Die Vereinten Nationen in Bonn
UN BONN - Die Vereinten Nationen in Bonn; Autor: Rüdiger Strempel
UN BONN - Die Vereinten Nationen in Bonn;
Autor: Rüdiger Strempel
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20 <strong>Die</strong> <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Bild E<strong>in</strong> Konferenzsaal im Alten Abgeordnetenhochhaus<br />
Image A conference room at Altes Abgeordnetenhochhaus<br />
Übergangsplenarsaal 1991 die Entscheidung fiel, Berl<strong>in</strong> zur gesamtdeutschen<br />
Bundeshauptstadt zu erheben – und e<strong>in</strong>iger weiterer<br />
Bauten <strong>in</strong> den Campus. Ob damit das Raumproblem gelöst<br />
se<strong>in</strong> wird, darf allerd<strong>in</strong>gs bezweifelt werden. <strong>Die</strong> Zahl der UN-Bediensteten<br />
<strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> läuft den Planern immer wieder davon, e<strong>in</strong><br />
Problem, auf das die Leiter der <strong>in</strong> der Bundesstadt beheimateten<br />
UN-Organisationen <strong>in</strong> Gesprächen immer wieder h<strong>in</strong>weisen. So<br />
me<strong>in</strong>t Shyamal Majumdar, Leiter von UNESCO-UNEVOC: „Wir<br />
brauchen mehr Raum. Immer mehr <strong>in</strong>ternationale Institutionen<br />
möchten nach <strong>Bonn</strong> kommen.“ Ebenso sieht es der Exekutivsekretär<br />
der <strong>Bonn</strong>er Konvention, Dr. Bradnee Chambers. Der kanadische<br />
Völkerrechtler, der auf e<strong>in</strong>e langjährige UN-Karriere bei<br />
der Konferenz der <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong> für Handel und Entwicklung<br />
(UNCTAD) <strong>in</strong> Genf, der Universität der <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong><br />
<strong>in</strong> Tokyo und dem UN-Umweltprogramm (UNEP) <strong>in</strong> Nairobi zurückblickt,<br />
me<strong>in</strong>t: „Wenn sich die Vorteile herumsprechen, die<br />
<strong>Bonn</strong> bietet, b<strong>in</strong> ich sicher, dass weitere UN-<strong>Die</strong>nststellen nach<br />
<strong>Bonn</strong> übersiedeln werden. Ich denke, es ist realistisch davon<br />
auszugehen, dass die Zahl der UN-Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter<br />
<strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> <strong>in</strong> den nächsten fünf Jahren deutlich wachsen<br />
wird.“<br />
LICHT UND SCHATTEN<br />
Das wirft die Frage auf, wor<strong>in</strong> diese Vorteile bestehen. Immerh<strong>in</strong><br />
gilt <strong>Bonn</strong> nicht gerade als quirlige Metropole oder brodelnde<br />
Weltstadt. Doch was <strong>in</strong>sbesondere jüngere UN-Mitarbeiter teils<br />
als Manko empf<strong>in</strong>den, sehen andere durchaus als Vorteil: die<br />
Ruhe und auch die Überschaubarkeit der Stadt. Bradnee Chambers,<br />
der bereits <strong>in</strong> den späten neunziger Jahren als Teilnehmer<br />
der UN-Klimaverhandlungen mehrmals jährlich <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> auf<br />
<strong>Die</strong>nstreise war, er<strong>in</strong>nert sich: „Was mir damals besonders <strong>in</strong>s<br />
Auge stach, war, wie unglaublich grün die Stadt ist.“ Überhaupt<br />
lässt er das Argument, <strong>Bonn</strong> sei e<strong>in</strong>e urbane Gähnnummer, nicht<br />
gelten: „Das f<strong>in</strong>de ich nicht. Es ist e<strong>in</strong>e schöne Stadt, mit viel<br />
Kultur, Oper, Theaterveranstaltungen. Und <strong>in</strong> der Altstadt ist jedes<br />
Wochenende etwas los. <strong>Die</strong> Stadt bietet gute <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
und Infrastruktur, guten öffentlichen Personennahverkehr.<br />
Ich liebe die alte Architektur und die wunderschönen Kirchen.<br />
Ich f<strong>in</strong>de es toll, dass ich mit dem Rad <strong>in</strong>s Büro fahren kann und<br />
dass das Leben <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong>, anders als etwa <strong>in</strong> Genf oder Paris, bezahlbar<br />
ist. Man kann sich leisten, die Stadt zu genießen. Und sie<br />
