Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. Jahrgang 1997/2 ...
Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. Jahrgang 1997/2 ...
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<strong>Zeitschrift</strong> <strong>des</strong> <strong>Schweizerischen</strong> <strong>Burgenvereins</strong><br />
<strong>2.</strong> 6. <strong>Jahrgang</strong><br />
<strong>1997</strong>/2 2001/4
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>des</strong> <strong>Schweizerischen</strong> <strong>Burgenvereins</strong><br />
Revue de l’Association Suisse Châteaux forts<br />
Rivista dell’Associazione Svizzera dei Castelli<br />
Revista da l’Associaziun Svizra da Chastels<br />
6. <strong>Jahrgang</strong>, 2001/4<br />
INHALT<br />
Armand Baeriswyl:<br />
Archäologische Untersuchungen im Schloss Köniz.<br />
Neue Erkenntnisse und Hypothesen zum<br />
Bau- und Funktionstyp der Ritterordenskommende............ 81<br />
Dieter Barz:<br />
Ein «Badehaus» mit Heizungsanlage auf der<br />
Burgruine Schlössel bei Klingenmünster................................. 95<br />
KURZBERICHTE............................................................................... 103<br />
VERANSTALTUNGEN ..................................................................... 104<br />
PUBLIKATIONEN............................................................................. 104<br />
VEREINSMITTEILUNGEN............................................................... 107<br />
Redaktion und Geschäftsstelle:<br />
Schweizerischer Burgenverein<br />
Thomas Bitterli, Blochmonterstr. 22, 4054 Basel<br />
Telefon 061 361 24 44; Fax 061 363 94 05<br />
Postkonto 40-23087-6<br />
http://www.burgenverein.ch<br />
Publiziert mit Unterstützung der <strong>Schweizerischen</strong> Akademie der Geistes- und<br />
Sozialwissenschaften (SAGW)<br />
Erscheint vierteljährlich<br />
ISSN 1420-6994<br />
Druck:<br />
Umschlagbild:<br />
Schwabe & Co. AG, Basel, Verlag und Druckerei<br />
Das Schloss Köniz im Jahr 1669. Blick nach Südost. Lavierte Federzeichnung von Albrecht Kauw<br />
(Bernisches Historisches Museum).
Archäologische Untersuchungen im Schloss in Köniz:<br />
Neue Ergebnisse und Hypothesen zum Bauund<br />
Funktionstyp der Ritterordenskommende<br />
von Armand Baeriswyl<br />
Köniz, ein bis vor kurzem noch<br />
ländlich geprägtes Dorf, ist heute<br />
eine Vorortgemeinde im Sog der<br />
nahe gelegenen Bun<strong>des</strong>hauptstadt<br />
Bern. Historischer Kern der Ortschaft<br />
ist ein mehrteiliger, streckenweise<br />
ummauerter Gebäudekomplex<br />
auf einem lang gezogenen<br />
Moränenhügel über dem Dorf. Er<br />
besteht aus der Pfarrkirche mit dem<br />
ehemaligen Friedhof, aus einem<br />
verschachtelten Baukörper, dem<br />
sog. Schloss, und aus einem gegen<br />
Osten anschliessenden Hof, der von<br />
Landwirtschaftsbauten umstellt ist<br />
(Abb. 1, 15L).<br />
Das Schloss diente bis 1995 als Erziehungsanstalt<br />
im Besitz <strong>des</strong> Kantons<br />
Bern und wurde dann an die<br />
Kirchgemeinde verkauft. Zur Vorbereitung<br />
einer Gesamtsanierung<br />
führt der Archäologische Dienst<br />
<strong>des</strong> Kantons Bern unter der Leitung<br />
<strong>des</strong> Schreibenden Untersuchungen<br />
im Boden und im aufgehenden Bestand<br />
vor. Die Arbeiten sind noch<br />
im Gang, und die folgenden Zeilen<br />
sind in diesem Sinn als provisorischer<br />
Arbeitsbericht zu verstehen 1 .<br />
1: Die Nordwestseite der ehemaligen Deutschordenskommende Schloss Köniz 1999. Sichtbar ist rechts die Kirche<br />
mit Turm, Schiff und gotischem Hochchor. Links schliesst die Kernanlage an, erkennbar ist das mächtige Vollwalmdach<br />
<strong>des</strong> Saalgeschosshauses und westlich angefügt das in barockzeitlichem Fachwerk erneuerte Pfarrhaus,<br />
das Gebäude mit Warmluftheizung.<br />
1<strong>2.</strong> Jahrhundert wurde eine neue<br />
Kirche errichtet, deren Schiff sich –<br />
erkennbar an den schmalen Rundbogenfenstern<br />
– in der heutigen<br />
Südmauer erhalten hat. Die zugehörige<br />
Apsis, welche um 1300 dem<br />
heutigen Chor weichen musste,<br />
wurde 1981/82 ergraben (Abb. 2,<br />
15J).<br />
Notizen zur Geschichte<br />
Köniz liegt am Rand der Voralpenzone,<br />
gehört aber noch zum Altsiedelland,<br />
wie unter anderem die<br />
Reste eines wenige hundert Meter<br />
vom Schloss entfernten römischen<br />
Gutshofs zeigen. 2 Im Frühmittelalter<br />
lag das Gebiet zuerst im fränkischen<br />
Reich, seit 888 im Königreich<br />
Hochburgund, welches 1032<br />
Teil <strong>des</strong> Reiches wurde. Archäologisch<br />
belegt ist diese Epoche durch<br />
ein Gräberfeld <strong>des</strong> 7./8. Jahrhunderts<br />
unter der heutigen Kirche. 3<br />
Eine zugehörige frühmittelalterliche<br />
Kirche ist bis jetzt nicht nachgewiesen,<br />
aber aufgrund der Bestattungen<br />
anzunehmen. Im 11. oder<br />
2: Die Südseite der Anlage 1999. Sichtbar ist links die Kirche mit dem ehemaligen Pfarrfriedhof und rechts<br />
anschliessend der Wirtschaftshof mit den randlichen Bauten aus dem 15.–19. Jh. Dazwischen ist ausschnitthaft<br />
das Saalgeschosshaus zu erkennen.<br />
81
Die der Sage nach von König<br />
Rudolf II. von Hochburgund gestiftete<br />
Kirche war den Heiligen<br />
Petrus und Paulus geweiht. 4 Sie<br />
diente als Pfarrkirche für ein Gebiet,<br />
das weit über das Dorf Köniz<br />
hinaus reichte und auch die um<br />
1200 vom Zähringer Herzog Bertold<br />
V. gegründete Stadt Bern umfasste.<br />
Die Kirche Köniz war somit<br />
auch die Pfarrkirche der neuen<br />
Stadt. Daneben diente die Kirche<br />
aber auch als Oratorium einer Gemeinschaft<br />
von Augustiner-Chorherren.<br />
Das Alter <strong>des</strong> Stifts ist unbekannt;<br />
die späte Erstnennung um<br />
1208 spricht aber dafür, dass es<br />
kaum vor dem mittleren 1<strong>2.</strong> Jahrhundert<br />
entstanden sein dürfte. 5<br />
Köniz wurde im Jahr 1226 von<br />
König Heinrich (VII.) im Einvernehmen<br />
mit seinem Vater Kaiser<br />
Friedrich II. dem Deutschen Orden<br />
geschenkt. 6 Diese neuartige, um<br />
1190 in Jerusalem entstandene<br />
geistliche Gemeinschaft hatte seit<br />
1200 begonnen, im Abendland<br />
Fuss zu fassen. Sie kam damals auf<br />
zwei Arten zu ihrem Besitz, entweder<br />
durch Schenkungen von Adligen<br />
oder durch königliche Vergabungen.<br />
Köniz ist ein Beispiel für<br />
letztere. Der Ort war offensichtlich<br />
staufisch beherrschtes Reichsgut<br />
und das Augustiner-Chorherren-<br />
Stift eine Art Eigenkloster, das in<br />
der Verfügung der Königsgewalt<br />
stand. Die Schenkung ist im Zusammenhang<br />
mit der Stadt Bern zu<br />
sehen, die nach den Tod <strong>des</strong> letzten<br />
Zähringers im Jahr 1218 zur staufischen<br />
Königsstadt wurde. Die<br />
Stadt lag am Rand <strong>des</strong> Reiches und<br />
wurde von verschiedenen regionalen<br />
Grossen bedroht, allen voran<br />
den Grafen von Kiburg und von<br />
Savoyen. Die Präsenz <strong>des</strong> Deutschen<br />
Ordens sollte wohl vor allem<br />
der Stärkung <strong>des</strong> königlichen Einflusses<br />
dienen. 7<br />
Die Augustiner wehrten sich entschieden<br />
gegen ihre Vertreibung;<br />
verschiedene königliche und päpstliche<br />
Urkunden belegen, dass zwischen<br />
1226 und 1243 ein erbitterter<br />
Kampf zwischen ihnen und dem<br />
Deutschen Orden um Köniz wogte.<br />
Nach einem Vergleich im Jahr<br />
1243 war der Deutsche Orden aber<br />
fest installiert; zur Kommende erhoben<br />
wurde Köniz offenbar aber<br />
erst zwischen 1263 und 1268 8 .<br />
Im Jahr 1256 wird erstmals eine<br />
Niederlassung in der Stadt Bern zur<br />
Betreuung der als Leutkirche dienenden<br />
Filiale erwähnt. Spätestens<br />
als der Bischof von Lausanne 1276<br />
das Stadtgebiet Berns von Köniz<br />
abtrennte und eine neue Pfarrei<br />
schuf, wurde diese Niederlassung<br />
zu einer von Köniz unabhängigen<br />
Priesterkommende, welche das<br />
Patronat der Münsterpfarrei innehatte.<br />
Der Niedergang der Ordenspräsenz<br />
im Raum Bern setzte im späten<br />
15. Jahrhundert ein: 1484 hob die<br />
Stadt Bern die Kommende auf, vertrieb<br />
die Ordenspriester und gründete<br />
an ihrer Stelle das Chorherrenstift<br />
St.Vinzenz. 9 Köniz überlebte<br />
ihre Tochter in Bern nicht lange: Im<br />
Gefolge der Reformation beschlagnahmte<br />
Bern im Jahr 1528 die<br />
Kommende. 1554 erreichte der<br />
Deutsche Orden zwar eine Restitution<br />
der Kommende; sie wurde aber<br />
nicht wieder durch Ordensritter<br />
besetzt, sondern stand unter der<br />
Verwaltung eines vom Orden ausgewählten<br />
Vogtes bernischer Herkunft.<br />
Erst 1729 wurde die Kommende<br />
dann an Bern verkauft und in eine<br />
Landvogtei umgewandelt. Seit dem<br />
Ende <strong>des</strong> Stadtstaates Bern 1798<br />
diente der Komplex als Armenanstalt,<br />
Obdachlosenunterkunft, Strafanstalt<br />
und zuletzt als Erziehungsheim.<br />
Erkenntnisse zur Baugeschichte<br />
von Schloss Köniz<br />
Phase 1: Der erste Steinbau<br />
Unmittelbar nördlich der Kirche<br />
erhebt sich das Schloss genannte<br />
Bauwerk auf der höchsten Stelle der<br />
Moränenzunge. Ein nordseitiges,<br />
heute wie ein Anbau wirken<strong>des</strong><br />
Steinhaus entpuppte sich im Laufe<br />
der archäologischen Untersuchungen<br />
überraschenderweise als ältester<br />
aufrecht stehender Teil der Gesamtanlage.<br />
Das Gebäude stand<br />
deutlich von der Kirche abgerückt<br />
3: Der unter den Steinbauten der Deutschordenskommende<br />
aufgedeckte Friedhof. Die Dichte der<br />
Bestattungen und die Armstellungen lassen vermuten,<br />
dass dieser Bestattungsplatz wohl bis ins<br />
1<strong>2.</strong> Jahrhundert in Betrieb war. Blick nach Süden.<br />
an der nördlichen Hangkante. Es<br />
wurde in bisherigem Friedhofsgelände<br />
errichtet und überlagerte<br />
Bestattungen <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong> Jahrhunderts.<br />
Das Gebäude war min<strong>des</strong>tens zweigeschossig<br />
und wies eine Grundfläche<br />
von 16 ¥ 9 m auf. Das rund<br />
1,1 bis 1,3 m starke Mauerwerk<br />
unterscheidet sich im Charakter<br />
kaum vom Steinhaus der Phase <strong>2.</strong><br />
Betreten wird das Gebäude heute<br />
noch von je einem Durchgang in<br />
der West- wie der Ostwand. Es wird<br />
auf den beiden noch erhaltenen<br />
originalen Geschossen mittels einer<br />
Binnenwand, die mit der nördlichen<br />
Fassadenmauer im Verband<br />
steht, im Verhältnis von ca. 1:2 unterteilt<br />
(Abb. 11A, 15A).<br />
Der grössere Westraum war mit<br />
einer – im heutigen Bestand jüngeren<br />
– Küche ausgestattet. Die<br />
Anlage mit Grundrissmassen von<br />
4,5 ¥ 5,5 m besteht aus drei mannshohen<br />
Arkaden, auf denen ein<br />
mächtiger Kaminhut sitzt. Er ist<br />
heute nur noch als Ansatz erhalten,<br />
während der obere Teil beim späteren<br />
Einzug einer Geschossbalkenlage<br />
zerstört wurde. Auch alle<br />
weiteren Balkendecken, Binnenmauern,<br />
Fussböden und Öffnungen<br />
entstammen späteren Umbauphasen,<br />
welche auch Aussagen zu den<br />
Obergeschossen vorderhand verunmöglichen.<br />
Aussen an der Nordostecke fanden<br />
sich die Fundamente eines im<br />
Grundriss quadratischen Anbaus<br />
mit einer niedrigen rundbogigen<br />
82
4: Die Westseite <strong>des</strong> Abortturms mit der rundbogigen Öffnung. Rechts die Nordwand <strong>des</strong> Steinhauses und die<br />
Ringmauer. Blick nach Osten.<br />
5: Die Ringmauer der ersten Anlage mit etwas jüngerer,<br />
südseitiger Vormauerung. Blick nach Westen.<br />
Öffnung im Sockelbereich. Es<br />
dürfte sich dabei um den Sockel<br />
eines Abortturms handeln.<br />
An das Steinhaus schloss im Westen<br />
und wahrscheinlich auch im Osten<br />
eine Ringmauer an, die dieses als<br />
Teil eines grösseren ummauerten<br />
Komplexes erscheinen lässt.<br />
Datierung und Interpretation<br />
Zu rekonstruieren ist ein von der<br />
Kirche deutlich in Distanz stehender<br />
ummauerter Komplex mit<br />
einem mehrgeschossigen Steingebäude.<br />
Dieses könnte im Sockelgeschoss<br />
von Anfang an eine Küche<br />
enthalten haben. Das Obergeschoss<br />
oder die Obergeschosse dienten,<br />
wie der Abortturm belegt, Wohnzwecken.<br />
Diese Anlage ist vorderhand<br />
nicht präzise zu datieren; es<br />
dürfte aufgrund <strong>des</strong> Mauercharakters<br />
irgendwann zwischen der zweiten<br />
Hälfte <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong> und der ersten<br />
Hälfte <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts entstanden<br />
sein. Damit fällt die Einordnung<br />
<strong>des</strong> Komplexes schwer;<br />
aufgrund <strong>des</strong> Datierungsspielraums<br />
kann es sich im Prinzip ebenso gut<br />
um ein Gebäude <strong>des</strong> Augustiner-<br />
Chorherren-Stifts wie um den ersten<br />
Bau der Deutschordenskommende<br />
handeln.<br />
Spätestens jetzt stellt sich die Frage<br />
nach den Bauten <strong>des</strong> Stifts. Bisher<br />
fehlen auf dem Schlosshügel von<br />
Köniz jegliche Spuren, die eindeutig<br />
den Augustinern zugeschrieben<br />
werden können. Es ist aber zu vermuten,<br />
dass die Bauten der Chorherren<br />
– sei es nur ein Stiftshaus, sei<br />
es eine mehrflügelige Konventsanlage<br />
mit Kreuzgang gewesen – unmittelbar<br />
nördlich oder südlich an<br />
die Kirche angebaut waren: Die<br />
Reste <strong>des</strong> Stifts sind wahrscheinlich<br />
dort und eher nicht an der Stelle <strong>des</strong><br />
heutigen Schlosses zu suchen.<br />
Diese Überlegung erleichtert die<br />
Interpretation <strong>des</strong> Steinhauses. Die<br />
Distanz zur Kirche und die abweichende<br />
Flucht sind auffällig und<br />
sprechen dagegen, dieses als Stiftsgebäude<br />
zu deuten. Ausserdem<br />
scheint der im Grundriss quadratische<br />
Abortturm eher zu einer<br />
Kommende als zu einem Klostergebäude<br />
zu passen.<br />
Im Moment steht jedenfalls die<br />
Hypothese im Vordergrund, dieses<br />
Gebäude sei als Gründungsbau<br />
der Deutschordensniederlassung zu<br />
interpretieren und unmittelbar<br />
nach 1226 entstanden, vielleicht<br />
gar zu einem Zeitpunkt, als das<br />
Chorherrenstift an der Kirche noch<br />
präsent war.<br />
Phase 2: Die Anlage der Zeit<br />
um 1265<br />
Das Saalgeschosshaus<br />
In einer zweiten Phase wurde die<br />
Südmauer <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> abgebrochen<br />
und ein im Grundriss rechteckiger,<br />
25,5 ¥ 11 m messender<br />
Steinbau mit 1,2 bis 1,4 m starken<br />
Mauern angefügt (Abb. 11C, 15C).<br />
Er war min<strong>des</strong>tens drei Geschosse<br />
hoch, wobei das unterste gegenüber<br />
dem Aussenniveau um rund 1,5 m<br />
eingetieft war.<br />
6: Das Saalgeschosshaus 1999. Blick auf die Südund<br />
die Ostfassade.<br />
83
7: Die Innenseite <strong>des</strong> Wendeltreppenturms mit der originalen Tür. Die Treppenstufen wurden 1758 entfernt<br />
und der Raum zum Kellerchen umgebaut. Blick nach Südosten.<br />
8: Der Keller <strong>des</strong> Saalgeschosshauses. Sichtbar ist die originale Geschossbalkenlage mit zugehörigem Unterzug<br />
und Stütze im Hintergrund. Die Stütze im Vordergrund ist nachträglich, ebenso die beiden Schwibbögen aus<br />
Backstein. Blick nach Südwesten.<br />
Der Hauptzugang ins erhöhte<br />
Hauptgeschoss ist im Bereich <strong>des</strong><br />
heutigen barocken Treppenhauses<br />
in der Südwestecke zu vermuten;<br />
die Zungenmauer könnte die<br />
Wange einer ursprünglichen gemauerten<br />
Aussentreppe gewesen<br />
sein (Abb. 6, 11.4).<br />
Wichtiger Bestandteil der originalen<br />
Konstruktion ist die als innere<br />
Erschliessungsachse dienende, im<br />
Kellergeschoss ansetzende Wendeltreppe<br />
in der Mauerdicke der Nordwestecke<br />
(Abb. 11.3, 7). Ihre ursprüngliche<br />
Höhe ist vorderhand<br />
nicht bekannt; sie reicht heute aber<br />
bis an die Decke <strong>des</strong> ersten Obergeschosses.<br />
Das Kellergeschoss wurde durch<br />
zwei Rundbogenportale in der<br />
Nordwand betreten; eines lag ganz<br />
im Westen, das zweite ganz im<br />
Osten. Die Geschossdecke bildete<br />
eine Balkenlage aus eng verlegten,<br />
hochkant gestellten Eichenbalken,<br />
die beiderseits auf mit Bohlenbrettern<br />
belegten Mauerabsätzen liegen.<br />
Gestützt wird die Balkenlage<br />
von einem längs laufenden Mittelunterzug,<br />
der von breit abgefasten,<br />
oben mit einem Sattelholz kapitellartig<br />
abschliessenden und mit verzapften<br />
