pdf, 1.5 M - Vereinigte Hagelversicherung VVaG
pdf, 1.5 M - Vereinigte Hagelversicherung VVaG
pdf, 1.5 M - Vereinigte Hagelversicherung VVaG
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
HAGEL AKTUELL INFO 9/10<br />
HAGEL AKTUELL INFO<br />
MITGLIEDERINFORMATION<br />
26. MAI 2009 – EIN JAHR DANACH<br />
2 – 3 Dr. R. Langner: Deutsche Gemüsebauer nicht im Hagel stehen lassen<br />
RISIKOVORSORGE IM GEMÜSEBAU<br />
4 – 5 K. Schmitz: Krisenmanagement der anerkannten Erzeugerorganisationen<br />
5 J. Schreuder: Wetterrisikoabsicherung löst Katastrophenfonds in den<br />
Niederlanden ab<br />
6 G. Schulz: Wir erwarten die uneingeschränke Solidarität der Berufsverbände<br />
7 H. P. Frehn: Eine Risikoversicherung ist ein Muss!<br />
8 – 9 Aktuelle Meinungen<br />
10 F. Wolz: Absicherung durch geförderte <strong>Hagelversicherung</strong> muss kommen<br />
11 Gemeinsame Leitlinien erarbeitet<br />
12 – 13 Versuchsarbeit – ein Baustein für eine gerechte Schadenregulierung<br />
13 M. Brückner: Bayerns Gemüsebau braucht Lösungen<br />
14 – 15 M. Lösche: Welche Bedeutung hat die Riskovorsorge<br />
und das Krisenmanagement für einen Sonderkulturbetrieb?<br />
15 Dr. D. Heine: Riskovorsorge der Sonderkulturen stärken!<br />
16 Resolution der Fachgruppe Gemüsebau im Bundesausschuss Obst<br />
und Gemüse
2<br />
Interview Dr. Rainer Langner, Vorstandsvorsitzender der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong><br />
Deutsche Gemüsebauer nicht im Hagel stehen lassen<br />
Durch den Klimawandel werden die landwirtschaftlichen<br />
und insbesondere die Sonderkulturbetriebe,<br />
aber auch die Politik mit<br />
Risiken neuer Art konfrontiert. So nehmen<br />
Witterungsextreme an Intensität und Häufigkeit<br />
zu. Sind Sie schutzlos den Wetterrisiken<br />
ausgeliefert? Was machen andere<br />
EU-Länder? Fragen, die Dr. Rainer Langner,<br />
Vorstandsvorsitzender, VEREINIGTE HAGEL,<br />
beantwortet.<br />
Kurz zu Ihrem Unternehmen – Was unterscheidet<br />
die VEREINIGTE HAGEL von anderen<br />
Versicherungen?<br />
Die VEREINIGTE HAGEL als Spezialversicherer<br />
kennt das Fachgebiet ganz genau und<br />
arbeitet nicht gewinnorientiert. Überschüsse<br />
werden in Rücklagen angelegt und müssen<br />
nicht an fachfremde Aktionäre abgeführt<br />
werden, sondern dienen ausschließlich der<br />
Schadenabdeckung. Damit werden Rücklagen<br />
für zukünftige Schadenfälle aufgebaut.<br />
Natürlich gibt es weitere Anbieter auf dem<br />
Markt. Als Spezialversicherer und Versicherung<br />
auf Gegenseitigkeit ist die VEREINIGTE<br />
HAGEL als Versicherung im Pflanzenbau einzigartig.<br />
Dieser zentrale Punkt der Gegenseitigkeit<br />
und die geringen Verwaltungskosten<br />
unterscheiden die VEREINIGTE HAGEL deutlich<br />
von anderen Anbietern!<br />
Wie und was verstehen Sie unter Gegenseitigkeit?<br />
Es bedeutet, dass das Versicherungsgeschäft<br />
von Mitgliedern für Mitglieder betrieben wird.<br />
Mit dem Abschluss eines Vertrages erwirbt<br />
der Obst- und Gemüsebetrieb gleichzeitig<br />
die Mitgliedschaft an seinem Versicherer und<br />
tritt damit sowohl in eine gesellschafts- als<br />
auch in eine schuldrechtliche Beziehung zu<br />
seinem Versicherungsverein ein. Der Landwirt<br />
hat ein Mitspracherecht an seiner Versicherung.<br />
Er kann Einfluss in den Bezirksversammlungen<br />
und über Delegierte auch<br />
in der Mitgliederversammlung ausüben.<br />
Damit bleiben wesentliche Entscheidungen,<br />
die die Zukunft der Mitglieder, also der<br />
Landwirte, betreffen, über Delegierte in der<br />
Hand der Landwirte. Fragen Sie doch einmal,<br />
ob das bei anderen Versicherern auch<br />
so geht!<br />
„Es zeigt sich, dass existenzbedrohende<br />
Risiken in Deutschland nicht oder nur<br />
unzureichend abgesichert sind. Die derzei-<br />
tige ungleiche Behandlung in den einzelnen<br />
EU-Ländern stellt eine massive Wettbewerbsverzerrung<br />
im Vergleich zu unseren<br />
europäischen Nachbarn dar. Ich sehe<br />
die Gefahr, dass das derzeitige System zu<br />
einer Zweiklassen-Landwirtschaft führen<br />
wird. Deshalb noch einmal ganz klar: Wir<br />
brauchen in Deutschland eine finanziell<br />
gestützte Wetterrisikoabsicherung, analog<br />
vieler anderer EU-Länder. Es gibt also<br />
Möglichkeiten, mit denen sich die Obstund<br />
Gemüsebauern den sich ändernden<br />
Bedingungen stellen können. Mit finanziell<br />
geförderten Wetterrisikoabsicherungen<br />
können zunehmende Witterungsrisiken<br />
abgesichert werden. Dies ist ein wichtiges<br />
Handlungsfeld für den Staat und die<br />
deutschen Berufsverbände”, erklärte Dr.<br />
Rainer Langner.<br />
Das heißt, die Praxis entscheidet?<br />
Die VEREINIGTE HAGEL hat durch ihre Fachbeiräte<br />
eine direkte Verankerung in die Praxis<br />
hinein. Somit behalten wir die Bodenhaftung<br />
und bieten, in Zusammenarbeit mit<br />
dem Berufsstand, praxisorientierte Lösungen<br />
an. Auf Grund dieser Zusammenarbeit konnten<br />
wir Tarife entwickeln, die dem langjährigen<br />
Gefährdungskataster entsprechen. Dazu<br />
kommen noch die Sachverständigen sowie<br />
die Ansprechpartner aus den Bezirksdirektionen,<br />
die meistens Kollegen aus dem Berufsstand,<br />
und somit nicht praxisfremd sind. Die<br />
Außendienstmitarbeiter der VEREINIGTE<br />
HAGEL sind Kollegen, die die Probleme vor<br />
Ort kennen, und die nicht provisionsabhängig<br />
arbeiten.<br />
Welches herausragende Schadenereignis<br />
gab es im Jahr 2009?<br />
Der 26. Mai war der Schadentag im Jahr 2009<br />
und in den letzten Jahrzehnten. Mit einem<br />
Schadenausmaß in der Landwirtschaft von<br />
über 100 Mio. € , fiel allein auf die VEREI-<br />
NIGTE HAGEL eine Entschädigungssumme<br />
von 35 Mio. €.<br />
Hagelschlag – Ein Teufelskreis?<br />
„Wir wollen die unternehmerische Landwirtschaft“,<br />
wird immer gesagt – doch was heißt<br />
das konkret? Kreditinstitute achten durch das<br />
Rating bei Basel II immer mehr darauf, dass<br />
die laufenden Kredite gedeckt werden – auch<br />
im Schadenfall. Aber auf sichere Ernten kann<br />
sich der Obst- und Gemüsebauer nicht immer<br />
verlassen. Die Eigenkapitaldecke ist in vielen<br />
Betrieben drastisch eingeschmolzen. So kann<br />
ein Hagelschlag häufig nicht mehr aus den<br />
eigenen betrieblichen Reserven gedeckt werden.<br />
Hier ist ein Spezialversicherer – wie wir<br />
es sind – gefordert. Ich sehe zurzeit jedoch<br />
die Tendenz, dass Flächen oft unterversichert<br />
sind, mit der Folge, dass im Schadenfall zu<br />
wenig ausbezahlt wird. Somit fehlt dann die<br />
Finanzkraft, es beginnt ein Teufelskreis. Eine<br />
ausreichende Existenzsicherung schließt also<br />
eine Absicherung des Wetterrisikos für den<br />
Obst- und Gemüsebau mit ein. Nach überwiegender<br />
Expertenmeinung sind derartige<br />
unternehmerische Risiken jedoch nicht<br />
mehr mit den klassischen versicherungstechnischen<br />
Instrumenten zu beherrschen. Hier<br />
müssen Maßnahmen zur Wetterrisikoabsicherung<br />
aufgebaut werden.<br />
Beispiel Sonderkulturen – Was bringt eine<br />
Wetterrisikoabsicherung?<br />
Die deutschen Obst- und Gemüsebauern<br />
müssen immer höhere Vorleistungen bringen.<br />
Die Kulturführung wird immer intensiver<br />
und kostspieliger. Der Handel und die Verbraucher<br />
tolerieren keine Abwertung in der<br />
äußeren Qualität. Früher haben die Obst- und<br />
Gemüsebauern ihre Kulturflächen weit verteilt,<br />
um Schäden durch Hagel zu vermeiden.<br />
Diese Form des Krisenmanagements kann in<br />
der heutigen Zeit nicht mehr greifen.
