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Die Umgründung der Arztpraxis - Consultatio

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<strong>Die</strong> Umgründung <strong>der</strong> <strong>Arztpraxis</strong><br />

Möglichkeiten zur Bildung von Gruppenpraxen<br />

VON MAG. ERICH WOLF*)<br />

Seit In-Kraft-Treten <strong>der</strong> 2. Ärztegesetz-Novelle (BGBl. I Nr. 110/2001 mit 11. 8. 2001) ist auch Ärzten<br />

die Vergesellschaftung in Form <strong>der</strong> neu geschaffenen Gruppenpraxis erlaubt. <strong>Die</strong> Inanspruchnahme<br />

<strong>der</strong> Begünstigungen im Rahmen des Umgründungssteuerrechtes bietet sich für die Bildung einer<br />

Gruppenpraxis an. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die Möglichkeiten <strong>der</strong> steuerneutralen<br />

Umgründung von Arztpraxen in Gruppenpraxen. <strong>Die</strong> Auffassungen des BMF betreffend<br />

Vorsorgemaßnahmen werden kritisch beleuchtet.<br />

1. Berufsrechtliche Grundlagen<br />

<strong>Die</strong> einzige mögliche Rechtsform einer Gruppenpraxis 1 ) ist gem. § 52 a Abs. 3 ÄrzteG jene einer offenen<br />

Erwerbsgesellschaft. An <strong>der</strong> Gruppenpraxis dürfen nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte<br />

Ärzte sowie Dentisten als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sein. An<strong>der</strong>e Personen dürfen <strong>der</strong><br />

Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter angehören und daher am Umsatz o<strong>der</strong> Gewinn <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

nicht beteiligt sein. 2 ) Weiters muss je<strong>der</strong> Gesellschafter allein zur Geschäftsführung und Vertretung befugt<br />

sein. 3 ) <strong>Die</strong> Gruppenpraxis ist grundsätzlich interdisziplinär zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen<br />

o<strong>der</strong> zwischen Ärzten mit gleicher Fachrichtung zulässig. Bei gleicher Fachrichtung ist die freie Arztwahl<br />

des Patienten zu gewährleisten. 4 )<br />

2. Umgründungssteuerliche Aspekte<br />

Ausgangsbasis kann eine Einzelordination o<strong>der</strong> eine bestehende Apparate- bzw. Ordinationsgemeinschaft<br />

sein. <strong>Die</strong> Zielstruktur kann nur eine offene Erwerbsgesellschaft sein, da jede an<strong>der</strong>e Gesellschaft<br />

berufsrechtlich nicht anerkannt ist. Im Rahmen des Art. IV UmgrStG (Zusammenschluss") können sich<br />

Betriebe, Teilbetriebe o<strong>der</strong> Mitunternehmeranteile (begünstigtes Vermögen") zu ertragsteuerlichen<br />

Mitunternehmerschaften zusammenschließen 4a ).<br />

Anwendungsvoraussetzung ist daher, dass zumindest ein Zusammenschlusspartner begünstigtes<br />

Vermögen einbringt, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Partner kann Geld, Arbeitskraft, an<strong>der</strong>e Wirtschaftsgüter o<strong>der</strong> ebenfalls<br />

betriebliches Vermögen in die Gruppenpraxis einbringen. 5 )<br />

<strong>Die</strong> betriebliche Einheit versteht sich als organisatorische und funktionelle Sachgesamtheit von Personen<br />

und Sachmitteln, welche die wesentliche Grundlage einer wirtschaftlichen Tätigkeit bildet. 6 ) Nach<br />

einhelliger Auffassung des Schrifttums 7 ) wird die VwGH-Rsp. zu § 24 EStG (Betriebsveräußerungen")<br />

herangezogen, um den Betriebsbegriff im Umgründungssteuerrecht zu konkretisieren. Bei<br />

Freiberuflerbetrieben zählt <strong>der</strong> gesamte Kundenstock zur wesentlichen Betriebsgrundlage, womit<br />

klargestellt wird, dass <strong>der</strong> gesamte Kundenstock eingebracht werden muss, da nur ein Teil eines<br />

