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9. Auswertung durch die deutschen Schüler/innen Michel Mamrot:

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<strong>9.</strong> <strong>Auswertung</strong> <strong>durch</strong> <strong>die</strong> <strong>deutschen</strong> Schüler/<strong>innen</strong><br />

Finnisch-Deutsche Begegnung<br />

Projekt: „Unsere Identität“<br />

Photo: Die Gruppe in Düsseldorf von <strong>Michel</strong> <strong>Mamrot</strong><br />

<strong>Michel</strong> <strong>Mamrot</strong>:<br />

Nun stellt sich <strong>die</strong> Frage, was <strong>die</strong> Begegnungswoche und überhaupt das ganze Projekt<br />

gebracht hat Es waren viele und verschiedene Dinge, <strong>die</strong> mir Erfahrung, Erkenntnisse<br />

und Denkanstöße gebracht haben.<br />

Zum einen waren es <strong>die</strong> Themen des Projektes „Unsere Identität“. Beispielsweise bei<br />

dem Punkt Nationalstolz ist mir aufgefallen, dass fast alle F<strong>innen</strong> stolz auf ihr Land<br />

und ihre Vergangenheit sind (auch auf Kriege). Die meisten Deutschen dagegen jedoch<br />

schämen sich für <strong>die</strong> deutsche Vergangenheit oder trauen es sich nicht zuzugeben,<br />

wenn sie stolz auf Deutschland sind.<br />

1


Auch habe ich eine ganz andere Meinung über Finnland bekommen. Vor dem Schüleraustausch<br />

wusste ich nicht viel über Finnland und habe mir keine großen Gedanken<br />

gemacht. Aber jetzt weiß ich, das Finnland nicht nur einfach ein Land im Norden ist,<br />

sondern dass F<strong>innen</strong> und Deutsche in vielen Punkten gleich denken und handeln. Dies<br />

kam vor allem <strong>durch</strong> <strong>die</strong> Begegnungswoche zum Ausdruck. Zum Beispiel bemerkte<br />

ich, dass mein finnischer Gast <strong>die</strong> gleiche TV-Serie auf MTV sieht oder freizeitmäßig<br />

viele Sachen macht, <strong>die</strong> ich auch mache. An einem Tag haben wir in Gruppenarbeit,<br />

bezogen auf das Projekt, eine Ansammlung von Punkten erstellt, bei denen zu sehen<br />

ist, wie wir erst über <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> dachten (und anders herum), und was sich dann als<br />

falsch erwiesen hat. Beispielweise dachten wir vor der Begegnung, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> ein<br />

viel besseres Englisch sprechen könnten, aufgrund der Pisa-Stu<strong>die</strong>, als wir. Dies erwies<br />

sich aber in den meisten Fällen als falsch.<br />

Vor allem <strong>die</strong> Woche vom 1<strong>9.</strong> bis zum 26. Mai hat mir nicht nur jede Menge Spaß bereitet,<br />

sondern sie hat auch vieles anderes bewirkt. Ich habe zum ersten Mal gesehen,<br />

wie es ist, einen ausländischen Schüler aufzunehmen. Was mich am meisten gewundert<br />

hat, und was auch sehr positiv ist, ist, dass wir uns sehr gut untereinander auf Englisch<br />

unterhalten konnten. Alleine <strong>durch</strong> <strong>die</strong>se Woche intensives Englisch reden habe<br />

ich gemerkt, wie nützlich es ist und, dass es auch sehr viel Spaß macht. Auch <strong>durch</strong><br />

den Spaß, den ich da<strong>durch</strong> bekommen habe, ist es mir nach der Woche viel leichter<br />

gefallen in der Schule im Englischunterricht mitzumachen.<br />

In <strong>die</strong>ser Woche habe ich neue Leute (<strong>die</strong> F<strong>innen</strong>) kennen gelernt, denen ich immer<br />

schreiben kann und mit denen man sich vielleicht noch einmal irgendwann privat oder<br />

projektbezogen treffen kann. Ich habe mir bis zu <strong>die</strong>sem Projekt nie richtig Gedanken<br />

über <strong>die</strong> skandinavischen Länder gemacht. Nun sehe ich, dass sie uns in einigem voraus<br />

sind und nicht als kleine unwichtige Staaten eingestuft werden können.<br />

...<br />

Ich hätte auch Interesse, so ein Projekt mit einem anderen Land als Finnland zu führen,<br />

um sich in dessen Kultur und Denkweise ein bisschen auszukennen.<br />

Julia Schröder:<br />

Durch den direkten Vergleich zweier absolut unterschiedlicher nationaler Vergangenheiten<br />

der europäischen Länder Deutschland und Finnland entstanden viele Fragen an <strong>die</strong><br />

jeweils andere Kultur und Geschichte. So kam es zu einem aufschlussreichen Austausch<br />

2


zwischen den finnischen und <strong>deutschen</strong> Schülern. Zunächst lief der gesamte Kontakt per<br />

eMail.<br />

Letztendlich hatten <strong>die</strong> Schüler<strong>innen</strong> und Schüler so viele Fragen aneinander, dass sich<br />

jeder auf <strong>die</strong> Woche vom 1<strong>9.</strong>Mai 2002 bis zum 26.Mai 2002 freute, in der <strong>die</strong> finnische<br />

Klasse <strong>die</strong> <strong>deutschen</strong> Schüler und ihre Familien besuchen sollte.<br />

Diese Woche wurde so aufschlussreich und interessant, wie es beide Seiten erhofft und<br />

auch erwartet hatten. Das Projekt ermöglichte in der gemeinsamen Woche Einblicke in<br />

den Alltag des Familien- und Schullebens. Die gemeinsame Freizeitgestaltung der<br />

deutsch – finnischen Gruppe war voller schöner Erlebnisse. Darüber hinaus fanden mehrere<br />