Durch die besonderen Kulturtechniken erhö-<br />
hen sich die Versicherungswerte immer mehr.<br />
Somit müssen sich die Landwirte ihrer Kultur-<br />
führung immer bewusster sein, und ein Kri-<br />
senmanagement noch aktiver gestalten. Und<br />
dazu gehört eine Wetterrisikoabsicherung!<br />
Wie geht das Ausland mit der Absicherung<br />
seiner Landwirte um?<br />
Es ist eindrucksvoll, wie andere EU-Länder<br />
auf die Zunahme der Wetterextreme reagie-<br />
ren oder bereits reagiert haben. Die staat-<br />
lich unterstützen Wetterrisikoabsicherungen<br />
stellen in diesen Ländern einen wirksamen<br />
Schutz gegen witterungsbedingte Extrem-<br />
ereignisse dar, und dienen der Existenzab-<br />
sicherung der bäuerlichen Landwirtschaft<br />
und auch der Sonderkulturen. Viele EU-<br />
Länder haben geeignete finanzielle Anreizsysteme<br />
zur Absicherung von Wetterrisiken<br />
entwickelt. Staaten wie Frankreich,<br />
Portugal, Ungarn, Spanien, Italien und seit<br />
2010 auch die Niederlande, sehen diese Form<br />
der Absicherung als Bestandteil ihres Versorgungsauftrages.<br />
Diese Regierungen sagen<br />
sich, dass die Versorgung mit einheimischem<br />
Gemüse für deren Bürger sichergestellt sein<br />
muss. Dafür unterstützen diese Staaten die<br />
Landwirtschaft mit finanziellen Anreizsystemen,<br />
wie z.B. der Förderung einer <strong>Hagelversicherung</strong>.<br />
Eine Einstellung, die ich mir von der<br />
deutschen Bundesregierung auch in dieser<br />
Form wünschen würde. Hier in Deutschland<br />
muss der Obst- oder Gemüsebauer eher den<br />
Eindruck gewinnen, dass die deutschen Obstund<br />
Gemüsebaubetriebe mit ihrem Wetterrisiko<br />
alleine gelassen werden. Wie gesagt,<br />
in anderen EU-Ländern sieht die Unterstützung<br />
viel besser und zukunftssicherer aus.<br />
Ich sehe deren Förderung als einen Wettbe-<br />
Geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
im europäischen<br />
Vergleich<br />
Länder mit<br />
Förderung<br />
Länder ohne<br />
Förderung<br />
werbsnachteil für die deutschen Sonderkulturbetriebe.<br />
Auf einem globalen Markt, wo<br />
fast alles nur noch über den Preis geregelt<br />
wird, ist das eine massive Benachteiligung<br />
für die deutschen Produzenten.<br />
Fazit – eine finanziell geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
führt zu einem größeren<br />
Durchversicherungsgrad, und damit zur besseren<br />
Risikoverteilung und schlussendlich zu<br />
einer Tarifsenkung. Daran müssten doch alle<br />
interessiert sein. Die Gesellschaft akzeptiert<br />
eher ein solches Instrument zur Risikovorsorge<br />
als die kurzfristigen Ad-hoc-Hilfen. Wir<br />
müssen die Landwirte auch aus der Form der<br />
Bittsteller herausführen. Und da bietet sich<br />
die finanziell geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
als ein wichtiger Baustein für ein wirksames<br />
Risikomanagement an, denn sie dient<br />
zur Existenzsicherung der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe, zumal diese Hilfe EU-konform<br />
ist. Mit Blick auf die anstehende Reform der<br />
EU-Agrarpolitik für die Zeit nach 2013 bin ich<br />
überzeugt, dass das Thema Wetterrisikoabsicherung<br />
eine zusätzliche Dynamik bekommen<br />
wird. Das Thema Wetterrisikoabsicherung<br />
muss jedoch vielmehr in den Berufsverbänden<br />
thematisiert werden. Die deutschen<br />
Sonderkulturbetriebe brauchen diese Unterstützung,<br />
und zwar nicht als Bittsteller, sondern<br />
zum Aufbau einer existenzsichernden<br />
Betriebsführung.<br />
Was fordern Sie?<br />
Wenn die Gesellschaft makelloses einheimisches<br />
Gemüse, eine stabile Obst- und<br />
Gemüsewirtschaft haben will, und sich an<br />
einer unverbauten Natur erfreuen will, muss<br />
die Gesellschaft, und damit der Staat, finanzielle<br />
Anreizsysteme für eine Wetterrisikoabsicherung<br />
schaffen. Hier ist der deutsche Staat<br />
gefordert, eine finanziell gestützte Wetterrisikoabsicherung<br />
einzuführen.<br />
Das Schadenjahr 2009 zeigte doch wieder<br />
einmal besonders deutlich, dass die einzelnen<br />
Bundesländer mit der Bereitstellung<br />
von Unterstützungen und deren Abwicklung<br />
überfordert waren. Die Landesregierung<br />
in Baden-Württemberg hat sich viel vorgenommen<br />
und die Obst- und Gemüsebauern<br />
sinnvoll unterstützt. Doch werden einmalige<br />
Entschädigungsleistungen dem Potential der<br />
Risiken nicht gerecht. Abhilfe schaffen kann<br />
hier nur eine starke Gefahrengemeinschaft,<br />
die mit einer soliden finanziellen Basis ausgestattet<br />
ist, und so gemeinsam die vielen<br />
Witterungsrisiken schultern kann. Ich sehe<br />
eine finanziell geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
als Hilfe zur Selbsthilfe. Zumal die<br />
EU diesen Instrumenten sehr positiv gegenübersteht.<br />
Förderung in EU-Ländern (Auszug)<br />
Land<br />
Förderung in % der<br />
Versicherungsprämie<br />
Versicherungssteuer<br />
Österreich 50 0,2 ‰<br />
Tschechien 35 Befreit<br />
Spanien 35 bis 65 Befreit<br />
Frankreich 35 Befreit<br />
Italien 50 bis 80 2,5 % (bezuschusste Policen steuerfrei)<br />
Litauen 50 0,47 % (inländische Anbieter)<br />
Luxemburg 50 4 %<br />
Niederlande circa 65 % (ab 2010) 7 % (Allgemeiner Steuersatz)<br />
Polen 35 bis 40 Befreit<br />
Portugal 40 bis 80 5 % + 6 % + 0,25 %<br />
Slowakei 35 0 (generell)<br />
0,2 ‰ von der Versicherungssumme;<br />
Deutschland<br />
Baden-Württemberg ab 2010: Förderung<br />
von Hagelprämien über 10 % Beitragssatz<br />
Mehrgefahren: 19 % vom Beitrag (auch<br />
wenn im Zweig <strong>Hagelversicherung</strong> realisiert)<br />
3
4<br />
Interview mit Karl Schmitz, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst<br />
und Gemüse (BVEO)<br />
Krisenmanagement der anerkannten Erzeugerorganisationen –<br />
Neue Möglichkeiten intensiv genutzt!<br />
Die anerkannten Erzeugerorganisationen<br />
sollen Marktkrisen mit einem geeigneten<br />
Krisenmanagement verwalten können, so<br />
hat es der EU-Rat vor einem Jahr beschlossen.<br />
Das Krisenmanagement tritt ein, um auf den<br />
Obst- und Gemüsemärkten Krisen zu vermeiden<br />
bzw. zu verhindern.<br />
Über die ersten Erfahrungen, wie die deutschen<br />
Erzeugerorganisationen mit diesem<br />
Instrument umgegangen sind und weiterhin<br />
umgehen, sprachen wir mit Karl Schmitz,<br />
Geschäftsführer der Bundesvereinigung der<br />
Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse<br />
(BVEO). Die Fragen stellte Michael Lösche,<br />
Prokurist, VEREINIGTE HAGEL.<br />
Welche Möglichkeiten bot die Ausgestaltung<br />
dieser Krisenmanagements?<br />
Der EU-Rat hat vor einem Jahr den anerkannten<br />
Erzeugerorganisationen die Möglichkeit<br />
eröffnet, Marktkrisen mit einem geeigneten<br />
Krisenmanagement zu verwalten. In diesem<br />
Zusammenhang werden Marktrücknahmen<br />
wie Grünernte, Ernteverzicht, Absatzförderung<br />
und Information, Aus- und Weiterbildung,<br />
Ernteversicherung und Verwaltungskosten<br />
für die Gründung eines Selbsthilfefonds<br />
genannt. Die EU-Beihilfenobergrenze<br />
des Wertes der vermarkteten Erzeugung<br />
erhöht sich bei Durchführung dieser Maßnahmen<br />
für die Erzeugerorganisationen auf 4,6 %.<br />
Wie sehen Sie dies im europäischen Kontext?<br />
– Wie wird dieser Punkt in anderen Ländern<br />
genutzt?<br />
Es stellt sich heraus, dass die Mittelmeerländer<br />
unter Krisenmanagement etwas Anderes<br />
verstehen, als wir Nordländer. Es ist für<br />
uns klar, dass das Krisenmanagement keine<br />
Regulierung eines Überangebotes sein kann!<br />
Deswegen sind wir auch strikt gegen eine<br />
Grünernte. Die Bundesvereinigung sieht<br />
darin die Fortführung der Wegwerfpolitik,<br />
denn unter Krisenmanagement verstehen<br />
wir nicht die Beseitigung von nicht marktgerechten<br />
Qualitäten. Für uns ist das Instrument<br />
des Krisenmanagements dann sinnvoll,<br />
wenn es für plötzlich auftretende Ereignisse<br />
genutzt wird, nicht für strukturelle Fehl-<br />
Karl Schmitz, Geschäftsführer der Bundesvereinigung<br />
der Erzeugerorganisationen<br />
Obst und Gemüse (BVEO)<br />
entscheidungen. Diese Strukturfehler muss<br />
der Markt regeln. Durch Wetterrisiken auftretende<br />
Krisensituationen können jedoch nicht<br />
vom Markt geregelt werden. Hier ist ein sinnvolles<br />
Krisenmanagement gefragt. Ziel muss<br />
sein, die immer häufiger auftretenden Wetterrisiken<br />
entsprechend abzusichern.<br />
Was versteht die BVEO unter Krisenprävention<br />
und Krisenmanagement?<br />
Nachdem die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen<br />
Obst und Gemüse durch<br />
intensive Zusammenarbeit mit dem Rat und<br />
anderen internationalen Organisationen<br />
diese Möglichkeit des Krisenmanagements<br />
erarbeitet hat, ging es in Deutschland um<br />
die Umsetzung. Hierzu haben wir mit unseren<br />
Mitgliedern und den Ländervertretern<br />
einen Arbeitskreis gegründet, der machbare<br />
und geeignete Instrumente für die deutschen<br />
Erzeugerorganisationen erarbeitet hat.<br />
Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch<br />
dieses Programm für Betriebe und EOs?<br />
Für die Bundesvereinigung war klar, dass<br />
es Ziel sein müsse, mit diesen Instrumenten<br />
eine Art Sicherungsnetz aufzubauen,<br />
so dass die Obst- und Gemüsebauern und<br />
deren Erzeugerorganisationen gegen Auswirkungen<br />
außergewöhnlicher Marktkrisen<br />
geschützt sind, ohne dass dauerhaft in<br />
das Marktgeschehen eingegriffen wird. Des-<br />
halb stand bei uns auf der Prioritätenliste die<br />
Möglichkeit, eine Ernteversicherung sinnvoll<br />
zu nutzen.<br />
Vor allem auch deswegen, weil die Wetterextreme<br />
zunehmen und demzufolge die Prämien<br />
steigen werden. In dieser Situation müssen<br />
alle Möglichkeiten genutzt werden, die Obstund<br />
Gemüsebauern und deren Erzeugerorganisationen<br />
zu unterstützen. Ein Schutz durch<br />
Hagelnetze ist nicht überall durchzusetzen<br />
(Mitgliederstruktur, Tourismus, Anbautechnik).<br />
Damit die Prämien bezahlbar bleiben,<br />
haben wir uns entschlossen, eine Unterstützung<br />
der <strong>Hagelversicherung</strong> als das geeignetste<br />
Instrument anzusehen. Zusammen<br />
mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium<br />
und der VEREINIGTE HAGEL haben<br />
wir unter unserer Leitung ein angepasstes<br />
und EU-konformes System aufgebaut, um<br />
die Umsetzungen aus Brüssel praktikabel<br />
zu gestalten.<br />
Sie haben zusammen mit der VEREINIGTE<br />
HAGEL dieses Programm initiiert. Wie ist die<br />
Zusammenarbeit mit der VH entstanden?<br />
Die Aufgabe war, Chancen, die uns die<br />
Gemeinsame Marktorganisation Obst und<br />
Gemüse bieten, zu nutzen, sowie Möglichkeiten<br />
und Lösungen für unsere Mitglieder<br />
zu erarbeiten. Die Bundesvereinigung Obst<br />
und Gemüse hatte mehrere Versicherungsanbieter<br />
angeschrieben und deren Angebote<br />
intensiv geprüft. Dabei stellte sich heraus,<br />
dass die VEREINIGTE HAGEL das einzige<br />
europäische Versicherungsunternehmen in<br />
Deutschland ist, das ein bundesweites Versicherungsmodell<br />
anbietet. Auch sehr positiv<br />
für unsere Mitglieder ist, dass die VEREINIGTE<br />
HAGEL auf Grundlage einer gewinnneutralen<br />
Gegenseitigkeit operiert.<br />
Die Umsetzung in den einzelnen Bundesländern<br />
wird sehr unterschiedlich gehandhabt.<br />
Wo sehen Sie die Ursachen hierfür?<br />
In diesem ganzen Thema steckt eine Menge<br />
