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Reportage<br />

Neue DOCG<br />

Barbera<br />

für die<br />

Ewigkeit<br />

Mit der Ernte 2008<br />

wird der Barbera aus dem<br />

Piemont zum DOCG-<br />

Wein. In den Regionen<br />

Asti und Monferrato<br />

können Winzer dann die<br />

begehrte Banderole auf<br />

den Flaschenh<strong>als</strong> kleben.<br />

Text: Christian Eder<br />

Fotos: Heinz Hebeisen<br />

Die Tenuta Grillo in Gamalero liegt im<br />

hügeligen Osten des Gebiets Asti am<br />

Rande der Ebene, die sich bis Alessandria<br />

erstreckt. In einem kleinen Keller<br />

produzieren ein Besitzer aus Kampanien<br />

und ein Weinmacher aus Piacenza<br />

Weine, die man sonst nur in entlegenen<br />

Gebieten des Friaul erwartet. Maischestandzeiten<br />

von rund 40 Tagen holen<br />

alles aus Cortese-, Dolcetto- und Freisa-Trauben<br />

heraus. Und natürlich aus<br />

der Barbera: Diese Sorte ist das Kernprodukt<br />

der Kellerei, die insgesamt rund<br />

17 Hektar bewirtschaftet. Igiea heisst<br />

der Barbera-Wein des Gutes, getauft<br />

nach der jungen Besitzerin. Guido Zampaglione,<br />

ihr Ehemann und gebürtiger<br />

58 VINUM JuLi / AUgust 2008


Önologe Giulio Armani (La Stoppa)<br />

macht mit Guido Zampaglione<br />

die Weine der Tenuta Grillo.<br />

Neapolitaner, benannte 2003 gleich den<br />

ersten Wein nach ihr. Guidos Partner im<br />

Keller ist Giulio Armani, im Hauptberuf<br />

Weinmacher auf dem Gut La Stoppa bei<br />

Piacenza. Gemeinsam haben Guido und<br />

Giulio die eigenständige Philosophie<br />

der Tenuta Grillo entwickelt. Ziel ist es,<br />

natürliche, unverfälschte Weine zu produzieren<br />

und die Traubenqualität ohne<br />

Abstriche in die Flasche zu bringen.<br />

«Es ist eine sehr traditionelle Art, Wein<br />

zu machen», erklärt der bärtige Önologe<br />

Giulio Armani, «die lange Maischestandzeit<br />

holt das Beste aus dem<br />

Wein heraus. Natürlich muss dazu das<br />

Grundmaterial hervorragend sein, reif<br />

und gesund.» Die Trauben stammen von<br />

drei Hektar zehnjährigen Barbera-Stöcken,<br />

die Zampaglione beim Kauf der<br />

Kellerei vorfand. Mittlerweile wurde ein<br />

Hektar zusätzlich bepflanzt. Aber nicht<br />

nur die lange Mazeration sei wichtig für<br />

den typischen Charakter, sondern auch<br />

die Säure. In den auf 150 Meter Höhe<br />

gelegenen Rebbergen von Gamalero<br />

bilden die Trauben weniger Säure<br />

<strong>als</strong> in Rocchetta Tanaro im Kerngebiet<br />

des Barbera-Anbaus, weiss Giulio. Daher<br />

muss man anders arbeiten, um die<br />

Typizität der Traube in die Flasche zu<br />

bringen.<br />

Durch die lange Maischestandzeit besitzen<br />

die Weine der Tenuta Grillo neben<br />

aller Fruchtigkeit und Frische auch eine<br />

ungewöhnliche Rundheit und Ausgewogenheit.<br />

«Es sind sehr langlebige Weine»,<br />

verspricht Giulio Armani, «Weine, die<br />

erst in zehn, manchmal fünfzehn Jahren<br />

ihren Höhepunkt erreichen.»<br />

Verborgenes Potenzial<br />

Auch Ermanno Accornero liebt langlebige<br />

Weine. Etwa die Jahrgänge 1998 und<br />

1999 des Bricco Battista, seines Barbera<br />

del Monferrato Superiore, der ebenfalls<br />

ab 2008 ein DOCG-Wein sein wird. Das<br />

Weingut Tenuta Cà Cima bei Vignale<br />

Monferrato bildet fast eine Ausnahme:<br />

Anders <strong>als</strong> im restlichen Piemont, etwa<br />

im von Reben dominierten Asti-Gebiet,<br />

in den Langhe oder auch im Basso<br />

Monferrato, prägen hier goldgelbe Getreidefelder,<br />

grüne Wiesen und Wälder<br />

die Landschaft. Und doch liegt auch hier<br />

(östlich von Turin) eine der Kernzonen<br />

der Barbera-Traube, die hier traditionell<br />

