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KURIER<br />

Das Bayer CropScience Magazin für moderne Landwirtschaft 2/05<br />

<strong>Genau</strong><br />

<strong>auf</strong> <strong>Kurs</strong>!<br />

Automatische Lenksysteme<br />

in der Landwirtschaft


Forschung & Praxis<br />

Der BayerAgrar-Shop<br />

im Internet<br />

Der interaktive<br />

Pflanzenschutzberater<br />

von Bayer CropScience<br />

Bequem von zu Hause eink<strong>auf</strong>en, diesen Service bietet Bayer<br />

CropScience den Mitgliedern des Agrarclubs (www.agrarclub.de).<br />

Im BayerAgrar-Shop können interessante Markenartikel und attraktive<br />

Sonderangebote bestellt werden. Neben einer Reihe von praktischen<br />

Artikeln für den Landwirt aus der „Bayer-Kollektion“, wie<br />

Beinlinge, wetterfeste Anoraks, Handschuhe oder Regenmesser, finden<br />

sich in der „Bibliothek“ die bewährten Bestimmungsfächer.<br />

Sechs Ausgaben sind derzeit lieferbar: Schädlinge und Nützlinge im<br />

Ackerbau, Unkräuter und Ungräser im Ackerbau, Getreidekrankheiten<br />

sowie Krankheiten, Unkräuter und Schädlinge in Kartoffeln,<br />

Mais und Weinbau. Die CD „Pflanzenschutz Kompendium 2005“ ist<br />

auch im Shop erhältlich. Sie enthält alle Informationen rund um das<br />

aktuelle Produktportfolio inklusive Ansprechpartner, Leistungsprofile<br />

und Broschüren.<br />

Das weitere Sortiment umfasst neben Spielzeug für die Kleinen<br />

auch Küchenartikel und Freizeitbedarf wie Reisekoffer und Rucksäcke.<br />

Hochwertiges Werkzeug rundet das Angebot ab: Taschenlampen,<br />

Akku-Schlagbohrer und Elektro-Heckenscheren. Unter der<br />

Rubrik Elektronik können unter anderem auch Digital-Kameras<br />

bestellt werden.<br />

Die Anmeldung für den Agrar-Shop ist denkbar einfach: Name,<br />

Anschrift und E-Mail-Adresse eingeben, Benutzername und Kennwort<br />

festlegen, und der Agrar-Shop hat 24 Stunden am Tag geöffnet. ■<br />

Mit Beginn der Frühjahrssaison hat Bayer<br />

CropScience das Beratungsangebot um<br />

einen weiteren Internet-Service erweitert.<br />

Unter www.pflanzenschutzberater.de führt<br />

ein interaktiver Berater den Landwirt<br />

schnell, einfach und komfortabel zu seiner<br />

regionalen Pflanzenschutz-Problemlösung.<br />

Eine kürzlich gestartete Befragung von<br />

Nutzern ergab: Das neue Programm kommt<br />

hinsichtlich Benutzerführung, Geschwindigkeit<br />

und Informationsgehalt seht gut an.<br />

Und um den Nutzen noch weiter zu steigern,<br />

wurden auch die Herbstempfehlungen eingestellt.<br />

Nach Abfrage der Region gelangt der<br />

Nutzer automatisch in das Menü, das ihn<br />

nach der Auswahl „Ackerbau“, „Saison“,<br />

„Kultur“ und „Schaderreger“ schnell zur<br />

Einsatzempfehlung führt. Aus einer Vielzahl<br />

möglicher Krankheiten, Schädlinge, Unkräuter<br />

oder Ungräser kann der Schaderreger<br />

ausgewählt werden. Ergebnis der<br />

virtuellen Beratung ist eine maßgeschneiderte<br />

Produktempfehlung inkl. der notwendigen<br />

Aufwandmenge und dem optimalen<br />

Anwendungszeitraum.<br />

Zusätzlich werden weitere Informationen<br />

angeboten: eine Kurzbeschreibung des einzusetzenden<br />

Pflanzenschutzmittels, ein<br />

Produktdatenblatt, die behördlich vorgeschriebenen<br />

Abstands<strong>auf</strong>lagen sowie das<br />

Sicherheitsdatenblatt. Darüber hinaus erhält<br />

der Landwirt über die „Schaderreger-<br />

Diagnose“ eine Übersicht aller mit einer<br />

Empfehlung erfassten Schaderreger inklusive<br />

Bildmaterial. ■<br />

2 KURIER 2/05


Liebe Leserinnen und Leser,<br />

neben der Vermarktung einer breiten Palette<br />

bewährter Produkte und der Einführung<br />

neuer, innovativer Mittel konzentrieren wir<br />

uns zunehmend <strong>auf</strong> unser zweites erfolgreiches<br />

Standbein: Das Entwickeln von<br />

Serviceleistungen für die deutsche Landwirtschaft.<br />

Zwei neue Angebote stellen wir<br />

Ihnen in dieser Ausgabe kurz vor. Dem interaktiven<br />

Pflanzenschutzberater, eingeführt zur<br />

Frühjahrssaison 2005, wurde von vielen<br />

online befragten Landwirten ein gutes<br />

Zeugnis ausgestellt. Des Weiteren erfreut<br />

sich auch der BayerAgrar-Shop mit seinen vielen<br />

interessanten Markenartikeln und attraktiven<br />

Sonderangeboten steigender Beliebtheit.<br />

In einem weiteren Beitrag schauen wir hinter<br />

die Kulissen unseres Feldversuchswesens.<br />

Hoch qualifizierte Bayer-Mitarbeiter nutzen<br />

modernste Technologien, um für Sie die optimalen<br />

und vor allem wirtschaftlichsten Problemlösungen<br />

für den Pflanzenschutz zu entwickeln.<br />

Es ist vermehrt zu beobachten, dass Pflanzenschutzmittel<br />

aus anderen Ländern nach<br />

Deutschland eingeführt werden. Dabei ist<br />

vielen Landwirten nicht bewusst, wo die<br />

Risiken beim Einsatz dieser Produkte liegen<br />

können. Das gilt vor allem bei Auftreten von<br />

Minderwirkungen oder gar Schäden. Antworten<br />

<strong>auf</strong> Fragen zur Haftung und zur aktuellen<br />

Rechtslage erhalten Sie in dieser Ausgabe.<br />

Große Schäden kann die Kleine Kohlfliege<br />

im Raps anrichten. Wir stellen Ihnen die<br />

Problemlösung von Bayer CropScience vor:<br />

Mit Poncho ® und Contur ® Plus behandeltes<br />

Saatgut bietet verlängerten Schutz gegen die<br />

Kleine Kohlfliege und den Rapserdfloh. Die<br />

neue Wirkstoffkombination vermindert<br />

außerdem sekundären Pilzbefall.<br />

Ein hohes Maß an Sicherheit kann in der<br />

anstehenden Herbstsaison mit dem Einsatz<br />

von Atlantis ® WG erreicht werden. Gegen<br />

Ackerfuchsschwanz hat dieses Produkt neue<br />

Maßstäbe gesetzt und ermöglicht in Kombinationen<br />

mit Fenikan ® oder Bacara ® eine<br />

breite Wirkung gegen dikotyle Unkräuter.<br />

Eine sehr gute Resonanz erzielt die Initiative<br />

„Food for Life! Die Früchte der Erde“ des<br />

IVA. Mehr als 25.000 Verbraucher haben bis<br />

heute die mobile Ausstellung besucht und<br />

sich über gesunde Ernährung informiert.<br />

Mitverantwortlich für unser reichhaltiges<br />

Angebot an Obst und Gemüse: Moderne<br />

Pflanzenschutzmittel, die unsere Nahrungspflanzen<br />

vor Krankheiten, Schädlingen oder<br />

Unkräutern bewahren und eingelagertes<br />

Getreide vor Schadinsekten schützen.<br />

Wir wünschen Ihnen eine gute Ernte und<br />

einen erfolgreichen Start in die Herbstsaison.<br />

Ihr<br />

Tobias Marchand<br />

Geschäftsführer der Bayer CropScience<br />

Deutschland GmbH, Langenfeld<br />

Inhalt<br />

4 <strong>Genau</strong> <strong>auf</strong> <strong>Kurs</strong>!<br />

8 Das Klemmbrett hat ausgedient<br />

10 Reimport, EU-Parallelimport,<br />

Drittlandimport von Pflanzenschutzmitteln<br />

– Was ist erlaubt<br />

13 Teil 2: Vom Spritztank<br />

in die Pflanze – die<br />

Formulierung macht’s<br />

16 Eine Maßnahme, die<br />

sich immer lohnt –<br />

Getreideherbizide im Herbst<br />

19 Mit Poncho und Contur Plus<br />

gegen die<br />

Kleine Kohlfliege im Raps<br />

20 „Food for Life!<br />

Die Früchte der Erde“<br />

22 Weizenstandort Deutschland<br />

– Profil der Erzeugung<br />

und Verarbeitung<br />

26 Der Nebel und seine Entstehung<br />

30 Aus aller Welt<br />

Hinweis: Der Kurier ist eine Zeitschrift für den europäischen<br />

Landwirt. Sie bietet somit auch Informationen über<br />

Produkte anderer Länder. Wir bitten deshalb unsere Leser,<br />

unbedingt die nationalen Zulassungen sowie die jeweiligen<br />

Gebrauchsanleitungen zu beachten.<br />

49. Jahrgang / Herausgeber: Bayer CropScience AG,<br />

Monheim / Redaktion: Bernhard Grupp, Birgit Wunstorf /<br />

Verantwortlich für den Inhalt: Bernhard Grupp, Dr. Jörg<br />

Weinmann (nationale Themen) / Inhalt unter Mitwirkung<br />

von: AgroConcept GmbH, Prof. Dr. Peter Baur, Dr. Katharina<br />

Seuser (freie Journalistin), Dr. Manfred Kern, Utz Klages,<br />

Dr. Markus Safferling / Layout: Xpertise, Langenfeld / Litho:<br />

LSD GmbH & Co. KG, Düsseldorf / Druck: Broermann,<br />

Troisdorf / Nachdruck mit Quellenangabe erlaubt. Um<br />

Belegexemplare wird gebeten. Redaktionsanschrift:<br />

BayerCropScience AG, Corporate Communications, Alfred-<br />

Nobel-Straße 50, D-40789 Monheim am Rhein, Fax:<br />

02173-383454, Website: www.bayercropscience.com<br />

Diese Druckschrift enthält bestimmte in die Zukunft<br />

gerichtete Aussagen, die <strong>auf</strong> den gegenwärtigen Annahmen<br />

und Prognosen der Unternehmensleitung der Bayer<br />

CropScience AG beruhen. Verschiedene bekannte wie auch<br />

unbekannte Risiken, Ungewissheiten und andere Faktoren<br />

können dazu führen, dass die tatsächlichen Ergebnisse,<br />

die Finanzlage, die Entwicklung oder die Performance<br />

unserer Dachgesellschaft Bayer AG wesentlich von den<br />

hier gegebenen Einschätzungen abweichen. Diese Faktoren<br />

schließen diejenigen ein, die in Berichten der Bayer<br />

AG an die Frankfurter Wertpapierbörse sowie die amerikanische<br />

Wertpapier<strong>auf</strong>sichtsbehörde (inkl. Form 20-F)<br />

beschrieben worden sind. Weder die Bayer AG noch die<br />

Bayer CropScience AG übernehmen die Verpflichtung, solche<br />

zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an<br />

zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.<br />

2/05 KURIER 3


<strong>Genau</strong> <strong>auf</strong> <strong>Kurs</strong>!<br />

Automatische Lenksysteme in der Landwirtschaft<br />

Patrick Ole Noack, Geo-Konzept, Adelschlag<br />

Automatische Lenksysteme sind kein Werbegag und<br />

nicht nur Spielzeug für Technikverliebte. Mit diesen<br />

Systemen können bei entsprechenden betrieblichen<br />

Voraussetzungen erhebliche Einsparungen erzielt werden.<br />

Dank Parallelführungssystem fährt die Maschine immer mit der optimalen Arbeitsbreite<br />

4 KURIER 2/05


Durch GPS (Globales Positionierungssystem)<br />

gestützte automatische Lenksysteme<br />

werden seit mehreren Jahren von verschiedenen<br />

Herstellern angeboten. Die<br />

Entwicklung begann Mitte der 90er Jahre,<br />

als die ersten manuellen Parallelführungssysteme<br />

<strong>auf</strong> den Markt kamen. Diese<br />

„Lenkhilfen“ zeigten dem Fahrer <strong>auf</strong><br />

Grundlage der Satellitenortung <strong>auf</strong> einem<br />

Lichtbalken die Abweichung von der Sollfahrspur<br />

an. So genannte Autopiloten für<br />

Traktoren oder andere selbst fahrende<br />

Landmaschinen wie Pflanzenschutzspritzen<br />

oder Mähdrescher gibt es seit dem Jahr<br />

2000. Dabei greift das automatische Lenksystem<br />

über ein elektro-hydraulisches<br />

Ventil in den Lenkkreisl<strong>auf</strong> ein und hält<br />

das Fahrzeug automatisch <strong>auf</strong> <strong>Kurs</strong> – der<br />

Fahrer braucht also nicht mehr selbst zu<br />

lenken und kann sich <strong>auf</strong> die Kontrolle des<br />

Arbeitsgerätes konzentrieren.<br />

Wie alles begann<br />

In den 60er Jahren wurde GPS als militärisches<br />

System zur Verbesserung der Navigationsmöglichkeiten<br />

der US-amerikanischen<br />

Streitkräfte entwickelt. Die zivile<br />

Nutzung des Systems wurde in der Entstehungsphase<br />

noch gar nicht in Betracht<br />

gezogen. Erst deutlich später wurde neben<br />

einem hoch präzisen Dienst für den militärischen<br />

Anwendungsbereich ein künstlich<br />

verschlechterter Satellitendienst etabliert,<br />

der für zivile Zwecke nutzbar sein sollte.<br />

Mit einer Abweichung von rund 100<br />

Metern war dieser Dienst zunächst noch<br />

sehr ungenau. Vor fünf Jahren wurde die<br />

künstlich erzeugte Verzerrung abgeschaltet<br />

und der Weg frei für die zivile Nutzung.<br />

Seit dieser Zeit entstehen in der Landwirtschaft<br />

stetig neue, interessante Anwendungsbereiche<br />

für dieses System.<br />

Daneben existiert ein Kontrollsegment im<br />

GPS, das aus fünf Kontrollstationen – mit<br />

bekannter Position – <strong>auf</strong> der Erde besteht.<br />

Hier werden die Daten, die von den Satelliten<br />

ausgesendet werden, permanent <strong>auf</strong><br />

Richtigkeit und Präzision hin überprüft<br />

und ggf. korrigiert.<br />

Das Nutzersegment ist letztlich der<br />

GPS-Empfänger, der Informationen wie<br />

Position, Höhe und auch Geschwindigkeit<br />

bei Bedarf errechnen kann. Dabei errechnet<br />

der GPS-Empfänger die Geschwindigkeit<br />

aus dem Quotienten der Distanz zwischen<br />

zwei ermittelten Messpositionen und<br />

der zwischen diesen Messungen liegenden<br />

Zeit. Die Ermittlung der eigenen Position<br />

basiert – vereinfacht dargestellt – <strong>auf</strong> der<br />

Bestimmung der Zeit, die vom gleichzeitigen<br />

Versand mindestens dreier unterschiedlicher<br />

Satellitensignale bis zum<br />

Empfang dieser Signale am GPS-Empfänger<br />

vergeht. Hierzu ist in jedem der 24<br />

Satelliten eine Atomuhr eingebaut, die<br />

eine hochgenaue Zeitmessung ermöglicht.<br />

Stellt man sich den Bereich, in dem das<br />

GPS-Signal eines bekannten Satelliten<br />

empfangen werden kann, als einen Kreis<br />

<strong>auf</strong> der Erdkugel vor (Abbildung 1), so<br />

kann man im Falle des Empfangs dieses<br />

Signals mit einem GPS-Empfänger davon<br />

ausgehen, dass die gesuchte eigene Position<br />

an irgendeiner Stelle <strong>auf</strong> dem Rand<br />

dieses Kreises liegt. Werden gleichzeitig<br />

zwei Satellitensignale empfangen, ist klar,<br />

dass die eigene Position an einer der<br />

Schnittstellen dieser zwei Kreise liegt. Erst<br />

bei zeitgleichem Empfang eines dritten<br />

Satellitensignals kann dann eine exakte<br />

Positionsangabe gemacht werden.<br />

Qualität mindernd ist allerdings die<br />

Präzision der Zeitmessung im GPS-<br />

Empfänger. Da man hier üblicherweise aus<br />

Kostengründen <strong>auf</strong> eine Atomuhr verzichtet,<br />

kann es zu gravierenden Fehlern kommen.<br />

Beispielsweise kann ein Fehler in der<br />

Zeitmessung von bereits einer Millionstel<br />

Sekunde zu einem Fehler von 300 Metern<br />

<strong>auf</strong> der Erdoberfläche führen. Um dieses<br />

Problem zu lösen, wird das gleichzeitig<br />

empfangene Signal eines weiteren, vierten<br />

Satelliten benötigt.<br />

<strong>Genau</strong>igkeit und Fehlerquellen<br />

Die <strong>Genau</strong>igkeit der Positionsbestimmung<br />

spielt für die landwirtschaftliche Praxis<br />

eine wichtige Rolle. Mit einem handelsüblichen<br />

GPS-Empfänger können unter idealen<br />

Bedingungen <strong>Genau</strong>igkeiten von rund<br />

zehn Metern erreicht werden. Mit Hilfe<br />

statistischer Methoden ist sogar eine<br />

<strong>Genau</strong>igkeit von etwa fünf Metern möglich,<br />

wobei hier mehrere Positionsbestimmungen<br />

am gleichen Ort durchgeführt<br />

werden müssen.<br />

Fehlerquellen bei der Messung entstehen<br />

an mehreren Stellen. Unter anderem<br />

sind dies Fehler bei der Signalübermittlung<br />

durch die Atmosphäre, durch Ungenauigkeiten<br />

der Empfängeruhr, durch Positionsfehler<br />

der Satelliten in ihrer Uml<strong>auf</strong>bahn<br />

oder durch die Reflektion des GPS-Signals<br />

an Geländeobjekten oder Gebäuden, was<br />

zu einer gewissen Verzögerung an den<br />

Empfängern führt.<br />

Für einige landwirtschaftliche Anwendungen<br />

sind so erreichbare <strong>Genau</strong>igkeiten<br />

der Positionsbestimmung bereits ausrei-<br />

Gesteuert von Geisterhand –<br />

wie funktioniert das<br />

Das Prinzip der Satellitennavigation mit<br />

GPS beruht <strong>auf</strong> drei wesentlichen Grundkomponenten:<br />

Wichtigster Bestandteil ist<br />

das Raumsegment. Es besteht aus insgesamt<br />

24 geostationären Satelliten, die sich<br />

in einer Höhe von ca. 20.200 Kilometern<br />

über der Erdoberfläche befinden. Da sich<br />

diese Satelliten mit einer Geschwindigkeit<br />

von etwa 11.000 Kilometern pro Stunde<br />

<strong>auf</strong> ihrer Uml<strong>auf</strong>bahn bewegen, dauert ein<br />

kompletter Uml<strong>auf</strong> um die Erdkugel rund<br />

12 Stunden. Diese bis zu 2 Tonnen schweren,<br />

solarbetriebenen Satelliten sind so<br />

angeordnet, dass von jedem beliebigen<br />

Punkt der Erde mindestens fünf, maximal<br />

jedoch 11 Satelliten sichtbar sein können.<br />

Abbildung 1: Prinzip der Positionsbestimmung mit dem Global Positionierungssystem (GPS). Darstellung stark<br />