Arbeitstreffen in der Schule statt, wo <strong>die</strong> erarbeiteten Ergebnisse des<br />

Identitätsprojekts gemeinsam diskutiert und vertieft wurden.<br />

Zum einen war es für alle eine sehr schöne Erfahrung, viele nette ausländische Bekanntschaften<br />

zu knüpfen, zum anderen konnten <strong>die</strong> beteiligten Schüler in <strong>die</strong>ser Woche<br />

viel über <strong>die</strong> andere Kultur und somit auch über <strong>die</strong> eigene Identität erfahren. Oft wird <strong>die</strong><br />

eigene Position deutlicher, zieht man eine weitere Perspektive hinzu, <strong>die</strong> vielleicht auch<br />

Gegenteiliges beinhaltet.<br />

So wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der finnischen und der<br />

<strong>deutschen</strong> Identität sehr deutlich.<br />

Der größte Unterschied ist, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> stolz auf ihre Geschichte sind. In Deutschland<br />

kann sich dagegen niemand vorstellen, stolz auf <strong>die</strong> in seiner Geschichte geführten<br />

Kriege zu sein, während <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> stolz auf <strong>die</strong> Verteidigung ihrer Heimat und <strong>die</strong> Wahrung<br />

ihrer nationalen Identität sind . An <strong>die</strong>sem Aspekt wird zudem noch deutlich, dass<br />

<strong>die</strong> Geschichte nicht einfach nur Vergangenheit ist, sondern noch weit bis in <strong>die</strong> Gegenwart<br />

und sicherlich auch in <strong>die</strong> Zukunft reicht.<br />

So ist zum Beispiel der Nationalstolz sehr eng mit der Geschichte der jeweiligen Nation<br />

verknüpft. Die Deutschen sehen mit viel Zwiespalt auf <strong>die</strong> Geschichte ihres Landes, was<br />

<strong>durch</strong> <strong>die</strong> nationalsozialistische Vergangenheit wohl sehr verständlich ist. Umso erstaunlicher<br />

war es dann, als <strong>die</strong> finnischen Schüler von ihrem Nationalstolz erzählten. So<br />

konnten <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> spontan zahlreiche Dinge aufzählen, auf <strong>die</strong> sie stolz sind, von ihrer<br />

Natur und Landschaft angefangen, über ihre Sportler bis hin zu ihrem Salmiak. Die<br />

Deutschen hingegen hatten Schwierigkeiten, mit Stolz vergleichbare Dinge zu benennen.<br />

Sie erzählten lieber, was sie in ihrem Land „gut“ finden. Hier wurden zum Beispiel das<br />

demokratische System und deutsche Schriftsteller und Komponisten genannt.<br />

3


Deutlich wurde, dass das Verhältnis zum sogenannten Nationalstolz gleichzeitig ein großer<br />

aber auch nahezu der einzige Unterschied zwischen den beiden Schulklassen war.<br />

Stattdessen hat der Besuch der Klasse aus Helsinki geholfen, viele Gemeinsamkeiten<br />

zwischen den beiden Nationen heraus zu finden. Der Besuch der finnischen Klasse hat<br />

im Gegenteil, einige pauschale Vorstellungen gegenüber einer anderen Nation richtig<br />

gestellt.<br />

Vor dem Zusammentreffen hatte sicherlich niemand gedacht, wie ähnlich man sich ist.<br />

Ob es nun <strong>die</strong> selben Hobbys, <strong>die</strong> selbe Kleidung, der selbe Humor oder das selbe Denken<br />

ist, <strong>die</strong> Gespräche verliefen wie mit Freunden der selben Nation. Die Schüler hatten<br />

<strong>die</strong> selben Gesprächsthemen und auch <strong>die</strong> Kommunikation auf englischer Sprache<br />

brachte keine Probleme.<br />

Die <strong>deutschen</strong> und finnischen Schüler sprachen über <strong>die</strong> unterschiedlichsten Dinge. Ob<br />

man nun im Haushalt herausfand, dass <strong>die</strong> Deutschen im Gegensatz zu den F<strong>innen</strong> immer<br />

Mineralwasser trinken, während <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> ihr Wasser aus der Leitung trinken oder<br />

ob man lernte, dass es in Finnland längere Sommerferien gibt. Es machte allen sehr viel<br />

Spaß, etwas über ihre neuen Freunde zu erfahren. So erfuhr man unter anderem auch,<br />

welche Altersgrenzen es in den jeweiligen Ländern für <strong>die</strong> Kneipen gibt, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong><br />

ihre Lehrer auch beim Vornamen ansprechen und dass ausländische Filme in Deutschland,<br />

anders als in Finnland, mündlich synchronisiert werden. Weiterhin übten sich <strong>die</strong><br />

Schüler auch gerne einmal in der jeweils fremden Sprache.<br />

Ferner waren <strong>die</strong> beiden Klassen sehr interessiert, etwas über <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />

Schulsysteme zu erfahren, schon allein aufgrund des finnischen Sieges bei der PISA-<br />

Stu<strong>die</strong>. Die Schüler stellten fest, dass in Finnland viel praktischer und an mehreren verschiedenen<br />

Themen gearbeitet wird, an den <strong>deutschen</strong> Gymnasien hingegen theoretischer<br />

und genauer. So haben <strong>die</strong> finnischen Schüler einen breiten Überblick über verschiedene<br />

Themen, von Mathematik über Sprachen und Wirtschaft bis hinzu Themen<br />

wie Kochen und Handarbeit. Die <strong>deutschen</strong> Schüler hingegen können mit ihrem detaillierten<br />

