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Aufsatz Die Pflege im Alter - JusMeum

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III <strong>Die</strong> <strong>Pflege</strong> durch Mitarbeiter von <strong>Pflege</strong>dienstenEin „richtig“ durchgeführtes Arbeitsverhältnis erfordert erheblichen bürokratischen Aufwand.Auch das gem. § 28a VII SGB IV eingeführte - für bis 400 Euro monatlich verdienendeArbeitnehmer zugelassene - Haushaltsscheckverfahren hat die Arbeitgeberkaum entlastet und daher keine weite Verbreitung gefunden. Zudem ist die gewünschte<strong>Pflege</strong> während des Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers und während einer Erkrankungdesselben nicht gesichert. Deshalb schließen viele <strong>Pflege</strong>bedürftige mit einem<strong>Pflege</strong>dienst einen <strong>Pflege</strong>vertrag ab. <strong>Die</strong> Mitarbeiter dieser <strong>Pflege</strong>dienste werden gegendie vereinbarte Vergütung tätig und es ist die Aufgabe der Anbieter, für eine dauerhafte<strong>Pflege</strong> zu sorgen. Der Auszug aus einem <strong>Pflege</strong>vertrag ist hier abgedruckt:P f l e g e v e r t r a gZwischen dem <strong>Pflege</strong>dienst …., vertreten durch ....,zum … folgender <strong>Pflege</strong>vertrag geschlossen:und Frau / Herrn .... (Leistungsnehmer) wird mit Wirkung§ 1 Gegenstand des VertragsI Ziel des Vertrags ist, dem Leistungsnehmer in der häuslichen Umgebung unter Wahrung seiner Menschenwürdezur Erhaltung und Aktivierung der eigenständigen Lebensführung Hilfe zu gewähren.II Der <strong>Pflege</strong>dienst wird <strong>im</strong> Rahmen der gesetzlichen Regelungen der SGB V und XI dem Leistungsnehmer einebedarfsgerechte <strong>Pflege</strong> und hauswirtschaftliche Versorgung erbringen.§ 2 Leistungen des <strong>Pflege</strong>dienstesI Art, Inhalt und Umfang der Leistungen werden entsprechend dem jeweils gültigen Rahmenvertrag gem. § 75SGB XI für die ambulante <strong>Pflege</strong> und dem Vertrag gem. §§ 132, 132a SGB V erbracht.II Der <strong>Pflege</strong>dienst bietet weitere Leistungen an, die in der Anlage vereinbart werden.III Änderungen des Leistungsumfangs können mit Wirkung für die Zukunft vereinbart werden. Sie werden in derLeistungsvereinbarung vermerkt und vom Leistungsnehmen abgezeichnet.IV Leistungen der Behandlungspflege (SGB V) werden gemäß ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehm-igung durch die Krankenkasse erbracht. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungengelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. N<strong>im</strong>mt der Leistungsnehmer nicht verordneteoder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu zahlen.§ 3 LeistungserbringungI <strong>Die</strong> vertraglich vereinbarten Leistungen werden vom <strong>Pflege</strong>dienst durch fachlich qualifiziertes und geeignetesPersonal erbracht. Im Rahmen seiner Personalausstattung bemüht sich der <strong>Pflege</strong>dienst, eine größtmöglicheKontinuität sicher zu stellen, damit der Leistungsnehmer von möglichst wenigen Mitarbeiter/innen betreut wird.II <strong>Die</strong> Leitung des <strong>Pflege</strong>dienstes best<strong>im</strong>mt nach Maßgaben der gesetzlichen Regeln sowie der pflegerischenund wirtschaftlichen Notwendigkeit die Personen, die für die Erbringung der vereinbarten Leistungen eingesetztwerden. Angemessene Wünsche des Leistungsnehmers werden dabei berücksichtigt.III Der <strong>Pflege</strong>dienst stellt die erforderliche Dokumentation der <strong>Pflege</strong> sicher.