Dynamik, auch deshalb, weil es kein Schema<br />
gibt, an dem wir uns orientieren konnten<br />
und können. So musste dann jede Erzeugerorganisation<br />
eigene Programme schreiben,<br />
die wiederum den Ländervertretern vorge-
legt werden mussten. Und hier zeigt sich<br />
das ganze Dilemma. Trotz der fachkundigen<br />
Zusammenarbeit mit der VEREINIGTE HAGEL,<br />
meinten einige Ländervertreter eine besondere<br />
Auslegung der Brüsseler Verordnung<br />
machen zu müssen. Dies führte zu einer massiven<br />
Mehrarbeit und zu viel Verdruss. Diesen<br />
Ländervertretern muss klar gemacht werden,<br />
dass es sich um berechtigte Instrumente für<br />
die Obst- und Gemüsebauern handelt. Die<br />
Brüsseler Verordnung ist weit gefasst und<br />
lässt Spielraum, den wir für unsere Betriebe<br />
besser nutzen könnten. Wir haben jedoch zu<br />
viele unterschiedliche Entscheidungen für<br />
dieselben Maßnahmen. Dies ist nicht nachzuvollziehen.<br />
Und dies wiederum führt zu…?<br />
Und dies wiederum führt zu teilweise starken<br />
Wettbewerbsverzerrungen innerhalb<br />
Deutschlands. Bei einem Blick ins Ausland<br />
wird es noch ärgerlicher. Denn in vielen EU-<br />
Ländern läuft die Umsetzung reibungsloser<br />
und viel unkomplizierter. Wenn ich mir dann<br />
auch noch deren staatliche Unterstützung,<br />
beispielsweise für <strong>Hagelversicherung</strong>en<br />
ansehe, sind inzwischen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen<br />
zu Lasten der deutschen<br />
Erzeugerorganisationen entstanden.<br />
Und dann treffen wir uns mit diesen unterschiedlichen<br />
Wettbewerbsbedingungen alle<br />
auf dem gleichen Markt, wo letztendlich nur<br />
der Preis zählt.<br />
Welche Möglichkeiten/Wünsche haben<br />
Sie für die Umsetzung in der Zukunft?<br />
Wir wollen den Fortbestand der GMO in dieser<br />
Form. Die Instrumente des Krisenmanagements<br />
müssen erhalten bleiben, wenn<br />
nicht sogar ausgebaut werden – jedoch als<br />
Element der Wetterrisikoabsicherung, und<br />
nicht als Element der Marktbereinigung.<br />
Deswegen sollten wir auch nicht mehr den<br />
Begriff Ernteversicherung benutzen, denn der<br />
Begriff der Wetterrisikoabsicherung trifft den<br />
Sachverhalt besser.<br />
BVEO – Das Profil<br />
Seit 1970 ist die Bundesvereinigung<br />
(BVEO) der nationale Zusammenschluss<br />
von Erzeugerorganisationen für Obst<br />
und Gemüse oder deren Vereinigungen<br />
im Sinne der Gemeinsamen EU-Marktorganisation<br />
für Obst und Gemüse, also<br />
ein Branchenverband für Obst und<br />
Gemüse.<br />
Der Bundesvereinigung gehören acht<br />
regionale Marktvereinigungen an<br />
(Stand 31. Dezember 2009). In den regionalen<br />
Marktvereinigungen sind zahlreiche<br />
Erzeugerorganisationen vertreten.<br />
Davon haben 30 den Status der amtlich<br />
anerkannten EO, gemäß VO 2200/96, die<br />
übrigen sind „Altmitglieder“, die nach der<br />
alten VO 1035/72 anerkannt waren.<br />
„Meine Erfahrung in den letzten Jahren hat mir gezeigt, dass die VEREINIGTE HAGEL sehr<br />
nahe an unserer Branche ist. Sie ist für mich unser Versicherer. Es hat keinen Sinn, mit praxisfremden<br />
Versicherungsgesellschaften zu arbeiten. Die <strong>Vereinigte</strong> <strong>Hagelversicherung</strong><br />
<strong>VVaG</strong> kennt durch ihre langjährigen Erfahrungen die Probleme der Praxis. Das erspart viele<br />
Diskussion und baut praxisnahe Lösungsmöglichkeiten auf”, sagte Karl Schmitz.<br />
Jan Schreuder, Niederlassungsleiter, VEREI-<br />
NIGTE HAGEL in den Niederlanden berichtet<br />
über die Wetterrisikoabsicherung in den<br />
Niederlanden.<br />
Wetterrisikoabsicherung<br />
löst Katastrophenfonds in den<br />
Niederlanden ab<br />
Die Diskussionen in<br />
den vergangenen<br />
Jahren über die<br />
steigenden Witterungsgefahren<br />
für<br />
die Agrarproduktion<br />
hat in den Niederlanden<br />
die Politik<br />
veranlasst, ein Projekt<br />
zwischen Staat,<br />
Versicherern und Landwirtschaft zu starten.<br />
Dabei sollen alle Wetterrisiken für den<br />
gesamten feldmäßigen Anbau abgedeckt<br />
werden. Im Rahmen dieses Projektes zahlt<br />
das niederländische Landwirtschaftsministerium<br />
für die Jahre 2010 und 2011 max. 60 %<br />
der von dem Anbauer an den Versicherer zu<br />
zahlenden Versicherungsprämien.<br />
Die verwendeten Fördermittel stammen zum<br />
großen Teil aus dem Topf der EU und werden<br />
nur zu einem geringen Teil aus dem niederländischen<br />
Staatshaushalt finanziert.<br />
Die in den Niederlanden angewendete Förderregelung<br />
ist WTO-konform und wird<br />
auch von anderen europäischen Staaten in<br />
gleicher oder ähnlicher Weise angewendet.<br />
Für Katastrophenfonds stehen ab sofort in<br />
den Niederlanden keine Haushaltsmittel<br />
mehr zur Verfügung.<br />
Die VEREINIGTE HAGEL ist in den Niederlanden<br />
als Versicherer für die neue geförderte<br />
Deckung zugelassen worden. Als deutsches<br />
Unternehmen auf dem niederländischen<br />
Markt kamen der VEREINIGTE HAGEL<br />
die langjährige Erfahrung mit der Absicherung<br />
von Wetterrisiken in anderen europäischen<br />
Ländern zugute. Das bereits im Markt<br />
bekannte Deckungskonzept Secufarm®<br />
wurde als Basis genutzt, und um die neuen<br />
Anforderungen des niederländischen Marktes<br />
erweitert. Die spezielle Deckungsvariante<br />
Secufarm® 7 beinhaltet die Gefahren Hagel,<br />
Sturm, Starkregen, Auswinterung, Frost,<br />
Schneedruck und Trockenheit. Zu berücksichtigen<br />
ist, dass die Förderung der Prämienzahlung<br />
erst ab einer Schadenquote von 30 % je<br />
betroffenes Feldstück einsetzt.<br />
5
6<br />
Gerhard Schulz Vorsitzender der Fachgruppe Gemüsebau im Bundesausschuss Obst und Gemüse<br />
Wir erwarten die uneingeschränkte Solidarität der Berufsverbände<br />
Bitte schildern Sie die aktuelle Situation!<br />
Als Vorsitzender der Fachgruppe Gemüsebau<br />
haben wir Einiges für unsere Gärtner erreicht.<br />
Da sind unter anderem zu nennen, die sinn-<br />
vollen Praxislösungen beim Pflanzenschutz;<br />
die Saison-Arbeitskräfteregelung ist zufrie-<br />
denstellend, obwohl hier noch einige wich-<br />
tige Detailfragen zu lösen sind. Wir haben es<br />
gemeinsam geschafft, die Herausforderun-<br />
gen der Gemüsebauern in der Politik darzu-<br />
stellen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzei-<br />
gen. Das hört sich gut an, war und wird aber<br />
auch in der Zukunft noch immer ein hartes<br />
Stück Arbeit sein.<br />
Massive Wettbewerbsnachteile direkt vor<br />
der Haustür!<br />
Wir haben den Politikern klargemacht, dass<br />
wir freie Unternehmer sind, und dies auch<br />
bleiben wollen. Doch wir brauchen die glei-<br />
chen Rahmenbedingungen, wie unsere aus-<br />
ländischen Gemüsegärtner. Wenn ich über<br />
die Grenzen schaue, und das sind hier nur<br />
20 Kilometer bis nach Holland, dann treten<br />
die Ungerechtigkeiten durch die unterschied-<br />
lichen Fördermöglichkeiten sehr deutlich zu<br />
Tage. So hat sich die niederländische Poli-<br />
tik dafür entschieden, ein Projekt zwischen<br />
Staat, Versicherern und Landwirtschaft zu<br />
starten. Hier liegt also ein massiver Wett-<br />
bewerbsnachteil direkt vor unserer Haustür!<br />
Wofür kämpfen Sie?<br />
Wir brauchen eine finanziell gestützte Betei-<br />
ligung an der <strong>Hagelversicherung</strong>! Hier wer-<br />
den wir uns als Fachgruppe Gemüsebau sehr<br />
deutlich positionieren. Wir müssen kämpfen,<br />
dass dieses berechtige Anliegen für die deut-<br />
schen Gemüsegärtner in die Politik getragen<br />
Betriebsspiegel:<br />
Betriebsgründung 1978, 25,8 ha Eigentum,<br />
60 ha Pachtfläche, 30.000 m2 Hochglas Typ<br />
Venlo-Bauweise, Mobiltische auf 13.000 m2 und 41.000 m2 im Bau<br />
Kulturen: Schnittlauch im Freiland; Unterglas,<br />
Beet- und Balkonpflanzen, Gurken,<br />
Schnittlauchtreiberei, Petersilie, Basilikum,<br />
gemischte Kräuter. Alle Kulturen werden über<br />
Samen gezogen bis auf die Pfefferminze. Die<br />
Vermarktung erfolgt genossenschaftlich<br />
über die Gartenbauzentrale Papenburg eG.<br />
„Wir brauchen eine finanziell gestützte Beteiligung an der <strong>Hagelversicherung</strong>!”, sagte Gerhard<br />
Schulz, Vorsitzender der Fachgruppe Gemüsebau (li.) im Gespräch mit Michael Lösche<br />
wird. Es ist aber auch der Deutsche Bauern-<br />
verband aufgefordert, dieses Thema politisch<br />
intensiver zu begleiten. Der DBV muss sich<br />
mehr bewegen und in Brüssel die Möglich-<br />
keiten für uns ausloten und für uns kämpfen.<br />
Die Sonderkulturbetriebe erwarten die Soli-<br />
darität des DBV, wie dies auch beim Thema<br />
„Erhöhung der Versicherungssteuer“ bei der<br />
Mehrgefahrenversicherung geschehen ist.<br />
Wir sitzen alle in einem Boot – und somit<br />
betrifft es uns alle!<br />
Erhöhung der Versicherungssteuer – Könn-<br />
ten Sie bitte näher darauf eingehen!<br />
Die Bundesregierung hat beschlossen, auf<br />
die Mehrgefahrenversicherung eine Steuer<br />
von 19 % zu erheben. Die Fachgruppe Gemü-<br />
sebau im Bundesausschuss Obst und Gemüse<br />
hat sich massiv dagegen ausgesprochen und<br />
eine Resolution verabschiedet. Wir fordern<br />
für die Mehrgefahrenversicherung die Beibe-<br />
haltung der Besteuerung auf Versicherungs-<br />
summenbasis, analog der <strong>Hagelversicherung</strong>.<br />
Denn nur so können auch in Deutschland<br />
die Bemühungen für eine adäquate Risiko-<br />
versicherung der Betriebe verstärkt werden.<br />
Der betrieblichen Risikovorsorge kommt in<br />
Zukunft, besonders vor dem Hintergrund<br />
des Klimawandels und der damit verbun-<br />
denen Zunahme von Wetterextremen, eine<br />
besondere Bedeutung zu. Die derzeitige Auf-<br />
fassung der Bundesregierung bezüglich der<br />
Versicherungssteuer der Mehrgefahrenversi-<br />
cherung verteuert den Versicherungsschutz<br />
erheblich und bestraft die Bemühungen<br />
der Betriebe für eine private Risikovorsorge.<br />
Die Politik fordert immer wieder, dass wir<br />
Gemüsegärtner uns eigenverantwortlich den<br />
Risiken stellen sollen. Und wenn wir das tun,<br />
werden wir auch noch mit einer Strafsteuer<br />
belegt! Das kann es doch wohl nicht sein!<br />
Hier haben sich der Zentralverband Gartenbau<br />
und später dann der Deutsche Bauernverband<br />
positioniert und uns auch massiv<br />
unterstützt. Trotzdem sind wir noch nicht<br />
am Ziel.<br />
Fazit<br />
Die Erhöhung der Steuer auf Versicherungen<br />
und die finanziell geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
sind Themen, die von uns weiter<br />
intensiv begleitet werden. Wir müssen<br />
dafür kämpfen, dass diese Themen in die Politik<br />
getragen werden. Dass ist aber auch eine<br />
wichtige Aufgabe für unsere Berufsverbände.<br />
Wir setzen uns auch deswegen so stark dafür<br />
ein, weil es sich mit der VEREINIGTE HAGEL<br />
hier um unsere Versicherung handelt. In dem<br />
Fachbeirat <strong>Hagelversicherung</strong> der Fachgruppe<br />
Gemüsebau zeigen wir immer wieder auf,<br />
wo die Praxis Lösungen von der Versicherung<br />
braucht. Deswegen ist der Vorwurf, dass nur<br />
die Versicherungen Geld verdienen, einfach<br />
haltlos. Die VEREINIGTE HAGEL ist keine herkömmliche<br />
Versicherung, sie ist unsere Versicherung.<br />
Die Struktur der Gegenseitigkeit<br />
ist so überzeugend, dass wir als Gärtner,<br />
als Mitglieder in einem Gegenseitigkeitsverein<br />
direkten Einfluss auf die Geschäftspolitik<br />
haben.