Wissen glänzen.<br />

Diese Unterschiede sind unter anderem mit den unterschiedlichen Schulformen zu begründen.<br />

Im Gegensatz zu Deutschland, wo man nach den ersten vier Jahren seine weitere<br />

Schulform wählen muss, haben <strong>die</strong> finnischen Schüler nur eine Schulform für <strong>die</strong><br />

ersten neun Jahre. Erst dann entscheiden sie, ob sie direkt in <strong>die</strong> Arbeitswelt einsteigen<br />

oder noch drei Jahre <strong>die</strong> Oberstufe besuchen. So ist das gute Abschneiden der finni-<br />

4


schen Schüler an der PISA-Stu<strong>die</strong> zum einen mit ihrem besserem Allgemeinwissen, das<br />

abgefragt wurde, und zum anderen damit zu begründen, dass in Finnland eine breite<br />

Masse auf dem gleichen Wissensstand ist. Dies steht im Gegensatz zu der Situation in<br />

Deutschland, wo es große Unterschiede zwischen den einzelnen Schulformen gibt.<br />

Soviel hätte man ohne <strong>die</strong>ses Identitätsprojekt wohl nie voneinander gelernt. Es wurden<br />

neue Freundschaften geknüpft, Kenntnisse über eine völlig andere Nation Europas gewonnen<br />

und ferner auch bewusster über seine eigene Identität nachgedacht.<br />

Allen Beteiligten hat <strong>die</strong> Begegnung sehr gut gefallen und so hoffen nun alle auf ein<br />

Wiedersehen und auf eine Fortführung des Projekts in Finnland.<br />

Stefanie Fuchs:<br />

Nachdem wir uns mit der finnischen Identität auseinander gesetzt hatten, diskutierten wir über<br />

das was wir gelesen hatten, stellten zusammen was uns aufgefallen war und fragten nach was<br />

wir noch wissen wollten. Diese Zusammenfassung zeigte, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> ein ganz anderes<br />

Nationalbewusstsein hatten wie wir. Außerdem hatten wir den Eindruck, dass sie sich sehr<br />

sicher in Finnland fühlen (später stellte sich heraus, dass sie das von ganz Europa denken).<br />

Zudem waren sie sehr stolz auf ihre Präsidentin. Die gestellten Fragen bezogen sich darauf<br />

und auf Freizeitaktivitäten, bekannte Persönlichkeiten und wie Festlichkeiten gefeiert werden.<br />

Die Antwort bestand zum einen aus den beantworteten Fragen und aus Rückfragen. Wir stellten<br />

fest, dass sie Weihnachten und andere Feiertage genauso feiern wie wir und überwiegen<br />

<strong>die</strong>selben Freizeitbeschäftigungen hatten wie wir (Kinobesuch, Freunde treffen, Sport,...).<br />

Während <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> einige deutsche bekannte Persönlichkeiten kannten (Mozart, Ramstein,<br />

Michael Schumacher,...), kannten wir nur zwei oder drei Musikbands und Mikka Häkk<strong>innen</strong>,<br />

von ihrem bekannten Komponisten Jean Sibelius hatten wir jedoch noch nichts gehört.<br />

Bis dahin war mein Eindruck, dass wir zwar ungefähr <strong>die</strong> gleiche Lebensweise hatten, auf<br />

Grund von gleichen Hobbies und den gleichen Feierlichkeiten. Jedoch <strong>die</strong> Einstellung der<br />

F<strong>innen</strong> eine ganz andere war wie <strong>die</strong> unsere. Sie waren auf alles in ihrem Land stolz: <strong>die</strong><br />

Sicherheit des Landes, ihre Geschichte und ihre Unabhängigkeit, <strong>die</strong> gute Lebensqualität, <strong>die</strong><br />

Gleichberechtigung von Mann und Frau insbesondere ihre Präsidentin, <strong>die</strong> fortschrittliche<br />

Technik (Nokia) und natürlich ihre schöne Natur. Für uns würde dabei (mal wieder) herauskommen,<br />

dass wir <strong>die</strong> Verlierer sind. Wir haben kein Nationalbewusstsein <strong>durch</strong> <strong>die</strong> zwei verlorenen<br />

Weltkriege und sind lange noch nicht dass was wir gerne wären: ein solider eigenständiger<br />

und vor allen Dingen ein modernen Staat.<br />

Der nächste Schritt bestand aus der Zusammenstellung des Programm. Dabei kam es uns auf<br />

zwei wesentliche Aspekte an: Auf der einen Seite, sollten unsere Gäste möglichst viel von<br />

unserem „normalen“ Leben mitbekommen, auf der anderen Seite sollten unsere Gäste von<br />

Wuppertal und Umgebung etwas sehen und erfahren. So bestand dass Programm schließlich<br />

unter anderem aus einem Familientag, dem Schulbesuch, einer Stadtrallye, einem Besuch im<br />

Bandwirkermuseum, einem Konzertbesuch, einem Ausflug nach Düsseldorf, aber auch aus<br />

Bowlen, Schwimmen und Grillen.<br />

5


Während dem Besuch der F<strong>innen</strong> haben wir dann noch mal über unser Projekt gesprochen.<br />

Dabei stellten wir fest, dass jeder von dem anderen dachte sie seien arrogant bevor wir uns<br />

trafen, wir nun aber fest gestellt hatten, dass wir uns im Grunde sehr ähnlich waren. Der einzige<br />

Unterschied bestand eigentlich nun nur noch aus dem Nationalbewusstsein, der sich aber<br />

mit unsere Geschichte und ihrem Unabhängigkeitskrieg erklären ließ. Andere Aspekte wir <strong>die</strong><br />

