Jahresbericht 2011 - Aargauische Kantonalbank
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Wirtschaftsaussichten<br />
Marcel Koller, Chefökonom<br />
Lösungsansätze in einem stetigen Verlust des Konsumentenvertrauens<br />
und einer verminderten Nachfrage der Privathaushalte<br />
nieder. Den Regierungen fehlen die Mittel, den Konsumrückgang<br />
der Haushalte durch eigene Ausgaben zu kompensieren. Die anhaltende<br />
Unsicherheit wirkte sich trotz eines rekordtiefen Zinsumfelds<br />
auch dämpfend auf die Investitionstätigkeit und die Kreditnachfrage<br />
aus. Die Aussicht auf eine globale Verlangsamung des<br />
Wachstums verminderte zudem die Exporttätigkeit.<br />
Zum Jahresende 2010 hatte man auf den Finanzmärkten<br />
noch an eine baldige Lösung der europäischen Schuldenkrise<br />
geglaubt, zum Jahresbeginn musste festgestellt werden,<br />
dass sich die Probleme noch weiter verschärften. Nach Griechenland<br />
und Irland ging die Verschuldung auch auf Portugal<br />
über – im April musste das Land die Europäische Union<br />
um Finanzhilfe im Umfang von 78 Mrd. Euro bitten.<br />
Im Banne der Schuldenkrise<br />
Kredite wurden den betroffenen Ländern unter der Bedingung<br />
gewährt, dass umfangreiche Sparmassnahmen durchgeführt<br />
würden. Die Durchsetzung dieser Sparanstrengungen war nicht<br />
einfach – das zeigte sich bald am Beispiel Griechenlands, welches<br />
die hohen Anforderungen nicht erfüllen konnte. Auch in Italien<br />
und Spanien stiegen die Zinsniveaus auf eine Höhe, bei welchen<br />
die Staaten mittelfristig nicht in der Lage gewesen wären, ihren<br />
Zinsendienst zu verrichten. Die Europäische Zentralbank (EZB) sah<br />
sich gezwungen, das Zinsniveau künstlich auf einem erträglichen<br />
Niveau zu halten. Zögerliches Verhalten der betroffenen Staaten<br />
und die Uneinigkeit auf dem europäischen politischen Parkett<br />
führten letztlich zu Rating- und Bonitätsverschlechterungen von<br />
Banken und Ländern. Damit wurden auch bis zu diesem Zeitpunkt<br />
solide Staaten plötzlich mit höheren Zinsen konfrontiert.<br />
Lösungsansätze und Sanktionen<br />
Nebst einer zentralen Kontrolle der Haushaltsbudgets und einer<br />
entsprechenden Sanktion von Defizitsündern sollen automatische<br />
Schuldenbremsen eingeführt werden. Zudem soll die Einführung<br />
des permanenten Stabilitätsfonds ESM vorgezogen und der Internationale<br />
Währungsfonds IWF stärker in die Refinanzierung einbezogen<br />
werden. Ausser England und Ungarn stimmten alle EU-<br />
Länder diesem Vorgehen grundsätzlich zu. Die Märkte reagierten<br />
verhalten positiv auf die Ankündigung, da es sich hier primär um<br />
einen mittel- bis langfristigen Lösungsansatz handelt. Wie die<br />
Krise in den nächsten Monaten überwunden werden sollte blieb<br />
indes offen.<br />
Eingeschränkte Wachstumsdynamik<br />
In den USA und in Europa schlugen sich die hohen Verschuldungsquoten<br />
und die als ungenügend empfundenen politischen<br />
Die japanische Wirtschaft konnte zwar von der anhaltend hohen<br />
Nachfrage der übrigen asiatischen Länder profitieren, wurde aber<br />
durch das schwere Erdbeben und die anschliessende atomare Katastrophe<br />
massiv in Mitleidenschaft gezogen. Produktionsausfälle,<br />
Lieferengpässe und Probleme bei der Energieversorgung liessen<br />
das Bruttoinlandprodukt einbrechen.<br />
Diesem garstigen Umfeld konnte sich auch die schweizerische<br />
Wirtschaft nicht entziehen. Als Musterschüler in Bezug auf den<br />
Haushalt und die Verschuldungsquote verzeichnete die Schweiz<br />
einen übermässig starken Kapitalzufluss, was sich letztlich in einer<br />
starken Aufwertung des Schweizerfrankens manifestierte. Der dadurch<br />
verstärkte Rückgang bei den Exporten führte im 2. Halbjahr<br />
praktisch zum Stillstand der schweizerischen Konjunktur. Einziger<br />
Lichtblick bildete die anhaltend hohe Dynamik der Bauwirtschaft,<br />
welche sich auch im Jahr 2012 fortsetzen wird. Nordamerika, Europa<br />
und Japan durchlaufen nicht nur eine Schuldenkrise noch nie<br />
dagewesenen Ausmasses, sondern sind mittlerweile auch spürbar<br />
von ihrem normalen Potenzialwachstum entfernt.<br />
Schwellenländer legen weiter zu<br />
Während die Konjunktur der entwickelten Länder praktisch stillsteht,<br />
blieb die wirtschaftliche Expansion der Schwellenländer auf<br />
deutlich höherem Niveau. Die private Nachfrage nach Gütern und<br />
Dienstleistungen in Brasilien, Russland, Indien, China, Mexiko und<br />
vielen anderen lateinamerikanischen und südostasiatischen Staaten<br />
verminderte sich zwar ebenfalls im zweiten Halbjahr, trägt<br />
aber immer noch substanziell zum globalen Wachstum bei. Auch<br />
sind diese Staaten dank tieferen Verschuldungsquoten in der<br />
Lage, wichtige Infrastrukturprojekte vorwärts zu treiben und können<br />
damit die Wertschöpfung in den eigenen Ländern fördern.<br />
Neben dem Konsum bleibt auch die Investitionstätigkeit solide.<br />
Mittlerweile wird bereits über ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandprodukts<br />
in diesen Staaten erwirtschaftet – Tendenz weiter<br />
steigend.<br />
2012 – Ein schwieriges Jahr<br />
Die makroökonomischen Probleme in den entwickelten Ländern<br />
halten auch 2012 an. Der Konsum wird sich weiterhin nur verhalten<br />
entwickeln und die Staaten haben keine Mittel, um Konjunkturstimulierungspakete<br />
zu initialisieren. Die geforderten Sparbemühungen<br />
sind bei den gedämpften Wachstumserwartungen noch<br />
schwieriger umzusetzen. Die Schuldenkrise könnte länger dauern<br />
als erwartet und Spuren weit über 2012 hinaus hinterlassen.<br />
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