Kundenstockes kein Betriebsvermögen i. S. d. Umgründungssteuerrechtes darstellt. 8 ) <strong>Die</strong> Qualifikation als<br />

Teilbetrieb scheitert vor allem daran, dass ein selbständiges Auftreten nach außen Voraussetzung für die<br />

Teilbetriebseigenschaft ist und diese regelmäßig bei einem (Teil-)Kundenstock nicht gegeben ist. 9 ) <strong>Die</strong><br />

Aussage im Fachschrifttum, dass kein Kundenstock zurückbehalten werden darf, 10 ) kann somit bestätigt<br />

werden, unter <strong>der</strong> Prämisse, dass die Qualifikation als begünstigtes Vermögen und damit verbunden die<br />

Anwendung <strong>der</strong> Begünstigungen des Art. IV UmgrStG nicht gefährdet werden soll.<br />

Im Falle <strong>der</strong> <strong>Arztpraxis</strong> existiert bedauerlicherweise zur Betriebseigenschaft eine sehr kasuistische Rsp.<br />

darüber, was die wesentlichen Betriebsgrundlagen einer <strong>Arztpraxis</strong> ausmachen. Der Patientenstock tritt<br />

bspw. bei Fachärzten mit aufwendigen Geräten zur Untersuchung (Radiologie, Röntgen) 11 ) zutreffend in<br />

den Hintergrund, diese Ordinationseinrichtungen bilden die hauptsächlichen Betriebsgrundlagen, welche<br />

jedenfalls in die Gruppenpraxis eingebracht werden müssen. <strong>Die</strong> Ordinationseinrichtung wird hingegen m.<br />

E. bei einem praktischen Landarzt keine wesentliche Rolle spielen, 12 ) hier ist meiner Beurteilung nach<br />

ausschließlich <strong>der</strong> Patientenstock maßgeblich.<br />

Nach aktueller Auffassung des BMF ist die berufsrechtliche Zulässigkeit einer Ärztegesellschaft kein


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Kriterium für die Betriebseigenschaft einer Ordination im Falle eines Zusammenschlusses nach Art. IV<br />

UmgrStG. 13 ) Ein Zusammenschluss zu einer Gruppenpraxis-OEG im Rahmen <strong>der</strong> Begünstigungen des Art.<br />

IV UmgrStG ist daher auch dann zulässig, wenn die berufsrechtliche Anerkennung <strong>der</strong> Gruppenpraxis zum<br />

Zusammenschlussstichtag fehlt. Ebenso wenig ist folglich die Frage, ob ein Kassenvertrag mit <strong>der</strong><br />

Gruppenpraxis-OEG o<strong>der</strong> mit den einzelnen Zusammenschlusspartnern vorliegt, umgründungssteuerlich<br />

von Belang. In wirtschaftlicher Hinsicht wird freilich die Frage <strong>der</strong> Kassenverträge in vielen Fällen eine<br />

überragende Rolle spielen.<br />

Neben <strong>der</strong> betrieblichen Einheit bestehen weitere zwingende Anwendungsvoraussetzungen für die<br />

Begünstigungen im Rahmen des Art. IV UmgrStG, nämlich:<br />

• Positiver Verkehrswert <strong>der</strong> betrieblichen Einheit,<br />

• Stichtagsbilanz <strong>der</strong> zusammengeschlossenen Betriebe zum Zusammenschlussstichtag, 14 )<br />

• gesellschaftsrechtlicher Zusammenschlussvertrag/Gesellschaftsvertrag (Schriftlichkeit ist dringend zu<br />

empfehlen, aber nicht zwingend),<br />

• tatsächliche Übertragung des Vermögens und<br />

• ausschließliche Gewährung von Gesellschafterrechten an <strong>der</strong> neu entstehenden Gruppenpraxis-<br />

