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Komplexchemie - Ingo Schnell

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Naturwissenschaftlicher Nachmittag, Block E (02.05. bis 30.05.2011) Dr. <strong>Ingo</strong> <strong>Schnell</strong><br />

<strong>Komplexchemie</strong><br />

1. Definition einer Komplexverbindung<br />

2. Nomenklatur von Komplexen<br />

3. Liganden und ihre Zähnigkeit<br />

4. Eine kurze Geschichte der <strong>Komplexchemie</strong><br />

5. Experimente<br />

5.1. Löslichkeit durch Komplexbildung<br />

5.2. Gleichgewichtsverschiebungen bei Ligandenaustauschreaktionen<br />

5.3. Maskieren von Ionen durch Komplexbildung<br />

5.4. Bestimmung der Koordinationszahl von Ni 2+ -Komplexen<br />

5.5. Stabilität von Fe 3+ -Komplexen<br />

5.6. Chelateffekt an Ni 2+ -Komplexen<br />

5.7. Chlorophyll als komplexierender Ionenaustauscher<br />

5.8. Komplexometrie mit EDTA<br />

5.9. Qualitative Analyse mittels Komplexbildung<br />

Literatur & Quellen<br />

• Nicole Krempel: „Didaktische Aufbereitungen der <strong>Komplexchemie</strong> für die Sekundarstufen I und II anhand<br />

einfach durchführbarer Versuche unter besonderer Berücksichtigung von Chelatkomplexen<br />

und bioanorganischer Systeme“, Univ. Marburg, 2004.<br />

• Gade: Koordinationschemie; 1. Aufl., Wiley-VCH, 1998.<br />

• Holleman, Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie; 101. Aufl., de Gruyter, 1995.<br />

• Mortimer, Müller: Chemie – das Basiswissen der Chemie, 8. Aufl., Thieme, 2003.<br />

• Riedel: Anorganische Chemie, 3. Aufl., de Gruyter, 1994.<br />

1. Definition einer Komplexverbindung<br />

Ein Komplex (auch Koordinationsverbindung genannt) ist eine chemische Verbindung,<br />

bei der ein Zentralatom Lücken in seiner Elektronenkonfiguration aufweist,<br />

so dass sich Moleküle oder Ionen (die Liganden) anlagern können, die jeweils<br />

mindestens ein freies Elektronenpaar für die Bindung zur Verfügung stellen. Zwischen<br />

Ligand und Metall entsteht dadurch eine koordinative Bindung, die sich<br />

von den anderen Formen der chemischen Bindung (kovalente Bindung, Ionenbindung,<br />

Metallbindung) einerseits und der intermolekularen Wechselwirkungen (vander-Waals,<br />

Dipol-Dipol, Wasserstoffbrücken) andererseits unterscheidet. Man<br />

kann koordinative Bindungen als ein „Bindeglied“ zwischen polaren kovalenten Bindungen<br />

und nicht-kovalenten Wasserstoffbrückenbindungen betrachten. Das bindende<br />

Elektronenpaar stammt stets vom Liganden und nicht – wie in einer gewöhnlichen<br />

kovalenten Bindung – mit je einem Elektron von beiden Bindungspartnern.<br />

Um als Ligand fungieren zu können, muss ein Teilchen folglich mindestens<br />

ein freies Elektronenpaar besitzen. An das Zentralatom sind in Komplexen mehr Liganden<br />

gebunden, als man nach der Ladung oder Stellung des Zentralatoms im<br />

Periodensystem erwarten würde.<br />

Schematische Darstellung von Komplexen<br />

mit Zentralteilchen (rot) und Liganden.<br />

Bei den Koordinationszahlen 4, 6 und 8<br />

ergeben sich häufig die Geometrien eines<br />

Tetraeders, Oktaeders und Würfels.<br />

Seite 1


Zentralteilchen können Atome oder Ionen sein. Am häufigsten treten dabei die Kationen von Übergangsmetallen<br />

mit relativ hohen Ladungen und kleinen Ionenradien auf. Wichtige Beispiele sind Cr 3+ , Fe 3+ , Ni 2+ oder<br />

Cu 2+ . Aber auch Metalle der Hauptgruppen – wie Ca 2+ oder Al 3+ – können Komplexe bilden. Die Liganden<br />

sind in vielen Fällen Nichtmetallanionen, Moleküle oder Molekülionen. Zu unterscheiden sind neutrale Liganden<br />

(z.B. H 2O, NH 3 oder CO) und anionische Liganden (z.B. Cl - , Br - , I - , CN - , OH - , SO 4 2- oder C2O 4 2- ).<br />

Selten treten auch kationische Liganden auf. Ein Beispiel hierfür wäre NO + . Im Normalfall sind die Liganden<br />

auch außerhalb des Komplexes stabile Teilchen. Als Donoratome der Liganden werden die Atome bezeichnet,<br />

die an der direkten Bindung zum Zentralteilchen beteiligt sind. Die Anzahl der Donoratome aller koordinierten<br />

Liganden wird als Koordinationszahl bezeichnet. Die Liganden sind in einer bestimmten Geometrie<br />

um das Zentralteilchen angeordnet. Der Raumkörper, der entsteht, wenn man sich die Mittelpunkte der direkt<br />

an das Zentralatom gebundenen Atome durch Linien miteinander verbunden denkt, wird Koordinationspolyeder<br />

genannt (siehe Abschnitt 3).<br />

2. Nomenklatur von Komplexen<br />

Während früher Komplexverbindungen häufig Trivialnamen hatten, wie z.B. “gelbes Blutlaugensalz“ für die<br />

Verbindung K 4[Fe(CN) 6] mit dem Eisenkomplex [Fe(CN) 6] 4- als Anion , wurde es mit fortschreitender Entwicklung<br />

der <strong>Komplexchemie</strong> notwendig, ein einheitliches Nomenklatursystem einzuführen, das vom Namen auf<br />

den Aufbau der Komplexe schließen lässt. Zu unterscheiden ist zwischen der formelmäßigen Wiedergabe<br />

durch die chemischen Symbole und der Benennung eines Komplexes.<br />

Regeln für die Aufstellung von Komplexformeln (z.B. [Fe(CN) 6] 4- )<br />

• Jede Komplexverbindung ist oder enthält eine Koordinationseinheit, die aus dem Zentralatom bzw.<br />