vereinfacht, Erläuterungen im Text.<br />

2/05 KURIER 5


chend, während jedoch insbesondere im<br />

Zusammenhang mit der automatischen<br />

Parallelführung von landwirtschaftlichen<br />

Maschinen und der teilflächenspezifischen<br />

Bewirtschaftung von Ackerflächen zunehmend<br />

präzisere Daten benötigt werden.<br />

Für die präzise Anwendung wird differenzielles<br />

GPS (DGPS) eingesetzt, mit dem<br />

man – je nach Anbieter des Korrektursignals<br />

– <strong>Genau</strong>igkeiten bis in den Millimeterbereich<br />

erzielt. DGPS basiert <strong>auf</strong><br />

dem zusätzlichen Empfang eines <strong>auf</strong> einer<br />

bestimmten Frequenz übertragenen<br />

Korrektursignals. Dieses Korrektursignal<br />

wird an einer Basisstation errechnet und<br />

kann in einem bestimmten Radius um die<br />

Basisstation empfangen werden. An der<br />

Basisstation mit bekannter, hochgenau<br />

berechneter Position wird eine Positionsbestimmung<br />

mittels GPS durchgeführt. Da<br />

eine Reihe unterschiedlicher Fehlerquellen<br />

die Positionsbestimmung stören können,<br />

entsteht im Vergleich zur bekannten<br />

Position eine Differenz. Auf der Grundlage<br />

dieser Differenz werden dann, vereinfacht<br />

beschrieben, entsprechende Korrekturdaten<br />

errechnet und via Funk übertragen.<br />

Hierbei sind frei verfügbare oder kostenpflichtige<br />

– meist auch deutlich präzisere –<br />

Korrektursignale unterschiedlicher Anbieter<br />

verfügbar.<br />

Die Landesvermessungsämter bieten<br />

zum Beispiel einen eigenen kommerziellen<br />

Satellitenpositionierungsdienst (SAPOS)<br />

an, der unterschiedlich präzise Korrektursignale<br />

– flächendeckend für die Bundesrepublik<br />

– zur Verfügung stellt. In vielen<br />

einfachen GPS-Empfängern ist optional<br />

bereits der Empfang des Wide Area Augmentation<br />

System (WAAS) vorhanden, welches<br />

allerdings nur in den USA zur<br />

Verfügung steht. Das Prinzip des Korrektursignals<br />

wird hier ebenfalls verwendet,<br />

wobei die Übertragung des Signals jedoch<br />

via Satellit erfolgt. Ein vergleichbares<br />

satellitengestütztes System der Europäischen<br />

Raumfahrt Organisation (ESA) soll<br />

in diesem Jahr den Betrieb <strong>auf</strong>nehmen und<br />

unter dem Namen European Geostationary<br />

Navigation Overlay Service (EGNOS)<br />

arbeiten.<br />

GPS und Precision Farming<br />

Viele landwirtschaftliche Fahrzeuge sind<br />

inzwischen mit einem Empfangsgerät zur<br />

Positionsbestimmung ausgerüstet oder<br />

können mit einem solchen nachgerüstet<br />

werden. Von der präzisen Ertragskartierung<br />

bis zur teilflächenspezifischen Ausbringung<br />

von Düngemitteln, Wachstumsregulatoren<br />

oder Herbiziden sowie dem Anschlussfahren<br />

in Parallelfahrsystemen ist eine Reihe<br />

wichtiger Anwendungen in der Praxis etabliert<br />

und ohne GPS nicht mehr denkbar.<br />

GPS gestützte automatische Lenksysteme<br />

haben für die Wirtschaftlichkeit mehrere<br />

Vorteile:<br />

• Verminderung von Arbeitszeit und Lohnkosten,<br />

• Verminderung von Maschineneinsatzzeit<br />

und Maschinenkosten,<br />

• Einsparung von Betriebsmitteln (Dünger,<br />

Herbizide, Fungizide),<br />

• Ausweitung der Einsatzzeiten (Arbeiten<br />

bei Dunkelheit und Nebel),<br />

• Verminderte Bodenverdichtung,<br />

• Steigerung der Arbeitsqualität durch<br />

Fahrerentlastung.<br />

Von diesen Vorteilen haben sich bereits<br />

etliche Landwirte selbst überzeugt und<br />

sich nicht von den <strong>auf</strong> den ersten Blick<br />

hohen Investitionskosten abschrecken lassen.<br />

Die Betriebe setzen je nach Anwendung<br />

Autopilot-Systeme mit verschiedenen<br />

Ausbaustufen <strong>auf</strong> ihren Maschinen ein.<br />

Die Erfolge dieser Entscheidung zeigen<br />

sich sowohl in Gemüsebau- und Marktfruchtbetrieben<br />

als auch bei Lohnunternehmen.<br />

Weniger<br />

Maschineneinsatzzeiten und<br />

erhebliche Kraftstoffeinsparung<br />

Die Herzogliche Gutsverwaltung Grünholz<br />

bei Rendsburg (1.400 Hektar Getreide, 200<br />

Hektar Zuckerrüben) entschied sich im<br />

Jahr 2004 für die Anschaffung von drei Autopilotsystemen<br />

mit lokaler Referenzstation<br />

(2 Radschlepper, 1 Raupenschlepper). Mit<br />

diesem System können die Fahrzeuge mit<br />

einer <strong>Genau</strong>igkeit von 2 cm automatisch<br />

gelenkt werden. Betriebsleiter Hans-<br />

Jürgen Hess verspricht sich vor allem von<br />

der Erhöhung der Schlagkraft durch die<br />

Ausweitung der Einsatzzeiten bis in die<br />

Nacht erhebliche Einsparungen bei gleich<br />

bleibend hoher Arbeitsqualität. Auch unter<br />

schwierigen Witterungsbedingungen kann<br />

die Arbeit effizient erledigt werden.<br />

Der Betriebsleiter erwartet durch die<br />

Verringerung der Maschineneinsatzzeiten<br />

erhebliche Kraftstoffeinsparungen. Zukünftig<br />

sollen die Fahrspuren <strong>auf</strong> dem<br />

Betrieb jedes Jahr wieder befahren<br />

werden. So entfällt einerseits die Spurlockerung,<br />

andererseits wird der Boden<br />

zwischen den Fahrgassen dauerhaft<br />

geschont, was mittelfristig zu höheren<br />

Erträgen und gleichmäßigerer Bestandesentwicklung<br />

führt. Die Fahrgassen selbst<br />

sind wegen der vermehrten Verdichtung<br />

auch bei schlechten Witterungsbedingungen<br />

länger befahrbar. Aufgrund der guten<br />

Zum Empfang von Korrektursignalen für den Einsatz von DGPS<br />

werden spezielle Empfangsgeräte benötigt.<br />

Exaktes Anschlussfahren mit dem Autopiloten<br />

6 KURIER 2/05


Erfahrungen hat der Betriebsleiter im<br />

Frühjahr 2005 einen weiteren Radschlepper<br />

mit einem Autopilotsystem ausrüsten<br />

lassen.<br />

Mietmaschinen mit Autopilot<br />

Die Firma AH Agrarmaschinenvermietung<br />

in Wardenburg nahe Oldenburg vermietet<br />

landwirtschaftliche Nutzmaschinen und<br />

Anhänger. Geschäftsführer Abel ließ seit<br />

Anfang 2004 insgesamt 5 Traktoren mit<br />

Autopilot-Systemen ausrüsten. Die Kunden<br />

können diese Maschinen mit oder<br />

ohne Autopilot einsetzen. Die Höhe der<br />

Mietkosten richtet sich nach der <strong>Genau</strong>igkeit<br />

des automatischen Lenksystems. Bei<br />

den Autopiloten der Firma AH Agrarmaschinenvermietung<br />

handelt es sich um<br />

die höchste Ausbaustufe (<strong>Genau</strong>igkeit 2 cm).<br />

Die Systeme können jedoch <strong>auf</strong> Wunsch<br />

zu einem geringeren Mietpreis mit 10 bis<br />

30 cm oder mit 5 bis 10 cm <strong>Genau</strong>igkeit<br />

gemietet werden. Die Kunden sind bereit,<br />

den Aufpreis zu bezahlen, weil sie die<br />

hochwertigen Traktoren mit Autopilot<br />

wesentlich effektiver einsetzen können.<br />

Die Maschinen können bei pauschalierter<br />

Monatsmiete auch in der Nacht eingesetzt<br />

werden. So können die Maschinenkosten<br />

pro Hektar deutlich gesenkt werden.<br />

Außerdem kann mit dem automatischen<br />

Lenksystem auch weniger qualifiziertes<br />

Personal die Maschinen bedienen.<br />

Mit dem Autopilot Spargel<br />

pflanzen<br />

Die Firma Thiermann in Kirchdorf (Landkreis<br />

Diepholz) bewirtschaftet verschiedene<br />

Betriebe in ganz Deutschland. Unter<br />

anderem werden 650 ha Spargel angebaut.<br />

Foto: Galileo Industries<br />

Betriebsleiter Karsten Freyer entschied<br />

sich im Frühjahr 2005 für einen<br />

Miettraktor der Firma AH Agrarmaschinenvermietung,<br />

der ausgerüstet war<br />

mit einem Autopilot, um damit Spargel zu<br />

pflanzen. Freyer und seine Mitarbeiter<br />

zeigten sich zunächst überrascht, wie einfach<br />

das Autopilot-System zu bedienen ist.<br />

Schon nach Abschluss der ersten Kampagne<br />

zeigte sich, dass die Produktivität<br />

um 30% gesteigert werden konnte. Dank<br />

des automatischen Lenksystems konnte<br />

die Vorfahrtsgeschwindigkeit gesteigert<br />

werden. Außerdem konnte der Spargel<br />

über 24 Stunden in drei Schichten<br />

gepflanzt werden. Die Arbeitsqualität<br />

wurde gegenüber vorherigen Kampagnen<br />

stark verbessert, da alle Spargelpflanzen<br />

exakt mittig in den Damm gesetzt werden.<br />

Dies erleichtert den später erforderlichen<br />

Damm<strong>auf</strong>bau erheblich. Auch das<br />

Aufdämmen kann mit dem Autopilot in der<br />

Nacht und in den frühen Morgenstunden –<br />

selbst bei Nebel – durchgeführt werden.<br />

Freyer schätzt, dass er für diese Arbeiten<br />

statt bisher fünf künftig nur noch drei<br />

Traktoren benötigt. Für Freyer besteht<br />

daher kein Zweifel, dass sich für seinen<br />

Betrieb der Einsatz des automatischen<br />

Lenksystems schon im ersten Jahr voll<br />

ausgezahlt hat. Dass der nächste betriebseigene<br />

Schlepper mit einem automatischen<br />

Lenksystem ausgerüstet wird, steht für die<br />

Firma Thiermann außer Frage. ■<br />

Spargel pflanzen mit dem Autopiloten<br />

Pflanzenschutzspritze mit automatischer Parallelführung<br />

2/05 KURIER 7


Das Klemmbrett<br />

Bayer CropScience übernimmt Vorreiterrolle bei<br />

der digitalen Bonitierung im Feldversuchswesen<br />

Erwin Hüfner, Versuchsingenieur der<br />

Bayer CropScience Deutschland GmbH,<br />

hat viel mit Zahlen zu tun. Bei jedem seiner<br />

Kontrollgänge über die Versuchsparzellen<br />

muss er unterschiedlichste Daten sammeln,<br />

erfassen und auswerten. <strong>Genau</strong>igkeit<br />

ist dabei oberstes Gebot. Gehörten bislang<br />

das Klemmbrett, Papier und Bleistift zum<br />

typischen Bild eines Versuchstechnikers,<br />

kommt Erwin Hüfner heute anders daher.<br />

An einem Gurt trägt er einen kleinen<br />

Computer, ein sogenanntes Handheldgerät.<br />

„Meine Beobachtungen gebe ich direkt vor<br />

Ort in das Gerät ein,“ erläutert Hüfner,<br />

„und die Bonitierungen werden <strong>auf</strong> einem<br />

Chip abgespeichert. Dieser Chip passt<br />

auch in den Bürocomputer. Nach der<br />

Feldbegehung überspiele ich die Daten <strong>auf</strong><br />

den PC, überprüfe noch einmal meine<br />

Eintragungen und leite sie dann noch am<br />

selben Tag an die Abteilung Versuchsauswertung<br />

und Datenmanagement (VDM) in<br />

der Zentrale in Langenfeld weiter. Der<br />

große Vorteil dieser Vorgehensweise liegt<br />

darin, dass die handschriftlichen Notizen<br />

nicht mehr zeit<strong>auf</strong>wendig und fehleranfällig<br />

in den PC eingetippt werden müssen.<br />

Mit der digitalen Datenerfassung <strong>auf</strong> dem<br />

Feld entfällt auch ein Arbeitsschritt, der in<br />

der Vergangenheit immer wieder zu zeitlichen<br />

Engpässen geführt hat.“<br />

Inzwischen arbeiten alle Techniker des<br />

Versuchswesens von Bayer CropScience<br />

mit diesem System. Spezielle Computerkenntnisse<br />

sind dafür nicht erforderlich,<br />

weil die Bonitierungen in einfachen Excel-<br />

Dateien erfasst werden. Wesentlich mehr<br />

Probleme bereitete die Suche nach einer<br />

geeigneten Hardware. Der nun eingesetzte<br />

Panasonic Toughbook CF-P1 erfüllt alle<br />

Voraussetzungen und ist praxistauglich.<br />

„Das Gerät muss leicht, einhändig zu<br />

bedienen und übersichtlich sein“, zählt<br />

Hüfner die von ihm gemachten Vorgaben<br />

<strong>auf</strong>, “deshalb haben wir uns für eine<br />

Zahlentastatur, ähnlich wie beim Handy,<br />

entschieden. Darüber hinaus muss das<br />

Gerät wasserdicht und stoßfest sein.<br />

Besonders wichtig aber ist, dass man die<br />

Angaben <strong>auf</strong> dem Display auch im Freien<br />

und vor allem bei direkter Sonneneinstrahlung<br />

einwandfrei erkennen kann.“<br />

Wie funktioniert eigentlich das<br />

Versuchswesen<br />

„Der Datenfluss von der Erfassung über<br />

die Kontrolle und den Versand bis hin zur<br />

Auswertung läuft seit Einführung der<br />

„Taschencomputer“ wesentlich zeitnäher<br />

als früher“, meint auch Versuchsleiter<br />

Burkhardt Toews. „Der Versuchstechniker<br />

ist ja kein Einzelkämpfer, sondern er ist<br />

8 KURIER 2/05


hat ausgedient<br />

Die Daten fließen zurück<br />

Versuchstechniker Erwin Hüfner im Einsatz mit einem Parzellenspritzgerät <strong>auf</strong> dem Versuchsstsandort Büdinger<br />