§ 4 Grundlagen der VergütungsberechnungI Schuldner der Vergütung ist grundsätzlich der Leistungsnehmer.II Der <strong>Pflege</strong>dienst berechnet für die erbrachten Leistungen die mit den Kranken- und <strong>Pflege</strong>kassen bzw Sozialhilfeträgernausgehandelten Entgelte, entsprechend der jeweils gültigen Entgeltverzeichnisse.III <strong>Die</strong> Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt auf der Grundlage eines Leistungsnachweises, den derLeistungsnehmer jeweils zum Monatsende gegenzeichnet.§ 5 Abrechnung mit dem LeistungsnehmerDer <strong>Pflege</strong>dienst erstellt monatlich eine Rechnung über die Leistungen, die vom Leistungsnehmer zu zahlen sind.Datum: _____________________ ________________________(Unterschrift <strong>Pflege</strong>dienst)(Unterschrift Leistungsnehmer)Der steuerpflichtige <strong>Pflege</strong>bedürftige kann auch hier gem. § 35a II EStG 20 % seinerAufwendungen bis höchstens 4.000 Euro jährlich steuermindernd geltend machen.3


IV <strong>Die</strong> <strong>Pflege</strong> durch NachbarschaftshilfeWer sich keinen Arbeitnehmer oder keine Versorgung durch <strong>Pflege</strong>dienste leisten kann(oder möchte), muß sich auf die Hilfe durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn verlassen.<strong>Die</strong>se Hilfskräfte erhalten für die Nachbarschaftshilfe neben einem Dankeschöngelegentlich auch Beträge „auf die Hand“, die als Dank für die Gefälligkeit und als Ersatzfür ihre Aufwendungen gedacht sind.Nach § 13 I Nr. 9 ErbStG sind Geldzuwendungen unter Lebenden steuerfrei, die eine<strong>Pflege</strong>person für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung von<strong>Pflege</strong>bedürftigen erhält und zwar bis zur Höhe des nach § 37 SGB XI von der <strong>Pflege</strong>kassegewährten <strong>Pflege</strong>geldes. Dessen Höhe ist der hier abgedruckten Übersicht zuentnehmen:ab 2008 ab 2010 ab 2012<strong>Pflege</strong>stufe I 215 Euro 225 Euro 235 Euro<strong>Pflege</strong>stufe II 420 Euro 430 Euro 440 Euro<strong>Pflege</strong>stufe III 675 Euro 685 Euro 700 EuroNach dem Tod des <strong>Pflege</strong>bedürftigten bleibt nach § 13 I Nr. 9 ErbStG ein steuerpflichtigerErwerb bis zu 20.000 Euro steuerfrei, der Personen anfällt, die dem Erblasserunentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt <strong>Pflege</strong> oder Unterhalt gewährt haben.Unzureichend ist ein Entgelt, wenn es unter dem liegt, das ein Erblasser für eine bezahlte<strong>Pflege</strong>kraft hätte aufwenden müssen (BFH, II R 101/78, BStBl 1981, 270). DerFreibetrag kann nicht von Ehegatten, Lebenspartnern oder unterhaltsberechtigten Kindernbeansprucht werden, weil diese auf andere Weise von der ErbSt entlastet sind(RFH, RStBl 1931, 675). Für anspruchsberechtigte Erben kommt der Freibetrag nicht inBetracht, wenn die <strong>Pflege</strong> des Erblassers gegen Erbeinsetzung vereinbart wurde undeine angemessene Vergütung darstellt (BFH, II R 110/91, BStBl 1995, 62).V <strong>Die</strong> fehlgegangene VergütungserwartungGelegentlich versprechen <strong>Pflege</strong>bedürftige ihren <strong>Pflege</strong>kräften, dass sie an Stelle einerVergütung in ihrem Testament bedacht werden. <strong>Die</strong> meisten lösen dieses Versprechenein und setzen ihre <strong>Pflege</strong>kräfte den Zusagen entsprechend als Erben ein oder wendenihnen ein Vermächtnis zu. Es kommt aber auch vor, dass der <strong>Pflege</strong>bedürftige die Erbeinsetzungunterlässt, sein Testament wegen eines Formfehlers ungültig ist oder dasser seine Verfügung widerruft und zum