Wahl zum Pfarrgemeinderat - Pfarrei St. Anton Regensburg
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In der Kirche wird gerappt<br />
Warum Nachwuchsarbeit bereits im Kindergarten beginnt und die musikalische Früherziehung in <strong>St</strong>. <strong>Anton</strong> kostenlos ist<br />
von Felix Jung<br />
Im Gänsemarsch geht es vom Kindergarten<br />
die schmale Treppe hinunter in<br />
den großen Chorraum. Heute dürfen<br />
die größeren Kinder mit. Viele von ihnen<br />
kommen im September in die Schule.<br />
Christoph Böhm, der Kirchenmusiker in<br />
der <strong>Pfarrei</strong> <strong>St</strong>. <strong>Anton</strong>, hat sie abgeholt. Sie<br />
wollen gemeinsam musizieren. Doch bevor<br />
der erste Ton gesungen wird, gibt es „Aufwärmübungen“.<br />
Der ganze Körper wird abgeklopft,<br />
auch <strong>St</strong>irn und Schläfen werden<br />
massiert. Die ganze Prozedur dient auch<br />
der Konzentration. Erst danach kommt die<br />
<strong>St</strong>imme <strong>zum</strong> Einsatz. Eine Tonleiter ist zu<br />
hören. Christoph Böhm spielt sie auf dem<br />
Klavier. Dann singt er sie selbst vor. Jeder<br />
ist mal alleine an der Reihe. Da stört jemand.<br />
„He, da hinten, Ruhe!“, sagt Böhm<br />
bestimmt. Ein Blick genügt, dann kann es<br />
weitergehen.<br />
Heute steht „Es klappert die Mühle<br />
am rauschenden Bach“ auf dem<br />
Programm. Es ist ein altes Volkslied.<br />
Die Kinder lachen, als die <strong>St</strong>elle mit<br />
dem „Klippklapp“ kommt. Es macht ihnen<br />
Spaß diese Melodie zu singen. „Heutzutage<br />
kennen sie ‚Hänsel und Gretel’ oder ‚Kuckuck<br />
ruft’s aus dem Wald’ gar nicht mehr.<br />
Zu Hause werden ihnen diese Lieder nicht<br />
mehr vorgesungen“, stellt Christoph Böhm<br />
fest. Oft werde gar nicht mehr gesungen,<br />
geschweige denn musiziert. Deshalb bietet<br />
der Kirchenmusiker im Kindergarten<br />
von <strong>St</strong>. <strong>Anton</strong> auch einen ersten Flötenunterricht<br />
an. Die Instrumente werden gestellt.<br />
Diese musikalische Früherziehung<br />
ist kostenlos. So ein Angebot gibt es kaum<br />
in der Diözese. Dienstags und donnerstags<br />
kommt <strong>Anton</strong>s Kirchenmusiker in den<br />
Kindergarten. Die Kinder sollen nicht nur<br />
Singen, sondern auch ein Gefühl für Rhythmus<br />
bekommen. Wenn die<br />
Pauke <strong>zum</strong> Einsatz kommt,<br />
ist das Hallo groß.<br />
In den Siebziger Jahren<br />
hat Christoph Böhm unter<br />
Pfarrer Alois Reindl<br />
ein Nachwuchskonzept<br />
erarbeitet und umgesetzt.<br />
Diese Nachwuchsarbeit<br />
hat schließlich Früchte<br />
getragen. Die Kontinuität<br />
zahlt sich auch heute aus.<br />
Viele Chormitglieder und<br />
deren Kinder haben hier<br />
im Kindergarten die ersten<br />
musikalischen Erfahrungen gemacht. Auch<br />
wenn sie längst nicht mehr in der <strong>Pfarrei</strong><br />
wohnen, sind sie <strong>St</strong>. <strong>Anton</strong> treu geblieben.<br />
Sie singen nicht nur die großen Konzerte<br />
