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Ausbalanciertheit - Arbeitsbereich Sprache und Kommunikation ...

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Prof.Dr.-Ing.WolfgangHess<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>und</strong> <strong>Kommunikation</strong><br />

Institut für <strong>Kommunikation</strong>swissenschaften<br />

Universität Bonn<br />

Poppelsdorfer Allee 47, 53115 Bonn<br />

wgh@ikp.uni-bonn.de<br />

http://www.ifk.uni-bonn.de<br />

05.02.2007<br />

Allgemein zur Sprachwahrnehmung<br />

O’Shaughnessy, Douglas (1987, 2 2000): Speech Communication - human and machine, Kap. 3 <strong>und</strong> 4 (2. Aufl. IEEE<br />

Press, New York)<br />

Terhardt, Ernst (1998): Akustische <strong>Kommunikation</strong> (Springer, Berlin)<br />

Speziell zu Kapitel 4<br />

Fellbaum, Klaus (1984): Sprachsignalübertragung <strong>und</strong> Sprachsignalverarbeitung (Springer, Berlin); Kap. 4<br />

Fellbaum, Klaus / Klaus, Harald / Sotscheck, Jochem (1994): ”Hörversuche zur Beurteilung der Sprachqualität von<br />

Sprachsynthesesystemen für die deutsche <strong>Sprache</strong>.” In Fortschritte der Akustik - DAGA 94 (DEGA, Oldenburg),<br />

117-122<br />

Hess, Wolfgang / Sendlmeier, Walter F. (Hrsg.) (1991): Beiträge zur angewandten <strong>und</strong> experimentellen Phonetik,Z.für<br />

Dialektologie <strong>und</strong> Linguistik Beiheft 72 (Steiner, Stuttgart)<br />

Jekosch, Ute (1993): ”Speech quality assessment and evaluation.” In Proc. EUROSPEECH-93 (catalyst consult, Berlin),<br />

1387-1394<br />

Jekosch, Ute (2005): Voice and speech quality perception - Assessment and evaluation (Springer, Berlin)<br />

Sendlmeier, Walter F. (1991): “Wie testet man Hörverstehen? Eine kritische Analyse sprachaudiometrischer Testverfahren.”<br />

In (Hess/Sendlmeier, 1991), 83-101<br />

Sotscheck, Jochem (1982): “Ein Reimtest für Verständlichkeitsmessungen mit deutscher <strong>Sprache</strong> als ein verbessertes<br />

Verfahren zur Bestimmung der Sprachübertragungsgüte.” Der Fenmeldeingenieur 36, 25-84<br />

071<br />

1. Gehör <strong>und</strong> Psychoakustik<br />

2. Psychoakustische Funktionsmodelle<br />

3. Theorien der Lautwahrnehmung<br />

4.<br />

01a<br />

Präferenztest<br />

Beurteilende<br />

Methoden<br />

Benotung<br />

(Mean Opinion<br />

Score, MOS)<br />

Globale<br />

Beurteilung<br />

044 spw_4.1<br />

Beurteilung von<br />

Sprachqualität<br />

Multifaktorielle<br />

Beurteilung<br />

nach Attributen<br />

Verstehbarkeit<br />

Quantitative<br />

Methoden<br />

Verständlichkeit<br />

Laut-V. Wort-V.<br />

Silben-V.<br />

Lautfolgen-V.