Kopfstreben versehenen<br />
Eichenständern auf achteckigen,<br />
basisartigen Tuffsockeln getragen<br />
wird (Abb. 8, 9). Der Raum erstreckte<br />
sich ursprünglich ohne<br />
Unterteilung über den gesamten<br />
Gebäudegrundriss, und drei Ständer<br />
teilten die Raummittelachse in<br />
vier Joche (Abb. 9). Die Stütze im<br />
Westen dürfte spätestens beim Einbau<br />
eines barocken Tonnenkellers<br />
verschwunden sein.<br />
Zwei Fensternischen in der Ostwand<br />
mit erhaltenen Spitzbogenöffnungen<br />
und vier weitere in der<br />
Südwand, deren Öffnungen nachträglich<br />
verändert wurden, bringen<br />
spärliches Licht ins Kellergeschoss.<br />
Auffällig ist das Fehlen von Fensternischen<br />
in der Nordwand. Es<br />
gibt vier originale Lichtnischen im<br />
Mauerwerk. Zwei in der Ostwand<br />
und eine dritte in der Südwand,<br />
dem Eingangsportal gegenüberliegend.<br />
Bemerkenswerterweise setzt<br />
die vierte Nische, die in der Nordwand<br />
liegt, fast einen Meter tiefer an.<br />
84
9: Rekonstruktionsskizze <strong>des</strong> ursprünglichen Aussehens <strong>des</strong> Kellers.<br />
Der ursprüngliche Fussboden ist<br />
nicht mehr erhalten; ein Vergleich<br />
der Höhenkoten von Öffnungen<br />
und Lichternischen lässt vermuten,<br />
dass von Beginn an zwei unterschiedliche<br />
Bodenniveaus bestanden.<br />
Es ist anzunehmen, dass es im<br />
Bereich der beiden Eingangsportale<br />
je einen etwa 2–2,5 m breiten Streifen<br />
entlang der Ost- und der Westmauer<br />
gab, der rund 1 m höher<br />
lag als der Rest <strong>des</strong> Kellerbodens.<br />
Grund dafür könnte sein, dass in<br />
diesem Keller grosse Weinfässer gelagert<br />
wurden; hierzu passt das ins<br />
Mittelalter zurückreichende Tavernenrecht<br />
der Kommende. 10<br />
Vom Erdgeschoss sind vorderhand<br />
nicht viel mehr als die Aussenmauern,<br />
die Wendeltreppe und die Bodenbalkenlage<br />
mit Sicherheit, die<br />
Tür im Südwesten wenigstens hypothetisch<br />
der Entstehungszeit zuweisbar,<br />
während die Fenster, die<br />
Binnenunterteilung und die Decke<br />
jüngere Zutaten sind. Es ist zu vermuten,<br />
dass das Geschoss als gegenüber<br />
dem Aussenniveau erhöht<br />
liegen<strong>des</strong> Hauptgeschoss, als piano<br />
nobile aus einem den gesamten Geschossgrundriss<br />
umfassenden Saal<br />
bestand. Plausibel wäre eine Zweischiffigkeit<br />
und Dreijochigkeit <strong>des</strong><br />
Raumes analog zur erhaltenen<br />
Konstruktion im Keller.<br />
Für das erste Obergeschoss gilt im<br />
Wesentlichen das für das Erdgeschoss<br />
Festgehaltene. Immerhin ist<br />
ein bei den Sondagen zutage getretenes<br />
originales Balkenloch auf der<br />
10: Der Keller <strong>des</strong> Saalgeschosshauses. Blick nach Osten mit Eingangstür, Lichternischen und schlitzartigen Spitzbogenfenstern.<br />
85
11: Grundriss der Kernanlage, Kellergeschoss.<br />
Stecknadelsymbol: Bestattungen <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong> Jhs.<br />
Dunkelgrau: wohl bald nach 1226<br />
Mittelgrau: um 1265<br />
Hellgrau: 14. Jh.<br />
Weiss: 15.–20. Jh.<br />
Schraffiert: nicht (aufgehend) erhalten<br />
A: Steinhaus der Phase 1 mit Küchenkamin (1) und Abortturm (2)<br />
B: Zugehörige Ringmauer<br />
C: Saalgeschosshaus der Phase 2 mit Wendeltreppe (3) und repräsentativem Aussenaufgang (4)<br />
D: Zugehörige Ringmauer mit Abortturm (5)<br />
E: Gebäude mit Praefurniumsgrube einer Warmluftheizung (6) und mutmasslichem Verbindungsgang<br />
zur Kirche (7)<br />
12: Nordfassade der Kernanlage mit Abortturm<br />
1999. Er entstand in seiner heutigen Form im späten<br />
19. Jahrhundert; er wurde dabei gegenüber<br />
seinem Vorgänger um rund 2 m zurückgenommen.<br />
Der eingeschossige Anbau auf der Nordseite zeigt in<br />
etwa seine ursprüngliche Grundrissausdehnung<br />
nach Norden.<br />
Mittelachse der Ostwand Hinweis<br />
auf einen Längsmittelunterzug, was<br />
die Hypothese einer Stützenkonstruktion<br />
erlaubt, welche der erhaltenen<br />
im Keller entsprach.<br />
Die Ringmauer und der neue Abortturm<br />
Mit dem Bau <strong>des</strong> grossen Steinhauses<br />
brach man die ursprüngliche<br />
Ringmauer ab und errichtete einen<br />
neuen Mauerzug in grösserem Abstand,<br />
so dass um die beiden Häuser<br />
ein geräumiges Hofareal entstand.<br />
Ihr weiterer Verlauf nach<br />
Süden und nach Osten kann dank<br />
einer Reihe von Bilddokumenten<br />
und Plänen <strong>des</strong> 18. und 19. Jahrhunderts<br />
rekonstruiert werden<br />
(Abb. 11D, 13D, 15D).<br />
Der alte Abortturm wurde ebenfalls<br />
abgebrochen und als über die<br />
Flucht der Ringmauer vorspringender<br />
Anbau nach Norden verlegt<br />
(Abb. 11.5, 12). Damit hatte<br />
er endgültig die Form erreicht, die<br />
typisch ist für Deutschordenkommenden<br />
in Ostpreussen, die eines<br />
«Danskers», d.h. eines von den<br />
Kernbauten abgerückten, aussen an<br />
die Ringmauer angebauten und<br />
über einen Laubengang zu erreichenden<br />
Abortturms. Jedenfalls befinden<br />
sich hier noch heute die Toiletten<br />
in einem turmartigen Gebäudeteil,<br />
der in dieser Form 1667<br />
erstmals fassbar ist und in etwas<br />
veränderter Form bis heute besteht<br />
(Abb. 12 und Titelbild).<br />
86
Datierung und Interpretation<br />
Die Datierung ergibt sich aus<br />
dem hölzernen Ensemble im Kellergeschoss<br />
<strong>des</strong> Kernbaus: Mehrere<br />
Deckenbalken, der Unterzug, eine<br />
Stütze und der Sturzbalken der östlichen<br />
Tür konnten dendrochronologisch<br />
auf Herbst/Winter 1261/62<br />
bzw. 1265 datiert werden. Um<br />
1265 wurde also die bestehende<br />
Anlage stark erweitert. Da eine<br />
erste Erwähnung eines Hauskomturs<br />
in diese Zeit fällt (1268), ist anzunehmen,<br />
dass diese Erweiterung<br />
mit der Erhebung der Niederlassung<br />
Köniz zu einer Kommende<br />
zusammenhängt. 11<br />
Die Kommende bestand erstens aus<br />
dem neu errichteten Saalgeschosshaus.<br />
Es war vermutlich dreigeschossig<br />
und enthielt wohl die für<br />
solche palastartige Bauten übliche<br />
Disposition mit einem über eine<br />
Aussentreppe zu erreichenden<br />
Hauptgeschoss über einem untergeordneten<br />
Keller und einem<br />
Obergeschoss.<br />
Zweitens lag nordseitig der ältere<br />
Steinbau, welcher nun vielleicht<br />
nur noch als Küchenbau diente. Die<br />
Küche wies Dimensionen auf, welche<br />
offensichtlich für die Versor-<br />
13: Längsschnitt E-W durch das Saalgeschosshaus<br />
und das Gebäude mit Warmluftheizung, Blick<br />
nach Norden.<br />
Mittelgrau: um 1265<br />
Weiss: jüngere Bauphasen<br />
Gestrichelt: nicht erhalten<br />
C: Saalgeschosshaus mit Erdgeschossbalkenlage<br />
auf Unterzug und Stützen<br />
D: Jüngere Ringmauer<br />
E: Gebäude mit Warmluftheizung<br />
gung von weit mehr als nur einigen<br />
älteren oder invaliden Rittern 12 ,<br />
wie in der lokalen Geschichtsschreibung<br />
kolportiert, angelegt worden<br />
war. Man dürfte imstande gewesen<br />
sein, zu bestimmten Gelegenheiten,<br />
etwa anlässlich eines Generalkapitels<br />
der Ballei, eine grosse Menge<br />
von Personen zu verköstigen.<br />
Um diese beiden Gebäude zog sich<br />
drittens in relativ engem Abstand<br />
parallel zu den Gebäuden eine<br />
Ringmauer, die nahe der Südostecke<br />
eine Toröffnung aufwies.<br />
14: Querschnitt N-S durch das Steinhaus der Phase 1,<br />
das Saalgeschosshaus der Phase 2 und den Kirchenchor.<br />
Dunkelgrau: wohl bald nach 1226<br />
Mittelgrau: um 1265<br />
Hellgrau: 14. Jh.<br />
Schraffiert bzw. gestrichelt: nicht erhalten<br />
A: Erstes Steinhaus<br />
C: Saalgeschosshaus mit Erdgeschossbalkenlage auf Unterzug und Stützen<br />
G: Ansicht <strong>des</strong> barocken Verbindungsgangs zur Kirche (1965 zerstört)<br />
I: Kirchenchor<br />
87
15: Überblick über den mutmasslichen Baubestand<br />
im 14. Jh.<br />
Schwarz: 11. Jh.<br />
Dunkelgrau: frühes 13. Jh. bzw. 1265<br />
Hellgrau: 14. Jh.<br />
Schraffiert bzw. gestrichelt: nicht erhalten<br />
Weiss: heutige Bebauung<br />
A: Steinhaus der Phase 1 mit Abortturm<br />
B: Zugehörige Ringmauer<br />
C: Saalgeschosshaus der Phase 2<br />
D: Zugehörige Ringmauer mit Abortturm<br />
E: Gebäude der Phase 3 mit Warmluftheizung<br />
F: Romanisches Kirchenschiff<br />
G: Verbindungsgang zur Kirche<br />
H: Spätromanische Verlängerung <strong>des</strong> Kirchenschiffs<br />
I: Hochchor <strong>des</strong> 14. Jhs.<br />
K: Kirchturm<br />
L: Wirtschaftshof mit Ringmauer und Toren<br />
M: mittelalterlicher Pfarrfriedhof<br />
Spätestens in dieser Phase muss der<br />
Wirtschaftshof bestanden haben<br />
(Abb. 15L). Der heutige Hof ist von<br />
einer teilweise in den Rückfassaden<br />
der Ökonomiebauten erhaltenen<br />
Ringmauer umgeben. Sein Alter ist<br />
unbekannt, doch es dürfte ein solcher<br />
schon mit dem Augustiner-<br />
Chorherren-Stift existiert haben,<br />
und es ist anzunehmen, dass er seinen<br />
Standort nie gewechselt hat.<br />
Auf einer Güterkarte von 1718/19 13<br />
ist zu erkennen, dass die Ummauerung<br />
westseitig an die Ringmauer<br />
<strong>des</strong> Kernschlosses stiess; eine Disposition,<br />
welche wohl dem ursprünglichen<br />
Bestand entsprechen<br />
wird. Untersuchungen stehen aber<br />
noch aus. Die beiden Eingänge<br />
waren bis ins späte 19. Jahrhundert<br />
von spätmittelalterlichen Tortürmen<br />
gesichert.<br />
Phase 3: Ausbauten <strong>des</strong> 14. Jahrhunderts<br />
Bau <strong>des</strong> Kirchenchors<br />
Wie bei den Bauuntersuchungen<br />
und Grabungen von 1981/82 festgestellt<br />
werden konnte, 14 wurde die<br />
Apsis der frühromanischen Kirche<br />
um 1300 durch den heute noch<br />
bestehenden Polygonalchor ersetzt,<br />
eine für eine Landpfarrkirche ungewöhnlich<br />
frühe Konstruktion<br />
übrigens, ein Umstand, der nur<br />
durch den Bauherrn, den Deutschen<br />
Orden und seine Funktion als<br />
Konventschor zu erklären ist (Abb.<br />
2, 15J). 15<br />
Kapitelhaus mit Verbindungsgang zur<br />
Kirche<br />
Nach Ausweis der Mauercharakters<br />
entstand wohl auch in dieser Zeit<br />
16: Praefurniumsgrube mit Stufe. In der Mauer<br />
die Feuerungsöffnung, die bei Aufgabe der Heizung<br />
mit einem grossen Kiesel verschlossen wurde. Blick<br />
nach Süden.<br />
in der Südwestecke der Kernanlage<br />
zwischen der Westmauer <strong>des</strong> Saalgeschosshauses<br />
und der Ringmauer<br />
ein Gebäude, welches spätestens<br />
seit der Reformation 1528 als Pfarrhaus<br />
dient (Abb. 11E, 15E).<br />
88
Damals aufgedeckte Spuren deuteten<br />
darauf hin, dass die Sockelmauer<br />
<strong>des</strong> Gangs mittelalterlich<br />
sei. Es kann <strong>des</strong>halb vermutet werden,<br />
der barocke Verbindungsgang<br />
habe einen mittelalterlichen Vorgänger<br />
gehabt.<br />
17: Oben: Rekonstruktionszeichnung mit dem Funktionsschema einer Warmluftheizung 24 . Unten: der steingerechte<br />
Grundriss der Praefurniumsgrube und ein Schnitt.<br />
N<br />
0 1m<br />
Datierung und Interpretation<br />
Die zeitliche Einordnung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />
mit Warmluftheizung ist<br />
vorderhand nur indirekt zu bestimmen;<br />
vermutet werden darf eine<br />
Entstehung im 14. Jahrhundert.<br />
Die Kommende Köniz gewinnt<br />
mit diesen Ausbauten schärfere<br />
Konturen. Zum Saalgeschosshaus<br />
und zum Küchenbau tritt ein weiteres,<br />
heizbares Gebäude, welches<br />
vermutlich über einen bequemen<br />
gedeckten Gang mit der Kirche<br />
verbunden war. Es kann vielleicht<br />
als Kapitelhaus interpretiert werden,<br />
von dem aus die Ritterbrüder<br />
über den gedeckten Gang von der<br />
Witterung geschützt den Chor zur<br />
Ausübung <strong>des</strong> Stundengebets aufsuchen<br />
konnten. Bezeichnend für<br />
die Bauherrn ist die Anlage einer<br />
Warmluftheizung; sie tritt in der<br />
Schweiz und im gesamten Süden<br />
<strong>des</strong> Reiches nur selten auf und ist<br />
bisher nur für vereinzelte Klöster<br />
nachgewiesen, 17 da sich damals der<br />
Kachelofen wenigstens im adligen<br />
und stadtbürgerlichen Milieu<br />
bereits weitgehend durchgesetzt<br />
hatte. 18 Insgesamt verraten die Bauten<br />
adligen bzw. geistlichen Wohnkomfort.<br />
An seiner Nordwand zeigte sich bei<br />
einer Sondage eine originale, rund<br />
35 ¥ 35 cm messende, heute zugemauerte<br />
Öffnung in der Aussenseite<br />
(Abb. 11.6, 16, 17). Sie liegt<br />
tiefer als das zugehörige Bodenniveau<br />
in einer ummauerten, rechteckigen<br />
Eintiefung und ist über<br />
zwei Steinstufen zu erreichen. Der<br />
Fussboden dieser Eintiefung besteht<br />
im Bereich der Öffnung aus<br />
Tonplatten, ansonsten aus flach gelegten,<br />
vermörtelten Bruchsteinen.<br />
Boden und Wände weisen ebenso<br />
wie die Öffnung eine intensive<br />
Schwarzfärbung durch Russ, Asche<br />
und Holzkohle auf.<br />
Diese Einrichtung kann als Praefurnium<br />
einer Warmluftheizung<br />
im Kellergeschoss <strong>des</strong> nachmaligen<br />
Pfarrhauses interpretiert werden. 16<br />
Dessen Erdgeschossniveau, welches<br />
sehr wohl dem <strong>des</strong> mittelalterlichen<br />
Gebäu<strong>des</strong> entsprechen kann,<br />
liegt 3,2 m über der Öffnung, genug<br />
Raum also für eine Heizanlage.<br />
Schon auf den ältesten Bildquellen<br />
<strong>des</strong> 17. Jahrhunderts ist zwischen<br />
dem Pfarrhaus und der Kirche ein<br />
zweigeschossiger, gedeckter Verbindungsgang<br />
erkennbar, der –<br />
wiederholt erneuert – bis zur Renovierung<br />
<strong>des</strong> Pfarrhauses von 1965<br />
bestand (Abb. 11.7, 14G, 15G).<br />
Spätere Veränderungen<br />
Die späteren Umbauten sollen an<br />
dieser Stelle nur kurz gestreift werden.<br />
Ein Innenumbau im Saalgeschosshaus,<br />
welcher dendrochronologisch<br />
auf 1520 datiert werden<br />
kann, rechnet mit einem zweiten<br />
Obergeschoss, welches mithin vorher<br />
entstanden sein muss, ob 1265<br />
oder später, wird die bevorstehende<br />
Untersuchung zu klären haben. Im<br />
Laufe <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts wurden<br />
ausserdem der nordwestliche und<br />
der nördliche Bereich zwischen<br />
Kernbauten und der Ringmauer<br />
mehrgeschossig überbaut.<br />
89
18: Die Kommenden <strong>des</strong> Deutschen Ordens und <strong>des</strong> Johanniterordens im Gebiet der heutigen Schweiz im Mittelalter 25 . Nicht eingezeichnet sind die wenigen Niederlassungen<br />
<strong>des</strong> Templerordens und der Lazariter.<br />
19: Malbork, Polen. Deutschordenskommende Marienburg 1999. Blick nach Nordosten. Im Vordergrund rechts hochragend die Konventsgebäude inmitten der<br />
weitläufigen Burganlage.<br />
90
Um 1670 hatte das Schloss etwa das<br />
Aussehen erreicht, welches Köniz<br />
noch heute prägt (Abb. 1). Die Umbauten<br />
<strong>des</strong> 18.–20. Jahrhunderts<br />
werden hier ausser Acht gelassen,<br />
wenn sie auch tiefe Eingriffe in die<br />
historische Substanz brachten –<br />
ohne auch nur in Ansätzen Adäquates<br />
beizufügen.<br />
Ritterordenskommenden im<br />
Reich – ein wenig bekannter<br />
Bautyp<br />
Köniz war im Mittelalter eine von<br />
sechs Kommenden <strong>des</strong> Deutschen<br />
Ordens im Gebiet der heutigen<br />
Schweiz, das zur Ballei Elsass-<br />
Burgund gehörte. 19<br />
Insgesamt bestanden auf Schweizer<br />
Boden im Mittelalter mehr als<br />
25 Ritterordenskommenden. Trotz<br />
dieser beachtlichen Anzahl sind die<br />
Ritterorden und deren Niederlassungen<br />
in der Forschung viel weniger<br />
präsent als beispielsweise diejenigen<br />
der Zisterzienser 20 : Wer<br />
waren die Johanniter und die<br />
Deutschherren und wie sehen ihre<br />
Niederlassungen aus<br />
Die erste Frage ist im Grundsatz<br />
einfach zu beantworten: Als Ritterorden<br />
werden im Vergleich zu den<br />
klassischen Mönchsorden neuartige,<br />
durch eine Regel gebundene<br />
religiöse Gemeinschaften bezeichnet,<br />
die nach dem ersten Kreuzzug<br />
im eroberten Heiligen Land entstanden<br />
waren und karitative Aufgaben<br />
mit dem militärischen<br />
Kampf gegen Glaubensfeinde verbanden.<br />
Wie es der Begriff ausdrückt,<br />
standen die Ritterorden<br />
zwischen dem klassischen anachoretischen<br />
Mönchtum und dem adligen<br />
Rittertum:<br />
• mönchische Komponenten waren<br />
die Ablegung der Gelübde<br />
von Armut, Keuschheit und<br />
Gehorsam, die vita communis –<br />
unter anderem mit gemeinsamem<br />