mit, nein, sie gehen hier noch immer in die<br />
Kirche und helfen fast jeden zweiten Sonntag,<br />
den Gottesdienst musikalisch mit zu<br />
gestalten.<br />
Auch am Nachmittag wird in <strong>St</strong>. <strong>Anton</strong><br />
Musik groß geschrieben. Vom „Bambinichor“<br />
bis zur Jugendschola (ab<br />
der 5. Klasse) ist alles geboten – Flötenunterricht<br />
inklusive. Einen Mitgliedsantrag<br />
muss keiner unterschreiben. Den Eltern<br />
entstehen auch für dieses Freizeitangebot<br />
keine Kosten. Flexibel reagiert Böhm<br />
auf die Schule. Hausaufgaben gehen vor.<br />
Deshalb probt er mit einer Gruppe erst um<br />
18.30 Uhr. Behutsam führt er die Größeren<br />
an den Konzert- und Kirchenchor heran.<br />
Bei großen Aufführungen oder Orchestermessen<br />
im Festgottesdienst werden sie<br />
bereits integriert. „Es ist wichtig, sie zu<br />
motivieren“, erklärt Böhm und lobt ihren<br />
Einsatz. Mittlerweile existiert neben der<br />
Bigband, die etwa auf dem Pfarrfest oder<br />
bei anderen festlichen Anlässen auftritt,<br />
eine Jugendband. Von der Geige bis<br />
<strong>zum</strong> Saxophon – alles kommt regelmäßig<br />
im Familiengottesdienst <strong>zum</strong><br />
Einsatz.<br />
Besonderen Wert legt Kirchenmusiker<br />
Böhm auf die Zusammenarbeit mit<br />
den Eltern. Regelmäßig finden Elternabende<br />
statt, in denen die Planung<br />
der Auftritte und die gemeinsamen Unternehmungen<br />
besprochen werden. Ein gemütlicher<br />
Ausklang kommt dabei nicht zu<br />
kurz. Familienwochenenden, Wanderungen,<br />
Radtouren und sonstige gemeinsame<br />
Ausflüge gehören <strong>zum</strong> <strong>St</strong>andardprogramm.<br />
„Wer keinen guten Draht zu den Eltern besitzt<br />
und diese Zusammenarbeit vernachlässigt,<br />
wird keinen Erfolg haben“, erklärt<br />
Böhm. Zweimal wurde bereits ein Kinder-<br />
Musical einstudiert – ein Großprojekt, das<br />
nur unter Mithilfe vieler <strong>Pfarrei</strong>angehöriger<br />
möglich wurde. Vor kurzem wurde im<br />
Familiengottesdienst <strong>zum</strong> Sanctus sogar<br />
gerappt. Und da sage noch einer Kirchenmusik<br />
sei langweilig.<br />
Anmerkung: Dieses soziale Netzwerk,<br />
das viele Familien an die <strong>Pfarrei</strong> bindet,<br />
könnte bald zusammenbrechen.<br />
Kirchenmusiker Böhm hat sich stets<br />
als pastoralen Mitarbeiter gesehen,<br />
doch in wenigen Jahren geht er in<br />
den Ruhestand. Ähnliche Rahmenbedingungen<br />
für den Nachfolger sind<br />
fraglich, da Kirchenmusikern nur noch<br />
Teilzeitstellen angeboten werden. In<br />
<strong>St</strong>. <strong>Anton</strong> wäre dann das umfangreiche<br />
musikalische Angebot nicht mehr<br />
zu halten. Noch schlimmer: Eine gewachsene<br />
und funktionierende Säule<br />
der Nachwuchsarbeit in der Pfarrgemeinde<br />
fiele weg. Ohne genügend<br />
junge Leute aber geht nichts mehr –<br />
auch nicht in der Kirche.<br />
Fotos: Felix Jung<br />
JUGEND — <strong>Anton</strong>ius-Journal 11