071 spw_4.2<br />

Drei Anwendungsgebiete<br />

S Sprachübertragung: Evaluation von Übertragungsstrecken<br />

<strong>und</strong> Übertragungsverfahren (Telefon, Mobiltelefon<br />

etc., aber auch Akustik von Räumen)<br />

S Sprachsynthese: Evaluation der Sprachqualität eines<br />

Sprachsynthesesystems<br />

S Sprachaudiometrie: Untersuchung der (verbleibenden)<br />

Hörleistung eines (kranken) Gehörs hinsichtlich<br />

Sprachverstehen <strong>und</strong> Evaluation von Hörhilfen<br />

Die drei Anwendungsgebiete involvieren einen verschiedenen<br />

Personenkreis, sind aber von der Methodik her vergleichbar.<br />

071 spw_4.3<br />

Verständlichkeit/Verstehbarkeit<br />

Verständlich (intelligible) ist eine Äußerung dann, wenn es<br />

gelingt, den Wortlaut zu erkennen <strong>und</strong> wiederzugeben.<br />

S Die Verständlichkeit (intelligibility) gibt dementsprechend an,<br />

wieviel Prozent der Äußerung korrekt identifiziert worden sind.<br />

S Verständlichkeit kann sich auf viele Einheiten beziehen: Laut,<br />

Silbe, Wort, Satz<br />

Verstehbar (comprehensible) ist eine Äußerung dann, wenn<br />

es gelingt, ihren Sinn <strong>und</strong> Inhalt zu erkennen.<br />

S Die Verstehbarkeit (comprehensibility) gibt an, welcher Anteil<br />

des Inhalts einer Äußerung vom Hörer (sinngemäß) verstanden<br />

wurde.<br />

Beide Größen lassen sich sowohl quantitativ bestimmen als<br />

auch in Beurteilungstests schätzen.<br />

4.1 Verständlichkeit<br />

4.2 Beurteilende Verfahren<br />

071<br />

071 spw_4.4<br />

Sprachwahrnehmung<br />

Antwortformen<br />

S Offene Antwortform: Der Hörer gibt das, was er gehört<br />

hat, mündlich oder schriftlich im Wortlaut (bzw. in Transkription)<br />

wieder. Eine Vorgabe erfolgt nicht.<br />

S Geschlossene Antwortform (Zwangsauswahltest): Der<br />

Hörer erhält zusammen mit dem Stimulus eine Auswahl<br />

möglicher Lösungen, von denen eine <strong>und</strong> nur eine richtig ist.<br />

Der Hörer kreuzt an, welche der Alternativen er wahrgenommen<br />

hat.


071 spw_4.5<br />

Phonetische (phonologische)<br />

<strong>Ausbalanciertheit</strong><br />

Ein Evaluationskorpus ist dann phonetisch (phonologisch)<br />

ausbalanciert, wenn die Häufigkeitsverteilung der in ihm<br />

enthaltenen Phon(em)e der Häufigkeitsverteilung in<br />

fließender <strong>Sprache</strong> entspricht bzw. nahe kommt.<br />

S Bei einem kleinen Korpus ist dies nur annäherungsweise auf<br />

Phonebene zu erreichen<br />

S <strong>Ausbalanciertheit</strong> auf höheren Ebenen (Silbe, Wort) zu<br />

erreichen ist so gut wie unmöglich.<br />

Lerneffekte<br />

Graduelle Adaptation ungeübter Versuchspersonen an die<br />

Fragestellung generell bzw. an eine bestimmte<br />

Übertragungsqualität<br />

S MankannmitdemeigentlichenVersuchoftnichtsofort<br />

beginnen.<br />

Lerneffekt bezüglich des ausgewählten Testmaterials: Ist<br />

unerwünscht <strong>und</strong> muss eliminiert werden.<br />

S Insbesondere bei Messungen der Satzverständlichkeit<br />

kann einmal gehörtes Material nicht wieder verwendet<br />

werden.<br />

071 spw_4.7<br />

Phonemhäufigkeit<br />

15<br />

%<br />

10<br />

5<br />

071 spw_4.6<br />

Mittelwert<br />

”Ranick”<br />

Lauthäufigkeit im Deutschen<br />

Jawohl, hören Sie!<br />

Ich bin Rudolf Ranick hier vom FTZ.<br />

Prüfen Sie bei Kurt Meier in der Burgstraße<br />

den Leitungsanschluss <strong>und</strong> auch das Geräusch<br />

aus den Kapseln!<br />

[nach SOTSCHECK, 1982]<br />

����������������������������������� ��<br />

�� �� �� ��<br />

071 spw_4.8<br />

Laut- <strong>und</strong> Silbenverständlichkeit<br />

Logatomtests<br />

Ein Logatom ist ein sinnleeres einsilbiges Wort. Es folgt den<br />

phonotaktischen Gesetzen der jeweiligen <strong>Sprache</strong>, für die<br />

es eingesetzt wird.<br />

S Form: Anfangskonsonant(enfolge) - Vokal - Endkonsonant(enfolge)<br />

S Basismaterial nach SCHNEIDER (hier nach FELLBAUM, 1984): 50<br />

AKF, Vokale ����������� gleichverteilt, 50 EKF; manche<br />

Konsonantenfolgen mehr als einmal verwendet.<br />

S Lerneffekte<br />

erwarten.<br />

sind wegen des Materialumfangs nicht zu<br />

S Test verwendet offene Antwortform<br />

Beispiele: bap -- blef -- glutsch -- kruz -- plol -- strim


CLID-Test<br />

Der CLID-Test (Cluster Identification) (JEKOSCH, 1992)<br />

gestattet die automatische Generierung von Logatomen in<br />

Übereinstimmung mit der Phonotaktik des Deutschen.<br />

S Hiermit verb<strong>und</strong>en ist auch eine automatische Auswertung der<br />