Nachteil der <strong>Pflege</strong>kräfte anderweitig verfügtGründe dafür können ein Zerwürfnis mit der <strong>Pflege</strong>kraft sein oder weil es den Familienangehörigengelingt, den Erblasser für eine Änderung seines Testaments zu ihrenGunsten zu veranlassen. <strong>Die</strong> derartig benachteiligten <strong>Pflege</strong>kräfte müssen dennochnicht leer ausgehen; denn sie können von den Erben des <strong>Pflege</strong>bedürftigen eineVergütung verlangen. Grundlage dafür ist § 612 I BGB, nach dem die übliche Vergütungals stillschweigend vereinbart gilt, wenn die <strong>Die</strong>nstleistung den Umständen nach nurgegen eine Vergütung zu erwarten ist. Auf diese Vorschrift greift die Rechtsprechungzurück, wenn eine <strong>Pflege</strong>kraft längere Zeit in einer dem Erblasser erkennbaren Erwartungspäterer Vergütung tätig wird und dieser die <strong>Die</strong>nste ann<strong>im</strong>mt (BAG, 5 AZR 02/66,DB 1966, 1655 = AP 24 zu § 612 BGB; Hess. LAG, 12 Sa 1817/08, ZEV 2011, 434 =NZB 5 AZN 296/11). Demnach kann der <strong>Pflege</strong>leistende eine angemessene Vergütungseiner <strong>Die</strong>nste verlangen; dazu gehört auch der gesetzliche Urlaubsanspruch der sichgem. § 3 BUrlG auf jährlich vier Kalenderwochen beläuft. <strong>Die</strong> übliche - vor dem ArbGeinzuklagende (LAG Mainz, 11 Ta 145/11, ZEV 2011, 549) - Vergütung richtet sich nach4


dem am jeweiligen Ort gezahlten Durchschnittslohn, den die Gerichte meist gem. § 287ZPO schätzen. Das Hess. LAG (a.a.O.) ist von folgenden Stundenlöhnen ausgegangen:von 1983 bis 1990 von 10 DM; von 1991 bis 2001 von 15 DM und ab 2002 bis 2004 von10 Euro. Auch für das Jahr 2005 hat das OLG Frankfurt (16 U 71/04, OLGR 2005, 611)einen Stundensatz von 10 Euro angenommen. Neben der Vergütung kann die <strong>Pflege</strong>kraftgem. §§ 675, 670 BGB den Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Für die auf Veranlassungoder <strong>im</strong> Interesse des <strong>Pflege</strong>bedürftigen durchgeführten PKW-Fahrten kanndie <strong>Pflege</strong>kraft für jeden Kilometer den steuerrechtlich zulässigen Betrag verlangen.<strong>Die</strong>ser gilt als stillschweigend vereinbart und beträgt gem. § 9 Ziff 4 EStG zur Zeit 0.30Euro für jeden vollen Kilometer. <strong>Die</strong> Zeiten für die Fahrten zur <strong>Pflege</strong>stätte und zurücksowie die Fahrtkosten werden nur vergütet, wenn dies vereinbart wird. <strong>Die</strong> <strong>Pflege</strong>kraftmuß sich auf ihre Ansprüche die bereits erhaltenen Beträge anrechnen lassen (BAG, 5AZR 443/64, DB 1965 1562 = AP Nr. 23 zu § 612 BGB). Wenn sie sich darauf beruft,sie habe das Geld für Einkäufe und sonstige Auslagen erhalten und dafür verwendet,muß sie dies beweisen; das Hess. LAG (a.a.O.) hat 70 % der erhaltenen Beträge alsVergütung und 30 % zur Abgeltung von Auslagen angesehen. Bei einer fehlgegangenenVergütungserwartung wird von den Erben oft die Einrede der Verjährung erhoben.Zwar verjähren die Ansprüche gem. § 195 BGB nach drei Jahren, doch gilt hier dieVergütung als gestundet. <strong>Die</strong> Stundung endet erst, wenn für den Anspruchsberechtigtenfeststeht, dass die vereinbarte Stundung weggefallen ist (BAG, 5 AZR 303/76, NJW1978, 444 = AP Nr. 29 zu § 612 BGB); dh die Verjährungsfrist beginnt erst von demZeitpunkt an zu laufen, zu dem sich das Fehlgehen der Vergütungserwartung zeigt, alsowenn sich aus dem Testament des Erblassers ergibt, dass die <strong>Pflege</strong>kraft nicht bedachtwurde oder die Unwirksamkeit des sie begünstigenden Testaments festgestellt wird. Beieinem Zerwürfnis mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen beginnt die Verjährung mit der Bekanntgabeder aufgehobenen Bedenkung (BAG, 5 AZR 303/76, NJW 1978, 444 = AP Nr. 29zu § 612 BGB).