Hof (Hessen).<br />

eingebunden in ein Netzwerk, das nur dann<br />

zu guten Ergebnissen kommt, wenn alle<br />

Beteiligten schnell und fehlerfrei miteinander<br />

kommunizieren können.“<br />

Zu diesem Netzwerk gehört auch der<br />

Erbacher Hof in Büdingen, ein wichtiger<br />

Standort für das Versuchswesen bei Bayer<br />

CropScience und das Demonstrationszentrum<br />

für den Raum Hessen. Dort betreut<br />

Erwin Hüfner rund sieben Hektar mit rund<br />

2.500 Einzelparzellen, <strong>auf</strong> denen zirka 50<br />

verschiedene Herbizid- und Fungizidversuche<br />

angelegt sind. Es sind die Ackerbaukulturen<br />

Getreide, Raps, Mais, Rüben und<br />

Kartoffeln im Anbau, wobei das Getreide<br />

eindeutig im Mittelpunkt des Interesses<br />

steht.<br />

Landwirte profitieren von den<br />

Feldversuchen<br />

Die Vorgaben für seine Versuchsanstellungen<br />

erhält Hüfner von der Entwicklungsabteilung<br />

der Zentrale in Langenfeld. Nach diesen<br />

Vorgaben entwickeln die Versuchsleiter<br />

gemeinsam mit der VDM sowie den<br />

Versuchsingenieuren die Versuchspläne<br />

und legen den inhaltlichen und zeitlichen<br />

Rahmen fest. In rund 50 Prozent der<br />

Versuche geht es darum, das Wirkungsspektrum<br />

und die Verträglichkeit von<br />

neuen, noch nicht zugelassenen Produkten<br />

zu testen. Die übrigen Versuche richten<br />

sich direkt an die landwirtschaftliche<br />

Praxis. Die Ergebnisse der Versuchsanstellungen<br />

werden z. B. im Rahmen von<br />

Feldbesichtigungen, Fachgesprächen oder<br />

großen Feldtagen vorgestellt.<br />

Gezielter Einsatz von<br />

Spezialtechnik<br />

Für die praktische Umsetzung und ordnungsgemäße<br />

Abwicklung ist der Versuchsingenieur<br />

verantwortlich, der jedoch<br />

auch <strong>auf</strong> die aktive Unterstützung durch<br />

den Betriebsleiter des landwirtschaftlichen<br />

Unternehmens, <strong>auf</strong> dessen Flächen die<br />

Versuche angelegt werden, angewiesen ist.<br />

„In Franz-Paul Karpf habe ich solch einen<br />

engagierten Partner gefunden“, so Hüfner.<br />

Mit ihm spricht Hüfner ab, welche Maßnahmen<br />

im Rahmen einer üblichen Feldbestellung<br />

vom Landwirt und dessen<br />

Technik durchgeführt werden können.<br />

Dazu gehören beispielsweise die Entnahme<br />

von Bodenproben, die komplette<br />

Düngung der Kleinparzellen oder die Ausbringung<br />

von Wachstumsreglern. Spezielle<br />

Herbizid- und Fungizideinsätze, die das<br />

Versuchsprogramm vorschreibt, erledigt<br />

Hüfner persönlich, dafür steht auch eine<br />

eigene Versuchstechnik zur Verfügung.<br />

„Zu den Spezialeinsätzen gehört z. B.<br />

die Parzellenspritze im Mai zur Getreideährenbehandlung“,<br />

erläutert Hüfner,<br />

„Fusarium oder andere Pilzinfektionen<br />

sowie die Entwicklung effektiver Bekämpfungsmaßnahmen<br />

werden zukünftig noch<br />

an Bedeutung gewinnen.“ Die Durchführung<br />

aller Versuche erfolgt grundsätzlich<br />

nach den Vorgaben der Europäischen<br />

Richtlinie für Versuchswesen. Auf dieser<br />

Basis erzielte Ergebnisse werden international<br />

anerkannt und können auch bei späteren<br />

Zulassungsverfahren herangezogen<br />

werden.<br />

Im L<strong>auf</strong>e eines Versuchsjahres kommen so<br />

eine Vielzahl von Daten zusammen, denn<br />

wie Erwin Hüfner sind noch weitere 23<br />

Versuchstechniker <strong>auf</strong> 35 Standorten in<br />

ganz Deutschland täglich unterwegs und<br />

dokumentieren mit ihren Handhelds akribisch<br />

Schädlingsbefall, Pilzinfektionen<br />

oder Unkrautdruck. Das interne Auswertungsprogramm<br />

„Scout“, mit dem die<br />

VDM-Gruppe arbeitet, hilft dabei den<br />

Überblick in diesem „Datendschungel“ zu<br />

behalten. Die Experten in der Zentrale<br />

werten die Informationen aus und bereiten<br />

sie für die Abteilungen Entwicklung und<br />

Beratung, Marketing und Vertrieb <strong>auf</strong>. Der<br />

Kreis schließt sich dann, wenn der<br />

Landwirt – vielleicht schon im nächsten<br />

Anbaujahr – ein neues Produkt von Bayer<br />

CropScience oder aktualisierte Anwendungsempfehlungen<br />

des Unternehmens<br />

nutzen kann, um seine pflanzenbaulichen<br />

Probleme in den Griff zu bekommen. ■<br />

2/05 KURIER 9


Reimport, EU-Parallelimport,<br />

Drittlandimport von<br />

Pflanzenschutzmitteln –<br />

Was ist erlaubt<br />

Rechtsanwalt Dr. Peter E. Ouart, Freiburg,<br />

beantwortet Fragen zur aktuellen Rechtslage<br />

Wann ist ein Import legal und wann ist<br />

er illegal<br />

Dr. Peter E. Ouart: Legal ist jeder Reimport,<br />

wenn es sich dabei um das in<br />

Deutschland zugelassene Originalmittel<br />

handelt. Es darf also kein Produkt als<br />

Reimport eingeführt werden, das<br />

umgefüllt oder neu etikettiert<br />

wurde. Drittlandimporte sind<br />

generell illegal, wenn kein<br />

Nachweis vorliegt, dass das<br />

Importprodukt in Deutschland<br />

über eine eigene Zulassung des BVL<br />

(= Bundesamt für Verbraucherschutz und<br />

Lebensmittelsicherheit) verfügt.<br />

EU-Parallelimporte sind nur<br />

zulässig, wenn die dargelegten<br />

Identitätskriterien<br />

vorliegen (siehe Kasten<br />

rechts, unter c) und<br />

sowohl eine gültige<br />

EU-Zulassung des Importproduktes<br />

als auch<br />

eine gültige deutsche<br />

Zulassung für ein<br />

stofflich identisches<br />

Parallelprodukt nach § 15<br />

PflSchG vorliegt.<br />

Erwarten Sie vom neuen<br />

Pflanzenschutzgesetz dazu<br />

Klarstellungen, und wann<br />

wird es Ihrer Meinung nach<br />

dazu kommen<br />

Dr. Peter E. Ouart: Eine<br />

Neufassung des Pflanzenschutzgesetzes<br />

wird die Frage<br />

von Importen – anders als bisher<br />

– sicherlich behandeln. Auch<br />

die derzeit im Entwurf befindliche<br />

Novelle sieht hierzu Regelungen vor;<br />

insbesondere ist eine amtliche Prüfung von<br />

Importprodukten in der Diskussion. Die<br />

10 KURIER 2/05


derzeit bereits im Gesetzgebungsverfahren<br />

befindliche Novelle des Pflanzenschutzgesetzes<br />

wird allerdings nicht wie vorgesehen<br />

vor dem Herbst 2005 verabschiedet<br />

werden. Es ist deshalb nicht damit zu rechnen,<br />

dass eine Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes<br />

noch vor den vorgezogenen<br />

Bundestagswahlen erfolgen wird. Ob und<br />

mit welchem Inhalt die Novellierung nach<br />

den Neuwahlen erfolgen wird, erscheint<br />

derzeit offen.<br />

Wer haftet bei Importmitteln, z. B.<br />

wegen Minderwirkung oder Schäden,<br />

besonders dann, wenn sie in Mischungen<br />

mit in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln<br />

ausgebracht werden<br />

Dr. Peter E. Ouart: Für eine schlechte<br />

Wirkung oder sogar Schäden, die durch<br />

Importprodukte beim Landwirt eintreten,<br />

haftet grundsätzlich der Lieferant des<br />

Importproduktes. Häufig wird es sich<br />

dabei allerdings um eine GmbH, also eine<br />

Gesellschaft mit beschränkter Haftung,<br />

handeln, deren Kapitalausstattung zum<br />

Ersatz möglicher großflächiger Schäden<br />

beim Landwirt oder Ernteausfällen nicht<br />

ausreicht. Grundsätzlich sollte der Landwirt<br />

deshalb vorsichtig sein, von wem er<br />

Pflanzenschutzmittel erwirbt. In den letzten<br />

Jahren hat es diverse Schäden (z. B.<br />

Minderwirkung, Phytotox u. a.) bei der<br />

Anwendung von Importprodukten gegeben.<br />

Häufig können Händler und<br />

Landwirte dann beim Lieferanten keinen<br />

Rückgriff nehmen, weil dieser entweder<br />

Insolvenz anmeldet oder das Produkt aus<br />

dem Ausland geliefert hat und dort nur<br />

unter schwierigen rechtlichen Voraussetzungen<br />

haftbar gemacht werden kann.<br />

Eine Haftung des deutschen Originalherstellers<br />

ist beim Einsatz von Importprodukten<br />

grundsätzlich ausgeschlossen und<br />

zwar auch dann, wenn der Importeur <strong>auf</strong> dem<br />

Etikett des Importproduktes damit wirbt,<br />

dass das Importprodukt mit einem in<br />

Deutschland zugelassenen Originalprodukt<br />

identisch sei. Die Verantwortung für diese<br />

Aussage liegt allein beim Importeur oder<br />

seinem deutschen Vertriebsunternehmer.<br />

Mischungen mit in Deutschland zugelassenen<br />

Pflanzenschutzmitteln erfolgen<br />

ebenfalls <strong>auf</strong> eigenes Risiko, weil derartige<br />

Mischungen in aller Regel vom BVL nicht<br />

zugelassen sind und auch der Hersteller<br />

des Originalproduktes die Mischung mit<br />

Importprodukten nicht gestattet. Infolgedessen<br />

trifft die Haftung auch hier ausschließlich<br />

den Importeur bzw. Vertriebsunternehmer<br />

oder am Ende der Kette den<br />

Landwirt.<br />

Reimport, EU-Parallelimport und<br />

Drittlandimport – Was ist was<br />

a) Drittlandimport<br />

Von Drittlandimporten spricht man, wenn ein<br />

Pflanzenschutzmittel aus einem Staat nach<br />

Deutschland eingeführt wird, der nicht Mitgliedstaat<br />

der Europäischen Union oder<br />

Vertragsstaat des Abkommens über den<br />

Europäischen Wirtschaftsraum ist (Nicht<br />

EU/EWR-Staat). Solche Importprodukte sind in<br />

Deutschland nur dann verkehrsfähig, wenn Sie eine<br />

Zulassung des BVL gemäß § 15 PflSchG besitzen.<br />

Auf die Identität eines solchen Importproduktes mit<br />

einem in Deutschland bereits zugelassenen Parallelprodukt<br />

kommt es nicht an. Ein nationales Zulassungsverfahren entsprechend<br />

der EU-Richtlinie 91/414/EWG ist bei Drittlandimporten zwingend,<br />

da der Grundsatz des freien Warenverkehrs gemäß Art. 28<br />

Europäisches Gesetz <strong>auf</strong> die EU/EWR-Mitgliedstaaten<br />

beschränkt ist und nicht in Drittstaaten gilt.<br />

b) Reimport<br />

Handelt es sich bei dem eingeführten Mittel um dasselbe<br />

Mittel, welches im EU/EWR-Einfuhrmitgliedstaat bereits zugelassen<br />

ist und das zunächst exportiert und anschließend wieder<br />

in den Einfuhrmitgliedstaat (zurück) importiert wird, so liegt begrifflich ein sog. "Reimport"<br />

vor. Das Mittel muss bei seiner Wiedereinfuhr nicht erneut zugelassen werden, es ist frei<br />

verkehrsfähig.<br />

c) EU-Parallelimport<br />

Bei EU-Parallelimporten entstehen die meisten Fragen. Das liegt daran, dass der EU-<br />

Parallelimport weder vom deutschen Pflanzenschutzgesetz noch von der maßgeblichen EU-<br />

Richtlinie 91/414/EWG normativ geregelt wird. Zulässigkeit und Voraussetzungen von EU-<br />

Parallelimporten sind deshalb ausschließlich von der Rechtsprechung, insbesondere dem<br />

Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelt worden. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht einheitlich,<br />

insbesondere weicht die in Deutschland ergangene Rechtsprechung – anders als in<br />

anderen EU-Staaten – von der Rechtsprechung des EuGH teilweise ab.<br />

Von einem EU-Parallelimport spricht man, wenn ein Pflanzenschutzmittel aus einem<br />

EU/EWR-Staat nach Deutschland eingeführt wird, das stofflich identisch mit einem in<br />

Deutschland bereits zugelassenen Mittel ist. Voraussetzung für einen zulässigen EU-Parallelimport<br />

ist dabei, dass das Importprodukt selbst über eine eigene nationale Zulassung in einem<br />

anderen EU/EWR-Staat verfügt. Der EuGH hat folgende Voraussetzungen an einen zulässigen<br />

EU-Parallelimport geknüpft:<br />

(1) gültige Zulassung des Importproduktes in einem EU/EWR-Mitgliedstaat,<br />

(2) gültige Zulassung eines stofflich identischen Parallelproduktes im Einfuhrmitgliedstaat<br />

(Deutschland),<br />

(3) Herstelleridentität: Importprodukt muss insoweit den gleichen Ursprung wie das in<br />

Deutschland zugelassene Pflanzenschutzmittel haben, als es vom gleichen Unternehmen,<br />

einem verbundenen Unternehmen oder in Lizenz hergestellt wurde,<br />

(4) Formulierungsidentität: Importprodukt muss nach der gleichen Formel hergestellt<br />

worden sein wie das in Deutschland zugelassene Originalprodukt,<br />

(5) Wirkstoffidentität,<br />

(6) Wirkungsidentität: wobei etwaige Unterschiede bei den für die Anwendung des Mittels<br />

relevanten Bedingungen in Bezug <strong>auf</strong> Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt einschließlich<br />

der Witterungsverhältnisse zu berücksichtigen sind.<br />

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH-"Zulassungsnummer III") kann<br />

<strong>auf</strong> das Merkmal der Herstelleridentität bei Importen nach Deutschland verzichtet werden.<br />

Diese Rechtsansicht ist allerdings vom EuGH noch nicht bestätigt und in Literatur und Rechtsprechung<br />

überdies scharf kritisiert worden. Sicherheitshalber sollten deshalb alle vorgenannten<br />