Ergebnisse.<br />

S Die Stimuli können phonologisch ausbalanciert werden; es besteht<br />

aber auch die Möglichkeit, bestimmte Konsonantenfolgen<br />

oder Vokale bevorzugt zu testen.<br />

S Zur Ermittlung der Verständlichkeit medialer Konsonantenfolgen<br />

können auch zweisilbige Cluster generiert werden.<br />

071 spw_4.9<br />

Wortverständlichkeit<br />

mit sinnvollen Wörtern<br />

Wortverständlichkeitstests mit sinnvollen Wörtern werden<br />

meist in der Sprachaudiometrie verwendet.<br />

S Logatomtests sind für Gehörgeschädigte zu hart; diese werden<br />

bei sinnleeren Wörtern immer versuchen, ein sinnvolles Wort<br />

aus dem Gehörten abzuleiten.<br />

S Test macht nur Sinn, wenn die Gehörleistung bzw. die<br />

Übertragungsstrecke schlecht <strong>und</strong> damit die Verständlichkeit<br />

gering ist.<br />

S Entwickelte Testmaterialien: Freiburger Wörtertest; (für<br />

Englisch) Harvard Phonemically Balanced (PB) Word List<br />

071 spw_4.11<br />

071 spw_4.10<br />

Laut- <strong>und</strong> Silbenverständlichkeit<br />

Reimtest (SOTSCHECK, 1982)<br />

Beim Reimtest wird ein Wort aus einer Zeile von 2-6<br />

einsilbigen sinnvollen Wörtern dargeboten. Die Wörter der<br />

Zeile unterscheiden sich nur in einer Position in der Silbe.<br />

S Der Reimtest verwendet eine geschlossene Antwortform.<br />

S Lerneffekte werden dadurch vermieden, dass alle Wörter der<br />

gesamten Liste vorkommen können.<br />

Beispiele:<br />

Wacht sacht dacht’ Macht Nacht Jacht<br />

West Fest best Test Nest Rest<br />

Hieb heb’ hob hopp Hub hupp<br />

Ball Buhl bell’ Böll Beil Beul’<br />

weiß weich Weib weit Wein weil<br />

Bach Bann bang Bank Ball bald<br />

Mehrere Gruppen, jede Gruppe enthält 20 Wörter. Größere<br />

Liste für Verständlichkeitstest mit offener Antwortform<br />

Beispiel für Liste mit einsilbigen Wörtern<br />

1 Ring / Spott / Farm / Hang / Geist / Zahl / Huind / Bach / Floh /<br />

Lärm / Durst / Teig / Prinz / Aas / Schreck / Nuss / Wolf / Braut /<br />

Kern / Stich<br />

2 Holz / Ruß / Mark / Stein / Glied / Fleck / Busch / Schloss / Bart / Ei<br />

/ Werk / Dach / Knie / Traum / Pass / Kunst / Mönch / Los / Schrift /<br />

Fall<br />

3 Blatt / Stift / Hohn / Zweck / Aal / Furcht / Leim / Dorf / Tat / Kerl /<br />

Schutz / Wind / Maus / Reif / Bank / Klee / Stock / Wuchs / Mist /<br />

Gras<br />

071 spw_4.12


071 spw_4.13<br />

100<br />

Wortverständlichkeit<br />

[%]<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Ergebnisse für verrauschte Signale<br />