<strong>Die</strong> Nachzahlung ist nicht lohnsteuerpflichtig, wenn die Hilfskräfte auf familienrechtlicherGrundlage tätig geworden sind (BFH, VI R 50/05, BStBl 2008, 868).VI <strong>Die</strong> Schenkungen an <strong>Pflege</strong>kräfteJeder kann über sein Vermögen frei verfügen und muß dabei keine Rücksicht auf Drittenehmen, auch nicht auf seine Erben. Deshalb kann er seine Vermögenswerte auch verschenken.Eine Zuwendung ist gem. § 516 BGB dann eine Schenkung, wenn beideTeile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt. <strong>Die</strong> Schenkung kann auch einDank für geleistete oder noch zu leistende <strong>Die</strong>nste, <strong>Pflege</strong> oder Hilfe sein, z. Bsp. in derErwartung gewährt werden, <strong>im</strong> Falle der <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit von Angehörigen versorgtzu werden (OLG Oldenburg, 12 U 22/91, NJW 1992, 1461). In diesem Fall kann dieVergütung <strong>im</strong> obigen <strong>Pflege</strong>vertrag wie folgt geregelt werden:P f l e g e v e r t r a g§ 3 VergütungFrau / Herrn …. wird an Stelle einer laufenden Vergütung von …. Euro monatlich das Eigentum an meinemEigenhe<strong>im</strong>, eingetragen <strong>im</strong> Grundbuch von …. Band ….. Blatt übertragen. Eine Pflicht zur Rückübereignung bestehtnur, wenn Frau / Herr …. die <strong>Pflege</strong> ohne rechtfertigenden Grund beendet, nicht aber, wenn die dauerhafteAufnahme von Frau / Herrn …. in ein Alten- und <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong> erforderlich wird.5


Für die Frage, inwieweit es sich bei der Übereignung des Eigenhe<strong>im</strong>s um eine der <strong>Pflege</strong>kraftzustehende Vergütung oder um eine Schenkung handelt, muß die zur gemischtenSchenkung ergangene Rechtsprechung beachtet werden. <strong>Die</strong>se geht davon aus,dass es bei der Frage, ob eine angemessene Gegenleistung vorliegt, auf die Auffassungder Beteiligten ankommt (Kipp-Coing, Erbrecht, 14. Auflage, § 13 II 2 a). <strong>Die</strong>se Annahmewird zweifach eingeschränkt. Zunächst werden rein willkürliche, jeder sachlichenGrundlage entbehrende Bewertungen der Gegenleistung nicht anerkannt (BGH, IV ZR221/69, NJW 1972, 1709 = BGHZ 59, 132). Wenn der Wert der empfangenen Gegenleistungobjektiv in einem groben Missverhältnis zum Wert der Leistung des <strong>Pflege</strong>bedürftigensteht, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Parteien dies erkanntund jedenfalls über eine teilweise Unentgeltlichkeit einig gewesen sind (BGH, IVZR 58/07, NJW 2009, 1143). <strong>Die</strong>se überzeugenden Vorgaben zu berücksichtigen, bereitetin der Praxis Schwierigkeiten. Der Wert eines Grundstücks lässt sich durch eineAuskunft be<strong>im</strong> Gutachterausschuß der Gemeinde oder notfalls durch das Gutachteneines Sachverständigen feststellen, während der <strong>Pflege</strong>aufwand und die nach § 612BGB übliche Vergütung ermittelt werden muß. Dabei behelfen sich die Gerichte, indemsie die Daten unter Hinweis auf das ihnen durch § 287 ZPO eingeräumte Ermessenschätzen. Auf Beispiele aus der Rechtsprechung ist oben unter „<strong>Die</strong> FehlgegangeneVergütungserwartung“ eingegangen. Der VGH Mannhe<strong>im</strong> (7 S 909/98, NJW 2000, 376)hat die <strong>Pflege</strong> mit dem in § 37 I SGB XI vorgesehenen - nach <strong>Pflege</strong>stufen