ist durch die vielen <strong>in</strong>ternationalen Organisationen und global<br />
operierenden Unternehmen sehr <strong>in</strong>ternational. Mir fallen nicht<br />
viele Orte e<strong>in</strong>, die die Vorteile städtischen Lebens mit denen des<br />
Wohnens <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren Kommune <strong>in</strong> dieser Art verb<strong>in</strong>den.“<br />
Zu diesen Vorteilen zählt auch die ausgezeichnete Sicherheitslage.<br />
“Für uns Mitarbeiter der <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong> ist es ganz<br />
und gar nicht selbstverständlich, e<strong>in</strong> so sicheres Lebens- und<br />
Arbeitsumfeld zu haben”, stellt Richard Dictus fest. “Nachts um<br />
23:00 Uhr zu Fuß vom K<strong>in</strong>o nach Hause gehen zu können – das<br />
ist e<strong>in</strong> echtes Privileg.“<br />
Auch Shyamal Majumdar hebt die Atmosphäre der Stadt als<br />
positiven Faktor hervor: „<strong>Bonn</strong> ist grün, ruhig, friedlich und harmonisch.<br />
Es hat e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Identität,“ so der aus Kalkutta<br />
stammende Bildungsexperte. „Außerdem wird die Stadt immer<br />
<strong>in</strong>ternationaler. <strong>Die</strong>s ist auch wichtig, denn <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />
hapert es noch e<strong>in</strong> wenig. Wir brauchen <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> mehr englischsprachige<br />
Information.“<br />
Dass die Internationalität <strong>Bonn</strong>s noch ausbaufähig ist, räumen<br />
auch andere UN-Obere e<strong>in</strong>. Auch der Exekutivkoord<strong>in</strong>ator des<br />
UN-Freiwilligenprogramms, Richard Dictus, merkt an: „Was <strong>in</strong><br />
<strong>Bonn</strong> e<strong>in</strong> wenig fehlt, ist die Mehrsprachigkeit.“ E<strong>in</strong> unter UN-<br />
Kollegen – die teils nur für relativ kurze Zeit am Rhe<strong>in</strong> auf Posten<br />
s<strong>in</strong>d und nicht die Zeit f<strong>in</strong>den, Deutsch zu lernen – häufig geäußerter<br />
Kritikpunkt.<br />
Abgesehen von Fragen der Lebensqualität – über die die Me<strong>in</strong>ungen<br />
zwangsläufig ause<strong>in</strong>andergehen – bietet <strong>Bonn</strong> den <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong><br />
<strong>Nationen</strong> aber auch praktische, die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />
betreffende Vorteile. Shyamal Majumdar hob das herausragende<br />
Potenzial hervor, das sich aus der Gruppierung von 18 UN-<br />
E<strong>in</strong>richtungen mit verwandten, teils überlappenden Arbeitsbereichen<br />
an e<strong>in</strong>em Ort ergibt. Zudem unterstreicht er die von<br />
deutscher Seite (Bund, Land und Stadt) gewährte Unterstützung<br />
der Arbeit der <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> und die Bedeutung<br />
der fortdauernden Präsenz des Bundes am Rhe<strong>in</strong>. „<strong>Die</strong> Regierungse<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> s<strong>in</strong>d für unsere Arbeit e<strong>in</strong> großer<br />
Pluspunkt. Das betrifft nicht nur die M<strong>in</strong>isterien, die allerd<strong>in</strong>gs<br />
sehr wichtig s<strong>in</strong>d, sondern auch andere Organisationen und Institutionen<br />
wie das Bundes<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung (BIBB), die<br />
Gesellschaft für <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit (GIZ) und die<br />
Universität <strong>Bonn</strong>. Außerdem sitzen hier viele e<strong>in</strong>schlägige Nichtregierungsorganisationen.<br />
Das alles macht <strong>Bonn</strong> zu e<strong>in</strong>em fantastischen<br />
Ort, um die Agenda der Nachhaltigen Entwicklung<br />
voranzubr<strong>in</strong>gen. Selbst der Generalsekretär der <strong>Vere<strong>in</strong>ten</strong> <strong>Nationen</strong>,<br />
Ban Ki-moon, war bee<strong>in</strong>druckt.“ Majumdar fügt allerd<strong>in</strong>gs<br />
auch an: „Wir müssen aber enger zusammenarbeiten, um diese<br />
Chancen <strong>in</strong> Handeln umzusetzen.“ Hierzu hat er auch konkrete