Chorgebet – und die straffe<br />
hierarchisch-zentralistische Organisationsform,<br />
• ritterliche Komponenten waren<br />
hingegen der militärische Kampf<br />
und die adlige Lebensweise.<br />
20: Malbork, Polen. Deutschordenskommende Marienburg. Grundriss der Gesamtanlage. Grau unterlegt die<br />
Konventsgebäude.<br />
Diese Orden sprachen vor allem<br />
Ministerialen an, die ihre ritterliche<br />
Lebensweise mit einer frommen<br />
Aufgabe verbinden wollten und<br />
sich als Vasallen Christi verstanden.<br />
Die Frage nach den Niederlassungen,<br />
dem baulichen und funktionellen<br />
Gefüge einer Ritterordenskommende,<br />
ist ungleich schwieriger<br />
zu beantworten. Übergreifende<br />
Forschungen fehlen weitgehend;<br />
bisher standen nur die berühmten<br />
Konventsburgen in Ostpreussen<br />
und im Heiligen Land im Blickfeld.<br />
Typisch für diese Anlagen ist<br />
die Verbindung von Kloster und<br />
Burg: Ein Konvent mit Kirche,<br />
Kreuzgang und dreiflügligem<br />
Klausurtrakt liegt inmitten einer<br />
Burg mit Türmen, Mauern, Wehrgängen<br />
und Gräben.<br />
Schloss Köniz unterscheidet sich<br />
auf den ersten Blick wesentlich<br />
von solchen Konventsburgen. Was<br />
könnte aus den Erkenntnissen und<br />
Hypothesen im Schloss Köniz für<br />
den Typus der Kommende gezogen<br />
werden<br />
Gemeinsam ist allen Ritterordenskommenden,<br />
dass sie in Form und<br />
Funktion zwischen dem Klosterbau<br />
und dem adligen Wohn- bzw.<br />
Wehrbau stehen und Elemente beider<br />
Bau- und Funktionstypen enthalten.<br />
Die Anlage von Köniz kann<br />
<strong>des</strong>halb zum einen als Kloster verstanden<br />
werden.Viele kleinere Klöster<br />
besassen kein architektonisches<br />
Vollprogramm mit Kirche und<br />
dreiflügligem Konventstrakt um<br />
einen Kreuzgang herum, sondern<br />
bestanden nur aus einer Kirche und<br />
einem zugehörigen Mönchshaus 21 ,<br />
welches die zentralen Elemente<br />
vereinte, die zum Funktionieren eines<br />
zönobitischen Konvents unumgänglich<br />
waren, nämlich einen gemeinschaftlichen<br />
Schlafraum und<br />
einen Gemeinschaftsraum für das<br />
Essen, die Versammlung und die<br />
Handarbeit. In diesem Sinn könnte<br />
das Steinhaus von 1265 als Mönchshaus<br />
interpretiert werden. Er würde<br />
diesen Anforderungen durchaus<br />
entsprechen: das Hauptgeschoss<br />
könnte als Gemeinschaftsraum, als<br />
Remter und Kapitelsaal, das Ober-<br />
91
geschoss als Dorment gedient haben.<br />
Im 14. Jahrhundert könnte<br />
eine räumliche Entflechtung stattgefunden<br />
haben, als mit dem heizbaren<br />
Gebäude ein neues Raumangebot<br />
geschaffen wurde, welches als<br />
Kapitelsaal und Kalefaktorium gedient<br />
haben könnte. Der Keller <strong>des</strong><br />
Kernbaus fasste die Vorräte, diente<br />
also als Cellarium. Die Küche mit<br />
dem mächtigen Kamin steht in<br />
der Tradition der mittelalterlichen<br />
Klosterküchen, welche man vor<br />
allem aus Zisterzen <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong> und 13.<br />
Jahrhunderts kennt 22 , und Abortanlagen<br />
gehören seit dem St. Galler<br />
Klosterplan zu den klösterlichen<br />
Bauelementen, denen Mönche<br />
besondere Beachtung schenkten. 23<br />
Und nicht zuletzt kann die umgebende<br />
Mauer schliesslich durchaus<br />
als Immunitätsmauer verstanden<br />
werden.<br />
Die Anlage kann andererseits aber<br />
auch als Burg begriffen werden,<br />
«Burg» zwar weniger im Sinn von<br />
Wehranlage, sondern eher als repräsentativ-luxuriöser<br />
Adelswohnsitz.<br />
Das Steingebäude von 1265 ist<br />
architekturtypologisch als Saalgeschosshaus<br />
zu interpretieren. Man<br />
kann dieses von einer Ringmauer<br />
umgebene Gebäude also durchaus<br />
als Palas einer Burg sehen, der mit<br />
der üblichen Raumabfolge versehen<br />
ist: über einem untergeordneten<br />
Keller ein piano nobile mit einem<br />
sich über das ganze Geschoss erstreckenden<br />
Saal, der über eine<br />
Aussentreppe und einen Hocheingang<br />
erreicht wurde. Die Binnenerschliessung<br />
besorgte eine Wendeltreppe.<br />
Die Heizung gehört ebenso<br />
wie die Abortanlagen und die<br />
grosse Küche zur Ausstattung adliger<br />
Burganlagen.<br />
Der Wirtschaftshof schliesslich,<br />
separat ummauert und mit zwei<br />
Tortürmen gesichert, passt als Vorburg<br />
typologisch ebenso zu einer<br />
Adelsburg wie als Wirtschaftshof zu<br />
einer ummauerten Klosteranlage.<br />
Zusammenfassend soll also die<br />
Hypothese formuliert werden, dass<br />
die für die Ritterorden so typische<br />
Verknüpfung der Lebensordnung<br />
von Zönobiten mit derjenigen <strong>des</strong><br />
Adels architektonisch und funktional<br />
nicht nur in den Burgen im<br />
Deutschordensland oder im Heiligen<br />
Land zum Ausdruck kommt,<br />
sondern auch in der Architektur der<br />
Kommenden im Reich. Das ganz<br />
andere machtpolitische und militärische<br />
Umfeld könnte aber dazu<br />
geführt haben, dass sich weniger<br />
Kloster und Burg zur Wehranlage,<br />
sondern eher Kloster und Burg zum<br />
luxuriös-repräsentativen Adelswohnsitz<br />
in einer architektonischen Einheit<br />
verbanden.<br />
Résumé<br />
Le centre historique de la localité de<br />
Köniz (BE) est formé d’un ensemble<br />
de bâtiments divisé en plusieurs<br />
parties, partiellement ceint de murs<br />
au milieu d’une colline étirée de<br />
moraine. Aujourd’hui, il est constitué<br />
de l’église paroissiale avec un<br />
ancien cimetière, d’un bâtiment<br />
pittoresque – appelé château – et<br />
d’une exploitation agricole. Depuis<br />
l’an 2000 on procède à <strong>des</strong> fouilles<br />
archéologiques et on fait <strong>des</strong> recherches<br />
qui concernent l’histoire<br />
de l’architecture.<br />
Au 11 e /12 e siècle, une église du<br />
Haut Moyen Age a été remplacée<br />
par une nouvelle construction qui<br />
en partie existe encore aujourd’hui.<br />
Cette église servait aussi à un chapitre<br />
<strong>des</strong> Augustins lequel a été<br />
mentionné la première fois en<br />
1208. En 1226, le chapitre a été<br />
légué à l’ordre <strong>des</strong> Chevaliers teutoniques<br />
fondé en 1190. Lequel a<br />
institué une succursale qui a été déclarée<br />
commanderie en 1265.<br />
Dans le château, on a trouvé <strong>des</strong><br />
restes de construction qui probablement<br />
font partie de la première<br />
installation de l’ordre <strong>des</strong> Chevaliers<br />
teutoniques. Il s’agit d’un bâtiment<br />
à deux étages d’une superficie<br />
de 16 mètres sur 9 qui avait une<br />
entrée au côté nord-est et au côté<br />
ouest (fig. 11/A et 15/A). Dans le<br />
coin au nord-est, on a trouvé les vestiges<br />
du fondement d’une tour <strong>des</strong><br />
latrines (fig. 11/2) et de l’enceinte.<br />
Avec l’installation de la commanderie<br />
en 1265, on a ajouté un bâtiment<br />
mesurant 25,5 mètres sur<br />
11 en superficie à la maison existante<br />
(datée par dendrochronologie<br />
1261/62, cf. fig. 11/C et 15/C). Il<br />
était à trois étages, et probablement<br />
il avait une porte élevée au premier<br />
étage. Il s’agit d’une construction<br />
qui avait une salle à l’étage supérieur.<br />
Dans le bâtiment plus ancien<br />
situé au nord, on avait installé une<br />
grande cuisine qui permettait de ravitailler<br />
même un grand nombre de<br />
chevaliers de l’ordre.<br />
A la même époque, on a détruit<br />
l’enceinte d’origine et on l’a remplacée<br />
par une plus vaste. On a aussi<br />
détruit la tour <strong>des</strong> latrines originale.<br />
Elle a été remplacée par une<br />
nouvelle construction près de l’enceinte<br />
(fig.11/5). De là a pris son<br />
essor le «Dansker», tellement typique<br />
pour les châteaux forts allemands<br />
de l’ordre <strong>des</strong> Chevaliers teutoniques<br />
en Prusse orientale.<br />
C’est probablement au 14 e siècle<br />
qu’entre la construction à salle élevée<br />
et l’enceinte on a construit un<br />
autre bâtiment qui se distingue par<br />
une installation de chauffage à air<br />
chaud remarquable (fig. 11/E,<br />
11/6). Dans la cave, on en a découvert<br />
le foyer (praefurnium).<br />
C’est une caractéristique commune<br />
à toutes les commanderies de l’ordre<br />
<strong>des</strong> Chevaliers teutoniques qu’elles<br />
se placent en ce qui concerne la<br />
forme et la fonction entre la construction<br />
d’un monastère et la construction<br />
de demeure seigneuriale<br />
et la fortification. Elles contiennent<br />
les éléments de chaque modèle de<br />
construction et de fonction.<br />
(Armida Totti, Bienne)<br />
Riassunto<br />
Il centro storico della località di<br />
Köniz (BE) è caratterizzato da una<br />
collina morenica su cui sorge un<br />
complesso di edifici, cinto in alcuni<br />
tratti da una cerchia di mura. Il<br />
complesso di edifici è oggi composto<br />
dalla chiesa parrocchiale con un<br />
cimitero in disuso, da un edificio a<br />
più angoli e cioè il cosiddetto<br />
castello e da uno stabilimento agricolo.<br />
In vista di un restauro totale,<br />
sono state intraprese sin dal 2000<br />
diverse indagini archeologiche e<br />
storiche del complesso.<br />
92
Nel secolo XI/XII, l’edificio oggi<br />
in parte ancora visibile sostituì<br />
una chiesa altomedioevale. Questa<br />
chiesa servì anche un capitolo agostiniano,<br />
menzionato per la prima<br />
volta nel 1208. Nel 1228 questo<br />
capitolo venne donato all’Ordine<br />
Te<strong>des</strong>co fondato nel 1190, che creò<br />
una succursale a Köniz, la quale<br />
poi nel 1265 venne elevata a Commenda.<br />
Nel castello sono stati rinvenuti dei<br />
resti che ogni probabilità appartengono<br />
alla prima colonia dell’Ordine<br />
Te<strong>des</strong>co. Si tratta di un edificio a<br />
due piani con una base di 16 ¥ 9 m,<br />
con un’entrata sul lato occidentale<br />
e una sul lato orientale (fig. 11/A,<br />
15/A). Nell’angolo nor<strong>des</strong>t vennero<br />
alla luce le fondamenta di una torre<br />
con latrina (fig.11/2) e i resti di un<br />
muro di cinta.<br />
Attorno all’anno 1265 con l’installazione<br />
della Commenda venne<br />
aggiunto alla casa preesistente un<br />
edificio in pietra la cui base misura<br />
25,5 ¥ 11 m (dendrodatato 1261/62;<br />
cf. fig. 11/C, 15/C). Questo edificio<br />
era a tre piani con un’entrata probabilmente<br />
al primo piano. Si tratta<br />
qui di un cosiddetto «Saalgeschosshaus»<br />
(edificio composto da una<br />
sala al primo o al secondo piano). Al<br />
pianterreno dell’edificio più antico<br />
situato sul lato nord venne installata<br />
una grande cucina che permetteva<br />
di dare il vitto anche ad<br />
una grande adunanza di Cavalieri<br />
dell’Ordine.<br />
Nello stesso periodo venne anche<br />
demolito il vecchio muro di cinta<br />
per dare spazio ad una cinta più ampia.<br />
Anche la vecchia torre con latrina<br />
venne demolita. Al suo posto<br />
venne eretto un edificio appoggiato<br />
al muro di cinta (fig. 11/5). Da ciò<br />
nacque il «Dansker» così tipico dei<br />
castelli dell’Ordine Te<strong>des</strong>co nella<br />
Prussia Orientale.<br />
Probabilmente sorse nel XIV secolo,<br />
tra il cosiddetto «Saalgeschossbau»<br />
e il muro di cinta, un altro edificio<br />
di cui è notevole il sistema di<br />
riscaldamento ad aria calda (fig.<br />
11/E, 11/6). Di questo sistema<br />
venne scoperto in cantina il focolare<br />
(praefurnium).<br />
Grazie ai diversi elementi che<br />
hanno in comune le commende<br />
degli ordini cavallereschi, e cioè la<br />
forma e la funzione, è possibile interpretarle<br />
come un convento ma<br />
anche come residenza signorile<br />
fortificata. Contengono infatti elementi<br />
e funzioni di entrambe le<br />
costruzioni.<br />
(Christian Saladin, Origlio/Basilea)<br />
Resumaziun<br />
Il center istoric da la vischnanca da<br />
Köniz (BE) è in cumplex da plirs<br />
edifizis, per part circundà da mirs,<br />
sin ina lunga collina da morena. Oz<br />
exista qua anc la baselgia cun in santeri<br />
vegl, in edifizi cun blers chantuns<br />
– l’uschenumnà chastè – ed in<br />
bain puril. Per preparar ina renovaziun<br />
cumplessiva dal cumplex vegnan<br />
fatgas dapi il 2000 examinaziuns<br />
archeologicas et istoricas.<br />
En il 11 e 12avel tschientaner è<br />
vegnida remplazzada ina baselgia<br />
dal temp medieval tempriv tras in<br />
bajetg nov ch’exista per part anc oz.<br />
Questa baselgia è er vegnida duvrada<br />
sco claustra da canonis augustins,<br />
menziunada per l’emprima<br />
giada il 1208. Il 1226 è la claustra<br />
vegnida regalada a l’urden tu<strong>des</strong>tg<br />
fundà il 1190. Quel s’ha installà en<br />
il convent à Köniz, il qual è vegni<br />
elevà il 1265 sco commenda.<br />
En il chastè han ins chattà ussa restanzas<br />
d’in bajetg che derivan probablamain<br />
da l’emprim temp da domicil<br />
da l’urden tu<strong>des</strong>tg. I sa tracta<br />
d’in bajetg da dus plauns cun ina<br />
surfatscha da 16 ¥ 9 m et in’entrada<br />
vers ost e vers vest (11/A, 15/A). En<br />
il chantun vers nordost han ins<br />
chattà restanzas dals fundaments<br />
d’ina tir da secret e d’in mir da<br />
tschinta.<br />
Cun stgaffir la commenda enturn il<br />
1265 è vegni agiuntà in bajetg da<br />
crap cun ina projecziun orizontala<br />
da 25,5 ¥ 11 m a la chasa existenta<br />
(dendrodata da 1261/62; 11/C,<br />
15/C). Quel aveva 3 plans e probablamain<br />
in’entrada en l’emprim<br />
plan. Qua sa tracti d’ina chasa cun<br />
sala. En l’edifizi pli vegl vers nordost<br />
sin in plaun terren era installada<br />
in gronda cuschina che permetteva<br />
da dar dunsena er ad ina reuniun pli<br />
gronda da chavaliers da l’urden.<br />
Da quel temp è vegni disfatg il mir<br />
da tschinta oriund e remplazzà cun<br />
in pli spazius. La tur da secret<br />
oriunda è medemamain vegnida<br />
disfatga. En ses lieu han ins plazzà<br />
in nov edifizi sper il mir da tschinta<br />
(11/5). Da quel s’ha furmà il «dansker»<br />
ch’è uschè tipic per ils chastels<br />
da l’urden tu<strong>des</strong>tg en la Prussia<br />
orientala.<br />
Probablamain è vegnì bajegià en il<br />
14avel tschientaner tranter la chasa<br />
cun sala ed il mir da tschinta in<br />
ulteriur edifizi cun in stgaudament<br />
d’aria chauda remartgabel (11/E,<br />
11/6). Da quest stgaudament han<br />
ins chattà en tschaler il local per far<br />
fieu (praefurnium).<br />
Tipic per tut las commendas dals<br />
urdens da chavaliers è ch’ellas èn en<br />
lur furma e funcziun insatge tranter<br />
claustras ed edifizis d’abitar e da defensiun<br />
da l’aristocrazia. Ellas cuntegnan<br />
elements da tut dus geners.<br />
(Lia rumantscha, Cuira)<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Unter dem Titel «Die Deutschordenskommende<br />
in Köniz bei Bern. Mit einigen Überlegungen<br />
zu Form und Funktion von Konventsanlagen<br />
im Deutschen Reich» ist im<br />
Werk «Burgen kirchlicher Bauherren» kürzlich<br />
ein Vorbericht über die Untersuchungen<br />
in Köniz erschienen (Forschungen zu Burgen<br />
und Schlösser 6, hrsg. von der Wartburg-<br />
Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und<br />
Schlössern, München 2001). Während dieser<br />
noch weitgehend auf den Ergebnissen der Sondagen<br />
von 1996 beruht, wird hier der aktuelle<br />
Forschungsstand der Untersuchungen von<br />
2001 zusammengefasst.<br />
2<br />
Christiane Bertschinger/Susi Ulrich-Bochsler/Liselotte<br />
Meyer, Köniz Buchsi 1986, Der<br />
römische Gutshof und das frühmittelalterliche<br />
Gräberfeld. Schriftenreihe der Erziehungsdirektion<br />
<strong>des</strong> Kantons Bern (Bern 1990).<br />
3<br />
Zur archäologischen Erforschung der Kirche<br />
Köniz vgl. Susi Ulrich-Bochsler/Peter Eggenberger,<br />
Die früh- bis spätmittelalterlichen<br />
Gräber im Chor der Kirche Köniz. In: Susi<br />
Ulrich-Bochsler (Hrsg.), Büetigen – Köniz –<br />
Unterseen, Anthropologische Untersuchungen<br />
an früh- und hochmittelalterlichen Skeletten.<br />
Schriftenreihe der Erziehungsdirektion<br />
<strong>des</strong> Kantons Bern (Bern 1995) 29–88.<br />
4<br />
Zur Geschichte von Kirche und Schloss Köniz<br />
vgl. Herrmann Kasser, Die Kirche und ehemalige<br />
Deutschordenskommende Köniz. In:<br />
Berner Tagblatt, Beilage Bernerheim, Nr.<br />
16–20. Paul Kasser, Die Deutschordenskirche<br />
Köniz. Berner Taschenbuch, Heft N.F. (1933)<br />
1–23. René Moeri, Köniz Kirche, Schloss.<br />