-ion und den daran gebundenen Liganden besteht. Die Koordinationseinheit, die geladen oder ungeladen<br />

sein kann, wird in eckige Klammern eingeschlossen.<br />

• Zuerst wird das Elementsymbol des Zentralteilchens angegeben. Es folgen kationische, anionische<br />

und darauf neutrale Liganden in alphabetischer Reihenfolge innerhalb der Ligandenklassen. Werden<br />

Abkürzungen für größere Liganden verwendet (z. B. py für Pyridin, C 5H 5N), so werden sie dort eingefügt,<br />

wo sie als Summenformeln stehen würden.<br />

• Mehratomige Liganden sowie Abkürzungen werden in runde Klammern gesetzt. Die Anzahl der Liganden<br />

wird als Index angegeben.<br />

• Liegt eine geladene Koordinationseinheit vor, wird die Ladung, die der Summe der Ladungen der<br />

Einzelionen entspricht, hochgestellt hinter die Koordinationseinheit gesetzt.<br />

Regeln für die Benennung von Komplexen (z.B. „Hexacyanoferrat“)<br />

• An die Namen anionischer Liganden wird in der Regel die Endung -o angehängt. Die Endung -id entfällt,<br />

und an den verbleibenden Wortstamm wird direkt ein -o angehängt.<br />

• Die Namen neutraler und kationischer Liganden werden unverändert verwendet und in runde Klammern<br />

eingeschlossen. Ausnahmen sind die Liganden H 2O (aqua), NH 3 (ammin), CO (carbonyl), NO<br />

(nitrosyl).<br />

• Zuerst werden die Liganden in alphabetischer Reihenfolge unabhängig von der Ladung genannt.<br />

Mittels Präfix (di-, tri-, tetra-, penta-, hexa-, hepta- usw. oder bei größeren Liganden bis-, tris-, tetrakis-<br />

usw.) wird die jeweilige Anzahl wiedergegeben.<br />

• Am Ende steht der Name des Zentralteilchens. Bei anionischen Koordinationseinheiten wird dem lateinischen<br />

Wortstamm des Zentralteilchens das Suffix -at angehängt, bei kationischen und neutralen<br />

Koordinationseinheiten wird der Name unverändert angegeben. Die Oxidationszahl des Zentralteilchens<br />

wird als römische Ziffer in runde Klammern angefügt.<br />

Seite 2


Abschließend einige Beispiele für Komplexverbindungen mit Formel und systematischem Namen.<br />

3. Liganden und ihre Zähnigkeit<br />

Ein Ligand kann mehrere Donoratome zur Ausbildung einer koordinativen Bindung zum Zentralteilchen besitzen.<br />

Die Zahl der koordinativen Bindungen, die ein Ligand in einem Komplex betätigt, nennt man die Zähnigkeit.<br />

Man unterscheidet einzähnige bis achtzähnige Liganden.<br />

Einzähnige Liganden können Ionen oder Moleküle sein, die mehrere freie Elektronenpaare besitzen können,<br />

aber nur eines zur koordinativen Bindung benutzen. Im einfachsten Fall sind sie einatomig wie z. B. F - ,<br />

Cl - oder O 2- . Sie können aber auch mehratomig sein, Beispiele hierfür sind H2O, NH3, CO, OH - oder SCN - .<br />

Zweizähnige Liganden enthalten zwei Donoratomen,<br />

die mit je einem freien Elektronenpaar zur koordinativen<br />

Bindung befähigt sind, sie aber nicht ausbilden<br />

müssen. Zweizähnige Liganden können im Komplex<br />

also auch einzähnig gebunden sein, wie z. B.<br />

CO3 2- . Weitere typische Vertreter sind in der Abbildung<br />

neben zusammengestellt; dabei sind die Donoratome<br />

rot gekennzeichnet und die gebräuchlichen Abkürzungen<br />

der komplizierteren Liganden mit angegeben.<br />

Sechszähnige Liganden können sich in einer Art Helix<br />

um das Zentralteilchen legen. Voraussetzung dafür ist<br />

eine geeignete räumliche Anordnung, wie man sie z.B.<br />

im Anion der Ethylendiamintetraessigsäure findet. Die<br />

sechszähnigen Liganden nehmen eine besondere Stellung<br />

ein, da sich die gebildeten Komplexe durch besonders<br />

hohe Stabilität auszeichnen. Sie finden deshalb bei<br />

Vierzähnige Liganden legen sich weitgehend eben um das<br />

Zentralteilchen. Für den Aufbau bioanorganischer Systeme ist<br />

das vierzähnige, ungesättigte Porphyrin-Dianion von Bedeutung.<br />

Bei diesem Ligand liegen die Donoratome bereits vor der Koordination<br />

am Metall in einem großen organischen Ring derart vor,<br />

dass sie ein Metallzentrum geeigneter Größe umschließen können.<br />

Seite 3


der quantitativen Bestimmung von Metall-Ionen Verwendung. Das Phänomen der erhöhten Stabilität, das allgemein<br />

bei mehrzähnigen Liganden auftritt, wird als Chelateffekt bezeichnet (griech., „Krebsschere“).<br />

4. Eine kurze Geschichte der <strong>Komplexchemie</strong><br />

Einzelne Substanzen, deren charakteristischer Inhaltsstoff eine Koordinationsverbindung war, stellte man<br />

schon im Altertum her, wie z. B. den Farblack Alizarin oder Hämderivate aus Tierblut. Erste Dokumentationen<br />

gibt es seit Herodot (450 v. Chr.). Den ersten wissenschaftlich dokumentierten Beleg einer Komplexverbindung<br />

lieferte der Hallenser Arzt und Alchimist Andreas Libavius aber erst 1597. Er beschrieb den Tetraamminkupfer(II)-Komplex,<br />

der jedoch erst viel später als Komplexverbindung charakterisiert wurde. Die erste<br />

Isolierung gelang Diesbach und Dippel 1704 im Falle von “Berliner Blau“, Fe4[Fe(CN)6]3. Eine chemische<br />

Formulierung der Hydrate und Amminkomplexe der Übergangsmetalle gehörte zu dieser Zeit aber noch zu<br />

den ungelösten Problemen der anorganischen Chemie.<br />

Es dauerte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, dass Komplexverbindungen Gegenstand chemischer Forschung<br />

wurden und in rascher Abfolge eine ganze Reihe von Komplexverbindungen mit einer gezielten präparativen<br />

