Ausgabe 33 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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| theater ruDolstaDt |<br />
Vom Aufstieg und Fall<br />
eines Menschen<br />
MaChtGier, intriGe, eiFersuCht unD toD. Mit der Geschichte vom<br />
schwarzen General, der erst Opfer der dunklen Machenschaften eines<br />
Gegenspielers und dann selbst zum Mörder wird, ist William Shakespeares<br />
»Othello« eine der großen Tragödien überhaupt. Am Theater Rudolstadt<br />
wird das Schauspiel jetzt neu inszeniert.<br />
Othello ist ein Fremder, ein Außenseiter,<br />
und er ist ein Aufsteiger. Jeder seiner<br />
Schritte, jeder seiner Erfolge steht unter<br />
genauester Beobachtung. Entgegen allen<br />
Widerständen hat er es bis ganz nach oben<br />
zum ›General‹ geschafft und sogar die begehrenswerte<br />
Desdemona zur Frau bekommen.<br />
Dann aber übergeht er bei der Beförderung<br />
seinen Fähnrich Jago und ernennt stattdessen<br />
den unerfahrenen Cassio zum Leutnant. Jago<br />
schwört sich, Othello zu vernichten. Er entspinnt<br />
eine tödliche Intrige, die Othellos Vertrauen<br />
in Desdemona untergräbt und diesen,<br />
gesellschaftlich unter Druck geraten, schließlich<br />
zu mörderischen Konsequenzen zwingt.<br />
DeMontaGe eines MensChen<br />
Während der Dichter Shakespeare Othello<br />
vor allem durch seine dunkle Hautfarbe zum<br />
Sonderling und somit angreifbar machte, ist<br />
diese heutzutage in den Inszenierungen nur<br />
noch selten ein hervorgehobenes Thema. Viel<br />
häufiger geht es um das Fremdsein in einer<br />
Gruppe, um Ausgrenzung und Unterdrückung.<br />
»Bei uns wird jemand zum Schwarzen<br />
gemacht wie auch jemand zum Schwulen<br />
Februar 2012<br />
oder zur Frau abgestempelt wird, indem man<br />
sagt: ›du Neger, Schwuler oder Frau‹. Genau<br />
diese Vorgänge von vielfältiger latenter Diskriminierung<br />
in unserer Gesellschaft wollten<br />
wir deutlicher machen«, verrät Benjamin<br />
Griebel, der die Rolle Othellos spielt, über die<br />
sehr gesellschaftskritische Lesart des Stückes.<br />
Überhaupt wird der Zuschauer in der Rudolstädter<br />
Inszenierung weniger das klassische<br />
Eifersuchtsdrama finden, als welches<br />
»Othello« jahrhundertelang betrachtet wurde,<br />
als vielmehr ein fast krimihaftes Spiel<br />
mit den Mechanismen einer Intrige, die ihr<br />
Strippenzieher Jago geradezu meisterhaft beherrscht.<br />
Oft reicht nur ein kleiner Stein des<br />
Anstoßes, der alles ins Rollen bringt. Und so<br />
steht sein Othello gegen Ende des Dramas<br />
angesichts der Untreue-Vorwürfe gegenüber<br />
Desdemona – egal ob er die Intrige durchschaut<br />
oder nicht – bald vor der Frage: Ist<br />
sie für ihn überhaupt noch tragbar? »Wir<br />
behaupten, der Mord wäre für ihn das letzte<br />
Mittel, seine Position als Herrscher zu wahren.«<br />
Klares politisches Kalkül rückt da an<br />
die Stelle von selbstzerstörerischen Affekten.<br />
GlauBhaFtes enDe<br />
Eine Liebesgeschichte wird trotzdem erzählt,<br />
wenn auch moderner als zu Shakespeares<br />
Zeiten. »Beide haben unglaublich viel<br />
Spaß miteinander«, freut sich Miriam Gronau,<br />
»und auch das stichelt die anderen an.« Die<br />
junge Schauspielerin kann sich auch nicht<br />
vorstellen, dass ihre Desdemona wie in dem<br />
Textbuch den Mord durch Othello einfach<br />
so abwartet. »Wir suchten für das Ende des<br />
Stücks nach einer Variante, die wir glaubhafter<br />
finden. Wenn man das Ende des 4. Aktes<br />
genau liest, steckt sie auch bereits drin.«<br />
Zwei starke Persönlichkeiten und nicht zwei<br />
Intrigen-Opfer werden dem Zuschauer damit<br />
in Rudolstadt begegnen.<br />
Auf die Umsetzung darf das Publikum nun<br />
gespannt sein – ab dem 28. Januar im Theater<br />
Rudolstadt. (flü)<br />
Vorstellungen sind am 3. / 4. Februar<br />
jeweils 19:30 Uhr, am 14. Februar 15<br />
Uhr, sowie am 4. März um 18 Uhr.<br />
Karten und Infos telefonisch unter<br />
036 72-42 27 66 oder im Internet:<br />
www.theater-rudolstadt.com und<br />
Foto: Peter Scholz