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Aufsatz Streit in der Erbengemeinschaft _2 - JusMeum

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2010, 1 W 2021/10). Die Klage kann gegen e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Miterben gerichtetwerden, <strong>der</strong> auch dann an alle leisten o<strong>der</strong> h<strong>in</strong>terlegen muss, wenn die Schuld bei<strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung ausgeglichen werden könnte (BGH, IV ZR 161/73, WM1975, 1179). Die E<strong>in</strong>ziehung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung vor <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung des Nachlassesverstößt nur ausnahmsweise gegen Treu und Glauben, wenn die Schuld desMiterben mit Sicherheit durch se<strong>in</strong>en Erbteil gedeckt ist (BGH, III ZR 217/67, FamRZ1971, 643). E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Miterbe kann durch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stweilige Verfügung erreichen,dass die von e<strong>in</strong>em Miterben „gesicherten“ Nachlassgegenstände <strong>in</strong> die Wohnungdes Erblassers zurückgebracht werden (AG Rostock, 46 C 261/05, ZEV 2006, 33).Unter Berufung auf § 2039 Satz 1 BGB kann <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Erbe e<strong>in</strong>e negativeFeststellungsklage auf Nichtbestehen e<strong>in</strong>er Nachlaßschuld erheben (RG, III 17/35,JW 1935, 3463 ). Er kann die Berichtigung des Grundbuchs verlangen (BGH, V ZR160/65, NJW 1966, 773 = BGHZ 44, 367), z. Bsp. die Löschung e<strong>in</strong>es im Grundbuche<strong>in</strong>getragenen Wohnrechts (BGH, III ZR 217/67, FamRZ 1971, 643), sowie e<strong>in</strong>e Vollstreckungsabwehrklagegem. § 767 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>Nachlassgrundstück e<strong>in</strong>reichen (BGH, IV ZR 139/05, NJW 2006, 1969 = BGHZ 167,150). E<strong>in</strong> Miterbe kann alle<strong>in</strong> auf Herausgabe des Nachlasses durch den Nachlasspfleger(OLG Brandenburg, 13 U 81/06, NJW-RR 2008, 95) o<strong>der</strong> den Nachlassverwalterklagen (OLG Brandenburg, 13 U 148/06, ZFE 2008, 198), e<strong>in</strong>en Unterlassungsanspruch(OLG Hamburg, 3 U 175/98, NJW-RR 2000, 187), e<strong>in</strong>e Urheberrechtsverletzunggeltend machen (OLG Hamm, 4 U 10/05, ZUM 2006, 641) und e<strong>in</strong>eWie<strong>der</strong>aufnahme- o<strong>der</strong> Nichtigkeitsklage erheben (BGH, V ZR 56/50, NJW 1954,1523 = BGHZ 14, 251). § 2039 Satz 1 BGB gilt auch für öffentlich-rechtliche Ansprüche(BVerwG, IV C 24.65, NJW 1965, 1546). Daher kann e<strong>in</strong> Miterbe im eigenenNamen e<strong>in</strong>en Anspruch <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft auf e<strong>in</strong>en Restitutionsanspruch(BVerwG, 8 C 08.08, FamRZ 2009, 1827; BVerwG, 8 C 21.05, DVBl 2007, 259 =BVerwGE 126, 316) sowie auf e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dung nach dem Flurbere<strong>in</strong>igungsG(BVerwG, 11 C 07.97, ZEV 1998, 389) geltend machen, gegen den Entzug e<strong>in</strong>esNachlassgegenstands klagen (BVerwG, 3 C 25.06, DöV 2008, 784) sowie e<strong>in</strong>enstaatlichen Zugriff auf e<strong>in</strong> zum Nachlass gehörendes Grundstück abwehren (BVerwG4 A 01.04, DVBl 2005, 913). Hierher gehören auch Klagen von Miterben e<strong>in</strong>es Grund-stücks, das von e<strong>in</strong>em Enteignungs- (Hess. VGH, OS IV 24/57, NJW 1958, 1203)o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Planfeststellungsbeschluß betroffen ist, wenn von dem Vorhaben möglicherweiserechtswidrige und für den Wert o<strong>der</strong> die Nutzung des Grundstücksnachteilige Folgen ausgehen (OVG Münster, 20 A 2148/09, DVBl 2011, 767; OVGMünster, 20 B 1320. 