Schön? Ja. Sexy? Oh ja. Kann sich vor der Kamera ... - KaDeWe
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Geschenke sind eine heikle Angelegenheit. Man<br />
darf ihre Wirkung nicht unterschätzen. Menschen,<br />
die vereinbaren, <strong>sich</strong> einan<strong>der</strong> zu Weihnachten<br />
nicht mehr zu beschenken, haben das verstanden.<br />
Sie wollen möglicherweise ihren Geldbeutel<br />
schonen, ganz bestimmt aber möchten sie ihren<br />
Seelenfrieden nicht aufs Spiel setzen.<br />
Schenken und beschenkt werden ist eines <strong>der</strong><br />
größten Abenteuer <strong>der</strong> Weihnachtszeit. An einem<br />
paar Socken sind schon vermeintlich glückliche<br />
Ehen zerbrochen, an<strong>der</strong>e konnten mithilfe eines<br />
Diamantencolliers zumindest kurzfristig gerettet<br />
werden. Aber Achtung: nicht um den Wert geht<br />
es, son<strong>der</strong>n um die Geste. Das macht das Ganze<br />
nicht unbedingt leichter.<br />
Ich bin eigentlich eine ganz passable Alltagsschauspielerin,<br />
aber die Enttäuschung über das falsche<br />
Geschenk trifft mich <strong>der</strong>artig, dass mir nicht mal<br />
ein falsches Lächeln gelingen will. Als älteste von<br />
vier Geschwistern hatte ich grundsätzlich das Gefühl,<br />
geschenktechnisch am schlechtesten abzuschneiden.<br />
Meinem Alter entsprechend versuche<br />
ich inzwischen mehr weihnachtliche Gelassenheit<br />
auszustrahlen, was mir auch recht gut gelang, bis<br />
zum Weihnachtsfest <strong>vor</strong> einem <strong>Ja</strong>hr.<br />
Es ist Heiligabend, Bescherungszeit. Ich greife<br />
mir ein würfelförmiges päckchen, auf dem mein<br />
das perFekTe geschenk<br />
JEnAER GLAS<br />
DER EIERKocH<br />
Von WAGEnFELD<br />
Es gibt Geschenke, die sind so einfallslos, das man sie nicht einmal umtauschen<br />
o<strong>der</strong> weiterverschenken möchte. Eines dieser vermeintlichen No-Gos entpuppt <strong>sich</strong><br />
auf den zweiten Blick als sorgfältig ausgesuchtes Kleinod.<br />
Text<br />
MARIESopHIE MüLLER<br />
name steht und löse das papier. Ein Eierkocher.<br />
Aha. Dazu noch ein winzig kleiner, <strong>der</strong> darauf<br />
schließen lässt, dass <strong>der</strong> Schenkende nicht davon<br />
ausgeht, dass ich in den kommenden <strong>Ja</strong>hren<br />
mehr als ein Frühstücksei zubereiten werde.<br />
Danke aber auch.<br />
<strong>der</strong> bauhaus-eierkocher.<br />
ein archiTekTenTraum?<br />
Ich werfe böse Blicke in die Runde, mein Bru<strong>der</strong><br />
fängt sie auf. »Der ist von Wagenfeld«, versucht<br />
er mich zu beruhigen, »ein Klassiker aus den<br />
30ern!«. Das macht es nur noch schlimmer. Ein<br />
BauhausEierkocher, <strong>der</strong> aussieht wie ein Marmeladenglas<br />
und nicht einmal elektrisch betrieben<br />
ist. »Schönen Dank«, murmele ich und stelle<br />
das Ding wie<strong>der</strong> dorthin, wo ich es gefunden<br />
habe. Mein Bru<strong>der</strong> ist Architekt, überlege ich,<br />
vielleicht macht ihn ein WilhelmWagenfeld<br />
Frühstücksei glücklicher als eines, das in einem<br />
herkömmlichen Topf gekocht wird. Aber das<br />
heißt <strong>ja</strong> noch lange nicht, dass ich ... lassen wir es<br />
