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Aspekte der Wundversorgung beim diabetischen ... - Werner Sellmer

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Diabetes F o lg e k r a n k h e i t e n<br />

<strong>Aspekte</strong> <strong>der</strong> <strong>Wundversorgung</strong><br />

<strong>beim</strong> <strong>diabetischen</strong> Fußsyndrom<br />

Interdisziplinäre Zusammenarbeit F Die erfolgreiche Therapie eines Diabetischen<br />

Fußulcus erfor<strong>der</strong>t die Zusammenarbeit aller an <strong>der</strong> Versorgung beteiligten Akteure. Neben<br />

<strong>der</strong> grundsätzlich zu leistenden adäquaten Druckentlastung ist eine umfassende Kenntnis <strong>der</strong><br />

Prinzipien <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wundbersorgung die Basis für den Heilungsprozess.<br />

Worauf muss bei <strong>der</strong> Versorgung chronischer Wunden am Fuß geachtet werden<br />

Die Behandlung <strong>der</strong> dem Fußulcus<br />

zugrunde liegenden Ursa-<br />

D<br />

chen – die so genannte ursächliche Therapie<br />

– ist die Voraussetzung für eine<br />

erfolgreiche Abheilung. Zum einen ist<br />

die ausreichende Durchblutung sicherzustellen,<br />

zum an<strong>der</strong>en eine Komplettentlastung<br />

ohne Druckeinwirkung zu<br />

erzielen. Die Therapie orientiert sich an<br />

<strong>der</strong> „IRAS-Regel“ (I = Infektsanierung, R<br />

= Revaskularisation, A = gegebenenfalls<br />

notwendige Amputation, S = Schulung).<br />

Nach Behandlung <strong>der</strong> ulcusauslösenden<br />

Ursachen, beschleunigen lokale Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> symptomatischen Therapie,<br />

insbeson<strong>der</strong>e eine individuell angepasste<br />

<strong>Wundversorgung</strong>, den Heilungsprozess.<br />

Wundreinigung<br />

Eine optimale <strong>Wundversorgung</strong> reagiert<br />

phasengerecht auf die Abläufe und<br />

Zustände innerhalb <strong>der</strong> Wunde. Je nach<br />

vorliegendem Befund und Fortschritt <strong>der</strong><br />

Abheilung wird die Versorgung adäquat<br />

angepasst. Eine einleitende Wundreinigung<br />

zu Beginn <strong>der</strong> Therapie befreit<br />

die Wunde von Nekrosen und Belägen,<br />

Fremdkörpern, Abfallstoffen, überschüssigem<br />

Wundexsudat o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>em<br />

avitalem beziehungsweise schlecht<br />

heilendem Gewebe. Unter diesen Störfaktoren<br />

lassen sich vorhandene Fistelungen<br />

und Unterminierungen nicht<br />

erkennen, da <strong>der</strong> Wundgrund und somit<br />

Umfang und Zustand <strong>der</strong> Wunde nicht<br />

zu beurteilen ist. Infektionen können<br />

sich unbeobachtet ausbilden. Erst nach<br />

einem umfangreichen Debridement ist<br />

eine ergebnisorientierte lokale Wundtherapie<br />

möglich.<br />

Grundsätzlich steht das Debridement<br />

<strong>der</strong> Behandlung des neuropathisch <strong>diabetischen</strong><br />

Fußulcus voran. Als Ausnahmekriterium<br />

gilt das arterielle o<strong>der</strong><br />

gemischt arteriell-neuropatische diabetische<br />

Ulkus mit vorliegen<strong>der</strong> trockener<br />

Nekrose. Diese Formen sind erst nach<br />

erfolgreicher Revaskularisation lokal zu<br />

behandeln beziehungsweise sollten bei<br />

nichtmöglicher Revaskularisation keinesfalls<br />

angeweicht werden.<br />

Wann welches Debridement<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein<br />

