Alzheimer-Krankheit - Medicines for Mankind
Alzheimer-Krankheit - Medicines for Mankind
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<strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong><br />
Was ist <strong>Alzheimer</strong><br />
Die <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> ist die häufigste Ursache für Demenz, ein <strong>Krankheit</strong>sbild,<br />
mit dem eine Reihe von <strong>for</strong>tschreitenden Symptomen verbunden sind. Dazu gehören<br />
insbesondere der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Konzentrationsstörungen,<br />
ein gestörtes Raum- und Zeitempfinden, Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder<br />
andere zu verstehen, Probleme, die Signale aus der Umwelt wahrzunehmen und zu<br />
verarbeiten, Stimmungsschwankungen und Affektlabilität. Im Verlauf der Erkrankung<br />
verlieren die Patienten die Fähigkeit, sich zurechtzufinden, einfache, alltägliche Aufgaben<br />
auszuführen und sich angemessen zu verhalten. Schließlich führt die <strong>Krankheit</strong><br />
zum völligen Verlust ihrer Persönlichkeit und Eigenständigkeit. Etwa 55 Prozent aller<br />
Fälle von Demenz sind auf <strong>Alzheimer</strong> zurückzuführen.<br />
Die <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> wird durch die Bildung und Ablagerung des natürlich vorkommenden<br />
Peptids Beta-Amyloid verursacht, das aus dem Amyloid-Vorläuferprotein<br />
(APP) entsteht. Wenn das Beta-Amyloid nicht abgebaut und aus dem Gehirn entfernt<br />
wird, lagert es sich zu größeren Molekülen zusammen, die Nervenzellen schädigen.<br />
Diese Makromoleküle bilden schließlich Fibrillen, aus denen dann die für die <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong><br />
charakteristischen unlöslichen Plaques entstehen.<br />
Millionen älterer Menschen<br />
verlieren durch<br />
die <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong><br />
ihr Gedächtnis und ihre<br />
Unabhängigkeit. In den<br />
letzten Jahren konnten<br />
Medikamente dazu beitragen,<br />
die Lebensqualität der<br />
betroffenen Patienten zu<br />
verbessern. Durch weitere<br />
Innovationen könnte es<br />
möglich sein, diesen<br />
Patienten Krankenhausund<br />
Heimaufenthalte zu<br />
ersparen und ihnen und<br />
ihren Familien das Leben<br />
zu erleichtern.<br />
Die Diagnose der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> beruht auf dem Ausschluss anderer Ursachen<br />
für eine Demenz sowie auf der Anamnese. Aufnahmen des Gehirns mittels Computertomographie<br />
(CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen einen <strong>for</strong>tschreitenden<br />
Gewebeschwund in bestimmten Bereichen, insbesondere dem Hippocampus<br />
im medialen Schläfenlappen, sowie in <strong>for</strong>tgeschrittenen Stadien eine Verkleinerung<br />
des Gehirns. Eine eindeutige Diagnose ist nur postmortal möglich, wenn in einer mikroskopischen<br />
Untersuchung die typischen Proteinablagerungen in den Gehirnzellen<br />
(<strong>Alzheimer</strong>-Fibrillen) und außerhalb der Gehirnzellen (senile Plaques) nachgewiesen<br />
werden.<br />
MEDIKAMENTE FÜR MENSCHEN<br />
1/4
Wen betrifft <strong>Alzheimer</strong><br />
In Europa sind fünf Prozent der über 65-Jährigen und rund ein Drittel der über 85-Jährigen<br />
von Demenz betroffen. Mit dem zunehmenden Durchschnittsalter der Bevölkerung<br />
wird die Zahl der <strong>Alzheimer</strong>-Patienten wahrscheinlich noch deutlich steigen, was<br />
mit wachsenden und kostspieligen Belastungen für die Familien und alle Bereiche<br />
