die Helizität des Teilchens an.<br />

58


Anhang B<br />

Lichtkegelkoordinaten<br />

Bei relativistischen Kollisionen werden oft die Lichtkegelkoordinaten benutzt, in<br />

denen die Vierervektoren folgendermaßen dargestellt werden: [10, 29, 32]<br />

⎛<br />

a + ⎞<br />

a = ⎝⃗a ⊥<br />

⎠<br />

(B.1)<br />

a −<br />

Die 3 Lichtkegelkomponenten (in Abhängigkeit der normalen Vierervektor-Komponenten<br />

a = (a 0 ,a 1 ,a 2 ,a 3 ) = (a 0 ,⃗a)) sind folgendermaßen definiert:<br />

a ± = √ 1<br />

( )<br />

(a 0 ± a 3 a<br />

1<br />

) ⃗a ⊥ =<br />

2 a 2 (B.2)<br />

In diesem Koordinatensystem wird der metrische Tensor g µν zu<br />

⎛<br />

⎞<br />

0 0 0 1<br />

˜g µν = ⎜0 −1 0 0<br />

⎟<br />

⎝0 0 −1 0⎠ ,<br />

1 0 0 0<br />

so dass<br />

(B.3)<br />

a · a = (a 0 ) 2 −⃗a 2 und a · b = a + b − + a − b + −⃗a ⊥<br />

⃗b ⊥ (B.4)<br />

Allgemein benutzt man die kanonische Eichung a + = 0, welche genau eine Ebene<br />

am Rand des Lichtkegels beschreibt (siehe Abbildung unten). Das Schwerpunktsystem<br />

befindet sich also auf einer Ebene am Rand des Lichtkegels. Die Koordinate<br />

59


a − wird dann zu einer Distanz in der Ebene a + = 0. Der Vorteil von Lichtkegelkoordinaten<br />

ist, dass sie eine sehr simple Beschreibung, unabhängig von einem<br />

Lorentz-System, von relativistischer Kinematik mit sich bringen. Lichtkegelkoordinaten<br />

erlauben störungstheoretische Berechnungen bei ultrarelativistischen<br />

Impulsen und sind allgemein sehr gut geeignet, um Teilchen in diesem Bereich zu<br />

beschreiben. [29, 32]<br />

Abbildung B.1: Vergleich des klassischen kartesischen Koordinatensystems (links)<br />

und der Lichtkegelkoordinaten (rechts). Die Ebenen im kartesischen System sind<br />

durch a 0 = const definiert und die Ebenen im Lichtkegelsystem durch a + = const<br />

(hier jeweils für const = 0 dargestellt). Somit liegen im kartesischen System die<br />

Ebenen senkrecht zur Zeitachse und im Lichtkegelsystem parallel zum Lichtkegelrand.<br />

60


Anhang C<br />

Vektor- und Axialvektor-Strom<br />

Das Matrixelement des elektromagnetischen Stroms der einzelnen Quarks<br />

j µ q (z) = ¯ψ q (z)γ µ ψ q (z)<br />

(C.1)<br />

gibt die im ersten Kapitel eingeführten Formfaktoren des Protons wieder (Pauliund<br />

Dirac-Formfaktor):<br />

[<br />

〈p 2 | j q µ (0)|p 1 〉 = ū(p 2 ) F q 1 (q2 )γ µ + F q 2 (q2 ) iσ µν ]<br />

∆ ν<br />

u(p 1 ) (C.2)<br />

2m<br />

Betrachtet man statt einem Vektorstrom nun einen Axialvektorstrom<br />

j 5µ<br />

q (z) = ¯ψ q (z)γ µ γ 5 ψ q (z) (C.3)<br />

so kann man auf die gleiche Weise wieder eine Aufspaltung in zwei Formfaktoren<br />

machen, die in diesem Fall der Axialvektor- (G A ) und der Pseudoskalar-Formfaktor<br />

(G P ) sind. Die polarisierten GPDs reduzieren sich im ersten Moment auf diese<br />

(siehe Gl. (3.30) und (3.31)): [27]<br />

〈p 2 | j 5µ<br />

q (0)|p 1 〉 = ū(p 2 )<br />

[G q A (q2 )γ µ γ 5 − G q P (q2 ) ∆µ γ 5<br />

2m<br />

]<br />

u(p 1 )<br />

Diese beiden Formfaktoren sind für das Proton folgendermaßen normiert: 1<br />

G p A (0) = gp A = 1.267 und Gp P (0) = gp P = M 4gp N<br />

2<br />

A<br />

m 2 π<br />

(C.4)<br />

(C.5)<br />

1 Für das Neutron hat der Axialvektor-Formfaktor entgegengesetztes Vorzeichen, also g n A = −gp A .<br />

61


Der Axialvektor-Strom ist relevant bei der schwachen Wechselwirkung, oder wie in<br />

unserem Fall bei polarisierten Targets. Das γ 5 im Fluss rührt vom Projektionsoperator<br />

der Helizität her, da man bei polarisierten Targets zwischen den verschiedenen<br />