gestaffelten -<strong>Pflege</strong>geld bewertet, das den <strong>Pflege</strong>bedürftigen von der <strong>Pflege</strong>kasse gezahlt wird undsie in die Lage versetzen soll, die notwendigen Hilfeleistungen durch selbst beschaffte<strong>Pflege</strong>kräfte sicher zu stellen.Für die erforderliche, auch vom BGH (X ZR 246/98, NJW 2000, 598) gebilligte Berechnungist ein Beispiel gebildet, das von der mittleren Lebenserwartung des <strong>Pflege</strong>bedürftigennach der für Bewertungsstichtage ab 01.Januar 2012 geltenden Tabelle ausgeht,die <strong>im</strong> Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 26.09. 2011, IV D 4 – S 3104/09/10001) veröffentlicht ist.Beispiel:Eine <strong>Pflege</strong>kraft verpflichtet sich, ab Januar 2012 eine 80-jährige, in die <strong>Pflege</strong>stufe I eingewiesene <strong>Pflege</strong>-bedürftige zu versorgen. Als Gegenleistung wird der <strong>Pflege</strong>kraft das Eigentum am Eigenhe<strong>im</strong> der <strong>Pflege</strong>bedürftigenübertragen, dessen Verkehrswert 150.000 Euro beträgt. Da die Beteiligten die Höhe der <strong>Pflege</strong>-vergütung nicht vereinbart haben, kann sie in Anlehnung an die Entscheidung des VGH Mannhe<strong>im</strong> (a.a.O.) wie folgt berechnet werden: 235 Euro x 12 Monate x 9.06 Jahre ergibt einen Gegenwert von 27.180Euro. Der Unterschied zwischen dem Wert des Eigenhe<strong>im</strong>s und der <strong>Pflege</strong>vergütung beträgt demnach122.820 Euro (150.000 Euro ./. 27.180 Euro).Bei diesem Beispiel steht noch nicht fest, ob nunmehr erb- und steuerrechtlich von einerSchenkung von 122.820 Euro auszugehen ist. Sofern die Beteiligten die Höhe der laufenden<strong>Pflege</strong>vergütung nicht vereinbart haben, sind sie vermutlich davon ausgegangen,dass die Vergütung durch die Übereignung des Eigenhe<strong>im</strong>s ausgeglichen sein soll.Wenn auch nach der <strong>im</strong> deutschen Recht geltenden Vertragsfreiheit grundsätzlich dievon den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen verbindlich sind, gilt dies hier deshalbnicht, weil zwischen Leistung und Gegenleistung ein deutliches Mißverhältnis besteht(BGH, IV ZR 58/07, NJW 2009, 1143), weshalb die <strong>Pflege</strong>vergütung gem. § 612 BGBnur in üblicher Höhe anerkannt werden kann. <strong>Die</strong> übliche Vergütung beschränkt sichaber nicht auf die Höhe des nach § 37 SGB XI von der <strong>Pflege</strong>kasse gezahlten, überaus„bescheidenen“ <strong>Pflege</strong>geldes, das den Vergütungen der als Arbeitnehmer tätigen <strong>Pflege</strong>6


-kräfte nicht annähernd entspricht. Zudem weist das OLG Oldenburg (5 U 27/96, NJW-RR 1997, 263) zu Recht darauf hin, dass sich jeder <strong>Pflege</strong>bedürftige seine Versorgung„etwas kosten lassen“ darf, ohne sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, erhabe dafür willkürlich zuviel ausgegeben. Damit die berechtigten Interessen der Beteiligtenangemessen berücksichtigt werden, bietet es sich an, von den Beträgen auszugehen,die von den <strong>Pflege</strong>kassen gem. § 36 SGB XI für häusliche <strong>Pflege</strong>hilfen gezahltwerden. <strong>Die</strong>s hat auch das Finanzministerium von Baden-Württemberg <strong>im</strong> koordiniertenErlaß aller Bundesländer vom 09.09. 