Methodik hergestellt werden konnten. Die synthetisierten Komplexe benannte man meist nach ihren<br />

Entdeckern. Mit Sophus Mads Jørgensen betrat 1878 der wohl produktivste präparative Komplexchemiker<br />

des 19. Jahrhunderts die Bühne der Wissenschaft. In den folgenden drei Jahrzehnten synthetisierte er<br />

systematisch eine Vielzahl von Komplexverbindungen und beschäftigte sich mit der chemischen Formulierung<br />

der Hydrate und Amminkomplexe der Übergangsmetalle. Jørgensen selbst war Anhänger eines Strukturkonzeptes,<br />

das der Schwede Christian W. Blomstrand entwickelt hatte. Dieses Konzept wurde ab 1870<br />

unter dem Begriff „Kettentheorie“ bekannt und basierte auf den erfolgreich angewendeten Grundprinzipien<br />

der organischen Chemie.<br />

Alfred Werner. Originalpräparate aus Alfred Werners Laboratorium.<br />

Die Widersprüche der Kettentheorie und nicht zuletzt die herausragenden präparativen Arbeiten von Jørgensen<br />

schufen die Grundlage für die Koordinationschemie Alfred Werners (1866-1919), der durch seinen epochalen<br />

Beitrag zum Aufbau der Komplexe heute gern als “Vater der <strong>Komplexchemie</strong>“ bezeichnet wird. Ende<br />

des Jahres 1892 reichte der damals erst 26-jährige Schweizer Chemiker seine Arbeit “Beiträge zur Konstitution<br />

anorganischer Verbindungen“ bei der kurz zuvor gegründeten Zeitschrift für Anorganische Chemie ein<br />

und führte damit die anorganische Chemie aus dem Schatten der alles dominierenden organischen Chemie.<br />

Bei der Formulierung seiner Koordinationstheorie gab Werner die Beschränkung Valenz (Wertigkeit) = Bindigkeit<br />

(Koordinationszahl) auf, die in Orientierung an die Chemie des Kohlenstoffs zu den oben genannten<br />

Kettentheorien geführt hatte. Er postulierte, dass jedes Zentralatom in einem Komplex neben seiner Valenzzahl<br />

(später von ihm umbenannt in “Hauptvalenz“ = Oxidationszahl) eine charakteristische Koordinationszahl<br />

(später “Nebenvalenz“) besitzt. Dabei waren neutrale Liganden direkt an das Metallatom gebunden, während<br />

anionische Liganden entweder “in der ersten Sphäre“ direkt an das Metall gebunden waren oder “in der<br />

zweiten Sphäre“ als Gegenion fungieren konnten. In seiner Neuformulierung des Aufbaus der Metallkomplexe<br />

beschäftigte sich Werner auch mit der Frage der Geometrie solcher Verbindungen und bot für die zur damaligen<br />

Zeit am häufigsten beobachtete Koordinationszahl sechs das Oktaeder als Ligandenpolyeder an.<br />

Für die vierfach koordinierten Pt(II)-Komplexe postulierte er angesichts der beobachteten Konfigurationsisomere<br />

eine quadratisch-planare Geometrie. Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Arbeit von 1893 war<br />

das Fehlen einer adäquaten empirischen Grundlage für die weitreichenden Thesen (er selber hatte nicht ein<br />

einziges Experiment auf diesem Gebiet bis zu dem Zeitpunkt durchgeführt!). Dieser Umstand veranlasste<br />

später einmal einen deutschen Kollegen, die Wernersche Koordinationstheorie als eine “geniale Frechheit“<br />

zu bezeichnen. Es wurde das wissenschaftliche Lebenswerk Alfred Werners, diese geniale Frechheit auf<br />

Seite 4


eine sichere experimentelle Grundlage zu stellen. In den Jahren nach 1893 präparierte er unzählige<br />

Komplexverbindungen und unternahm den schrittweisen Beweis seiner Postulate.<br />

Ein früher Erfolg (1894) der neuen Koordinationslehre war zum Beispiel die vollständige Erklärung der Ergebnisse<br />

von Leitfähigkeitsmessungen an einer Reihe von Ammincobaltkomplexen, die von Arturo Miolati<br />

und Alfred Werner durchgeführt wurden. 1911 gelang die Enantiomerentrennung eines Komplexracemats<br />

durch Werners amerikanischen Doktoranden Victor L. King und erbrachte somit den endgültigen Beweis der<br />

stereochemischen Vorstellungen Werners. 1913 erhielt Alfred Werner für seine wissenschaftlichen Meister-<br />

leistungen als erster anorganischer Chemiker den Nobelpreis für Chemie. Auch nach Werners Tod 1919<br />

stand die Entwicklung der <strong>Komplexchemie</strong> ganz im Zeichen der experimentellen Absicherung und Erweiterung<br />

seiner Konstitutionslehre, so dass seine weit reichenden wissenschaftlichen Hypothesen in der Folgezeit<br />

weiter untermauert werden konnten. Noch heute bilden sie die theoretische Basis der <strong>Komplexchemie</strong>.<br />

5. Experimente<br />

5.1. Löslichkeit durch Komplexbildung<br />

Chemikalien. Aluminiumchloridlösung (c = 0,1 mol/L), Kupfersulfatlösung (c = 0,1 mol/L), Salzsäure (c =<br />

1 mol/L), Natronlauge (c = 1 mol/L), Seignettesalz.<br />

Durchführung. (a) In einem Reagenzglas wird die Aluminiumchloridlösung mit 2-3 Tropfen Salzsäure angesäuert.<br />

Nun wird tropfenweise Natronlauge bis zu einer Niederschlagsbildung zugefügt. Die Lösung wird<br />

durchmischt und weiter Natronlauge zugetropft, bis es zur Auflösung des Niederschlages kommt.<br />

(b) In einem Reagenzglas werden zu Kupfersulfatlösung 2-3 Tropfen Natronlauge gegeben. Es bildet sihc<br />

ein bläulich-weißer Niederschlag von Kupferhydroxid. Nun gibt man eine Spatelspitze Seignettesalz zu und<br />

erwärmt vorsichtig über dem Bunsenbrenner, bis es zur Auflösung des Niederschlages kommt und ein tiefblauer<br />