Sicherheit des Landes, <strong>die</strong> Präsidentin und ihre Natur schienen bei ihnen doch nicht so wichtig<br />

zu sein wie es zunächst schien.<br />

Ich denke aus dem Projekt selbst habe ich zum einen einiges neues über unser eigenes Land<br />

gelernt und zum anderen ein wenig bekanntes europäisches Land kennen gelernt. Über<br />

Deutschland habe ich zum einen noch einmal ein Überblick von der deutscher Geschichte<br />

bekommen, aber auch neue Kleinigkeiten dazu gelernt wie zum Beispiel woher unsere Flagge<br />

kommt, was wir an bestimmten Feiertagen feiern und einiges mehr. Außerdem konnte man gut<br />

vergleichen, was während bestimmter Geschichtsepochen in Finnland passiert ist. Zum Beispiel<br />

wusste ich nicht, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> während des 2.Weltkrieges für ihre Unabhängigkeit<br />

gekämpft haben.<br />

Am Sonntag war ich gespannt und auch ein bisschen nervös, wie es wohl sein würde <strong>die</strong> ganze<br />

Woche mit jemandem in einem Zimmer zu leben, den man nicht kennt und der meine<br />

Sprache nicht spricht. Außerdem würde <strong>die</strong> Woche sicher anstrengend werden und ich konnte<br />

<strong>die</strong> ganze Woche meine Freunde aus der Gemeinde nicht sehen, da ich alle Termine, <strong>die</strong> ich<br />

normalerweise unter der Woche habe abgesagt hatte. Trotzdem freute ich mich auf <strong>die</strong> Woche,<br />

da es sicherlich viel Spaß machen würde neue Leute kennen zu lernen, außerdem wollten<br />

wir viele Sachen unternehmen.<br />

Während der ersten beiden Tage lernten Laura und ich uns erst mal ein bisschen kennen. Da<br />

ich zum ersten Mal an einem Austausch teilgenommen hatte, war für mich alles neu. Die verschiedenen<br />

Sprachen und viele neue Leute kennen zu lernen war erst mal spannend und auch<br />

lustig.<br />

Am Montag hatte ich mich mir drei Freund<strong>innen</strong> von mir und Laura noch getroffen, auch das<br />

war einen neue Situation, da ich mich mir meinen Freund<strong>innen</strong> noch nie einen ganzen Nachmittag<br />

auf Englisch unterhalten hatte. Auch wenn der Nachmittag nicht so war wie, wenn wir<br />

uns alleine getroffen hätten, war ich froh Leute zu treffen, <strong>die</strong> ich gut kannte.<br />

Am Dienstagnachmittag war ich an einem Punkt angelangt, wo ich keine Lust mehr hatte. In<br />

der ganze Gruppe waren nur wenige Leute <strong>die</strong> ich gut kannte, dazu kam, dass ständig Englisch<br />

oder Finnisch geredet wurde und wenn man sich mal nur mit Deutschen unterhielt, wurde<br />

der weitere Ablauf des Programm besprochen und organisiert. Zum Glück hatte ich Dienstagabend<br />

Zeit eine halbe Stunde in den Chor zu gehen und so meine Freunde kurz zu sehen,<br />

da meine F<strong>innen</strong> mit ihrer Freundin Eis essen gehen wollte. Erst Mittwochnachmittag an dem<br />

<strong>die</strong> F<strong>innen</strong> alleine shoppen gewesen waren und ich einen Nachmittag alleine zu Hause, hatte<br />

ich wieder genug Energie um in der Gruppe aktiv zu sein. Abends hatte ich mich auch noch<br />

einmal längere Zeit mit Laura unterhalten, sodass ich ab Donnerstag mich in der Gruppe wieder<br />

wohl fühlte. Bis dahin, hatte ich <strong>die</strong> Gruppe und auch Laura besser kennen gelernt, sodass<br />

nicht mehr alles neu war. Auch an das Sprachen<strong>durch</strong>einander hatte ich mich gewöhnt. Dass<br />

einzige was von nun noch anstrengend war, war das ständig neue Organisieren. Vor allen<br />

Dingen am Freitagabend war das sehr anstrengend, da wir oft den Ort gewechselt haben und<br />

zwischen<strong>durch</strong> immer wieder lange Diskussionen geführt haben, wo wir als nächstes hingehen,<br />

da es oft unterschiedliche Meinungen gab. Der schönste Tag für mich war der Samstag.<br />

Zum Einen, weil man da endlich ausschlafen konnte, aber hauptsächlich weil wir in Düsseldorf,<br />

viel Freizeit hatte, es wenig zu organisieren gab und weil <strong>die</strong> Stimmung in Düsseldorf<br />

selbst klasse war, ebenso wie das Feuerwerk. Der Abschied am Sonntag viel mir deswegen<br />

6


um so schwerer. Darum fand ich das gemeinsame Eis essen sehr wichtig, weil man so noch<br />

einmal einen gemeinsamen Abschluss hatte. Zum Glück sind <strong>durch</strong> Email und SMS, <strong>die</strong> Wege<br />

nach Finnland nicht mehr so lang, sodass ich immer noch Kontakt habe und hoffe irgendwann<br />

selber mal nach Finnland fahren zu können.<br />

Ich fand es interessant, dass wir trotz unterschiedlicher Nationalität viele Gemeinsamkeiten<br />

hatten. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir uns so gut verstehen. Was ich auch sehr angenehm<br />

fand war, dass es keine Außenseiter in der Gruppe gab und wir vieles zusammen gemacht<br />

haben, auch wenn ich das teilweise als sehr anstrengend empfunden habe. Doch gleichzeitig<br />

war es für mich eine neue Erfahrung eine Woche lang kaum meine Freunde außerhalb<br />

der Klasse zu sehen und dafür fast 24 Stunden mit einer relativ fremden Gruppe zusammen zu<br />

sein und mit denen ich dann noch den Ablauf des Programms organisieren musste. Außerdem<br />

war ich erstaunt wie schnell man relativ flüssig Englisch reden konnte, sodass man später automatisch<br />

