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Arbeitsrecht 1/15

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den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern<br />

gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Denn damit könne<br />

nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen<br />

eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen.<br />

Begehre der Arbeitnehmer also eine Benotung im oberen Bereich der Skala, müsse er<br />

darlegen, dass er den Anforderungen „gut“ oder „sehr gut“ gerecht geworden ist und<br />

gegebenenfalls beweisen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richte<br />

sich nämlich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Dieses müsse nur im Rahmen der Wahrheit<br />

wohlwollend sein.<br />

Praxis-Tipp<br />

Das BAG hat „gut“ daran getan, sich nicht von der Mehrzahl der in Deutschland<br />

erteilten Arbeitszeugnisse leiten zu lassen. Der gesetzliche Zeugnisanspruch<br />

bezieht sich auf ein leistungsgerechtes Zeugnis, nicht auf ein „gutes“ oder ein<br />

„marktübliches“ Zeugnis. Dass das Arbeitszeugnis in seinem Aussagegehalt mittlerweile<br />

entwertet ist und in der Praxis tatsächlich oft Gefälligkeitszeugnisse<br />

geschrieben werden, sollte an der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast<br />

aber nichts ändern. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung in der Unwahrheit oder<br />

auch auf ein Gefälligkeitszeugnis gibt es nicht. Arbeitgeber sind daher nicht dazu<br />

verpflichtet, Arbeitnehmern bei Nichtvorliegen einer „guten“ oder „sehr guten“<br />

Leistung ein besseres Zeugnis als ein „Befriedigendes“ zu erteilen.<br />

Geschäftsführerklagen jetzt auch vor den Arbeitsgerichten<br />

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nunmehr unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung<br />

mit Beschluss vom 22.10.2014 (10 AZB 46/14) entschieden, dass die Zuständigkeit<br />

der Arbeitsgerichte für die Klage eines Geschäftsführers auch dann (noch)<br />

begründet werden kann, wenn dessen Abberufung erst nach Klageerhebung, jedoch<br />

vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit erfolgt.<br />

In seltenen Fällen sind auch<br />

Arbeitsgerichte für Geschäftsführerklagen<br />

zuständig<br />

Das BAG hatte in letzter Instanz über folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger war<br />

zunächst als Vertriebsdirektor angestellt und wurde erst nach einiger Zeit auf der<br />

Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags zum Geschäftsführer bestellt. Etwa 8 Jahre<br />

später beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten die Bestellung des Klägers<br />

zum Geschäftsführer zu widerrufen und seinen Dienstvertrag ordentlich zu kündigen.<br />

Infolgedessen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.<br />

Die Parteien stritten im Wesentlichen um die Zulässigkeit des Rechtsweges zu<br />

den Arbeitsgerichten.<br />

Das BAG gab dem Kläger mit seiner Entscheidung den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten<br />

frei. Grundsätzlich gilt nach § 5 Abs. 1 S. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), dass<br />

die „als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder<br />

der Personengesamtheit berufen sind“ keine Arbeitnehmer sind und daher auch keine<br />

arbeitnehmerschützenden Rechte vor den Arbeitsgerichten geltend machen können.<br />

Im entschiedenen Fall gilt jedoch etwas anderes, da das Arbeitsverhältnis des Klägers<br />

nach seiner Abberufung als Geschäftsführer wieder auflebte. Der Kläger wurde damit<br />

vom nicht geschützten Geschäftsführer wieder zum geschützten Arbeitnehmer, dem<br />

der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten frei stand.<br />

Praxis-Tipp<br />

Dass Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt werden, ist ständige Praxis. Um<br />

zu verhindern, dass sich diese neuen Geschäftsführer später (bei einer Abberufung)<br />

auf ihren vorherigen Arbeitnehmerstatus berufen, sollten Arbeitgeber<br />

darauf achten, möglichst schriftliche Aufhebungsverträge mit diesen zu schließen,<br />

statt an den alten Arbeitsverträgen festzuhalten. Sollte sich der Geschäftsführer<br />

dann als unfähig erweisen oder muss er aus anderen Gründen abberufen<br />

werden, reicht dann ein Beschluss der Gesellschafterversammlung, ohne<br />

ArbR 1/<strong>15</strong> Seite 10

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