gerne «frizzante» gekeltert wurde.<br />

Ermanno und sein vor wenigen Jahren<br />

verstorbener Bruder Massimo gehörten<br />

Anfang der 90er Jahre zu den Ersten, die<br />

auf ihrem 20 Hektar grossen Gut einen<br />

Wein kelterten, der sich an den Grössen<br />

von Asti messen sollte. «Der Bricco<br />

dell’Uccellone von Giacomo Bologna<br />

hat uns natürlich alle beeindruckt»,<br />

schwärmt Ermanno noch heute, «das<br />

war das Musterbeispiel eines neuen Barbera-Typus.<br />

Wir haben aber auch begriffen,<br />

dass nicht alle einen Uccellone<br />

produzieren können – das ist auch gar<br />

nicht das Ziel. Die Barbera-Traube kann<br />

gute Weine mittlerer Klasse und ausgezeichnete<br />

frisch-fruchtige Tropfen für<br />

jeden Tag hervorbringen.» Die Brüder<br />

konnten aber mit ihren Topweinen Bricco<br />

Battista und Cà Cima von Anfang an<br />

in der Spitzenklasse mitspielen. «Wir<br />

haben wunderbare Lagen und zum Teil<br />

Ermanno Accornero,<br />

Tenuta Cà Cima: Sorgfalt<br />

auch für Basisweine.<br />

VINUM JuLi / AUgust 2008 59


Reportage<br />

Setzte Barbera in beste (Nebbiolo-)<br />

Lagen und verblüffte die Barolisti:<br />

Luca Currado, Vietti.<br />

sehr alte Reben, die schon mein Vater<br />

gepflegt hat», erklärt der Winzer, «das ist<br />

eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />

für grosse Barbera.» Ein grosser Teil<br />

des Potenzi<strong>als</strong> des Monferrato schlummert<br />

noch im Verborgenen, meint Ermanno.<br />

«Viele Reben sind jung; andere<br />

Winzer haben gerade erst begonnen einzukellern.»<br />

Besonders stolz ist Ermanno<br />

auf den Giulin, den Basis-Barbera des<br />

Gutes: «An den Basisweinen muss man<br />

die Qualität einer Kellerei messen. Jeder<br />

einzelne unserer Weine ist uns gleich<br />

wichtig.»<br />

Barbera verdient Spitzenlagen<br />

Das ist auch die Philosophie von Luca<br />

Currado in Castiglione Falletto. Luca<br />

Currado ist Besitzer und Önologe des<br />

Traditionsbetriebes Vietti. Obwohl<br />

Winzer im Herzstück der Langhe und<br />

Herr über eine ganze Reihe von Nebbiolo-Rebbergen<br />

in klassischen Lagen, hat<br />

er den Barbera immer <strong>als</strong> eines seiner<br />

Markenzeichen gepflegt. Der Scarrone<br />

Vigna Vecchia zum Beispiel stammt aus<br />

einem 80 Jahre alten Rebberg unterhalb<br />

der Kellerei. Die historischen Reben,<br />

von Lucas Grossvater gepflanzt, sind<br />

umringt von Weinbergen, aus denen andere<br />

renommierte Winzer die Trauben<br />

für ihre Spitzen-Barolo holen. «Es ist<br />

zwar ein Anachronismus, aber wir haben<br />

immer auf die Qualität der Barbera-Traube<br />

gesetzt und sie nicht nur dort<br />

gepflanzt, wo Nebbiolo nicht gelingt»,<br />

erklärt Luca. «Wenn sie wirklich grosse<br />

Ergebnisse bringen soll, dann gehört sie<br />

auch in die besten Lagen.»<br />

Als Luca daher in den späten 80er Jahren<br />

– nach Praxisjahren in Bordeaux<br />

und Kalifornien – auch den Rebberg neben<br />

der Vigna Vecchia mit Barbera statt<br />

mit Nebbiolo bepflanzte, zweifelten eingeschworene<br />

Barolisti schon an seinem<br />

Geisteszustand. Inzwischen zählt der<br />

Barbera d’Alba Scarrone aus der besagten<br />

Parzelle zu seinen Topweinen.<br />

Für Luca Currado ist die Langlebigkeit<br />

des Barbera ein bislang unterschätzter<br />

Faktor. Seiner Meinung nach trifft das<br />

besonders auf den Barbera d’Asti zu,<br />

den Vietti ebenfalls im Portfolio hat. Im<br />

Gebiet von Nizza Monferrato liegt der<br />

Rebberg La Crena, der seit den 90er Jahren<br />

zum Gut gehört. Gepflanzt wurde<br />

er in den 30er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts. «Bei alten Pflanzen in guten<br />