Mitunternehmerschaft (d. h. außerbücherliche Ausgleichszahlungen sind umgründungssteuerrechtlich<br />

unzulässig) 15 ).<br />

Für die weitere Gewinnermittlung muss Vorsorge getroffen werden, dass es bei den am Zusammenschluss<br />

beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang zu keiner endgültigen Verschiebung <strong>der</strong> Steuerbelastung<br />

kommt (§ 24 Abs. 2 UmgrStG: Vorsorgemethoden").<br />

Ohne Vorsorgemethoden ist eine ertragsteuerneutrale Buchwertfortführung nicht zulässig, es kommt zu<br />

einer zwingenden Gewinnverwirklichung im Rahmen des ansonsten weiterhin anwendbaren Art. IV<br />

UmgrStG. <strong>Die</strong> steuerhängigen stillen Reserven bzw. Firmenwerte sollen nach <strong>der</strong> Vorstellung des<br />

Gesetzgebers bei jenem Steuerpflichtigen verstrickt bleiben, bei dem sie entstanden sind. 16 ) Der<br />

Steuergesetzgeber möchte also vermeiden, dass die erwirtschafteten Firmenwerte eines Freiberufler-<br />

Betriebes sowie die darauf entfallenden stillen Reserven bei einem an<strong>der</strong>en Steuerpflichtigen zur<br />

Besteuerung gelangen.<br />

Zu einer Verschiebung <strong>der</strong> stillen Reserven bzw. Firmenwerte kommt es immer dann, wenn das Verhältnis<br />

<strong>der</strong> Beteiligungen nach dem Zusammenschlussstichtag nicht mehr dem <strong>der</strong> steuerhängigen Reserven<br />

zueinan<strong>der</strong> vor dem Stichtag entspricht. Vorsorgemaßnahmen müssen daher lediglich nur dann nicht<br />

ergriffen werden, wenn beide Partner auf den Cent genau gleich hohe Firmenwerte einbringen und danach<br />

zu je 50 % an <strong>der</strong> Gruppenpraxis OEG beteiligt sind. Der Zusammenschluss mit einem bloßen<br />

Arbeitsgesellschafter bedarf auch keiner Vorsorgemaßnahme, da ein Arbeitsgesellschafter<br />

definitionsgemäß nicht an <strong>der</strong> Substanz des Unternehmens beteiligt wird. Das entscheidende Kriterium, ob<br />

ausreichende Vorsorgemaßnahmen ergriffen worden sind, ist, ob bei <strong>der</strong> steuerpflichtigen Aufdeckung <strong>der</strong><br />

steuerhängigen Reserven die Besteuerung von jenem Zusammenschlusspartner getragen wird, welcher sie<br />

übertragen bzw. erwirtschaftet hat. 17 ) Progressionswirkungen sind außer Ansatz zu lassen, betrachtet<br />

werden die jeweiligen Steuerbemessungsgrundlagen.<br />

In <strong>der</strong> überwiegenden Anzahl aller Praxisfälle wird auf Vorsorgemaßnahmen nicht verzichtet werden<br />

können. <strong>Die</strong> Bildung von ausreichenden Maßnahmen zur Vermeidung einer endgültigen Verschiebung <strong>der</strong><br />

steuerlichen Reserven bildet daher den Schwerpunkt <strong>der</strong> Beratungspraxis im Rahmen des Art. VI<br />

UmgrStG. <strong>Die</strong> Gesetzesmaterialien zum Umgründungssteuergesetz, das österreichische Fachschrifttum 18 )<br />

und die österreichische Finanzverwaltung haben folgende Vorsorgemethoden entwickelt:<br />

• Buchwert-(Kapitalkonten-)Zusammenschluss mit Gewinnvorab und/o<strong>der</strong> Liquidationsvorab als<br />

Ausgleichsmaßnahme, 19 )<br />

• Vorbehaltszusammenschluss, 20 )<br />

• Verkehrswertzusammenschluss mit den Varianten Aufwertung und Rückkorrektur in


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Ergänzungsbilanzen o<strong>der</strong> Quotenverschiebung bei den Kapitalkonten und Rückkorrektur in<br />