gut sein. noch zwei Tage, dann ist alles <strong>vor</strong>bei.<br />
Der Eierkoch aus Jenaer Glas, wie er richtig<br />
heißt, führt fortan auf <strong>der</strong> obersten Regalebene<br />
meines Stauraums ein vernachlässigtes Dasein.<br />
Bis ihn eines Tages durch Zufall eine sehr stilbe<br />
wusste Freundin, die aus London zu Besuch ist,<br />
entdeckt. »Du hast einen egg coddler?«, ruft sie<br />
»Das ist <strong>ja</strong> großartig! – Lass uns einen Brunch<br />
machen!« Was dann folgt, verschlägt mir die<br />
Sprache und weckt den Appetit.<br />
ob im Wasserbad, im ofen o<strong>der</strong> auf dem Grill,<br />
das kleine gläserne Gefäß kann nicht etwa nur<br />
Eier kochen. Wir zaubern Frittatas, pasteten,<br />
Soufflés und Eier im Glas nach einem Rezept<br />
von Sternekoch Michel Roux. Das Tollste am<br />
Eierkoch – er sieht so gut aus, dass man das Zubereitete<br />
direkt so servieren kann, ohne es umfüllen<br />
zu müssen. Das bedeutet allerdings, dass<br />
man gleich mehrere braucht. Ich kaufe mir noch<br />
drei weitere, meine Freundin packt <strong>sich</strong> das ganze<br />
Handgepäck voll, sie kennt den egg coddler<br />
nur in <strong>der</strong> klassischen englischen Version aus<br />
porzellan und ist von Wagenfelds schlichtfunktionalem<br />
Glas restlos begeistert.<br />
Kürzlich war mein Bru<strong>der</strong> zu Besuch, <strong>der</strong> nicht<br />
schlecht staunte, als ich ihm eine <strong>Ja</strong>kobsmuschelpastete<br />
im Eierkoch servierte, was so viel<br />
heißen soll wie: Bitte tausendmal um Verzeihung,<br />
liebster Bru<strong>der</strong>. Es ist das perfekte Geschenk.<br />
Danke!<br />
Eierkoch von Jenaer Glas, 10 Euro, 4. Etage<br />
Nicht jedes Geschenk lässt einem das Herz höherschlagen. Manchmal lohnt es<br />
<strong>sich</strong> aber dennoch, das Präsent einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.<br />
O<strong>der</strong> es ganz einfach einmal überzuziehen.<br />
Bei mir will <strong>sich</strong> dieser MarlonBrandoEndstationSehnsuchtEffekt<br />
nicht einstellen. Ich<br />
wirke im Unterhemd nicht männlich und schon<br />
gar nicht sexy. Ein Unterhemd betont meine<br />
mit den <strong>Ja</strong>hren – und eigentlich schon immer<br />
– zum Pflaumenhaften tendierende Figur. Im<br />
Unterhemd bin ich eine lächerliche Gestalt.<br />
Ich trage auch keines unterm Hemd. Man kann<br />
<strong>sich</strong> also meine Begeisterung <strong>vor</strong>stellen, als<br />
ich dieses vielversprechende kleine päckchen<br />
mit <strong>der</strong> Aufschrift »Zimmerli of Switzerland«<br />
ausgepackt hatte. Mit spitzen Fingern hielt ich<br />
ein weißes Hemd in die Luft und muss irgendwie<br />
enttäuscht ausgesehen haben. nicht, dass<br />
ich von meinen Freunden erwarte, dass sie mir<br />
immer beson<strong>der</strong>e Geschenke machen, aber es<br />
sollte doch irgendeinen Verweis von mir zum<br />
präsent geben. Beim Unterhemd gab es nicht<br />
einmal die allerkleinste gemeinsame Schnittmenge.<br />
Ich muss so enttäuscht, ich befürchte<br />
sogar ein bisschen empört, ausgesehen haben,<br />
dass, noch be<strong>vor</strong> ich etwas sagen konnte, <strong>der</strong><br />
Satz »Du kannst es <strong>ja</strong> umtauschen«, laut wurde.<br />
