In der Tat/4/02 print - schwanger-in-wiesbaden.org
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20<br />
Recht auf Hilfe und Eigenständigkeit<br />
<strong>Tat</strong>sächlich profitieren alle Partner<br />
von <strong>der</strong> Zusammenarbeit. Alle<strong>in</strong> im<br />
Jahr 2001 konnte die GeBeWo 47 von<br />
63 Mietern vor drohen<strong>der</strong> Wohnungslosigkeit<br />
bewahren. Die GESOBAU<br />
sparte rund 300.000 Euro, da die<br />
Kosten für Räumungsklagen (rund<br />
4500 Euro pro Fall) und Leerstand<br />
entfielen und die Schulden reguliert<br />
wurden — obwohl sie sich an <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />
<strong>der</strong> Sozialarbeiter beteiligte.<br />
Das Sozialamt spart die Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
<strong>in</strong> Notunterkünften (rund<br />
3600 Euro jährlich pro Fall ohne Betreuungsangebot)<br />
und m<strong>in</strong>imiert<br />
Folgekosten, die durch den weiteren<br />
sozialen Abstieg Wohnungsloser programmiert<br />
s<strong>in</strong>d. Bei 90 Prozent, so<br />
GeBeWo-Geschäftsführer Robert<br />
Veltmann, wurde die Lebenssituation<br />
<strong>der</strong> Mieter nachhaltig verbessert.<br />
Modell könnte<br />
Schule machen<br />
Bei <strong>der</strong> Evangelischen Obdachlosenhilfe<br />
stößt das Modell auf Zustimmung.<br />
Geschäftsführer Thomas<br />
Poreski: „Wir müssen offener für solche<br />
Projekte werden.“ Und Andreas<br />
Pitz, Fachbereichsleiter Wohnungslosenhilfe<br />
beim DW Ma<strong>in</strong>z-B<strong>in</strong>gen,<br />
kann sich vorstellen, mit den städtischen<br />
Fachstellen zur Wohnungssicherung<br />
über die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es <strong>der</strong>artigen<br />
Modells zu verhandeln. „Wir<br />
erfahren häufig erst von den Schulden<br />
e<strong>in</strong>es Mieters, wenn die Räumungsklage<br />
schon e<strong>in</strong>gereicht ist“,<br />
so Pitz. Die Betroffenen aber s<strong>in</strong>d<br />
oft damit überfor<strong>der</strong>t, sich Hilfe zu<br />
holen. „Häufig öffnen sie ja nicht<br />
mal mehr ihre Post“. Daher müsse<br />
man die Menschen rechtzeitig aufsuchen<br />
und ihnen bei <strong>der</strong> Lösung ihrer<br />
Probleme helfen. Willi Mehl, Referent<br />
für Gefährdetenhilfe im DWHN<br />
<strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>, betonte dazu:<br />
„<strong>In</strong> den Beratungsstellen ist die Fachkompetenz<br />
vorhanden, um den Betroffenen<br />
rechtzeitig und nachhaltig<br />
Hilfe anbieten zu können. Voraussetzung<br />
für wirksame Hilfen s<strong>in</strong>d aber<br />
die Bereitschaft zur Zusammenarbeit<br />
und klare Zuständigkeitsregelungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Verwaltung.“<br />
E<strong>in</strong> faires Angebot<br />
für jeden<br />
Vor e<strong>in</strong>er Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Menschen<br />
warnte auch Professor Jost<br />
Bauer. Das Vorstandsmitglied des<br />
Deutschen Vere<strong>in</strong>s, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Armenhilfe engagiert, leitete geme<strong>in</strong>sam<br />
mit Professor<strong>in</strong> Helga Sp<strong>in</strong>dler<br />
von <strong>der</strong> Universität Essen e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />
(AG) zum Thema „För<strong>der</strong>n<br />
und For<strong>der</strong>n.“ Damit griff er die aktuelle<br />
Sozialstaatsdebatte auf. „Wohnungslose<br />
halten e<strong>in</strong>er nach re<strong>in</strong>en<br />
Marktkriterien ausgerichteten Tätigkeit<br />
auf dem ersten o<strong>der</strong> zweiten Arbeitsmarkt<br />
nicht stand“, sagte Bauer.<br />
Viele von ihnen leiden unter physischen<br />
o<strong>der</strong> psychischen Erkrankungen,<br />
so dass sie nicht mit une<strong>in</strong>geschränkt<br />
leistungsfähigen Menschen<br />
konkurrieren können. Die Evangelische<br />
Obdachlosenhilfe for<strong>der</strong>t daher<br />
dauerhaft teilsubventionierte Arbeitsplätze,<br />
die auch für Benachteiligte<br />
greifen. Helga Sp<strong>in</strong>dler kritisierte,<br />
angeblich Arbeitsunwillige mit dem<br />
unmittelbaren Entzug von Sozialleistungen<br />
zu bestrafen. „Ich unterstütze<br />
Sanktionen gegen die, die partout<br />
nicht wollen. Aber es muss für jeden<br />
se<strong>in</strong>en Möglichkeiten entsprechend<br />
und nach klaren Spielregeln def<strong>in</strong>iert<br />
e<strong>in</strong> faires Angebot geben“, so die<br />
Professor<strong>in</strong>.<br />
Tagung e<strong>in</strong> voller Erfolg<br />
<strong>In</strong>sgesamt waren die Teilnehmer<br />
mit dem Tagungsverlauf zufrieden.<br />
Selbst beim geselligen Abend <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Kneipe wurde weiter diskutiert. DWHN-<br />
Referent Mehl, brachte es auf den<br />
Punkt: „So e<strong>in</strong> Kongress bietet neben<br />
<strong>der</strong> Vermittlung von Fachwissen viele<br />
Anregungen und Ideen, die sich erst<br />
im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> täglichen Praxis<br />
auswirken.“<br />
Annette Bitter<br />
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