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Landgericht Trier IM NAMEN DES VOLKES Urteil - JusMeum

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Aktenzeichen:<br />

1543/10<br />

31 C 242/09 AG <strong>Trier</strong><br />

Verkündet am 14.09.2010<br />

In dem Rechtsstreit<br />

Prozess bevollmächtigter:<br />

gegen<br />

Prozess bevollmächtigte:<br />

wegen Schadensersatz<br />

<strong>Landgericht</strong><br />

<strong>Trier</strong><br />

<strong>IM</strong> <strong>NAMEN</strong> <strong>DES</strong> <strong>VOLKES</strong><br />

<strong>Urteil</strong><br />

- Beklagte und Berufungsklägerin -<br />

- Kläger und Berufungsbeklagter-<br />

hat die 1. Zivilkammer des <strong>Landgericht</strong>s <strong>Trier</strong> durch den Präsidenten des <strong>Landgericht</strong>s Krämer,<br />

den Richter am <strong>Landgericht</strong> I


- Seite 2 -<br />

Gründe:<br />

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in<br />

Höhe von 1196,73 EUR.<br />

I.<br />

Am 1.9.2008 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Errichtung einer Fotovoltaikanlage<br />

zum Preis von 29.446,36 EUR. Nach den Zahlungsbestimmungen des Bestellformulars der Beklagten<br />

sollte der Kläger 50 Prozent des Rechnungsbetrages bei Auftragserteilung und den Restbetrag<br />

bei 6ngang ces M:lterials im Lager cer Beklagten zahlen.<br />

Die vereinbarten Zahlungen leistete der Kläger in der Folgezeit nicht, sondern ließ mt S:hreiben<br />

seines Prozessbevollmächtigten vom 10.3.2009 den Rücktritt vom Vertrag erklären. Er ist der<br />

Auffassung, bei dem vorliegenden Vertrag handele sich um einen Werkvertrag. Die rn Bestellformular<br />

der Beklagten enthaltene Vorleistungsklausel sei als AGB daher unwirksam, da sie die gesetzliche<br />

Vorleistungspflicht ces lhternehmers rech § ~1 OOB ars höhle.<br />

Das Amtsgericht hat der Klage mit <strong>Urteil</strong> vom 26.01.2010, auf das zur näheren Sachdarstellung<br />

Bezug genommen wrd, stattgegeben. Hiergegen v.endet sich die Beklagte mit der Berufung.<br />

Die zulässige Berufung ist unbegründet.<br />

1.<br />

Bei cem streitgegenständlichen \ertrag handelt es sich um einen Werkvertrag.<br />

11.<br />

Verpflichtet sich ein Unternehmer, einen Gegenstand zu liefern und zu montieren, so kommt es<br />

für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag (mit Mmtageverpflichtung)<br />

oder als Werkvertrag darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung<br />

der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands,<br />

das Wertverhältnis von Lieferung und MJntage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten<br />

Ergebnisses abzustellen. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung<br />

von Eigentum und Besitz auf den .Besteller''lm Vordergrund steht und je weniger die individuellen<br />

Anforderungen des Kunden und die geschuldete MJntageleistung das Gesamtbild des<br />

Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags (mit fvt:>ntageverpflichtung)<br />

geboten (BGH NJW 1998, 3197, BGHZ 67, Seite 359 unter 11a).<br />

Nach Würdigung der Vertrags beziehungen der Parteien handelt es sich danach um einen Werk·<br />

vertrag. Die Kammer verkennt nicht, dass laut Vertrag der Mehraufwand für den Dachaufbau nur<br />

554,·· EUR beträgt. Bei Würdigung des Gesamtbildes dieses Vertrages überwiegen dennoch<br />

Werkvertragselemente. So trägt die Beklagte auf Seite 2 ihrer Klageerwiderung selbst vor, dass<br />

Fotovoltaikanlagen nach den individuellen Bedürfnissen und Gegebenheiten Ur jeden Kmden geplant,<br />

gestellt und errichtet werden, wobei verschiedene Faktoren bei den komplizierten Berechnungen<br />

zu berücksichtigen sein sollen. Demzufolge wird die Anlage individuell alf cas Dach des


- Seite 3 -<br />

klägerischen Anwesens angepasst, weshalb es ~rade richt 00 ist, wie de Beklagte meint, ediglich<br />

der Stecker der Anlage einzustecken bzw. wieder abzuziehen sei. Für das Gegenteil spricht<br />

gerade, dass die Beklagte nach dem Vertrag die sonst wohl überflüssige Ranung- und Bauüberwachung<br />

sowie die Erstellung von elektrischen Plänen, Unterkonstruktions- und rvbntagepläne<br />

einschließlich der Koordinierung des gesamten Bauablaufs übernommen hat. All das spricht für<br />

eine individuelle Alpassung der Anlage an das Haus ces ~ägers. Die Behauptung der Beklagten,<br />

es entfielen nur 5-6 Prozent des Gesamtpreisesauf die rvbntage ist daher ohne Offenlegung der<br />

Gesamtkalkulation nicht nachvollziehbar.<br />

Da die Beklagte wegen cen d3rgestellten r-.ebenleitungen eben ~rade richt rur de Ueferung ind<br />

rvbntage der Anlage schuldet, ist cer vorliegende Fall auch nicht mit dem von der Beklagten zitierten<br />

Fall betreffend cer MJntage Einer Solaranlage (BGH NJW-RR 4>04 ffiO f.) \ergleichbar.<br />