--6 0 6 12 18<br />

Störabstand [dB]<br />

Logatom<br />

Einzelwort<br />

Reimtest [6]<br />

Satztest nach BECKMANN-SCHILLING<br />

2 Listen je 20 Sätze; für audiometrische Zwecke; gemessen<br />

wird über insgesamt 100 Wörter<br />

1a Der Schnellzug aus Kiel verspätet sich um eine St<strong>und</strong>e.<br />

2a Witwe sucht morgens Arbeit im Haushalt.<br />

3a Der Anwalt fordert Freispruch wegen erwiesener Unschuld.<br />

4a Reinecke Fuchs belog auch den König der Tiere.<br />

5a Jener Kran trägt im Höchstfall fünfzig Tonnen.<br />

6a Mit einer Spritze impfte der Schularzt die Kinder gegen Scharlach.<br />

7a Ein hoher Gewinn fiel an einen Bremer Rentner.<br />

8a Die Sendung wird am Mittwoch nächster Woche wiederholt.<br />

9a Der Täter trug eine blaue Mütze mit Schirm.<br />

...<br />

071 spw_4.15<br />

10 Gruppen zu je 10 Sätzen; jeder Satz enthält 5 Wörter.<br />

Vornehmlich für audiometrische Zwecke<br />

1 Geld allein macht nicht glücklich.<br />

2 Böse Menschen verdienen ihre Strafe.<br />

3 Mittwoch kommt uns Besuch passend.<br />

4 Ich bin nicht nass gewiorden.<br />

5 Unsere Eltern tanzen Wiener Walzer.<br />

6 Lärmt nicht, Jungs, Vater schreibt!<br />

7 Wer weiß dort genau Bescheid?<br />

8 Er geht links, sie rechts.<br />

9 Leider ist dies Haus teuer.<br />

10 Dienstag wieder frisch gebrannte Mandeln.<br />

071 spw_4.14<br />

071 spw_4.16<br />

“Berliner Sätze” [SOTSCHECK, 1982]<br />

100 Sätze zur Beurteilung der Sprachqualität<br />

1 Heute ist schönes Frühlingswetter.<br />

2 Die Sonne lacht.<br />

3 Am blauen Himmel ziehen die Wolken.<br />

4 Über die Felder weht ein Wind.<br />

5 Gestern stürmte es noch.<br />

6 Montag war es uns zu regnerisch.<br />

7 Riecht ihr nicht die frische Luft?<br />

8 Die Nacht haben Meiers gut geschlafen.<br />

9 Jetzt sitzen sie beim Frühstück.<br />

10 Es ist acht Uhr morgens.


4.1 Verständlichkeit<br />

4.2 Beurteilende Verfahren<br />

071<br />

071 spw_4.18<br />

Sprachwahrnehmung<br />

Beurteilungstest (MOS)<br />

Der Beurteilungstest ( ,MOS) beurteilt<br />

einen Stimulus qualitativ in Form einer Bewertung, die den<br />

Charakter von Schulnoten besitzt.<br />

International üblich ist eine 5-Punkte-Skala<br />

S 5 excellent ausgezeichnet<br />

S 4 good gut<br />

S 3 fair ziemlich gut, ordentlich<br />

S 2 poor dürftig<br />

S 1 bad schlecht, unbrauchbar<br />

Die Qualität eines Stimulus kann als Ganzes beurteilt werden.<br />

Ebenso sind aber Beurteilungen einzelner/mehrerer Attribute<br />

möglich. Auch Verständlichkeit <strong>und</strong> Verstehbarkeit werden<br />

gelegentlich so beurteilt.<br />

071 spw_4.17<br />

Beurteilungstest (MOS)<br />

Der Beurteilungstest ( ,MOS) beurteilt<br />

einen Stimulus qualitativ in Form einer Bewertung, die den<br />

Charakter von Schulnoten besitzt.<br />

International üblich ist eine 5-Punkte-Skala<br />

S 5 excellent ausgezeichnet<br />

S 4 good gut<br />

S 3 fair ziemlich gut, ordentlich<br />

S 2 poor dürftig<br />

S 1 bad schlecht, unbrauchbar<br />

Die Qualität eines Stimulus kann als Ganzes beurteilt werden.<br />

Ebenso sind aber Beurteilungen einzelner/mehrerer Attribute<br />

möglich. Auch Verständlichkeit <strong>und</strong> Verstehbarkeit werden<br />

gelegentlich so beurteilt.<br />

071 spw_4.19<br />

Präferenztest<br />

Der Präferenztest vergleicht zwei Stimuli <strong>und</strong> stellt eine<br />

Rangfolge hinsichtlich der Qualität (Präferenz) her.<br />

S Die Stimuli haben meist Satzlänge <strong>und</strong> mehr. Die Testperson kann<br />

sie in der Regel beliebig oft anhören. Die Versuchsperson gibt an,<br />

welchen der beiden Stimuli sie präferiert.<br />

S Hierbei kann auch ein mehrstufiges Ranking [A im Vergleich mit B:<br />

viel besser -- besser -- gleich -- schlechter -- viel schlechter]<br />

erfolgen.<br />

S Die Ergebnisse sind oft vom ausgewählten Text abhängig. Dies gilt<br />

insbesondere für synthetische <strong>Sprache</strong>.<br />

Der Test ist sehr einfach. Er liefert keine absolute Beurteilung;<br />

wohl aber wird ein Ranking hergestellt, das sich auf mehrere<br />

Systeme erstrecken kann.

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