Kupfertartrat-Komplex entstanden ist.<br />

Erläuterung. (a) Das Aluminium liegt als dreifach positiv geladenes Kation in der Lösung vor. Mit Hydroxidionen<br />

bildet sich zunächst das schwerlösliche Aluminiumhydroxid Al(OH)3. Bei höheren Hydroxid-Konzentrationen<br />

bildet sich daraus das lösliche Tetrahydroxoaluminat [Al(OH)4] - .<br />

Elektronenkonfiguration<br />

von Al als Element (links),<br />

als Al 3+ (Mitte) und im<br />

[Al(OH)4] - -Komplex (rechts).<br />

(b) → Was passiert im Fall der Kupfersulfatlösung?<br />

5.2. Gleichgewichtsverschiebungen bei Ligandenaustauschreaktionen<br />

Chemikalien. Kupfer(II)nitratlösung (c = 0,1 mol/L), Salzsäure (konz.), Salpetersäure (halbkonz.), Ammoniaklösung<br />

(c = 2 mol/L) .<br />

Durchführung. (a) Gleichgewichtsverschiebung durch Konzentrationsänderung: In zwei Reagenzgläser<br />

wird die Kupfer(II)nitratlösung gegeben. Eines davon dient für die folgenden Versuche als Blindprobe. In<br />

das zweite wird solange konzentrierte Salzsäure getropft, bis eine deutliche Farbänderung von blau nach<br />

Seite 5


hellgrün erkennbar ist. Die gleiche Lösung wird mit Wasser verdünnt bis die blaue Ursprungsfarbe erneut<br />

auftritt.<br />

(b) Gleichgewichtsverschiebung durch Temperaturänderung: Von der in (a) erhaltenen, verdünnten<br />

blauen Lösung wird etwas in ein weiteres Reagenzglas gefüllt und vorsichtig in der Bunsenbrennerflamme<br />

bis zu einer Farbänderung erhitzt. Danach wird das Reagenzglas etwa eine Minute in einem Wasserbad abgekühlt.<br />

(c) Gleichgewichtsverschiebung durch pH-Wert-Änderung: Kupfer(II)nitratlösung wird in ein Reagenzglas<br />

gegeben und verdünnte Ammoniaklösung solange zugetropft, bis ein Niederschlag ausfällt. Weitere Ammoniaklösung<br />

wird zugefügt bis es zur Auflösung des Niederschlages und zu einer Farbänderung kommt.<br />

Ein Teil der erhaltenen tiefblauen Lösung wird in ein zweites Reagenzglas gegeben und halbkonzentrierte<br />

Salpetersäure bis zu einem erneuten Farbwechsel zugegeben.<br />

Erläuterung. (a) Gleichgewichtsverschiebung durch Konzentrationsänderung: Verdünnte Kupfer(II)salzlösungen<br />

enthalten den hellblauen Hexaaquakomplex des Kupferions [Cu(H2O)6] 2+ . Tropfenweise Zugabe<br />

von Salzsäure zu der blauen Lösung bewirkt, dass stufenweise Wassermoleküle gegen Chlorid-Ionen<br />

ausgetauscht werden. In dieser Ligandenaustauschreaktion bildet sich der hellgrüne Tetraaquadichlorokupfer(II)-Komplex,<br />

welcher durch Zugabe von Wasser wieder zerstört werden kann. Es bildet sich die ursprüngliche<br />

blaue Farbe der Kupfer(II)nitratlösung zurück.<br />

Die Gleichgewichtsverschiebungen entsprechen dem Prinzip von Le Chatelier; eine Konzentrationserhöhung<br />

eines der Edukte fördert die Hinreaktion. Im Beispiel wird also durch die Zugabe von Salzsäure die Bildung<br />

des hellgrünen Chlorokomplexes begünstigt und durch die Erhöhung der Wasserkonzentration die Rückbildung<br />

des blauen Aquakomplexes gefördert. Die vorliegende Gleichgewichtsreaktion ist wie folgt formulierbar:<br />

(b) → Was passiert bei der Temperaturänderung?<br />

(c) → Was passiert bei der Änderung des pH-Werts?<br />

5.3. Maskieren von Ionen durch Komplexbildung<br />

Chemikalien. Kupfer(II)sulfatlösung (c = 0,5 mol/L), Eisen(III)chloridlösung (c = 0,1 mol/L), Kaliumhexacyanoferrat(III)-Lösung<br />

(c = 0,1 mol/L), Ammoniumthiocyanatlösung (c = 0,1 mol/L), Natronlauge (c = 1 mol/L),<br />

Ammoniaklösung (c = 10 mol/L) .<br />

Durchführung. (a) Das System Cu 2+ (aq) / NH3(aq) / Fe(s): In zwei Reagenzgläser werden jeweils 2 mL der<br />

Kupfer(II)sulfatlösung gegeben und mit ca. 3 mL Wasser verdünnt. Dem ersten Glas wird ein Eisennagel zugefügt<br />

und dem zweiten einige mL Ammoniaklösung. Nach kurzem Schütteln des zweiten Reagenzglases<br />

wird diesem ebenfalls ein Eisennagel zugegeben. Nach etwa 5 Minuten Reaktionszeit werden die Lösungen<br />

vorsichtig abgeschüttet und die Nägel nebeneinander betrachtet.<br />

(b) Das System Cu 2+ (aq) / NH3(aq) / OH - (aq): Erneut werden zwei Reagenzgläser mit ca. 2 mL<br />

Kupfer(II)sulfatlösung und ca. 3 mL Wasser befüllt. Das erste Glas wird mit 10 Tropfen Natronlauge versetzt.<br />

In das zweite Glas werden 3 mL Ammoniaklösung und nach kurzem Schütteln der Lösung ebenfalls 10 Tropfen<br />

Natronlauge zugegeben.<br />

(c) Die Systeme Fe 3+ (aq) / SCN - (aq) und [Fe(CN)6] 3- (aq) / SCN - (aq): In ein Reagenzglas werden ca. 2 mL<br />

der Eisen(III)chloridlösung und ca. 3 mL Wasser gefüllt. In diese Lösung gibt man 5 Tropfen der verdünnten<br />