Debridement durchzuführen.<br />

z Chirurgisches Debridement: Dies ist<br />

die schnellste, effektivste Art <strong>der</strong> Wundreinigung,<br />

bei <strong>der</strong> die Wunde mit einer<br />

Ringkürette o<strong>der</strong> Pinzette und einem Skalpell<br />

von Nekrosen, Belägen und Fremdkörpern<br />

gesäubert wird. Eine Wundinfektion<br />

kann sich schlimmstenfalls zu einer<br />

Osteitis (Knochenentzündung) ausweiten,<br />

daher ist manchmal sogar eine Knochenresektion<br />

Bestandteil des chirurgischen<br />

Debridements. Alle an<strong>der</strong>en Debridementmethoden<br />

greifen im Gegensatz<br />

hierzu lediglich oberflächlich.<br />

z Autolytisches Debridement: Hydrogele<br />

in Gelform enthalten zwischen 60%<br />

und 95%Wasser und wirken durch permanente<br />

Abgabe von Feuchtigkeit auf<br />

das Wundmilieu ein. Durch Aufweichen<br />

bewirken sie eine Ablösung von Nekrosen<br />

und Belägen. Diese Form des Debridements<br />

gilt als schonend; empfindliches<br />

Neugewebe bleibt in <strong>der</strong> Wunde erhalten.<br />

z Biochirurgisches Debridement: Steril<br />

gezüchtete Maden <strong>der</strong> Gattung „Lucilia<br />

sericata“ tragen auf natürliche Weise<br />

Nekrosen und Beläge unter Einsatz proteolytischer<br />

Enzyme, die im Speichel <strong>der</strong><br />

Tiere enthalten sind, ab. Dieser Effekt<br />

hat ihnen den Beinamen „gefräßige<br />

Lucy“ eingebracht. Zusätzlich haben die<br />

Ausscheidungen <strong>der</strong> Fliegenmaden eine<br />

antibakterielle Wirkung und hinterlassen<br />

auf ihrer Kriechspur ein keimfreies<br />

Areal. Diese Wirkung ist allerdings bei<br />

schleimbildenden Bakterien, zum Beispiel<br />

Pseudomonas Aeruginosa, stark<br />

eingeschränkt.<br />

z Enzymatisches Debridement:<br />

Enzyme wirken verflüssigend auf Nekrosen<br />

und Beläge, können diesen Effekt<br />

allerdings nur in einer ausreichend feuchten<br />

Umgebung entfalten und sind daher<br />

beispielsweise bei trockenen Nekrosen<br />

nicht effizient. Die erfor<strong>der</strong>lichen kurzen<br />

Wechselintervalle (bis zu zweimal täglich)<br />

bedeuten einen gesteigerten Kos-<br />

Heilberufe Spezial 2007


F o lg e k r a n k h e i t e n Diabetes<br />

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tenaufwand durch erhöhten Einsatz von<br />