Englisch geredet hat. Des weiteren hat mich erstaunt, dass man neben der anderen<br />

Sprache, nur an Kleinigkeiten gemerkt hat, dass wir aus unterschiedlichen Ländern gekommen<br />

sind. Zum Beispiel hat Laura mich gefragt, warum wir so viele Blumen an und in unseren<br />

Häusern haben, worauf ich spontan gar keine Antwort wusste. Was mich auch sehr erstaunt<br />

hat war, dass sie kein Eiscafé kannten, da es bei uns überall Eiscafés gibt. Außerdem<br />

war es für Laura ungewöhnlich, dass unsere Familie überwiegend gemeinsam isst. An solchen<br />

Kleinigkeiten, <strong>die</strong> für mich alltäglich sind, habe ich dann ab und zu gemerkt, dass es doch<br />

trotz vieler Gemeinsamkeiten unterschiedliche Gewohnheiten zwischen F<strong>innen</strong> und Deutschen<br />

gibt.<br />

Insgesamt fand ich, dass der Austausch eine gute Erfahrung war. Durch das Projekt „Unsere<br />

Identität“ hatte der Austausch ein ganz anderes Ziel, als ein reiner Sprachaustausch. Das fand<br />

ich sehr gut, weil man da<strong>durch</strong> viel mehr über <strong>die</strong> unterschiedliche Lebensweisen lernt und<br />

dabei noch Sprachkenntnisse erwirbt. Ich finde dass so ein Austausch/Projekt auf jeden Fall<br />

fortgeführt werden soll, aber dann auch einem Gegenbesuch, der Deutschen in Finnland verbunden<br />

sein sollte.<br />

Christopher Weck:<br />

Der finnische Besuch war jedoch nicht nur eine Anhäufung von Freizeitaktivitäten, nein,<br />

wir hatten schließlich auch noch ein paar Pflichten zwischen<strong>durch</strong> zu erledigen. Zum<br />

Beispiel unterhielten wir uns mit den F<strong>innen</strong> noch einmal über <strong>die</strong> Pisa-Stu<strong>die</strong>. Verständigt<br />

haben wir uns <strong>die</strong> ganze Zeit in Englisch, doch damit hatten wir keinerlei Probleme.<br />

Natürlich konnten wir nicht fehlerfrei sprechen, auch <strong>die</strong> „Pisa-Sieger“ vergaßen oftmals<br />

<strong>die</strong> eine oder andere grammatische Regel, doch wir konnten fast immer verstehen was<br />

der andere meinte. Nun fingen <strong>die</strong> Diskussionen an, in denen wir Deutschen (wie sollte<br />

es auch anders sein) uns alle einig waren, dass <strong>die</strong> Pisa-Stu<strong>die</strong> nicht wirklich der Wahrheit<br />

entspricht, wobei <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> jedoch anderer Meinung waren. Mit übertriebenen Gesten<br />

bestanden sie darauf, <strong>die</strong> Schlauesten zu sein - so haben sie es auch wortwörtlich<br />

gesagt- , was jedoch eine gewisse Ironie erkennen liess. In den nachfolgenden Tagen,<br />

als ich mich nochmals ernsthaft mit einigen F<strong>innen</strong> unterhalten habe, stellte sich heraus,<br />

7


dass sie ziemlich überrascht über den ersten Platz in der Pisa-Stu<strong>die</strong> waren; sie würden<br />

auch nicht wirklich viel für Arbeiten üben oder immer auf <strong>die</strong> Lehrer hören oder gar regelmäßig<br />

Hausaufgaben machen. Einer meinte sogar, es sei, als ob sie ihre Lehrer unterrichten<br />

würden. Das ist natürlich etwas übertrieben, aber es zeigt, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> <strong>die</strong><br />

selbe Einstellung zur Schule haben wie wir und sich in der Hinsicht nicht wirklich von uns<br />

unterscheiden, Pisa-Stu<strong>die</strong> hin oder her!<br />

...<br />

Ein anderer Punkt ist, dass sich unsere beiden Schulsysteme grundlegend voneinander<br />

unterscheiden. Meiner Meinung nach ist das finnische Schulsystem viel sozialer als das<br />

Deutsche. Bis zur 10. Klasse gibt es nur eine Schulform, <strong>die</strong> jeder Schüler besucht, ob<br />

gut oder schlecht. Ich denke, auch das trägt zu den guten Leistungen bei, denn dort sind<br />

alle Schüler auf einem ähnlichen Niveau. Es wird auch mehr darauf geachtet, dass jeder<br />

Schüler mitkommt, er wird nicht einfach sich selbst überlassen, sondern individuell gefördert.<br />

Des Weiteren wird in einem Pressebericht auf eine sehr hohe Motivation der<br />

finnischen Lehrer verwiesen, was sich sicher auch positiv auf <strong>die</strong> Leistungsbereitschaft<br />

ihrer Schüler auswirkt. Die Bedeutung <strong>die</strong>ses Punktes glaube ich anhand meiner weniger<br />

positiven Erfahrungen in meiner Klasse an einer anderen Wuppertaler Schule während<br />

der ersten vier Jahre Gymnasium im Verhältnis zu unserer jetzigen Klasse recht gut beurteilen<br />

zu können. Ob mangelnde Leistungsbereitschaft (oder Leistungsvermögen) der<br />

Schüler <strong>die</strong> Motivation einiger Lehrer beeinflusst hat oder umgekehrt, ist schwer zu beurteilen.<br />