Lagen erreicht die Barbera-Traube<br />

ein völlig anderes Qualitätsniveau», ist<br />

Luca überzeugt. «Und viele dieser alten<br />

Weinberge findet man im Asti-Gebiet,<br />

bei Nizza Monferrato oder Costigliole<br />

d’Asti.»<br />

Die Produzenten rund um Nizza sind<br />

sich dieser Stärke bewusst und haben<br />

unter diesem Namen vor einigen Jahren<br />

die erste Unterzone des Anbaugebiets<br />

Barbera d’Asti gegründet. Inzwischen<br />

sind 40 Produzenten eingeschrieben,<br />

darunter Michele Chiarlo, Scrimaglio<br />

und La Ghersa. Mit beschränkter Erntemenge<br />

und klaren Qualitätsrichtlinien<br />

haben sie den kommenden DOCG-Regeln<br />

bereits vorgegriffen. Mehr noch:<br />

Die Richtlinien, an die sich die Nizza-<br />

Produzenten halten, sind zum Teil sogar<br />

noch strenger <strong>als</strong> die DOCG-Vorgaben.<br />

Barbera DOCG in Kürze<br />

Nicht alle Barbera werden ab dem Jahr<br />

2008 zu Weinen mit kontrollierter garantierter<br />

Ursprungsbezeichnung: Vorerst<br />

erhalten nur Barbera d’Asti, Barbera<br />

d’Asti Superiore und Barbera del Monferrato<br />

Superiore die DOCG-Banderole.<br />

Barbera d’Alba und Barbera del Monferrato<br />

bleiben bis auf weiteres DOC-<br />

Weine. Die Produktionskriterien für die<br />

DOCG-Weine (maximale Erntemenge,<br />

Lagerzeit) bleiben weitgehend auf dem<br />

Niveau der DOC, werden aber wesentlich<br />

stärker kontrolliert <strong>als</strong> bisher.<br />

60 VINUM September 2008


Unser Tipp<br />

Stil-Blüten<br />

Barbera d’Asti<br />

Igiea 2004<br />

Tenuta Grillo<br />

40 Tage auf der Maische<br />

verleihen diesem Barbera<br />

sein besonderes Aroma:<br />

in der Nase Fliedernoten,<br />

am Gaumen saftig, rund,<br />

mit viel Extrakt, endet<br />

auf Noten von Cassis und<br />

Bitterschokolade. Guido<br />

Zampaglione und Giulio<br />

Armani setzen bei ihren<br />

Weinen aus der Provinz<br />

Alessandria nicht nur auf<br />

die Typizität der jeweiligen<br />

Trauben, sondern auch<br />

auf die Eigenart des jeweiligen<br />

Jahrgangs. So zeichnet<br />

sich 2004 durch mehr Harmonie<br />

und eine klassischere<br />

Textur aus <strong>als</strong> das warme<br />

Jahr 2003.<br />

Tenuta Grillo<br />

+39 0131 70 91 76<br />

Barbera d’Alba<br />

Scarrone Vigna<br />

Vecchia 2005<br />

Vietti<br />

Vietti-Eigentümer Luca<br />

Currado widmet diesem<br />

Wein einen seiner schönsten<br />

Weinberge im Barolo-Gebiet,<br />

minimale Erträge von<br />

80 Jahre alten Reben tun<br />

das Übrige: vielschichtige<br />

Aromatik mit Noten von<br />

Waldbeeren, Schokolade<br />

und Minze, im Mund<br />

viel Saft und Fülle, würzig-opulentes<br />

Finale. Ein<br />

Barbera, der reifen kann<br />

und sollte. Aber Vorsicht:<br />

Die Miniauflage von knapp<br />

3400 Flaschen (der Extrakt<br />

aus 1,36 Hektar Rebberg)<br />

ist meist in Windeseile<br />

ausverkauft.<br />

Vietti<br />

Georg Hack<br />

07532 4 94 50<br />

Superiore.de GmbH<br />

0351 2 66 23 77<br />

Barbera del<br />

Monferrato<br />

Cima – Riserva Della<br />

Casa 2003<br />

Accornero<br />

42 Jahre alte Reben sind die<br />

Basis des Barbera del Monferrato<br />

Superiore Cima,<br />

den Ermanno Accornero<br />

in einer Einzellage neben<br />

seiner Tenuta in Vignale<br />

Monferrato kultiviert. Die<br />