2008 - 3 S 3806/37 - (ZEV 2008, 503) für dasSteuerrecht vorgesehen. § 36 SGB XI sieht folgende Beträge vor:ab 2008 ab 2010 ab 2012<strong>Pflege</strong>stufe I 420 Euro 440 Euro 450 Euro<strong>Pflege</strong>stufe II 980 Euro 1.040 Euro 1.100 Euro<strong>Pflege</strong>stufe III 1.470 Euro 1.510 Euro 1.550 EuroFür das obige Beispiel ergibt sich damit die folgende neue Berechnung:Beispiel:<strong>Die</strong> der <strong>Pflege</strong>kraft ab 2012 zustehende <strong>Pflege</strong>vergütung ist demnach wie folgt zu berechnen: 450 Euro x12 Monate x 9.06 = 48.924 Euro. Der Unterschied zwischen dem Wert des Eigenhe<strong>im</strong>s von 150.000 Euround der <strong>Pflege</strong>vergütung beträgt nach dieser Berechnung 101.076 Euro (150.000 Euro ./. 48.924 Euro).<strong>Die</strong>ser Betrag ist erb- und steuerrechtlich als „geschenkt“ anzusehen.§ 16 ErbStG räumt den Beschenkten Freibeträge ein, die je nach dem Grad der Verwandtschaftvon 100.000 Euro bis 500.000 Euro reichen. Selbst einer, mit dem Schenkendennicht verwandten Personen steht ein Freibetrag von 20.000 Euro zu. Wenn dieSchenkung die einschlägigen Freibeträge überschreitet, berufen sich die Empfängervon Geschenken gelegentlich darauf, es habe sich (auch) um eine Vergütung für diedem Schenker geleisteten <strong>Die</strong>nste gehandelt. Tatsächlich unterliegt eine Zuwendungdes <strong>Pflege</strong>bedürftigen an seine <strong>Pflege</strong>kraft gem. ErbStR R 44 Absatz 3 nicht der Schenkungssteuer,soweit sie eine Vergütung für <strong>Pflege</strong>leistungen darstellt. <strong>Die</strong> Finanzverwaltungerkennt jedoch eine entgeltliche <strong>Pflege</strong> nur an, wenn ein ernsthaft vereinbarterund durchgeführter Vertrag nachgewiesen wird, der einen eindeutigen Bindungswillenerkennen läßt (BFH, II R 110/91, BStBl II 1995, 62).VI <strong>Die</strong> Folgen von Schenkungen an <strong>Pflege</strong>kräfte <strong>im</strong> TodesfallWenn der Erblasser auch zu seinen Lebzeiten frei über seine Vermögenswerte verfügenkann, gibt es doch Sachverhalte, bei denen Schenkungen nach seinem Tod vonseinen Erben oder Pflichtteilsberechtigten nicht anerkannt werden (müssen). <strong>Die</strong>s giltbei einer Bindung des Erblassers durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftlichesTestament sowie dann, wenn er einen nahen Angehörigen enterbt hat und dieserseinen Pflichtteil geltend macht.1) Der durch einen Erbvertrag gebundene ErblasserDas Recht des Erblassers über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebendenzu verfügen, wird durch einen Erbvertrag nicht beschränkt (§ 2286 BGB); er kann mitseinem Vermögen schalten und walten wie er will und muß dem Vertragserben dazuweder Rede noch Antwort stehen (OLG Schleswig, 3 U 167/01, OLGR 2003, 89). DemVertragserben gewährt § 2287 BGB nur einen geringen Schutz; denn er kann nach dem7


Anfall der Erbschaft die Herausgabe eines Geschenks nur dann fordern, wenn der Erblasserdie Schenkung in der Absicht gemacht hat, ihn zu beeinträchtigen. <strong>Die</strong> Abgrenzungzwischen den Fallgestaltungen des Mißbrauchs und den Fällen, in denen derVertragserbe schutzlos bleibt, hängt davon ab, ob der Erblasser an der Verfügung einEigeninteresse hatte, dh ob seine Gründe für die Verfügung solcher Art waren, dass sieder Vertragserbe anerkennen und die eigene Beeinträchtigung hinnehmen muß (BGH,IV ZR 164/90, NJW 1992, 564 = BGHZ 116, 167; OLG Köln, 16 U 07/99, ZEV 2000,106). Ein lebzeitiges Eigeninteresse ist gegeben, wenn nach dem Urteil eines objektivenBeobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände unter Berücksichtigungder erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerecht erscheint (BGH, IVaZR 05/80, NJW 1980, 2307 = BGHZ 77, 264). Dass dazu Verfügungen gehören, mitdenen der Erblasser seine Versorgung sichern oder verbessern