Ergänzungsbilanzen 21 ).<br />

Beim Buchwert- bzw. Kapitalkontenzusammenschluss wird festgelegt, dass sich die Beteiligungshöhe <strong>der</strong><br />

Partner des Zusammenschlusses nicht nach dem jeweiligen Verkehrswert <strong>der</strong> übertragenen<br />

Vermögensteile, son<strong>der</strong>n nach dem Stand des buchmäßigen Vermögens (Eigenkapitals) <strong>der</strong> eingebrachten<br />

Teile richtet. Da es dabei regelmäßig zu Verschiebungen von stillen Reserven bzw. Firmenwerten kommen<br />

muss, gewährt <strong>der</strong>jenige Partner (Junior-Partner"), welcher den geringeren Anteil an den steuerlichen<br />

Reserven einbringt, dem Senior-Partner" einen Gewinn- bzw. Liquidationsvorab. Nachfolgendes Beispiel<br />

soll diese Methode erläutern:<br />

• Beispiel:<br />

Der Senior Arzt A bringt ein Eigenkapital von 100,- und einen Verkehrswert von 5.100,- in die<br />

Gruppenpraxis-OEG ein. Junior-Partner B bringt ein Eigenkapital von 200,- und einen Verkehrswert von<br />

600,- ein.<br />

Nach dem Zusammenschluss soll das Beteiligungsverhältnis A zwei Drittel und B ein Drittel betragen. Um<br />

zu einem solchen Verhältnis zu gelangen, entnimmt B 100,- und legt A 100,- mit Rückwirkung zum<br />

Zusammenschlussstichtag ein. Das Verkehrswertverhältnis verän<strong>der</strong>t sich unter Zugrundelegung von<br />

linearen Verhältnissen wie folgt: A 5.200,- und B 500,-. Beide Partner vereinbaren einen Gewinnvorab zum<br />

Ausgleich <strong>der</strong> höheren stillen Reserven des A.<br />

• Lösung:<br />

Der gesamte Wert des Unternehmens beträgt 5.700,- (hievon Buchwert 300,- und Firmenwert 5.400,-).<br />

Wenn B ein Drittel des Wertes erwerben möchte, muss er daher einen Wert von 1.900,- in die<br />

Gruppenpraxis-OEG einbringen. Da <strong>der</strong> Wert des Betriebes von B 500,- beträgt, ergibt die<br />

Differenzberechnung einen rechnerischen Ausgleichsposten im Rahmen des Gewinnvorab i.H.v. 1.400,-.<br />

• Probe:<br />

Bei <strong>der</strong> steuerpflichtigen Veräußerung <strong>der</strong> Gesellschaft einen Tag nach dem Zusammenschlussstichtag<br />

würde A zwei Drittel des Veräußerungsgewinnes 3.600,- und B ein Drittel, ergibt 1.800,- (gesamter<br />

Veräußerungserlös 5.700,- abzüglich Buchwert 300,- ergibt 5.400,-) bekommen. Nach Ausgleich durch den<br />

Gewinnvorab - bei Veräußerung einen Tag nach dem Zusammenschlussstichtag - wird dieser Gewinnvorab<br />

zu einem Liquidationsvorab - bekommt A zusätzliche 1.400,-, womit er insgesamt 5.000,- an<br />

Bemessungsgrundlage zu versteuern hat. Da dies <strong>der</strong> exakte Betrag <strong>der</strong> stillen Reserven ist, stellt die<br />

gewählte Vorsorgemethode sicher, dass es zu keiner endgültigen Verschiebung <strong>der</strong> steuerhängigen<br />

Reserven kommt. B bekommt im ersten Schritt 1.800,-, muss jedoch 1.400,- als Gewinn =<br />

Liquidationsvorab an A bezahlen. Bei B wirken sich 1.400,- wirtschaftlich als Betriebsausgabe" aus,<br />

tatsächlich unterliegen 400 <strong>der</strong> Veräußerungsgewinnbesteuerung. <strong>Die</strong>s stellt wie<strong>der</strong> den genauen Betrag<br />

seiner eingebrachten Reserven dar. 22 )<br />

Zur Vermeidung einer endgültigen" Steuerlastverschiebung verlangt das BMF, dass im<br />