Er gab mir den entscheidenden Stoß, meine<br />
contenance und <strong>vor</strong> allen Dingen auch meine<br />
guten Manieren wie<strong>der</strong>zugewinnen. »nein,<br />
warum denn, ein Unterhemd habe ich wirklich<br />
das perFekTe geschenk<br />
ZIMMERLI<br />
DAS UnTERHEMD<br />
Von ZIMMERLI<br />
Text<br />
nIKoLAS FEIREISS<br />
noch nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß, und »es<br />
fühlt <strong>sich</strong> sehr gut an«. Um es mir nicht noch<br />
coram publico anziehen zu müssen, hielt ich es<br />
mir an die Wange und dachte: »Falls ich mal<br />
Kin<strong>der</strong> haben sollte, ein Kuscheltuch liegt für<br />
sie bereit.«<br />
das mir zugedachTe modell isT seiT den<br />
30er-<strong>Ja</strong>hren <strong>der</strong> klassiker des hauses<br />
Hinterher ist man immer schlauer. Was ich da<br />
geschenkt bekommen hatte, war ein Unterhemd<br />
aus <strong>der</strong> Serie RichelieuRippe aus 100<br />
prozent Baumwollzwirn <strong>der</strong> Schweizer Traditionsmarke<br />
Zimmerli. Das Garn für diese<br />
Wäsche wird auf beson<strong>der</strong>en Flachstrickmaschinen<br />
gestrickt – das macht sie nicht nur beson<strong>der</strong>s<br />
zart, son<strong>der</strong>n auch beson<strong>der</strong>s elastisch.<br />
Die Wäsche wird im Südzipfel des Tessins, in<br />
Mendrisio, tatsächlich noch nach altem Manufakturprinzip<br />
einzeln zugeschnitten und genäht.<br />
Mir dämmerte etwas: Klasse, Tradition,<br />
Qualitätsbewusstsein, auf eine traditionelle<br />
Art sexy, deshalb also fanden meine Freunde<br />
es naheliegend, mir ein Zimmerliprodukt zu<br />
schenken. Und das Modell Richelieu ist sogar<br />
das wohl meist gefilmte Unterhemd in Hollywood,<br />
getragen beispielsweise von Sylvester<br />
86 87<br />
Stallone in »Rocky« o<strong>der</strong> Joaquin phoenix in<br />
»Walk the Line«. Und überhaupt ist die Liste<br />
<strong>der</strong> promis, die <strong>sich</strong> für die ZimmerliWäsche<br />
aus extrafeiner Baumwolle entscheiden, lang:<br />
Keanu Reeves o<strong>der</strong> Richard Gere, Tom Hanks,<br />
aber auch Karl Lagerfeld. Für den Finanzminister<br />
SaudiArabiens werden xxxLHosen<br />
individuell angefertigt. nun bin ich we<strong>der</strong> Hollywoodstar<br />
noch Karl Lagerfeld o<strong>der</strong> ein übergewichtiger<br />
Finanzminister, aber das Spektrum<br />
<strong>der</strong> ZimmerliLiebhaber schien mir doch ein<br />
Grund, das Hemd unter Ausschluss <strong>der</strong> öffentlichkeit<br />
mal überzuziehen. Ich war alleine und<br />
fand, es sei eine gute Idee, das Unterhemd zum<br />
py<strong>ja</strong>maoberteil umzufunktionieren. In dieser<br />
nacht begann ich zu verstehen, warum dieses<br />
Unterhemd so viele Freunde hat. Es ist zart,<br />
weich und schmeichelt <strong>der</strong> Haut. Ich ertappte<br />
mich dabei, es am Morgen gar nicht mehr ausziehen<br />
zu wollen. Und mir wurde klar, dass ich<br />
wohl doch ein Unterhemdtyp bin. Als ich weitere<br />
nachkaufen wollte, stellte ich fest: Meine<br />
Freunde hatten <strong>sich</strong> ihr schönes Geschenk auch<br />
etwas kosten lassen.<br />
Unterhemd von Zimmerli aus Richelieu-Rippe,<br />
66 Euro, 1. Etage