09, DVBl 2010, 1512). Im Steuerrecht kann <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Erbe z.Bsp. die Aufhebung e<strong>in</strong>es Steuerbescheids verlangen (BFH, X B 106/06, ZEV 2007,281), den Erlass von Säumniszuschlägen beantragen (BFH, V R 98/83, BStBl II 1990360) und Prozessz<strong>in</strong>sen geltend machen (Nds FG, 13 K 508/98, EFG 2003, 1514)2) Die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln§ 2038 I BGB gestattet es jedem Miterben, die zur Erhaltung des Nachlasses notwen-digen Maßregeln ohne Mitwirkung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en treffen. Zu <strong>der</strong>artigen Maßregelnkönnen alle Maßnahmen zur Sicherung, Erhaltung o<strong>der</strong> Vermehrung des Nachlassesgehören (BGH, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164, 181). Darunter fällt dieErhebung von Klagen, mit denen Ansprüche im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>zelne Nachlassgegenständeverfolgt werden (OVG Münster, 20 A 2148/09, DVBl 2011, 767). WelcheMaßregeln notwendig s<strong>in</strong>d, ist vom Standpunkt e<strong>in</strong>es vernünftig und wirtschaftlichdenkenden Beurteilers aus zu entscheiden (BGH, XII ZR 210/05, NJW 2010, 765).Die vom e<strong>in</strong>zelnen Miterben getroffene Maßregel muß so dr<strong>in</strong>glich se<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>evorherige Abstimmung unter den Miterben ausgeschlossen ist o<strong>der</strong> untunlich er-2


sche<strong>in</strong>t (BGH, XII ZR 323/01, ZEV 2005, 63). E<strong>in</strong>e vorherige Abstimmung ist <strong>in</strong>Notfällen nicht erfor<strong>der</strong>lich.BeispieleDer e<strong>in</strong>zelne Miterbe kann die Reparatur des vom Sturm beschädigten Daches o<strong>der</strong> die Beseitigunge<strong>in</strong>es Wasserschadens im geerbten Haus <strong>in</strong> Auftrag geben. Ferner kann er im Nachlass bef<strong>in</strong>dlichever<strong>der</strong>bliche Waren verkaufen.Untunlich ist e<strong>in</strong>e vorherige Abstimmung bei den Geschäften des täglichen Lebens(BGH, LwZR 10/05, NJW 2007, 150). Je<strong>der</strong> Miterbe ist daher berechtigt, den PKWdes Erblassers abzumelden und den Bezug se<strong>in</strong>er Tageszeitung und se<strong>in</strong>er Zeitschriftenzu kündigen. Das Kündigungsrecht gilt auch für se<strong>in</strong>e Rundfunk-, Fernseh-Internet- und Fernsprechanschlüsse, se<strong>in</strong>e Lotterie- und Dauerlose, se<strong>in</strong>e TheaterundKonzertabonnements, se<strong>in</strong>e Versicherungen, se<strong>in</strong>e Mitgliedschaft <strong>in</strong> Automobilclubs,Gewerkschaften, Parteien und Vere<strong>in</strong>en. Das LG Bonn (05.03.2004, 6 T 41/04) hat die Kündigung <strong>der</strong> Mietwohnung des Erblassers als unaufschiebbare Maßnahme<strong>der</strong> ordentlichen Verwaltung angesehen.Sofern e<strong>in</strong> Erbe notwendige Maßregeln im S<strong>in</strong>ne von § 2038 I BGB alle<strong>in</strong> treffen darf,kann er die Erbengeme<strong>in</strong>schaft auch nach außen vertreten (BGH, II ZR 30/67, NJW1968, 743 = BGHZ 49, 183). Der e<strong>in</strong>zelne Miterbe handelt hier ausschließlich kraftse<strong>in</strong>es eigenen Willens; denn nach §§ 2038 I, 744 II BGB kann er die notwendigenMaßnahmen „ohne Zustimmung“ bzw. „ohne Mitwirkung“ <strong>der</strong> Miterben treffen (OLGHamm, 4 U 167/67, DB 1969, 300).3) Weitere Befugnisse des