Zusammenschlussvertrag eine Schlussausgleichsvereinbarung für den Fall getroffen wird, dass <strong>der</strong><br />

Anspruch auf Gewinnvorab - z. B. wegen Liquidation, Veräußerung, Konkurs o<strong>der</strong> aus welchen Gründen<br />

auch immer - während <strong>der</strong> aktiven Zeit des Betriebes nicht erfüllt wird. 23 ) Daher wird <strong>der</strong> obige<br />

Gewinnvorab zu einem Liquidationsvorab. <strong>Die</strong> gefor<strong>der</strong>te Schlussausgleichsvereinbarung ist m. E. sachlich<br />

gerechtfertigt, da ohne eine solche das gesetzliche Postulat <strong>der</strong> Vermeidung <strong>der</strong> endgültigen Verschiebung<br />

<strong>der</strong> Steuerlasten nicht erfüllbar wäre. Es geht nämlich ausschließlich um jene Reserven, die bis zum<br />

Stichtag des Zusammenschlusses durch die wirtschaftliche Tätigkeit erworben worden sind<br />

Stichtagsreserven"), weshalb das weitere Schicksal des Betriebes für den Ausgleich <strong>der</strong> beiden Partner<br />

irrelevant sein muss. Der Geldanspruch ist unabhängig vom Risiko einer negativen Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Mitunternehmerschaft zu befriedigen. 24 )<br />

Weniger nachvollziehbar ist demgegenüber die Auffassung des BMF, dass <strong>der</strong> Gewinnvorab nur wörtlich<br />

verstanden werden kann. 25 ) Ein Verlustvorab ist nach Meinung <strong>der</strong> Finanzverwaltung nicht zulässig. <strong>Die</strong>s<br />

hat zur Folge, dass es in Verlustjahren zu keinem Ausgleich <strong>der</strong> Stichtagsreserven kommen kann. Der<br />

Gewinnvorab muss nach Meinung des BMF gewinnabhängig vereinbart werden. Ein Ausgleich in umsatz-,<br />

aber nicht gewinnabhängigen Beträgen o<strong>der</strong> ausdrücklich in Verlustjahren laut Zusammenschlussvertrag


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führt zur ertragsteuerpflichtigen Gewinnrealisierung im Rahmen des Art. IV UmgrStG.<br />

<strong>Die</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> Schlussausgleichsvereinbarung ergibt sich aus dem kaufmännischen Prinzip <strong>der</strong><br />

Abgeltung <strong>der</strong> Stichtagsreserven im § 24 Abs. 2 UmgrStG. Dennoch gestattet das BMF eine weitere<br />

umgründungssteuerneutrale Vorsorgemethode, nämlich den Vorbehaltszusammenschluss. 26 ) Dabei wird<br />

das begünstigte Vermögen mit dem gesellschaftsvertraglichen Vorbehalt übertragen, dass <strong>der</strong> bzw. die<br />

Partner des Zusammenschlusses von den am Zusammenschlussstichtag bestehenden stillen Reserven<br />

einschließlich eines bestehenden Firmenwertes ausgeschlossen sein sollen. Das Risiko hinsichtlich des<br />

Fortbestehens o<strong>der</strong> Nichtfortbestehens dieser Stichtagsreserven verbleibt in diesem Falle bei dem/den<br />

übertragenden Partner(n), sodass mangels eines Überganges <strong>der</strong> Steuerlasten kein Vorsorgeerfor<strong>der</strong>nis<br />

besteht. Der Vorbehaltszusammenschluss ist eine Unterart des Buchwertzusammenschlusses, die<br />

Beteiligung bemisst sich nach dem Buchwert.<br />

Der Vorbehaltszusammenschluss ist speziell für Freiberufler erfunden" worden. Dem<br />