Pflegezeit und Material. Der Einsatz von<br />

Enzymen zur Wundreinigung kommt<br />

nur infrage, bis die Wunde frei von Belägen<br />

und Gewebstrümmern ist.<br />

Ultraschall Debridement: Eine spezielle<br />

Form <strong>der</strong> Wundreinigung ist die<br />

„Ultraschall Assistierte Wundreinigung“<br />

(UAW). Nie<strong>der</strong>frequenter Ultraschall<br />

wird in Kombination mit einer Spüllösung<br />

angewendet, was zu einer schonenden<br />

Ablösung von Fibrinbelägen<br />

führt. Durch den Ultraschallimpuls<br />

dringt die Spüllösung tiefer in die Wunde<br />

und Gewebsspalten. Als Nebeneffekt<br />

dieser Methode werden Bakterien und<br />

Pilze durch Kavitation (zyklisch implodierende<br />

Gasblasen) abgetötet.<br />

Wundspülung<br />

Bei jedem Verbandwechsel sollte eine<br />

Reinigung <strong>der</strong> Wundoberfläche durch<br />

zeitgemäße Wundspüllösungen erfolgen.<br />

Infrage kommen hierfür nur sterile,<br />

physiologische, nicht resorbierbare, farblose,<br />

reizlose und atraumatisch wirkende<br />

Lösungen wie beispielsweise Ringer- und<br />

physiologische Kochsalzlösung (NaCl<br />

0,9%). Inzwischen sind auch mit Wirkstoffen<br />

(z.B. Polyhexanid) konservierte<br />

Zubereitungen wie Prontosan® und Lavanid®-Lösung<br />

1 und 2 erhältlich.<br />

Wundbä<strong>der</strong> sind nicht mehr zeitgemäß.<br />

Die Keime können in <strong>der</strong> Wanne nicht<br />

abfließen und werden immer wie<strong>der</strong> an<br />

die Wunde geschwemmt, wodurch eine<br />

zusätzliche Infektionsgefahr beziehungsweise<br />

Keimverschleppung entsteht. Eine<br />

Alternative ist das Ausduschen. Verkeimte<br />

Duschköpfe und Ablagerungen in<br />

Wasserleitungen bergen allerdings auch<br />

hier ein Infektionsrisiko. Sollte Leitungswasser<br />

zum Einsatz gekommen sein, ist<br />

ein antiseptischer „Sicherheitsspülgang“,<br />

zum Beispiel mit Octenisepta® sinnvoll.<br />

Spezielle sterile Duschfilter (0,2 µm) beugen<br />

<strong>der</strong> Infektion durch belastetes Leitungswasser<br />

vor.<br />

Cave: Wundheilung im eigentlichen<br />

Sinne findet ab 28° statt, da erst bei dieser<br />

Temperatur die Zellteilung einsetzt. Um<br />

dieses Milieu zu unterstützen, sollte eine<br />

Spüllösung vor Anwendung auf Körpertemperatur<br />

angewärmt werden.<br />

Da Patienten mit einer <strong>diabetischen</strong><br />

Neuropathie ein herabgesetztes Temperatur-<br />

und Schmerzempfinden haben,<br />

bilden sich Ulcerationen häufig unbemerkt<br />

aus und werden bagatellisiert. Diese<br />

„Verschleppung“ birgt das Risiko einer<br />

Keimansiedlung bis hin zur Ausbildung<br />

einer Infektion.<br />

Bei Verdacht auf o<strong>der</strong> bei einer bereits<br />

diagnostizierten Wundinfektion finden<br />

lokale Antiseptika Anwendung. Wünschenswerte<br />

Merkmale adäquater Wundantiseptika<br />

sind: farblos, schmerzfrei,<br />

nicht resorbierbar, nicht toxisch, keine<br />

Lücken im Spektrum, keine Resistenzen,<br />

keine Hautreaktionen und Kontaktallergien<br />

sowie eine geringe o<strong>der</strong> fehlende<br />

Wundheilungshemmung. Geeignete Produkte<br />

existieren auf <strong>der</strong> Basis von Octenidin<br />

(Octenisept®) o<strong>der</strong> Polyhexanid<br />

(z.B. Lavasept®-Lösungen). Ebenfalls gut<br />

wirksam aber mit Nachteilen, wie Eiweißfehler<br />