Jedoch zeigt meine Erfahrung, dass ein pauschales Urteil über Lehrer oder Schüler<br />

selbst in der gleichen Stadt und in der gleichen Schulform unmöglich ist. Vielleicht<br />

gibt es ja doch noch Verbesserungsmöglichkeiten in der pädagogischen Ausbildung unserer<br />

<strong>deutschen</strong> Lehrer<br />

Zu<br />

erwähnen ist noch, dass das Mittagessen in der Schule und <strong>die</strong> Schulaccessoires für <strong>die</strong><br />

Schüler in Finnland umsonst sind.<br />

Auch der Unterricht ist meiner Meinung nach sinnvoller gestaltet, da <strong>die</strong> Lehrer in Finnland<br />

mehr für das praktische Leben unterrichten und nicht so tief auf manche Dinge eingehen<br />

wie wir es in Deutschland machen. Zum Beispiel müssen <strong>die</strong> finnischen Schüler<br />

überhaupt keine Interpretationen im Fremdsprachenunterricht machen.<br />

Zu den Unterrichtszeiten kann man sagen, dass wir cirka gleich viele Stunden in der<br />

Woche haben. ... Die Schulzeit beinhaltet oft auch den gesamten Nachmittag, da <strong>die</strong><br />

finnischen Schüler, neben den späteren Anfangszeiten, viel längere Pausen haben.<br />

8


Ein weiterer Aspekt, über den wir gemeinsam gesprochen haben, war das Nationalgefühl.<br />

Mittwochs nach der Schule werteten wir das Projekt aus. Wir stellten uns gegenseitig<br />

Fragen zu dem Material, das wir uns vorher geschickt hatten. Wir bemerkten einen<br />

drastischen Unterschied, was das Nationalgefühl betrifft. Wenn wir <strong>die</strong> jüngere Geschichte<br />

Deutschlands betrachten, gibt es zweifellos wenig, auf das wir stolz sein können. Zwei<br />

Kriege haben wir begonnen (den ersten und den zweiten Weltkrieg) in denen viele Millionen<br />

Menschen ihr Leben ließen. Die F<strong>innen</strong> sind im Gegensatz zu uns sehr stolz auf<br />

ihren Krieg gegen <strong>die</strong> Sowjetunion, in dem sie sich erfolgreich verteidigen konnten. Patriotismus<br />

ist in Finnland viel ausgeprägter als in Deutschland. Uns Deutschen hätte es<br />

nichts ausgemacht, wenn wir in einem anderen, wirtschaftlich ähnlich starken EU-Land,<br />

geboren worden wären, was bei den F<strong>innen</strong> nicht der Fall war. Für sie bedeutet es sehr<br />

viel, Finne zu sein und auch dort in ihrem Land zu leben. Viele von ihnen schrieben: „I<br />

am proud to be a Finn“ (wer es nicht so ausdrückte, hat es umschrieben) und das ist<br />

auch etwas, was kein einziger Deutsche geschrieben hat. In unserer Gesprächsrunde<br />

stellte sich ebenfalls heraus, dass fast jeder Finne eine Nationalflagge besitzt und auch<br />

auf passenden Anlässen schwenkt. Ich glaube von uns Deutschen gab es nur zwei oder<br />

drei Schüler, <strong>die</strong> eine Flagge besitzen.<br />

Nach unseren Gesprächen haben wir mehrere kleine Gruppen gebildet, in denen wir<br />

<strong>deutschen</strong> Schüler mit den finnischen Schülern Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

niedergeschrieben haben, <strong>die</strong>smal mehr auf das alltägliche Leben bezogen. Es wurden<br />

ebenfalls Vorurteile über <strong>die</strong> andere Nation vor dem Besuch und nach dem Besuch aufgeschrieben<br />

und verglichen.<br />

Viele uns Deutschen zugeschriebene Tugenden wurden bestätigt, zum Beispiel, was <strong>die</strong><br />

Ordentlichkeit angeht. Finnische Schüler bemerkten, dass deutsche Häuser viel sauberer<br />

sind, oder dass beim Essen nicht einfach alles auf einen Teller kommt, sondern dass<br />

es zusätzlich spezielle Teller für beispielsweise Salat gibt. Auch muss bei den Deutschen<br />

alles perfekt sein, ausländische Filme werden z.B.synchronisiert und nicht einfach ein<br />

deutscher Text zu den Originalstimmen gesetzt. In Deutschland kann man nicht einfach<br />

seine Lehrer mit dem Vor- oder Spitznamen anreden, wie es in Finnland üblich ist. Für<br />

Deutsche ist Kohlensäure im Wasser ein Muss, im Gegensatz zu den F<strong>innen</strong>, <strong>die</strong> nur<br />

Leitungswasser trinken und im Leben nicht darauf kommen würden, Wasser im Supermarkt<br />

einzukaufen.<br />

Ein anderer Punkt, über den wir gesprochen haben, ist, dass finnische Jugendliche nur<br />

Alkohol trinken, um betrunken zu sein, Deutsche auch, um zu genießen. Wir trinken zwar<br />

9


auf einen längeren Zeitraum gesehen mehr Alkohol, jedoch wenn <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> einmal trinken,<br />

dann richtig.<br />

Uns sind jedoch nicht nur Unterschiede aufgefallen, sondern auch Gemeinsamkeiten.<br />

Zum Beispiel, wenn wir an <strong>die</strong> Mode/den Trend denken; wir tragen alle <strong>die</strong> „gleichen Sachen“<br />

und auch fast jeder Jugendliche besitzt mittlerweile sei eigenes Handy. Wir haben<br />