Interview mit Heinz Peter Frehn<br />
Eine Risikoversicherung ist ein Muss!<br />
Wer Spreewaldgurken kennt, kennt auch<br />
den Gurkenhof von Heinz Peter Frehn. In<br />
Schöneiche bei Golßen bewirtschaftet er<br />
Gemüse auf einer Fläche von circa 300 ha.<br />
Nachdem 1998 die Europäische Union die<br />
Spreewaldgurke in Herkunft und Verarbei-<br />
tung geschützt hatte, sah Heinz Peter Frehn<br />
seine Chance. Er siedelte vom Rheinland um<br />
und gründete 1999 den Betrieb. Nach und<br />
nach erweiterte er die Betriebsfläche. Im Jahr<br />
2003 waren es bereits 191 ha, im Jahr 2010<br />
sind es fast 367 ha. Die Hauptkultur ist die<br />
Einlegegurke mit 120 ha. Weiterhin werden<br />
auf 25 ha Schälgurken, auf 30 ha Porree, auf<br />
30 ha Rotkohl und Weißkohl, Sellerie, Kür-<br />
bis, Dill sowie auf 28 ha Gelbsenf angebaut.<br />
Auf 82 ha steht Körnermais. Neu sind jetzt<br />
20 Hektar Stachelbeeren. Seit 1988 sammelt<br />
Herr Frehn Erfahrungen mit Gurken im Spa-<br />
lieranbau. Die positiven Erfahrungen über-<br />
zeugten. Inzwischen kultiviert er auf circa<br />
15 ha Gurken im Spalieranbau.<br />
Beliefert wird die Obst- und Gemüseverar-<br />
beitung „Spreewaldkonserve Golßen GmbH”.<br />
Mit rund 70 Mio. € Umsatz im Jahr ist sie einer<br />
der größten Arbeitgeber in der Region.<br />
Heinz Peter Frehn ist seit vielen Jahren<br />
Vorstandsmitglied der Bundesfachgruppe<br />
Gemüsebau und Vorsitzender des Arbeits-<br />
ausschusses Vertragsgemüse.<br />
Der Betrieb<br />
Der größte Gurkenschlag umfasst circa 70 ha.<br />
In der Saison sind hier rund 700 Saison-<br />
Arbeitskräfte beschäftigt. Immer größer<br />
wird dabei der Anteil der rumänischen Ernt-<br />
ehelfer. Der Boden hat keine Speicherkapa-<br />
zität, so dass alle Anlagen mit einem Tropf-<br />
bewässerungssystem ausgerüstet sind.<br />
Somit sind fast 2.000 km Tropfschläuche<br />
verlegt. Die schlechte Wasserhaltekraft des<br />
Bodens kann auch zum Vorteil werden. Dann,<br />
wenn, wie in diesem Jahr, ein Starkregen mit<br />
70 mm Niederschlag fiel, das Regenwasser<br />
aber nach kürzester Zeit versickert war. Trotz-<br />
dem bleiben die Schäden durch Frost und<br />
besonders Hagel.<br />
Was sagen Sie zur <strong>Hagelversicherung</strong>?<br />
Dass ich eine <strong>Hagelversicherung</strong> haben muss,<br />
das sagen mir schon die Banken. Denn ich<br />
kann mit den Flächen nicht ausweichen, da<br />
Heinz Peter Frehn (li.) im Gespräch mit<br />
Thomas Gehrke und Michael Lösche<br />
die EU-geschützte Spreewaldgurke nur in<br />
einem bestimmten Gebiet angebaut wer-<br />
den darf.<br />
Wie stehen Sie zur Förderung einer unein-<br />
geschränkten Mehrgefahrenversicherung?<br />
Bei einer möglichen Förderung muss aber<br />
eine deutliche Abgrenzung erfolgen. So<br />
gehören bestimmte Risiken nicht in eine sol-<br />
che Förderung. Eine finanziell unterstützte<br />
Förderung einer Wetterrisikoabsicherung<br />
halte ich deshalb für die Risiken Frost, Hagel<br />
und Starkregen für sinnvoll.<br />
Die Wettbewerbsverzerrungen mit unseren<br />
ausländischen Nachbarn – zur polnischen<br />
Grenze sind es nur 10 km – sind gravierend!<br />
Wir kämpfen in der Fachgruppe Gemüsebau<br />
für eine finanzielle Förderung. Was<br />
uns jedoch fehlt, ist die Unterstützung des<br />
großen Berufsverbandes – dem Deutschen<br />
Bauernverband! Dass wir durch diese Wettbewerbsverzerrungen<br />
Nachteile in der Vermarktung<br />
haben, wird einem doch sofort klar.<br />
Sehen Sie sich die Förderungen an, die das<br />
europäische Ausland seinen Produzenten für<br />
Hagelbeihilfen gewährt. Wir deutschen Produzenten<br />
müssen die Prämien jedoch komplett<br />
selbst zahlen!<br />
Was schlagen Sie vor?<br />
Eine finanzielle gestützte Wetterrisikoabsi-<br />
cherung ist für uns Sonderkulturbetriebe das<br />
Gebot der Stunde. Für mich wäre eine Regelung,<br />
wie sie der Berufsstand und die Politik<br />
in Rheinland-Pfalz für den Weinbau erreicht<br />
haben, viel sinnvoller. Besonders konstruktiv<br />
ist, dass dort alle Winzer mit einbezogen<br />
werden, unabhängig von ihrer Verkaufsform.<br />
Damit wird ein Stück Gleichheit und Solidarität<br />
hergestellt.<br />
Diese Regelung sollte als Beispiel für eine<br />
bundeseinheitliche Regelung dienen!<br />
Dafür müssen, und dafür werden wir kämpfen!<br />
Wir müssen gemeinsam an solchen<br />
Bedingungen arbeiten – auch hier bei uns in<br />
Deutschland. Ich denke dass die anstehende<br />
Reform der GAP 2013 genügend Spielraum für<br />
eine solche Lösung lässt. Allerdings nur dann,<br />
wenn die Berufsvertreter einen starken deutschen<br />
Gemüsebau wollen.<br />
Pfalz: Massive Schäden durch Hagelsturm<br />
Schwere Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen<br />
und massivem Hagelschlag haben am<br />
10. und 11. Juni 2010 in der Südpfalz und in<br />
Rheinhessen schwerste Schäden an Weinreben,<br />
Obst und Gemüse angerichtet.<br />
„Das von starkem Hagelschlag betroffene<br />
Gebiet reichte von Landau in der Südpfalz<br />
bis zur französischen Grenze und dürfte<br />
die Ausmaße von 30 km Länge und 10 km<br />
Breite erreicht haben, erklärte Bezirksdirektor<br />
Dr. Heinzbert Hurtmanns von der VEREINIGTE<br />
HAGEL. Rund 6.000 ha Weinreben wurden<br />
verhagelt, wir schätzen den entstanden<br />
Gesamtschaden auf circa 25 Mio. €“.<br />
Schaden zieht sich durch viele Kulturen<br />
„Wir wollten den Salat nächste Woche<br />
schneiden, da er das optimale Gewicht<br />
erreicht hatte – jetzt bleibt nur noch die<br />
Fräse. In einem anderen Gebiet waren wir<br />
gegen 18.00 Uhr mit dem Pflanzen fertig,<br />
rechtzeitig für den Hagel, der eine Stunde<br />
später kam und alles zerstörte. Als ich den<br />
Schaden gesehen habe, wollte ich nicht<br />
mehr!“<br />
Das waren die ersten Reaktionen der Gemüse-<br />
und Obstbauern nach dem massiven<br />
Hagelschlag.<br />
7
8 AKTUELLE MEINUNGEN<br />
Karl Voges, Geschäftsführer der<br />
Gartenbauzentrale Papenburg<br />
Das Instrument des aktiven Krisenmanagements<br />
im Rahmen<br />
der Gemeinsamen Marktorganisation<br />
halte ich für den weitaus<br />
besseren Weg, als kurzfristige<br />
Hilfen. Brüssel hat hier Möglichkeiten<br />
für die Erzeugerorganisationen<br />
eröffnet. Diese Möglichkeiten<br />
setzen wir für unsere<br />
Betriebe intensiv um. In Niedersachsen haben wir mit dem Gartenbaureferat<br />
in der Landesregierung viele Möglichkeiten für ein<br />
aktives Krisenmanagement gemeinsam erörtert und erarbeitet.<br />
Wir werden uns mit diesem Thema weiter intensiv auseinandersetzen<br />
und auch offensiver forcieren. Dafür nutzen wir die sich<br />
bietenden Möglichkeiten eines aktiven Krisenmanagements für<br />
unsere Gärtner. Grundsätzlich muss die Eigenvorsorge gestärkt<br />
und nicht beschnitten werden.<br />
Klaus Mugele, Vorsitzender des<br />
Aufsichtsrates, VEREINIGTE HAGEL<br />
Wir sehen uns einer sich rasant verändernden<br />
Marktsituation gegenüber,<br />
vor allem bei Sonderkulturen<br />
und auch bei den Energiepflanzen.<br />
Die derzeitigen Schadereignisse<br />
verlangen mehr als je zuvor nach<br />
einem Liquiditätsschutz wie wir<br />
es als eine Spezialversicherung<br />
auf Gegenseitigkeit leisten. Dieser<br />
Liquiditätsschutz wird hier in Deutschland in Form einer Mehrgefahrenversicherung<br />
nicht unterstützt. Andere Länder sichern die<br />
Existenz ihrer Obst- und Gemüsebauern jedoch durch eine finanzielle<br />
Förderung der Mehrgefahrenversicherung. Dadurch erleiden<br />
unsere Landwirte Wettbewerbsnachteile gegenüber europäischen<br />
Berufskollegen. Ich möchte, dass wir auch in Zukunft Wetterrisiken<br />
zuverlässig für unsere Betriebe absichern können – dauerhaft<br />
und wettbewerbsfähig.<br />
Heinz Peter Frehn, Golßen<br />
Die steuerliche Risikoausgleichs-<br />
rücklage, die jetzt vorgeschlagen<br />
wird, muss doch auch von den<br />
Finanzämtern getragen werden.<br />
Ist das überhaupt geprüft worden?<br />
Meiner Meinung nach gibt<br />
es da noch keine klaren Richtlinien,<br />
und bevor das nicht gelöst wird,<br />
bringt dieser Vorschlag nichts<br />
und betreibt nur Augenwischerei.<br />
Bei dem Thema finanziell gestützte Wetterrisikoabsicherung wird<br />
immer wieder gemeint, dass nur die Versicherungen bei einer solchen<br />
Lösung verdienen. Die Leute, die sich so äußern, haben das<br />
Besondere an der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> nicht begriffen.<br />
Die VEREINIGTE HAGEL ist eine Versicherung von den Gärtnern für<br />
die Gärtner – somit fließen mögliche Gewinne wieder in die Rücklagen<br />
und damit zu uns, sie werden jedenfalls nicht an praxisfremde<br />
Aktionäre abgeführt.<br />
Jens Stechmann, Aufsichtsrat,<br />
VEREINIGTE HAGEL<br />
Wetterextreme können die Sonderkulturbetriebe<br />
überall in<br />
Deutschland treffen. Die Obstund<br />
Gemüsebauern müssen sich<br />
besser gegen diese Wetterextreme<br />
versichern können. Damit<br />
die Prämien bezahlbar bleiben,<br />
ist die Politik gefordert, geeignete<br />
Instrumente zu installieren<br />
– dies sichert die Konkurrenzfähigkeit<br />
deutscher Sonderkulturbetriebe. Vor allem in Hinblick<br />
auf unsere EU-Nachbarn, die die Versicherungsprämien fördern.<br />
Der deutsche Obst- und Gemüsebauer hingegen ist gravierenden<br />
Wettbewerbsbenachteiligungen ausgesetzt. Deswegen<br />
fordere ich, als stellvertretender Vorsitzender der Bundesfachgruppe<br />
Obstbau, eine finanzielle Unterstützung einer Wetterabsicherung.<br />
Hubert Gamber, Lustadt<br />
Ich bin Gemüse- und Ackerbauer aus Leidenschaft und seit 43 Jahren in der Urproduktion tätig, aber so einen<br />
verheerenden Hagelschlag wie den vom 9. Juni diesen Jahres habe ich noch nicht erlebt.<br />
In den letzten Jahren ist die Schadenhäufigkeit in unserer Region bedeutend höher, aber nicht in der Dimension,<br />
wie in diesem Jahr. Wenn man da nicht gut versichert ist, dann gute Nacht! Für eine komplette <strong>Hagelversicherung</strong><br />
ist sicherlich eine weitreichende Entscheidung wichtig: Spare ich mein Geld irgendwo an oder<br />
ist mein Betrieb rundum versichert?<br />
Ein rundum versicherter Betrieb wird auch heutzutage bei den Banken ganz anders beim Rating bewertet,<br />
und man kann dadurch auch seine Liquidität selbst stark beeinflussen. Meiner Meinung nach sollte der<br />
Staat auch die <strong>Hagelversicherung</strong>en in den Betrieben bezuschussen, da diese Maßnahmen im Schadensfalle<br />
auch die steuerliche Ertragslage für den Fiskus positiv beeinflussen. Gleichzeitig sind die Unternehmen und auch deren Familien<br />
finanziell abgesichert. Auch die Planungssicherheit im Schadensfalle ist bei richtiger Absicherung gegeben. Es ist natürlich jedem Betriebsleiter<br />
selbst überlassen, eine <strong>Hagelversicherung</strong> betriebswirtschaftlich für seinen Betrieb zu bewerten.