und Farbe, sind Produkte auf PVP-<br />

Jod Basis.<br />

Neben diesen flüssigen o<strong>der</strong> halbfesten<br />

Wundantiseptika stehen Wundauflagen<br />

mit dem Wirkstoff Silber zur Verfügung.<br />

Es wird grob unterschieden zwischen<br />

Produkten, die Silber freisetzen (Wundtherapie)<br />

und solchen, die das Silber nutzen,<br />

um Keime im Verband abzutöten<br />

o<strong>der</strong> das Wundexsudat <strong>beim</strong> Durchdringen<br />

<strong>der</strong> Auflage von Keimen zu befreien.<br />

Silberpräparate sind sehr unterschiedlich<br />

hinischtlich des Silbergehalts, in <strong>der</strong> Freisetzung<br />

und <strong>der</strong> herstellerdefinierten<br />

Indikationen. Letzt genannte Vorgaben<br />

sind engmaschig zu berücksichtigen.<br />

Zusätzlich erfolgt bei klinischer Infektion<br />

eine systemische Antibiotikatherapie.<br />

Lokale <strong>Wundversorgung</strong><br />

Zur <strong>Wundversorgung</strong> sollten Wundauflagen<br />

zum Einsatz kommen, die das feuchtwarme<br />

Wundmilieu optimal för<strong>der</strong>n und<br />

erhalten. Dies gilt auch für die Behandlung<br />

von neuropathischen <strong>diabetischen</strong><br />

Fußulcera. Eine Ausnahme stellt das<br />

trockene Gangrän bei einem arteriellen<br />

<strong>diabetischen</strong> Ulcus dar. Hier sollte eine<br />

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Revaskularisation <strong>der</strong> lokalen Therapie<br />

vorangehen.<br />

Die Auswahl <strong>der</strong> Wundauflage erfolgt<br />

individuell unter Beachtung <strong>der</strong> aktuellen<br />

Wundphase und des -stadiums, des<br />

Heilungsverlaufs, unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> anfallenden Exsudatmenge, gegebenenfalls<br />

Geruchsentwicklungen und<br />

eventueller Infektionszeichen. Unterminierungen<br />

werden je nach Größe vor<br />

Abdeckung mit geeigneten Wundfüllern<br />

wie Alginaten o<strong>der</strong> so genannten „Cavity-<br />

Schäumen“ aufgefüllt. Zusätzlich sollte<br />

<strong>der</strong> Entscheidung eine Kosten-Nutzen-<br />

Abwägung zugrunde liegen. Die Kreierung<br />

so genannter „Wundburger“ ist<br />

we<strong>der</strong> zweckmäßig noch wirtschaftlich.<br />

Typische Auswirkung <strong>der</strong> autonomen<br />

Neuropathie ist eine vermin<strong>der</strong>te<br />

Schweißproduktion bis hin zur Anhidrose,<br />

die zu einer trockenen und rissigen<br />

Haut führt. Die Füße benötigen feuchtigkeitspendende<br />

Cremes, die Harnstoff<br />

und/o<strong>der</strong> Glycerin enthalten.<br />

Harnstoff gilt als „natural moisterizing<br />

factor“, da er Wasser in <strong>der</strong> Haut binden<br />

kann. In den oberen Hautschichten<br />

ermöglicht er die Einlagerung von Wasser<br />

nicht nur in den Zellen, son<strong>der</strong>n auch<br />

in den Zellzwischenräumen. So unterstützt<br />

Harnstoff die Pflege des <strong>diabetischen</strong><br />

Fußes bei vorliegen<strong>der</strong> Hornhaut,<br />

Hyperkeratosen, Einrissen, Rhagaden<br />

und Fissuren. Zudem min<strong>der</strong>n sich Juckreiz<br />

und Infektionsrisiko. Durch die<br />

erhöhte Hautfeuchtigkeit werden die<br />

Elastizität sowie die Festigkeit gesteigert;<br />

die Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit gegen das Eindringen<br />