Ammoniumthiocyanatlösung. Ein zweites Reagenzglas wird mit ca. 2 mL einer Kalium-hexacyanoferrat(III)-<br />

Lösung und 3 mL Wasser befüllt und danach ebenfalls mit 5 Tropfen der verdünnten Ammoniumthiocyanatlösung<br />

versetzt. Es sind Farbänderungen zu beobachten.<br />

Seite 6


Erläuterung. (a) Das System Cu 2+ (aq) / NH3(aq) / Fe(s): Werden die beiden Eisennägel verglichen, ist nur<br />

auf dem Nagel aus dem ersten Reagenzglas ein Kupferüberzug mit typisch rotbrauner Farbe sichtbar. Eisen<br />

gibt als das unedlere Metall Elektronen an die Cu 2+ -Ionen ab und geht an deren Stelle als Fe 2+ (bzw. Fe 3+ ) in<br />

Lösung. Dies ist eine charakteristische Reaktion für Cu 2+ -Ionen. In der Kupfer(II)sulfatlösung liegen Hexaaquakupfer(II)-Ionen<br />

vor, die mit dem Eisennagel nach folgender Reaktionsgleichung reagieren:<br />

Nach Zugabe von Ammoniaklösung zur Kupfer(II)sulfatlösung im zweiten Reagenzglas tritt eine kräftige tiefblaue<br />

Färbung ein, welche auf die Bildung des Tetraammindiaquakupfer(II)-Komplexes zurückzuführen ist.<br />

Eine Abscheidung von Kupfer auf dem Eisennagel findet nicht statt und zeigt damit deutlich das Ausbleiben<br />

der für Metall-Ionen charakteristischen Redoxreaktion.<br />

(b) → Was passiert im System Cu 2+ (aq) / NH3(aq) / OH - (aq)? Vgl. Exp. 1b.<br />

(c) → Was passiert in den Systemen Fe 3+ (aq) / SCN - (aq) und [Fe(CN)6] 3- (aq) / SCN - (aq)?<br />

5.4. Bestimmung der Koordinationszahl von Ni 2+ -Komplexen<br />

Methode . Sind die Bestandteile eines Komplexes bekannt, ist es in manchen Fällen sehr einfach möglich<br />

die Komplexzusammensetzung zu bestimmen, indem man ein Äquivalent Metallionenlösung mit kontinuierlich<br />

steigenden Äquivalenten von Ligandenlösung versetzt. Es entstehen die einzelnen Komplexe mit steigender<br />

Anzahl von Liganden, welche durch eine stufenweise Farbänderung erkennbar sind. Die Farbe bleibt<br />

bestehen sobald die maximale Koordination erreicht ist. Sind die Farbabstufungen, wie bei der Reaktion von<br />

Nickel(II)nitratlösung mit dem zweizähnigen Liganden Ethylendiamin, sehr gut erkennbar, reicht ein visueller<br />

Vergleich der Farben zur Bestimmung der Koordinationszahl aus (Exp. 4a).<br />

Bei der Umsetzung von Nickel(II)nitratlösung mit Ammoniaklösung sind die Farbänderungen der Lösungen<br />

erkennbar, allerdings sind diese sehr fein, so dass es nicht so einfach möglich ist, die Koordinationszahl visuell<br />

zu bestimmen. In diesem Fall erfolgt die Bestimmung der Koordinationszahl durch quantitative Erfassung<br />

der Farbintensität mit Hilfe eines Photometers (Exp. 4b). Man strahlt dabei monochromatisches Licht<br />

der Intensität I0 durch die zu analysierende Lösung und misst die verbleibende Lichtintensität I nach Durchlaufen<br />

der Lösung. Die Größe E = lg(I/I0) wird als Extinktion der Lösung bezeichnet. Für Absorptionsvorgänge<br />

dieser Art gilt das Lambert-Beersche Gesetz:<br />

E = ε · c · d = lg(I/I0)<br />

mit Extinktionskoeffizient ε, Konzentration c des absorbierenden Stoffes und Schichtdicke d der untersuchten<br />

Probe). Der Extinktionskoeffizient ε ist abhängig von der Wellenlänge des verwendeten Lichts und vom untersuchten<br />

Stoff, ist also – wie auch die Schichtdicke d – bei der Messung konstant, so dass die Extinktion<br />

proportional zur Konzentration des Komplexes ist. Man bestimmt also die Extinktion (und damit die Konzentration<br />

des Komplexes) in Abhängigkeit vom Molverhältnis Ligand/Metallion.<br />

Chemikalien. Nickel(II)nitratlösung (c = 1 mol/L), Ethylendiaminlösung (c = 1 mol/L), Ammoniaklösung (c =<br />

1 mol/L) .<br />

Durchführung. (a) Koordinationszahl des Tris(ethylendiamin)nickel(II)-Komplexes : Für die Bestimmung<br />

wird in die fünf nummerierten Reagenzgläser jeweils 1 mL der Nickelsalzlösung (c = 1 mol/L) gegeben,<br />

dazu die in der Tabelle angegebene steigende Menge an Etylendiaminlösung (c = 1 mol/L). Dadurch werden<br />

in den Reagenzgläsern verschiedene Verhältnisse von Metallion zu Ligand erreicht. Alle Reagenzgläser wer-<br />

Seite 7


den mit der jeweils angegebenen Menge Wasser auf gleiches Niveau aufgefüllt und nach guter Durchmischung<br />

der Lösungen das Ende der Farbänderung festgestellt.<br />

(b) Photometrische Untersuchung der Nickel(II)ammin-Komplexe: Für die Bestimmung mit dem Photometer<br />

sind größere Mengen an Lösung als in Versuchsteil a erforderlich. Deshalb werden in jedem Reagenzglas<br />

2 mL Nickel(II)nitratlösung vorgelegt. Ammoniaklösung und Wasser werden gemäß folgender Tabelle<br />

zugegeben:<br />

Jedem Reagenzglas werden zusätzlich 1 g Ammoniumnitrat zugefügt, um den gebildeten Nickel(II)hydroxid-<br />

Niederschlag aufzulösen. Die Reagenzgläser werden mehrmals geschüttelt, bis klare Lösungen entstanden<br />

sind. Mit diesen Proben wird die photometrische Bestimmung bei einer Wellenlänge von 585 nm durchgeführt.<br />