Vorbehaltszusammenschluss liegt <strong>der</strong> Gedanke zu Grunde, dass sich Freiberufler-Firmenwerte schnell<br />

verflüchtigen, sodass es in einem solchen Fall zu keinem Ausgleich kommen soll. Dessen ungeachtet<br />

tragen beide Zusammenschlusspartner das Risiko hinsichtlich <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Gesellschaft nach dem<br />

Zusammenschlussstichtag. 27 ) Der Vorbehaltszusammenschluss stellt gemessen an seinem<br />

wirtschaftlichen Effekt ein Liquidationsvorab ohne Schlussausgleichsvereinbarung dar.<br />

Der Vorbehaltszusammenschluss ist die ideale Form des Zusammenschlusses zwischen nahen<br />

Angehörigen als Partner, da offenkundig bereits beim Vertragsabschluss davon ausgegangen wird, dass es<br />

zu keinem Ausgleich <strong>der</strong> Stichtagsreserven kommen wird. Aus diesem Grunde wird in <strong>der</strong> Fachliteratur<br />

vertreten, dass erst im Falle <strong>der</strong> Beendigung <strong>der</strong> Partnerschaft ein Verkehrswertgutachten über die Höhe<br />

<strong>der</strong> seinerzeit vorbehaltenen stillen Reserven notwendig ist. 28 ) Aus <strong>der</strong> Differenz zwischen damals<br />

übertragenen und bei Beendigung noch vorhandenen Stichtagsreserven ergibt sich ein voller, ein<br />

vermin<strong>der</strong>ter o<strong>der</strong> gar kein Vorbehaltsanspruch.<br />

Der Vorbehaltszusammenschluss ist m. E. kritisch zu sehen, da die Voraussetzung des § 24 Abs. 2<br />

UmgrStG (Vermeidung <strong>der</strong> endgültigen Verschiebung <strong>der</strong> Steuerbelastung") für die steuerneutrale<br />

Buchwertfortführung im Grunde genommen nicht erfüllt wird. Eben deshalb verlangt das BMF im zitierten<br />

Erlass die Schlussausgleichsvereinbarung, damit es zu keiner endgültigen Verschiebung <strong>der</strong><br />

Steuerbelastung kommen kann. Bemerkenswert ist, dass das BMF im gleichen Erlass den<br />

Vorbehaltszusammenschluss erlaubt.<br />

Auch die Aussage im Fachschrifttum, dass kein Gutachten über die Stichtagsreserven im Zeitpunkt des<br />

Zusammenschlusses erfor<strong>der</strong>lich sei, ist m. E. nicht nachvollziehbar, zumal eine Bewertung zu einem<br />

späteren Zeitpunkt <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Gesellschaft nicht bzw. nur mehr erschwert auf Grund mangeln<strong>der</strong><br />

Informationen und Nachweise möglich erscheint. <strong>Die</strong> Nichterstellung eines Gutachtens macht<br />

augenscheinlich, dass mit einer Verflüchtigung <strong>der</strong> Firmenwerte gerechnet wird.<br />

3. Zusammenfassung für die Beratungspraxis<br />

Der Buchwert-(Kapitalkonten-)zusammenschluss mit Gewinn-/Liquidationsvorab ist unter fremden Ärzten<br />

als Zusammenschlussmodell zu empfehlen. Unter nahen Angehörigen bietet sich <strong>der</strong><br />

Vorbehaltszusammenschluss an. Der Verkehrswertzusammenschluss ist wegen <strong>der</strong> komplizierten<br />

Berechnungsformeln insbeson<strong>der</strong>e bei Ärzten nicht zu empfehlen. 29 ) Er wird in Ausnahmefällen allerdings<br />

dann notwendig sein, wenn z. B. die Buchwerte negativ sind und daher das Beteiligungsverhältnis nicht<br />

nach Maßgabe <strong>der</strong> (negativen) Buchwerte festgelegt werden kann. <strong>Die</strong> Aufklärung <strong>der</strong> beiden<br />

Zusammenschlusspartner über die steuerlichen und wirtschaftlichen Folgen <strong>der</strong> gewählten<br />

