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In der Tat/4/02 print - schwanger-in-wiesbaden.org

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4<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

HOFFNUNG<br />

GEGEN<br />

DOPPELSTRESS<br />

<strong>Tat</strong><br />

Bitte erwarten Sie von mir nichts<br />

Bes<strong>in</strong>nliches, Beschauliches o<strong>der</strong> gar<br />

Tröstliches. Denn ich muss Ihnen gleich<br />

zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong> Geständnis ablegen:<br />

Ich freue mich nicht auf Weihnachten.<br />

Wenn Vorfreude die schönste Freude<br />

ist, dann müsste die Vorweihnachtszeit<br />

die schönste Zeit des Jahres se<strong>in</strong>.<br />

Ist sie aber nicht, eher die schrecklichste.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>e Phase im Jahr,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> man weniger Ruhe hat, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

es hektischer und gehetzter zugeht<br />

als <strong>in</strong> den Wochen vor Weihnachten<br />

und Neujahr. Und das Schreckliche ist,<br />

dass von Jahr zu Jahr diese Phase<br />

früher beg<strong>in</strong>nt. Es wird nicht mehr<br />

lange dauern, dann werden die Osterhasen<br />

<strong>in</strong> den Süßwarenregalen direkt<br />

durch Nikoläuse ersetzt und schon<br />

im Sommer die Werbespots mit e<strong>in</strong>em<br />

penetranten Franz Beckenbauer geschaltet,<br />

<strong>der</strong> uns verkündet, als sei er<br />

Kaiser und Christk<strong>in</strong>dl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em: „Ja<br />

mei, ist denn schon wie<strong>der</strong> Weihnachten“.<br />

<strong>In</strong> den E<strong>in</strong>kaufsstraßen nervt das<br />

Gedränge, das Schieben und Stoßen<br />

schon seit Wochen, und je leuchten<strong>der</strong><br />

die festlich gekleideten Schaufensterpuppen<br />

frohe E<strong>in</strong>kaufsbotschaften<br />

verkünden, desto trüber schauen<br />

die gehetzten Passanten daran vorbei.<br />

Nimmt man diese Zeit zum Maßstab,<br />

dann ist Weihnachten ke<strong>in</strong> Fest<br />

<strong>der</strong> Harmonie und des Ausgleichs, son-<br />

Gastkommentar<br />

<strong>der</strong>n <strong>der</strong> scharfen Kontraste. <strong>In</strong> Frankfurt<br />

gibt es solche ständigen Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

zwischen Arm und Reich,<br />

zwischen Protzigkeit und Elend das<br />

ganze Jahr über nur im Bahnhofsviertel,<br />

wo Drogenmilieu und Straßenstrich<br />

sich <strong>in</strong> glänzenden Bankenfassaden<br />

spiegeln. Dieser Gegensatz<br />

weitet sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorweihnachtszeit<br />

sche<strong>in</strong>bar auf die ganze Stadt aus.<br />

Überall Lichterglanz, „festliche“ Musik,<br />

schneller Geldwechsel. Und dazwischen<br />

die Bettler, die Obdachlosen und die<br />

unvermeidlichen Sammelbüchsen für<br />

den bedrohten Kle<strong>in</strong>tierzirkus. Manchmal<br />

ist es gut, den Armen, Elenden<br />

und Vernachlässigten nicht ausweichen<br />

zu können. Und doch, es gel<strong>in</strong>gt<br />

tagtäglich tausendfach <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>kaufsstraßen.<br />

Das ist ke<strong>in</strong> Vorwurf an uns gestresste<br />

Vorweihnachtsmenschen.<br />

Wissen wir doch schon jetzt, dass<br />

die Stille Nacht nicht still se<strong>in</strong> wird,<br />

son<strong>der</strong>n durchdrungen von dem Piepsen<br />

und Rattern <strong>der</strong> Videospiele, dem<br />

Dolby-Sorround-Effekten des neuen<br />

DVD-Players und den Kl<strong>in</strong>geltönen des<br />

allerneusten WAP-Handys. Weihnachten<br />

wird gerade für Eltern zur Zeit<br />

des permanenten Scheiterns. So viele<br />

Wünsche kann man gar nicht erfüllen,<br />

wie die Werbe<strong>in</strong>dustrie immer<br />

wie<strong>der</strong> neue erzeugt und auswirft.<br />

Dazu kommen dann noch die zahllo-<br />

4 <strong>02</strong>

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