Helizitäten unterscheiden muss.<br />

62


Anhang D<br />

Das VGG-Modell<br />

Das VGG-Modell ist ein von M. Vanderhaeghen, P.A.M. Guichon und M. Guidal<br />

vorgeschlagenes Modell für die Parametrisierung von GPDs. Der Ansatz bezieht<br />

sich auf den Formalismus der Double Distributions (DD): Der t-unabhängige Teil<br />

der GPDs wird folgendermaßen parametrisiert [19]: 1<br />

H DD =<br />

∫ 1<br />

−1<br />

dβ<br />

∫ 1−|β|<br />

−1+|β|<br />

dαδ(x − β − αξ )F(β,α) + θ<br />

( )]<br />

[1 − x2 x<br />

ξ 2 D ξ<br />

(D.1)<br />

F(β,α) ist eine DD. Der zweite Summand wurde etwas später von Polyakov und<br />

Weiss hinzugefügt, um Singularitäten zu vermeiden [34]. Die Terme β und α sind<br />

äquivalent zu x und ξ in diesem Formalismus und werden durch die δ-Funktion<br />

extrahiert. Der Ansatz für den t-unabhägigen Teil der DD-Funktion ist<br />

F(β,α) = h(β,α)q(β),<br />

(D.2)<br />

wobei q(β) eine klassische PDF ist und h(β,α) die sogenannte Profil-Funktion ist<br />

und parametrisiert wird durch:<br />

h(β,α) =<br />

Γ(2b + 2) [(1 − |β|) 2 − α 2 ] b<br />

2 2b+1 Γ 2 (b − 1) (1 − |β|) 2b+1 )<br />

(D.3)<br />

Für die t-Abhängigkeit wird ein sogenannter Regge-Ansatz benutzt, d.h. aus dem<br />

Ansatz<br />

1 In diesem Anhang wird nur die GPD H besprochen, da sie die dominante GPD ist. Die<br />

Parametrisierungen der anderen GPDs erfolgen analog.<br />

63


H(x,ξ = 0,t) = 1<br />

x α′ t q(x)<br />

folgt das sogenannte Regge-VGG-Modell für die DD:<br />

(D.4)<br />

1<br />

F(β,α,t) = h(β,α)q(β)<br />

|β| α′ t<br />

(D.5)<br />

Die Größe α ′ wird als Regge-Steigung bezeichnet. Der D-Term im zweiten Summand<br />

kann mit Hilfe von Gegenbauer-Polynomen entwickelt werden [19]:<br />

D(z) = (1 − z 2 )[d 1 C 3/2<br />

1<br />

(z) + d 3 C 3/2<br />

3<br />

(z) + d 5 C 3/2<br />

5<br />

(z) + ...] (D.6)<br />

64


Abbildungsverzeichnis<br />

2.1 Elastische Elektron-Proton-Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.2 Valenz- und Seequarks im Proton . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.3 Reduzierung des Hadron-Tensors . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.4 Höherer Twist bei DVCS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2.5 Faktorisierungstheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

3.1 Handbag-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

3.2 Transversaler Impulsübertrag beim Proton . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.3 Nukleon-Tomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.4 Der Bethe-Heitler-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

3.5 Dominanz von DVCS oder BH in Abhängigkeit von x . . . . . . . 40<br />

3.6 Kinematik bei DVCS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

3.7 Gesamtamplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

4.1 Kinematische Bereiche von COMPASS, HERMES, JLAB und<br />

HERA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2 Erste Tomographie-Messungen und Simulation . . . . . . . . . . 51<br />

4.3 Erwartete Messergebnisse bei D CS,U . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

4.4 D CS,U für 12 verschiedene kinematische Bereiche . . . . . . . . . 53<br />

4.5 A CS,U für 6 verschiedene Werte von x . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

4.6 A CS,T P in Abhängigkeit von t, x und Q 2 . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

B.1 Lichtkegelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

65


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x B and the access to the GPD H, arXiv:hep-ph/0904.0458v2.<br />

68


Ich möchte mich hiermit ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. Königsmann für seine<br />

Hilfe und konstruktive Gespräche bezüglich dieser Arbeit bedanken. Außerdem<br />

möchte ich mich bei den Mitarbeitern der AG Königsmann und Fischer für ihren<br />

freundlichen Empfang, die kollegiale Atmosphäre und den leckeren Kaffee<br />

bedanken.<br />

Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Mutter, ohne die mein Studium nicht<br />

möglich gewesen wäre.<br />

Alle Bilder ohne Quellenangaben wurden von mir selbst erstellt.<br />

70


Erklärung<br />

Hiermit versichere ich, die eingereichte Bachelorarbeit selbstständig verfasst und<br />

keine anderen als von mir angegebene Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben.<br />

Alle Zitate sind gekennzeichnet und alle Abbildungen enthalten nur die originalen<br />

Daten und sind keiner inhaltsverändernder Bildbearbeitung unterzogen worden.<br />

Ich erkläre weiterhin, dass die vorliegende Arbeit noch nicht anderwertig als<br />

Bachelorarbeit eingereicht wurde.<br />

............................................................... ...............................................................<br />

Ort, Datum<br />

Unterschrift<br />

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