des Gesundheitssystems einhergeht. <strong>Alzheimer</strong> ist jedoch nicht allein eine natürliche<br />
Folge des Alterns. Neben einer genetischen Veranlagung gelten auch Langzeitrisikofaktoren<br />
für kardiovaskuläre Erkrankungen als negative Einflüsse für <strong>Alzheimer</strong>.<br />
Medikamente<br />
vom Nikotin-Typ<br />
wirken auf den<br />
Nikotin-<br />
Neuron<br />
Rezeptor<br />
Acetylcholin<br />
Zytokine<br />
ABBILDUNG 1: Verschiedene Wirkorte von <strong>Alzheimer</strong>-Medikamenten<br />
Beta-Amyloid<br />
Fibrille<br />
Beta-Amyloid<br />
Eiweiß<br />
Komplement<br />
Amyloid Plaque<br />
Gliazelle<br />
spricht auf Beta-Amyloid an<br />
Eine im Jahr 2005 von <strong>Alzheimer</strong>’s Disease International durchgeführte weltweite<br />
Erhebung kam zu dem Ergebnis, dass 24,3 Millionen Menschen an Demenz litten<br />
und jedes Jahr 4,6 Millionen neue Fälle hinzukommen.<br />
Die Epidemiologen prognostizierten,<br />
dass sich die Anzahl der Betroffenen<br />
alle 20 Jahre verdoppeln und im Jahr 2040<br />
etwa 81 Millionen betragen wird. Der Erhebung<br />
zufolge leben die meisten Patienten<br />
mit Demenz in Entwicklungsländern (60 Prozent<br />
im Jahr 2001, bis 2040 auf 71 Prozent<br />
ansteigend). Die Steigerungsraten sind nicht<br />
überall gleich – in den Industrienationen<br />
wird die Zahl der Betroffenen von 2001 bis<br />
2040 voraussichtlich um 100 Prozent steigen,<br />
in Indien, China sowie ihren südasiatischen<br />
und westpazifischen Nachbarländern<br />
hingegen um mehr als 300 Prozent.<br />
Aktuelle Therapie<br />
Zurzeit gibt es weder eine Heilungsmöglichkeit<br />
für <strong>Alzheimer</strong> noch Medikamente, die<br />
das Fortschreiten der <strong>Krankheit</strong> nachhaltig<br />
aufhalten könnten. Seit einiger Zeit weiß<br />
man jedoch, dass ein bestimmter chemischer<br />
Botenstoff im Gehirn, das Acetylcholin (ACh),<br />
bei Patienten mit <strong>Alzheimer</strong> um 20‐40 Prozent<br />
reduziert ist. In den vergangenen fünf<br />
Jahren wurden Medikamente eingeführt, die<br />
den Abbau von ACh verhindern, indem sie<br />
die Wirkung des ACh-spaltenden Enzyms<br />
Acetylcholinesterase (AChE) hemmen.<br />
Mehrere AChE-Hemmer stehen zurzeit in Europa zur Verfügung. Wie klinische Studien<br />
gezeigt haben, bewirken diese Medikamente bei etwa 10–30 Prozent aller Patienten<br />
eine Verbesserung in mindestens einem der folgenden Bereiche: kognitive Leistungen,<br />
Allgemeinfunktionen und Aktivitäten des täglichen Lebens. Die Langzeitdaten zur<br />
Wirksamkeit sind jedoch noch begrenzt.<br />
MEDIKAMENTE FÜR MENSCHEN<br />
2/4<br />
Die Blockade von N-methyl-D-aspartat (NMDA)-Rezeptoren im Gehirn ist ein Ansatz,<br />
welcher der <strong>Krankheit</strong> aus einer anderen Richtung zu Leibe rückt, da sie eine Substanz<br />
hemmt, die Nervenzellen schädigt. Glutamat kann in übermäßigen Mengen schädlich<br />
wirken. Ein Inhibitor des NMDA-Rezeptors, der auf Glutamat anspricht, kann nachweislich<br />
die kognitiven Fähigkeiten verbessern und Verhaltensauffälligkeiten reduzieren<br />
- selbst im <strong>for</strong>tgeschrittenen Stadium der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong>, in dem AChE-Hemmer<br />
weniger wirksam sind.<br />
Ein NMDA-Rezeptorantagonist steht zur Behandlung von Patienten mit leichter bis<br />
mittelschwerer <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> zur Verfügung. Es hat sich gezeigt, dass die Kombinationstherapie<br />
mit einem AChE-Hemmer und einem NMDA-Rezeptorantagonisten