Schweizerische Kunstführer (Basel 1976). Bis<br />
zur Reformation wurde eine Jahrzeit für<br />
Rudolf und Berta als Gründer der Kirche gefeiert:<br />
Staatsarchiv Bern, Urbarien Amt Bern<br />
III Köniz Nr. 2 (1554).<br />
93
5<br />
Helmut Kletzl, Die Übertragung von Augustiner-Chorherrenstiften<br />
an den Deutschen<br />
Orden zwischen 1220 und 1323, Ursachen,<br />
Verlauf, Entwicklungen. Deutsche Hochschuledition<br />
66 (Neuried 1998) 61–105, hier<br />
S. 64. Kletzl nimmt an, dass das Chorherrenstift<br />
durchaus ins 10. Jahrhundert zurückreichen<br />
könnte.<br />
6<br />
Zum folgenden vgl.Kletzl1998 (wie Anm.5).<br />
7<br />
Kletzl 1998 (wie Anm. 5) 105.<br />
8<br />
Noch 1263 verhandelte der Landkomtur von<br />
Elsass und Burgund über Köniz betreffende<br />
Geschäfte, allerdings mit Rat seiner Könizer<br />
Mitbrüder. Fassbar ist ein Hauskomtur erstmals<br />
1268. Kletzl 1998 (wie Anm. 5) 99.<br />
9<br />
Zum Stift St. Vinzenz vgl. Kathrin Tremp-<br />
Utz, Das Kollegiatstift St. Vinzenz in Bern.<br />
Archiv <strong>des</strong> Historischen Vereins <strong>des</strong> Kantons<br />
Bern 69 (Bern 1985).<br />
10<br />
Zur Wirtschaft der Kommende, siehe: Karl<br />
Otto Müller, Beschreibung der Kommenden<br />
der Deutschordensballei Elsass-Schwaben-<br />
Burgund im Jahr 1393. Veröffentlichungen<br />
der Kommission für geschichtliche Lan<strong>des</strong>kunde<br />
in Baden-Württemberg A3 (Stuttgart<br />
1959). Karl Otto Müller-Ravensburg, Das<br />
Finanzwesen der schweizerischen Deutschordenskommenden<br />
im Jahre 1414. Archiv <strong>des</strong><br />
historischen Vereins <strong>des</strong> Kantons Bern, Heft<br />
2, 22 (1914) 83 ff. Zur Wirtschaftsentwicklung<br />
<strong>des</strong> Deutschen Ordens im Mittelalter.<br />
Quellen und Studien zur Geschichte <strong>des</strong><br />
Deutschen Ordens 38 (Marburg 1989). Zum<br />
Weinbau und Weinhandel vgl. Udo Arnold,<br />
Weinbau und Weinhandel <strong>des</strong> Deutschen Ordens<br />
im Mittelalter. In: Udo Arnold (Hrsg.),<br />
Zur Wirtschaftsentwicklung <strong>des</strong> Deutschen<br />
Ordens im Mittelalter. Quellen und Studien<br />
zur Geschichte <strong>des</strong> Deutschen Ordens 38<br />
(Marburg 1989) 71–10<strong>2.</strong><br />
11<br />
Kletzl 1998 (wie Anm. 5) 99.<br />
12<br />
René Moeri, Schloss und Kirche Köniz im geschichtlichen<br />
Überblick, Jahresbericht 1974<br />
<strong>des</strong> Vereins Mädchenheim Schloss Köniz (Köniz<br />
1975) 7–12, hier S. 4.<br />
13<br />
Staatsarchiv Bern, Karten AA IV Bern, Nr. 24<br />
(1718).<br />
14<br />
Ulrich-Bochsler/Eggenberger 1995 (wie Anm.<br />
3) 40–45.<br />
15<br />
Ulrich-Bochsler/Eggenberger 1995 (wie Anm.<br />
3) 45.<br />
16<br />
Zu Warmluftheizungen allgemein vgl.: Klaus<br />
Bingenheimer, Die Luftheizungen <strong>des</strong> Mittelalters.<br />
Antiquitates – Archäologische Forschungsergebnisse<br />
17 (Hamburg 1998) speziell<br />
146–171.<br />
17<br />
Bingenheimer 1998 (wie Anm. 16) 147,<br />
169 f. und 195 f. Die beiden bekannten Beispiele<br />
aus dem Gebiet der Schweiz sind einzig<br />
das Zisterzienserkloster Kappel (Kanton<br />
Zürich) und das Dominikanerkloster in der<br />
Stadt Bern, vgl. dazu Bingenheimer 1998 (wie<br />
Anm. 16) 257–260 bzw. 276–278.<br />
18<br />
Jürg Tauber, Herd und Ofen im Mittelalter.<br />
Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und<br />
Archäologie <strong>des</strong> Mittelalters 7 (Olten, Freiburg<br />
i. Br. 1980) 394.<br />
19<br />
Zur Geschichte <strong>des</strong> Deutschen Ordens in der<br />
Schweiz, siehe: Friedrich Stettler, Versuch<br />
einer Geschichte <strong>des</strong> Teutschen Ritterordens<br />
im Kanton Bern (Bern 1842); Louis Carlen<br />
(Hrsg.), Geschichte und Recht geistlicher<br />
Ritterorden, besonders in der Schweiz. Freiburger<br />
Veröffentlichungen aus dem Gebiete<br />
von Kirche und Staat 30 (Freiburg i.Ü. 1990);<br />
Udo Arnold (Hrsg.), Kreuz und Schwert: der<br />
Deutsche Orden in Südwestdeutschland, in<br />
der Schweiz und im Elsass, Ausstellungskatalog<br />
(Mainau 1991); Bruno Häfliger, Der<br />
Deutsche Orden in der Schweiz. In: Hermann<br />
Brommer (Hrsg.), Der Deutsche Orden und<br />
die Ballei Elsass-Burgund, Die Freiburger<br />
Vorträge zur 800-Jahr-Feier <strong>des</strong> Deutschen<br />
Ordens. Veröffentlichung <strong>des</strong> Alemannischen<br />
Instituts Freiburg i. Br. 63 (Bühl/Baden 1996)<br />
271–290. Mit Burgund ist Reichsburgund<br />
gemeint.<br />
20<br />
Es gibt allerdings einige neuere Arbeiten zu<br />
einzelnen Kommenden und deren Bauten,<br />
vgl. Adelheid Aregger (Hrsg.), Johanniterkommende<br />
Reiden, Festschrift zum Abschluss<br />
der Restaurierung 1987–1989 (Reiden<br />
1989); Thomas Bitterli/Daniel Grütter,<br />
Burg Alt-Wädenswil – vom Freiherrenturm<br />
zur Ordensburg. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte<br />
und Archäologie <strong>des</strong> Mittelalters<br />
27 (Olten, Freiburg i. Br. 2001).<br />
21<br />
Matthias Untermann, Das «Mönchshaus» in<br />
der früh- und hochmittelalterlichen Klosteranlage.<br />
In: Hans Rudolf Sennhauser (Hrsg.),<br />
Wohn- und Wirtschaftsbauten frühmittelalterlicher<br />
Klöster. Internationales Symposium,<br />
26.9.–1.10.1995 in Zurzach und Müstair, im<br />
Zusammenhang mit den Untersuchungen im<br />
Kloster St. Johann zu Müstair. Veröffentlichungen<br />
<strong>des</strong> Instituts für Denkmalpflege<br />
an der ETH Zürich 17 (Zürich 1996)<br />
233–257.<br />
22<br />
Aus schweizerischen Zisterzienserklöstern ist<br />
keine einzige Anlage erhalten oder nachgewiesen,<br />
auch wenn die quadratischen oder<br />
quadratnahen Grundrisse mehrerer als ehemalige<br />
Küche angesprochener Räume, etwa in<br />
Frienisberg, Kappel oder Wettingen, eine Ausstattung<br />
mit solchen Kaminanlagen wahrscheinlich<br />
machen; vgl. dazu Hans Rudolf<br />
Sennhauser (Hrsg.), Zisterzienserbauten in<br />
der Schweiz, Neue Forschungsergebnisse zur<br />
Archäologie und Kunstgeschichte, 2 Bände.<br />
Veröffentlichungen <strong>des</strong> Instituts für Denkmalpflege<br />
an der ETH Zürich 10 (Zürich<br />
1990).<br />
23<br />
Martin Illi, Von der Schîssgruob zur modernen<br />
Stadtentwässerung (Zürich 1987)<br />
184–188.<br />
24<br />
Nach Barbara Scholkmann, Die Heizanlage<br />
unter dem Parlatorium in Bebenhausen, in:<br />
Sülchgauer Altertumsverein (Hrsg.), Der<br />
Sülchgau, Bd. 31 (Rottenburg am Neckar<br />
1987) 7–21.<br />
25<br />
Nach Berthold Waldstein-Wartenberg, Die<br />
Vasallen Christi, Kulturgeschichte <strong>des</strong> Johanniterordens<br />
im Mittelalter (Wien, Köln, Graz<br />
1988) und Arnold 1991 (wie Anm. 19).<br />
Abbildungsnachweis:<br />
Archäologischer Dienst <strong>des</strong> Kantons Bern:<br />
Armand Baeriswyl: 10, 20.<br />
Federico Rasder, Roger Lüscher: 3, 4, 5, 7, 9.<br />
Badri Redha: 1, 2, 6, 8, 12, 16<br />
Eliane Schranz: 11, 13, 14, 15, 17, 21.<br />
Bernisches Historisches Museum: 18, 19.<br />
Adresse <strong>des</strong> Autors:<br />
Archäologischer Dienst Kanton Bern,<br />
Armand Baeriswyl, Eigerstr. 73, 3011 Bern.<br />
94
Ein «Badehaus» mit Heizungsanlage auf der Burgruine<br />
Schlössel bei Klingenmünster<br />
von Dieter Barz<br />
Seit 1988 werden auf der Burgruine<br />
Schlössel bei Klingenmünster in<br />
der Pfalz im Auftrag <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>amtes<br />
für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz,<br />
Archäologische Denkmalpflege<br />
Speyer, Ausgrabungen<br />
durchgeführt. Die Burg – deren<br />
Name und Besitzer nicht bekannt<br />
sind – wurde nach dem derzeitigen<br />
Kenntnisstand etwa um 1030/50 in<br />
einer älteren Befestigungsanlage<br />
errichtet und nach drei Zerstörungen<br />
im Laufe <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong> Jahrhunderts<br />
verlassen. Die Kernburg lag bis vor<br />
rund 100 Jahren unter ca. 2700 m 3<br />
Mauerschutt, der im Rahmen von<br />
älteren Ausgrabungen und jüngeren<br />
Freilegungen abgetragen wurde.<br />
Dieser Schutthügel hat die Schichten<br />
der relativ kurzen Nutzungszeit<br />
1 recht gut «konserviert» und<br />
erlaubt somit einen guten Einblick<br />
in eine hochmittelalterliche Adelsburg.<br />
Die Kernburg wurde von Anfang<br />
an durch eine Mauer in zwei Bereiche<br />
aufgeteilt. Der Wohnturm mit<br />
seinen Anbauten und einem kleinen<br />
Hof («Oberhof») bildet sozusagen<br />
den «herrschaftlichen Bereich»,<br />
während der verbleibende<br />
Teil in der Phase 1 weitgehend zu<br />
handwerklichen Tätigkeiten 2 genutzt<br />
wurde und hier als «Wirtschafthof»<br />
bezeichnet wird.<br />
Nach einer Zerstörung – in deren<br />
Verlauf u.a. ein Teil der Ringmauer<br />
auf 12 m bis ins Fundament abgerissen<br />
wurde – ändert sich in der<br />
Phase 2 die Bebauung im Wirtschaftshof.<br />
Neben einem Steingebäude<br />
mit Estrich im Erdgeschoss<br />
konnten bislang zwei Gebäude in<br />
Schwellbalkenbauweise festgestellt<br />
werden. In diese Phase – die nach<br />
Münzfunden etwa in das letzte<br />
Drittel <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts datiert<br />
werden kann – gehört auch Bau i,<br />
<strong>des</strong>sen Befunde hier etwas näher beschrieben<br />
werden.<br />
1: Schematischer Grundriss der Phase <strong>2.</strong><br />
Befunde<br />
«Badehaus»<br />
Baubefund<br />
Im südlichen «Wirtschaftshof» haben<br />
sich Reste eines freistehenden<br />
Gebäu<strong>des</strong> (Abb. 2 und 3) mit Aussenmassen<br />
von etwa 8 ¥ 6,5 m erhalten.<br />
Lediglich die Nordwand<br />
war gestört. Als Fundament für das<br />
Gebäude dienten trocken gesetzte<br />
Steine. In unmittelbarer Umgebung<br />
wurden Überreste von ockerfarbenem<br />
Lehm gefunden. Im Untergrund<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> konnte auf<br />
grosser Fläche eine Konzentration<br />
von Lehmpartikeln in der aufplanierten<br />
Sandschicht festgestellt<br />
werden. Diese Befunde legen nahe,<br />
dass wir mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />
von einer Schwellbalkenkonstruktion<br />
mit Fachwerk ausgehen<br />
können. In der Südwestecke <strong>des</strong><br />
Gebäu<strong>des</strong> haben sich die Reste<br />
eines ca. 1,20 m breiten Kamins<br />
erhalten. Das nördliche Seitengewände<br />
hat sich vollständig im Versturz<br />
erhalten und weist eine Höhe<br />
von 1,10 m auf. Vom südlichen Ge-<br />
95
2: Grundriss von Bau i «Badehaus» mit Heizungsanlage und Kamin.<br />
wände hat sich nur ein stark brandgeschädigter<br />
Stumpf in situ erhalten.<br />
Unmittelbar neben dem Kamin<br />
sitzt der Fundamentsockel auf<br />
einem verkohlten Brett mit einer<br />
Länge von 1 m. Dieses Brett dürfte<br />
wohl zu einer Tür gehören, die<br />
in den Zwickel zwischen dem Gebäude<br />
und der Ringmauer führte.<br />
Im Gebäude hat sich ein dünner<br />
Laufhorizont (Abb. 7) weitgehend<br />
erhalten. Die Funde waren relativ<br />
spärlich. Nur in der Umgebung <strong>des</strong><br />
Kamins fällt besonders eine Konzentration<br />
von verbrannten Knochenstückchen<br />
auf.<br />
Heizanlage<br />
Das Kernstück <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> bildet<br />
jedoch eine aufwendige Heizungsanlage<br />
(Abb. 4 und 9), die weitgehend<br />
unter dem Laufhorizont<br />
<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> liegt. Diese Anlage<br />
wurde durch eine Steintreppe zwischen<br />
dem Gebäude und der Ringmauer<br />
erschlossen. Als Bindemittel<br />
für die Treppe und die gesamte<br />
Heizungsanlage diente nicht Mörtel,<br />
sondern Lehm, der in den Fugen<br />
eine braune bis rotbraune Farbe<br />
besitzt, die wohl auf eine starke<br />
Hitzeeinwirkung zurückgeführt<br />
werden kann. Die Rückseiten der<br />
einschaligen Mauern waren gegenüber<br />
dem Untergrund mit Lehm<br />
abgedichtet, der hier einen orangen<br />
Farbton aufweist.<br />
Der Arbeitsraum besass ein Tonnengewölbe<br />
und war nach aussen<br />
mit einer Tür verschlossen. Die<br />
Schwelle <strong>des</strong> Türrahmens zeichnete<br />
sich schön im gelben Sand ab. Aufgrund<br />
<strong>des</strong> Einschnitts in der Treppe<br />
können wir hier wohl von einer<br />
zweiflügligen Tür ausgehen, die<br />
nach aussen geöffnet wurde. Die<br />
Höhe <strong>des</strong> Arbeitsraumes im Scheitel<br />
<strong>des</strong> Tonnengewölbes kann mit<br />
1,80 m rekonstruiert werden. Der<br />
obere Abschluss <strong>des</strong> Gewölbes<br />
dürfte etwa 40 cm in den Raum<br />
darüber geragt haben.<br />
3: Bau i «Badehaus» mit Heizungsanlage. Sicht von Osten.<br />
96
Heissluftraum muss es einen Abschluss<br />
gegeben haben, da der obere<br />
Raum keine Rauchspuren aufweist.<br />
Rauchspuren können lediglich am<br />
Bogen der Schüröffnung beobachtet<br />
werden. Vom Heissluftraum hat<br />
sich nur der untere Teil erhalten.<br />
Zahlreiche Funde von verziegelten<br />
Lehmstücken im oberen Teil <strong>des</strong><br />
Ofens geben einen Hinweis auf den<br />
oberen Abschluss <strong>des</strong> Heissluftraumes.<br />
Da diese Lehmstücke teilweise<br />
gerade oder gerundete Flächen<br />
besitzen, besteht die Möglichkeit,<br />
diese «Lehmplatte» unten<br />
gewölbt und oben gerade zu rekonstruieren.<br />
In Zusammenhang<br />
mit dem oberen Abschluss <strong>des</strong><br />
Heissluftraumes könnten u. U.<br />
auch zwei grosse Steinplatten mit<br />
einer Stärke um 10 cm aus der Verfüllung<br />
<strong>des</strong> Arbeitsraumes stehen,<br />
sodass hier auch eine Lehm- und<br />
Steinkonstruktion nicht auszuschliessen<br />
ist. Der Heissluftraum<br />
ragte ebenfalls in den darüber lie-<br />
4: Heizungsanlage mit Treppe. Sicht von Westen.<br />
6: Zeichnung von Steinstopfen.<br />
Der Ofen besteht aus zwei Teilen.<br />
Unten lag der Feuer- oder Schürraum<br />
und oben ein Heissluftraum.<br />
Die Schüröffnung <strong>des</strong> Feuerraumes<br />
liegt 20 cm über dem Boden <strong>des</strong><br />
Arbeitsraumes und besitzt oben<br />
einen Rundbogen. Diese Öffnung<br />
besitzt keinerlei Hinweis auf einen<br />
Verschluss. Die Sohle <strong>des</strong> Feuerraumes<br />
besteht aus braunem Lehm.<br />
Der gelbe Sand darunter war –<br />
durch die Hitze – rötlich verfärbt.<br />
Trotz starker Abplatzungen lässt<br />
sich noch erkennen, dass der Feuerraum<br />
sich noch oben konisch verjüngt.<br />
Zwischen Feuerraum und<br />
5: Steinstopfen in Fundlage.<br />
genden Raum hinein und besass<br />
offenbar oben eine runde Öffnung,<br />
die durch einen «Steinstopfen» verschliessbar<br />
war. Der «Steinstopfen»<br />
(Abb. 5 und 6) wurde in der Mitte<br />
<strong>des</strong> Heissluftraumes gefunden und<br />
ist sehr sauber bearbeitet. Die geraden<br />
Flächen besitzen alle einen<br />
Randschlag. Hier können ebenfalls<br />
keine Rauchspuren festgestellt werden.<br />
In der Heizungsanlage und der<br />
näheren Umgebung konnten mehrere<br />
Kalksteine beobachtet werden.<br />
Inwieweit diese als «Wärmespeicher»<br />
im Heissluftraum genutzt<br />
wurden, muss jedoch offen bleiben.<br />
97
7: Profil durch Bau i «Badehaus».<br />
8: Kanal der Heizungsanlage. Sicht von Norden.<br />
Mangels Baubestand sind auch<br />
keine Aussagen über die Frischluftzufuhr<br />
zum Heissluftraum möglich.<br />
Von dem Heissluftraum geht rechtwinklig<br />
ein Kanal (Abb. 8) ab. Er<br />
verläuft etwa in der Längsachse <strong>des</strong><br />
Gebäu<strong>des</strong> und weist eine Länge von<br />
3,7 m auf. Der lichte Querschnitt<br />
beträgt etwa 15 ¥ 15 cm. Der Boden<br />
und die Seiten sind in Kleinquadern<br />
mit Lehm als Bindemittel<br />
ausgeführt. Der obere Abschluss<br />
bestand aus Steinplatten mit einer<br />
Stärke von rund 6 bis 8 cm und<br />
einer Länge bis zu 80 cm. Die Steinplatten<br />
im mittleren und südlichen<br />
Teil <strong>des</strong> Kanals wurden von einer<br />
grossen Baumwurzel verschoben<br />
oder zerdrückt. Insgesamt lässt sich<br />
nach den Funden eine Abdeckung<br />
<strong>des</strong> gesamten Kanals rekonstruieren.<br />
Eindeutige Hinweise auf eine<br />
Öffnung, etwa am Ende <strong>des</strong> Kanals,<br />
fehlen. Ein Teil der Steinplatten aus<br />
gelbem Bundsandstein weist auf<br />
der Unterseite Verfärbungen aufgrund<br />
von Hitzeeinwirkung auf.<br />
Rauchspuren konnten auch hier<br />
nicht festgestellt werden. Von dem<br />
Kanal ragten lediglich die Steinplatten<br />
aus dem Boden hervor.<br />
An weiteren Merkmalen haben sich<br />
im Gebäude eine Fundamentvorlage<br />