Dazu wird die erste Küvette mit der Lösung aus Reagenzglas 0 gefüllt und dient während der gesamten<br />

Messung als Blindprobe. Die zweite Küvette wird nacheinander mit den Lösungen aus Reagenzglas 1<br />

bis 8 befüllt und ist vor jeder neuen Messung mit der entsprechenden Lösung zweimal zu spülen. Die gemessenen<br />

Extinktionswerte werden notiert und graphisch gegen das Molverhältnis Ligand/Metallion aufgetragen.<br />

Erläuterung. (a) Koordinationszahl des Tris(ethylendiamin)nickel(II)-<br />

Komplexes : Das erste Reagenzglas zeigt die grünliche Farbe der<br />

Nickel(II)nitratlösung, die sich durch Zugabe von Ethylendiamin schrittweise<br />

blau, dann violett färbt. Die Violettfärbung tritt erstmalig beim vierten Reagenzglas<br />

auf und bleibt im fünften Reagenzglas bestehen. Die Farbintensität<br />

erhöht sich nur bis zum vierten Reagenzglas, in dem ein molares Verhältnis<br />

von Ligand und Metallion von 3:1 vorliegt. Daraus lässt sich schließen, dass<br />

ein Nickel(II)-Ion maximal drei Ethylendiaminmoleküle binden kann. Da Ethylendiamin<br />

zwei Stickstoffatome mit freien Elektronenpaaren besitzt, die in<br />

Wechselwirkung mit den Nickel(II)-Ionen treten können, ergibt sich insgesamt<br />

eine Koordinationszahl von 6. Der gebildete Etylendiaminnickel(II)-Komplex<br />

weist also eine oktaedrische Struktur auf. Der Komplex wird schrittweise im<br />

Zuge von Ligandenaustauschreaktionen gebildet, die wie folgt beschrieben<br />

werden können:<br />

(b) → Welche Koordinationszahl und welche Struktur hat der Nickel(II)ammin-Komplex? Werten Sie die photometrische<br />

Bestimmung aus.<br />

5.5. Stabilität von Fe 3+ -Komplexen<br />

Chemikalien. Eisen(III)nitratlösung (c = 0,1 mol/L), Salpetersäure (c = 1 mol/L), Natriumchloridlösung (konzentriert)<br />

, Kaliumthiocyanatlösung (c = 0,1 mol/L), Natriumfluoridlösung (konzentriert).<br />

Seite 8


Durchführung. 50 mL der Eisen(III)nitratlösung werden in ein Becherglas gegeben und der pH- Wert mit Hilfe<br />

von pH-Papier oder des pH-Meters gemessen. Anschließend wird die Lösung so lange mit Salpetersäure<br />

versetzt, bis sie sich fast entfärbt hat. Der Inhalt des Becherglases wird auf 5 Reagenzgläser aufgeteilt.<br />

Das erste Reagenzglas bleibt unverändert und soll bei der Auswertung dem besseren Farbvergleich dienen.<br />

Der Inhalt der vier weiteren Reagenzgläser wird mit einigen Tropfen der folgenden Chemikalien versetzt:<br />

2. Reagenzglas: konz. NaCl-Lsung<br />

3. Reagenzglas: verd. KSCN-Lösung<br />

4. Reagenzglas: konz. NaF-Lösung<br />

5. Reagenzglas: nacheinander konz. NaCl-Lösung, verd. KSCN-Lösung und konz. NaF-Lösung.<br />

→ Werten Sie Ihre Ergebnisse aus. Welche Eisen(III)-Komplexe entstehen? Wie stabil sind sie jeweils? Geben<br />

Sie eine Stabilitätsreihenfolge an.<br />

5.6. Chelateffekt an Ni 2+ -Komplexen<br />

Chemikalien. Nickel(II)nitratlösung (c = 0,1 mol/L), Ammoniaklösung (25 %ig), Ethylendiamin.<br />

Durchführung. Fünf Reagenzgläser werden mit je 2 mL der Nickel(II)nitratlösung versetzt. Das erste wird<br />

beiseite gestellt und dient als Blindprobe. In das zweite wird tropfenweise Ammoniaklösung, in das dritte<br />

tropfenweise Ethylendiamin bis zu einer deutlichen Farbänderung gegeben. Reagenzglas 4 wird zunächst<br />

mit ein paar Tropfen Ammoniaklösung versetzt, danach werden noch einige Tropfen Ethylendiamin zugefügt.<br />

Dem fünften Reagenzglas werden nacheinander einige Tropfen Ethylendiamin, einige Tropfen Ammoniaklösung<br />

und danach mehrere Milliliter Ammoniaklösung hinzugefügt.<br />

→ Werten Sie Ihre Ergebnisse aus. Welche Nickel(II)-Komplexe entstehen? Wie stabil sind die Komplexe<br />

einzähniger und zweizähniger Liganden im Vergleich? Was ist der Chelateffekt?<br />

5.7. Chlorophyll als komplexierender Ionenaustauscher<br />

Chemikalien. grüne Bohnen, Natriumsulfit , Kaliumthiocyanat, Kupfer(II)sulfatlösung (c = 0,1 mol/L), Ammoniaklösung<br />

(25%ig), Mischindikator aus Eriochromschwarz T : Methylorange : Natriumchlorid im Masseverhältnis<br />

0,1 g : 0,04 g : 10 g .<br />

Durchführung. In das erste Becherglas werden 150 mL Kupfer(II)sulfatlösung, in das zweite die gleiche<br />

Menge an entionisiertem Wasser gefüllt. In beide Lösungen werden jeweils fünf grüne Bohnen gegeben. Der<br />

Inhalt der Bechergläser wird ca. 20 Minuten auf der Heizplatte des Magnetrührers gekocht. Danach werden<br />

die Bohnen mit einer Pinzette aus der Lösung genommen, mit Wasser abgespült, trocken getupft und die<br />

Farben vor einem weißen Blatt Papier verglichen.<br />

Der Ionenaustausch wird durch einen Mg 2+ -Nachweis mit Eriochromschwarz T bestätigt. Dazu müssen zunächst<br />

die störenden Kupfer(II)Ionen aus der Lösung ausgefällt werden. Ein Teil der Kupfer(II)sulfatlösung, in<br />

der die Bohnen gekocht wurden, wird in ein Reagenzglas gegeben und nacheinander eine Spatelspitze von<br />