von Keimen erhöht sich deutlich.<br />

Um nicht weiteres Reizpotenzial durch<br />

die Klebeflächen vieler Wundauflagen zu<br />

schaffen, sollte die Auswahl <strong>der</strong> Wundauflage<br />

dieser „Problemhaut“ angepasst sein.<br />

Deshalb ist bei diesem Hautzustand die<br />

Anwendung von z.B. feinporigen Polyurethanschäumen/Hydropolymerverbänden<br />

ohne Klebeflächen empfehlenswert. Diese<br />

Schäume sind zum Teil sogar in einer<br />

extra runden Form, speziell für dieses<br />

Krankheitsbild, erhältlich. Sie werden<br />

locker mit einer elastischen Mullbinde<br />

und gegebenenfalls zusätzlich mit einem<br />

anschließenden Schlauchverband fixiert.<br />

Ein spezielles Augenmerk ist auch auf<br />

die Zehenzwischenräume zu richten.<br />

Damit sich durch Aneinan<strong>der</strong>reiben <strong>der</strong><br />

Zehen keine Ulcerationen in den Zwischenräumen<br />

ausbilden, empfiehlt es<br />

sich, kleine Kompressenstücke zum<br />

Schutz einzeln einzulegen.<br />

Vorsicht bei Hydrokolloidverbänden<br />

Der Einsatz von Hydrokolloidverbänden<br />

ist <strong>beim</strong> <strong>diabetischen</strong> Fußulcus grundsätzlich<br />

nicht kontraindiziert. Maßgeblich<br />

sind immer die Herstellerangaben<br />

auf den Beipackzetteln <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Hydrokolloidwundauflage. Allerdings<br />

erfor<strong>der</strong>n die mit <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung<br />

Diabetes mellitus häufig verbundenen<br />

Probleme – wie eine vermin<strong>der</strong>te Immunabwehr,<br />

ein erhöhtes Infektionsrisiko,<br />

eine Durchblutungsstörung aufgrund<br />

einer pAVK, eine Empfindungsstörung<br />

aufgrund einer Polyneuropathie, Hautmykosen<br />

sowie trockene, rissige Haut mit<br />

zum Teil tiefen Rhagaden – den differenzierten<br />

Einsatz dieser Wundauflagen.<br />

Generelle Kontraindikationen sind:<br />

klinisch infizierte Wunden, freiliegendes<br />

Muskel-, Sehnen- o<strong>der</strong> Knochengewebe<br />

sowie ischämische Ulcera, speziell die<br />

arterielle Verschlusskrankheit im Stadium<br />

IV. Aufgrund des vermin<strong>der</strong>ten<br />

Schmerz- und Temperaturempfindens<br />

infolge einer <strong>diabetischen</strong> Neuropathie<br />

4 1 Mal perforans bei diabetischer Neuropathie und Angiopathie; Z.n. Bypassanlage und<br />

Z.n. Amputation des Großzehs und 2. Zehs links<br />

4 2 Trockene Nekrosen 3.+4. Zeh links bei diabetischer Angiopathie (pAVK)<br />

4 3 Klinische Infektion, Zehennekrosen und diverse Ulcerationen bei diabetischer Angiopathie<br />

(= pAVK 4.Grades)<br />

4 4 Diabetische Angiopathie; Z.n. Bypass-Anlage und Amputation 3.+4.Zeh links, freiliegende<br />

Sehne, fortschreitende Granulation<br />

4 5 Mal perforans bei diabethischer Neuropathie<br />

Heilberufe Spezial 2007


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bemerken Patienten Entzündungszeichen<br />