e<strong>in</strong>zelnen MiterbenJe<strong>der</strong> Miterbe kann für sich e<strong>in</strong>en Teilerbsche<strong>in</strong> o<strong>der</strong> nach § 2357 I BGB e<strong>in</strong>en Erbsche<strong>in</strong>für alle Erben beantragen. Bei dem zum Nachlass gehörenden Grundbesitzkann je<strong>der</strong> Miterbe nach § 180 ZVG beim AG die Auflösung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft durchZwangsversteigerung erreichen (BGH, IX ARZ 11/84, WM 1985, 840), sogar dann,wenn er nur ger<strong>in</strong>gfügig am Nachlass beteiligt ist (BGH, IX ZR 284/97, ZEV 1999,69). E<strong>in</strong> Überschuss aus dem Erlös <strong>der</strong> Versteigerung tritt an die Stelle des versteiertenObjekts. Das Verfahren nach § 180 ZVG bietet allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Handhabe, denErlös im Verhältnis <strong>der</strong> Erbquoten unter den Erben zu verteilen (OLG Köln, 19 W 28/6, NJW-RR 1997, 519). E<strong>in</strong>e Verteilung kann nur außerhalb des Versteigerungsverfahrenserfolgen (BGH, IV ZR 40/50, NJW 1952, 263 = BGHZ 04, 84) und setzt dasE<strong>in</strong>verständnis aller Erben voraus. Sofern dieses nicht zu erreichen ist, muss <strong>der</strong>Erlös h<strong>in</strong>terlegt und über se<strong>in</strong>e Verteilung bei <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung des Nachlassesentschieden werden (OLG Koblenz, 5 U 291/01, ZEV 2002, 414). § 317 InsOermöglicht es jedem Miterben, die Nachlass<strong>in</strong>solvenz zu beantragen. E<strong>in</strong>en Antragauf Nachlassverwaltung kann <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Miterbe nur stellen, wenn er zugleichNachlassgläubiger ist (Palandt, BGB, 70. Auflage, § 1981, RNr. 3). Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelneErbe kann die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB beantragen(BGH, V ZB 09/61, NJW 1961, 1717 = BGHZ 35, 296; BayObLG, 1 ZBR32/99, ZEV 2000, 315) und hat gegen den Testamentsvollstrecker e<strong>in</strong>en Anspruchauf Rechenschaftslegung mit <strong>der</strong> Maßgabe, dass diese allen Miterben erteilt werdenmuß (BGH, III ZR 79/63, NJW 1965, 396). Je<strong>der</strong> Miterbe kann e<strong>in</strong> Inventar nach §§1993 ff BGB errichten, das zur Abwendung <strong>der</strong> unbeschränkten Haftung für die Schul-den des Erblassers verwendet wird; die Errichtung des Inventars durch e<strong>in</strong>en Miterbenkommt gem. § 2063 BGB auch den übrigen Erben zustatten.Schließlich ist je<strong>der</strong> Miterbe berechtigt, e<strong>in</strong>e vom Erblasser erteilte Vollmacht mit Wirkungfür se<strong>in</strong>e Person zu wi<strong>der</strong>rufen (BGH, II ZR 46/59, NJW 1959, 2114 = BGHZ30, 391), auch wenn er nur ger<strong>in</strong>gfügig am Nachlass beteiligt ist. Dadurch verliert <strong>der</strong>3


Bevollmächtigte zwar nur die Befugnis zur Vertretung dieses e<strong>in</strong>zelnen Miterben(BGH, IV ZR 172/73, NJW 1975, 382). Da e<strong>in</strong>e Vertretung <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaftaber nur für alle Miterben <strong>in</strong> Betracht kommt (BGH, Xa ZR 110/09, ZEV 2010, 478),kann <strong>der</strong> Bevollmächtigte nach e<strong>in</strong>er solchen E<strong>in</strong>zelkündigung auch die Erbengeme<strong>in</strong>schaftnicht mehr rechtswirksam vertreten (Erman, BGB, § 168 RNr. 5). Damittritt das gleiche Ergebnis e<strong>in</strong>, wie wenn die Kündigung <strong>der</strong> Vollmacht durch alleErben für die gesamte Erbengeme<strong>in</strong>schaft ausgesprochen worden wäre. Der Bevollmächtigtebleibt somit