im nordöstlichen Teil sowie<br />
zusätzliche einzelne Steine im Boden<br />
entlang der Ostwand erhalten.<br />
Ergebnisse<br />
Bei der Frage nach der Funktion <strong>des</strong><br />
Gebäu<strong>des</strong> dürfte im Vordergrund<br />
stehen, dass wir zum einen ein relativ<br />
einfaches Haus – wohl in Fachwerkbauweise<br />
– mit einem Kamin<br />
im Erdgeschoss und zum anderen<br />
eine aufwendige Heizungsanlage<br />
im Untergrund haben. Besonders<br />
die Bauweise lässt ein herrschaftliches<br />
Wohngebäude ausschliessen,<br />
da die Wohnräume <strong>des</strong> Burgherrn<br />
sich sicherlich im Wohnturm mit<br />
der aufwendigen Abortanlage befunden<br />
haben. Der Widerspruch<br />
von zwei Heizsystemen für einen<br />
Raum lässt sich nur dann sinnvoll<br />
lösen, wenn eins davon primär zu<br />
einem anderen Zweck diente. Besonders<br />
der Steinstopfen und der<br />
Kanal dürften auf eine Nutzung der<br />
Heizungsanlage für Dampfbäder<br />
hinweisen, wobei durch das Öffnen<br />
<strong>des</strong> Steinstopfens die Temperatur<br />
im – bereits vorgeheizten – Raum<br />
erhöht und durch Wasseraufgüsse<br />
auf die Steinplatten <strong>des</strong> Kanals sowie<br />
das Oberteil <strong>des</strong> Ofens Dampf<br />
erzeugt wurde. Diese Nutzung<br />
würde auch erklären, weshalb das<br />
Gebäude freisteht und sich nicht an<br />
die Ringmauer anlehnt, da diese<br />
eine Kältebrücke gebildet hätte.<br />
Das verkohlte Holzbrett neben<br />
dem Kamin, das wohl zu einer Tür<br />
gehört – die in einen Nebenraum<br />
oder ins Freie im Zwickel zwischen<br />
Gebäude und Ringmauer führt –<br />
weist auf einen Brand während der<br />
Nutzungszeit hin 3 . Die genaue Nutzung<br />
dieses Zwickels muss offen<br />
bleiben.<br />
Die Befunde der Heizungsanlage<br />
bieten auch einige Anhaltspunkte<br />
98
zu deren Betrieb. Wie der braun bis<br />
rot verfärbte Lehm in den Mauerfugen<br />
belegt, muss im Arbeitsraum<br />
eine grosse Hitze geherrscht haben.<br />
Da dies auch an den Mauern <strong>des</strong><br />
Treppenabgangs beobachtet werden<br />
kann, hat sich die gesamte<br />
Anlage offenbar gut aufgeheizt, was<br />
auf einen langen Heizvorgang<br />
schliessen lässt. Da der Ofen keinen<br />
Schornstein besitzt, müssen Rauch<br />
und Abgase durch das Gewölbe <strong>des</strong><br />
Arbeitsraumes und die sicherlich<br />
nach aussen geöffnete Tür abgezogen<br />
sein.<br />
Die Frischluftzufuhr für den Heissluftraum<br />
dürfte auch durch den<br />
Arbeitsraum erfolgt sein. Möglich<br />
ist, dass die Frischluft durch eine<br />
verschliessbare Öffnung an der<br />
Frontseite der Heissluftkammer zugeführt<br />
wurde, wie dies bei der<br />
Steinofenluftheizung der Burg<br />
Weissensee der Fall war 4 . In diesem<br />
Falle müsste das Feuer nicht mehr<br />
gebrannt haben oder die Schüröffnung<br />
irgendwie verschlossen gewesen<br />
sein, da sonst Abgase in den<br />
Heissluftraum gelangt wären.<br />
Ohne praktische Versuche lässt sich<br />
der genaue Ablauf eines Dampfba<strong>des</strong><br />
jedoch nicht nachvollziehen,<br />
zumal auch die Frischluftzufuhr in<br />
den Heissluftraum nicht abschliessend<br />
geklärt werden kann.<br />
Während Dampfbäder sehr wahrscheinlich<br />
gemacht werden können,<br />
ist nicht auszuschliessen, dass<br />
der Raum auch zu Wannenbädern<br />
genutzt wurde. Hierauf könnte der<br />
Kamin hinweisen, der zum Betrieb<br />
eines Dampfba<strong>des</strong> eigentlich nicht<br />
notwendig ist. Durch seine recht<br />
stabile Konstruktion könnte er u.a.<br />
durchaus zum Erwärmen von Badewasser<br />
in Kesseln gedient haben.<br />
Auf ein Bad – möglicherweise in<br />
Holzzubern – könnten auch die<br />
verbrannten Knochen im Umkreis<br />
<strong>des</strong> Kamin hinweisen. Sie lassen<br />
annehmen, das in diesem Raum gegessen<br />
wurde. Dies dürfte wohl bei<br />
Dampfbädern weniger wahrscheinlich<br />
gewesen sein. Baden und Essen<br />
gehören bereits im Hochmittelalter<br />
eng zusammen, wie dies u.a. in den<br />
Ba<strong>des</strong>zenen in der Manesse Handschrift<br />
schön dargestellt wird.<br />
9: Schematischer Rekonstruktionsversuch <strong>des</strong> Badehauses mit Heizkanal (oben) und Detail der Heizanlage<br />
(unten).<br />
Auf Burgen lassen sich Ba<strong>des</strong>tuben<br />
in Schriftquellen recht früh fassen.<br />
Von der Burg Persenbeug in Österreich<br />
wird ein Unfall geschildert, als<br />
1045 – in Anwesenheit von Kaiser<br />
Heinrich III. – plötzlich «ein Pfeiler<br />
der Holzkonstruktion <strong>des</strong> Speisesaales,<br />
in welchem sie sassen, von<br />
seinem Platz wich, fielen sie in die<br />
Ba<strong>des</strong>tube, die eben zu dieser Zeit<br />
mit Wasser gefüllt wurde, das über<br />
den Berg geleitet wurde». Dabei<br />
kam u.a. der Bischof von Würzburg<br />
ums Leben 5 . Literarisch wird im<br />
«Herzog Ernst» das Badehaus der<br />
phantastischen «Burg Grippa» mit<br />
zwei rotgoldenen Badewannen und<br />
Kalt- und Warmwasserzufluss sowie<br />
einem Abfluss aus Eisen etwas<br />
überhöht beschrieben 6 .<br />
Den ältesten Hinweis von Dampfbäder<br />
auf Burgen bietet der Roman<br />
Conte du Graal von Chrétien de<br />
Troyes aus dem 3. Viertel <strong>des</strong> 1<strong>2.</strong><br />
Jahrhunderts, wo die Königin sich<br />
zwischen Dampf- und heissen<br />
Wannenbädern entscheiden konnte 7 .<br />
Weiterhin beschreibt Chretien de<br />
Troyes im Cligès einen wunderbaren<br />
Turm, der von seinem Baumeister<br />
Jean so konstruiert wurde, dass er<br />
die Liebe zwischen dem Helden<br />
99
und der Kaiserin Fénice schützte:<br />
über eine Wendeltreppe stieg er<br />
in ein gewölbtes Stockwerk, das<br />
Schwitzbäder enthält, die mit<br />
warmem (heissem) Wasser durch<br />
eine unterirdische Leitung versorgt<br />
wurden 8 . Auf der Burg Suscinio in<br />
der Bretagne hat sich ein Dampfbad<br />
aus dem späten 14. Jahrhundert<br />
direkt neben dem herrschaftlichen<br />
Wohnraum erhalten 9 . Einen Hinweis<br />
auf Dampfbäder gibt auch der<br />
Sachsenspiegel (Abb. 10) in der<br />
Heidelberger Bilderhandschrift (um<br />
1330), wo drei liegende Männer im<br />
Dampfbad abgebildet sind.<br />
Vergleiche mit anderen<br />
Heizungsanlagen<br />
In den letzten Jahren konnte eine<br />
Steinofenluftheizung auf der Burg<br />
Weissensee «Runneburg» aus der<br />
Zeit um 1200 ausgegraben werden.<br />
Der Ofen hat sich bis auf das Gewölbe<br />
<strong>des</strong> Feuerraumes komplett<br />
erhalten. Der Heissluftraum war<br />
ebenfalls gewölbt und weist in der<br />
Mitte eine Öffnung zur Ableitung<br />
der Warmluft auf. Der Arbeitsraum<br />
besass ein Gewölbe. Wie beim<br />
Schlössel fehlt ein Schornstein,<br />
sodass der Rauchabzug ebenfalls<br />
durch das Gewölbe erfolgt sein<br />
muss. Der Zugang zum Arbeitsraum<br />
befand sich auf der Seite. Ofen<br />
und Arbeitsraum liegen vollständig<br />
unter dem Boden (Gipsestrich)<br />
<strong>des</strong> Erdgeschossraumes darüber.<br />
Dieser Raum gehört wohl zu einem<br />
Wohngebäude, das bisher nur teilweise<br />
untersucht wurde 10 .<br />
Auf Schloss Sulzbach in der Oberpfalz<br />
konnte ebenfalls eine Warmluftheizung<br />
aus dem 1<strong>2.</strong> Jahrhundert<br />
untersucht werden. Bisher<br />
wurde jedoch nur der Grundriss<br />
der Anlage in einem Vorbericht<br />
publiziert. Diese Heizung mit Arbeitsraum<br />
und Ofen nimmt offenbar<br />
den gesamten Grundriss eines<br />
5,50 ¥ 4 m grossen Gebäu<strong>des</strong> ein,<br />
das als Kemenate interpretiert<br />
wird 11 .<br />
Eine sog. Kanalheizung konnte in<br />
der Pfalz von Werla ergraben werden.<br />
Während sich der «hufeisenförmige»<br />
Kanal mit 7–8 Auslassöffnungen<br />
recht gut erhalten war,<br />
fehlt die obere Hälfte <strong>des</strong> Ofens sowie<br />
<strong>des</strong> Arbeitsraumes vollständig.<br />
Carl-Heinrich Seebach 12 rekonstruiert<br />
einen Feuerraum mit Mittelstütze<br />
und eine Balkendecke für<br />
den Arbeitsraum. Klaus Bingenheimer<br />
schlägt jüngst hier einen<br />
doppelten Feuerraum vor 13 . Folgt<br />
man bezüglich <strong>des</strong> Feuerraumes<br />
dem Vorschlag von Bingenheimer,<br />
so könnte – aufgrund <strong>des</strong> Befun<strong>des</strong><br />
von Weissensee – noch eine weitere<br />
Rekonstruktion möglich sein, und<br />
zwar über den Gewölben der beiden<br />
Feuerräume noch ein gewölbter<br />
Heissluftraum 14 . In diesem Falle<br />
wäre der Rauchabzug durch den –<br />
vielleicht auch gewölbten – Arbeitsraum<br />
möglich, und man müsste<br />
die Rauchabgase nicht zeitweise<br />
durch den Raum darüber leiten.<br />
Die erhaltenen Auslasssteine scheinen<br />
keine Rauchspuren aufzuweisen<br />
und somit nicht grundsätzlich<br />
gegen eine derartige Annahme<br />
sprechen.<br />
Auch wenn wir die Heizungsanlage<br />
von Werla letztlich nicht abschliessend<br />
rekonstruieren können, fallen<br />
zu den Anlagen vom Schlössel und<br />
Weissensee einerseits einige Ähnlichkeiten<br />
15 , aber anderseits auch<br />
Unterschiede 16 auf. Ohne die<br />
Berücksichtigung von Heizungsanlagen<br />
in Klöstern zeichnet sich<br />
bereits ein Variantenreichtum in<br />
der Konstruktion ab.<br />
Zumin<strong>des</strong>t die Heizungsanlage<br />
vom Schlössel zeigt auf, das nicht<br />
immer die Heizfunktion im Vordergrund<br />
stehen muss.<br />
10: Ba<strong>des</strong>zene aus dem Sachsenspiegel.<br />
Alltagskultur und Ausblick<br />
Zweifellos hat es nicht auf jeder<br />
Burg eine Ba<strong>des</strong>tube gegeben, da<br />
man hierfür einfach eine Kufe mit<br />
Wasser in einem beliebigen Zimmer<br />
oder im Freien aufstellen<br />
konnte. Auch im Winter konnte jeder<br />
beheizte Raum zum Baden genutzt<br />
werden. Aus der Erzählung<br />
«Der nackte Bote» vom Strickler<br />
geht hervor, dass es anscheinend<br />
auch auf kleineren Burgen eigene<br />
Ba<strong>des</strong>tuben gegeben hat, die – im<br />
geschilderten Fall – die herrschaftliche<br />
Familie im Herbst als Wohnraum<br />
nutzte, weil die Kemenate<br />
erst im Winter beheizt wurde 17 . In<br />
der Burg Ebersdorf (heute Schloss<br />
Kaiserebersdorf) wird 1269 in einer<br />
testamentarischen Verfügung ein<br />
Badehaus erwähnt, das vor der Burg<br />
lag 18 . Hier scheint die Brandgefahr<br />
eine Rolle gespielt zu haben.<br />
Soweit keine stationären Einrichtungen<br />
– wie z.B. Heizungsanlagen<br />
oder Wasserzu- und -abfluss – notwendig<br />
sind, können Ba<strong>des</strong>tuben<br />
oder Badehäuser weder nachgewiesen<br />
noch ausgeschlossen werden.<br />
Wir sind somit auf einzelne Baubefunde<br />
und schriftliche Überlieferungen<br />
angewiesen. Auch wenn die<br />
Darstellungen in den literarischen<br />
Quellen teils übertreiben, so lassen<br />
sie einen wahren Kern erkennen.<br />
Man kann sich auch durchaus der<br />
Meinung von Jean Mesqui anschliessen,<br />
dass Dampfbäder auf<br />
Burgen bis zum späten Mittelalter<br />
den Burgherren und ihren Familien<br />
vorbehalten waren 19 .<br />
100
Résumé<br />
Le château en ruine Schlössel se<br />
trouve près de Klingenmünster<br />
dans le Palatinat (D). Depuis 1988<br />
on entrepend <strong>des</strong> fouilles auprès de<br />
ce château – dont on ne connaît pas<br />
le nom. A l’emplacement d’un château<br />
préexistant, on a construit en<br />
1030/50 un château féodal qui par<br />
la suite a été détruit trois fois. Dès<br />
le début, la partie centrale du château<br />
était divisée en deux parties par<br />
un mur, d’une part, il y avait la<br />
partie résidentielle avec le donjon,<br />
un avant-corps et une petite cour<br />
intérieure («Oberhof»), et d’autre<br />
part, il y avait la partie <strong>des</strong>tinée<br />
aux activités économiques, appelée<br />
«Wirtschaftshof». Dans celle-ci les<br />
activités artisanales ont été prédominantes<br />
dans la phase 1 (cf. fig.1).<br />
Après une <strong>des</strong>truction, le réaménagement<br />
a changé dans cette partie<br />
dans la phase <strong>2.</strong> Jusqu’à présent, à<br />
part une maison en pierre, on a découvert<br />
aussi deux bâtiments dont<br />
les poutres de la lisse d’assise formant<br />
la fondation étaient conservées<br />
(fig.1/i: Badehaus et fig. 2).<br />
Grâce à <strong>des</strong> pièces de monnaie retrouvées,<br />
il est possible de dater<br />
cette phase au dernier tiers du 11 e<br />
siècle.<br />
Le bâtiment situé au sud qui fait 8<br />
mètres sur 6,5 se dresse au milieu<br />
de la cour et il a été construit à colombage.<br />
Dans le coin au sud, il y<br />
avait une cheminée. La partie centrale<br />
de l’édifice est constituée par<br />
une installation de chauffage luxueuse<br />
sur une plateforme voûtée,<br />
par le poêle, un foyer et un canal<br />
(fig. 2). Un escalier en pierre condusait<br />
à cette installation.<br />
Le poêle consistait en un foyer et<br />
en un espace pour l’air chaud au<strong>des</strong>sus.<br />
Il manque une cheminée,<br />
de sorte que les gaz de la fumée<br />
devaient sortir par la voûte de la<br />
plateforme.<br />
De l’espace à air chaud, il y a un canal<br />
qui sort à angle droit – sans<br />
autres ouvertures – et qui se trouve<br />
dans la direction de l’axe longitudinal<br />
du bâtiment (fig. 9). On suppose<br />
qu’il y ait eu un «Badehaus»<br />
(un bain). Il semble que le système<br />
de chauffage ait servi en premier<br />
lieu pour les bains à vapeur. En<br />
ouvrant une fermeture en pierre<br />
(cf. fig. 5 et 6), on pouvait augmenter<br />
la température de la pièce, et en<br />
versant de l’eau sur le canal chaud,<br />
on pouvait produire de la vapeur.<br />
Il n’est pas à exclure que cet espace<br />
ait servi aussi à <strong>des</strong> bains en cuve.<br />
Autour de la cheminée, <strong>des</strong> os brûlés<br />
ont été retrouvés. Cela nous<br />
indique qu’en se baignant on mangeait<br />
aussi. Dans <strong>des</strong> documents et<br />
<strong>des</strong> sources littéraires, on cite les<br />
bains en cuve et les bains de vapeur<br />
dans les châteaux forts déjà au 11 e et<br />
au 12 e siècle. Probablement ces bains<br />
ont été réservés aux seigneurs et à<br />
leurs familles.<br />
(Armida Totti, Bienne)<br />
Riassunto<br />
I ruderi del castello, chiamato<br />
«Schlössel», sono situati nei pressi<br />
di Klingenmünster in der Pfalz (D).<br />
Dal 1988 vengono effettuati scavi<br />
in questo castello il cui nome esatto<br />
è tuttora sconosciuto. Sui resti di<br />
una fortificazione più antica venne<br />
costruito attorno il 1030/50 un castello<br />
signorile che in seguito venne<br />
distrutto tre volte. Fin dall’inizio il<br />
castello principale era diviso in due<br />
«parti» da un muro, una era composta<br />
da un area residenziale (herrschaftlichen<br />
Bereich) con torre<br />
d’abitazione, da un aggetto e da un<br />
piccolo cortile interno (Oberhof),<br />
l’altra dal cosiddetto «Wirtschaftshof»<br />
(area produzione artigianale)<br />
in cui venivano eseguiti soprattutto<br />
i lavori d’artigianato (cf. fig.1).<br />
Sui resti del me<strong>des</strong>imo dopo aver<br />
subito una distruzione, vennero<br />
eretti altri edifici (fase 2). Fino ad<br />
oggi è stato riportato alla luce una<br />
casa in pietra insieme ai bancali di<br />
altri due edifici, gli unici resti visibili<br />
delle fondamenta di questi edifici<br />
(fig. 1/i e fig.2). Questa fase può<br />
essere datata, grazie al ritrovamento<br />
di alcune monete, nell’ultimo terzo<br />
del XI secolo.<br />
L’edificio che si trova più a sud, all’interno<br />
del cortile, misura ca. 8 ¥<br />
6,5 m ed era composto da pareti<br />
intelaiate. Nell’angolo sud-ovest<br />
dell’edificio era situato il camino.<br />
La caratteristica principale di questo<br />
edificio è costituita da un complesso<br />
sistema di riscaldamento con<br />
stufa e canale il cui vestibolo è sormontato<br />
da una volta (fig.2). Questo<br />
impianto era raggiungibile tramite<br />
una scala in pietra. La stufa era<br />
composta da un focolare e sormontata<br />
da un «vano» in cui si raccoglieva<br />
l’aria calda. A causa della<br />
mancanza di un camino i gas del<br />
fumo salivano e uscivano attraverso<br />
la volta. Da questo spazio chiuso in<br />
cui si raccoglieva l’aria calda partiva<br />
ad angolo retto il canale, privo di<br />
altre aperture, lungo l’asse longitudinale<br />
dell’edificio (fig. 9). Per questo<br />
motivo si può presumere che qui<br />
si trovasse un bagno (Badehaus).<br />