Kriterien bei einem EU-Parallelimport nach Deutschland vorliegen. ■<br />

2/05 KURIER 11


Gibt es auch Patentverletzungen, also<br />

Diebstahl des geistigen Eigentums oder<br />

Markenpiraterie<br />

Dr. Peter E. Ouart: In den letzten Jahren<br />

sind bei Pflanzenschutzmittelimporten<br />

vereinzelt Patentverletzungen <strong>auf</strong>getreten.<br />

Sofern ein Importprodukt ein Patent verletzt,<br />

ist der Vertrieb eines solchen Pflanzenschutzmittels<br />

nicht nur eine Ordnungswidrigkeit<br />

nach dem Pflanzenschutzgesetz,<br />

die im Einzelfall mit einer Geldbuße<br />

bis zu 50.000,- Euro belegt ist; vielmehr<br />

handelt es sich dabei auch um strafbare<br />

Handlungen, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe<br />

geahndet werden können.<br />

Schließlich ist ein patentverletzender Import<br />

auch eine zum Schadensersatz verpflichtende<br />

Handlung, die regelmäßig sehr<br />

hohe Schadensersatzzahlungen zur Folge<br />

hat.<br />

Neben vereinzelten Patentverletzungen<br />

sind in den letzten Jahren, besonders im<br />

Zuge der EU-Erweiterung, häufig Fälschungen<br />

von Pflanzenschutzmitteln <strong>auf</strong>getaucht,<br />

die unter dem Stichwort<br />

„Markenpiraterie“ verfolgt werden. Auch<br />

dabei handelt es sich um strafbare, also kriminelle<br />

Handlungen. Die Anwendung gefälschter<br />

Importprodukte ist für Händler<br />

und Landwirte besonders gefährlich. Denn<br />

anders als bei EU-Parallelimporten handelt<br />

es sich dabei nicht um Produkte, die<br />

bereits von einer staatlichen Zulassungsbehörde<br />

in der EU <strong>auf</strong> ihre Unbedenklichkeit<br />

geprüft wurden. Vielmehr gibt es<br />

zwischenzeitlich einige Importeure und<br />

Importgesellschaften <strong>auf</strong> dem deutschen<br />

Markt, die systematisch nachgeahmte, also<br />

gefälschte Pflanzenschutzmittel in Deutschland<br />

in Verkehr bringen und diese als reguläre<br />

EU-Parallelimporte <strong>auf</strong> dem Etikett<br />

ausweisen. Das Schadensrisiko bei gefälschten<br />

Pflanzenschutzmitteln, deren<br />

Wirkung und Umweltverträglichkeit regelmäßig<br />

völlig unklar ist, ist erheblich.<br />

Welche Risiken geht der Landwirt ein,<br />

wenn er ein Importmittel einsetzt<br />

Dr. Peter E. Ouart: Seit der Novellierung<br />

des deutschen Pflanzenschutzgesetzes im<br />

Jahre 1998 geht auch der Landwirt, der ein<br />

Importmittel einsetzt, erhebliche Risiken<br />

ein. Denn die Anwendung eines nicht verkehrsfähigen<br />

Importmittels ist seit der<br />

Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes<br />

von 1998 eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit,<br />

die im Einzelfall mit<br />

einer Geldbuße bis zu 50.000,- Euro<br />

geahndet werden kann. Abgesehen davon,<br />

dass ein Landwirt Schäden, die durch ein<br />

unzulässiges Importprodukt entstehen,<br />

regelmäßig nicht ersetzt erhält, setzt er<br />

sich somit auch der Gefahr eines erheblichen<br />

Bußgeldes aus. Dies gilt bei<br />

jeder Einfuhr, die der Landwirt<br />

selbst vornimmt, auch für pauschalierende<br />

Landwirte, die das<br />

Produkt entweder selbst einführen<br />

oder bei einem Bezug aus<br />

dem Ausland in den Frachtunterlagen<br />

als Einführer vermerkt<br />

werden. Bereits die<br />

Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln<br />

mit einem nicht deutschsprachigen<br />

Etikett oder ohne gültige<br />

deutsche Zulassung stellen eine<br />

solche bußgeldbewehrte Handlung dar.<br />

Handelt es sich darüber hinaus um patentverletzende<br />

oder gefälschte Produkte, so<br />

können diese eingezogen werden, ohne<br />

dass der Landwirt hierfür finanziell entschädigt<br />

wird. Aus diesem Grund ist es<br />

empfehlenswert, nur solche Pflanzenschutzmittel<br />

einzusetzen, deren Herkunft<br />

eindeutig ist und bei denen<br />

keine Zweifel im Hinblick <strong>auf</strong> ihre<br />

Zulassung bestehen. ■<br />

12 KURIER 2/05


Die Pflanze soll möglichst systemisch geschützt<br />

werden. Dazu muss der Wirkstoff in die Pflanze<br />

eindringen, um über die Transportsysteme der Pflanze<br />

an alle wichtigen Stellen zu gelangen. Mit Hilfe<br />

schwacher Radioaktivität gelingt es, den Weg des<br />

Wirkstoffs in der Pflanze zu verfolgen. Die Verteilung<br />

des Wirkstoffes in der Pflanze ist wirkstoffspezifisch.<br />

Dagegen wird der Wirkstofftransfer vom Spritztank bis<br />

zur Aufnahme in die Pflanze wesentlich von der<br />

Formulierung beeinflusst.<br />

Spritzkabine zur Messung von Sprühnebelhaftung und<br />

Verteilung von Spritzflüssigkeit als Funktion von Formulierung,<br />

Pflanze, Düsentechnik, Wasser<strong>auf</strong>wand usw.<br />

Dabei ergibt sich die große Zahl der<br />

Formuliertypen aus der Vielfalt der Wirkstoffe<br />

und der technischen, biologischen,<br />

toxikologischen und ökotoxikologischen<br />

Anforderungen an Pflanzenschutzmittel.<br />

Im Folgenden werden die heute<br />

üblichen Bedingungen bei Spritzapplikationen<br />

und die vielfältigen Einflüsse der<br />

Formulierungen <strong>auf</strong> den Wirkstofftransfer<br />

vom Spritztank <strong>auf</strong> und in die Pflanze<br />

beschrieben.<br />

Die gängigen<br />

Formuliertypen sind:<br />

• Emulgierbare Konzentrate (EC),<br />

• Emulsionen in Wasser (EW),<br />

• Wasserlösliche Konzentrate (SL),<br />

• Suspensionskonzentrate (SC),<br />

• Wasserdispergierbare Granulate (WG),<br />

• Kapselsuspensionen (CS),<br />

• Suspoemulsionen (SE),<br />

• Öldispersionen (OD)<br />

Spritzen mit einem Minimum an<br />

Wasser<br />

Teil 2: Vom Spritztank<br />

in die Pflanze – die<br />

Formulierung macht’s<br />

In der letzten Ausgabe des Kurier haben wir Ihnen die wichtigsten<br />

Formulierungen vorgestellt. Die Aufgabe der Formulierungen ist es, einen<br />

optimalen Transfer des Wirkstoffes von der Verdünnung des Produktes mit<br />

Wasser bis zur Aufnahme am Zielort zu erreichen.<br />

Die Spritzapplikation ist heute die gebräuchlichste<br />

Ausbringungsform von<br />

Pflanzenschutzmitteln. Die Anwendung<br />

der Wirkstoffe umfasst die Verdünnung des<br />

Produktes, die Applikation und Verteilung,<br />

und schließlich die Aufnahme und Verlagerung<br />

des Wirkstoffes am Zielort Pflanze.<br />

Für die Spritzapplikation wird das Produkt<br />

in Wasser oder seltener auch in Öl verdünnt<br />

und in Mengen von wenigen Litern bis zu<br />

einigen tausend Litern ausgebracht. In<br />

Mitteleuropa liegt für Getreide eine Wassermenge<br />

von 200 Liter pro Hektar im mittleren<br />

Bereich. Dies entspricht einer Wassersäule<br />

von 0,02 mm und damit einer<br />

Wassermenge, bei der man noch nicht einmal<br />

von einem echten Niederschlag sprechen<br />

kann.<br />

2/05 KURIER 13


Geringste Wirkstoffmengen im<br />

Einsatz<br />

Abhängig vom Entwicklungsstadium ist<br />

die von den Blättern gebildete Fläche häufig<br />

um ein Vielfaches größer als die Ausbringungsfläche,<br />

nach der die Spritzmenge bemessen<br />

wird. Das oben erwähnte Wasservolumen<br />

von 200 Liter pro Hektar muss<br />

deshalb oft eine zwei- bis fünfmal so große<br />

Fläche abdecken. Bei Annahme einer optimalen,<br />

gleichmäßigen Ausbringung würde<br />

das einen Wasserfilm mit einer Dicke von<br />

viel weniger als einem Hundertstelmillimeter<br />

bedeuten. Die Aufwandmengen von<br />

Wirkstoffen liegen heute im Bereich von<br />

nur wenigen bis zu mehreren hundert<br />

Gramm pro Hektar. Rein theoretisch<br />

würde ein optimal verteilter Wirkstoff bei<br />

einer Aufwandmenge von 5 g <strong>auf</strong> 3 Hektar<br />

in einer Schicht mit dem Durchmesser von<br />

einem Molekül vorliegen. Das ist natürlich<br />

nicht realisierbar, da die Spritzflüssigkeit<br />

in Tröpfchen zerlegt wird und daher nicht<br />

absolut gleichmäßig verteilt werden kann.<br />

Ein anderes Rechenbeispiel kommt der<br />

Praxis näher: Wenn alle Spritztröpfchen<br />

einen Durchmesser von 160 µm haben,<br />

wird die sehr hohe Zahl von 100 Milliarden<br />

Tropfen pro Hektar ausgebracht.<br />

Wirksamer Pflanzenschutz ist somit<br />

auch eine Frage der richtigen Verteilung.<br />

Geringe Wirkstoffmengen gleichmäßig <strong>auf</strong><br />

die zu behandelnde Fläche zu verteilen<br />

bedeutet eine extreme Herausforderung<br />

auch für die Formuliertechnik. Gleichzeitig<br />

ist der Substanzverlust zwischen<br />

Spritzdüse und Pflanze so gering wie möglich<br />

zu halten. Dabei wird die Formuliertechnik<br />

unterstützt durch die Entwicklung<br />

immer wirksamerer Substanzen und besserer<br />

Applikationstechniken.<br />

Getreide schlecht benetzbar<br />

Gut benetzbare Pflanzen wie etwa unsere<br />

Waldbäume können Niederschlagsmengen<br />

von einigen Millimetern <strong>auf</strong>nehmen, bevor<br />

es zum Abtropfen von Wasser kommt. Bei<br />

Nutzpflanzen handelt es sich dagegen oft<br />

um extrem schlecht benetzbare Pflanzen,<br />

bei denen die Anlagerung selbst kleinster<br />

Wassermengen schwierig ist. Dies gilt insbesondere<br />

für unsere Getreidearten, deren<br />

Blätter und Halme dicht mit Wachskristallen<br />

bedeckt sind. Den <strong>auf</strong>treffenden<br />

Wassertropfen wird dadurch nur wenig<br />

Kontaktfläche geboten. Die Tropfen bleiben<br />

schlecht haften und rollen leicht wieder<br />

ab. Dem selbst reinigenden Charakter<br />

mancher Pflanzen, auch Lotus-Effekt genannt,<br />

liegt eine vergleichbare Oberflächenstruktur<br />

zugrunde. Sie führt dazu,<br />

dass an den oberen Blättern der Getreidepflanzen<br />

Tropfen leicht abprallen oder abl<strong>auf</strong>en<br />

und Wasser erst an den unteren<br />

Blättern haften bleibt. Gerade bei Fungiziden<br />

ist es aber wichtig, dass die exponierten<br />

oberen Blätter wirksam behandelt werden.<br />

Denn für die Ertragsleistung ist die<br />

Gesunderhaltung der oberen drei Blattetagen<br />

von überdurchschnittlicher Bedeutung.<br />

Darüber hinaus ist das Fahnenblatt<br />

entscheidend an der Kornfüllung beteiligt.<br />

Das Abl<strong>auf</strong>en von relativ kleinen<br />

Spritztröpfchen <strong>auf</strong> der Blattoberfläche ist<br />

jedoch im höchsten Maße unerwünscht.<br />

Abhilfe schafft z. B. der Zusatz geeigneter<br />

oberflächenaktiver Stoffe, die während des<br />

kurzen Zeitraumes von der Tröpfchenbildung<br />

an der Düse bis zum Auftreffen<br />

<strong>auf</strong> das Blatt die Tropfenoberfläche mit<br />

einem dünnen fettartigen Film überziehen.<br />

Ein mit solchen oberflächenaktiven Substanzen<br />

angereicherter Tropfen benetzt das<br />

Blatt augenblicklich, und die vergrößerte<br />

Kontaktfläche verhindert das Abprallen<br />

der Tröpfchen. Es bildet sich ein Belag<br />

feinster Tröpfchen und durch weiteres<br />

Fließen (‘Spreiten’) der Tröpfchen wird der<br />

Wirkstoff zusätzlich über die Blattoberfläche<br />

verteilt und kann seine Wirkung voll<br />

entfalten.<br />

Mehr Wachs als Wirkstoff<br />

Schon die Wachsmenge <strong>auf</strong> der Oberfläche<br />

der Getreideblätter kann bis zu tausend<br />

Mal größer als die durchschnittliche Wirkstoffmenge<br />

bei einer gängigen Pflanzenschutzmaßnahme<br />

sein. Bei Weizen kann<br />

man dieses Wachs im Sommer gut als<br />

bläulichen Reif erkennen. Pro Hektar<br />

macht das Oberflächenwachs unserer<br />

Kulturpflanzen schon einige Kilogramm<br />

aus. Nach der Verdunstung des Spritzwassers<br />

ist der Wirkstoff häufig zwischen<br />

den Oberflächenwachsen eingebettet oder<br />

die Wirkstoffpartikel haften an der Wachsschicht.<br />

Ein Beispiel hierfür ist der Wirkstoff<br />

Trifloxystrobin. Er liegt bei den gängigen<br />

Formulierungen im Belag zwischen<br />

den Oberflächenwachsen vor, haftet aber<br />

auch sehr gut <strong>auf</strong> den Wachsen. Bei einigen<br />

Mitteln wie zum Beispiel bei Herbiziden<br />

mit Sulfonylharnstoffen ist schon der<br />

Mineraliengehalt des Wassers höher als die<br />

Wirkstoffmenge. Dies kann manchmal zu<br />

unerwünschten Wechselwirkungen führen.<br />

So bilden manche Herbizide mit Erdalkalimetallen<br />

(z. B. Kalzium) schwer lösliche<br />

Salze, die nur sehr schlecht <strong>auf</strong>genommen<br />

werden. Ein hoher Mineraliengehalt kann<br />

den Spritzbelag auch unspezifisch verfestigen<br />

und dadurch die Verfügbarkeit des<br />

Wirkstoffes nachteilig beeinflussen. Auch<br />

diese Faktoren müssen bei der Formulierentwicklung<br />

berücksichtigt werden.<br />

Gerste gehört zu den schwer benetzbaren Pflanzen. Rechts ein Wassertropfen, der sehr schnell abrollt und links ein Tropfen Proline mit sehr guten „spreitenden“<br />

Eigenschaften.<br />

14 KURIER 2/05


Die Formulierung macht’s<br />

möglich<br />

Das hochwirksame Fungizid Proline ®<br />

EC250 ist ein Beispiel dafür, wie mittels<br />

Formulierung eine gute Haftung des Wirkstoffes<br />

erreicht werden kann. Proline<br />

gehört der neuen Wirkstoffklasse der Triazolinthione<br />

an und wird erfolgreich gegen<br />

pilzliche Krankheitserreger in Winterraps<br />

und Getreide eingesetzt. Hier ist die<br />

Sprühnebelhaftung (Retention) wie auch<br />

das Spreiten des anhaftenden Tropfens<br />

optimal und es wird eine sehr gleichmäßige<br />

Anlagerung der Spritzflüssigkeit<br />

erreicht. Dies ergaben Messungen der<br />

Retention und Bedeckung nach Applikation<br />

mit einer Standard-Flachstrahldüse.<br />

Eine optimierte Formulierung wie Proline<br />

EC250 ergibt aber auch bei einer grobtropfigen<br />

Applikation, wie zum Beispiel bei<br />

Luftinjektordüsen, ein vergleichbares Ergebnis.<br />

Ausschlaggebend ist hierbei, dass<br />

die durch die Formulierung definierten<br />

Eigenschaften der Spritztröpfchen nahezu<br />

unabhängig von der Tropfengröße sind.<br />

Der Weg in die Pflanze<br />

Sprühnebelhaftung von Wasser und Proline<br />

Penetration (rel.)<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

<strong>auf</strong> Zuckerrübe<br />

Bei vielen Pflanzenschutzwirkstoffen handelt<br />

es sich um systemische Mittel, die aus<br />

den Spritztröpfchen, aber auch aus dem<br />

Spritzbelag in die Pflanze <strong>auf</strong>genommen<br />

werden müssen, um ihre Wirkung bestmöglich<br />

zu entfalten. Je nach den physikalisch-chemischen<br />

Eigenschaften des Wirkstoffes<br />

und der Indikation ist eine ganz<br />

bestimmte Aufnahmegeschwindigkeit<br />

optimal, die wiederum mit Hilfe der<br />

Formulierung eingestellt werden kann. So<br />

kann die Formulierung Zusatzstoffe enthalten,<br />

die eine ausreichende Wirkstoff<strong>auf</strong>nahme<br />

innerhalb weniger Stunden ermöglicht.<br />

Dies ist vorteilhaft für eine verbesserte<br />

Regenfestigkeit, optimale kurative<br />

Wirkung oder auch zum Schutz vor<br />

photochemischem Abbau von Wirkstoffen.<br />

Wird ein Wirkstoff jedoch schnell in der<br />

Pflanze abgebaut und damit inaktiv, oder<br />

handelt es sich um ein reines Belagsmittel,<br />

gilt es durch Wahl des geeigneten Formuliertyps<br />

sowie neutraler Formulierbestandteile<br />

die Aufnahme des Wirkstoffes<br />

in die Pflanze zu unterdrücken.<br />

Formulierung für systemische<br />

Wirkung<br />

Bei Produkten mit mehreren systemischen<br />

Wirkstoffen muss die Formulierung die<br />

Aufnahme beider Substanzen in die Pflanze<br />

ermöglichen. Ein gutes Beispiel hierfür ist<br />

das Fungizid Fandango ® , das erfolgreich<br />

in Gerste, Roggen und Triticale eingesetzt<br />

wird. In Fandango sind die beiden Wirkstoffe<br />

Prothioconazole und Fluoxastrobin<br />

kombiniert. Die Formulierung ist dabei so<br />

optimiert, dass Unterschiede bei der verwendeten<br />

Wassermenge, der Applikationstechnik,<br />

der Temperatur oder Luftfeuchte<br />

das Aufnahmeergebnis vernachlässigbar<br />

gering beeinflussen.<br />

<strong>auf</strong> Gerste<br />

0<br />

Wasser Wasser Proline EC250<br />

Sprühnebelhaftung von Wasser <strong>auf</strong> gut benetzbaren Pflanzen wie Zuckerrübe oder Apfel sowie von Proline EC250 <strong>auf</strong><br />

Gerste. Auf Gerste haftet nur ein optimiertes Produkt gut.<br />

Die dargestellten Beispiele zeigen, dass<br />

die Formulierungen gerade auch bei<br />

Spritzapplikationen einen wesentlichen<br />

Einfluss <strong>auf</strong> den Behandlungserfolg haben.<br />

Das Ziel der Formuliertechnik ist es dabei,<br />

den Gesamtprozess im Zusammenspiel mit<br />

der Applikationstechnik und den praxisüblichen<br />

Bedingungen zu optimieren.<br />

Ausblick<br />

Unter den sich ständig erhöhenden Anforderungen<br />

des modernen Pflanzenschutzes<br />

werden immer neue und weiter optimierte<br />

Varianten bekannter Formuliertypen sowie<br />

neue Konzepte erforderlich sein. Diesen<br />

Aufgaben stellt sich die Formuliertechnik<br />

von Bayer CropScience, die sich zu einer<br />

interdisziplinären, naturwissenschaftlichen<br />

Disziplin mit den Fächern Kolloidchemie<br />

und Grenzflächenphysik entwickelt hat, in<br />

der auch die Technische Chemie eine wesentliche<br />

Rolle spielt. Eine optimale Formulierung<br />

der Wirkstoffe wird für den Erfolg<br />

eines Präparates im Markt von entscheidender<br />

Bedeutung bleiben. ■<br />

In der letzten Ausgabe 1/05 des Kurier wurden die<br />

Formuliertypen ausführlich vorgestellt. Der Artikel<br />

kann nachgelesen werden im Internet unter<br />

www.agrokurier.com.<br />

Blattwachs<br />

(unbehandelt)<br />

Belag der<br />

Formulierung<br />

Trifloxystrobinkristalle<br />

Zeitverl<strong>auf</strong> der Blattpenetration von Prothioconazole<br />

und Fluoxastrobin<br />

40<br />

30<br />

25 ºC, 60 % relative Luftfeuchtigkeit<br />

Prothioconazole<br />

in Fandango<br />

Penetration (%)<br />

20<br />

10<br />

Prothioconazole<br />

nicht formuliert<br />

Fluoxastrobin<br />

in Fandango<br />

Fluoxastrobin<br />

nicht formuliert<br />

0 12 24 36 48 60 72<br />

Zeit (Stunden)<br />

Belag einer EC-Formulierung von Trifloxystrobin und einem Azol <strong>auf</strong> der Unterseite<br />

von Weizenblättern. Bei starker Vergrößerung im Rasterelektronenmikroskop<br />

erkennt man den guten Kontakt zur Blattoberfläche und einzelne Trifloxystrobinkristalle.<br />