Natriumsulfit und Kaliumthiocyanat hinzugegeben. Der entstandene weiße Niederschlag wird abfiltriert, indem<br />

man die Lösung durch einen kleinen Trichter mit Filterpapier in ein zweites Reagenzglas tropfen lässt.<br />

Die Vollständigkeit der Fällung wird durch eine Wiederholung des Vorgangs überprüft. Fällt weiterhin ein Niederschlag<br />

aus, so ist erneut zu filtrieren und die Fällung zu wiederholen, bis das Filtrat keine Kupfer(II)-Ionen<br />

mehr enthält. Da es sich in der Regel um sehr geringe Konzentrationen handelt, ist meist die Fällung schon<br />

nach der ersten Zugabe vollständig. Der Mg 2+ -Nachweis wird mit der filtrierten Lösung durchgeführt. Etwas<br />

Eriochromschwarz T-Mischindikator (siehe auch Exp. 8) wird der Lösung zugesetzt und danach Ammoniaklösung<br />

bis zur alkalischen Reaktion zugegeben. Eine Rotfärbung zeigt Mg 2+ -Ionen an.<br />

Erläuterung. Die Farben der Bohnen unterscheiden sich. Die nur in entionisiertem Wasser gekochten zeigen<br />

eine olivgrüne Farbe, während die in der Kupfer(II)sulfatlösung gekochten intensiv grün gefärbt sind.<br />

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Werden letztere mit der Farbe ungekochter Bohnen verglichen, ist sogar eine Farbintensivierung feststellbar.<br />

Der Grund der unterschiedlichen Färbung liegt darin, dass die in der Kupfer(II)- sulfatlösung enthaltenen<br />

Kupfer(II)-Ionen mit dem Chlorophyll der Bohnen reagieren. Es findet eine Umkomplexierung statt, bei der<br />

die komplex gebundenen Magnesium-Ionen im Chlorophyll gegen Kupfer(II)-Ionen ausgetauscht werden.<br />

Der entstandene Kupfer(II)-Chelatkomplex (Chlorophyllin) ist offenbar stabiler als sein Analogon mit Magnesium-Ionen<br />

als Zentralteilchen. Chlorophyllin ist intensiv grün gefärbt und in der Lebensmittelindustrie als<br />

Farbstoff zugelassen.<br />

Varianten. Das Chlorophyll lässt sich aus vielen Pflanzen durch Kochen in Wasser (ggf. mit Ethanol gemischt)<br />

auch extrahieren. Stellen Sie eine solches wässriges Extrakt her und versetzen Sie es mit<br />

Kupfer(II)sulfat-Lösung. Können Sie eine Farbvertiefung beobachten? Prüfen Sie neben Cu 2+ auch den Austausch<br />

mit anderen Metallionen, z.B. Fe 2+ , Ni 2+ oder Co 2+ . → Mit welchen Metallionen können Sie Farbeffekte<br />

des Chlorophylls beobachten?<br />

5.8. Komplexometrie mit EDTA<br />

Methode. Komplexreaktionen spielen im Bereich der chemischen Analytik sowohl in der qualitativen als<br />

auch in der quantitativen Analyse eine wichtige Rolle. Eine breite Anwendung findet dabei die Komplexometrie<br />

zur quantitativen Bestimmung von Metall-Ionen durch Titration. Aber auch im Bereich der qualitativen<br />

Analyse beruhen viele spezifische Nachweisreaktionen für Metall-Ionen auf der Bildung farbiger Komplexe.<br />

In beiden Gebieten haben Chelatliganden größte Bedeutung erlangt.<br />

Die Komplexometrie ist ein klassisches maßanalytisches<br />

Verfahren, das 1945 von Gerold Karl Schwarzenbach entwickelt<br />

wurde. Das Prinzip beruht darauf, dass Metallkationen<br />

mit dem zugesetzten Liganden einen stabilen stöchiometrischen<br />

Komplex bilden. Die Menge des zugesetzten Liganden<br />

gibt Aufschluss über die vorliegende Menge an Metallkationen.<br />

Zu den am häufigsten angewandten so genannten<br />

Komplexonen zählt die Etylendiamintetraessigsäure<br />

(H4EDTA), die in der besser löslichen Form des Dinatriumsalzes<br />

(H2Na2EDTA) eingesetzt wird. Dieser Komplexligand<br />

bildet mit Metallionen beliebiger Wertigkeit (z > 1) sechsfach<br />

koordinierte 1:1-Komplexe mit fünfgliedrigen Chelatringen.<br />

Die Komplexe sind wasserlöslich und nicht oder nur wenig<br />

farbig. Dabei ist das Metallkation oktaedrisch von vier Sauerstoffatomen<br />

und zwei Stickstoffatomen umgeben.<br />

Struktur des [M(EDTA)] (4-n)- -Komplexes<br />

mit einem M n+ -Zentralion<br />

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Das Komplexon H2Na2EDTA ist auch geeignet, Metallkationen zu binden, die weniger zur Komplexbildung<br />

neigen, wie z.B. Mg 2+ oder Ca 2+ . Aus diesem Grund eignet es sich besonders gut zur Härtebestimmung von<br />

Wasser. Titrimetrische Bestimmungen der Gesamthärte und der Calcium-/Magnesiumhärte von Leitungswasser<br />

werden in den folgenden Experimenten durchgeführt.<br />

Die Endpunktbestimmung solcher Titrationen erfolgt ebenfalls mit Komplexbildnern, deren Komplexe mit den<br />

Metall-Ionen aber weniger stabil sein müssen als EDTA-Komplexe. Zu Beginn der Titration reagiert der Indikator<br />

mit der äquivalenten Menge Metall-Ionen unter Bildung des Metall-Indikator-Komplexes, der die Farbe<br />

der Lösung bestimmt. Das Komplexon setzt sich zunächst mit den freien Metall-Ionen um und entzieht gegen<br />