<strong>die</strong> selbe Hautfarbe und es würde beispielsweise keinem Deutschen auffallen, dass,<br />

wenn ein Finne <strong>durch</strong> <strong>die</strong> Stadt geht, er aus einem anderen Land kommt. Ein anderer<br />

Aspekt sind <strong>die</strong> Hobbys, <strong>die</strong> mehr oder weniger <strong>die</strong> gleichen sind, wie zum Beispiel:<br />

Kampfsport, Fußball, Tischtennis, Streethockey, Minigolf oder auch musikalische Interessen.<br />

Bei ein paar Streichen und Witzen ist uns auch aufgefallen, dass wir den selben<br />

Humor haben.<br />

Nicht zu vergessen (jetzt allerdings politisch gesehen), ist <strong>die</strong> gemeinsame Mitgliedschaft<br />

in der EU und <strong>die</strong> selbe Währung.<br />

Eine andere Gruppe hat sich damit beschäftigt, wie sie vor und nach dem Besuch über<br />

<strong>die</strong> jeweils andere Nation gedacht hat.<br />

Zum Beispiel dachten <strong>die</strong> finnischen Schüler vor dem Besuch, dass wir Deutschen ein<br />

gutes Benehmen haben und sehr diszipliniert seien aber auch, dass wir kleine „Freaks“<br />

seien und nur Heavy Metal Musik hören würden, doch es war oft das genaue Gegenteil<br />

oder einfach nicht wahr. Ein paar Schüler dachten sogar, dass wir Schuluniformen tragen<br />

müssten.<br />

Andersherum haben wir Deutschen uns natürlich auch unsere Gedanken zu den F<strong>innen</strong><br />

gemacht. Aufgrund der Pisa-Stu<strong>die</strong> dachten wir uns, dass sie viel besser Englisch reden<br />

könnten als wir und dass sie bestimmt viel für <strong>die</strong> Schule üben und kleine Streber seien.<br />

Blaue Augen und blonde Haare, so sehen bestimmt <strong>die</strong> meisten F<strong>innen</strong> aus, haben wir<br />

uns gedacht. Alles falsch, jedoch eine Vorstellung von den F<strong>innen</strong> erwies sich als richtig,<br />

und zwar, dass sie alle <strong>die</strong> Natur lieben, <strong>die</strong> ja in Finnland noch nicht so verdrängt<br />

wurde wie in Deutschland.<br />

Zuerst habe ich in unserer Arbeit über unsere Identität sehr viel über <strong>die</strong> deutsche Geschichte<br />

gelernt und im Verlauf auch Eindrücke über<br />

<strong>die</strong> finnische Geschichte bekommen. Besonders hat sich mir das wesentlich stärkere<br />

Nationalbewusstsein der F<strong>innen</strong> im Verhältnis zu uns Deutschen eingeprägt. Bis wir alle<br />

10


uns mit unserer „neuen“ europäischen Gemeinschaft identifizieren, wird sicher noch ein<br />

langer Weg sein, obwohl wir uns persönlich bestens verstanden haben. Bis auf manche<br />

kulturellen Unterschiede sahen wir, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> auch „Menschen wie du und ich“<br />

sind.<br />

Es hat wirklich viel Spaß gemacht, <strong>die</strong> Woche mit unseren finnischen Gästen zu verbringen.<br />

Ich denke, dass wir da<strong>durch</strong> auch offener zu Menschen aus anderen Ländern geworden<br />

sind und ihnen mit weniger Vorbehalten gegenübertreten. Ich kann mir gut vorstellen,<br />

dass der Kontakt zu einigen F<strong>innen</strong> fortbestehen wird und sich auch daraus <strong>die</strong><br />

eine oder andere Finnlandreise ergeben kann.<br />

Verena Sacré:<br />

Am Freitag, 24.5., setzten wir uns nach dem Unterricht in kleinen Gruppen (F<strong>innen</strong> und<br />

Deutsche gemischt) zusammen und überlegten, was sich an Ansichten über <strong>die</strong> jeweils<br />

anderen <strong>durch</strong> den Besuch verändert hat. Dabei ging <strong>die</strong> Diskussion in manchen Gruppen<br />

(wie auch in meiner) hauptsächlich über Dinge, <strong>die</strong> in den Familien und Häusern anders<br />

sind und weniger über Einstellungen und Ansichten.<br />

Dabei kam zum Beispiel heraus, dass <strong>die</strong> finnischen Schüler finden, dass <strong>die</strong> Wohnungen<br />

und Häuser in Deutschland (oder in Wuppertal) sauberer sind als <strong>die</strong> in Helsinki. Sie fanden<br />

es recht komisch, dass <strong>die</strong> meisten <strong>deutschen</strong> Familien Wasser in Supermärkten kaufen<br />

und nur selten das aus den Leitungen trinken. Einige der finnischen Schüler hatten in<br />

Geschäften das Problem, dass sie nicht verstanden wurden, da viele Verkäufer kein Englisch<br />

sprechen. Sie berichteten uns, dass man in Finnland für <strong>die</strong> meisten Arbeitsplätze<br />

Englisch und/oder schwedisch sprechen können muss. Außerdem fanden <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> es<br />

gut, dass Filme hier zum Großteil synchronisiert sind, wogegen in Finnland meistens nur<br />

Untertitel dabei ist. Die finnischen Schüler, <strong>die</strong> schon 16 sind (<strong>die</strong> meisten waren noch 15)<br />

fanden es auch gut, dass man hier schon mit 16 in viele Bars darf. In Finnland ist das erst<br />

mit 18, manchmal auch erst mit 21 erlaubt.<br />

Manche Deutsche dachten vor dem Besuch, dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> „Streber“ seien, es stellte sich<br />

aber heraus, dass sie auch nicht mehr für <strong>die</strong> Schule arbeiten als wir es tun. Außerdem war<br />

bei uns das Vorurteil „Alle F<strong>innen</strong> haben blonde Haare und blaue Augen“ sehr verbreitet.<br />