L’impianto di riscaldamento con<br />
ogni probabilità serviva principalmente<br />
per alimentare i bagni a<br />
vapore. Poi con l’apertura di una<br />
chiusa in pietra (fig. 5 e 6) era possibile<br />
aumentare la temperatura del<br />
locale, e con l’infusione di acqua sul<br />
canale in pietra caldo generare vapore.<br />
Non è da escludere che in questo<br />
locale erano presenti anche delle<br />
vasche da bagno. Intorno al camino<br />
sono state anche ritrovate delle ossa<br />
carbonizzate, che fanno concludere<br />
che durante i bagni venivano consumati<br />
anche dei pasti. In alcuni<br />
documenti e fonti letterarie vengono<br />
menzionati particolari tipi di<br />
vasche e bagni a vapore in uso nei<br />
castelli nei secoli XI e XII. Fin nel<br />
tardomedioevo questi bagni erano<br />
riservati solo ai signori del castello<br />
e alle loro famiglie.<br />
(Christian Saladin, Origlio/Basilea)<br />
Resumaziun<br />
La ruina da chastè Schlössel è situada<br />
sper Klingenmünster en la<br />
Pfalz (Germania). Dapi l’onn 1988<br />
vegnan fatgas exchavaziuns en il<br />
chastè, dal qual in num nun è enconuschent.<br />
En ina fortezza pli veglia<br />
han ins erigì enturn 1030/50 in<br />
chastè da signuria ch’è vegnì <strong>des</strong>truì<br />
en tut trais giadas. Il chastè central<br />
è davent da l’entschatta stà dividì<br />
tras in mir en dus spazis, v. d. en la<br />
«part signurila» cun la tur residenziala,<br />
il pierten, la pitschna curt<br />
101
interna («curt sura») ed en l’uschenumnada<br />
«curt d’economia». En la<br />
curt d’economia predominavan en<br />
la fasa 1 per gronda part las activitads<br />
manualas (1).<br />
Suenter la <strong>des</strong>trucziun è sa midada<br />
en la fasa 2 la surbajegiada da questa<br />
zona. Enfin qua èn vegnids chattads<br />
ultra d’ina chasa da crap dus<br />
edifizis, dals quals las travs da la traversa<br />
eran mantegnidas sco fundaments<br />
(1/i). Questa fasa po vegnir<br />
datada tenor chats da munaidas enturn<br />
il davos terz da l’in<strong>des</strong>chavel<br />
tschientaner.<br />
L’edifizi dal sid d’ina grondezza da<br />
circa 8 ¥ 6.5 m stat isolà en la curt<br />
ed è ina construcziun da travs. En il<br />
chantun dal sid-vest sa chattava in<br />
chamin. La part principala da l’edifizi<br />
è in grond implant da stgaudament<br />
furmà d’in local da lavur cun<br />
arvieut, pigna ed in chanal (2). A<br />
quest cumplex manava ina stgala da<br />
crap. La pigna sa cumponiva d’in<br />
sectur da fieu e d’in sectur d’aria<br />
chauda suren. In chamin manca,<br />
uschia ch’ils gas da fim stuevan sortir<br />
tras l’arvieut dal local da lavur.<br />
Dal sectur d’aria chauda va il chanal<br />
en lingia rectangulara – senz’ulteriuras<br />
averturas – en l’axa longitudinala<br />
da l’edifizi (9). Nus pudain<br />
supponer ch’i deva qua ina «chasa<br />
per far bogns». L’implant da stgaudament<br />
serva, sco ch’i para, en emprima<br />
lingia per far bogns da vapur.<br />
Cun avrir ina serradira da crap (5/b)<br />
vegniva auzada la temperatura interna<br />
e la vapur vegniva producida<br />
cun derscher aua sin il chanal<br />
chaud. I nun è d’excluder che questa<br />
stanza vegniva er utilisada per<br />
far bogns en bogneras; en il conturn<br />
dal chamin han ins chattà oss<br />
braschads, quai ch’inditgescha ch’i<br />
vegniva er mangià durant far bogn.<br />
En funtaunas documentadas e litteraras<br />
vegnan bogneras e bogns da<br />
vapur spezials gia menziunads<br />
en l’in<strong>des</strong>chavel e du<strong>des</strong>chavel<br />
tschientaner. Fin il temp medieval<br />
tardiv eran quests bogns probablamain<br />
resalvads als chastellans ed a<br />
lur famiglias.<br />
(Lia rumantscha, Cuira)<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Obwohl sich derzeit der Zeitpunkt der letzten<br />
Zerstörung archäologisch nicht genauer fassen<br />
lässt, können wir wohl von einer Nutzungsdauer<br />
von etwa 100 bis 150 Jahren ausgehen.<br />
2<br />
Neben Gebäuden mit Feuerstellen in «Pfostenbauweise»<br />
können mehrere Öfen und Feuerstellen<br />
festgestellt werden, die zusammen<br />
mit Schlacken, Werkabfällen etc. diese Tätigkeiten<br />
belegen.<br />
3<br />
Aufgrund der erhöhten Brandgefahr dürfte<br />
das «Badehaus» nicht in unmittelbarer Umgebung<br />
<strong>des</strong> Wohnturmes gelegen haben.<br />
Deutlich wird dies auch 1269 bei der Burg<br />
(Kaiser)Ebersdorf, wo die Ba<strong>des</strong>tube vor der<br />
Burg lag (siehe unten Anm. 18).<br />
4<br />
Hier konnte durch einen Schieber die Frischluftzufuhr<br />
in den Heissluftraum reguliert<br />
werden. Die Steinofenluftheizung der Burg<br />
Weissensee «Runneburg» besass ebenfalls einen<br />
gewölbten Arbeitsraum. Burkhard Lohmann<br />
und Thomas Stolle (siehe unten Anm.<br />
10) 105.<br />
5<br />
… de loco cedente columna lignei caenaculi, in quo<br />
sederunt, cediderunt in locum balnei, quod aqua<br />
super montem ducta congruo tempore complevit …<br />
(Chronicon Epersbergense, S. 14) Übersetzung<br />
nach: Joachim Bumke, Höfische Kultur,<br />
Band 1 (München 1986) 161. Vergleiche auch:<br />
Joachim Zeune, Ba<strong>des</strong>tuben und Badehäuser.<br />
In: Burgen in Mitteleuropa, Band 1 (Stuttgart<br />
1999) 303–305. Otto Borst, Alltagsleben im<br />
Mittelalter (Frankfurt/Main 1983) 89.<br />
6<br />
Verkürzte Übersetzung nach Otto Borst (wie<br />
Anm. 5) 89–90:<br />
«dâ bî stount ein schone bat: / daz was algemeine /<br />
von grüenem marmelsteine / wol gewelbt und überzogen,<br />
/ gevest mit starken swibogen / wie möhte daz<br />
zierlîcher sîn / zwô bütten rôt guldîn / die stuonden<br />
in liehtem schîne. / zwô rôre silberîne, / geworht<br />
mit grôzen fuogen, / die daz wazzer dar în truogen.<br />
/ mit listen sô was daz getân. / swederz man wolde<br />
hân, / warm wazzer oder kalt, / <strong>des</strong> trougen dir rôre<br />
mit gewalt / den beiden bütten genuoc. / ein êrîn antwerc<br />
ez truoc / anderthalp ûz dem bade dan, / als<br />
wir daz vernomen hân».<br />
7<br />
La reine «fit estuves et baings chaufer à Vc (cinq<br />
cent) cuves, s’i fist les vaslez entrer por baigner et por<br />
estuver» [was etwa wie folgt frei übersetzt werden<br />
kann: Die Königin «machte Schwitzbäder<br />
und heisse Bäder in 500 Wannen, wenn sie<br />
früh zwischen Bad oder Schwitzbad wählte»]<br />
Jean Mesqui, Châteaux et enceintes de la<br />
France médiévales, tome 2 (Paris 1993) 186.<br />
8<br />
Übersetzt nach Jean Mesqui (wie Anm. 7)<br />
186.<br />
9<br />
Jean Mesqui (wie Anm. 7) 183–184.<br />
10<br />
Burkhard Lohmann und Thomas Stolle, Zusammenfassung<br />
der archäologischen Geländeund<br />
Bauuntersuchungen auf der Runneburg.<br />
In: Cord Meckseper (Hrsg.), Burg Weissensee<br />
«Runneburg», Thüringen: Baugeschichte<br />
und Forschung (Frankfurt/Main 1998),<br />
96–145, insbesondere 104–106.<br />
11<br />
Mathias Hensch, Eine hochmittelalterliche<br />
Kemenate und ein Saalgebäude <strong>des</strong> späten 10.<br />
Jahrhunderts in Schloss Sulzbach. In: Das archäologische<br />
Jahr in Bayern 1995, 145–147.<br />
12<br />
Carl-Friedrich Seebach, Freilegung einer frühmittelalterlichen<br />
Heissluftheizung auf der<br />
sächsischen Königspfalz Werla. Mannus 33,<br />
1941, 256–273.<br />
13<br />
Klaus Bingenheimer, Die Luftheizungen <strong>des</strong><br />
Mittelalters (Hamburg 1998) 74–79.<br />
14<br />
Denkbar wäre u.U. eine gewisse Regulierung<br />
der Lufttemperatur z.B. durch den Betrieb<br />
von nur einem Feuerraum oder beiden Feuerräumen<br />
zusammen.<br />
15<br />
So z.B. die Lage unter den Gebäuden und die<br />
Abfolge von Arbeitsraum und Feuerraum sowie<br />
speziell zum Schlössel Kanal und Treppenführung<br />
anzuführen.<br />
16<br />
Weissensee hat keinen Kanal, und der Kanal<br />
vom Schlössel besitzt offenbar keine Öffnungen.<br />
17<br />
Joachim Bumke (wie Anm. 5) 160.<br />
18<br />
«… cum stupa balneari, que sita ante castrum<br />
…». Maximilian Weltin, Die Urkunden<br />
<strong>des</strong> Archivs der niederösterreichischen Stände.<br />
Mitteilungen aus dem Niederösterreichischen<br />
Lan<strong>des</strong>archiv 3, 1979, 35–47. Diesen Hinweis<br />
verdanke ich Frau Manuela Müller, Wien.<br />
19<br />
Jean Mesqui (wie Anm. 7)<br />
Abbildungsnachweis:<br />
1–9: Autor<br />
10: Heidelberger Bilderhandschrift <strong>des</strong> Sachsenspiegel<br />
(Codex Palatinus Germanicus 164 der<br />
Universitätsbibliothek Heidelberg)<br />
Adresse <strong>des</strong> Autors:<br />
Dieter Barz, Frh.-vom-Stein-Str. 19,<br />
D-55232 Alzey.<br />
102
KURZBERICHTE<br />
Neu-Thierstein, Büsserach SO<br />
Manch einer staunte, als am Freitagabend,<br />
21. September 2001 die Ruine<br />
Neu-Thierstein in Büsserach nach<br />
knapp einjähriger Bauzeit wieder der<br />
Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />
wurde. Aus dem «Steinhaufen», der<br />
nach dem Einsturz vom <strong>2.</strong> März <strong>1997</strong><br />
übrig geblieben war, ist ein richtiges<br />
Schloss geworden. Doch nicht alle Besucher<br />
haben Freude am neuen Gebäude.<br />
Die Lücke im Mauerwerk<br />
wurde nämlich mit einem unverkleideten<br />
Beton-Anbau gefüllt und das<br />
Ganze mit einer Glaskonstruktion<br />
überdacht. Entstanden ist eine Mischung<br />
aus mittelalterlicher Bauwerkskunst,<br />
historischen Nachbauten<br />
<strong>des</strong> 19. Jahrhunderts und moderner<br />
Architektur; eine Verbindung zwischen<br />
Alt und Neu, die auf den ersten<br />
Blick etwas aufgesetzt wirkt.<br />
Die Ruine Neu-Thierstein ist ein sehr<br />
gutes Beispiel dafür, wie sich die<br />
Denkmalpflege in den letzten Jahrzenten<br />
gewandelt hat. In den 60er und<br />
70er Jahren war das Thema «alt – neu»<br />
nocht nicht dermassen aktuell gewesen.<br />
Wenn damals an einem alten Gebäude<br />
etwas einstürzte, dann wurde<br />
der Bauteil einfach in altem Stil wieder<br />
aufgebaut. Für ein beschädigtes<br />
Gebäude versuchte man einen Originalzustand<br />
zu bestimmen. Dann<br />
wurde es so wieder aufgebaut, wie man<br />
dachte, dass es ursprünglich ausgesehen<br />
hatte. Heute setzt sich eine etwas<br />
andere Philosophie durch. Sie basiert<br />
auf dem Grundsatz, dass bei Restaurierungen<br />
nicht rekonstruiert, sondern<br />
die historische, originale Substanz eines<br />
Objektes erhalten wird. Je<strong>des</strong> Gebäude<br />
hat seine eigene Identität und<br />
seine Biographie, es steht in einem<br />
geschichtlichen Zusammenhang und<br />
verändert sich mit der Zeit. Wenn ein<br />
Gebäude restauriert wird, so wird auf<br />
diese Veränderungen Rücksicht genommen.<br />
Die Geschichte <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />
bleibt dann ablesbar. Es geht nicht<br />
mehr darum, den so genannten «Originalzustand»<br />
wieder herzustellen.<br />
Bei der Ruine Neu-Thierstein ist man<br />
nach dem gleichen Prinzip vorgegangen.<br />
Bauherrschaft, Architekt und<br />
Denkmalpflege beschlossen, die Fehlstelle<br />
mit Beton zu schliessen. Damit<br />
soll bewusst ein Abschnitt im «Leben»<br />
der Burg dokumentiert werden: der<br />
teilweise Einsturz von <strong>1997</strong> und der<br />
darauffolgende Wiederaufbau. Die<br />
Variante Beton war die weitaus günstigste<br />
Lösung und erfülle ausserdem<br />
einen wichtigen Zweck: der im Felsen<br />
verankerte Beton stützt die übrigen<br />
mittelalterlichen Mauern. Somit kann<br />
die Burg weiterhin bestehen bleiben.<br />
(Nach Giovanni Leardini, Neue Mittelland<br />
Zeitung 19.9.2001)<br />
Gilgenberg, Zullwil SO<br />
60 Jahre Stiftung, 20 Jahre Renovation<br />
und die Einweihung eines «geologischen<br />
Fensters» gaben Anlass zu<br />
einem grossen Fest am 6./7. Juli 2001<br />
auf der Ruine Gilgenberg, hoch über<br />
Zullwil im Schwarzbubenland. Kurt<br />
Kohler, Präsident der Stiftung Schloss<br />
Gilgenberg, berichtete dabei in seiner<br />
Begrüssungsansprache aus den Anfängen<br />
der Stiftung. Vor 60 Jahren bestand<br />
das Stiftungskapital aus 65 Franken,<br />
weshalb damals kaum an eine<br />
Renovation gedacht werden konnte.<br />
Ende der siebziger Jahre interessierte<br />
sich dann der Solothurner Baumeisterverband<br />
für das marode Felsennest.<br />
Lehrlinge <strong>des</strong> kantonalen Verban<strong>des</strong><br />
sicherten das Mauerwerk, die Bäume<br />
wurden aus dem Innenhof entfernt und<br />
1981– anlässlich der 500-Jahr-Feier <strong>des</strong><br />
Kantons Solothurn – wurde die Ruine<br />
schliesslich wieder eröffnet. Diese zwei<br />
Jubiläen gaben den Ausschlag für das<br />
Schlossfest 2001. Darüber werden aber<br />
die ursprünglichen Aufgaben der Stiftung<br />
nicht vernachlässigt. Für den<br />
Unterhalt der Ruine wird weiterhin<br />
gesorgt, ja es werden auch Zukunftspläne<br />
geschmiedet. So solle umstehende<br />
Bäume gefällt werden, um die<br />
Sicht zu verbessern, und ein modernes<br />
Dach möge dereinst die Mauern<br />
vor der Witterung schützen. Weitere<br />
Infos über die Stiftung: www.schlossgilgenberg.ch.<br />
(Nach Christoph Zehnder, Neue Mittelland<br />
Zeitung 11.7.2001)<br />
«Castello» Tremona TI<br />
I militari aiutano gli archeologi. È<br />
quanto sta verificandosi da una settimana<br />
in zona «Castello», a Tremona,<br />
dove un villaggio civile fortificato abbandonato<br />
nel Medioevo è venuto alla<br />
luce grazie al paziente lavoro svolto dai<br />
volontari dell’Associazione ricerche archeologiche<br />
del Mendrisiotto, presieduta<br />
dal professor Alfio Martinelli di<br />
Castel S. Pietro. Il sito da scandagliare,<br />
in una posizione dominante su un’area<br />
collinare è vasto, estendendosi su 20<br />
mila metri quadrati. Da qui la difficoltà<br />
dell’impresa che è stata approvata<br />
dal Consiglio di Stato. «Siamo sempre<br />
ben contenti di trovare qualcuno disposto<br />
a darci una mano», soggiunge<br />
Alfio Martinelli. Che è riuscito a coinvolgere<br />
nel progetto anche sei militari<br />
della Compagnia di Stato maggiore fucilieri<br />
montagna 296 ad hoc, dislocata<br />
a Losone e che ha messo a disposizione<br />
una parte del corso di ripetizione per<br />
spostare sopratutto il materiale di<br />
crollo dei muri perimetrali che ostruisce<br />
il terreno, in vista anche della ripresa,<br />
all’inizio di luglio, di una nuova<br />
campagna di scavi. «Che ci permetta<br />
di trovare conferme con altre case»,<br />
spiega Alfio Martinelli. I numerosi reperti<br />
finora venuti alla luce consentono<br />
di affermare che vi è stata una presenza<br />
umana dal Neolitico al Medioevo,<br />
quando attorno alla metà del XIII sec.<br />
il villaggio è stato distrutto. Ma fino ad<br />
allora le abitazioni a forma quadrata<br />
ospitavano due famiglie. Una grande<br />
operazione che potrebbe anche sfociare<br />
in un’area archeologica aperta al pubblico.<br />
Ma la sfida è impegnativa e per<br />
molto tempo ancora ogni collaborazione,<br />
come questa dei militari, è importante.<br />
Per questo tipo di volontariato<br />
occorre grande attenzione e passione.<br />
(E.G. in Corriere del Ticino, 9.7.2001)<br />
103
Mittelalterlicher Kachelofen<br />
in Möhlin AG<br />
Überreste eines Bauernhofes aus dem<br />
13. Jahrhundert sind in Möhlin im<br />
Aargauer Fricktal unter einer abgebrochenen<br />
Liegenschaft entdeckt worden.<br />
Bis Mitte Juni wurden die bedeutenden<br />
Baureste von der Kantonsarchäologie<br />
untersucht und dokumentiert.<br />
Die Untersuchung lieferte interessante<br />
Ergebnisse zum Hausbau in einem<br />
mittelalterlichen Dorf. Gefunden wurden<br />
unter anderem die Überreste eines<br />
Kachelofens sowie ein nahezu vollständig<br />
erhaltenes Kännchen mit Röhrenausguss.<br />
Das 700-jährige Bauernhaus wurde<br />
nach dem Abbruch einer 400-jährigen<br />
Liegenschaft durch ein Mitglied der<br />
freiwilligen Bodenforscher der «Frick-<br />
talisch-Badischen Vereinigung für<br />
Heimatkunde» entdeckt. Auf den<br />
Fussböden liegende Kohlestücke vom<br />
Gebälk sowie zahlreiche Ascheansammlungen<br />
zeigen, dass das Gebäude<br />
einem verheerenden Brand zum Opfer<br />
gefallen ist. Dabei sind die Wände eingestürzt<br />
und der Boden vollständig<br />
von einer Lehmschicht bedeckt worden.<br />
Wichtige Aufschlüsse auf die<br />
Wohnkultur geben die gefundenen<br />
Trümmer <strong>des</strong> Kachelofens. Der Ofen<br />
bestand aus einer aus Lehm und Steinen<br />
zusammengefügten Kuppel, in die<br />
einfache Keramikkacheln in Becherform<br />