Eugen Geil, Harthausen<br />
Wir Gemüsebauern stehen unter<br />
einem massiven Druck durch die<br />
Märkte. Da zählt jeder Cent. Die<br />
Prämien der <strong>Hagelversicherung</strong><br />
tun schon weh – aber nur solange<br />
bis es hagelt. Da es aber immer<br />
öfter hagelt, ist für mich die<br />
<strong>Hagelversicherung</strong> ein absolutes<br />
MUSS, wobei die <strong>Hagelversicherung</strong><br />
nur ein Schutz sein soll. Ein<br />
Schutz, um den Betrieb am Laufen<br />
zu halten – wenn es hagelt. Wenn<br />
ich aber dann zu meinen ausländischen Kollegen gehe und höre,<br />
wie hoch deren Förderung ist, besteht ein starkes Ungleichgewicht<br />
– eine klare Benachteiligung unserer einheimischen Produktion.<br />
Das muss doch geändert werden! Durch die Politik gemeinsam<br />
mit dem Bauernverband. Für den Weinbau haben Sie in Rheinland-<br />
Pfalz doch eine praxisnahe Regelung erreicht! Sind wir Gemüsebauern<br />
denn weniger wert? Wir brauchen eine Förderung, entweder<br />
durch die Gemeinsame Marktorganisation – das ist ein guter<br />
Ansatz- oder aber durch ein finanziell gefördertes Anreizsystem.<br />
Mit solch einem Rückenwind können wir Spezialisten auch höher<br />
versichern, marktgerechter produzieren und im europäischen<br />
Wettbewerb bestehen. Dass will doch die Gesellschaft von uns<br />
Gemüsebauern. Wir dürfen mit so einer existenziellen Herausforderung,<br />
wie dem Wetterrisiko, nicht mehr alleine gelassen werden!<br />
Gerhard Schulz, Vorsitzender<br />
der Fachgruppe Gemüsebau<br />
im BOG<br />
Der Staat fordert von uns gärtnerischen<br />
Unternehmern immer<br />
wieder Eigeninitiative. Diese<br />
Eigeninitiative ist für mich eine<br />
Selbstverständlichkeit. Auch beim<br />
Krisenmanagement.<br />
Doch jetzt wird diese Eigeninitiative<br />
mit 19 % stark besteuert. Dies<br />
ist für mich eine unverständliche<br />
Entscheidung!<br />
Daher fordert die Fachgruppe Gemüsebau im Bundesausschuss<br />
Obst und Gemüse die Beibehaltung der Besteuerung auf Versicherungssummenbasis<br />
– analog der <strong>Hagelversicherung</strong> – für jede<br />
Form der Wetterrisikoabsicherung.<br />
Nur so können auch in Deutschland die Bemühungen für eine<br />
adäquate Risikoversicherung der Betriebe umgesetzt werden.<br />
Dies muss Ziel der Politik sein! Ich fordere die Politiker daher auf,<br />
schnellstens Korrekturen durchzuführen. Hier setzen wir auf die<br />
Solidarität des gesamten Berufsstandes.<br />
AKTUELLE MEINUNGEN<br />
Helmut Jäger, Vorsitzender<br />
des bayerischen Erwerbsobstbauverbandes<br />
Da es immer öfters und auch extremer<br />
hagelt, werden die Prämien<br />
steigen. Dies kann sich bald kein<br />
Obst- oder auch Gemüsebauer<br />
mehr leisten. Deswegen fordere<br />
ich eine strukturelle Lösung. Wir<br />
müssen auch in Bayern eine finanziell<br />
unterstützte <strong>Hagelversicherung</strong><br />
für die Sonderkulturen erreichen,<br />
wie es der Landeserwerbsobstbauverband<br />
in Baden-Württemberg geschafft hat.<br />
Daran arbeiten wir gemeinsam mit unseren Gemüsebaukollegen.<br />
Unser gemeinsamer Vorschlag ist, eine Förderung einer Wetterrisikoabsicherung<br />
als einen wichtigen Baustein zur Existenzsicherung<br />
für die aktiven Obst- und Gemüsebauern zu erreichen. Wir<br />
brauchen solche Rahmenbedingungen für die Obstbauern und<br />
Gemüsebauern, damit wir in Zukunft noch sicherere einheimisches<br />
Obst und Gemüse anbauen können. Denn das will die Gesellschaft.<br />
Zusammen mit meinen Kollegen aus dem Gemüsebau haben wir<br />
hier in Bayern jetzt erreicht, dass der Bayerische Bauernverband<br />
zusammen mit der Politik an Lösungen für uns Sonderkulturbetriebe<br />
arbeitet. Es kommt also Bewegung in eine für uns so existenzielle<br />
Sache.<br />
Hermann Reber, Ruchheim/<br />
Ludwigshafen<br />
Bei der Einführung einer Mehrgefahrenversicherung<br />
oder besser<br />
gesagt, einer Elementarabsicherung<br />
können nicht alle Risiken<br />
versichert werden – und die<br />
einzelnen Risiken müssen genau<br />
abgegrenzt werden.<br />
Für mich sind die derzeitigen Förderungen<br />
dieses Risikobereichs<br />
im europäischen Ausland ein klarer<br />
Wettbewerbsnachteil für uns<br />
deutsche Gemüseproduzenten.<br />
Die bestehenden Ungerechtigkeiten innerhalb der EU müssen<br />
daher beendet werden, denn sie stellen eine Benachteiligung unserer<br />
heimischen Produktion dar!<br />
Ich halte eine finanziell geförderte Elementarabsicherung für eine<br />
Form der Nachhaltigkeit. Daher fordere ich die Entscheidungsträger<br />
auf, sich dafür einzusetzen, in Deutschland eine finanziell<br />
geförderte und bundeseinheitliche Versicherung gegen Wetterrisiken<br />
einzurichten, so, wie dies bereits in anderen EU-Ländern<br />
der Fall ist!<br />
9
10<br />
Interview mit Florian Wolz, Geschäftsführer der Franken-Gemüse Knoblauchsland eG<br />
Absicherung durch geförderte <strong>Hagelversicherung</strong> muss kommen<br />
„Ich sehe in einer Förderung der <strong>Hagelversicherung</strong><br />
auf Landesebene, wie in Baden-<br />
Württemberg, die einzige und sinnvollste<br />
Möglichkeit für unsere andienenden<br />
Betriebe”, erklärte Florian Wolz.<br />
Die Franken-Gemüse Knoblauchsland eG<br />
besteht aus 40 andienenden Betrieben,<br />
wovon 27 Mitgliedsbetriebe sind. Die Genos-<br />
senschaft vermarktet sowohl die Produk-<br />
tion von circa 350 ha Freilandfläche als auch<br />
von 9,5 ha Gewächshausfläche. Die Haupt-<br />
kulturen sind Salate, Lauch, Kohlrabi, Gur-<br />
ken, Fenchel und Strauchtomaten. Am 11. Mai<br />
2010 wurde das Knoblauchsland von einem<br />
schweren Hagelunwetter getroffen. Ein<br />
Großteil der Betriebe der Franken-Gemüse<br />
Knoblauchsland eG, befindet sich im Scha-<br />
dengebiet. Das Interview führte Gabriele<br />
Kneer, VEREINIGTE HAGEL.<br />
Herr Wolz, welche Auswirkungen hatte das<br />
Hagelereignis vom 11. Mai auf Ihre Erzeuger-<br />
organisation?<br />
Kurzfristig fehlte uns Ware, das heißt unsere<br />
Warenverfügbarkeit war nicht mehr gegeben.<br />
Die Discounter, die wir beliefern, werben mit<br />
unseren regionalen Produkten, und haben<br />
uns deshalb in ihren Wochenprogrammen<br />
gelistet. Nach dem Hagelunwetter mussten<br />
wir auf Ware aus anderen Regionen auswei-<br />
chen, sodass wir nicht mit unserer Regionali-<br />
tät werben konnten. Mittelfristig konnten wir<br />
die Kulturen mit einer langen Kulturzeit, wie<br />
zum Beispiel Lauch, Fenchel, Kohl und Radic-<br />
chio bis Mitte August teilweise nur mit min-<br />
deren Qualitäten anbieten, die wir, abhän-<br />
gig von der Marktsituation, schwer oder gar<br />
nicht vermarkten konnten.<br />
Gibt es auch langfristige Folgen?<br />
Langfristig sehe ich vor allem die negati-<br />
ven Folgen für die Betriebe, insbesondere<br />
bei der Hagelhäufigkeit der letzten beiden<br />
Jahre. Denn auch am 11. Mai 2009 hatten wir<br />
ein schweres Hagelunwetter in der gleichen<br />
Region, im nördlichen Knoblauchsland. Das<br />
bedeutet, dass die gleichen Betriebe betroffen<br />
waren. Und dieses Jahr hat es nach dem<br />
11. Mai ein zweites Mal am 12. Juli gehagelt.<br />
Welche Folgen sehen Sie für die Betriebe?<br />
Im Frühjahr treten die Betriebe in hohe Vorleistungen,<br />
zum Beispiel durch den Kauf von<br />
Jungpflanzen. Die ersten Produkte werden<br />
um die 18. Kalenderwoche geerntet. Gehagelt<br />
hat es in der 19. Kalenderwoche. Für die<br />
Betriebe bedeutet dies, dass ihnen die ersten<br />
Einnahmen fehlen, um ihren Verbindlichkeiten<br />
nachzukommen. Im Salatanbau,<br />
mit 24 Produktionswochen, führt ein Ausfall<br />
von sechs bis acht Wochen zu einem Viertel<br />
bis einem Drittel weniger Ertrag und damit<br />
weniger Einnahmen.<br />
Welche Reaktionen kamen von den Betrieben<br />
nach dem 11. Mai?<br />
Viele Betriebe fürchten um Ihre Existenz und<br />
suchen nach Alternativen oder Lösungsmöglichkeiten.<br />
Und für uns als Erzeugerorganisation<br />
ist das Fortbestehen unserer Betriebe<br />
genauso wichtig, denn nur so können auch<br />
wir bestehen. Die Absicherung unserer Mit-<br />
.<br />
Der Hagelschlag vom 11. Mai 2010 verursachte langfristige Folgen.<br />
gliedsbetriebe durch eine <strong>Hagelversicherung</strong><br />
ist in den letzten Jahren so zu einem zentralen<br />
Thema für uns geworden. Erzeugerorganisationen<br />
können seit 2009 auch über die<br />
Operationellen Programme der EU die <strong>Hagelversicherung</strong><br />
ihrer Mitglieder fördern. Diese<br />
Möglichkeit haben wir als Franken-Gemüse<br />
Knoblauchsland eG momentan jedoch noch<br />
nicht, da wir keine anerkannte Erzeugerorganisation<br />
sind. Und zinsvergünstigte Darlehen,<br />
wie sie den betroffenen Betrieben angeboten<br />
wurden, müssen zurückbezahlt werden<br />
– im Gegensatz zu Entschädigungsleistungen<br />
aus einer <strong>Hagelversicherung</strong>. Außerdem sind<br />
diese Darlehen keine sicheren Zusagen für<br />
die Zukunft und sie bedeuten eine weitere<br />
deutliche Belastung für die Betriebe.<br />
Gibt es Alternativen für Sie?<br />
Ich sehe momentan in einer Förderung der<br />
<strong>Hagelversicherung</strong> auf Landesebene, wie in<br />
Baden-Württemberg, die einzige und sinnvollste<br />
Möglichkeit für unsere andienenden<br />
Betriebe. Besonders deshalb, da auf diese<br />
Weise auch Nichtmitgliedsbetriebe eine Förderung<br />
erhalten würden. Die <strong>Hagelversicherung</strong><br />
ist nach wie vor für die Betriebe ein Kostenfaktor.<br />
Die Notwendigkeit einer Absicherung<br />
gegen Hagel ist den Betrieben in den<br />
letzten Jahren deutlich bewusster geworden.<br />
Jetzt gilt es, die Voraussetzungen zu schaffen,<br />
um einen nachhaltigen regionalen Gemüseanbau<br />
zu sichern, vor allem vor dem Hintergrund<br />
der steigenden Unwetterhäufigkeit.