zwar für die Miterben vertretungsbefugt, die die Vollmachtnicht wi<strong>der</strong>rufen haben, doch kann er von dieser „Restvollmacht“ nicht mehr für diegesamte Erbengeme<strong>in</strong>schaft Gebrauch machen; deshalb kann er auch nicht mehrüber die Nachlasskonten verfügen.III Die Verwaltung des Nachlasses durch e<strong>in</strong>e Mehrheit <strong>der</strong> Miterben1) Die Voraussetzungen <strong>der</strong> MehrheitsverwaltungDie §§ 2038 II, 745 BGB ermöglichen es den Mitglie<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>er Erbengeme<strong>in</strong>schaft,mit <strong>der</strong> Mehrheit ihrer Stimmen Maßnahmen <strong>der</strong> ordnungsgemäßen Verwaltung zubeschließen. Bei <strong>der</strong> Entscheidung, ob e<strong>in</strong>e Verwaltung ordnungsgemäß ist, kommtes auf den Standpunkt e<strong>in</strong>es vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers an(BGH, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164, 181). Dabei darf ke<strong>in</strong> strenger Maß-stab angelegt werden, da dies die Verwaltung des Nachlasses entgegen den Vorstel-lungen des Gesetzgebers erschweren würde. Zur ordnungsgemäßen Verwaltunggehören Entscheidungen über die Ausübung des Besitzes und über die Benutzungo<strong>der</strong> Nutzung von Nachlassgegenständen durch Miterben (BGH, V ZR 73/77, NJW1978, 2157 = WM 1978, 1012; BGH, III ZR 109/65, WM 1968, 1172). Der BGH hatferner die Kündigung des Mietverhältnisses über e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Grundstück (II ZR159/09, ZEV 2010, 476), e<strong>in</strong>es Mietvertrages (XII ZR 210/05, NJW 2010, 765) sowiedie Umschichtung von Vermögenswerten (IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164,181) als ordnungsgemäße Verwaltung angesehen. Nach OLG Koblenz (5 U 505/10,ZErb 2011, 01) kann die Veräußerung e<strong>in</strong>es Grundstücks auch dann e<strong>in</strong>e Maßnahmeordnungsgemäßer Verwaltung se<strong>in</strong>, wenn es <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige werthaltige Bestandteildes Nachlasses ist. Ordnungsgemäße Verwaltung kann auch die Begründung e<strong>in</strong>esMietverhältnisses über e<strong>in</strong> Nachlassgrundstück se<strong>in</strong> (KG, 8 U 7969/00, KGR 2002,102) sowie die Kündigung e<strong>in</strong>es Darlehens (OLG Frankfurt, 29.07.2011, 2 U 255/10).Das OLG Naumburg (23.12.2004, 2 U 122/04 (Lw) hat die Mehrheit <strong>der</strong> Erben überdie Durchsetzung <strong>der</strong> Herausgabe e<strong>in</strong>es Pachtgrundstücks durch e<strong>in</strong>en Miterben ane<strong>in</strong>en Dritten und das OLG Nürnberg (6 U 4052/99, OLGR 2001, 19) über die Vergütunge<strong>in</strong>es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen des Erblassers beschäftigten Arbeitnehmersentscheiden lassen. E<strong>in</strong>e Maßnahme <strong>der</strong> ordnungsgemäßen Verwaltung ist auch <strong>der</strong>Abschluß e<strong>in</strong>es Maklervertrags für e<strong>in</strong> Nachlassgrundstück; denn dadurch wird desenfreihändiger Verkauf vorbereitet und e<strong>in</strong>e - meist nachteilige - Zwangsversteigerungnach § 180 ZVG vermieden. Nicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört dieEntscheidung über die Bestattung des Erblassers (RGZ 100, 171); denn darüber entscheidet<strong>der</strong> Totensorgeberechtigte, <strong>der</strong> ke<strong>in</strong> Erbe se<strong>in</strong> muß (BGH, III R 148/71,NJW 1973, 2103 = BGHZ 61, 238).Die Miterben können mit ihrer Mehrheit e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> mehrere von ihnen o<strong>der</strong> Dritte mit<strong>der</strong> Verwaltung des Nachlasses beauftragen. Diese Maßnahme bietet sich bei„Quertreibern“ o<strong>der</strong> verfe<strong>in</strong>deten Miterben (OLG Hamm, 10 U 79/10, ZEV 2011, 538)sowie bei länger bestehenden und vielköpfigen Erbengeme<strong>in</strong>schaften an (BGH, IIIZR 255/68, NJW 1971, 1265 = BGHZ 56, 47). Die Bevollmächtigung e<strong>in</strong>es Miterbenkann auch stillschweigend erfolgen, z. Bsp. durch e<strong>in</strong>e wi<strong>der</strong>spruchslose Duldung4