Es handelt sich d3her um einen Werkvertrag.<br />

2.<br />

Mt zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen<br />

wird, ist das Amtsgericht daher im Ergebnis zur Unwirksamkeit der vertraglich vereinbarten Zahlungsbedingungen<br />

nach §307 Abs.2 Nr. 1 BGB gelangt, so dass die Beklagte mit der Werkleistung<br />

rach § 641 B3B vorleistungspflichtig war.<br />

Die Vorschrift des § 307 BGB gilt auch für die Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern.<br />

Bei der vorzunehmenden Inhalts kontrolle können die Maßstäbe unternehmerischen Handeln jedoch<br />

außer Betracht bleiben. Insoweit geht das Amtsgericht nämlich zu Recht davon aus, dass<br />

es sich bei dem Kläger um einen '..erbraucher tandelt.<br />

Auch wenn der Kläger den Strom in das öffentliche Stromnetz einspeisen sollte, um mschließend<br />

zu dem günstigeren Preis eines örtlichen Stromanbieters seinen Strom beziehen zu können,<br />

beibt er Verbraucher i.S.d. § 13 B3B.<br />

Nach § 14 Abs.1 BGB setzt die Unternehmereigenschaft Ein Handeln rn R3hmen Einer ~werblichen<br />

cder selbstständigen beruflichen Tätigkeit \Oraus.<br />

a)<br />

Eine selbstständige berufliche Tätigkeit liegt richt vor. Nach ~festigter Rechtsprechung ist Beruf<br />

jede erlaubte, sinnvolle, auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage<br />

dient (MJK05. Aufl. 2006, §14 Rn. 31 m.w.N.). [Je Errichtung cer Fotovoltaikanlage<br />

dient jedoch nicht dem Lebensunterhalt des Klägers, sondern einzig und allein dem Zweck,<br />

das selbstgenutzte Eigenheim mit günstigem Srom betreiben 2IJ lönnen. Selbst v.enn zur Erlangung<br />

des günstigen Stroms als blischenschritt die Einspeisung des gesamten Stroms in das öffentliche<br />

Stromnetz und der Rückkauf des Stroms zu einem günstigeren Preis notwendig sein<br />

sollte, steht im Vordergrund allein die Produktion von Strom zu privaten Zwecken und nicht zur<br />

Errichtung einer neuen Lebensgrundlage.<br />

b)<br />

Auch ein gewerbliches Handeln liegt nicht vor. Das Gesetz enthält h § 14 B3B keine Legaldefinition,<br />

weshalb auf die Definition des Gewerbebegriffes in § 1 Abs.2 HGB zurückzugreifen ist und


- Seite 4 -<br />

diese dem jeweiligen Zusammenhang anzupassen ist. Danach legt ein Gewerbe \Or, ....enn eine<br />

planvolle, auf gewisse Dauer angelegte, selbstständige und wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt<br />

wird und dies nach außen hervortritt.<br />

Im vorliegenden Fall übt der Kläger noch kein Gewerbe aus. Falls überhaupt ein gewerbliches<br />

Handeln anzunehmen ist, dient die Errichtung der Fotovoltaikanlage allenfalls als vorbereitende<br />

Handlung zum Zwecke der Ausübung desselben. Zwar können nach der Rechtsprechung des<br />

Bundesgerichtshofs auch sog. Existenzgründergeschäfte Unternehmergeschäfte sein. Die \braussetzungen<br />

eines Existenzgründergeschäftes sind rn xorüeqenden Fall jedoch richt erfüllt. Der<br />

Kläger hatte nämlich nicht vor, sich mit der Errichtung einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach seines<br />

Hauses eine neue Existenz aufzubauen. Daher sind sämtliche alders lautende Entscheidungen<br />

des BGH (BGH 111ZR 295/96 - Aufbau eines Fitnessstudios; 11IZB 36/04 - Gründung einer<br />

Arztpraxis) mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Die mit der Einspeisung in das Stromnetz<br />

erzielten Entgelte können allenfalls als Nebeneinkünfte angesehen werden, mit der Folge,<br />

dass cer Kläger künftig eine t-ebenerwerbstätigkeit aisüben will.<br />

Zwar können auch branchenfremde Nebengeschäfte und eine nebenberufliche Tätigkeit unter §<br />

14 BGB fallen. In diesem Fall ist die Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer bei<br />

Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls an hand von Indizien zu bestimmen (MiKa,<br />

a.a.O. Rn. 28). Diese sind Zahl und Häufigkeit der \Om \erkäufer durchgeführten


- Seite 5 -<br />

auch h diesem Fall mit den wesentlichen Grundgedanken des Werkvertrages unvereinbar.<br />

Infolge der ernsthaften endgültigen Erfüllungsverweigerung der Beklagten hat der Kläger hat daher<br />

gegen die Beklagte aus § 280 Ms.1 BGB einen Anspruch auf Ersatz der entstandenen<br />

Rechtsanwaltskosten. Die Inanspruchnahme war trotz Widerrufsmäglichkeit des Klägers auch<br />

notwendig, denn der Kläger wollte den Vertrag gerade nicht widerrufen sondern die Beklagte zur<br />

Leistung aus dem Vertrag bewegen. Kosten sind auch der l-öhe nach gerechtfertigt. Angesichts<br />

der in vorliegender Sache zu beantwortenden Rechtsfragen ist insbesondere eine 1,3 Geschäftsgebühr<br />

richt zu beanstanden.<br />

Eine Erhaltung der Algemeinen Geschäftsbedingung nit

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