Internationale Zusammenarbeit<br />
Gemeinsame Leitlinien erarbeitet<br />
Wie wird ein Schaden gerecht ermittelt?<br />
Kann ein Anbauer die Festsetzung der Scha-<br />
denquote nachvollziehen? Das sind die<br />
Grundfragen einer jeden Schadenregulierung.<br />
„Die Schadenquote zu erfassen, erfordert<br />
einen hohen Sachverstand und viel Hintergrundwissen“,<br />
betonte Michael Lösche,<br />
Prokurist der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong><br />
<strong>VVaG</strong>. „Deswegen werden von unserer Versicherungsgesellschaft<br />
nur Personen als Sachverständige<br />
eingesetzt, die eine langjährige<br />
Praxiserfahrung haben, oder ein Studium der<br />
Agrarwissenschaften aufweisen können. Bei<br />
der Ermittlung der Schadenquote sind viele<br />
Besonderheiten zu berücksichtigen, und diese<br />
kann nur ein Spezialversicherer kennen. Nur<br />
so kann eine gerechte und realistische Schadenregulierung<br />
gewährleistet werden“.<br />
Deutsch – italienische Gemeinschaftstaxe<br />
Die Gemeinschaftstaxe von italienischen<br />
und deutschen Sachverständigen fand in<br />
Piacenza, einem Hauptanbaugebiet von Industrietomaten,<br />
statt. „Auch wenn die Erfahrungen<br />
bei einer Spezialkultur, wie Industrietomaten,<br />
nicht direkt auf deutsche Verhältnisse<br />
umgesetzt werden können, ist es wichtig,<br />
gemeinsam Richtlinien für eine übergreifende<br />
Schätzmethodik zu erarbeiten“, führte<br />
Michael Lösche aus. „Hier können wir unsere<br />
in Deutschland gesammelten Erfahrungen<br />
und unser Fachwissen sehr gut einbringen“.<br />
Kombination von Hagel und Starkregen<br />
erschweren die Schätzung<br />
Industrietomaten dürfen in diesem Jahr nur<br />
in dem begrenzten Zeitraum vom 26. Juli bis<br />
25. September 2010 an die Verarbeitungsindustrie<br />
abgeliefert werden, dann ist Annahmeschluss.<br />
Die Verarbeitungsindustrie rechnet<br />
damit, dass erst im September bis zu 50 %<br />
der Ware angeliefert werden kann. Der starke<br />
Regen im März/April machte ein rechtzeitiges<br />
Auspflanzen der Tomatenpflanzen<br />
unmöglich. Dies führte bereits zu einer Verzögerung<br />
um bis zu zwei Wochen. Ein verheerender<br />
Hagelschlag am 17. Juni 2010 und<br />
ein Starkregenereigniss , eine Woche später,<br />
Sachverständige aus Modena, der Region Puglia und Piacenza – den Hauptanbaugebieten<br />
von italienischen Industrietomaten – trafen sich mit deutschen Sachverständigen, um<br />
gemeinsame Richtlinien zur Schadenschätzung zu erarbeiten.<br />
Dr. Alfredo Cavalli<br />
erläutert die Einteilung<br />
der Schadenklassen<br />
bei den Industrietomaten.<br />
mit mehr als 80 mm Regen innerhalb von<br />
72 Stunden, führten zu einer Wachstumsverzögerung<br />
und damit zu einer späteren<br />
Abreife der Tomaten. Die Kombination dieser<br />
beiden Schadenereignisse macht die Schätzung<br />
besonders schwierig, denn die Sachverständigen<br />
sind mit der Frage konfrontiert,<br />
was der Anbauer bis zum Annahmeschluss<br />
geerntet hätte, wenn kein Schadenereignis<br />
eingetreten wäre. Unter der kompetenten<br />
Leitung von Dr. Alfredo Cavalli trafen sich<br />
Sachverständige aus Modena, und Piacenza<br />
sowie aus der Region Puglia, um gemeinsam<br />
mit deutschen Sachverständigen die<br />
Schäden zu begutachten. In einer Gemeinschaftstaxe<br />
werden die Schäden besprochen.<br />
Es wurden unterschiedliche Methoden zur<br />
sachgerechten Schätzung angewendet, verglichen<br />
und eventuell angepasst. „Nur durch<br />
diesen fachlichen Austausch von Informationen<br />
und Erfahrungen erreichen wir das sachlich<br />
beste Ergebnis für die Anbauer“, betonte<br />
Dr. Cavalli. „Der Hagelschlag brachte nicht<br />
nur eine Verzögerung im Wachstum und<br />
einen Mengenverlust, sondern außerdem<br />
auch einen Qualitätsverlust, da Industrietomaten<br />
in Italien auch nach Inhaltsstoffen<br />
und dem Brixwert abgerechnet werden“.<br />
Die in der Gemeinschaftstaxe gesammelten<br />
Erfahrungen werden in den Leitlinien<br />
zur Schadensschätzung Einfluss finden und<br />
so letztlich auch dem Anbauern zu Gute<br />
kommen.<br />
11
12<br />
Versuchsarbeit bei der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong>:<br />
Ein Baustein für eine gerechte Schadenregulierung<br />
Bei der Versicherung von Obst und Gemüse<br />
ist die Einhaltung bestimmter, genau defi-<br />
nierter Qualitätsmerkmale für die Vermark-<br />
tung unerlässlich. Obst und Gemüse, das die-<br />
sen Handelsnormen nicht entspricht, kann<br />
nicht verkauft werden. Ein Hagelschlag kann<br />
massive Auswirkungen auf die Verkaufsfä-<br />
higkeit von Obst und Gemüse haben – ent-<br />
weder durch die direkten Schäden oder aber<br />
durch indirekte Schäden, die einen negativen<br />
Einfluss auf die Mindestgrößen oder auf die<br />
Lagerfähigkeit haben. Die Grundfragen, die<br />
sich Anbauer und Versicherer bei jeder Regulierung<br />
stellen, sind: Wie wird ein Schaden<br />
ermittelt und ist die Festsetzung der Schadenquote<br />
nachzuvollziehen?<br />
Versuchsarbeit ist Basis für<br />
internationale Schätzleitlinien<br />
Um eine gerechte und einheitliche Schadenregulierung<br />
zu gewährleisten, führt die <strong>Vereinigte</strong><br />
<strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong> in Zusammenarbeit<br />
mit Praxisbetrieben, Lehr- und<br />
Versuchsanstalten, Universitäten im In- und<br />
Ausland praxisnahe Versuche durch. Ziele<br />
sind die Erstellung von Leitfäden für die Schadenregulierung<br />
und die Überprüfung der<br />
angewandten Regulierungsrichtlinien. Dies<br />
geschieht nicht nur in Deutschland, sondern<br />
auch über die Grenzen hinaus im europäischen<br />
Ausland.<br />
Die Kernfragen der Versuchsarbeit lauten:<br />
• Welchen Einfluss haben unterschiedlich<br />
hohe Blattverluste zu verschiedenen Vegetationszeitpunkten<br />
auf die Ertragsmenge,<br />
und wie wirken sich diese auf die Qualität<br />
des Erntegutes aus?<br />
Erdbeeren – Versuchsschwerpunkt<br />
im Obstbau<br />
Der Schwerpunkt der Versuchsarbeit der<br />
VEREINIGTE HAGEL im Bereich der Obstversicherung<br />
konzentriert sich auf die Erdbeere.<br />
In dieser Kultur werden Versuche mit unterschiedlichen<br />
Versuchsanstellern zum Thema<br />
Versuchsdurchführung und erste Bonitierung des Möhrenversuches 2010<br />
Auswertung des Zwiebelversuches in Torún (Polen) im Rahmen des jährlichen Kongresses<br />
der Internationalen Vereinigung der Hagelversicherer (AIAG 2009)<br />
Laubverlust in Normalkulturen, in remontierenden<br />
Erdbeerbeständen sowie in der Jungpflanzenproduktion<br />
durchgeführt. Die Versuchsergebnisse<br />
dienen als Grundlage der<br />
Schadenermittlung in hagelgeschädigten<br />
Erdbeerbeständen.<br />
Zwiebel – Versuchsschwerpunkt<br />
im Gemüsebau<br />
Die Versuchsarbeit im Gemüsebau konzentriert<br />
sich auf die versicherten Hauptkulturen<br />
Zwiebeln, Kopfkohl, Spargel und Möhren.<br />
Diese Versuche werden in Deutschland und<br />
in Europa durchgeführt. Besonders der Austausch<br />
mit den ausländischen Kollegen gibt<br />
einen guten und wichtigen Überblick über<br />
die unterschiedlichen Auswirkungen von<br />
Laubverlusten in verschiedenen Klimaten.<br />
Der Versuchsstandort orientiert sich an den<br />
für die jeweilige Kultur wichtigsten Anbauregionen.<br />
Zwiebelversuche bilden schon seit<br />
circa acht Jahren einen Schwerpunkt der Versuchsarbeit<br />
der VEREINIGTE HAGEL. An fünf<br />
Standorten in Deutschland sowie außerdem<br />
in den Niederlanden, in Italien und in Polen,<br />
wurden zu verschiedenen Vegetationszeitpunkten<br />
Laubschäden in Zwiebelflächen<br />
simuliert, um deren Auswirkungen auf den<br />
unterschiedlichen Standorten auszuwerten.<br />
Im vergangenen Jahr stellte die VEREINIGTE<br />
HAGEL ihre Zwiebelversuche im Rahmen<br />
des jährlichen Kongresses der Internationalen<br />
Vereinigung der Hagelversicherer (AIAG
2009) in Torún (Polen) vor. Einem internati-<br />
onalen Fachpublikum erläuterte die VEREI-<br />
NIGTE HAGEL die Versuchsdurchführung und<br />
die Auswertung, und berichtete über die direkte<br />
Auswirkung der Ergebnisse für eine praxisorien-<br />
tierte Schadenregulierung.<br />
2010: Kohl und Möhren – Ein neuer<br />
Versuchsschwerpunkt<br />
Im Jahr 2010 bilden Versuche in Rot- und<br />
Weißkohl sowie in Möhrenbeständen den<br />
weiteren Schwerpunkt der Versuchsarbeit.<br />
Die Flächen liegen in intensiv geführten<br />
Gemüsebaubetrieben und unterliegen im<br />
Rahmen der guten, fachlichen Praxis allen<br />
praxisüblichen Behandlungen. Die Einflüsse<br />
von unterschiedlichen Laubverlusten beispielsweise<br />
Schäden des Vegetationspunktes<br />
zu unterschiedlichen Zeitpunkten werden<br />
bonitiert und versuchstechnisch verrechnet.<br />
Die Versuche laufen mindestens drei Jahre.<br />
Versuchsarbeit ist zentrale Aufgabe für<br />
eine praxisnahe Schadenregulierung<br />
Für die VEREINIGTE HAGEL ist die umfangreiche<br />
und kostenintensive Versuchsarbeit ein<br />
wesentlicher Teil zur exakten und praxisgerechten<br />
Schadenregulierung.<br />
Versuchsergebnisse aus den Spargelversuchen<br />
zu Beginn der 90er Jahre bilden auch<br />
heute für viele Sachverständige die Grundlage<br />
zur Bewertung von Aufwuchsschäden<br />
in Spargeljung- und Ertragsanlagen.<br />
Auch zukünftig wird die aktive Versuchsarbeit<br />
für die VEREINIGTE HAGEL eine der<br />
zentralen Aufgaben sein, um eine praxisnahe<br />
Schadenregulierung durchzuführen.<br />
Rotkohlversuch 2010: Wie wirken sich<br />
Blattflächenverluste nach Hagelschäden<br />
auf den Ertrag aus?<br />
Interview mit Michael Brückner, Vorsitzender Arbeitskreis Sonderkulturen<br />
im bayrischen Bauernverband und Vorsitzender Gemüseerzeugerverband<br />
Knoblauchsland<br />
„Bayerns Gemüsebau braucht Lösungen”,<br />
fordert Michael Brückner.<br />
Michael Brückner leitet zusammen mit seinem<br />
Bruder Günther in der vierten Generation<br />
einen alteingesessenen Gemüsebetrieb<br />
im Knoblauchsland bei Nürnberg. Der Familienbetrieb<br />
umfasst 25 ha Freilandfläche und<br />
2,25 ha Gewächshausfläche. Das Interview<br />