Vorsorgemethoden bzw. die damit verbundenen Risiken ist speziell bei <strong>der</strong> Ärzte-Partnerschaft für die<br />

Beratungspraxis von großer Bedeutung.<br />

Im Hinblick auf mietrechtliche Aspekte sollte eine Anmeldung <strong>der</strong> Gruppenpraxis-OEG zur Eintragung in<br />

das Firmenbuch innerhalb von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten <strong>der</strong> 2. Ärztegesetz-Novelle erfolgen,<br />

da § 217 ÄrzteG in diesem Zeitraum die Mietzinserhöhung nach den Regeln des § 12 a Abs. 3 MRG<br />

unterdrückt.


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*) Mag. Erich Wolf ist Steuerberater in Wien.<br />

1 ) Dessen ungeachtet besteht immer noch die Möglichkeit einer Ordinations- und Apparategemeinschaft<br />

nach § 52 ÄrzteG. <strong>Die</strong>se Gesellschaften dürfen jedoch nach h. A. nicht gegenüber dem Patienten nach<br />

außen hin auftreten. Partner des Behandlungsvertrages kann daher nur <strong>der</strong> einzelne Arzt und nicht die<br />

Ordination sein; vgl. bspw. Mazal, RdM 1998, 163; Nauta, Recht <strong>der</strong> freien Berufe 59 ff. <strong>Die</strong> bloße<br />

Ordinations- und Apparategemeinschaft sollte daher von <strong>der</strong> Gruppenpraxis zumindest mittel- bis langfristig<br />

abgelöst werden.<br />

2 ) § 52 a Abs. 4 ÄrzteG.<br />

3 ) § 52 a Abs. 5 ÄrzteG.<br />

4 ) § 52 a Abs. 2 ÄrzteG.<br />

4a ) Betreffend die unterschiedlichen Varianten des Zusammenschlusses bei Ärzten vgl.<br />

Schellner/Strimitzer, Der Wirtschaftstreuhän<strong>der</strong> 2002, 29.<br />

5 ) Vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG Kommentar § 23 Tz. 10; BMF 28. 10. 1993, SWK-Heft<br />

36/1993, Seite A 593; SWK-Heft 14/15/1997, Seite S 363; BMF 9. 6. 1997, SWK-Heft 29/1997, Seite S<br />

610.<br />

6 ) Vgl. Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß und Realteilung von Rechtsanwälten 22.<br />

7 ) Vgl. z. B. Margreiter/Wakounig/Glega, Son<strong>der</strong>bilanzen 2 211.<br />

8 ) Vgl. Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß und Realteilung von Rechtsanwälten 22.<br />

9 ) Vgl. z. B. Kohlbacher, RdW 1995, 76; Schuch/Toifl, RdW 1996, 219: Anerkannt wird von <strong>der</strong><br />

Finanzverwaltung (vgl. Margreiter/Wakounig/Glega, Steuerbilanzen 2 22) und Rsp. allerdings die<br />

Außenstelle einer Steuerberatungskanzlei: Man geht offenkundig davon aus, dass bei einer räumlichen<br />

Trennung einer Organisationseinheit ein Teilbetrieb vorliegen kann, während hingegen bei einem baulichräumlichen<br />

Gesamtkomplex mangels selbständigen Auftretens nach außen die Teilbetriebsqualifikation von<br />

<strong>der</strong> Rsp. versagt wird (vgl. z. B. VwGH 11. 4. 1991, 90/13/0258; 3. 11. 1992, 89/14/0271).<br />

10 ) Vgl. Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß und Realteilung von Rechtsanwälten 22.<br />

An<strong>der</strong>s ist die Situation lediglich dann, wenn Patienten von sich aus nicht in die neue Gruppenpraxis<br />

wan<strong>der</strong>n.<br />

11 ) Vgl. VwGH 4. 6. 1985, 85/14/0015.<br />

12 ) So aber VwGH 17. 8. 1994, 94/15/0022.<br />

13 ) Vgl. BMF 11. 5. 1998, ARD 4935/35/98; demgegenüber ist bei <strong>der</strong> Einbringung einer Ordination in eine<br />