eine nachhaltige Besserung bei den Patienten bewirkt und ein höheres kognitives<br />
Leistungsniveau sowie verbesserte Alltagsfunktionen aufrechterhält.<br />
Neue Wege in der Entwicklung<br />
Weitere AChE-Hemmer sind in Entwicklung. Der Wert dieser Wirkstoffklasse ist unbestritten<br />
– sie verlängern den Zeitraum, in dem die Betroffenen selbstständig leben<br />
können, und reduzieren die Belastung für die Betreuer. Dennoch sind sie nur ein erster<br />
Schritt auf dem Weg zur Entwicklung wirksamer <strong>Alzheimer</strong>-Medikamente. Muskarin-<br />
und Nikotinrezeptoren finden sich in Bereichen des Gehirns mit viel Acetylcholin,<br />
und Präparate, die diese Rezeptoren stimulieren, sind therapeutisch interessant.<br />
Medikamente, die auf die Nikotinrezeptoren einwirken, sind in Entwicklung.<br />
Das eigentliche Ziel muss die Entwicklung von Medikamenten sein, die den Verlauf<br />
der <strong>Krankheit</strong> beeinflussen. Wirkstoffe, die hierzu in der Lage sind, lassen sich nach<br />
ihren Wirkorten unterteilen. Ein Ansatz könnte in der Entwicklung von Substanzen<br />
bestehen, die den Nervenwachstumsfaktor (NGF) nachahmen und von den Nervenenden<br />
aufgenommen werden, wo sie zu deren Reparatur beitragen. Eine weitere Möglichkeit<br />
wären Präparate, die Plaques verhindern, indem sie die an ihrer Bildung beteiligten<br />
Enzyme hemmen. Andere wiederum könnten die Sekretion von nervenschädigenden<br />
Substanzen durch die Gliazellen vermindern.<br />
Medikamente, die wie der Nervenwachstumsfaktor wirken, NGF nachahmen oder die<br />
NGF-Produktion anregen, werden bereits in klinischen Studien getestet. Bei Patienten<br />
mit leichter bis mittelgradiger <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> können sie erwiesenermaßen<br />
die Gedächtnisleistung verbessern und Verhaltensauffälligkeiten verringern. Weitere<br />
Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf Präparate, die einmal täglich eingenommen<br />
werden können und wie der Nervenwachstumsfaktor wirken. Ein weiterer Neurotransmitter<br />
im Gehirn, der vermutlich für die kognitive Leistung eine Rolle spielt, ist<br />
Serotonin (5‐HT). Daher könnten Antagonisten, die an 5‐HT 6<br />
-Rezeptoren binden, ein<br />
interessanter Ansatz sein, um die bei der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> beobachteten kognitiven<br />
Störungen zu beeinflussen.<br />
Langzeitperspektiven<br />
Es besteht unvermindert großes Interesse an der Entwicklung neuer Therapien für<br />
<strong>Alzheimer</strong>. Der Hauptansatz zur Behandlung der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> ist nach wie vor<br />
die gezielte Verhinderung der Ablagerung von Beta-Amyloid im Gehirn. Neue Therapieprinzipien<br />
sind beispielsweise Wirkstoffe, die an lösliches Beta-Amyloid binden und<br />
dadurch die Bildung von Amyloidfibrillen verhindern. Es hat sich gezeigt, dass solche<br />
Präparate helfen können, lösliches Beta-Amyloid aus dem Gehirn zu entfernen und<br />
die mit der Amyloidablagerung verbundene Entzündungsreaktion zu verhindern.<br />
Eine weitere Methode, um die Ablagerung von Beta-Amyloid zu verhindern, ist die<br />
Hemmung der Enzyme, die Beta-Amyloid aus APP abspalten. Zuerst wurde die Gamma-Secretase<br />
untersucht, doch dieses Enzym erfüllt auch in anderen Stoffwechselwegen<br />
des Körpers wichtige Funktionen. Ein wahrscheinlich besser geeignetes Zielmolekül<br />
ist die Beta-Secretase, die auf weniger Stoffe im Körper einwirkt, weshalb bei<br />