führte Gabriele Kneer, VEREINIGTE HAGEL.<br />
Herr Brückner, Ihre Unterglasflächen sind<br />
versichert, Ihr Freilandgemüse jedoch nicht.<br />
Stellen Schäden durch Wetterrisiken, wie<br />
Hagel im Freilandbereich, keine Gefährdung<br />
für Ihren Betrieb dar?<br />
Inzwischen ja. Bis vor 15 Jahren haben wir<br />
20 bis 30 Kulturen angebaut, darunter auch<br />
weniger stark gefährdete Kulturen.<br />
Ein Hagelunwetter hat so nur einen Teil der<br />
Ernte, die auf dem Feld stand, getroffen.<br />
Der Anbau vieler Kulturen bedeutete für<br />
unseren Betrieb eine Risikoverteilung auf<br />
mehrere Standbeine. Heute bauen wir vier<br />
Kulturen im Freiland an: Salat, Brokkoli, Rettich<br />
und Lauchzwiebeln. Durch den hohen<br />
Spezialisierungsgrad ist diese Risikoverteilung<br />
jetzt nicht mehr gegeben.<br />
Der Markt verlangt heute nach großen einheitlichen<br />
Partien. Als Einzelbetrieb, der<br />
selbstständig über den Großhandel vermarktet<br />
beziehungsweise direkt Ladengeschäfte<br />
beliefert, können wir dem nur über einen<br />
hohen Spezialisierungsgrad Rechnung tragen.<br />
Früher stand ich der <strong>Hagelversicherung</strong> sehr<br />
kritisch gegenüber. Ich war der Meinung, dass<br />
ein gesunder Betrieb Schäden durch Wetterrisiken<br />
selbst auffangen kann. Auf Grund der<br />
veränderten Strukturen, des hohen Spezialisierungsgrads<br />
und der Zunahme der Hagelhäufigkeit<br />
sind heute jedoch Lösungen<br />
außerhalb der innerbetrieblichen Risikovorsorge<br />
gefragt.<br />
An welche Lösungen denken Sie?<br />
Für mich ist eine der Lösungen die Mehrgefahrenversicherung.<br />
Neben dem Hagel treten<br />
auch Schäden an den Kulturen durch Starkregen<br />
und Sturm auf. Auch die Mehrheit meiner<br />
Berufskollegen sieht in der Versicherung<br />
von Wetterrisiken, vor allem Hagel, die einzige<br />
Möglichkeit, langfristig die Existenz ihrer<br />
Betriebe zu sichern. Besonders in den letzten<br />
beiden Jahren nach den Hagelereignissen in<br />
unserer Region. Allerdings stellt eine Hageloder<br />
Mehrgefahrenversicherung einen weiteren<br />
Kostenfaktor im Betrieb dar.<br />
Ein Kostenfaktor, der für einen Betrieb<br />
schwer zu tragen ist?<br />
Das Knoblauchsland ist kleinstrukturiert.<br />
Viele Betriebe sind Selbstvermarkter, wie wir,<br />
und können nur so, die für sie notwendigen<br />
Preise erzielen. Jeder weitere Kostenfaktor<br />
erschwert es vor allem für kleinstrukturierte<br />
Betriebe, konkurrenzfähig zu bleiben und auf<br />
dem Markt zu bestehen. Eine Förderung der<br />
Hagel- oder Mehrgefahrenversicherung und<br />
somit eine Reduzierung dieses Kostenfaktors<br />
ist daher dringend notwendig.<br />
Seit 2009 haben Erzeugerorganisationen<br />
die Möglichkeit, über die Operationellen Programme<br />
der EU die <strong>Hagelversicherung</strong> ihrer<br />
Mitglieder zu bezuschussen. Ist dies eine<br />
Möglichkeit für Ihre Region?<br />
Dies ist nur eine Möglichkeit für solche<br />
Betriebe, die an eine anerkannte Erzeugerorganisation<br />
andienen. Da die Mehrzahl der<br />
Betriebe hier im Knoblauchsland allerdings<br />
selbständig vermarkten, können sie nicht<br />
auf diese Möglichkeit zählen. Zudem gibt<br />
es dieses Programm lediglich bis 2013. Unseren<br />
Betrieb bewirtschaften wir jetzt in der<br />
vierten Generation. Wir brauchen eine langfristige<br />
Lösung, auf die wir zählen können.<br />
Und diese Lösung sollte unabhängig von<br />
einer EU-Förderung sein. Baden-Württemberg<br />
fördert seit diesem Jahr die <strong>Hagelversicherung</strong>sprämie.<br />
Dies sollte meiner Meinung<br />
nach auch in Bayern möglich sein. Denn<br />
nur so werden auf Dauer die Existenz der<br />
Betriebe, und damit auch eine Versorgung<br />
mit heimischen Produkten sichergestellt.<br />
13
14<br />
Interview mit Michael Lösche, Prokurist VEREINIGTE HAGEL<br />
Welche Bedeutung haben die Risikovorsorge und das Krisen-<br />
management für einen Sonderkulturbetrieb?<br />
„Die jetzige Situation, dass in Deutschland<br />
nur vereinzelt, länderspezifische<br />
finanzielle Förderung gewährt wird,<br />
stellt für mich eine klare Benachteiligung<br />
der deutschen Produzenten gegenüber<br />
der ausländischen Produktion<br />
dar”, stellte Michael Lösche, Prokurist,<br />
VEREINIGTE HAGEL, fest.<br />
In den letzten Jahren haben sich die Betriebs-<br />
strukturen von Sonderkulturbetrieben sehr<br />
verändert. So erfolgte oftmals eine Konzen-<br />
tration auf eine oder wenige Kulturen, diese<br />
meistens auf arrondierten Flächen. Dies ver-<br />
stärkt die Anfälligkeit der Betriebe gegen-<br />
über Risiken. Im Vordergrund einer betrieb-<br />
lichen Risikovorsorge muss immer die Absi-<br />
cherung existenzbedrohender Risiken stehen.<br />
Um die Zukunft eines Betriebes erfolgreich<br />
und nachhaltig zu sichern, ist es für einen<br />
Betriebsleiter wichtig und eine der zentra-<br />
len Aufgaben, eine gute betriebliche Risiko-<br />
vorsorge aufzubauen.<br />
Wie sieht eine nachhaltige Risikovorsorge<br />
eines Betriebes aus?<br />
Der Betriebsleiter muss seine wichtigen<br />
Betriebsrisiken identifizieren. Zu den wich-<br />
tigsten einkommensrelevanten Faktoren im<br />
Sonderkulturbereich zählt das Produktionsri-<br />
siko. Da die Produktion jedoch immer kosten-<br />
intensiver wird, führen Schäden durch Wet-<br />
terextreme, wie zum Beispiel Hagel, in den<br />
Betrieben zu hohen finanziellen Einbußen,<br />
bedingen Liquiditätsengpässe und können<br />
somit die Existenz der Betriebe gefährden.<br />
In Baden-Württemberg gibt es eine Förde-<br />
rung. Wie sieht die erreichte Regelung aus?<br />
Die neue Hagelbeihilfe ist Bestandteil<br />
eines Risikomanagement-Programms. Die<br />
Förderung beginnt ab einer Prämienhöhe von<br />
10 % und ist gestaffelt. Für den Beitragssatz<br />
von 10 % bis 15 % gibt es eine Förderung von<br />
65 %, allerdings nur für den Anteil, der den<br />
Sockelbetrag von 10 % übersteigt. Liegt der<br />
Beitragssatz über 15 %, gibt es in einer zweiten<br />
Stufe 80 % Förderung, aber nur für den<br />
Betrag, der den Beitragssatz von 15 % übersteigt.<br />
Der Höchstwert der geförderten Versicherungssumme<br />
liegt bei 18.000 €/ha. Die<br />
maximale Beihilfe beträgt 50 % der Beitragssumme/Hektar.<br />
Wie bewerten Sie die Diskussion um die<br />
Versicherungssteuer?<br />
Hier liegen in Europa weitere Wettbewerbsverzerrungen<br />
vor. Zurzeit bezahlen die<br />
Betriebe eine Versicherungssteuer bezogen<br />
auf die Versicherungssumme. Dabei ist es<br />
unerheblich, ob der Betrieb in einem hochtarifierten<br />
Gebiet eine hohe Prämie oder in<br />
einem niedrigtarifierten Gebiet eine niedrige<br />
Prämie bezahlt. Er zahlt die Versicherungssteuer<br />
immer bezogen auf die – von<br />
ihm gewählte – Versicherungssumme. In<br />
Zukunft, wenn weitere Risiken neben dem<br />
Hagel versichert werden sollen, wie zum Beispiel<br />
das Risiko Starkregen, hat die Bundesregierung<br />
beschlossen, eine Versicherungssteuer<br />
in Höhe von 19 % auf die Prämie zu<br />
erheben. In vielen anderen europäischen Ländern<br />
sind diese Risikoprämien von der Versicherungssteuer<br />
komplett befreit! Dort unterstützen<br />
die Regierungen die Betriebe finanziell<br />
auf verschiedenen Wegen. Dies geschieht<br />
sowohl durch eine direkte Unterstützung bei<br />
den Versicherungsprämien als auch durch<br />
eine geringere Steuer oder sogar durch einen<br />
direkten Steuerverzicht. Mit diesen Maßnahmen<br />
wird eine bedarfsgerechte und finanzierbare<br />
Risikoabsicherung des Betriebes<br />
erreicht.<br />
Welche Konsequenzen hat das für die<br />
Betriebe?<br />
Ich sehe zwei mögliche Reaktionen der<br />
Betriebe auf diese veränderte Steuersituation.<br />
Zum einen werden die Betriebe die Flächen<br />
unterversichern, indem sie die Versicherungssummen<br />
reduzieren, um so eine gerin-<br />
gere Steuerlast auf ihren Prämien zu haben.<br />
Zum anderen werden sie möglicherweise<br />
ganz auf die Versicherung verzichten. Aus<br />
meiner Sicht setzt die Bundesregierung hier<br />
ein völlig falsches politisches Signal.<br />
Aber es gibt doch zurzeit Förderungen in<br />
Deutschland?<br />
Die unterschiedlichen Förderungen in einigen<br />
Bundesländern sind wichtig und helfen<br />
den Betrieben. Der Berufsstand hat in diesen<br />
Bundesländern besonders viel für die Absicherung<br />
der Betriebe erreicht. Wir können<br />
nur hoffen, dass es auch in den übrigen Bundesländern<br />
gelingt, die „politischen Ohren“<br />
für die Probleme der Sonderkulturbetriebe<br />
zu öffnen und Lösungen zu schaffen.<br />
Wenn Sie dies im Vergleich zu den anderen<br />
EU-Ländern sehen – wie sieht es dort aus?<br />
Die Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der<br />
Europäischen Union sind kaum noch zu überbieten.<br />
Was den ausländischen Produzenten<br />
an staatlichen Beihilfen für deren Risikoabsicherung<br />
gewährt wird, ist nur als vorbildlich<br />
zu bezeichnen. Hier haben die Betriebe<br />
die Möglichkeit einer eigenen Risikovorsorge.<br />
Konsequenzen der neuen Versicherungssteuer<br />
Wenn ein Betriebsleiter seinen Betrieb<br />
gegen mehrfache Wetterrisiken absichern<br />
will – zum Beispiel ein Versicherungspaket<br />
abschließt, wie wir es mit Secufarm® 3 anbieten<br />
– muss er eine Versicherungssteuer von<br />
nunmehr 19 % bezahlen. Für eine einfache<br />
<strong>Hagelversicherung</strong> jedoch nur 0,2 %.<br />
Ein Rechenbeispiel: Ein Betrieb hat eine Versicherungssumme<br />
von 140.400 €. Bei einem<br />
Prämiensatz von 7,5 % bezahlt er eine Prämie<br />
von 10.530 €. Bei einer Versicherungssteuer<br />
mit 0,2 % von der Versicherungssumme<br />
betrug das bis jetzt 28,10 €. Nach dem neuen<br />
Steuergesetz bezahlt er nun zusätzlich zur<br />
Prämie einen steuerlichen Mehrbetrag von<br />
2.000 €. Das bedeutet eine weitere enorme<br />
Mehrbelastung für den Betrieb! Oder besser<br />
gesagt: Der Staat fordert einerseits die<br />
Betriebe auf, Risikovorsorge zu betreiben, und<br />
wer das umsetzt, wird andererseits jedoch<br />
mit einer Art Strafsteuer belegt.
