Augenblick 6/05 - Verband der Kolpinghäuser eV
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Verän<strong>der</strong>ung als Chance<br />
nutzen<br />
Demografischer Wandel. Mitarbeiter und<br />
Gäste werden immer älter – darauf muss<br />
die Branche reagieren.<br />
Der demografische Wandel in Europa ist<br />
nicht mehr aufzuhalten. Geburten nehmen ab,<br />
die Lebenserwartung steigt, die Bevölkerungspyramide<br />
wird bald auf dem Kopf<br />
stehen. Spätestens seit dem Erfolg des von<br />
FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher<br />
veröffentlichten Buchs „Das Methusalem-<br />
Komplott“ sind diese Fakten in weiten Teilen<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung bekannt. Auch die jüngsten<br />
Bemühungen von Deutschlands Familienministerin<br />
Ursula von <strong>der</strong> Leyen zur<br />
Geburtensteigerung werden an ihnen so<br />
schnell nichts än<strong>der</strong>n.<br />
Neue Lebensgemeinschaften – Erfreulich<br />
für die Branche: Die Anzahl <strong>der</strong> Gäste in<br />
Hotellerie und Gastronomie wird sich zunächst<br />
nicht än<strong>der</strong>n, allerdings ihre Konstellation.<br />
Doch das ist noch kein Grund, den<br />
Kopf hängen zu lassen. Verschiedene Erhebungen<br />
sind inzwischen zu dem Ergebnis<br />
gelangt, dass die Wechselbereitschaft älterer<br />
Verbraucher genauso groß ist wie die jüngerer.<br />
Zudem entwickeln sich nicht zuletzt durch<br />
das Mitmischen <strong>der</strong> „jungen Alten“ neue<br />
Lebensgemeinschaften, die dem Gastgewerbe<br />
interessante Zielgruppen erschließen.<br />
Die Psychologin Iris Nowacki aus München<br />
ging bei einem Vortrag über „Lebensphilosophie<br />
im Wandel“ vor <strong>der</strong> Hoteldirektorenvereinigung<br />
Deutschland e. V. (HDV)<br />
auf diese Verän<strong>der</strong>ungen ein. So zählen<br />
beispielsweise Patchwork- o<strong>der</strong> Rainbow-<br />
Familien (aus mehreren Ex-Familien zusammengewürfelte<br />
Lebensgemeinschaften<br />
o<strong>der</strong> gleichgeschlechtliche Paare mit o<strong>der</strong><br />
ohne Kin<strong>der</strong>) heute zum gewohnten Bild und<br />
definieren das Zusammenleben auf eine neue<br />
Weise. Außerdem bestimmt nicht mehr die<br />
Linearität den Prozess des Älterwerdens. Der<br />
Begriff <strong>der</strong> Generation ist überholt. Menschen<br />
aus unterschiedlichen Altersgruppen treffen<br />
sich gemäß ihren Bedürfnissen und nicht<br />
ihrer Alterszugehörigkeit.<br />
Nach Erkenntnissen <strong>der</strong> Wissenschaftlerin<br />
befinden wir uns in einer „Zwischen-Zeit.“<br />
Noch existiert eine extreme Altersdiskriminierung<br />
und Altersarbeitslosigkeit. Doch nur<br />
wenige Anstöße fehlten, um die Altersrenaissance<br />
und Erfahrungsrenaissance einzuläuten.<br />
„In neuen Lebenskonzepten dominiert<br />
das gefühlte und nicht das gezählte<br />
Alter“, so Iris Nowacki.<br />
In seiner jüngsten Publikation Ende 2007<br />
wies das Max-Planck-Institut für demografische<br />
Forschung aus Rostock darauf hin, dass<br />
Kin<strong>der</strong>, Eltern und Großeltern heute mehr<br />
gemeinsame Lebenszeit miteinan<strong>der</strong> verbringen<br />
als je zuvor. Großeltern erziehen zunehmend<br />
ihre Enkel, gehen mit ihnen aus und<br />
fahren mit ihnen in den Urlaub.<br />
Zu wenig Geburten<br />
Bereits Ende 20<strong>05</strong> präsentierte Harald<br />
Michel vom Institut für angewandte Demographie<br />
in Berlin auf dem Führungskräftekongress<br />
<strong>der</strong> HDV Fakten, die sich nicht geän<strong>der</strong>t<br />
haben. Demnach wird <strong>der</strong> Alterungsprozess<br />
in Deutschland an Dynamik gewinnen.<br />
Bereits seit 1924 finden weniger<br />
Geburten statt als nötig wären, um ein<br />
Schrumpfen <strong>der</strong> Bevölkerung zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Bisher wurde dies jedoch durch Zuwan<strong>der</strong>ung<br />
kompensiert. Michel hält es für unrealistisch,<br />