Böden sind stark kalkhaltig<br />

und bestehen vorwiegend<br />

aus Tuffstein; die Trockenheit<br />

setzt den Reben daher<br />

auch in heissen Jahren<br />

kaum zu. Der Cima dieses<br />

Jahrgangs überzeugt mit<br />

würzigem Bouquet, Schliff<br />

und einer Eleganz, wie sie<br />

nur die besten Barbera aus<br />

dem Monferrato zeigen.<br />

Accornero<br />

Salumeria<br />

02161 83 03 38<br />

Tuttitalia, ital. Feinkost<br />

02261 79 09 43<br />

VINUM September 2008


Reportage<br />

Gattinara und Ghemme<br />

Ungleiche Brüder<br />

Viel ist nicht übrig geblieben von den 40 000 Hektar<br />

Weinbergen, die sich einst im Nordpiemont erstreckten.<br />

Doch zwei Rebinseln haben dem Kahlschlag getrotzt:<br />

die DOCG-Gebiete Gattinara und Ghemme.<br />

Text: Christian Eder<br />

Fotos: Heinz Hebeisen<br />

Die Städtchen Gattinara und Ghemme<br />

sind Nachbarn. Sie liegen am westlichen<br />

beziehungsweise östlichen Ufer des<br />

Flusses Sesia, der sich von den Flanken<br />

des Monte Rosa quer durch die Voralpen<br />

windet, bis er in den Po mündet. Auch<br />

die eiszeitlichen Gletscher des Monte<br />

Rosa haben ihre Spuren hinterlassen.<br />

Ihre Moränen bilden noch heute die<br />

Basis des Weinbaus von Ghemme: eine<br />

Hügelformation, auf der die Reben des<br />

DOCG-Weins kultiviert werden. Auch<br />

die Weinberge von Alberto Arlunno<br />

erstrecken sich über diese sanften Hügel,<br />

die einst ein einziges geschlossenes<br />

Anbaugebiet waren. Heute hingegen<br />

muss man die Reben in der vom Wald<br />

bedeckten Landschaft suchen. 60 verstreute<br />

Hektar sind es, verteilt über die<br />

Gemeinden Ghemme und Romagnano<br />

Sesia. Arlunno, Herr des Gutes Cantalupo<br />

in Ghemme, besitzt davon mehr <strong>als</strong><br />

die Hälfte.<br />

Was dem Burgund der Pinot Noir,<br />

ist dem Nordpiemont die Spanna, wie<br />

der Nebbiolo hier heisst. Für einen<br />

DOCG-Wein aus Ghemme – oder auch<br />

Gattinara – kann sie mit Vespolina und<br />

Bonarda verschnitten werden. Arlunnos<br />

Weine stammen aus Einzellagen.<br />

Spitzenprodukt ist der Collis Breclemae,<br />

von dem gerade mal 9000 Flaschen<br />

abgefüllt werden.<br />

Vulkanböden vs. Gletschermoränen<br />

«Der Nebbiolo hat im Norden des Piemont<br />

einen ganz einzigartigen Ausdruck»,<br />

schwärmt Alberto Antoniolo.<br />

«Die Weine sind viel fragiler und<br />

aromatischer <strong>als</strong> die der Langhe.» Der<br />

Önologe leitet gemeinsam mit seiner<br />

Schwester Lorella den gleichnamigen<br />

Betrieb Antoniolo in Gattinara. Die Familie<br />

nennt einige der schönsten Rebberglagen<br />

des 100 Hektar grossen Anbaugebietes<br />

ihr Eigen: Osso San Grato,<br />

Castelle und San Francesco, allesamt auf<br />

den vulkanischen Böden des bewaldeten<br />

Hügels verteilt, der sich hinter Gattinara<br />

aus der Landschaft erhebt. Neben Nervi<br />

und Travaglini gehört Antoniolo zu den<br />

historischen Kellereien der Zone.<br />

Wenig, so der Weinmacher, hätten die<br />

Weine aus Gattinara und Ghemme gemein.<br />

Zwar würden beide vorwiegend<br />

aus Nebbiolo gekeltert (in Ghemme<br />

mindestens zu 75 Prozent, in Gattinara<br />

zu 90 Prozent) und müssten drei Jahre<br />

reifen, bevor sie auf den Markt kämen,<br />

die Riserva sogar noch ein Jahr länger.<br />