So eine Politik im benachbarten Ausland verzerrt<br />
den Wettbewerb und trifft doch unsere<br />
deutschen Anbauer sehr hart.<br />
Aber handeln Sie als Versicherungsunternehmen<br />
denn nicht aus eigenem Interesse?<br />
Natürlich ist dies immer wieder – auch politisch<br />
– ein sehr gerne verwendetes Argument.<br />
Ich kann das eigentlich nur als sogenanntes<br />
„Totschlagsargument“ bezeichnen. Die<br />
VEREINIGTE HAGEL, wie auch unser Kooperationspartner,<br />
die Gartenbau-Versicherung<br />
<strong>VVaG</strong> in Wiesbaden, sind Versicherungsvereine<br />
auf Gegenseitigkeit. Wir sind ein Spezialversicherungsunternehmen,<br />
bei dem die Versicherungsnehmer<br />
gleichzeitig auch Mitglieder<br />
des Versicherungsvereins sind. Die Schadenregulierung<br />
wird von Mitgliedern des<br />
Versicherungsvereins, den gewählten Sachverständigen,<br />
durchgeführt. Von den Mitgliedern<br />
in unseren Bezirksvereinen werden<br />
Delegierte gewählt, die auf der Hauptversammlung<br />
die Möglichkeit haben, direkten<br />
Einfluss auf die Unternehmenspolitik auszuüben.<br />
Wo gibt es sonst so etwas?<br />
Was ist Ihr Fazit?<br />
Für mich ist es wichtig, dass die deutschen<br />
Anbauer im europäischen Kontext nicht<br />
schlechter gestellt werden dürfen. Dies<br />
bezieht sich auf die Förderung der Risikovorsorge<br />
und erstreckt sich auch auf die Problematik<br />
der Versicherungssteuer. Die jetzige Situation,<br />
dass Deutschland nur vereinzelte, länderspezifische<br />
finanzielle Förderung gewährt,<br />
ist für mich eine klare Benachteiligung<br />
gegenüber den ausländischen Produzenten.<br />
Was wäre daraus folgend Ihr Vorschlag?<br />
Die länderspezifischen Einzellösungen sollten<br />
durch ein flächendeckendes gefördertes<br />
System abgelöst werden. Hierdurch könnten<br />
die Sonderkulturbetriebe bei extremen Wetterereignissen<br />
besser geschützt und gestärkt<br />
werden. Die Hoffnung beziehungsweise das<br />
Warten auf Ad-hoc-Hilfen ist oft unbefriedigend<br />
und für den Einzelbetrieb keine passende<br />
Lösung. Außerdem ist jede Bürokratie<br />
mit der Bewältigung der Ad-hoc-Hilfen<br />
schnell überfordert. Es muss eine große, für<br />
alle Betriebe, transparente Lösung geschaffen<br />
werden, die es ermöglicht, eine nachhaltige<br />
Risikovorsorge zu betreiben. Ich denke,<br />
dass die anstehende Reform der GAP-2013<br />
genügend Spielraum für eine solche Lösung<br />
zulässt. Diese Chance sollte der Berufsstand<br />
nutzen.<br />
Dr. Dietrich Heine, Vorstand der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong><br />
Risikovorsorge der Sonderkulturen stärken!<br />
Dr. Dietrich Heine, Vorstand, VEREINIGTE<br />
HAGEL<br />
Unabhängige Statistiken beweisen, dass es<br />
nicht nur immer früher, sondern auch immer<br />
heftiger hagelt. Außerdem vermuten Wetterexperten,<br />
dass Hagelstürme nicht zuletzt<br />
durch den Klimawandel weiter zunehmen<br />
werden. Mit dem Klimawandel sind jedoch<br />
weitere Wetterrisiken aufgetreten und diese<br />
können in kürzester Zeit extreme Schäden in<br />
der Landwirtschaft, aber auch besonders in<br />
den Spezialkulturen, wie Obst und Gemüse<br />
hervorrufen. Schäden, die die Betriebe an<br />
den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringen<br />
können.<br />
Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund<br />
die private Versicherungswirtschaft<br />
aufgefordert, für die Landwirtschaft angepasste<br />
Versicherungslösungen zu entwickeln.<br />
Die VEREINIGTE HAGEL ist dieser Aufforderung<br />
gefolgt und hat Versicherungsmodelle<br />
erarbeitet. Es handelt sich hierbei um betriebliche<br />
Versicherungslösungen, welche die Risikovorsorge<br />
der landwirtschaftlichen Betriebe<br />
stärken. Bei unseren Modellen handelt es sich<br />
nicht um Allgemeinversicherungen, sondern<br />
um Versicherungen, die auf die speziellen<br />
Bedürfnisse der Landwirtschaft abgestimmt<br />
sind. Die bisherigen Versicherungslösungen<br />
wurden um weitere Naturgefahren angepasst<br />
und erweitert, denn die zum Teil regional<br />
auftretenden, heftigen Unwetter lassen<br />
die Abgrenzung einer reinen <strong>Hagelversicherung</strong><br />
nicht mehr zu. Sturm und Starkregen<br />
vermischen sich zu einem einzigen Schadbild.<br />
Hier ist eine Absicherung von Gefahrenkombinationen<br />
gefragt. Zusammen mit<br />
dem Berufsstand – und damit mit den direkt<br />
Betroffenen – hat die <strong>Vereinigte</strong> <strong>Hagelversicherung</strong><br />
<strong>VVaG</strong> Versicherungslösungen wie<br />
zum Beispiel Secufarm® 3 entwickelt. Diese<br />
Versicherungslösungen sind ein aktiver Beitrag<br />
für die Betriebsleiter, eine eigene betriebliche<br />
Risikovorsorge zu entwickeln.<br />
Die Bundesregierung sollte diese privatwirtschaftliche<br />
gemeinsame Initiative von Versicherungsgesellschaften<br />
und Berufsstand<br />
begrüßen, weil dadurch mehr und sichere<br />
Möglichkeiten einer Existenzsicherung innerhalb<br />
des Berufsstandes geschaffen werden.<br />
Stattdessen wird jedoch eine solche eigene<br />
betriebliche Risikovorsorge nun mit 19 %<br />
Steuern auf die Versicherungsprämie belastet.<br />
Das ist eine erhebliche Kostensteigerung<br />
gegenüber einer bisherigen Versteuerung<br />
von nur 0,2 % auf die bisherige Prämienbesteuerung.<br />
Mit dieser – von der Bundesregierung<br />
verursachten Besteuerung – wird<br />
der Besonderheit der deutschen Landwirtschaft<br />
und der Sonderkulturbetriebe keinesfalls<br />
Rechnung getragen. Es drängt sich sogar<br />
der Eindruck auf, dass verantwortungsbewusste<br />
Betriebsleiter bestraft werden.<br />
Durch diese Extra-Besteuerung findet eine<br />
klare Benachteiligung der deutschen Landwirtschaft<br />
statt. Denn die deutschen Bauern<br />
treffen sich mit ihren internationalen Kollegen<br />
auf einem Markt, jedoch zu unterschiedlichen<br />
Wettbewerbsbedingungen! Während<br />
in anderen EU-Ländern die Risikovorsorge<br />
massiv steuerlich begünstigt wird, wird hier<br />
in Deutschland das eigene unternehmerische<br />
Handeln der Bauern bestraft. Diese<br />
Wettbewerbsbenachteiligung hat auch der<br />
Berufsstand erkannt.<br />
Fazit<br />
Die derzeitige Auffassung der Bundesregierung<br />
bezüglich der Versicherungssteuerlast<br />
der Mehrgefahrenversicherung verteuert den<br />
Versicherungsschutz erheblich und sanktioniert<br />
so die Bemühungen der Betriebe für<br />
eine private Risikovorsorge. Deshalb fordert<br />
der Berufsstand mit dem Zentralverband Gartenbau,<br />
dem Deutschen Bauernverband, den<br />
Fachgruppen Obstbau und Gemüsebau im<br />
Bundesausschuss Obst und Gemüse, dass<br />
die Versicherungssteuerlast der Mehrgefahrenversicherung<br />
gesenkt werden muss!<br />
Für die Mehrgefahrenversicherung muss<br />
die Besteuerung auf Versicherungssummenbasis<br />
analog der <strong>Hagelversicherung</strong><br />
beibehalten werden.<br />
15
16<br />
Resolution der Fachgruppe Gemüsebau<br />
im Bundesausschuss Obst und Gemüse<br />
Der europäische Obst- und Gemüsesektor<br />
nimmt eine zentrale Rolle ein und trägt<br />
sowohl zu einer gesunden Ernährung der<br />
500 Mio. Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
der EU bei, als auch zum Erhalt von Beschäftigung<br />
in den ländlichen Gebieten.<br />
Der Anbau von Obst und Gemüse steht für<br />
fast 17 % des Gesamtwertes der landwirtschaftlichen<br />
Erzeugung in der EU. Für den<br />
europäischen Bürger kann es kaum wichtigere<br />
Prioritäten geben, als eine stabile Versorgung<br />
mit sicheren Lebensmitteln, die<br />
nachhaltig produziert worden sind.<br />
Wir stimmen der Einschätzung der Europäischen<br />
Kommission zu, dass die Auswirkungen<br />
des Klimawandels auf Landwirtschaft,<br />
Umwelt und Gesellschaft ein zentrales<br />
Thema der europäischen Agenda sind,<br />
besonders da Naturkatastrophen in den vergangenen<br />
Jahren verstärkt aufgetreten sind.<br />
Dabei wurden landwirtschaftliche Kulturen<br />
stark geschädigt oder führten sogar zu Totalausfällen.<br />
Dies war ein finanzielles Desaster<br />
für viele Familienbetriebe in Deutschland.<br />
Nach überwiegender Expertenmeinung sind<br />
derartige unternehmerische Risiken jedoch<br />
nicht mit den klassischen versicherungs-<br />
Bezirksdirektion Alzey<br />
Otto-Lilienthal-Straße 4 · 55232 Alzey<br />
Tel.: 06731 9510-7300<br />
Fax: 06731 9510-7399<br />
E-Mail: bd-az@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Berlin<br />
Flämingstraße 3-4 · 15738 Zeuthen<br />
Tel.: 033762 792-0<br />
Fax: 033762 792-99<br />
E-Mail: bd-b@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Gießen<br />
Wilhelmstraße 25 · 35392 Gießen<br />
Tel.: 0641 7968-710<br />
Fax: 0641 7968-777<br />
E-Mail: bd-gi@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Hannover<br />
Johannssenstraße 2-3 · 30159 Hannover<br />
Tel.: 0511 30299-0<br />
Fax: 0511 30299-30<br />
E-Mail: bd-h@vereinigte-hagel.de<br />
technischen Instrumenten zu beherrschen.<br />
Im Gegensatz zu Deutschland haben viele<br />
EU-Länder bereits geeignete Anreizsysteme<br />
zur Absicherung von Wetterrisiken entwickelt<br />
und eingerichtet. EU-Staaten wie die<br />
Niederlande, Frankreich, Portugal, Spanien<br />
und Italien sehen diese Form der Absicherung<br />
als Bestandteil ihres Versorgungauftrages<br />
gegenüber ihren Bürgern. Die geförderten<br />
finanziellen Anreizsysteme stellen in diesen<br />
Ländern einen wirksamen Schutz gegen witterungsbedingte<br />
Extremereignisse dar, und<br />
dienen der Existenzsicherung der bäuerlichen<br />
Landwirtschaft und der Sonderkulturen.<br />
Um weitere massive Wettbewerbsnachteile<br />
zu verhindern, ist die Gesellschaft aufgefordert,<br />
auch in Deutschland ein System der<br />
Wetterrisikoabsicherung mit aufzubauen<br />
und somit einen grundlegenden Beitrag zur<br />
Existenzsicherung der deutschen Gemüsebauern<br />
zu leisten.<br />
Wir fordern:<br />
• Im Interesse einer weiteren Stabilisierung<br />
der landwirtschaftlichen Existenzen eine<br />
möglichst schnelle Einführung einer<br />
finanziell geförderten Wetterrisikoabsicherung<br />
analog vieler anderer EU-Länder.<br />
Bezirksdirektion Lübeck<br />
Johannssenstraße 2-3 · 30159 Hannover<br />
Tel.: 0511 30299-17<br />
Fax: 0511 30299-30<br />
E-Mail: bd-hl@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Münster<br />
Hohenzollernring 67 · 48145 Münster<br />
Tel.: 0251 93303-0<br />
Fax: 0251 93303-20<br />
E-Mail: bd-ms@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Stuttgart<br />
Im Länderrain 3 · 71732 Tamm<br />
Tel.: 07141 6944-0<br />
Fax: 07141 6944-10<br />
E-Mail: bd-s@vereinigte-hagel.de<br />
Bezirksdirektion Nürnberg<br />
Schmausenbuckstr. 84 · 90480 Nürnberg<br />
Tel.: 0911 95485-10/20<br />
Fax: 0911 95482-30<br />
E-Mail: bd-n@vereinigte-hagel.de<br />
• Für eine Wetterrisikoabsicherung die Beibehaltung<br />
der Besteuerung auf Basis der<br />
Versicherungssumme analog der <strong>Hagelversicherung</strong>.<br />
• Finanziell geförderte Anreizsysteme analog<br />
anderer EU-Länder, um auch nach 2013<br />
eine adäquate Versorgung der Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher mit sicheren,<br />
heimischen und nachhaltig produzierten<br />
Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen<br />
sicherzustellen.<br />
Die deutschen Gemüseanbauer benötigen<br />
nicht vorübergehende Ad-hoc-Hilfen, um<br />
schwere Witterungsschäden im Agrarsektor<br />
absichern zu können, sondern eine langfristige<br />
Absicherung durch eine finanziell geförderte<br />
Wetterrisikoabsicherung.<br />
In Zukunft wird es darauf ankommen, die<br />
notwendigen Anpassungen in der Landwirtschaft<br />
an die Folgen des Klimawandels effektiv<br />
und zielorientiert vorzubereiten und zu<br />
begleiten. Die geförderte Wetterrisikoabsicherung<br />
ist ein wichtiger zusätzlicher Baustein<br />
für ein wirksames Risikomanagement<br />
und dient zur Existenzsicherung unserer<br />
Gemüsebetriebe.<br />
Herausgeber<br />
<strong>Vereinigte</strong> <strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong><br />
Wilhelmstraße 25, 35392 Gießen<br />
Telefon 0641 7968–0<br />
Fax 0641 7968–222<br />
E-Mail direktion@vereinigte-<br />
hagel.de<br />
Internet www.vereinigte-hagel.de<br />
Konzept: <strong>Vereinigte</strong><br />
<strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong><br />
Redaktion: Michael Lösche,<br />
Gabriele Kneer in<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Herbert Knuppen<br />
Layout: Angelika Bös,<br />
VEREINIGTE HAGEL<br />
Fotos: Archiv VEREINIGTE HAGEL<br />
Druck: Zauner Druck- und<br />
Verlags-GmbH