Vogelwelt der Alpen - BirdLife Österreich
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Geschichte<br />
turforscher und Arzt Johann Jakob<br />
Scheuchzer (1672–1733) die <strong>Alpen</strong><br />
bereist und ausgiebige Forschungen<br />
betrieben, die er in Buchform einem<br />
breiten Publikum zugängig machte.<br />
In seiner „Natur-Historie des<br />
Schweizerlandes“ wollte er eine umfassende<br />
Naturgeschichte präsentieren,<br />
die aber lei<strong>der</strong> nur in drei Bänden<br />
erschien. Die Botanik und die<br />
Vogelkunde sollten jeweils im vierten<br />
und fünften Band dieses Werkes behandelt<br />
werden. Diese wurden jedoch<br />
niemals gedruckt. So harrt <strong>der</strong> Vogelband<br />
noch immer als Manuskript<br />
in <strong>der</strong> Züricher Zentralbibliothek <strong>der</strong><br />
Veröffentlichung und würde in gedruckter<br />
Form <strong>der</strong> Allgemeinheit indessen<br />
ein reichhaltiges Zeugnis <strong>der</strong><br />
Erforschung <strong>der</strong> Schweiz und ihrer<br />
<strong>Alpen</strong>welt liefern. Nichtsdestotrotz<br />
ist Scheuchzer einer <strong>der</strong> Pioniere in<br />
<strong>der</strong> Erforschung des alpinen Lebensraums,<br />
<strong>der</strong> um die Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
einen wahren Boom erlebte.<br />
Langsam wich die Abneigung gegen<br />
die schaurig-schöne Gebirgswelt und<br />
schlug in Begeisterung und Forscherdrang<br />
um. Sicherlich trugen dazu die<br />
Erstbesteigung des Mont Blanc durch<br />
den Genfer Naturwissenschaftler<br />
Horace Bénédict de Saussure 1786–<br />
1787 bei o<strong>der</strong> in Kärnten die des<br />
Großglockners 1799 und 1800 durch<br />
eine Gruppe von Naturwissenschaftlern,<br />
allen voran <strong>der</strong> Generalvikar<br />
von Gurk, Sigismund von Hohenwart.<br />
Getragen wurde die Aneignung<br />
348 Der Falke 56, 2009<br />
„Von <strong>der</strong> Natur lernen“ war einer <strong>der</strong><br />
Grundsätze, die Johann Scheuchzer vorlebte.<br />
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/<br />
commons/c/cf/Johann_Jakob_Scheuchzer.jpg<br />
dieses Jahrhun<strong>der</strong>te lang gemiedenen<br />
Durchgangsraums vor allem durch<br />
eine Bildungsbürgerschicht aus England<br />
und Deutschland, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch Botaniker wie David Heinrich<br />
Hoppe und Mineralogen wie Belsazar<br />
Hacquet. Dies mag darin begründet<br />
sein, dass die Botanik eine weit reichende<br />
Bedeutung vor allem in <strong>der</strong><br />
Klasse <strong>der</strong> Heil- und Medizinalpflanzen<br />
hatte und die Herbation bereits<br />
eine weit verbreitete Form <strong>der</strong> Archivierung<br />
darstellte. Pflanzen konnten<br />
auf sehr einfache Weise gesammelt,<br />
transportiert o<strong>der</strong> archiviert werden.<br />
Demgegenüber befand sich die<br />
breit angelegte Aufbewahrung von<br />
Vogelbälgen erst in den Anfangsstadien.<br />
Vor allem aber drohten die<br />
Belege durch nicht sachgemäße Konservierung<br />
dem Verfall preisgegeben<br />
zu sein. Bedingt durch ihren Reichtum<br />
an Gebirgen schließen die vogelkundlichen<br />
Erforschungen <strong>der</strong><br />
<strong>Alpen</strong> fast nahtlos an die in<br />
<strong>der</strong> Schweiz an, womit<br />
dieses Land unanfechtbar<br />
die Vorreiterrolle<br />
in <strong>der</strong> Erschließung<br />
<strong>der</strong> alpinen <strong>Vogelwelt</strong><br />
übernommen hatte.<br />
Getragen wurde diese<br />
Bewegung durch eine<br />
gebildete Elite, die anfänglich<br />
ihre Informa-<br />
tionen und Objekte von Jägern und<br />
Vogelfängern erhielt, sich aber immer<br />
mehr selbst in die Erforschung<br />
einbrachte.<br />
» Die Schweizer Periode<br />
Daniel Sprüngli (1721–1801), ursprünglich<br />
als Pfarrer tätig, zog sich<br />
krankheitsbedingt nahe seiner Vaterstadt<br />
Bern auf ein Landgut zurück.<br />
Hier konnte er sich <strong>der</strong> Scientia amabilis<br />
hingeben und frei von finanziellen<br />
Sorgen ein umfangreiches naturwissenschaftliches<br />
Kabinett mit<br />
Mineralien, aber vor allem mit ausgestopften<br />
Vögeln anlegen, das sogar<br />
Der Schneesperling ist einer <strong>der</strong> wenigen Vögel, die das ganze Jahr im Hochgebirge<br />
ausharren. Foto: B. Huber. Goldeck, 2008.<br />
Goethes Aufmerksamkeit auf sich<br />
zog. Diese Sammlung umfasste ca.<br />
350 Individuen von in <strong>der</strong> Schweiz<br />
erlegten Vögeln. Nach Sprünglis Ableben<br />
konnte sie für das Naturhistorische<br />
Museum in Bern gesichert werden.<br />
Von dieser Sammlung, die bis<br />
auf zwölf Taxa alle damals<br />
in <strong>der</strong> Schweiz nachgewiesenen<br />
Vogelarten enthielt,<br />
überlebten jedoch<br />
nur ein einziges Ex-<br />
Daniel Sprüngli hatte zu<br />
seiner Zeit unzweifelhaft<br />
das größte Wissen über<br />
die <strong>Alpen</strong>vögel.<br />
Quelle: Archiv Naturhistorisches<br />
Museum Bern.