Ausgabe März bis Mai 2013 - Ev. Kirchengemeinden Carolinensiel ...
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18 Titelthema<br />
Stalking Was ist das denn<br />
Erinnern Sie sich noch an ihre Kindheit<br />
Gingen Sie damals manchmal auf Klingeljagd<br />
Ich erinnere mich noch genau. Es war die<br />
herrlichste Zeit im Leben. Wir gingen auf<br />
Fantasiereisen in kleine Wäldchen, bauten<br />
Baumhäuser, sammelten Froschlaich in alten<br />
Töpfen, spielten abwechselnd Fußball,<br />
mit Puppen oder bauten Fallen für die Bösen.<br />
Selten drohte Langeweile. Manchmal<br />
aber doch! Dann konnten wir uns selbst<br />
nicht leiden und bekamen eine teuflische<br />
Lust, andere zu ärgern.<br />
Wir bastelten aus Streichhölzern ganz dünne<br />
Stifte, pirschten in fremde Hauseingänge<br />
und klemmten sie in die Klingelknöpfe<br />
von Leuten, die wir nicht leiden<br />
konnten. Kaum war der Daueralarm ausgelöst,<br />
wetzten wir in ein sicheres Versteck,<br />
wo wir mit klopfendem Herzen die Opfer<br />
voller Schadenfreude heimlich beobachteten.<br />
Ja, Kinder können fies sein, und da war<br />
ich bestimmt keine Ausnahme.<br />
Jugendalter<br />
Später im Leben wurde irgendwann klar,<br />
dass wir zu den Guten gehören wollten.<br />
Feige zu sein, das galt, je älter wir wurden,<br />
als total uncool! Unser Gerechtigkeitsgefühl<br />
differenzierte sich nach und nach<br />
besser aus: Angesehen waren die, die mutig<br />
für andere eintraten, z.B. gegenüber<br />
ungerechten Lehrern. Hintenherum<br />
schlecht über jemanden zu reden, der Mist<br />
gebaut hatte oder auch nicht, sich aber<br />
nicht zu trauen, mit dem Betroffenen selbst<br />
darüber zu sprechen, das wurde, je reifer<br />
wir wurden, nicht gut geheißen.<br />
Wir hatten inzwischen etwas gelernt, von<br />
Vorbildern, aus der Geschichte und im<br />
Konfirmandenunterricht, z.B., dass auch<br />
Jesus kein feiger Typ war: Er nannte Unrecht<br />
beim Namen, er war Anwalt der Armen,<br />
der Außenseiter, der Kranken und<br />
Sünder.<br />
Adventskonzert mit Ansage<br />
Zu Beginn unseres Adventskonzerts horchten<br />
manche erschreckt auf, als die Pastorin<br />
sagte, dass unser Chorleiter mit seinem<br />
Chor nicht auftreten könne, da er anonym<br />
gemobbt werde. Frau Bösemann sprach<br />
unumwunden an, worüber seit geraumer<br />
Zeit auf dem Siel vorsichtig gemunkelt<br />
wurde: Stalking (to stalk: anpirschen).<br />
So nennt man fortgesetzte Drohung, verbunden<br />
mit Verfolgung und Belästigung einer<br />
Person unter Verletzung der Privatsphäre<br />
durch Anrufe, Briefe, das Auflauern<br />
in der Wohnung bzw. am Arbeitsplatz. Das<br />
anonyme Schreiben obszöner Briefe an allein<br />
stehende Frauen gehört ebenso zu dieser<br />
leider auch in <strong>Carolinensiel</strong> anzutreffenden<br />
„Unart“.<br />
Man hat inzwischen das in der ganzen sogenannten<br />
zivilisierten Welt verbreitete<br />
Stalking wissenschaftlich recht gut erforscht:<br />
50% der Opfer des meist amourösen<br />
Stalkings sind Prominente, ansonsten<br />
kann es jeden treffen. Täter sind in der Regel<br />
psychisch labile Menschen, zu 50% aber<br />
verlassene Verliebte, die den Schmerz noch<br />
nicht richtig verarbeitet haben.<br />
Schon vor 20 Jahren wurde die Eisläuferin<br />
und Olympiasiegerin Katharina Witt jahrelang<br />
von einem Amerikaner gestalkt. „Es<br />
war die schlimmste Zeit in meinem Leben“,<br />
sagte sie in einem Interview. Damals konnte<br />
man sich noch nicht dagegen wehren,<br />
heute ist Stalking strafrelevantes Unrecht;<br />
feige und gemein war es schon immer. Frau<br />
Bösemann tat gut daran, es zu ächten! Be-