eingebaut waren. Bisher wurden<br />
solche Ofeneinrichtungen vornehmlich<br />
in Burgen und Stadthäusern gefunden.<br />
(sda, Metropol, 30.5.2001)<br />
Neuburg, Mammern TG<br />
Im vergangenen Frühjahr und Sommer<br />
liefen die Sanierungsarbeiten der<br />
Ruine Neuburg bei Mammern auf<br />
Hochtouren. Die vom Einsturz und<br />
Zerfall bedrohte grösste Ruine <strong>des</strong><br />
Kantons wurde umfassend gesichert.<br />
In Zusammenarbeit mit dem kantonalen<br />
Amt für Archäologie, der Gemeinde<br />
Mammern und dem Baumeisterverband<br />
Thurgau wurde durch ein<br />
vorbildliches Miteinander dieses wichtige<br />
Bau- und Kulturdenkmal für die<br />
Nachwelt erhalten.<br />
(Heimatschutz 4/2001, 30)<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Basel<br />
Vortragsreihe der Burgenfreunde<br />
beider Basel<br />
Donnerstag, 14.<strong>2.</strong>2002<br />
18.15–19.00 Uhr*<br />
Serge Volken (Lausanne):<br />
Mit kleinen Schritten zur grossen<br />
Mode – Schuhe im Mittelalter<br />
Donnerstag, 14.3.2002<br />
18.15–19.00 Uhr*<br />
Christoph Reding (Basel/St. Gallen):<br />
Burgen und Städte in St. Gallen<br />
(Arbeitstitel)<br />
Samstag, 13.4.2002<br />
Jahresversammlung<br />
in der badischen Nachbarschaft<br />
* die Vorträge finden im Kollegiengebäude<br />
der Universität Basel, Petersplatz1,<br />
statt (voraussichtlich Hörsaal19).<br />
Detailinformationen oder separate<br />
Einladungen für einzelne Vorträge:<br />
Christoph Matt, Schauenburgerstr. 20,<br />
4052 Basel, 061 312 65 74. E-mail:<br />
christoph.matt@bs.ch<br />
PUBLIKATIONEN<br />
Holzbauten – Construction en<br />
bois – Costruzioni in legno<br />
Kunst + Architektur in der Schweiz 52,<br />
2001/3. Hrsg. von der Gesellschaft für<br />
Schweizerische Kunstgeschichte Bern – 80<br />
Seiten. ISSN 1421-086 X<br />
Zum Thema – A propos ... – Su questo<br />
nummero. Christophe Bocherens:<br />
Les églises médiévales en bois dans la<br />
région de Genève. Georges Descœudres:<br />
«Ob solche Heuser gleich wol nit<br />
schöner gestalt, sind sie doch vest und<br />
ein ewig werck» – Blockbauten und<br />
ihre Wahrnehmung. Daniel Gutscher:<br />
«Weg mit euch, mit den Wänden von<br />
Quadersteinen» – Holzbau in der<br />
Stadt <strong>des</strong> Mittelalters. Laurenz Hungerbühler:<br />
Die wechselvolle Geschichte<br />
eines Fachwerkbaues – ein<br />
Fallbeispiel aus St. Gallen. Nicola Navone:<br />
Strutture lignee per elevare colonne<br />
– Antonio Adamini «architetto<br />
e gran meccanico» a San Pietroburgo.<br />
Christina Horisberger: Die Rezeption<br />
<strong>des</strong> «Chalet suisse» in Frankreich zwischen<br />
Fortschritt und Folklore. Dieter<br />
Schnell: Chalet oder Bungalow Zur<br />
Schweizer Holzbaupropaganda in den<br />
1930er Jahren.<br />
Cornelia Stäheli<br />
Schloss Wolfsberg bei<br />
Ermatingen<br />
Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 687<br />
(2000) – 40 Seiten. Zu bestellen bei Gesellschaft<br />
für Schweizerische Kunstgeschichte,<br />
Pavillonweg 2, Postfach, CH-<br />
3001 Bern. Broschiert, CHF 9.–<br />
Stefan Länzlinger,<br />
Martin Lengwiler<br />
Festung Fürigen<br />
Schweizerische Kunstführer GSK Nr. 689<br />
(2000) – 40 Seiten. Zu bestellen bei<br />
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte,<br />
Pavillonweg 2, Postfach,<br />
CH-3001 Bern. Broschiert, CHF 9.–<br />
Jahrbuch <strong>des</strong> Oberaargaus<br />
2000<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Daniel Gutscher / Martin Portmann:<br />
Archäologische Beobachtungen im<br />
Städtli Wangen an der Aare (S. 47–70).<br />
104
Hans Rudolf Sennhauser<br />
St. Gallen – Klosterplan und<br />
Gozbertbau<br />
Zur Rekonstruktion <strong>des</strong> Gozbertbaues und<br />
zur Symbolik <strong>des</strong> Klosterplanes; zwei Aufsätze.<br />
Institut für Denkmalpflege Band 23, vdf<br />
Hochschulverlag AG an der ETH Zürich,<br />
2001. 40 Seiten, zahlreiche Abbildungen<br />
und Pläne, A4 geheftet. CHF 28.–; EUR<br />
17,90.<br />
ISBN 3-7281-2816-3<br />
Seit Georg Dehio 1892 auf die Diskrepanz<br />
zwischen Zeichnung und Massbeischriften<br />
<strong>des</strong> St. Galler Klosterplanes<br />
(um 820) aufmerksam gemacht<br />
hat, sind verschiedene Versuche zur<br />
Lösung <strong>des</strong> «Widerspruchs im St. Galler<br />
Klosterplan» (Walter Boeckelmann<br />
1956) unternommen worden, die vom<br />
Schreiberversehen bis zur Korrektur<br />
unter dem Einfluss von Reformsynoden<br />
reichen. In den Jahren 1964–66<br />
konnten in der St. Galler Kathedrale<br />
die Reste der von Abt Gozbert<br />
(816–837) erbauten Klosterkirche ergraben<br />
werden; der 1979 veröffentlichte<br />
Plan bringt ein neues Element in<br />
die Diskussion, das man bisher jedoch<br />
noch kaum wörtlich genommen hat.<br />
Ausgehend von der Tatsache, dass mit<br />
den Massbeischriften alle wesentlichen<br />
Daten <strong>des</strong> Gozbertbaues – aber keine<br />
zusätzlichen – gegeben sind, wird hier<br />
ein Erklärungsversuch vorgelegt, der<br />
darauf verzichtet, beim einen Element<br />
Anleihen für vermeintlich fehlende<br />
Teile <strong>des</strong> anderen zu suchen. Er nimmt<br />
Zeichnung, Massbeischriften und den<br />
unter Abt Gozbert ausgeführten Bau je<br />
wörtlich und lässt jedem seine Selbstständigkeit.<br />
Meistens wird der St. Galler Klosterplan<br />
als « Bauplan» gewürdigt. Die im<br />
zweiten Aufsatz herausgestellte Kreuzes-<br />
und Paradiesessymbolik zeigt<br />
ausschnittweise eine andere Seite: den<br />
Klosterplan als Kunstwerk. Das Klosterleben<br />
stellt dem Mönch den ganzen<br />
Tag über und allerorten das Geheimnis<br />
der Erlösung durch Christus am Holz<br />
<strong>des</strong> Lebens und das himmliche Paradies<br />
als Ziel vor Augen: im «Labora»<br />
<strong>des</strong> täglichen Lebens, verkörpert durch<br />
die «Werkstätten» der Heiligung, die<br />
Konventbauten am Kreuzgang und<br />
die Wirtschaftsbauten. Im «Ora», dem<br />
Gottesdienst in der Kirche, wo sich der<br />
Chor der Mönche mit den Chören der<br />
Engel vereinigt. Und schliesslich im<br />
Sterben, auf dem Plan anschaulich<br />
gemacht durch die Darstellung <strong>des</strong><br />
Friedhofes mit seinen Fruchtbäumen<br />
und Sträuchern, die das «vornehmste<br />
Holz» <strong>des</strong> Kreuzes, den «Lebensbaum<br />
aus dem Paradies» umgeben, «an dem<br />
die Früchte <strong>des</strong> ewigen Heils durften».<br />
Richard Barber / Juliet Barker<br />
Die Geschichte <strong>des</strong> Turniers<br />
Aus dem Englischen übersetzt von Harald<br />
Erhardt. Artemis & Winkler, Düsseldorf/<br />
Zürich, Lizenzausgabe bei der Wissenschaftlichen<br />
Buchgesellschaft Darmstadt,<br />
2001. Ca. 300 Seiten, mit zahlreichen<br />
farbigen Abbildungen. Gebunden mit<br />
Schutzumschlag.<br />
B-15915-2, DEM 46.–; EUR 23,52<br />
(www.wbg-darmstadt.de)<br />
Das Turnier war im Mittelalter ein<br />
zentrales Ereignis der ritterlichen und<br />
höfischen Kultur. Ausgehend von den<br />
Ursprüngen behandeln die beiden<br />
namhaften englischen Mittelalterforscher<br />
das Turnierwesen in den einzelnen<br />
europäischen Ländern und seine<br />
Wandlungen im Lauf der Epochen<br />
vom hohen zum späten Mittelalter. Sie<br />
schildern die Durchsetzung <strong>des</strong> Turniers<br />
gegen den Widerstand der Kirche<br />
und die verschiedenen Formen wie<br />
Buhurd (Gruppenturnier) und Tjost<br />
(Zweikampf) sowie die oft an die<br />
Artus-Epik (Tafelrunde) angelehnten<br />
Bräuche und Rituale.<br />
Helge Wittmann (Hrsg.)<br />
Memleben. Königspfalz –<br />
Reichskloster – Propstei<br />
Michael Imhof Verlag, Petersberg 2001.<br />
312 Seiten, 175 teils farbige Abbildungen.<br />
Erhältlich bei der Wissenschaftlichen<br />
Buchgesellschaft Darmstadt. B-15866-0,<br />
DEM 49,90; EUR 25,51 (www.wbgdarmstadt.de).<br />
Memleben an der Unstrut erlangte<br />
durch den Tod Ottos I. (973) und die<br />
nachfolgende Gründung <strong>des</strong> Reichsklosters<br />
Memleben (975/979) zu seinem<br />
Gedenken besondere Bedeutung.<br />
Dieser Begleitband der Dauerausstellung<br />
«Memleben – Sterbeort Kaiser<br />
Otto <strong>des</strong> Grossen» führt anschaulich in<br />
die frühe ottonische Geschichte ein<br />
und stellt die zeittypischen Vorstellungen<br />
und Praktiken im Umgang mit<br />
Sterben und Tod vor. Weitere Beiträge<br />
widmen sich der Geschichte von Pfalz,<br />
Reichskloster und Propstei Memleben<br />
von der Frühzeit bis zur Reformation.<br />
Günther Binding (Hrsg.)<br />
Der mittelalterliche Baubetrieb<br />
in zeitgenössischen Abbildungen<br />
Bearbeitet von A. Bernhöft, E. Birkenstock,<br />
L. Frahm und M. Spitz. Mit Zeichnungen<br />
von M. Schönenborn und A. Steinmetz-Oppelland.<br />
Wissenschaftliche Buchgesellschaft<br />
Darmstadt, 2001. 216 Seiten<br />
mit etwa 670 Schwarzweissabbildungen,<br />
gebunden.<br />
B-15488-6, DEM 49,90; EUR 25,51<br />
(www.wbg-darmstadt.de).<br />
Dieser reich bebilderte Katalog lässt<br />
den mittelalterlichen Baubetrieb<br />
(800–1500) wieder lebendig werden.<br />
Die zeitgenössischen Darstellungen<br />
werden meist als Umzeichnungen dargeboten<br />
und zeigen den Baubetrieb,<br />
die eingesetzten Werkzeuge, Transportmittel,<br />
Aufzüge und Gerüste.<br />
Klaus Humpert /<br />
Martin Schenk<br />
Entdeckung der mittelalterlichen<br />
Stadtplanung<br />
Das Ende vom Mythos der «gewachsenen<br />
Stadt». Theiss Verlag Stuttgart, 2001.<br />
Etwa 400 Seiten mit zahlreichen farbigen<br />
Abbildungen und etwa 250 kolorierten Planzeichnungen.<br />
Gebunden mit Schutzumschlag.<br />
Dazu eine CD-ROM mit 2 selbstausführenden<br />
Projektordateien für PC mit<br />
Betriebssystem Windows oder Macintosh.<br />
DEM 54.–; EUR 27,61 (www.wbgdarmstadt.de).<br />
Neue Forschungsergebnisse zeigen,<br />
dass viele Gründungsstädte in einer<br />
einzigen grossen Massnahme ausgemessen<br />
wurden, ihnen also eine exakte<br />
Geometrie zugrunde liegt. Die Autoren<br />
weisen in diesem reich bebilderten<br />
Band überzeugend nach, dass viele der<br />
zunächst organisch erscheinenden mittelalterlichen<br />
Stadtgrundrisse Ergebnisse<br />
bewusster Entscheidungen und<br />
Leistungen von Planern waren.<br />
Peter-A. Schwarz<br />
Aussenkrypta – die archäologische<br />
Informationsstelle unter<br />
der Pfalz <strong>des</strong> Basler Münsters.<br />
Archäologische Denkmäler in Basel 1.<br />
Hrsg. von der Archäologischen Bodenforschung<br />
Basel-Stadt, 2001 – 30 Seiten.<br />
Broschiert, CHF 5.–<br />
ISBN 3-905098-31-8<br />
105
Jürg Rychener<br />
Was ist Archäologie<br />
Annäherung an einen Traum. Augster<br />
Museumshefte 27. Hrsg. von der Römerstadt<br />
Augusta Raurica, Augst 2001 –<br />
40 Seiten mit 60 Abbildungen. CHF 18.–<br />
ISBN 3-7151-1027-9<br />
Die übersichtliche und leicht lesbare<br />
Broschüre begleitet den Leser, die Leserin<br />
in den reellen Alltag der Archäologinnen<br />
und Archäologen. Der Leitfaden<br />
ist von einem erfahrenen Fachmann<br />
und Praktiker für ein breites<br />
Publikum geschrieben. Jürg Rychener<br />
berichtet über die Arbeitsweise im<br />
Feld, bei Wind und Wetter, über die<br />
Dokumentationstechnik und vor allem<br />
– und dies ist einzigartig im einschlägigen<br />
Schrifttum – über die kulturgeschichtlichen<br />
Schwerpunkte und<br />
Fragestellungen, die immer das Ziel<br />
archäologischer Arbeit sein sollten. So<br />
entsteht ein ganz anderes Bild von der<br />
Erforschung unserer Vergangenheit:<br />
nicht der einzelne schöne Fundgegenstand,<br />
das «Kunstobjekt», ist das Ziel<br />
allen Ausgrabens, sondern die wissenschaftliche<br />
Befragung der Erdschichten<br />
und der Fundumstände sowie die<br />
peinlich genaue Dokumentation der<br />
Zusammenhänge schon auf den Ausgrabungen.<br />
Nur so eröffnen sich Aussagen<br />
über die Lebensweise unserer<br />
Vorfahren, nur mit diesem modernen<br />
Verständnis kann heute die Geschichte<br />
von Epochen geschrieben werden, die<br />
noch keine Schrift kannten oder zumin<strong>des</strong>t<br />
wenig Schriftliches hinterlassen<br />
haben.<br />
Klosterinsel Reichenau<br />
im Bodensee<br />
UNESCO Weltkulturerbe<br />
Zusammengestellt von Matthias Untermann,<br />
mit Beiträgen von Matthias Untermann,<br />
Germaid Ruck, Dörthe Jakobs,<br />
Kurt Kramer, Frank T. Leusch, Petra<br />
Wichmann, Birgit S. Neuer, Silvia Lazar,<br />
Helmut Schlichtherle und anderen. Hrsg.<br />
vom Lan<strong>des</strong>denkmalamt Baden-Württemberg,<br />
Arbeitshefte Band 8. Konrad Theiss<br />
Verlag Stuttgart 2001 – 352 Seiten mit<br />
173 meist farbigen Abbildungen, Plänen<br />
und Karten sowie einer CD-ROM. Kartoniert,<br />
DM 98.–; ab 1.1.2002 EUR<br />
49,90.<br />
ISBN 3-8062-1677-0<br />
Im Jahr 2000 wurde die Klosterinsel<br />
Reichenau im Bodensee in die Weltkulturerbeliste<br />
der UNESCO eingetragen.<br />
Die universelle Bedeutung der<br />
Reichenau umfasst zwei wesentliche<br />
Aspekte. Sie legt in herausragender<br />
Weise Zeugnis ab von der religiösen<br />
und kulturellen Ausstrahlung eines<br />
grossen Benediktinerklosters im Mittelalter.<br />
Zugleich ist das Erscheinungsbild<br />
der Klosterinsel trotz aller<br />
Verluste im Lauf der Jahrhunderte bis<br />
heute anschaulich erhalten geblieben.<br />
Die herausragenden Monumente – die<br />
Abteikirche von Mittelzell, die Stiftskirche<br />
St. Georg in Oberzell mit ihren<br />
einzigartigen, weltberühmten Wandmalereien<br />
und die Stiftskirche von<br />
Niederzell – sind sichtbare Zeugen für<br />
die universelle Bedeutung <strong>des</strong> 1799<br />
endgültig aufgelösten Klosters. Aber<br />
auch die vielen anderen Bauwerke zeugen<br />
von der Besiedlung und Administration<br />
einer solchen Klosterinsel. Und<br />
nicht zuletzt haben die grossen, schon<br />
immer der Landwirtschaft dienenden<br />
Freiflächen ihre Nutzung kontinuierlich<br />
bewahrt.<br />
Für den 1998–1999 erarbeiteten<br />
UNESCO-Antrag waren nicht nur die<br />
älteren und aktuellen Forschungsergebnisse<br />
zu den Bau- und Kunstdenkmälern<br />
der Reichenau und zu ihrer<br />
Geschichte zusammengetragen, sondern<br />
auch neue Forschungen initiiert<br />
worden. Der hier vorliegende Band<br />
dokumentiert den UNESCO-Antrag:<br />
Der Antrag selbst, die Gutachten, Verwaltungsdokumente<br />
und Listen sind<br />
unverändert abgedruckt. Im Hauptteil<br />
wird einleitend versucht, Begründung<br />
wie Kriterien der Ertragung darzulegen,<br />
und er präsentiert die 1999 zusammengetragenen<br />
und erarbeiteten<br />
Forschungen.<br />
Michael Losse / Hans Noll<br />
Burgen, Schlösser, Festungen<br />
im Hegau<br />
Wehrbauten und Adelssitze im westlichen<br />
Bodenseegebiet. Michael Greuter Verlag<br />
Singen 2001. – 156 Seiten mit zahlreichen<br />
Farbabbildungen.<br />
ISBN 3-9806273-2-2<br />
Der Hegau ist vermutlich die Region<br />
Deutschlands mit der grössten Dichte<br />
an Burgen, Schlössern und verwandten<br />
Bauten. Nach den ersten Ergebnissen<br />
der Ende 1999 begonnenen Inventarisation<br />
all jener Objekte ist bekannt,<br />
dass es im «historischen Hegau» (der<br />
auch Teile der Schweiz umfasst) mehr<br />
als 320 Burgen, Schlösser und Festungen,<br />
Stadt- und Ortsbefestigungen,<br />
Wehrkirchen und -kirchhöfe sowie<br />
Ringwälle und Wallbefestigungen gab.<br />
Um auch der interessierten Öffentlichkeit<br />
diesen einzigartigen Bestand<br />
historischer Bauten bewusst zu machen<br />
und jene über die beiden obligatorischen<br />
«Burgbesichtigungsprogrammpunkte»<br />
– 1. Turmbesteigung<br />
und <strong>2.</strong> Besuch der Burggaststätte! –<br />
hinaus erfahrbar zu machen, hat man<br />
sich entschlossen, im Hegau die «Burgenerlebniswege»<br />
anzulegen. Vor diesem<br />
Hintergrund entstand das vorliegende<br />
Buch, das keine Gesamtdarstellung<br />
aller Burgen, Schlösser und<br />
Festungen im Hegau bieten kann: Es<br />
soll vielmehr ein Lese- und Bilderbuch<br />
sein, das Interesse weckt, zu eigenen<br />
Erkundungen im Hegau anregt, den<br />
Blick für das historische Erbe öffnet<br />
und – im Idealfall – Verantwortung<br />
weckt, für diese Zeugen einer wahrlich<br />
nicht immer «guten alten Zeit».<br />
Ausgewählt wurden einerseits Burgen<br />
und Schlösser, die wahrzeichenhaft<br />
für den Hegau stehen – Hohentwiel,<br />
Hohenhewen, Hohenkrähen, Hohenstoffeln<br />
–, andererseits solche, die als<br />
Ausflugsziele vielen Menschen im<br />
Hegau bekannt sein dürften, wie der<br />
Alte Turm in Aach, das Friedinger<br />