Ende der Titration auch dem schwächeren Indikatorkomplex das Metall. Der Umschlagspunkt wird durch<br />

die Farbe des freien Indikators bestimmt.<br />

Ein geeigneter Indikator für die Härtebestimmung von Wasser ist die<br />

dreiwertige Säure Eriochromschwarz T, die mit Mg 2+ -Ionen farbige<br />

Komplexe bildet und den Endpunkt einer Mg 2+ -Titration durch einen<br />

Farbumschlag von rotviolett nach blau anzeigt. Zur Erhöhung des<br />

optischen Kontrasts wird gerne noch etwas Methylorange beigemischt,<br />

so dass der Farbumschlag von rot nach grün erfolgt. Da Ca 2+<br />

mit EDTA stabilere Komplexe bildet als Mg 2+ , erfolgt der Farbumschlag<br />

des Eriochromschwarz T erst dann, wenn neben Mg 2+ auch<br />

alle Ca 2+ -Ionen von EDTA erfasst sind. Man bestimmt dadurch die<br />

sog. Gesamthärte des Wassers. Für die selektive Titration von Ca 2+ -<br />

Ionen mit EDTA verwendet man Murexid als Farbindikator, der in<br />

Gegenwart von Ca 2+ von blauviolett nach rot umschlägt. Aus der Eriochromschwarz T, ein drei-<br />

Differenz von Ca-Härte und Gesamthärte kann man dann die zähniger Ligand für Mg 2+<br />

Mg-Konzentration bestimmen.<br />

Chemikalien. Leitungswasser, Ammoniaklösung (25 %ig), Natriumetylendiamintetraacetatlösung (c =<br />

0,01 mol/L) , Ca/Mg-Mischindikator (Eriochromschwarz T : Methylorange : Natriumchlorid im Masseverhältnis<br />

0,1 g : 0,04 g : 10 g), Ca-Mischindikator (Murexid : Natriumchlorid im Masseverhältnis 0,1 g : 10 g).<br />

Durchführung. (a) Ca/Mg-Gesamthärte: Mit einer Vollpipette werden 100 mL des zu untersuchenden Leitungswassers<br />

in einen Erlenmeyerkolben gegeben, mit einigen Tropfen konz. Ammoniaklösung versetzt und<br />

ein wenig Ca/Mg-Mischindikator (Eriochriomschwarz T) hinzugefügt, bis sich die Lösung deutlich rot färbt.<br />

Die Lösung wird dann mit der 0,01 M Na2H2EDTA-Lösung von rot über grau nach grün titriert.<br />

(b) Ca-Härte: Mit einer Vollpipette werden 100 mL des zu untersuchenden Leitungswassers in einen Erlenmeyerkolben<br />

gegeben, mit einigen Tropfen konz. Ammoniaklösung versetzt und ein wenig Ca-Mischindikator<br />

(Murexid) hinzugefügt, bis sich die Lösung deutlich rot färbt. Die Lösung wird dann mit der 0,01 M Na2H2ED-<br />

TA-Lösung von rot nach blauviolett titriert.<br />

→ Bestimmen Sie die Konzentrationen an Calcium- und Magnesiumionen in einer Probe Leitungswasser.<br />

5.9. Qualitative Analyse mittels Komplexbildung<br />

Charakteristische Farbreaktionen und die Bildung schwer löslicher Niederschläge, die mit der Komplexbildung<br />

verbunden sind, spielen in der qualitativen Analytik für Metallionen eine wichtige Rolle. Einige ausgewählte<br />

Nachweisreaktionen sind hier aufgeführt.<br />

Chemikalien. Eisen(II)-, Eisen(III)-, Nickel(II)-, Aluminium- und Kupfer(II)salzlösungen (verdünnt), Kaliumhexacyanoferrat(II)-Lösung<br />

(c = 1 mol/L), Ammoniumthiocyanatlösung (c = 1 mol/L), Essigsäure (c = 1 mol/L),<br />

Dinatriumbis(dimethylglyoximat)lösung (0,1 mol/L), Natriumalizarinsulfonatlösung (c = 0,1 mol/L).<br />

Duchführung. (a) Nachweis von Eisen(II)- und Eisen(III)-Ionen. Zu einer Eisen(II)- und zu einer Eisen(III)salzlösung<br />

wird tropfenweise Kaliumhexacyanoferrat(II)-Lösung gegeben. In beiden Fällen wird ein tiefblauer<br />

Niederschlag gebildet. In der Eisen(II)salzlösung verläuft die Reaktion zunächst über die Bildung eines weißlichen<br />

bis hellblauen Niederschlages. In der Eisen(III)salzlösung tritt die tiefblaue Farbe sofort auf. Zur sicheren<br />

Unterscheidung von Eisen(II)- und Eisen(III)-Ionen können die Lösungen mit Thiocyanat-Ionen versetzt<br />

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werden. Mit Eisen(III)-Ionen bildet sich eine blutrote Lösung, während die Analysenlösung mit Eisen(II)-Ionen<br />

keine Reaktion zeigt.<br />

(b) Nachweis von Kupfer(II)-Ionen. Mit Kaliumhexacyanoferrat(II)-Lösung bilden Kupfer(II)-Ionen einen<br />

braunen Niederschlag, der sich durch Zugabe von Ammoniaklösung unter Bildung einer blauen Färbung löst.<br />

(c) Nachweis von Nickel(II)-Ionen. Der spezifische Ni 2+ -Nachweis erfolgt<br />

mit der organischen Verbindung Dimethylglyoxim. Eine Lösung<br />

des Natriumsalzes bildet in ammoniakalischer Lösung mit Nickel(II)-Ionen<br />

einen himbeerroten schwerlöslichen Komplex.<br />

Planar-quadratische Struktur des<br />

Bis(dimethylglyoximato)-nickel(II)<br />

(d) Nachweis von Aluminium-Ionen. Aluminium-Ionen<br />

bilden mit dem Farbstoff Alizarin S einen roten Farblack.<br />

Dazu wird die Analysenlösung zunächst mit drei Tropfen<br />

der Reagenzlösung versetzt und tropfenweise verdünnte<br />

Essigsäure bis zum Verschwinden der Eigenfarbe hinzugegeben.<br />

Eine weitere Zugabe von Essigsäure führt zur<br />

Bildung der Rotfärbung oder des roten Niederschlages,<br />

der oft erst nach kurzer Wartezeit auftritt.<br />

Oktaedrische Struktur des Farblacks,<br />

den Al 3+ mit Alizarin S bildet.<br />

→ Formulieren Sie jeweils die Bildungsreaktionen und benennen Sie entstehenden Komplexe.<br />

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