Uns ist auch aufgefallen (und <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> bestätigten uns das), dass finnische Jugendliche<br />

Alkohol trinken um betrunken zu sein, es bei uns aber oft so ist, dass man wegen dem Geschmack<br />

und Genuss trinkt. Zum Glück bewiesen uns <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> <strong>die</strong>se Einstellung über<br />

Alkohol nicht gleich...<br />

Aber schließlich waren sich dann alle einig, dass <strong>die</strong>se Unterschiede unsere Grunderkenntnis<br />

gegenüber den anderen, dass wir uns sehr ähnlich sind, nicht ändern konnten.<br />

→ Neue Erkenntnisse und Bedeutung für mich<br />

Das gesamte Projekt und der Austausch haben mir viele neue, wichtige Erkenntnisse<br />

gebracht. Ich hätte nicht gedacht, dass wir Jugendlichen so ähnlich sind. Es hat mir viel<br />

gebracht, mich mit einem anderen Land und seiner Kultur auseinander zu setzen. Es gab<br />

zwar auch einige Unterschiede zwischen uns, aber das ist, denke ich, ganz normal. Zum<br />

Beispiel fand ich es interessant, mögliche Gründe für ein besseres Abschneiden in der PI-<br />

SA- Stu<strong>die</strong> zu hören und zu erfahren, dass finnische Jugendliche <strong>die</strong> Natur anders sehen<br />

als wir. Aber weil <strong>die</strong> finnischen Schüler immer wieder gesagt haben, wie schön unsere<br />

Natur wäre und dass wir darauf stolz sein sollten, sehe ich das jetzt auch mit anderen Au-<br />

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gen. Ich nehme jetzt nicht mehr einfach alles als „normal“ und nicht wichtig, sondern sehe<br />

vieles mit anderen Augen und überlege, wie es ohne viele Dinge (zum Beispiel <strong>die</strong> Natur,<br />

Schulen, Freizeitangebote,...) wäre.<br />

Außerdem habe ich darüber nachgedacht, worauf ich stolz sein kann in Deutschland und<br />

der Vergangenheit. Ich kann nicht auf <strong>die</strong> Geschichte des Landes stolz sein (Kriege, <strong>die</strong><br />

„wir“ angefangen haben), aber ich merke schon, dass ich in gewisser Weise auf Erfolge<br />

Deutschlands (Sporterfolge, zum Beispiel jetzt bei der Fußball-WM;...) stolz bin.<br />

→ Wie fand ich <strong>die</strong> Organisation und Verwirklichung des ganzen Projekts<br />

Ich finde, dass <strong>die</strong> gesamte Sache mit dem Projekt, der ersten Arbeit und der Besuch letztlich<br />

doch gut organisiert war. Zuerst dachten wir alle, dass sich <strong>die</strong> Idee eines Besuches<br />

sowieso nicht verwirklichen ließe, aber dann wurden wir eines Besseren belehrt. Ich fand<br />

es gut, dass wir vor dem Besuch schon viele Dinge ausgetauscht hatten und so schon für<br />

uns ein Bild machen konnten über das uns fremde Land und fremde Menschen. Da<strong>durch</strong><br />

hatten wir aber einige falsche Vorstellungen, <strong>die</strong> erst <strong>durch</strong> den Besuch verändert wurden.<br />

Auch wenn das Programm in der Woche nicht komplett <strong>durch</strong>organisiert war, hat alles gut<br />

geklappt mit Treffpunkten und Zeiten. Im Nachhinein finde ich es auch gut, dass nicht jede<br />

Minute verplant war und wir auch spontan noch andere Dinge unternehmen konnten.<br />

→ Würde ich ein solches Projekt weiterempfehlen<br />

Ich fände es gut, wenn der Kontakt mit der finnischen Schule, den Lehrern und Schülern,<br />

noch lange aufrecht gehalten wird und bis zu anderen jüngeren Altersstufen weitergeht.<br />

Für unseren Kurs und letztlich auch <strong>die</strong> ganze Klasse war <strong>die</strong>ses Projekt eine schöne Erfahrung<br />

und hat allen viel Spaß gemacht. Das Projekt war zwar sehr zeitaufwendig und<br />

anfangs etwas zu viel für uns (dachten wir), aber alle haben es ja trotzdem gut geschafft<br />

und dann auch Spaß an der Sache gefunden. Ich denke, das auch andere Klassen und Kurse<br />

eine solche Erfahrung machen sollten.<br />

Für mich kann ich sagen, dass ich auf jeden Fall eine gute neue Freundin gefunden habe<br />

und froh darüber bin, nun auch in Finnland Kontakte zu haben.<br />

Abschließend kann ich also sagen, dass es wichtig für mich war, etwas Näheres über ein<br />

anderes, mir erst fremdes Land, zu lernen. Hätte das Projekt sich nicht so weit entwickelt,<br />

dass <strong>die</strong> F<strong>innen</strong> uns tatsächlich besucht haben, wären meine Einstellungen noch so wie<br />

vor dem Besuch, nämlich dass ich dachte, dass es viele große Unterschiede zwischen uns<br />

gibt. Insofern war der Besuch sehr sinnvoll für mich und ich finde, dass man <strong>die</strong>sen Kontakt<br />

noch lange aufrecht erhalten sollte, dass auch andere Klassen oder Kurse <strong>die</strong>se Erfahrung<br />

machen können.<br />

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