von Verwaltungshandlungen durch ihn (BGH, II ZR 46/59, NJW 1959, 2114 = BGHZ30, 391)a) Die Abstimmung <strong>der</strong> MiterbenDie Abstimmung <strong>der</strong> Miterben, dh ihre Willenserklärung (BGH, II ZB 06/74, NJW1976, 49 = BGHZ 65, 93), kann mündlich o<strong>der</strong> schriftlich erfolgen. Das Stimmrechtrichtet sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft gem. § 745 I BGB nach <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Erbteileund nicht nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> „Köpfe“ (OLG Brandenburg, 2 U 188/96, OLGR 1998,09). Je<strong>der</strong> Miterbe kann mit „ja“ o<strong>der</strong> mit „ne<strong>in</strong>“ stimmen; er stimmt gegen den Antragwenn er sich <strong>der</strong> Stimme enthält.A b s t i m m u n g<strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft nach dem Ableben <strong>der</strong>/<strong>der</strong> am …. verstorbenen ….betreffend den Verkauf des Ferienhauses auf Sylt, e<strong>in</strong>getragen im Grundbuch von …Band …. Blatt ….Die Erben s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Veräußerung des Grundstücks e<strong>in</strong>verstanden.Erbe 1: (Erbquote 1/2) ja/ne<strong>in</strong> UnterschriftErbe 2: (Erbquote 1/4) ja/ne<strong>in</strong> UnterschriftErbe 3: (Erbquote 1/4) ja/ne<strong>in</strong> UnterschriftE<strong>in</strong> Miterbe ist bei den ihn selbst betreffenden Angelegenheiten nicht stimmberechtigt.Das Stimmrecht entfällt <strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> Anwendung von § 34 BGB z. Bsp.dann, wenn es um die Verlängerung e<strong>in</strong>es vom Miterben mit dem Erblasser geschlos-senen Vertrages geht (BGH, IV ZR 438/02, NJW 2004, 767 = BGHZ 157, 79; OLGHamm, 4 U 167/67, DB 1969, 300) o<strong>der</strong> wenn ihm die übertragene Verwaltungsbefugniswegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entzogen (BGH, IV ZR 19/06, ZEV2007, 486) o<strong>der</strong> über se<strong>in</strong>e Entlastung entschieden werden soll (Palandt, BGB, 70.Auflage, § 2038, RNr. 9). Wenn e<strong>in</strong> Miterbe wegen e<strong>in</strong>es Interessenwi<strong>der</strong>streits nichtmitbestimmen darf, ist für e<strong>in</strong>e wirksame Mehrheitsentscheidung lediglich die Mehrheit<strong>der</strong> restlichen Erbteile maßgebend (OLG Nürnberg, 6 U 4052/99, OLGR 2001,19). E<strong>in</strong> Mehrheitsbeschluss ist nicht deshalb unwirksam, weil e<strong>in</strong> Miterbe nichtgehört wurde (BGH, III ZR 255/68, NJW 1971, 1265 = BGHZ 56, 47).SchrifttumMuscheler, Der Mehrheitsbeschluß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft, ZEV 1997, 169 + 222b) Die Rechte <strong>der</strong> überstimmten ErbenDie durch e<strong>in</strong>en Mehrheitsbeschluss überstimmten Erben können sich dagegen mite<strong>in</strong>er Feststellungsklage wenden, z. Bsp. mit <strong>der</strong> Begründung, es habe ke<strong>in</strong> Fall <strong>der</strong>ordnungsgemäßen Verwaltung vorgelegen, sodass <strong>der</strong> Maßnahme alle Erben hättenzustimmen müssen. Die Aussicht auf