Das Insert zeigt den homogenen Belag innerhalb eines Tröpfchens.<br />

Zeitverl<strong>auf</strong> bis drei Tage nach Applikation (t = 0) aus einer Fandango EC Formulierung<br />

im Vergleich zu nicht formulierten Wirkstoffen. Beide Wirkstoffe penetrieren<br />

auch aus dem Spritzbelag mit Fandango über einen Zeitraum von Tagen mit nahezu<br />

konstanter Geschwindigkeit um ein Vielfaches schneller.<br />

2/05 KURIER 15


Eine Maßnahme, die sich<br />

Getreideherbizide im<br />

Die Konkurrenz durch Ungräser<br />

und Unkräuter sollte<br />

möglichst frühzeitig beseitigt<br />

werden. Dieser Grundsatz hat<br />

weiterhin Bedeutung. Daher<br />

werden im Herbst bereits potente<br />

Herbizidpräparate eingesetzt,<br />

in der Hoffnung, keine<br />

Behandlungen im Frühjahr<br />

nachlegen zu müssen.<br />

Auf den ertragreichen Standorten<br />

bleibt eine gezielte frühe<br />

Nach<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong>anwendung in den<br />

beginnenden Aufl<strong>auf</strong> der Unkräuter<br />

nach wie vor das beste<br />

Verfahren zur Unkrautbekämpfung.<br />

Besonders die gezielten<br />

Herbstbehandlungen bei Saatterminen<br />

bis Mitte Oktober<br />

sind meist wirkungssicherer als<br />

vergleichbare Frühjahrsbehandlungen.<br />

Die Wirkungssicherheit<br />

steigt, je stärker die Bodenfeuchtigkeit<br />

ausgenutzt werden<br />

kann. Die Anwendung sollte<br />

daher so früh wie möglich<br />

(BBCH 11) erfolgen, also<br />

sobald die Fahrgassen zu erkennen<br />

sind. Neben arbeitswirtschaftlichen<br />

Vorteilen (Arbeitsspitzen<br />

verteilt) sind auch<br />

weitere Vorteile zu nennen.<br />

Behandlungen im Herbst ermöglichen<br />

meist eine bessere<br />

Verträglichkeit. Auch kann gegenüber<br />

dem Frühjahr, neben<br />

einer geringeren Nachtfrostgefahr,<br />

auch eine meistens höhere<br />

Boden- und Luftfeuchtigkeit<br />

ausgenutzt werden.<br />

Gewässerabstandsregelungen<br />

beachten<br />

Entlang von Feldrändern<br />

mit „ständig oder periodisch“<br />

wasserführenden Gewässern<br />

gelten besondere Abstandsregelungen.<br />

Periodisch wasserführende<br />

Gewässer sind daran zu<br />

erkennen, dass auch bei trockengefallenen<br />

Gräben eine unbewachsene<br />

oder mit Wasser-<br />

16 KURIER 2/05


immer lohnt –<br />

Herbst Dr. Dirk M. Wolber, Landwirtschaftskammer Hannover<br />

pflanzen bewachsene Grabensohle<br />

vorhanden ist. Wachsen<br />

dagegen z. B. Gras oder Brennnesseln,<br />

greift die Abstands<strong>auf</strong>lage<br />

nicht. Die in den letzten<br />

Jahren vorgestellten reduzierten<br />

Abstände bei abtriftmindernder<br />

Technik finden<br />

sich bei Zulassung von<br />

Atlantis ® WG, Boxer ® , Ciral ® ,<br />

Lexus ® , Pointer ® und neuerdings<br />

auch bei Tolkan ® Flo,<br />

Herbaflex ® und Fenikan ® Anwendung.<br />

Andere Getreideherbizide<br />

haben noch keine variablen<br />

Abstands<strong>auf</strong>lagen: Hier<br />

gelten die bisherigen Regelabstands<strong>auf</strong>lagen.<br />

Eine spezielle<br />

Gewässerrandvariante muss<br />

daher in der kommenden Saison<br />

sicherlich kaum noch explizit<br />

beschrieben werden, da die<br />

meisten Anwendungen auch<br />

nahe den Gewässern empfohlen<br />

werden können. Allerdings<br />

nur bei Anwendung der abtriftmindernden<br />

Technik und unter<br />

Beachtung der länderspezifischen<br />

Bestimmungen.<br />

Eine Ackerfuchsschwanzbekämpfung<br />

muss bereits durch<br />

Behandlungen im Herbst sicher<br />

sein. Wirkungsgrade von 85-<br />

90 % sind nicht befriedigend<br />

und erhöhen nur unnötig die<br />

Resistenzneigung des Standortes,<br />

vor allem wenn <strong>auf</strong>grund<br />

unzureichender Herbstbehandlungen<br />

mit den gleichen<br />

Wirkstoffgruppen im Frühjahr<br />

wiederholt behandelt wird.<br />

Empfehlungen gegen<br />

Windhalm<br />

IPU-Neuzulassungen haben im<br />

letzten Jahr deutlich verbesserte<br />

Abstand<strong>auf</strong>lagen zu Gewässern<br />

erhalten, jedoch sind die ausgesprochenen<br />

Anwendungsbestimmungen<br />

weiterhin so gravierend<br />

und entsprechend bußgeldbewährt,<br />

dass IPU-haltige<br />

Präparate nur noch <strong>auf</strong> einem<br />

Teil der Flächen im Frühjahr<br />

eingesetzt werden dürfen.<br />

Ausgeschlossen ist eine<br />

Anwendung von IPU <strong>auf</strong>:<br />

• drainierten Flächen vom<br />

31. Mai – 1. März,<br />

• <strong>auf</strong> Sandböden mit weniger<br />

als 1,75 % Humus und<br />

• <strong>auf</strong> Standorten mit einem<br />

Tonanteil von mehr als 30 %.<br />

Kombinationen von Fenikan<br />

solo oder Fenikan plus IPU<br />

oder plus Cadou ® 0,2 kg/ha erreichen<br />

bei einer ausreichenden<br />

Bodenfeuchtigkeit eine breite<br />

Wirkung gegen z. B. Windhalm,<br />

Jährige Rispe, Kamille,<br />

Vergissmeinnicht, Ausfallraps,<br />

Stiefmütterchen, Hohlzahn,<br />

Mohn, Taubnessel und Vogelmiere.<br />

IPU ist recht sicher<br />

gegen Kamille und schließt<br />

auch bei Kombinationspräparaten<br />

wie Fenikan mögliche<br />

Wirkungslücken. Fenikan ermöglicht<br />

sogar eine Bekämpfung<br />

der schwer erfassbaren<br />

Kornblume.<br />

Wenn IPU-freie Behandlungen<br />

gefordert sind, können<br />

in allen Wintergetreidearten<br />

gegen Windhalm gleichermaßen<br />

Cadou 0,15-0,2 kg/ha plus<br />

Bacara ® 0,5-0,6 l/ha oder auch<br />

Bacara alleine, dann aber mit<br />

0,8-1,0 l/ha oder Malibu ® EC<br />

sowie Herold ® zum Einsatz<br />

kommen. Bacara ermöglicht<br />

aber gegenüber Herold oder<br />

Malibu meist eine etwas bessere<br />

Wirkung gegen Kamille.<br />

Abb. 1: Bekämpfung von Windhalm & Unkräutern im Herbst<br />

Leistungsvergleich von Bacara und Herold<br />

% Wirkung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

Vogelmiere (8)<br />

A.-Stiefmütterchen (9)<br />

K.-Mohn (1)<br />

E.-Ehrenpreis (6)<br />

R.-Taubnessel (3)<br />

A.-Raps (4)<br />

E.-Kamille (9)<br />

Abb. 2: Bekämpfung von Windhalm & Unkräutern im Herbst<br />

Leistungsvergleich von Fenikan und Herold<br />

% Wirkung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

Vogelmiere (8)<br />

A.-Stiefmütterchen (9)<br />

E.-Ehrenpreis (6)<br />

R.-Taubnessel (3)<br />

E.-Kamille (9)<br />

Kornblume (1)<br />

A.-Raps (4)<br />

K.-Mohn (1)<br />

Klettenlabkraut (8)<br />

Klettenlabkraut (8)<br />

Das Wirkungsprofil gegen<br />

dikotyle Unkräuter wird in den<br />

Abbildungen 1 und 2 anschaulich<br />

dargestellt.<br />

Empfehlungen gegen<br />

Ackerfuchsschwanz<br />

Bundesweite Vergleiche der<br />

Firma Bayer CropScience zeigten<br />

im Herbst 2003 für Atlantis<br />

WG gute bis sehr gute Wirkungen<br />

gegen Ackerfuchsschwanz.<br />

Die Wirkungen schwankten bei<br />

300 g/ha plus 0,6 l/ha FHS nur<br />

minimal.<br />

Auch der bundesweite Vergleich<br />

praxisüblicher Mischungen<br />

im Herbst 2003 zeigte,<br />

dass Atlantis WG plus Bacara<br />

oder auch Atlantis WG plus<br />

Einsatz zu BBCH 10-11<br />

des Winterweizens,<br />

14 Versuche,<br />

Deutschland Herbst 2003,<br />

Endbonitur<br />

Bacara 1 l/ha<br />

Herold 0,3 kg/ha<br />

Einsatz zu BBCH 10-11<br />

des Winterweizens,<br />

14 Versuche,<br />

Deutschland Herbst 2003,<br />

Endbonitur<br />

Fenikan 2 l/ha<br />

Herold 0,3 kg/ha<br />

2/05 KURIER 17


Abb. 3: Bekämpfung gegen Ackerfuchsschwanz – Atlantis WG + Partner im Herbst<br />

% Wirkung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Fenikan 2,0 l/ha Herold 06 kg/ha Lexus 20 g/ha Bacara 0,75 l/ha Fenikan 2,0 l/ha<br />

+ Tolkan Flo 0,5 l/ha + Stomp 2,0 l/ha Atlantis 0,3 kg/ha Atlantis 0,3 kg/ha<br />

+ 0,6 l/ha FHS + 0,6 l/ha FHS<br />

Abb. 4: Bekämpfung von Tauber Trespe – Empfehlungen im Vergleich<br />

% Wirkung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Fenikan dem Standard zur<br />

Ackerfuchsschwanzbekämpfung<br />

(Lexus plus Stomp ® )<br />

nicht nachstehen. Auf den<br />

Standorten, die aber bereits<br />

Resistenzen gegen Lexus zeigen,<br />

ist die Behandlung mit<br />

Atlantis WG plus Partner und<br />

FHS zukünftig eine „Pflichtübung“.<br />

(Abb. 3)<br />

Blattwirksame Präparate wie<br />

Ralon ® Super, Topik ® oder<br />

Atlantis WG benötigen allerdings<br />

einen ausreichend <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>enen<br />

Ackerfuchsschwanz<br />

und mindestens 14 Tage Restvegetation,<br />

um eine Wirkungsentfaltung<br />

vor Vegetationsende<br />

zu ermöglichen.<br />

Atlantis WG wird mit einem<br />

Zusatzstoff angeboten. Damit<br />

die Wirkung auch gegen breitblättrige<br />

Unkräuter ausreicht,<br />

wird ein Zusatz von Bacara<br />

0,6-0,7 l/ha notwendig.<br />

Diese Kombination ist etwas<br />

teurer als z. B. Lexus plus<br />

Stomp, allerdings ermöglicht<br />

Bacara im Vergleich zu Stomp<br />

eine etwas breitere Wirkung,<br />

z. B. gegen Ehrenpreis und Kamille<br />

oder im Vergleich zu<br />

Herold gegenüber z. B. Kamille.<br />

Der letztere Vergleich<br />

war im Herbst 2004 <strong>auf</strong> Praxisflächen<br />

häufiger anzutreffen.<br />

Bei einem stärkeren Ackerfuchsschwanzbesatz<br />

kann zunächst<br />

eine Vorlage von z. B.<br />

Cadou 0,4 kg/ha plus Bacara<br />

0,7 l/ha zur Anwendung kommen.<br />

Nach Aufl<strong>auf</strong>en des<br />

Ackerfuchsschwanzes wird<br />

Atlantis WG mit 0,3 kg/ha plus<br />

FHS 0,6 l/ha verwendet. Diese<br />

Nachlage kann bei Saatterminen<br />

nach Mitte Oktober auch<br />

im Frühjahr erfolgen. Auch<br />

sollten Anwendungen von<br />

Atlantis WG im Herbst unterbleiben,<br />

wenn das Vegetationsende<br />

bereits naht oder noch<br />

nicht genügend Blattmasse des<br />

Ackerfuchsschwanzes zu finden<br />

ist.<br />

Gerste wird durch Ackerfuchsschwanz<br />

meistens nicht<br />

so stark geschädigt wie Winterweizen.<br />

Wenn Ackerfuchsschwanz<br />

in Gerste mit maximal<br />

einer mittleren Dichte <strong>auf</strong>tritt,<br />

können Cadou 0,4 kg/ha plus<br />

Bacara 0,6-0,8 l/ha oder Malibu,<br />

Herold bzw. Fenikan 2,5 l/ha<br />

Einsatz zu<br />

BBCH 12-13<br />

des Weizens,<br />

A.-Fuchsschwanz<br />

ist <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>en,<br />

7 Versuche,<br />

Deutschland<br />

Herbst 2003,<br />

Bonitur<br />

Ährenzählung<br />

Einsatz zu BBCH 12-13<br />

(A = NAH),<br />

zu BBCH 25-27 (B = NAF)<br />

bzw. 7 (-10) Tage<br />

nach Termin B (C = NAF)<br />

des Winterweizens,<br />

7 Versuche,<br />

Deutschland 2003/2004,<br />

Bonitur nach dem<br />

Rispenschieben<br />

A A+B B B+C Termin<br />

Atlantis WG 0,3 kg/ha NAH: Atlantis WG 0,3 kg/ha Attribut 0,1 kg/ha B: Attribut 0,06 kg/ha<br />

+ AHL 50 l/ha + AHL 50 l/ha + Frigate 0,5 l/ha + Frigate 0,5 l/ha<br />

NAF: Attribut 0,06 kg/ha<br />

C: Attribut 0,04 kg/ha NAH = Nach<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong> Herbst<br />

+ Frigate 0,5 l/ha + Frigate 0,5 l/ha NAF = Nach<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong> Frühjahr<br />

plus IPU eine ausreichende<br />

Ackerfuchsschwanzbekämpfung<br />

ermöglichen.<br />

Empfehlungen gegen<br />

Trespe<br />

Auf mehrjährig pfluglos bewirtschafteten<br />

Flächen werden<br />

oft Trespenarten, vor allem die<br />

Taube Trespe selektiert. Für<br />

einen erfolgreichen Winterweizenanbau<br />

ist daher auch<br />

eine sichere Bekämpfung der<br />

Trespe erforderlich. Neben den<br />

ackerbaulichen Möglichkeiten<br />

bei der Stoppelbearbeitung und<br />

dem Einsatz von Glyphosaten<br />

zur Aussaat gibt es mittlerweile<br />

drei Herbizide mit einer<br />

Zulassung zur Trespenbekämpfung.<br />

Die Trespe reagiert<br />

am empfindlichsten bis zum<br />

Beginn der Bestockung<br />

und zu Beginn<br />

des Schossens.<br />

In den Versuchen<br />

der LWK Hannover<br />

war der Bekämpfungserfolg<br />

bei Attribut ® und<br />

Monitor ® im Frühjahr<br />

tendenziell am sicher-<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

Achim Zöllkau,<br />

Produktmanager<br />

Getreideherbizide,<br />

Bayer CropScience<br />

Deutschland GmbH<br />

www.bayercropscience.de<br />

achim.zoellkau@<br />

bayercropscience.com<br />

Telefon: 02173/2076-273<br />

sten, aber auch Atlantis WG<br />

zeigten zufrieden stellende<br />

Erfolge. Die Kombination von<br />

Atlantis WG im Herbst und<br />

Attribut im Frühjahr präsentierte<br />

sich in sieben bundesweit<br />

angelegten Versuchen in 2003<br />

als sehr wirkungssicher. (Abb. 4)<br />

Bei dem Einsatz der genannten<br />

Herbizide ist zu berücksichtigen,<br />

dass Atlantis WG und<br />

Monitor vorwiegend über das<br />

Blatt und Attribut über den<br />

Boden wirkt.<br />

Auf Standorten mit zusätzlichem<br />

Ackerfuchsschwanzbesatz<br />

ist Attribut oder Atlantis<br />

WG zu bevorzugen. In Triticale<br />

besitzen Attribut und Monitor<br />

eine Zulassung zur Trespenbekämpfung.<br />

Zusammenfassung<br />

Die frühe Nach<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong>behandlung<br />

