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31 Sonntag B - Predigt

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<strong>Predigt</strong> zum <strong>31</strong>. <strong>Sonntag</strong> i. Jk. B – 03./04.11.2012 – St. Josef / St. Gertrud<br />

Die Lesung aus dem Buch Deuteronomium berichtet uns vom Sche’má Israel, Höre<br />

Israel. Es ist das wichtigste und zugleich eines der schönsten Gebete im Alten<br />

Testament. „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.“ Bis heute ist es das<br />

Hauptgebet der Juden. Sie tragen es durch die Gebetsriemen am linken Arm u. a.<br />

beim Morgen- und Abendgebet nahe an ihrem Herzen. An jeder Haustür der Juden<br />

findet sich ein kleiner Behälter, die Mesusa, sie beinhaltet ein Stückchen Papier mit<br />

einer handschriftlichen Abschrift dieses Gebets. Und ähnlich wie unser Vater unser<br />

gibt es im Judentum keinen Gottesdienst, der ohne das Höre Israel auskäme. Seine<br />

Worte sollen sich ins Herz eines jeden Gläubigen schreiben, damit sie nicht verloren<br />

gehen, solange man lebt.<br />

Das Gebot an Israel, Jahwe als einzigen zu lieben, soll „auf dem Herzen<br />

geschrieben“ stehen. Das Herz ist die Mitte der Person. Es wird hier mit einer<br />

Schreibtafel verglichen. Das Herz gilt im hebräischen Denken auch als Sitz des<br />

Gedächtnisses. In der englischen Sprache ist diese Bedeutung bis heute noch<br />

vorhanden: „To learn by heart“ heißt „auswendig lernen“.<br />

Für die Juden war und ist dieses Gebot immer noch das wichtigste unter allen<br />

Geboten. Alle Einzelvorschriften der Tora haben sich dieser Weisung<br />

unterzuordnen.<br />

Der Mensch darf und soll ganz Gott gehören, nicht nur mit einem Teil seines<br />

Herzens, Lebens und Denkens, sondern ganz und gar.<br />

Diesem Hauptgebot gibt Jesus aber noch ein zweites hinzu: „Du sollst deinen<br />

Nächsten lieben wie dich selbst.“<br />

Diese Verbindung von Gottes- und Nächstenliebe ist auch für die Juden nicht neu.<br />

Aber Jesus verknüpft diese beiden Gebote untrennbar miteinander. Wer Gott<br />

wirklich liebt, kann dabei nicht seine Mitmenschen aus den Augen verlieren.<br />

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Gottesliebe bedeutet auch immer ganz für den Nächsten da zu sein, ihn zu achten<br />

und zu schätzen, als wäre er das eigene Ich.<br />

Natürlich setzt dieses Gebot auch eine positive Grundhaltung zu sich selber voraus,<br />

denn schließlich soll man seinen Nächsten lieben „wie sich selbst“. Nur wer mit sich<br />

selbst im reinen ist, kann auch eine solche gute Beziehung zu Gott und zu seinen<br />

Mitmenschen entwickeln.<br />

Jesus betont, dass diese beiden Gebote der Gottes- und Nächstenliebe Vorrang vor<br />

allen anderen Geboten und Vorschriften haben. Damit sind alle anderen Gesetze<br />

nicht aufgehoben, aber sie haben sich immer der Liebe unterzuordnen.<br />

Häufig genug passiert es uns in der Gesellschaft und leider auch in der Kirche, dass<br />

wir uns um eine bloß formelle Beachtung der Gebote und Gesetze bemühen und<br />

vergessen dabei manchmal das Wichtigste, nämlich Gott und den Menschen zu<br />

lieben.<br />

Pater Andreas Werner formuliert das in der aktuellen Ausgabe von Kirche+Leben<br />

indem er Abt Clemens von Gerleve zitiert: „‘Nur das gelangt durch die enge Tür in<br />

das Reich Gottes, was in unserem Leben Liebe gewesen ist.‘ Alles andere, Ansehen,<br />

Reichtum, Karriere …, wird nicht in das neue Leben bei Gott eintreten, es sei denn,<br />

es wäre eine Frucht der Liebe und hätte uns in der Liebe gefördert.“<br />

Papst Benedikt hat seine erste Enzyklika „Deus caritas est“ genannt. Und er hat sich<br />

das nicht selber ausgedacht. Schon im ersten Johannesbrief steht das, und es<br />

könnte auch eine gute Überschrift für die ganze Bibel sein: „Gott ist die Liebe“.<br />

Amen.<br />

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