der Hemmung dieses Enzyms weniger Nebenwirkungen zu erwarten sind. Mehrere<br />
Pharmaunternehmen entwickeln zurzeit Gamma- und Beta-Secretase-Hemmer.<br />
Die Verhinderung der kupfervermittelten Oxidation von Beta-Amyloid könnte ebenfalls<br />
dessen Konzentration im Gehirn senken. Deshalb werden derzeit metallbindende<br />
Wirkstoffe er<strong>for</strong>scht. Auch die Steigerung der Konzentration von Antikörpern<br />
gegen Beta-Amyloid wird als Möglichkeit zur Behandlung der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> in<br />
Betracht gezogen. Weitere Forschungsarbeiten befassen sich mit „Anti-Plaque-Wirkstoffen“,<br />
mit einem Muskarin-2-Rezeptorantagonisten, mit der Steigerung der kombinierten<br />
Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin sowie mit Neuroimmunophilinen,<br />
die zur Regeneration der Nerven beitragen können.<br />
MEDIKAMENTE FÜR MENSCHEN<br />
3/4
Ein weiterer Ansatz könnte die Gentherapie sein. Bei dieser Form der Therapie werden<br />
Hautzellen des Patienten entnommen und in der Zellkultur genetisch so verändert,<br />
dass sie den Nervenwachstumsfaktor (NGF) bilden. Diese Zellen werden chirurgisch<br />
in die Gehirnregion implantiert, die für das Gedächtnis und die kognitiven Funktionen<br />
eine wichtige Rolle spielt und in der bei <strong>Alzheimer</strong> die Nervenzellen geschädigt<br />
werden.<br />
Interessant ist zudem die Feststellung, dass auch bereits eingeführte Medikamente<br />
aus anderen therapeutischen Bereichen bei <strong>Alzheimer</strong> von Nutzen sein können. Wie<br />
vor kurzem in Studien aufgezeigt wurde, haben Patienten, die lipidsenkende Statine<br />
erhalten, ein um 70 Prozent geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken. Der Grund für<br />
diesen Schutzeffekt ist nicht bekannt. Die Aussicht jedoch, dass diese Medikamente<br />
den Verlauf der <strong>Alzheimer</strong>-<strong>Krankheit</strong> verzögern oder <strong>Alzheimer</strong> verhindern könnten,<br />
wird mit Sicherheit weitere Forschungsarbeiten anregen, da schon eine Verzögerung<br />
des <strong>Krankheit</strong>sbeginns um nur fünf Jahre die Anzahl der <strong>Alzheimer</strong>-Patienten um 50<br />
Prozent verringern könnte.<br />
MEDIKAMENTE FÜR MENSCHEN<br />
4/4<br />
HAFTUNGSABLEHNUNGSERKLÄRUNG<br />
EFPIA hat alle angemessenen Anstrengungen unternommen, um akkurate und aktuelle In<strong>for</strong>mationen in dieser PDF<br />
zur Verfügung zu stellen, wobei keine Garantie für Vollständigkeit oder Richtigkeit übernommen werden kann. Im Falle<br />
spezifischer Fragestellungen oder Problemfälle sollten sie zusätzlich zu den in dieser PDF veröffentlichten in<strong>for</strong>mationen/Materien<br />
einen Arzt oder Apotheker zu Rate ziehen.Dieser PDF “Medikamente für Menschen” wird unter der<br />
Voraussetzung zur Verfügung gestellt, dass kein Teil der Veröffentlichung inklusive der Abbildungen ohne vorherige<br />
Absprache mit und Zustimmung durch den Europäischen. Verband der Pharmazeutischen Industrien und Verbände<br />
(EFPIA) kopiert oder entnommen werden kann. In keinem Falle kann das Material für werbliche Zwecke verwendet<br />
werden.<br />
Redaktion: Dr. Robert Geursen (Herausgeber), Peter Heer, Bill Kirkness, Philippe Loewenstein,<br />
Steve Mees, Dr. Jean-Marie Muschart, Marie-Claire Pickaert (Koordinator).<br />
Bilder: ABPI, Allergan, AstraZeneca, EFPIA/Lander Loeckx, Damian Foundation, Galderma,<br />
Hilaire Pletinckx, Roche, sanofi-aventis; Design und Produktion: Megaluna<br />
Fassung vom: Juni 2008