hat gegenüber Frühjahrsbehandlungen<br />

von Ackerfuchsschwanz<br />

und Windhalm deutliche<br />

Vorteile. Spät bestellte<br />

Weizensaaten mit einem nur<br />

geringen Ungrasbesatz können<br />

allerdings auch im Frühjahr wirkungssicher<br />

behandelt werden.<br />

Atlantis WG setzt zur<br />

Bekämpfung des Ackerfuchsschwanzes<br />

neue Maßstäbe und<br />

darf in keinem Pflanzenschutzmittellager<br />

fehlen.<br />

Kombinationen von Atlantis<br />

WG plus Bacara oder Fenikan<br />

ermöglichen zusätzlich eine<br />

breite Wirkung gegen dikotyle<br />

Unkräuter.<br />

Netzmittel bewirken beim<br />

Herbizideinsatz einen Zusatzeffekt<br />

besonders unter trockeneren<br />

Bedingungen, Schädigungen<br />

der Kultur sind dagegen<br />

unter feuchten Bedingungen<br />

möglich. ■<br />

® = Registrierte Marken der Hersteller<br />

18 KURIER 2/05


Mit Poncho und Contur Plus gegen<br />

die Kleine Kohlfliege im Raps<br />

Durch Fraß geschädigte<br />

Wurzeln<br />

Dr. Wenzel Gehlen, Entwicklungs- und Beratungsmanager<br />

Bayer CropScience Deutschland<br />

Ist die Kleine Kohlfliege (Delia radicum) bekämpfbar<br />

Bislang galt der Rapserdfloh (Psylliodes chrysocephala)<br />

als der dominierende Rapsschädling, der sich<br />

im Herbst an den noch jungen Pflanzen zu schaffen<br />

macht. Ihn mussten die Landwirte beachten, um Frühschäden<br />

zu vermeiden. Doch nun schickt sich die<br />

Kleine Kohlfliege an, dem Rapserdfloh Konkurrenz<br />

zu machen. In Nord- und Ostdeutschland ist bereits<br />

Wirkung der Beizen Chinook und Poncho + Contur Plus<br />

gegen die Kleine Kohlfliege an Winterraps – 2004/2005 – Sorte: Talent<br />

% stark befallene Wurzel<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

39<br />

30<br />

Unbehandelt Chinook Poncho + Contur Plus<br />

6<br />

Wurzelschaden,<br />

verursacht<br />

durch die<br />

Made der<br />

Kleinen<br />

Kohlfliege,<br />

5 Standorte<br />

in Deutschland,<br />

Boniturtermin:<br />

Oktober/<br />

November<br />

ein solch starkes Auftreten beobachtet<br />

worden, dass eine Bekämpfung<br />

anzuraten ist. Im west- und süddeutschen<br />

Raum ist der Befall<br />

zur Zeit weniger stark.<br />

Die Kleine Kohlfliege<br />

bildet drei Generationen im<br />

Jahr. Die dritte Generation<br />

erscheint im September/Oktober.<br />

Wenige Tage nach der Eiablage,<br />

am Wurzelhals der jungen Rapspflanze,<br />

schlüpfen die Maden und<br />

beginnen mit dem Fraß an der Wurzel.<br />

Dieser Fraß kann im Extremfall bis zum vollständigen<br />

Verlust der Wurzeln führen.<br />

In zahlreichen Versuchen der letzten Jahre hat sich<br />

die Saatgutbehandlung aus einer Kombination der<br />

Wirkstoffe Clothianidin (Poncho ® ) und Betacyfluthrin<br />

(Contur ® Plus) als sehr gut wirksam gegen die Kleine<br />

Kohlfliege gezeigt. Erstmals werden nun in diesem<br />

Jahr zur Aussaat auch Rapssorten angeboten, die mit<br />

diesen Produkten behandelt worden sind.<br />

Die Grafik zeigt die Wirkung von Poncho und<br />

Contur Plus <strong>auf</strong> die befallenen Wurzeln. Der Anteil<br />

stark befallener und somit stark geschädigter Wurzeln<br />

geht deutlich zurück: von 39 % in der unbehandelten<br />

Kontrolle <strong>auf</strong> 6 % durch die Saatgutbehandlung mit<br />

Poncho + Contur Plus.<br />

Im Vergleich zum bisherigen Standard bietet der<br />

Einsatz von Poncho und Contur Plus folgende<br />

Vorteile:<br />

• Wirkung gegen die Kleine Kohlfliege,<br />

• Verstärkter und verlängerter Schutz gegen den<br />

Rapserdfloh,<br />

• Gute Blattlauswirkung und reduzierter Virusbefall,<br />

• Wirkung gegen andere beißende und saugende<br />

Vorwinterschädlinge,<br />

• Erweiterung des Aussaatfensters,<br />

• Gesteigerte Vitalität und verbesserte Überwinterungsleistung,<br />

• Verminderter sekundärer Pilzbefall durch einen<br />

geringeren Schädlingsbefall. ■<br />

Ihre Ansprechpartnerin:<br />

Dr. Susanne Kretschmann,<br />

Produktmanagerin<br />

Insektizide Beizen und Insektizide<br />

Ackerbau,<br />

Bayer CropScience<br />

Deutschland GmbH<br />

www.bayercropscience.de<br />

susanne.kretschmann@<br />

bayercropscience.com<br />

Telefon: 02173/2076-280<br />

2/05 KURIER 19


Dem Kornkäfer beim Fressen zusehen und zuhören.<br />

„Food for Life! Die<br />

Erlebniswelt <strong>auf</strong> Rädern unterwegs in Nordrhein-<br />

Westfalen – bereits jetzt mehr als 25.000 Besucher<br />

Wie gesund sind unsere Lebensmittel<br />

Diese Frage bewegt viele Verbraucher.<br />

Besonders kritisch hinterfragt werden<br />

moderne Agrartechniken, vor allem der<br />

Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der<br />

konventionellen Landwirtschaft. Das hat<br />

die im Industrieverband Agrar e.V. (IVA)<br />

zusammengeschlossenen Hersteller von<br />

Pflanzenschutzmitteln veranlasst, nach<br />

einem Weg zu suchen, mit Verbrauchern<br />

ins Gespräch zu kommen. Entstanden ist<br />

daraus die mobile Erlebniswelt „Food for<br />

Life! Die Früchte der Erde“ (www.foodfor-life-nrw.de).<br />

Der 20 Meter lange Truck tourt noch bis<br />

Ende September durch 13 Städte in<br />

Nordrhein-Westfalen. In seinem Inneren<br />

kann sich der Besucher über die Geschichte<br />

unserer Ernährung informieren,<br />

über die Gefährdung der Nahrungspflanzen<br />

durch Krankheiten, Schädlinge und<br />

Unkrautkonkurrenz sowie über unliebsame<br />

„Mitesser“ in Getreidelagern.<br />

20 KURIER 2/05


Der „Esstisch über die Jahrhunderte“<br />

zeigt die Geschichte der Ernährung.<br />

Frisches Obst und Gemüse stehen uns heute in Hülle und Fülle zur Verfügung.<br />

Früchte der Erde“<br />

Denn sichere Ernten sind keine Selbstverständlichkeit<br />

und kein Geschenk der<br />

Natur. Früher war es mühsame Handarbeit,<br />

Schädlingen und Unkraut Paroli zu bieten.<br />

Missernten und Hungersnöte waren eine<br />

ständige Bedrohung. Erst vor 100<br />

Jahren hat die Wissenschaft begonnen,<br />

die Ursachen von Pflanzenkrankheiten<br />

und Schädlingsbefall zu<br />

erforschen und nach wirksamen<br />

Gegenmitteln zu suchen. Heute hilft<br />

moderner Pflanzenschutz Ernteverluste<br />

zu vermeiden und preiswerte<br />

Lebensmittel in hoher Qualität zu erzeugen.<br />

Die gute Versorgung hat verschiedene<br />

Gründe. Es sind dies vor allem moderne<br />

Produktionsverfahren, die die Leistung der<br />

deutschen Landwirtschaft enorm gesteigert<br />

haben. Dazu gehören neben Pflanzenzüchtung<br />

und moderner Maschinentechnik<br />

eben auch Düngung und Pflanzenschutz.<br />

Heute sind wir es gewöhnt, dass Obst und<br />

Gemüse frei von Schädlingen und Krankheiten<br />

und damit ansprechend und appetitlich<br />

ist. Gesunde Früchte von gesunden<br />

Pflanzen können außerdem wichtige Inhaltsstoffe<br />

besser ausbilden. Zudem sind sie<br />

haltbarer und besser transportfähig, können<br />

also über große Entfernungen gehandelt<br />

werden.<br />

Die Wissenschaft ist sich heute einig,<br />

dass Obst und Gemüse eine herausragende<br />

Rolle <strong>auf</strong> dem Speisezettel spielen sollen.<br />

400 Gramm pro Tag empfiehlt die Welternährungsorganisation,<br />

650 Gramm, d.h.<br />

fünf Portionen Obst und Gemüse über den<br />

Tag verteilt, die Deutsche Gesellschaft für<br />

Ernährung (DGE). Dann erhält der Körper<br />

ausreichend Ballaststoffe, Vitamine,<br />

Mineralstoffe und vor allem sekundäre<br />

Pflanzenstoffe, deren Bedeutung erst in<br />

den letzten Jahren erkannt wurde. ■<br />

Kulturpflanzen brauchen Pflege<br />

und Schutz<br />

Derzeit geben die Deutschen durchschnittlich<br />

zwölf Prozent ihres Einkommens für<br />

Lebensmittel aus. Preiswerte Grundnahrungsmittel,<br />

hochwertige Spezialitäten,<br />

schmackhafte Fertigprodukte für die<br />

schnelle Küche und insbesondere frisches<br />

Obst und Gemüse rund ums Jahr – alles<br />

gibt es in enormer Vielfalt und für jeden<br />

Geldbeutel. Jeder kann sich hierzulande<br />

gesund ernähren, wenn er es möchte.<br />

Die „Food for Life“-Aktion des Industrieverband Agrar e.V. stößt <strong>auf</strong> großes Interesse bei den Verbrauchern.<br />

Überall, wo der Truck Station macht, bilden sich lange Schlangen. Beeindruckt vom Informationsangebot<br />

zeigen sich Kinder wie Erwachsene gleichermaßen.<br />

2/05 KURIER 21


Weizenstandort<br />

Deutschland<br />

Profil der Erzeugung und Verarbeitung<br />

Mechthilde Becker-Weigel, wirtschaftsdienst agrar, Köln<br />

Die stärkste Frucht im deutschen<br />

Getreideanbau ist der Weizen. Im<br />

nachgelagerten Bereich des<br />

Weizenanbaus stehen starke<br />

Erfasser und Verarbeiter. Regionale<br />

Unterschiede und Konzentrationen<br />

bestimmen das Bild der Branche.<br />

Die Europäische Gemeinschaft ist weltweit<br />

der größte Weizenerzeuger. Auf 126,8<br />

Mio. t wird die diesjährige Weizenernte<br />

geschätzt – ein Fünftel der gesamten Weltweizenernte<br />

von erwarteten 612,4 Mio. t.<br />

Innerhalb der EU steht Deutschland an<br />

zweiter Stelle der großen Weizenanbauer<br />

hinter Frankreich und vor dem Vereinigten<br />

Königreich und Polen.<br />

Stellung des Weizens im<br />

Getreideanbau<br />

Der Getreideanbau nimmt in Deutschland<br />

mehr als die Hälfte der Ackerfläche ein.<br />

2004 waren es 6,9 Mio. ha, also 58,38 %<br />

der gesamten Ackerfläche von 11,9 Mio.<br />

ha. Beim Getreideanbau steht der Weizen<br />

an erster Stelle – vor Gerste, Mais, Roggen<br />

und Triticale. Im vergangenen Jahr erlebte<br />

der Weizenanbau in Deutschland mit einer<br />

Fläche von 3,1 Mio. ha einen Rekord und<br />

baute seine Stellung als führende Marktfrucht<br />

weiter aus. Damit waren gut ein<br />

Viertel, nämlich 26,15 % der Ackerflächen,<br />

mit Weizen bestellt. Mitentscheidend<br />

für die Ausdehnung des Winterweizenanbaus<br />

im vergangenen Jahr war<br />

auch die Reduzierung der obligatorischen<br />

Flächenstilllegung von 10 <strong>auf</strong> 5 %.<br />

22 KURIER 2/05


Die 6 großen Weizenerzeuger Ernte 2005/06 Weltweizenerzeugung; Schätzung Ernte 2005/06<br />

China 22 %<br />

Indien 18 %<br />

USA 14 %<br />

Russland 11 %<br />

Australien 5 %<br />

Europäische Union 30 %<br />

Weizenerzeugung weltweit 612,4 Mio. t<br />

Europäische Union 126,8<br />

China 93,0<br />

Indien 73,5<br />

USA 58,2<br />

Russland 47,0<br />

Australien 21,5<br />

Rund 70 % der Weltweizenernte (420 Mio. t) teilen die 6 großen Erzeugernationen unter sich <strong>auf</strong>. Die EU belegt mit einem Anteil von 30 % unangefochten die Spitzenposition.<br />