Krankenanstalten-GmbH die berufsrechtliche Zulässigkeit Voraussetzung für die Anwendbarkeit <strong>der</strong><br />

Begünstigungen im Rahmen des Art. III UmgrStG (BMF 15. 10. 1992, ARD 4432/14/93). <strong>Die</strong><br />

Stellungnahmen des BMF sind lei<strong>der</strong> äußerst kasuistisch, sachliche Unterschiede bei den gegenteiligen<br />

Stellungnahmen sind nicht zu gewinnen.<br />

14 ) Gem. § 23 Abs. 2 i. V. m. § 12 Abs. 2 UmgrStG muss zum Zusammenschlussstichtag eine Bilanz für<br />

den gesamten Betrieb vorliegen. Darüber hinaus ist auch eine Zusammenschlussbilanz gem. § 24 i. V. m. §<br />

15 UmgrStG über das eingebrachte Vermögen aufzustellen. <strong>Die</strong> Nichtaufstellung <strong>der</strong><br />

Zusammenschlussbilanz stellt jedoch kein Anwendungshin<strong>der</strong>nis für Art. IV UmgrStG dar; vgl. Hügel/<br />

Mühlehner/Hirschler, UmgrStG Kommentar § 12 Tz. 2.


Seite 6 von 6<br />

15 ) Vgl. Djanani/Kapferer in Bertl/Djanani/Kofler (Hrsg.), Handbuch <strong>der</strong> österreichischen Steuerlehre 429;<br />

zum Tatbestand des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft vgl. Oberleitner, RdW 2001, 61 ff.<br />

16 ) Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG Kommentar § 24 Tz. 32.<br />

17 ) Vgl. Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß und Realteilung von Rechtsanwälten 58.<br />

18 ) Z. B. Schwarzinger/Wiesner, Umgründungssteuer-Leitfaden 2 927.<br />

19 ) Vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage Art. IV zu § 24 UmgrStG BGBl. Nr. 699/1991.<br />

20 ) Vgl. BMF 12. 5. 1998, GZ 06 8641/1-IV/6/98, ARD 4940/11/98 (Punkt 2.2.4.).<br />

21 ) Vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage Art. IV zu § 24 UmgrStG BGBl. Nr. 699/1991.<br />

22 ) M. E. einen irreführenden Ansatz vertreten Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß<br />

und Realteilung von Rechtsanwälten 136, welche nicht vom gesamten Vermögenswert, son<strong>der</strong>n nur von<br />

<strong>der</strong> Differenz <strong>der</strong> stillen Reserven entsprechend <strong>der</strong> Beteiligungsquote ausgehen; einen vollständigen<br />

Ausgleich vertreten hingegen z. B. Djanani/Kapferer in Bertl/Djanani/Kofler (Hrsg.), Handbuch <strong>der</strong><br />

österreichischen Steuerlehre 437.<br />

23 ) Vgl. BMF 12. 5. 1998, GZ 06 8641/1-IV/6/98, ARD 4940/11/98.<br />

24 ) BMF 12. 5. 1998, GZ 06 8641/1-IV/6/98, ARD 4940/11/98 Punkt 2.2.<br />

25 ) BMF 12. 5. 1998, GZ 06 8641/1-IV/6/98, ARD 4940/11/98 Punkt 2.2.<br />

26 ) BMF 12. 5. 1998, GZ 06 8641/1-IV/6/98, ARD 4940/11/98, Punkt 2.2.4.<br />

27 ) Vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG Kommentar, § 14 Tz. 75.<br />

28 ) Vgl. Wiesner/Schwarzinger/Sedlacek/Sulz, Zusammenschluß und Realteilung von Rechtsanwälten 66.<br />

29 ) Vgl. z. B. Schwarzinger/Wiesner, Umgründungssteuer-Leitfaden 2 942 ff.<br />

Quelle: SWK 33/2002 (S 825)<br />

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