e<strong>in</strong>en Erfolg e<strong>in</strong>er solchen Klage ist ger<strong>in</strong>g;denn dazu genügt nicht <strong>der</strong> Vortrag, <strong>der</strong> Beschluss <strong>der</strong> Mehrheit wahre die Interessen<strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft nicht <strong>in</strong> bestmöglicher Weise; <strong>der</strong> Beschluss ist nurunwirksam, wenn die Mehrheit <strong>der</strong> Erben mit ihrem Vertragspartner <strong>in</strong> sittenwidrigerWeise zusammengewirkt haben, um die überstimmten Miterben zu benachteiligen(BGH, III ZR 255/68, NJW 1971, 1265 = BGHZ 56, 47).c) Die Rechtslage wenn ke<strong>in</strong>e Mehrheitsentscheidung zu erreichen istWenn ke<strong>in</strong>e Mehrheitsentscheidung zu erreichen ist, können sich die Erben auf §2038 I BGB berufen, <strong>der</strong> jeden Miterben den an<strong>der</strong>en gegenüber verpflichtet, an Maß-regeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erfor<strong>der</strong>lichs<strong>in</strong>d. Gegen den (die) untätig bleibenden, bzw <strong>der</strong> Maßnahme wi<strong>der</strong>sprechendenMiterben kann je<strong>der</strong> Erbe Klage auf Zustimmung zu e<strong>in</strong>er bestimmten Maßnahmeerheben (BGH, IV ZR 208/51, JZ 1953, 706 = BGHZ 06, 76; LG Düsseldorf, 9 O 58/5


03, ZErb 2006, 34). E<strong>in</strong> rechtskräftiges Urteil ersetzt gem. § 894 ZPO die Zustimmungdes (<strong>der</strong>) Miterben (BGH, II ZR 16/73, NJW 1975, 1410 = BGHZ 64, 253). DieErbengeme<strong>in</strong>schaft kann den die Maßregel ablehnenden Miterben auch auf Ersatze<strong>in</strong>es entstandenen Schadens <strong>in</strong> Anspruch nehmen. Der BGH (IV ZR 82/04, NJW2006, 439 = BGHZ 164, 181) hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall e<strong>in</strong>e Klage auf Feststellungzugelassen, dass <strong>der</strong> Miterbe <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft den Schaden zu ersetzen hat,<strong>der</strong> durch den unterbliebenen Verkauf e<strong>in</strong>es Nachlassgrundstücks entstanden ist.2) Die Umsetzung <strong>der</strong> Maßnahme durch e<strong>in</strong>e Mehrheit <strong>der</strong> ErbenDaß e<strong>in</strong>e Mehrheit <strong>der</strong> Erben die Erbengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> den Fällen <strong>der</strong> ordnungsgemäßenVerwaltung schuldrechtlich verpflichten kann, ist anerkannt. Folgerichtig kann<strong>der</strong> Vertragspartner die Erfüllung e<strong>in</strong>es mit <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Erben geschlossenenVertrages gerichtlich durchsetzen. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Frage ist, ob die Mehrheit die vertraglichübernommenen Pflichten auch erfüllen kann o<strong>der</strong> ob § 2040 BGB e<strong>in</strong>schlägig ist,nach dem die Miterben über e<strong>in</strong>en Nachlassgegenstand nur geme<strong>in</strong>sam verfügenkönnen. Gegen die Annahme, dass <strong>der</strong> bewegliche Nachlass des Erblassers, se<strong>in</strong>(e)Kraftfahrzeug(e), se<strong>in</strong>e Briefmarken- und Münzsammlungen, se<strong>in</strong> Hausrat und se<strong>in</strong>eBekleidung durch die Mehrheit <strong>der</strong> Erben verkauft und an den Käufer übereignetwerden können, werden nirgends Bedenken angemeldet. Umstritten ist dagegen, obdie Mehrheit <strong>der</strong> Erben auch berechtigt ist, die vom Erblasser geschlossenen Mieto<strong>der</strong>Pachtverträge zu kündigen. Auf die Frage ist <strong>der</strong> BGH (LwZR 10/05, NJW 2007,150) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Rechtsgutachten