wollte, ist anerkannt(BGH, IVa ZR 168/82, NJW 1984, 121 = BGHZ 88, 269) - wobei dieser Wunsch mitsteigendem <strong>Alter</strong> dringender und gewichtiger wird (OLG Frankfurt, 13 W 46/00, OLGR2001, 37). Wie bereits erwähnt darf sich der <strong>Pflege</strong>bedürftige seine Versorgung „etwaskosten lassen“, ohne sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, er habe dafürwillkürlich zuviel ausgegeben und zum Nachteil der Erbberechtigten etwas verschenkt(OLG Oldenburg, 5 U 27/96, NJW-RR 1997, 263).2) <strong>Die</strong> Bindung des Erblassers durch ein gemeinschaftliches Testament<strong>Die</strong> zuvor beschriebenen Regeln über die beeinträchtigende Schenkung bei Erbverträgenwendet die Rechtsprechung entsprechend an, wenn Ehegatten ein gemeinschaftlichesTestament errichtet und darin wechselbezügliche Verfügungen aufgenommen haben(BGH, VIII ZR 78/68, NJW 1970, 279). Das Besondere an wechselbezüglichen Verfügungenist, dass sie nach dem Tod des Ehegatten nicht mehr widerrufen werdenkönnen, weil sie den anderen Ehegatten zu seiner Verfügung veranlaßt haben und er <strong>im</strong>Vertrauen auf deren Rechtsbeständigkeit getäuscht würde, wenn sie später aufgehobenwerden könnten (BayObLG, 1 ZBR 44/98, ZEV 1999, 227).3) <strong>Die</strong> Rechte des vom <strong>Pflege</strong>bedürftigen enterbten PflichtteilsberechtigtenWenn ein Erblasser einen pflichtteilsberechtigten Angehörigen enterbt und dieser seinenPflichtteil, dh gem § 2303 BGB die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils verlangt,wird der Nachlass nach § 2325 BGB um den Wert der verschenkten Gegenständeerhöht. <strong>Die</strong> Ergänzung des Pflichtteils unterbleibt nach § 2325 III BGB nur, wennzur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstands verstrichensind. <strong>Die</strong>se Regelung, nach der nach zehn Jahren „alles gelaufen ist“, beruhtauf der Annahme, dass durch den Zeitablauf die Vorteile der Schenkung entfallen odererheblich gemindert sind, weil der geschenkte Gegenstand auch ohne die Schenkungan Wert eingebüßt hätte. Bei der Schenkung von Grundstücken läuft die Frist ab derEintragung des neuen Eigentümers ins Grundbuch (BGH, IVa ZR 149/86, NJW 1988,821 = BGHZ 102, 289). Für Schenkungen an Ehegatten beginnt die Frist erst mit derRechtskraft des Scheidungsurteils. Der bei Grundstücksübergaben gelegentlich nachdem Motto: „schenke aber herrsche“ vereinbarte Nießbrauchsvorbehalt verhindert denFristbeginn, da der Übergeber sich hinsichtlich der Nutzung nicht entäußert hat, dheigentlich keine „richtige“ Schenkung vorliegt (BGH, IV ZR 132/93, NJW 1994, 1791 =BGHZ 125, 395). Das Alles- oder Nichtsprinzip des § 2325 III BGB ist für Erbfälle nachdem 01.01.2010 dahin gemildert, dass eine Schenkung während des Zehnjahreszeitraums<strong>im</strong>mer weniger berücksichtigt wird, je länger sie zurückliegt. Im ersten Jahr vor8


dem Erbfall wird die Schenkung voll in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchseinbezogen, <strong>im</strong> zweiten Jahr noch mit 9/10, <strong>im</strong> dritten Jahr mit 8/10 usw.VII FolgerungenUm die Versorgung eines <strong>Pflege</strong>bedürftigen sicher zu stellen, bedarf es durchdachter,Gesetzgebung und Rechtsprechung beachtender Vereinbarungen, die sich regelmäßignur nach der Beratung durch sachkundige Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater findenlassen. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollte man die Ausgabe der dafüranfallenden Honorare nicht scheuen.9

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