Schlössle, das Schloss Langenstein, die<br />
Nellenburg, die Tudoburg und die<br />
Wasserburg, und schliesslich solche<br />
Bauten, die selbst den meisten Einheimischen<br />
kaum bekannt sein dürften,<br />
wie etwa der Burgstall in Bargen, die<br />
Burgen rund um Bohlingen, der Burgstall<br />
und die Schanze auf dem Plören<br />
oder das Schloss in Mühlhausen.<br />
Hans Schöpf<br />
Volksmagie<br />
Vom Beschwören, Heilen und Liebe zaubern.<br />
Verlag Styria Graz/Wien/Köln 2001 –<br />
223 Seiten mit zahlreichen Abbildungen<br />
und Strichzeichnungen. Gebunden, CHF<br />
41.80.<br />
ISBN 3-222-12878-2<br />
Wer hat nicht schon davon geträumt,<br />
magische Kräfte zu besitzen oder<br />
durch einen geheimen Zauberspruch<br />
ganz bestimmte Ziele zu erreichen<br />
Wer denkt nicht sofort an Pech, wenn<br />
ein Spiegel bricht oder eine schwarze<br />
Katze die Strasse überquert Kennen<br />
Sie den «Bösen Blick» oder das Geheimnis<br />
der Alraune – und wissen Sie,<br />
was eine «Flugsalbe» ist<br />
106
Lesen Sie in diesem Buch über uralte<br />
magische Praktiken und Aberglauben<br />
aus vergangenen Zeiten und staunen<br />
Sie darüber, wie viel sich davon bis in<br />
die Gegenwart erhalten konnte!<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Kraft und Geheimnis der Sympathie –<br />
Magische Heilkunde – Liebeszauber –<br />
Totenbeschwörung – Exorzismus –<br />
Zauberei und Hexenwesen – Magie der<br />
Pflanzen – Mondphasen. Mit Literaturverzeichnis<br />
und Sachwortregister.<br />
Alfred Wyss, Hans Rutishauser,<br />
Marc Antoni Nay (Hrsg.)<br />
Die mittelalterlichen Wandmalereien<br />
im Kloster Müstair<br />
Grundlagen zu Konservierung und Pflege.<br />
Institut für Denkmalpflege Band 22, vdf<br />
Hochschulverlag AG an der ETH Zürich,<br />
200<strong>2.</strong> 212 Seiten, zahlreiche Abbildungen<br />
und Pläne, A4 gebunden. CHF 78.–;<br />
EUR 49,90.<br />
ISBN 3-7281-2803-1<br />
Die mittelalterlichen Wandmalereien<br />
der Klosterkirche von Müstair haben<br />
in ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte,<br />
vor allem aber in den gut 100<br />
Jahren nach ihrer Entdeckung im Jahr<br />
1894 ein wechselvolles Schicksal gehabt.<br />
Seit ihrer Freilegung und ersten<br />
grossen Restaurierung in den Jahren<br />
1947–51 gelang es Restauratoren und<br />
Technologen grundlegende Erkenntnisse<br />
zur Maltechnik, den Schadensbildern<br />
und -ursachen zusammenzutragen<br />
und daraus Massnahmen zur<br />
Konservierung zu entwickeln. Manche<br />
dieser Massnahmen waren zwar erfolgreich.<br />
Nach wie vor sind aber die Malereien<br />
in hohem Masse gefährdet.<br />
Anlässlich eines internationalen Kolloquiums<br />
haben Fachleute die bisherigen<br />
Erkenntnisse und Massnahmen<br />
kritisch beurteilt und Anregungen<br />
zum weiteren Vorgehen diskutiert.<br />
Der vorliegende Band enthält die<br />
Referate dieses Kolloquiums, darunter<br />
den stark erweiterten Beitrag von Restaurator<br />
Oskar Emmenegger, der die<br />
Entdeckungen und Erfahrungen seiner<br />
vierzigjährigen Beschäftigung mit den<br />
Malereien von Müstair zusammenfasst,<br />
den Überblick von Alfred Wyss<br />
über die Restaurierungsgeschichte bis<br />
1960, der anhand von Schriftquellen<br />
auch Einblick in die Entscheidungswege<br />
der damaligen Experten gibt,<br />
schliesslich eine erste Einschätzung<br />
der neu entdeckten frühmittelalterlichen<br />
Malereien in der Heiligkreuzkapelle,<br />
die ähnlich komplexe Erhaltungsprobleme<br />
bieten.<br />
SAGW–Jahresbericht 2001<br />
Die Schweizerische Akademie der<br />
Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
(SAGW) publiziert einen Jahresbericht,<br />
der auch Mitgliedern der<br />
angeschlossenen Gesellschaften unentgeltlich<br />
zugesandt wird. Zu<br />
bestellen bis 1. März 2002 bei der<br />
SAGW, Generalsekretariat, Hirschengraben<br />
11, Postfach 8160,<br />
3001 Bern (sagw@sagw.unibe.ch).<br />
Der Bericht wird im Mai 2002 ausgeliefert.<br />
VEREINSMITTEILUNGEN<br />
Zürcher Vortragsreihe<br />
Programm 2002<br />
Donnerstag, 17.1.2002<br />
Dr. Joachim Zeune<br />
Büro für Burgenforschung, Eisenberg/Zell<br />
(D)<br />
Zwingburg und Raubritternest –<br />
Die mittelalterliche Burg im Licht<br />
moderner Burgenforschung: Gedanken<br />
zum Nachdenken.<br />
Das 18. und 19. Jahrhundert haben<br />
uns ein völlig falsches, da teilweise frei<br />
erfundenes Bild <strong>des</strong> Mittelalters und<br />
auch der Burgen hinsichtlich ihrer<br />
Funktion und ihres Aussehens vermittelt.<br />
Auch heute noch geistern diese<br />
unsinnigen Vorstellungen durch Lehrmittel<br />
und Medien. Der Vortrag zeigt<br />
– nicht zuletzt anhand zahlreicher Beispiele<br />
aus der eigenen, praktischen<br />
Arbeit –, warum und wie diese irrige<br />
Vorstellungen entstanden, wie das<br />
Mittelalter seine Burgen sah, wozu<br />
Burgen tatsächlich dienten, wie sie<br />
wirklich aussahen. Darüber hinaus<br />
wird versucht, ein realitätsnahes Abbild<br />
<strong>des</strong> Mittelalters selbst zu zeichnen.<br />
Donnerstag, 28.<strong>2.</strong>2002<br />
Cornel Doswald, lic. phil.,<br />
Mitglied der IVS-Fachleitung<br />
«alle bruggen, steg und weg ... Jnn<br />
ehren haben und halten» – Altstrassenforschung<br />
im Kanton Zürich<br />
aus der Sicht <strong>des</strong> Inventars historischer<br />
Verkehrswege der Schweiz<br />
Anhand der Arbeiten <strong>des</strong> Inventars<br />
historischer Verkehrswege der Schweiz<br />
(IVS) versuchen wir, Einblick in die<br />
Fragestellungen und Möglichkeiten<br />
der Altstrassenforschung zu geben.<br />
Dabei schenken wir den Verhältnissen<br />
<strong>des</strong> Mittelalters und der Frühen Neuzeit<br />
besondere Aufmerksamkeit, im<br />
Hinblick auf die allgemeine Quellenlage,<br />
die archäologischen Befunde und<br />
die methodischen Ansätze, aber auch<br />
im Hinblick auf die einstige und heutige<br />
Gestalt von Wegen und Brücken,<br />
die ausführlich veranschaulicht werden.<br />
Nicht zuletzt gehen wir auch auf<br />
die aktuelle landschaftliche Bedeutung<br />
historischer Wege und auf deren<br />
Schutz und Nutzung ein.<br />
Die Vorträge finden um 18.15 Uhr in der<br />
Universität Zürich-Zentrum statt.<br />
Samstag, 23.3.2002<br />
Exkursion:<br />
13.40 bis ca. 17.00 Uhr<br />
Wege, Brücken und Burgen zwischen<br />
Flaach und Eglisau<br />
Abwechslungsreiche Wanderung auf<br />
krummen Wegen von Flaach über<br />
Rüdlingen nach Eglisau. Unterwegs<br />
lernen wir alte Wege, Strassen und<br />
Brücken würdigen und begegnen<br />
stattlichen Herrensitzen und Erdwerke.<br />
Führung: Cornel Doswald, Referent<br />
<strong>des</strong> Vortrages vom 28.<strong>2.</strong>200<strong>2.</strong><br />
Treffpunkt: 13.40 Uhr, Post Flaach.<br />
107
Zürich ab 1<strong>2.</strong>36 S5<br />
Rafz an 13.13<br />
Rafz ab 13.15 Bus<br />
Flaach an 13.37<br />
oder<br />
Zürich ab 1<strong>2.</strong>18 S12<br />
Winterthur an 1<strong>2.</strong>38<br />
Winterthur ab 1<strong>2.</strong>42 Bus<br />
Flaach an 13.15<br />
Gäste sind stets willkommen. Die Veranstaltungen<br />
sind unentgeltlich.<br />
Dr. Renata Windler, Tel 01 259 29 63<br />
Dr. Heinrich Boxler, Tel 01 923 41 34<br />
Veranstaltungsprogramm 2002<br />
25.5.2002: Exkursion nach<br />
Hallwil<br />
7.–9.8.2002: Junior-Club SBB<br />
in Bubikon<br />
24./25.8.2002: 75 Jahre Schweizerischer<br />
Burgenverein<br />
Generalversammlung<br />
in Zürich<br />
21./2<strong>2.</strong>9.2002: Exkursion ins<br />
Vintschgau<br />
7.–11.10.2002: Junior-Club SBB<br />
im Kandertal<br />
Herbstexkursion 2<strong>2.</strong>9.2001<br />
Am Samstag, 2<strong>2.</strong>9.2001 besammelten<br />
sich am Bahnhof Langenthal 36 Mitglieder<br />
<strong>des</strong> <strong>Schweizerischen</strong> <strong>Burgenvereins</strong><br />
zur Herbstexkursion 2001.<br />
Trotz Regen und Nebel wurde am Vormittag<br />
die Burgruinen Langenstein und<br />
Grünenberg bei Melchnau BE besichtigt.<br />
Andreas Morgenthaler, der Präsident<br />
<strong>des</strong> Vereins Burgruine Grünenberg,<br />
bot einen ausführlichen Einblick<br />
in den Verlauf der Erhaltung und Konservierung<br />
der Ruine. Dr. Daniel Gutscher<br />
vom Archäologischen Dienst<br />
Bern erläuterte unter dem Schutzdach<br />
in der Ruine die Geschichte der Burg<br />
und Herrschaft Grünenberg, wies auf<br />
die Besonderheit <strong>des</strong> unter dem Schutzdach<br />
liegenden Kapellenbodens mit<br />
St. Urban-Ziegelplatten hin und diskutierte<br />
mit den Teilnehmern über den<br />
Bau <strong>des</strong> Schutzdaches und die Massnahmen<br />
bei der Konservierung der<br />
Mauern. Weitere Informationen zu<br />
Grünenberg finden Sie unter www.<br />
grünenberg.ch.<br />
Nach dem Mittagessen in Melchnau<br />
fuhr die Gruppe mit dem Bus zur<br />
Burgruine Kastelen bei Alberswil LU.<br />
Der imposante Wohnturm – wohl eher<br />
als Donjon zu bezeichen – wurde in<br />
den vergangenen Jahren konserviert.<br />
Nach der Begrüssung durch den Verein<br />
Burg Kastelen berichtete dipl. Ing.<br />
ETH Jakob Obrecht über die Dokumentation<br />
und Erhaltungsarbeiten am<br />
Turm. Auch hier wurde mit den Exkursionsteilnehmern<br />
einzelne Konservierungsmassnahmen<br />
diskutiert. Da<br />
das Baugerüst noch stand, hatten die<br />
Besucher die einzigartige Möglichkeit,<br />
das Innere <strong>des</strong> Turmes selber eingehend<br />
zu erkunden. Da waren im <strong>2.</strong><br />
Obergeschoss die Spuren einer Kapelle<br />
in der Nordostecke zu erkennen. Im 3.<br />
Obergeschoss konnte man die frisch<br />
eingesetzten Nischenfenster betrachten<br />
und auf der Mauerkrone waren an<br />
der Nordostecke die strahlenförmig<br />
angeordneten Balkenlager eines Ecktürmes<br />
zu sehen.<br />
Zur finanziellen Unterstützung der<br />
Konservierungsarbeiten verkauft der<br />
Verein symbolisch die Werksteine der<br />
Aussenfassade. Auf einer steingerechten<br />
Aufnahme sind alle Steine durchnummeriert.<br />
Durch Überweisen <strong>des</strong><br />
vom Vorstand <strong>des</strong> Vereins festgesetzten<br />
Betrages erhält der Käufer ein Dokument,<br />
das ihn als Besitzer eines Steines<br />
<strong>des</strong> Turmes ausweist.<br />
Weitere Informationen dazu unter<br />
www.kastelen.ch.<br />
Jahresgabe 2001:<br />
Burg Zug<br />
In der Reihe der «Schweizer Beiträge<br />
zur Kulturgeschichte und Archäologie<br />
<strong>des</strong> Mittelalters», herausgegeben vom<br />
<strong>Schweizerischen</strong> Burgenverein, wird<br />
als Band 28 eine Monographie über die<br />
Forschungen in der Burg Zug erscheinen.<br />
Die auf das Jubiläumsdatum der<br />
Burg im Juni 2002 vorgesehene Veröffentlichung<br />
verschiebt sich in den<br />
Herbst. Die Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Schweizerischen</strong><br />
<strong>Burgenvereins</strong> werden zur gegebenen<br />
Zeit diesen Band zugeschickt<br />
erhalten.<br />
Jahresgabe 2002:<br />
Festschrift Werner Meyer<br />
In derselben Reihe wird als Band 29<br />
die «Festschrift Werner Meyer zum<br />
65. Geburtstag» erscheinen. Der Band<br />
wird Ende Juni 2002 als Jahresgabe<br />
2002 an die Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Schweizerischen</strong><br />
<strong>Burgenvereins</strong> verschickt. Für<br />
die Mitglieder besteht die Möglichkeit,<br />
sich in die Gratulationstafel (tabula<br />
gratulatoria) eintragen zu lassen.<br />
Näheres dazu finden Sie auf dem beiliegenden<br />
Informationsblatt.<br />
108
PUBLIKATIONEN DES SCHWEIZERISCHEN BURGENVEREINS<br />
Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie <strong>des</strong> Mittelalters<br />
Band 1, 1974<br />
Werner Meyer. Alt-Wartburg im<br />
Kanton Aargau. Bericht über die<br />
Forschungen 1967<br />
Band 2, 1975 (vergriffen)<br />
Jürg Ewald (u.a.). Die Burgruine<br />
Scheidegg bei Gelterkinden.<br />
Berichte über die Forschungen<br />
1970–1974<br />
Band 3, 1976*<br />
Werner Meyer (u.a.). Das Castel<br />
Grande in Bellinzona.<br />
Bericht über Ausgrabungen und<br />
Bauuntersuchungen von 1967<br />
Band 4, 1977*<br />
Maria-Letizia Boscardin / Werner<br />
Meyer. Burgenforschung in Graubünden.<br />
Die Grottenburg Fracstein<br />
und ihre Ritzzeichnungen. Die Ausgrabungen<br />
der Burg Schiedberg<br />
Band 5, 1978*<br />
Burgen aus Holz und Stein, Burgenkundliches<br />
Kolloquium Basel 1977 –<br />
50 Jahre Schweizerischer<br />
Burgenverein. Beiträge von Walter<br />
Janssen, Werner Meyer, Olaf Olsen,<br />
Jacques Renaud, Hugo Schneider,<br />
Karl W. Struwe<br />
Band 6, 1979*<br />
Hugo Schneider. Die Burgruine<br />
Alt-Regensberg im Kanton Zürich.<br />
Bericht über die Forschungen<br />
1955–1957<br />
Band 7, 1980 (vergriffen)<br />
Jürg Tauber. Herd und Ofen im<br />
Mittelalter. Untersuchungen<br />
zur Kulturgeschichte am archäologischen<br />
Material vornehmlich<br />
der Nordwestschweiz<br />
(9.–14. Jahrhundert)<br />
Band 8, 1981 (vergriffen)<br />
Die Grafen von Kyburg. Kyburger<br />
Tagung 1980 in Winterthur. Beiträge<br />
von Heinz Bühler, Adolf Layer, Roger<br />
Sablonier, Alfred Häberle, Werner<br />
Meyer, Karl Keller, Ferdinand Elsener,<br />
Dietrich Schwarz, Hans Kläui,<br />
Jakob Obrecht<br />
Band 9/10, 1982<br />
Jürg Schneider (u.a.). Der Münsterhof<br />
in Zürich. Bericht über die vom<br />
städtischen Büro für Archäologie<br />
durchgeführten Stadtkernforschungen<br />
1977/78<br />
Band 11, 1984<br />
Werner Meyer (u.a.). Die bösen<br />
Türnli. Archäologische Beiträge zur<br />
Burgenforschung in der Urschweiz<br />
Band 12, 1986 (vergriffen)<br />
Lukas Högl (u.a.). Burgen im Fels.<br />
Eine Untersuchung der mittelalterlichen<br />
Höhlen-, Grotten- und Balmburgen<br />
in der Schweiz<br />
Band 13, 1987<br />
Dorothee Rippmann (u.a.). Basel<br />
Barfüsserkirche. Grabungen<br />
1975–1977. Ein Beitrag zur Archäologie<br />
und Geschichte der mittelalterlichen<br />
Stadt<br />
Band 14/15, 1988<br />
Peter Degen (u.a.). Die Grottenburg<br />
Riedfluh Eptingen BL. Bericht<br />
über die Ausgrabungen 1981–1983<br />
Band 16, 1989*<br />
Werner Meyer (u.a.). Die Frohburg.<br />
Ausgrabungen 1973–1977<br />
Band 17, 1991<br />
Pfostenbau und Grubenhaus – Zwei<br />
frühe Burgplätze in der Schweiz.<br />
Hugo Schneider: Stammheimerberg<br />
ZH. Bericht über die Forschungen<br />
1974–1977. Werner Meyer: Salbüel<br />
LU. Bericht über die Forschungen<br />
von 1982<br />
Band 18/19, 1992<br />
Jürg Manser (u.a.). Richtstätte und<br />
Wasenplatz in Emmenbrücke<br />
(16.–19. Jahrhundert). Archäologische<br />
und historische Untersuchungen<br />
zur Geschichte von Strafrechtspflege<br />
und Tierhaltung in Luzern<br />
Band 20/21, 1995<br />
Georges Descœudres (u.a.). Sterben<br />
in Schwyz. Beharrung und Wandel<br />
im Totenbrauchtum einer ländlichen<br />
Siedlung vom Spätmittelalter bis<br />
in die Neuzeit. Geschichte – Archäologie<br />
– Anthropologie<br />
Band 22, 1995<br />
Daniel Reicke. «von starken und<br />
grossen flüejen.» Eine Untersuchung<br />
zu Megalith- und Buckelquader-<br />
Mauerwerk an Burgtürmen im<br />
Gebiet zwischen Alpen und Rhein<br />
Band 23/24, 1996/97<br />
Werner Meyer (u.a.). Heidenhüttli –<br />
25 Jahre archäologische Wüstungsforschung<br />
im schweizerischen Alpenraum<br />
Band 25, l998<br />
Christian Bader. Die Burgruine Wulp<br />
bei Küsnacht ZH<br />
Band 26, 1999<br />
Bernd Zimmermann. Mittelalterliche<br />
Geschossspitzen. Kulturhistorische,<br />
archäologische und archäometallurgische<br />
Untersuchungen<br />
Band 27, 2000<br />
Thomas Bitterli / Daniel Grütter.<br />
Burg Alt-Wädenswil – vom Freiherrenturm<br />
zur Ordensburg<br />
Ausserhalb der Reihe<br />
Burgenkarte der Schweiz in<br />
4 Blättern, Massstab 1:200000<br />
Hans Suter-Haug / Thomas Bitterli.<br />
Herausgegeben vom <strong>Schweizerischen</strong><br />
Burgenverein mit Unterstützung<br />
der <strong>Schweizerischen</strong> Akademie der<br />
Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
(SAGW), Bun<strong>des</strong>amt für Lan<strong>des</strong>topographie<br />
Wabern 1974–1985<br />
Blatt 1: Nordwestschweiz (vergriffen)<br />
Blatt 2: Ostschweiz, 1978 (vergriffen)<br />
Blatt 3: Westschweiz, <strong>2.</strong> Auflage<br />
1978<br />
Blatt 4: Tessin, Graubünden, 1985<br />
* = nur noch wenige Exemplare bei der Geschäftsstelle an Lager.
Schweizerischer<br />
Association Suisse<br />
Associazione Svizzera<br />
Associaziun Svizra<br />
Burgenverein<br />
<strong>des</strong> Châteaux forts<br />
dei Castelli<br />
da Chastels