e<strong>in</strong>gegangen, <strong>in</strong> dem er me<strong>in</strong>t, es spräche vieldafür, dass e<strong>in</strong>e Verfügung über e<strong>in</strong>en Nachlassgegenstand als Maßnahme <strong>der</strong> ordnungsgemäßenNachlassverwaltung mit Stimmenmehrheit durchgesetzt werdenkann, wenn dadurch die auf den Erhalt des Nachlasses gerichteten Interessen <strong>der</strong> an-<strong>der</strong>en Miterben nicht bee<strong>in</strong>trächtigt werden. Die vom BGH angedachte Lösung kannunbedenklich <strong>in</strong> die Praxis übernommen werden; denn die dort gefor<strong>der</strong>ten Voraussetzungenentsprechen denen, die an die ordnungsgemäße, die Mehrheitsentscheidungerst ermöglichende Verwaltung gestellt werden. Es ist auch nicht zu befürchten,dass die Mehrheit <strong>der</strong> Erben ihre Rechtsstellung missbraucht; denn sie wird dieGrenzen <strong>der</strong> ordnungsgemäßen Verwaltung e<strong>in</strong>halten, weil die für den Nachlass tätigwerdenden Miterben für die von ihnen begründeten Verb<strong>in</strong>dlichkeiten unbeschränktund unbeschränkbar haften (KG, 8 U 111/05, NJW 2006, 2561; OLG Köln, 6 W 53/52, NJW 1952, 1145) und e<strong>in</strong>en Ersatz aus dem Nachlass o<strong>der</strong> von den Miterbennur für Verb<strong>in</strong>dlichkeiten beanspruchen können, die bei ordnungsgemäßer Verwaltungdes Nachlasses entstanden s<strong>in</strong>d (BGH, V ZR 39/58, NJW 1960, 959 = BGHZ32, 60; OLG Brandenburg, 08.11.2006, 13 U 40/06).Den Vorstellungen des Gesetzgebers und den Bedürfnissen <strong>der</strong> Praxis wird man nurgerecht, wenn die Mehrheit <strong>der</strong> Erben die von ihr beschlossenen Maßregeln <strong>der</strong>ordnungsgemäßen Verwaltung auch umsetzen kann. Ebenso wie <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Erbedie Erbengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Not- und Eilfällen vertreten kann, muß dies auch für dieMehrheit <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft gelten; denn an<strong>der</strong>enfalls würde die durch Mehrheitsentscheidungenerleichterte Verwaltung des Nachlasses <strong>in</strong> Frage gestellt. Demnachist den §§ 2038 II, 745 BGB <strong>der</strong> Vorrang vor § 2040 BGB e<strong>in</strong>zuräumen; dh die<strong>in</strong> § 2040 BGB vorgesehene geme<strong>in</strong>same Verfügung ist auf die Fälle zu beschränken,bei denen es sich um wesentliche, den Wert des Nachlasses gefährdende Verän<strong>der</strong>ungene<strong>in</strong>es Nachlassgegenstands handelt. Diese Ansicht wird auch von <strong>der</strong>Rechtsprechung (KG, 8 U 7969/00, KGR 2002, 102; OLG Hamm, 4 U 167/67, DB1969, 300) und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur (Palandt, BGB, 70. Auflage, § 2038, RNr. 5; Eberl-Borges, Verfügungsgeschäfte <strong>der</strong> Erbengeme<strong>in</strong>schaft im Rahmen <strong>der</strong> Nachlaßverwaltung,NJW 2006, 1313) geteilt. Dasselbe Ziel verfolgt auch <strong>der</strong> BGH, <strong>der</strong> die6


Umschichtung von Vermögenswerten des Nachlasses als ordnungsgemäße Verwaltungansieht (BGH, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164, 181) und sogare<strong>in</strong>e, gesetzlich nicht vorgesehene Abschichtung zulässt, durch die e<strong>in</strong> Erbe formfreise<strong>in</strong>e Rechte am Nachlass mit <strong>der</strong> Folge aufgeben kann, dass se<strong>in</strong> Erbteil den verbleibendenMiterben kraft Gesetzes „anwächst“ (BGH, IV ZR 346/96, NJW 1998,1557 = BGHZ 138, 08; BGH, IV ZR 174/03, NJW 2005, 284); dabei wird sogar aufdie bei <strong>der</strong> Übertragung von Grundstücken erfor<strong>der</strong>liche notarielle Beurkundung verzichtet(LG Köln, 11 T 63/03, NJW 2003, 2993).IV Die Verwaltung des Nachlasses durch alle MiterbenNach § 2038 I BGB steht die Verwaltung des Nachlasses allen Erben geme<strong>in</strong>schaftlichzu. Durch das Zusammenwirken aller Miterben soll <strong>der</strong> Wert des Nachlassesvermehrt, zum<strong>in</strong>dest aber se<strong>in</strong> Wertverlust bis zu dessen Teilung vermieden werden(BGH, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164, 181). Das Gebot <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stimmigkeitgilt nach §§ 2038 II, 745 III BGB nur, wenn es sich um wesentliche Verän<strong>der</strong>ungene<strong>in</strong>es Nachlassgegenstands handelt, dh nur für solche, die wesentlichen E<strong>in</strong>flussauf die tatsächliche o<strong>der</strong> rechtliche Sicherung, Erhaltung, Nutzung o<strong>der</strong> Vermehrungdes Nachlasses haben. E<strong>in</strong>e wesentliche Verän<strong>der</strong>ung setzt voraus, dass durch dieVerwaltungsmaßnahme die Zweckbestimmung o<strong>der</strong> Gestalt des Nachlasses <strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong>Weise geän<strong>der</strong>t würde (BGH, II ZR 209/93, NJW-RR 1995, 267). Für dieWesentlichkeit e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung ist auf den gesamten Nachlass abzustellen (BGH,IV ZR 82/04, NJW 2006, 439 = BGHZ 164, 181). Für die von allen Miterben zu beschließendenMaßnahmen hat <strong>der</strong> BGH die Verfügung über die Bankkonten desErblassers und se<strong>in</strong>e Wertpapierdepots (Xa ZR 110/09, ZEV 2010, 478), die Anfechtunge<strong>in</strong>er Willenserklärung des Erblassers nach § 119 BGB (BGH, V ZR 61/50, NJW1951, 308) sowie die Anfechtung e<strong>in</strong>es Gesellschafterbeschlusses (BGH, II ZR 246/88, NJW 1989, 2694) angesehen. Die Rechtsprechung hat dies auch bei an<strong>der</strong>enGestaltungsrechten angenommen (BFH, X B 106/06, ZEV 2007, 281), zu denen <strong>der</strong>Rücktritt (§ 349 BGB), die Aufrechnung (§ 388 BGB: BGH, V ZR 01/61, NJW 1963,244 = BGHZ 38, 122) und <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf e<strong>in</strong>er Schenkung (§ 530 BGB) gehören.V ErgebnisDer Grundsatz <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Verwaltung e<strong>in</strong>er Erbengeme<strong>in</strong>schaft gilt nur fürEntscheidungen, bei denen es sich um wesentliche, den Bestand des Nachlassesgefährdende Verän<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>es Nachlassgegenstands handelt. Zur erleichtertenVerwaltung des Nachlasses kann e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Erbe Nachlassfor<strong>der</strong>ungen geltendmachen und die Erbengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Not- und Eilfällen vertreten. Maßregeln <strong>der</strong>ordnungsgemäßen Verwaltung können die Miterben mit Mehrheit beschließen undumsetzen; dies gilt auch für die Veräußerung <strong>der</strong> Nachlaßgrundstücke.NachtragDie vorstehenden H<strong>in</strong>weise s<strong>in</strong>d gründlich bearbeitet. Wie bei allen Arbeiten s<strong>in</strong>dFehler nicht auszuschließen, zumal die Gesetzesän<strong>der</strong>ungen, die Rechtsprechungund die Literatur kaum noch überschaubar s<strong>in</strong>d. Für etwaige Unrichtigkeiten kannke<strong>in</strong>e Haftung übernommen werden. H<strong>in</strong>weise sowie Anregungen und Vorschläge fürVerbesserungen s<strong>in</strong>d willkommen.7

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