nicht. Unter einem Hydrokolloid<br />

mit langen Wechselintervallen kann sich<br />

so eine Infektion unbemerkt ausbilden.<br />

Hier ist eine engmaschige Beobachtung<br />

unbedingt angeraten. Problematisch ist,<br />

aufgrund <strong>der</strong> beschriebenen Hautprobleme,<br />

ggf. auch eine zusätzliche Reizung<br />

durch die Hydrokolloidklebeflächen.<br />

Eine unterstützende Versorgungsmöglichkeit<br />

stellt die Vakuumtherapie (V.<br />

A.C.®) dar. Bei ihr wirkt ein Unterdruck<br />

auf die Wundoberfläche. Durch das<br />

geschlossene System werden Bakterien,<br />

Abfallprodukte und Zelltrümmer abtransportiert.<br />

Die V.A.C.®-Therapie beschleunigt<br />

die Wundreinigung und Wundkonditionierung.<br />

Durch den engen Kontakt<br />

zwischen Wundoberfläche, Schwammsystem<br />

und dem durch eine angeschlossene<br />

Pumpe erzeugten Unterdruck,<br />

kommt es schnell zu einer Stimulation<br />

<strong>der</strong> Gewebsneubildung. Das geschlossene<br />

System beugt Kreuzinfek-tionen vor.<br />

Die Vakuumversiegelung kann auch<br />

unterstützend zum rascheren Angang<br />

von Spalthauttransplantationen zum Einsatz<br />

kommen.<br />

In den letzten Jahren sind spezielle<br />

„aktive Wundauflagen“ entwickelt worden.<br />

Sie enthalten Substanzen, wie Wachstumsfaktoren,<br />

Kollagen, Silber und<br />

Hyaluronsäure, die eine Rolle im Heilungsprozess<br />

spielen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Produktion<br />

anregen. Diese Produkte kommen<br />

speziell bei Wundheilungsstörungen mit<br />

Stagnation zum Beispiel zur Proteasenmodulation<br />

zum Einsatz.<br />

Bei granulierenden Wunden kann<br />

nach erfolgter Konditionierung durch<br />

eine Spalthauttransplantation (Meshgraftplastik)<br />

ein beschleunigter Wundverschluss<br />

erzielt werden. Gegebenenfalls<br />

sind auch Lappenplastiken zur Ulcusdeckung,<br />

die neben einer rascheren Abheilung<br />

auch eine stabilere Weichteilabdeckung<br />

erreichen (insbeson<strong>der</strong>e auch nach<br />

Minoramputaionen), eine optimale<br />

Alternative.<br />

Augenmerk auf Wundrandschutz<br />

Ergänzend ist bei feuchter <strong>Wundversorgung</strong><br />

ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf<br />

einen adäquaten Wundrandschutz zu<br />

legen. Denn oft weisen die Wundrän<strong>der</strong><br />

einer stark exsudierenden Wunde Hautmazerationen<br />

auf. Um weitere Hautirritationen<br />

zu vermeiden und bereits beginnende<br />

Defekte schnell wie<strong>der</strong> abheilen<br />

zu lassen, sollte ein Präparat eingesetzt<br />

werden, das die Haut vor permanenter<br />

Feuchtigkeit schützt. Hier ist <strong>der</strong> spezielle<br />

reizfreie Hautschutzfilm Cavilon®<br />

(3M Medica) empfehlenswert. Er hat<br />

eine Wirkdauer von bis zu drei Tagen, ist<br />

transparent, brennt nicht und behin<strong>der</strong>t<br />

nicht den Gasaustausch.<br />

Auch sind eine regelmäßige Fuß-,<br />

Nagel-, Hautpflege und Inspektion sowie<br />

regelmäßiges Abtragen <strong>der</strong> Hornhaut<br />

durch einen Podologen empfehlenswert.<br />

In Deutschland gibt es eine Vielzahl<br />

spezialisierter diabetologischer Schwerpunktpraxen,<br />

diabetischer Fußsprechstunden<br />

und Diabetesambulanzen. Die<br />

frühzeitige Überweisung kann die Therapie<br />

durch den Einsatz spezialisierter<br />

Fachkräfte optimieren und beugt einer<br />

nachhaltigen Verschlimmerung des<br />

Krankheitsbildes vor.<br />

Die aktuellen Behandlungsgrundsätze<br />

des <strong>diabetischen</strong> Fußsyndroms sind in<br />

<strong>der</strong> im Dezember 2006 veröffentlichten<br />

„Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-<br />

Diabetes Präventions- und Behandlungsstrategien<br />

für Fußkomplikationen“<br />

(http://www.versorgungsleitlinien.de/<br />

aktuelles/t2dakt) formuliert. z<br />

E Kerstin Protz<br />

E Managerin im Sozial- und Gesundheitswesen,<br />

Wundexpertin ICW e.V.<br />

E Email: Kerstin.Protz@gmx.de<br />

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