Die „Big Five“ im deutschen<br />

Weizenanbau<br />

Das größte Weizenareal unter den Bundesländern<br />

weist Bayern mit 481.240 ha <strong>auf</strong>.<br />

Es folgen Niedersachsen (415.807 ha),<br />

Mecklenburg-Vorpommern (337.134 ha),<br />

Sachsen-Anhalt (335.243 ha) und Nordrhein-Westfalen<br />

(266.028 ha).<br />

Die Weizenanb<strong>auf</strong>lächen stiegen in den<br />

vergangenen fünf Jahren in nahezu allen<br />

Bundesländern um rund 20 %. Niedersachsen<br />

verzeichnete dabei den größten<br />

Zuwachs mit einem Plus von gut 27 %,<br />

was einem Flächenzuwachs von 115.567 ha<br />

entspricht. Das Ertragsniveau bei Getreide<br />

weist in Deutschland standort- und anbaustrukturbedingt<br />

ein Nord-Süd-Gefälle <strong>auf</strong>.<br />

Schleswig-Holstein steht an der Spitze mit<br />

einem Durchschnittsertrag von 84,5 dt/ha.<br />

Rund 50 %<br />

Qualitätsweizenanbau<br />

Im Winterweizen nimmt der Qualitätsweizenanbau<br />

einen festen Platz ein. Der<br />

Anteil der Qualitätsklassen E und A an der<br />

Winterweizenernte lag im vergangenen<br />

Jahr bei 10,5 % bzw. 37,4 %. E-Weizen<br />

konzentriert sich in Deutschland vor allem<br />

<strong>auf</strong> die östlichen Bundesländer: Thüringen<br />

mit 39,2 % und Mecklenburg-Vorpommern<br />

mit 8,5 % Produktionsanteil. Die beiden<br />

großen Anbau- und Verarbeitungsstandorte<br />

Niedersachsen und Nordrhein-<br />

Westfalen bauten nach den aktuellen statistischen<br />

Angaben im vergangenen Jahr<br />

keine E-Sorten an. Der Anteil an A-Weizen<br />

liegt in Nordrhein-Westfalen dafür mit<br />

66,7 % sehr hoch. Im Vergleich dazu werden<br />

in Baden-Württemberg 38,5 % angebaut.<br />

Bundesweit zeigt sich zudem eine<br />

Zunahme ertragreicher B-Weizensorten.<br />

Verk<strong>auf</strong>szeiträume<br />

Die landwirtschaftlichen Betriebe verk<strong>auf</strong>en<br />

rund 80 % ihrer Weizenernte. Das Gros<br />

der Verkäufe im Verl<strong>auf</strong> eines Wirtschaftsjahres<br />

entfällt <strong>auf</strong> den Ex-Erntetermin. Die<br />

Verkäufe im Erntequartal Juni-September<br />

lagen im vergangenen Jahr bei 54,5 %. Im<br />

Vermarktungszeitraum Oktober-Dezember<br />

wurden weitere 21,3 % Weizen aus der<br />

Landwirtschaft verk<strong>auf</strong>t, Januar-März<br />

waren es 13,3 % und April-Juni noch<br />

10,6 %.<br />

Die Gründe für diese Verteilung liegen<br />

zuerst im verfügbaren Lagerraum und der<br />

Ausstattung mit Trocknungs- und Aufbereitungsanlagen,<br />

dem Feuchtegehalt des<br />

Erntegutes und damit dessen Lagerfähigkeit.<br />

Die Höhe der Marktanlieferungen<br />

hingegen ist abhängig von der Höhe der<br />

Getreideernte, vom Umfang der betriebseigenen<br />

Verwertung, also von Umfang und<br />

Struktur des Viehbestandes und vom<br />

Getreidepreis im Vergleich zu anderen<br />

Futtermitteln.<br />

In den einzelnen Bundesländern fallen<br />

die Marktanlieferungen von Getreide unterschiedlich<br />

aus. So lag die Marktanlieferung<br />

der größten Erzeuger im Jahr 2003/04<br />

in Niedersachsen bei 5,2 Mio. t, in<br />

Schleswig-Holstein bei 4,6 Mio. t und in<br />

Bayern bei 2,9 Mio. t.<br />

Getreideerfassung und<br />

-verarbeitung<br />

Die physische Erfassung des Erntegutes<br />

übernimmt traditionell der genossenschaftliche<br />

und privatwirtschaftlich organisierte<br />

Getreideerfassungshandel. Bundesweit<br />

werden rund 50 % des gesamten<br />

Verk<strong>auf</strong>sgetreides vom genossenschaftlich<br />

organisierten Erfassungshandel <strong>auf</strong>genommen.<br />

Die BayWa ist hierbei der größte<br />

Getreideerfasser in Deutschland. Gut 30 %<br />

liegt beim privaten Landhandel. Der Rest<br />

2/05 KURIER 23


des Verk<strong>auf</strong>sgetreides wird von den<br />

Erzeugern direkt mit den Verarbeitern<br />

gehandelt. In den letzten Jahren nahm aber<br />

auch die Getreideerfassung der Mühlen<br />

und Mischfutterhersteller direkt aus der<br />

Landwirtschaft etwas zu. Erzeugergemeinschaften<br />

sind dem Erfassungshandel<br />

oder den Verarbeitern zum Teil<br />

noch vorgelagert.<br />

Konzentration in der Erfassung<br />

und Vermarktung<br />

Im deutschen Agrarhandel zeichnet sich<br />

ein fortschreitender Konzentrationsprozess<br />

ab. Der anhaltende Strukturwandel in der<br />

Landwirtschaft und die Liberalisierung der<br />

Agrarmärkte erhöhen den Wettbewerbsdruck<br />

auch <strong>auf</strong> die der Erzeugung nachgelagerte<br />

Ebene. Die Entwicklung der vergangenen<br />

Jahre und die Prognosen für die<br />

Zukunft zeigen deutliche Veränderungen<br />

in allen Handelsstufen. Gerade der Genossenschaftsbereich<br />

ist enger zusammengerückt.<br />

Die Zahl der Raiffeisen-Genossenschaften<br />

beispielsweise ist allein zwischen<br />

1995 und 2003 um 33% <strong>auf</strong> 3.286 zurückgegangen.<br />

Von den privaten Agrarhandelspartnern<br />

findet sich nahezu ein Viertel in<br />

Bayern, ein weiteres Viertel teilt sich <strong>auf</strong><br />

Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen<br />

<strong>auf</strong>.<br />

Die Größenunterschiede innerhalb des<br />

deutschen Landhandels sind sehr groß. Im<br />

nord- und nordostdeutschen Raum sind die<br />

meisten großen Landhandelsunternehmen<br />

ansässig. Regional werden die Betriebe<br />

nach Westen und Süden hinsichtlich ihrer<br />

Umsätze kleiner. Prognosen gehen für die<br />

nächsten 15 Jahre von einer weiteren<br />

Reduzierung <strong>auf</strong> ca. 1.500 Handelspartner<br />

aus. Der rechnerische Durchschnitt der<br />

landwirtschaftlichen Betriebe pro Handelspartner<br />

<strong>auf</strong> der Primärstufe lag vor drei<br />

Jahren bei etwa 200 Betrieben und wird<br />

sich nicht zuletzt wegen des Verfalls der<br />

Handelsspannen weiter erhöhen.<br />

Im Bereich der Hauptgenossenschaften<br />

gab es in den vergangenen Jahren einige<br />

spektakuläre regionsübergreifende Konzentrationsprozesse.<br />

Dazu zählen die<br />

Übernahme der RHG Frankfurt durch die<br />

RWZ Rheinland im Jahr 1999, die Verschmelzung<br />

der RHG Nord AG, Hannover,<br />

und der RCG Nordwest eG, Münster, zur<br />

AGRAVIS Raiffeisen AG im Jahr 2004<br />

und die Verschmelzung der WLZ Raiffeisen<br />

AG, Stuttgart, mit der BayWa AG,<br />

München, 2003. Der letzte große Zusammenschluss<br />

<strong>auf</strong> genossenschaftlicher<br />

Ebene fand im Mai 2005 im Norden statt.<br />

Die Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord<br />

AG (HaGe), Kiel, ging mit der Team AG,<br />

Süderbrarup, sowie der dänischen Dansk<br />

Landbrugs Grovvareselskab a.m.b.a. (DLG),<br />

Kopenhagen, eine Kooperation ein.<br />

In der Getreideverarbeitung<br />

dominieren einzelne Unternehmen<br />

Etwa ein Drittel der Weizenernte und ein<br />

Viertel der Roggenernte werden von deutschen<br />

Mühlen zu Mehl veredelt. Die jährliche<br />

Vermahlung beträgt insgesamt rund<br />

7,45 Mio. t Getreide. Von den Mahlerzeugnissen<br />

deutscher Mühlen gehen 90 % an<br />

Backbetriebe. Der Rest verteilt sich zu<br />

gleichen Teilen <strong>auf</strong> Stärke- und Teigwarenhersteller<br />

sowie private Endverbraucher.<br />

Heute gibt es in Deutschland noch rund<br />

750 Mühlen, von denen 345 jährlich mindestens<br />

500 t Getreide vermahlen. Die<br />

durchschnittliche Vermahlung dieser<br />

Betriebe liegt bei 21.500 t. Die 61 großen<br />

Mühlen mit einer Jahresvermahlung über<br />

25.000 t stellen einen Anteil von 83 % an<br />

der Gesamtvermarktung.<br />

Der deutsche Markt wird dominiert von<br />

den großen Mühlenkonzernen VK Mühlen<br />

AG und der Werhahn Gruppe. Die VK<br />

Mühlen ist mit einem Mehlabsatz von<br />

1,77 Mio. t das größte Mühlenunternehmen<br />

Europas mit Verarbeitungsstandorten<br />

in Norddeutschland, Niedersachsen und<br />

entlang des Rheins. In der Werhahngruppe<br />

sind sechs Mühlenbetriebe in Neuss,<br />

Hamburg, Frankfurt, Landshut, Ergolding<br />

und Dresden in vier Unternehmen zusammengefasst,<br />

die mit einer Vermahlung von<br />

ca. 1,1 Mio. t Getreide zweitgrößter Anbieter<br />

von Mahlerzeugnissen in Deutschland sind.<br />

Auf diese Unternehmensgruppen entfallen<br />

rund 65 % des Marktanteils. Bis zu jeweils<br />

5 % Marktanteil teilen sich sechs weitere<br />

private Unternehmen, zu denen auch das<br />

klassische Landhandelsunternehmen Getreide<br />

AG in Rendsburg mit zwei Mühlenwerken<br />

in Berlin und Wurzen zählt.<br />

Die Konzentration <strong>auf</strong> der Abnehmerseite,<br />

insbesondere bei der Brotindustrie<br />

und im Lebensmitteleinzelhandel, hat die<br />

Mühlenbranche in den letzten Jahren einem<br />

erheblichen Wettbewerbsdruck ausgesetzt.<br />

Der Strukturwandel in der deutschen Mühlenbranche<br />

ist vornehmlich von Fusionen<br />

und Betriebs<strong>auf</strong>gaben gekennzeichnet.<br />

Mehr Mischfutter, weniger<br />

Hersteller<br />

Auch die Mischfutterbranche rückte in den<br />

vergangenen Jahren dichter zusammen.<br />

Die Produktion nahm zu und die Zahl der<br />

Verarbeitungsbetriebe ab. Die Zahl der<br />

Mischfutterhersteller wurde im Juni 2003<br />

noch amtlich mit 408 meldepflichtigen<br />

Unternehmen erfasst. Das waren bereits 12<br />

weniger als im Jahr zuvor und 20 % weniger<br />

als vor fünf Jahren. Am stärksten reduzierte<br />

sich die Anzahl der Mischfutterhersteller<br />

in Niedersachsen/Bremen von 167<br />

<strong>auf</strong> 125 Hersteller. Im Jahr 2003 wurden<br />

170 Hersteller mit einer Jahresproduktion<br />

bis 1.000 t (Vorjahr 181) und 238 mit einer<br />

Jahresproduktion über 10.000 t registriert<br />

(Vorjahr 239).<br />

Die zehn größten Mischfutterunternehmen<br />

vereinen rund die Hälfte der deutschen<br />

Mischfutterproduktion in sich. Die<br />

Genossenschaften halten nach eigenen<br />

Angaben einen Anteil von 40 % am deutschen<br />

Mischfuttermarkt. Der Deutsche Verband<br />

Tiernahrung e. V. (DVT) stellt die<br />

Struktur der deutschen Mischfutterherstellung<br />

hinsichtlich Produktionsschwerpunkten<br />

und Größenordnungen als heterogen<br />

dar.<br />

Weichweizenerzeugung in der EU-15 (2004) in Mio. t<br />

Frankreich 37,577<br />

Deutschland 25,377<br />

Vereinigtes Königreich 15,473<br />

Dänemark 4,890<br />

Spanien 4,393<br />

Italien 2,958<br />

Schweden 2,397<br />

Belgien 1,886<br />

Niederlande 1,747<br />

Österreich 1,607<br />

Irland 1,026<br />

Finnland 0,790<br />

Griechenland 0,429<br />

Portugal 0,060<br />

Weichweizenerzeugung neue EU-Mitglieder (2004) in Mio. t<br />

Polen 9,914<br />

Ungarn 5,958<br />

Tschechien 5,077<br />

Slowakei 1,228<br />

Litauen 1,186<br />

Lettland 0,472<br />

Estland 0,175<br />

Slowenien 0,142<br />

Malta 0,009<br />

Zypern 0,002<br />

Quelle Statistik: ZMP Marktbilanz 2005<br />

24 KURIER 2/05


In den vergangenen Jahren hat sich die<br />

Konzentration in der Mischfutterbranche<br />

in unverändertem Tempo fortgesetzt. Im<br />

Wirtschaftsjahr 2002/2003 produzierten in<br />

der Größenklasse bis 10.000 Jahrestonnen<br />

42 % aller Hersteller rund 3 % des Mischfutters.<br />

Den Hauptanteil der Produktion<br />

erbrachten in der Größenklasse 100.000-<br />

200.000 Jahrestonnen 9 % der Hersteller<br />

mit einem Viertel der Menge.<br />

Entsprechend den Hauptveredlungsgebieten<br />

in Deutschland findet man auch<br />

eine ähnliche Verteilung der Mischfutterhersteller.<br />

Der Schwerpunkt der Mischfutterindustrie<br />

liegt zum einen in<br />

Niedersachsen, Bremen, Hamburg und<br />

Nordrhein-Westfalen. Knapp 70 % des<br />

Mischfutters werden im nordwestlichen<br />

Hauptveredlungsgebiet produziert und<br />

verfüttert. Die verbleibenden 30 % sind zu<br />

etwa gleichen Teilen in Bayern und<br />

Sachsen angesiedelt. ■<br />

Rangliste Bundesländer in Weizenanbau 2004 in Hektar<br />

Saarland<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Brandenburg<br />

Hessen<br />

Sachsen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

Baden-Württemberg<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Bayern<br />

in 1.000 ha 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Winterweizenernte 2004 in Tonnen<br />

Saarland<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Brandenburg<br />

Hessen<br />

Sachsen<br />

Baden-Württemberg<br />

Thüringen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Niedersachsen<br />

Bayern<br />

in 1.000 t 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000<br />

2/05 KURIER 25


Der Nebel und seine<br />

Entstehung<br />

Prof. Dr. Hans Häckel,<br />

Weihenstephan


Der November gilt von Alters her als der nebelreichste<br />

Monat. „Nebelmond" oder „Nebelung" hat man ihn<br />

deshalb früher genannt. Dabei tut man dem November<br />

ganz und gar unrecht.<br />

Blättert man die Aufzeichnungen der<br />

Wetterstationen in Deutschland durch, so<br />

wird man feststellen, dass nicht der<br />

November, sondern der „Goldene Oktober“<br />

die meisten Nebeltage <strong>auf</strong>weist. Allerdings<br />

sind die Oktobernebel normalerweise<br />

längst nicht so zäh und ausdauernd wie die<br />

oft tage- oder sogar wochenlang anhaltenden<br />

Nebel im November. Und eine andere<br />

Ursache haben die Novembernebel in den<br />

meisten Fällen auch.<br />

Nebelbildung<br />

Die Luft enthält immer eine mehr oder<br />

weniger große Menge an Wasserdampf –<br />

auch wenn sich der Himmel wolkenlos und<br />

strahlend dunkelblau über uns wölbt. Das<br />

kann man mit einem kleinen Experiment<br />

schnell beweisen: Gießen Sie eine Flasche<br />

Bier – frisch aus dem Kühlschrank – in ein<br />

Glas. Noch beim Einschenken können Sie<br />

beobachten, wie das Glas rundum<br />

beschlägt (bei sehr trockener Luft oder in<br />

einem geheizten Raum kann der Versuch<br />

allerdings misslingen!). Das kalte Bier hat<br />

das Glas und das wiederum die an ihm vorbei<br />

streichende Luft abgekühlt. Der<br />

Wasserdampf kondensiert. Verantwortlich<br />

ist die Physik, wonach kalte Luft weniger<br />

Wasserdampf mit sich führen kann als<br />

warme. Die Konsequenz: Wird wasserdampfhaltige<br />

Luft immer weiter abgekühlt,<br />

erreicht man irgendwann die<br />

Temperatur, unterhalb derer sich die Luft<br />

eines Teils des in ihr enthaltenen Wasserdampfes<br />

entledigen muss. Das erreicht sie,<br />

indem sie ihn in Form von winzigen<br />

Tröpfchen ausscheidet. Man braucht also<br />

Luft nur tief genug abzukühlen, um eine<br />

Kondensation des Wasserdampfes zu<br />

erzwingen. Die Temperatur, ab der<br />

Wasserdampf zu kondensieren beginnt,<br />

heißt „Taupunktstemperatur" oder kurz<br />

„Taupunkt", da mit ihr die Taubildung einsetzt.<br />

In der Natur kühlen sich nachts insbesondere<br />

die Pflanzenoberflächen sehr<br />

stark ab, so dass sie bis zum Morgen oft<br />

mit Tau bedeckt sind.<br />

Enthält die Luft sehr viel Wasserdampf<br />

und/oder dauert die nächtliche Abkühlung<br />

sehr lang an, wie das besonders in den Spätherbstmonaten<br />

der Fall ist, dann bleiben<br />

viele der entstehenden Tröpfchen in der<br />

Luft schweben und verringern die Sichtweite.<br />

Zunächst spricht man lediglich von<br />

„Dunst“, bei einer Sichtweite unter 1.000<br />

Metern dann von „Nebel“.<br />

In der Natur gibt es viele Vorgänge, die<br />

zur Abkühlung der Luft unter den Taupunkt<br />

und damit zur Nebelbildung führen.<br />

Zunächst ist dabei an die ganz normale<br />

nächtliche Abkühlung zu denken. Sie<br />

beginnt am Erdboden und setzt sich mit<br />

fortschreitender Nacht in die Höhe fort.<br />

Deshalb bilden sich in vielen Fällen<br />

zunächst flache Nebelbänke, die während<br />

der Nacht höher und höher werden und<br />

gegen Sonnen<strong>auf</strong>gang ihre größte Mächtigkeit<br />

erreichen. Normalerweise reichen sie<br />

kaum höher als einige hundert Meter. Ist<br />

die Luft nur mäßig feucht, dann entstehen<br />

flache Nebelbänke, die kaum über die<br />

Höhe von Sträuchern und Bäumen hinauswachsen.<br />

Und darüber spannt sich der klare,<br />

blaue Himmel. Im Licht der Morgensonne<br />

können solche flache Nebelschichten in<br />

prächtigem Gold und Rot erstrahlen.<br />

Wenn vorhin gesagt wurde, dass Nebel<br />

besonders dann entsteht, wenn die Luftfeuchtigkeit<br />

hoch ist oder die nächtliche<br />

Abkühlung besonders lang dauert, müsste<br />

man eigentlich erwarten, dass die meisten<br />

Nebel im Winter um die Zeit der Sonnenwende<br />

(21. Dezember) <strong>auf</strong>treten, wenn die<br />

Flache Wiesennebel in einer Auenlandschaft.<br />

Nächte am längsten sind. Das ist überraschenderweise<br />

nicht der Fall. Vielmehr ist<br />

um diese Jahreszeit die Luft schon so weit<br />

abgekühlt, dass sie kaum noch Wasserdampf<br />

enthält, der zu Nebel führen könnte.<br />

Damit ergibt sich zwangsläufig, dass nicht<br />

der Winter, sondern der Spätherbst die<br />

besten Voraussetzungen für die Entstehung<br />

von Nebel bietet: Einerseits ist die Luft<br />

vom Sommer her noch warm genug, um<br />

entsprechend viel Wasserdampf mit sich<br />

zu führen, andererseits sind die Nächte<br />

schon lang genug, um die erforderliche<br />

Abkühlung zu ermöglichen.<br />

Moor- und Wiesennebel<br />

Moore sind bekannt für ihren Nebelreichtum.<br />

Der Grund dafür ist aber nicht etwa<br />

der nasse Boden – die tagsüber mit Wasserdampf<br />

angereicherte Luft hat der Wind bis<br />

zum Abend längst fort geblasen und durch<br />

trockenere Luft aus der Umgebung ersetzt.<br />

Ausschlaggebend ist, dass Moorböden aus<br />

bodenphysikalischen Gründen nachts<br />

besonders kalt werden und deshalb die<br />

Temperaturen häufig unter den Taupunkt<br />

sinken. Auch über Wiesen bilden sich oft<br />

zähe Nebel aus. Sie verdanken ihre Entstehung<br />

dem dichten Wurzelgestrüpp des<br />

Grases, das – ähnlich wie der lockere,<br />

torfige Moorboden – nachts besonders kalt<br />

wird. Auch alle Stellen im Gelände, an denen<br />

2/05 KURIER 27


Kaltluft aus der Umgebung zusammenfließt,<br />

sind besonders nebelreich. Dazu<br />

gehören Täler, Senken, Gräben, Mulden<br />

und jede andere Art von Geländevertiefungen<br />

wie z. B. Dolinen. Die Nebelhäufigkeit<br />

wird <strong>auf</strong> diese Weise zu einem wichtigen<br />

Kriterium bei der Beurteilung des<br />

Geländeklimas. Wo es viel Nebel gibt, gibt<br />

es auch viel Frost! Solche Geländelagen sind<br />

naturgemäß für den Anbau frostempfindlicher<br />

Kulturen nicht oder nur bedingt geeignet.<br />

Auch als Hobbygärtner sollte man<br />

deshalb sorgsam <strong>auf</strong> Häufigkeit und Dichte<br />

des Nebels in seiner Umgebung achten.<br />

Berührungsnebel<br />

"Seerauchen" über dem St. Moritzer See an einem kühlen Spätherbstmorgen.<br />

Im Winter kann man nach dem Einbruch<br />

feuchter, milder Meeresluft häufig beobachten,<br />

dass sich über noch vorhandenen<br />

Schneeresten Nebel bildet, die schneefreien<br />

Flächen dagegen nebelfrei bleiben.<br />

In solchen Fällen liegt der Taupunkt der<br />

Luft nur wenige Grad über Null. Die Temperaturen<br />

sowohl der Luft als auch schneefreier<br />

Bodenflächen sind dann zwar höher<br />

als der Taupunkt, die schmelzende Schneefläche<br />

hat mit 0 °C jedoch eine Temperatur<br />

unter dem Taupunkt. Nur dort, wo die Luft<br />

über die Schneereste streicht, wird sie<br />

demnach unter die Taupunktstemperatur<br />

abgekühlt, und es kommt zur Nebelbildung.<br />

Aus nahe liegenden Gründen bezeichnet<br />

man Nebel, der <strong>auf</strong> diese Weise<br />

entsteht, als „Berührungsnebel".<br />

Er ist aber kein ausschließlich kleinräumiges<br />

Phänomen. Großflächiger Berührungsnebel,<br />

dessen wissenschaftlicher<br />

Name „Advektionsnebel“ lautet, ist sehr<br />

verbreitet. Er entsteht bevorzugt im Winterhalbjahr,<br />

wenn warme, vom Atlantik oder<br />

aus dem Mittelmeerraum zuströmende<br />

Meeresluft <strong>auf</strong> dem Festland <strong>auf</strong> eine zähe,<br />