die Bevölkerungszahl weiter über Zuwan<strong>der</strong>ung<br />
aufrecht zu erhalten. Eine Modellrechnung<br />
<strong>der</strong> Uno zeigte, dass Deutschland<br />
bis zum Jahr 2<strong>05</strong>0 rund 188 Mio. Nettozuwan<strong>der</strong>er<br />
haben müsste, um den gegenwärtigen<br />
Status quo zu halten.<br />
Auch die Steigerung <strong>der</strong> Geburtenzahlen<br />
greift zu kurz. So ist die Geburtenhäufigkeit<br />
laut Michel über Anreize nicht nennenswert<br />
zu stimulieren und vor allem nachhaltig zu<br />
beeinflussen. Aber selbst wenn dies in dem<br />
erfor<strong>der</strong>lichen Maße gelänge (notwendig<br />
wäre eine Frauen-Kin<strong>der</strong>-Ziffer von 2,1; heute<br />
beträgt sie 1,3), hätte es erste Auswirkungen<br />
in rund 30 Jahren – bei dann schon erheblich<br />
geschrumpfter und gealterter Bevölkerung.<br />
Fazit: Für den nicht aufzuhaltenden Alterungsprozess<br />
unserer Bevölkerung müssen in<br />
erster Linie Anpassungskonzepte entwickelt<br />
werden, die uns befähigen, mit einer<br />
schrumpfenden und alternden Bevölkerung<br />
zu leben.<br />
Schon heute ist <strong>der</strong> Arbeitsmarkt von <strong>der</strong><br />
demografischen Verän<strong>der</strong>ung betroffen. Der<br />
Aufschwung in <strong>der</strong> internationalen Hotellerie<br />
lockt ambitionierte deutsche Nachwuchskräfte<br />
ins Ausland. Die Chancen, dass sie wie<br />
ihre Vorgänger bald zurückkehren, sinken.<br />
An<strong>der</strong>e nationale Branchen werben die<br />
serviceorientierten Mitarbeiter <strong>der</strong> Hotellerie<br />
und Gastronomie ebenfalls gerne ab. Dem<br />
Gastgewerbe in Deutschland bleiben zwei<br />
Möglichkeiten: die Verbesserung seiner<br />
Mitarbeitermotivations- und -bindungsprogramme<br />
sowie die Optimierung <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen<br />
für ältere Mitarbeiter. Dazu zählt<br />
auch die Gesun<strong>der</strong>haltung dieser Mitarbeiter.<br />
Quelle: AHGZ / Text: Susanne Stauß<br />
Ferienhotels<br />
im Buchungs-Hoch<br />
Der Trend zum Urlaub im eigenen Land ist<br />
ungebrochen. Ferienhotels melden deutliche<br />
Zuwächse beim Buchungsaufkommen. Das<br />
Schöne daran: Der Trend setzt sich weiter fort.<br />
Und das Produkt verän<strong>der</strong>t sich mit den<br />
Wünschen <strong>der</strong> Gäste, vom Ferienhotel hin<br />
zum Destination-Resort. Denn was man im<br />
Urlaub machen kann, wird zunehmend wichtiger<br />
als die Destination.<br />
Hotel und<br />
Gastronomie<br />
So hat sich – analog zu den schon lange<br />
darauf getrimmten Urlaubskatalogen von<br />
Reiseveranstaltern – auch das Buchungsverhalten<br />
stark verän<strong>der</strong>t. Interessenten fragen<br />
nicht mehr nach einer Destination, son<strong>der</strong>n<br />
nach einer Aktivität – Golf, Mountainbiking,<br />
Segeln – o<strong>der</strong> nach Wellness. Man<br />
fährt nicht mehr explizit in den Schwarzwald,<br />
son<strong>der</strong>n man fährt "zum Golfen". Mit entsprechenden<br />
Angebotskatalogen und Programmen<br />
haben sich die deutschen Ferienhotels<br />
darauf eingestellt.<br />
Es gibt Indizien, dass <strong>der</strong> Bedarf an sogenannten<br />
Destination-Resorts steigt: Relativ<br />
unabhängig von <strong>der</strong> geografischen Lage steht<br />
hierbei das Hotel, sein Konzept und das individuelle,<br />
möglichst einmalige Angebot im<br />
Mittelpunkt <strong>der</strong> Reiseentscheidung. Ein<br />
Destination-Resort ist autark, hat sich einem<br />
genau definierten Konzept verschrieben, das<br />
etwaige Standortnachteile vergessen macht.<br />
Liegt ein solches Spezialhotel dann auch noch<br />
in einer landschaftlich attraktiven Gegend, ist<br />
das ein weiteres Plus, aber kein "Muss". Um<br />
Alleinstellungsmerkmale noch deutlicher zu<br />
besetzen, werden Konzepte immer stärker auf<br />
den Standort und die Region zugeschnei<strong>der</strong>t.<br />
Quelle:AHGZ / Text:Barbara Goerlich<br />
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