Arbeitsrecht 1/15
Newsletter zu Entwicklungen im Arbeitsrecht
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wegen gegenüber ihren älteren Kolleginnen und Kollegen unberechtigt wegen ihres<br />
jüngeren Alters benachteiligt. Ebenso wie sechs weitere Arbeitnehmer erhob sie Klage<br />
auf Feststellung, dass die betriebliche Urlaubsregelung altersdiskriminierend sei und ihr<br />
deshalb ebenso wie den älteren Mitarbeitern 36 statt nur 34 Jahresurlaubstage zustünden.<br />
Dies sah das BAG anders. Mehrurlaub könne für ältere Arbeitnehmer trotz unterschiedlicher<br />
Behandlung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen wegen des Alters unter<br />
dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter zulässig sein. Diese unmittelbare<br />
Benachteiligung Jüngerer sei aber keineswegs einschränkungslos oder generell<br />
gerechtfertigt, sondern müsse im konkreten Fall neben dem Schutz der älteren Beschäftigten<br />
auch geeignet, erforderlich und angemessen sein. Im vorliegenden Fall müssten<br />
die Arbeitnehmer bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere<br />
Arbeit verrichten. Da ältere Arbeitnehmer jedenfalls bei körperlich anstrengender<br />
Arbeit ein erhöhtes Erholungsbedürfnis hätten, seien zwei zusätzliche Urlaubstage für<br />
über 58-Jährige ein objektiv angemessenes und betrieblich probates Mittel zum Schutz<br />
der älteren Beschäftigten. Damit knüpft das BAG zur Prüfung der Rechtfertigung einer<br />
Altersdiskriminierung im Wesentlichen an den auf arbeitsmedizinischen Grundsätzen<br />
beruhenden Erfahrungssatz an, dass die physische Belastbarkeit eines Menschen mit<br />
zunehmendem Alter abnimmt.<br />
Praxis-Tipp<br />
Die Entscheidungsgründe liegen bisher noch nicht vor. Zwar hat das BAG mit<br />
dieser Entscheidung Leitlinien zur Beurteilung unzulässiger Altersdiskriminierungen<br />
festgelegt, sodass ein höheres Erholungsbedürfnis und damit korrespondierend<br />
der Gesundheitsschutz älterer Mitarbeiter unter besonderen<br />
Umständen eine ungünstigere Behandlung jüngerer Mitarbeiter rechtfertigen<br />
kann. Ob und wann diese besonderen Umstände vorliegen, bleibt letztlich der<br />
Einzelfallentscheidung vorbehalten. Grundsätze lassen sich daraus gerade nicht<br />
schließen. Daher kann Arbeitgebern nur geraten werden, ihre Arbeitsverträge<br />
zu prüfen und Altersstaffeln beim Urlaub gegen die Koppelung der Urlaubstage<br />
an die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu ersetzen. Die Altersstaffelung könnte<br />
sich sonst am Ende als sehr teuer erweisen, sollten jüngere Arbeitnehmer rückwirkend<br />
weitere Urlaubsansprüche geltend machen.<br />
Altersstaffelungen in Urlaubsregelungen<br />
sind unwirksam<br />
Die Note „befriedigend“ ist gut genug<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 18.11.2014 (9 AZR 584/13) entschieden,<br />
dass der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls<br />
beweisen muss, wenn er eine bessere Beurteilung als „zur vollen Zufriedenheit“ beansprucht<br />
(„befriedigend“ nach dem Schulnotensystem). Dies gilt nach der Pressemitteilung<br />
des BAG auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute oder<br />
sehr gute Endnoten vergeben werden.<br />
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Bürofachkraft war im Empfangsbereich<br />
einer Zahnarztpraxis beschäftigt. Dort führte sie die Praxisorganisation, Betreuung der<br />
Patienten und Terminvergaben durch. Auch die Ausfertigung von Rechnungen und<br />
Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne gehörte zu ihren Aufgaben. Darüber hinaus<br />
half sie beim Praxisqualitätsmanagement. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
erteilte der Arbeitgeber ihr ein Arbeitszeugnis. Die Parteien stritten sodann darüber, ob<br />
die Leistungen der Bürofachkraft mit „zur vollen Zufriedenheit“ oder mit „stets zur vollen<br />
Zufriedenheit“ zu bewerten sind. Die Bürofachkraft hat Klage erhoben. Die Vorinstanzen<br />
haben der Klage stattgegeben und angenommen, der Arbeitgeber habe nicht<br />
dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.<br />
Das sieht das BAG anders. Ihm kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast<br />
nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an, die – wie die Klägerin<br />
darlegen konnte – überwiegend in den Bereich „gut“ bis „sehr gut“ fielen, sondern<br />
vielmehr auf die mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Seiner Meinung nach lasse sich<br />
ArbR 1/<strong>15</strong> Seite 9