flache, bodennahe Kaltluftschicht <strong>auf</strong>gleitet.<br />

Durch Kontakt mit der Kaltluft entstehen<br />

dabei Nebelschichten mit mehreren<br />

hundert Metern Mächtigkeit. Im Frühling<br />

sind die Meere und die großen Binnenseen<br />

meist deutlich kühler als das Festland.<br />

Strömt Luft von dort <strong>auf</strong> das Wasser, wird<br />

sie abgekühlt, und es bildet sich Nebel.<br />

Bekannte Beispiele sind die im Spätfrühling<br />

häufigen Küstennebel an der Ostsee.<br />

Mischungsnebel<br />

Wenn im Herbst die ersten kühlen Nächte<br />

<strong>auf</strong> den bevorstehenden Winter <strong>auf</strong>merksam<br />

machen, ist die Zeit der „rauchenden"<br />

Flüsse und Seen gekommen. In den -<br />

Wenn die Sonne <strong>auf</strong> einen feuchten<br />

Bildung von Mischungsnebel.<br />

Morgenstunden sieht man dann eine riesige<br />

Zahl von winzigen Nebelschwaden<br />

oder Nebelsäulchen scheinbar regungslos<br />

dicht über der Oberfläche der Gewässer<br />

schweben. Man nennt dieses Phänomen<br />

„Seerauchen“ oder „Flussrauchen“, obwohl<br />

es mit Rauch nicht das Geringste zu<br />

tun hat. Diese Nebelart entsteht dadurch,<br />

dass sich feuchte, warme Luft beim<br />

Vermischen mit kalter Luft unter die<br />

Taupunktstemperatur abkühlt.<br />

Stark vereinfacht ausgedrückt passiert<br />

folgendes: Das Wasser ist vom Sommer her<br />

bis in den Herbst und den frühen Winter<br />

hinein noch relativ warm. Damit bleibt<br />

auch die unmittelbar <strong>auf</strong> dem Wasser <strong>auf</strong>liegende<br />

Luft wärmer als die der<br />

Umgebung. Da sie mit dem Gewässer in<br />

Kontakt ist, reichert sie sich zunehmend<br />

mit Wasserdampf an. Im L<strong>auf</strong>e der Nacht


Acker scheint, kommt es zur<br />

schiebt sich nun vom Ufer her kältere Luft<br />

aus der Umgebung über das Gewässer und<br />

vermischt sich mit der dort liegenden wärmeren<br />

Luft. Die Temperatur der Mischluft<br />

ist jetzt tiefer als die der vorher über dem<br />

Gewässer gelegenen. Ist sie tiefer als ihr<br />

Taupunkt, dann bilden sich flache Nebelschwaden,<br />

die man aus nahe liegenden<br />

Gründen als „Mischungsnebel" bezeichnet.<br />

Mischungsnebel bildet sich auch, wenn<br />

die Sonne nach einem Regenschauer wieder<br />

aus dem Gewölk hervorbricht und nasse<br />

Straßen sowie Haus- oder Autodächer erwärmt.<br />

Auch über taunassen Wiesen oder<br />

Äckern entsteht Mischungsnebel, wenn die<br />

Sonne den Morgennebel <strong>auf</strong>gelöst hat und<br />

ihre wärmenden Strahlen den Boden erreichen.<br />

Selbst der Dampf, der aus der Kaffeetasse<br />

oder dem Kochtopf <strong>auf</strong>steigt, und das<br />

Eine Inversion erkennt man an den darin enthaltenen Luftverunreinigungen.<br />

Wölkchen, das sich an kalten Wintertagen<br />

vor den Nüstern eines angestrengt l<strong>auf</strong>enden<br />

Pferdes oder vor unserer eigenen Nase<br />

bildet, ist nichts anderes als Mischungsnebel.<br />

Inversionsnebel<br />

Im Spätherbst, ab Ende Oktober, den ganzen<br />

November hindurch und oft noch bis<br />

weit in den Dezember hinein, stellt sich<br />

häufig eine Wetterlage ein, die die Bildung<br />

so genannter Inversionen ermöglicht.<br />

Solche Herbstinversionen sind am Boden<br />

<strong>auf</strong>liegende Kaltluftschichten, die von milder<br />

Luft überlagert werden. Zu den wichtigen<br />

Eigenschaften einer Inversion gehört,<br />

dass sie keine vertikalen Luftbewegungen<br />

zulässt. Das bedeutet, dass sämtliche Luftverunreinigungen<br />

wie Abgase, Rauch,<br />

Staub, hoch gewirbelte Bodenpartikel,<br />

aber auch der gesamte durch Verdunstung<br />

am Boden entstehende Wasserdampf<br />

innerhalb der Inversion festgehalten werden.<br />

Im L<strong>auf</strong>e der Zeit kann sich diese<br />

Kaltluftschicht so stark mit Wasserdampf<br />

anreichern, dass es zur Kondensation und<br />

damit zur Bildung von Nebel kommt.<br />

Unser Bild zeigt, wie sich eine Inversion<br />

von einem über sie hinausragenden<br />

Berggipfel aus präsentiert. Während die in<br />

der Inversion angereicherten Luftverunreinigungen<br />

wie eine schmutzige Brühe im<br />

Tal liegen, spannt sich über ihr ein kristallklarer<br />

Himmel. In wenigen Tagen wird<br />

sich in der Inversion soviel Wasserdampf<br />

angesammelt haben, dass sich daraus eine<br />

mächtige Nebelschicht bilden kann.<br />

Inversionen sind sehr zähe Gebilde. Sie<br />

können sich oft tage-, ja wochenlang halten<br />

und damit entsprechend lang anhaltende<br />

Nebelperioden mit sich bringen. Oft<br />

schafft es erst ein Herbststurm sie wieder<br />

wegzuräumen. Diese Dauernebel sind es,<br />

die dem November seinen schlechten Ruf<br />

als Nebelmonat eingebracht haben.<br />

Dabei sind aber häufig nur die Bewohner<br />

der Tiefländer vom Novembernebel betroffen.<br />

Meist reichen die Inversionen nur etliche<br />

hundert Meter hoch – über 1.500<br />

Meter mächtige Inversionen sind schon die<br />

Ausnahme – und füllen damit lediglich die<br />

Beckenlandschaften und Flusstäler, während<br />

die Hochländer, das Alpenvorland und natürlich<br />

erst recht die Alpengipfel die trüben<br />

Nebel überragen, so dass man dort bei milden<br />

Temperaturen herrlichsten Sonnenschein<br />

genießen kann. ■


Warum<br />

werden<br />

die Blätter<br />

im Herbst<br />

bunt<br />

Einkommen<br />

steigen<br />

weltweit –<br />

1,1 Milliarden<br />

neue<br />

Verbraucher<br />

Von grün über gelb, ocker, rot bis braun<br />

– im Herbst werden die Blätter der Bäume<br />

richtig bunt. Viele Menschen lieben den<br />

Herbst gerade wegen dieser Farbenpracht.<br />

Kinder basteln Blättermännchen mit<br />

Akribie und Leidenschaft. Die vielen<br />

Farbtöne scheinen die Fantasie anzuregen.<br />

Wie kommt diese Farbenpracht zustande<br />

Die grüne Farbe der Blätter wird<br />

durch zwei Blattfarbstoffe verursacht: gelbes<br />

und blau-grünes Chlorophyll. Im Herbst<br />

wandert der blau-grüne Anteil des Farbstoffes<br />

zurück durch die Blattadern und<br />

Zweige in den Stamm des Baumes. Dort<br />

wird er gespeichert. Der gelbe Farbstoff<br />

bleibt zurück und gibt den Blättern ihre<br />

Farbe. Damit nicht genug: Die absterbenden<br />

Blätter können im Herbst den Sauerstoff<br />

nicht mehr verarbeiten. Dieser färbt<br />

nun durch einen chemischen Umwandlungsprozess<br />

den im Zellsaft noch vorhandenen<br />

gelben Farbstoff rot.<br />

Zusammen mit den noch grünen<br />

Blättern und den vielen Übergängen zwischen<br />

gelb und rot bietet sich dem Auge im<br />

herbstlichen Wald ein wahres Feuerwerk<br />

an Farben.<br />

Niedrige Nacht- und hohe Tagestemperaturen<br />

bei intensiver Sonneneinstrahlung<br />

führen zu der Farbenpracht, die<br />

in Kanada und Nordamerika den „Indian<br />

Summer“ mit der Gelbfärbung der Ahorne<br />

und Pappeln einläuten. Denn kürzere Tage<br />

und tiefere Temperaturen führen in den<br />

Gehölzen zur Umwandlung von Stärke in<br />

Zucker. Dadurch wird die Frosthärte der<br />

Gehölze erhöht. Dieser Prozess wird durch<br />

kurze Trockenperioden verstärkt.<br />

Vor allem die Tageslänge ist als äußerer<br />

Faktor für den Blattfall wichtig. Weitere<br />

bedeutsame Auslöser sind Feuchtigkeit<br />

und Kälte. Starke Trockenheit kann den<br />

Fall der Blätter um mehrere Wochen vorverlegen.<br />

■<br />

Im Rahmen der Globalisierung und<br />

ökonomischen Entwicklung in 17 Entwicklungs-<br />

und drei Schwellenländern<br />

hat sich eine neue Gruppe von Verbrauchern<br />

mit einem Einkommen über<br />

7 Euro pro Tag herausgebildet, das sie<br />

in die Lage versetzt, Fernsehgeräte,<br />

Kühlschränke, Waschmaschinen und<br />

sonstige Elektrogeräte zu k<strong>auf</strong>en. Über<br />

300 Millionen dieser ‚Neuen Konsumenten’<br />

leben in China, 130 Millionen<br />

in Indien, der Rest in Ländern wie z. B.<br />

Russland, Brasilien, Indonesien, Thailand<br />

oder Mexiko. 2010 werden es aller<br />

Voraussicht nach über 1,5 Milliarden<br />

Menschen sein, die eine solche K<strong>auf</strong>kraft<br />

besitzen. Dies bedeutet, dass die<br />

Nachfrage nach höherwertigen Nahrungsmitteln,<br />

wie z. B. Gemüse und<br />

Fleisch und veredelten Produkten steigen<br />

wird. Viele internationale Supermarktketten<br />

reagieren bereits <strong>auf</strong> diese<br />

neue Zielgruppe und eröffnen moderne<br />

Eink<strong>auf</strong>szentren in diesen Ländern. ■<br />

30 KURIER 2/05


Brasilien erhöht<br />

Fleischproduktion<br />

Asiatischer<br />

Rostpilz in<br />

den USA<br />

angekommen<br />

Sojabauern stehen vor einer neuen<br />

Herausforderung<br />

In Südamerika, besonders in Brasilien,<br />

wird derzeit die Fleischproduktion deutlich<br />

ausgebaut. Zuwachsraten in der<br />

Schweineexportrate liegen zur Zeit bei<br />

über 15 Prozent. Eine Hightech-<br />

Landwirtschaft in Brasilien erzeugt<br />

kostengünstig Futtermittel und legt damit<br />

die Basis für eine effiziente Schweinemast<br />

bzw. Fleischveredelung und<br />

Lebensmittelindustrie. Vorbild sind die<br />

großen Fleischproduktions- und Verarbeitungszentren<br />

in Iowa (USA).<br />

Fleischexport – Brasilien, 1990-2002<br />

Tausend Tonnen<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

Der asiatische Rostpilz (Phakospora<br />

pachyrizi), ein zerstörerischer Schadpilz<br />

in Sojapflanzen, der sich über Asien,<br />

Afrika und in den letzten Jahren sehr<br />

schnell auch in Südamerika verbreitet hat<br />

(über 7 Millionen ha waren 2004 befallen<br />

und mussten mit Fungiziden behandelt<br />

werden), ist nun auch im Süden der<br />

Vereinigten Staaten angekommen.<br />

Die bisherigen Untersuchungen zeigen,<br />

dass die Sporen dieses Rostpilzes über die<br />

Luft, besonders durch die Wirbelstürme<br />

(Hurricanes) von Süd- nach Nordamerika<br />

transportiert wurden. Ende 2004 konnte<br />

der Rostpilz in Louisiana, Mississippi,<br />

Alabama, Georgia, Florida, Arkansas,<br />

South Carolina, Missouri und Tennessee<br />

nachgewiesen werden. Die USA setzen<br />

alles daran, eine Verbreitung dieses Soja-<br />

Rostpilzes weiter nach Norden in die<br />

Hauptanbaugebiete für Soja in Ohio,<br />

Indiana, Illinois, Nebraska, Iowa, Minnesota<br />

und Süd-Dakota zu verhindern und<br />

eine Verbreitung einzudämmen.<br />

Schon die ersten Meldungen über das<br />

Auftreten des Soja-Rostpilzes in den USA<br />

haben weltweit zu Preisturbulenzen im<br />

Sojamarkt geführt. Eine genaue Beobachtung<br />

der weiteren Entwicklung dieses<br />

wichtigen Schaderregers in Brasilien und<br />

in den USA ist weltweit von hoher Wichtigkeit,<br />

nicht nur für Landwirte, Futter-<br />

Bedingt durch die weltweite Zunahme der<br />

Fleischproduktion steigt die Nachfrage<br />

nach hochwertigen und proteinreichen<br />

Futtermitteln. Schon heute werden 75 %<br />

der globalen Fleischproduktion durch<br />

Futtermittel erzielt (25 % Weidehaltung);<br />

der Anteil wird sich bis 2025 noch erhöhen.<br />

Die Nachfrage nach Futtermitteln wird sich<br />

speziell in Asien weit mehr als verdoppeln.<br />

Stärke- und proteinreiche Futtermittel, hergestellt<br />

aus Mais, Sojabohnen und Raps,<br />

werden die Grundlage zur Sicherung der<br />

zukünftigen Fleischproduktion bilden. ■<br />

0<br />

1990 1994 1998 2002<br />

Quelle: De Sousa, E. L. et al., Brazilian Livestock Competitiveness, 2003<br />

jährliches<br />

Wachstum (1999-2003)<br />

Hühnerfleisch<br />

12,6%<br />

Rindfleisch<br />

8,1%<br />

Schweinefleisch<br />

24,3%<br />

mittelhersteller, Futtermittelhandel und<br />

Fleischproduzenten, sondern letztlich auch<br />

im Bereich der globalen Versorgung mit<br />

pflanzlichen Ölen und Proteinen.<br />

Mit Stratego ® und Folicur ® verfügt<br />

Bayer CropScience in den USA über zwei<br />

ausgezeichnete Produkte für die Bekämpfung<br />

des Soja-Rostes, die sich in Brasilien<br />

bereits hervorragend bewährt haben. ■<br />

Wirbelsturm-Simulationsstudie 2005 Sojabohnen-Produktion in den USA, 2002<br />

Nachweis von<br />

Soja-Rostsporen<br />

in Bezirken,<br />

12. Januar 2005<br />

Sojabohne –<br />

Anb<strong>auf</strong>läche in Hektar<br />

Quelle: https://netfiles.uiuc.edu/ariatti/www/SBR/index.htm, 2005<br />

50-3.999<br />

4.000-9.999<br />

10.000-19.999<br />

20.000-39.999<br />

40.000-200.000<br />

nicht erfasst<br />

Quelle: https://netfiles.uiuc.edu/ariatti/www/SBR/index.htm, 2005<br />

2/05 KURIER 31


Gebühr bezahlt<br />

beim Postamt<br />

51373 Leverkusen<br />

Natur und Technik<br />

Verpackungen sind ein besonderes Merkmal<br />

des Lebens. Ohne sie können Lebewesen nicht<br />

existieren: Denn als Barrieren zur Umgebung<br />

regeln sie den Stoffaustausch und schützen ihren<br />

Inhalt gegen die Einflüsse der Außenwelt. Dabei<br />

soll sich die ideale Verpackung aber auch zum<br />

richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle öffnen.<br />

Der Fruchtstand der Drachenwurz (Calla palustris)<br />

ist ein Beispiel für einen ausgefeilten natürlichen<br />

Öffnungsmechanismus. Die ausdauernde<br />

Pflanze wächst an moorigen Stellen und Tümpeln<br />

in Nord- und Mitteleuropa. Sie zählt zu den Aronstabgewächsen<br />

und erreicht eine Höhe von bis zu<br />

30 cm. Der Fruchtstand besteht aus vielen Einzelfrüchten.<br />

Sobald alle reif genug sind, platzt die<br />

Sammelfrucht an genau dafür vorgesehenen Sollbruchstellen<br />

auseinander.<br />

Eine Glasampulle ist die ideale Verpackung für<br />

medizinische Injektionslösungen: klein, leicht,<br />

handlich und stabil. Allerdings muss sich die<br />

Glasampulle auch splitterfrei öffnen können. Dank<br />

einer Sollbruchstelle, an der die Wand besonders<br />

dünn ist, lässt sich der Ampullenhals einfach und<br />

gefahrlos brechen. ■<br />

www.bayercropscience.de

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