Aber die Böden seien nicht zu vergleichen,<br />

meint Antoniolo. Die Rebberglagen<br />

von Gattinara sind vulkanischen<br />

Ursprungs und befinden sich auf 350 bis<br />

450 Meter Höhe; im nur ein paar Kilometer<br />

entfernten Ghemme wachsen die<br />

Reben auf Gletschermoränen zwischen<br />

250 und 350 Metern über dem Meer.<br />

Die Unterschiede zwischen Gattina-<br />

62 VINUM September 2008


Nebbiolo-Weine mit besonderem<br />

Ausdruck: Alberto Antoniolo im<br />

Rebberg Castelle bei Gattinara.<br />

VINUM SEPTEMBER 2008 63


Reportage<br />

Unser Tipp<br />

Nord-Nebbiolo<br />

Gattinara<br />

Osso San Grato<br />

2003<br />

Antoniolo<br />

Das Musterbeispiel eines<br />

Gattinara DOCG ist dieser<br />

Wein von Antoniolo, einem<br />

der renommiertesten<br />

Betriebe in dem kleinen<br />

Städtchen im Norden des<br />

Piemont. Das Bouquet ist<br />

mineralisch-fruchtig, am<br />

Gaumen ist er geschmeidig<br />

und säurebetont, das Finale<br />

erinnert an reife Pflaumen<br />

und Gewürze. Die Einzellage<br />

Osso San Grato<br />

liegt 300 Meter über dem<br />

Meer, die Böden sind<br />

vulkanischen Ursprungs,<br />

die daraus resultierende<br />

Mineralität verleiht dem<br />

Nebbiolo Langlebigkeit und<br />

burgunderhafte Eleganz.<br />

Az. Vitivinicola Antoniolo<br />

+39 0163 83 36 12<br />

Ghemme<br />

Collis Breclemae<br />

2003<br />

Cantalupo<br />

9000 Flaschen produziert<br />

Alberto Arlunno von<br />

diesem Ghemme DOCG,<br />

einer Cuvée aus Nebbiolo<br />

und etwas Vespolina und<br />

Bonarda. Der Rebberg<br />

Collis Breclemae liegt im<br />

hügeligen Hinterland<br />

des Dörfchens Ghemme.<br />

Seine charakteristische<br />

Säure erhält der Wein von<br />

den Böden, die von den<br />

Moränen der eiszeitlichen<br />

Gletscher geprägt wurden.<br />

In der Nase gefallen feine<br />

Noten von Veilchen und<br />

Schwarzkirschen, der Ansatz<br />

ist weich, die Struktur<br />

rassig. Abgang auf Aromen<br />

von reifem Steinobst.<br />

Az. Agr. Antichi Vigneti di<br />

Cantalupo<br />

Salumeria<br />

02161 83 03 38<br />

Gattinara: Die Azienda Vitivinicola<br />

Nervi ist eine der historischen<br />

Kellereien der Zone.<br />

ra und Ghemme sind auch historisch<br />

bedingt, erzählt Alberto Arlunno in<br />

Ghemme. Die beiden Orte waren stets<br />

Rivalen, Grenzbastionen unterschiedlicher<br />

Hoheitsgebiete, in Kriegen auch<br />

verfeindete Frontstädte. Noch heute<br />

liegt Gattinara in der Provinz Vercelli,<br />

Ghemme in Novara. Die Basisweine<br />

beider Gebiete heissen daher Colline<br />

Novaresi (in Ghemme) und Coste della<br />

Sesia (in Gattinara).<br />

Frischer Wind im Traditionsgebiet<br />

Alberto Arlunno, Cantalupo,<br />

Ghemme: beachtliche Einzellagenweine.<br />

Trotzdem haben die beiden DOCG-Zonen<br />

viel gemeinsam: Beide produzieren<br />

traditionelle, lagerfähige Weine, die sich<br />

fast durchweg durch ihr floral-fruchtiges<br />

Bouquet, ihre Mineralität, eine spürbare<br />

Säure und zurückhaltend-noble Eleganz<br />

auszeichnen.<br />

Eine Besonderheit ist die Kellerei Torraccia<br />

del Piantavigna in Ghemme. Der Betrieb<br />

der Familie Francoli (Besitzer der<br />

gleichnamigen Destillerie) produziert<br />

nämlich Weine in beiden Gebieten, Gattinara<br />

und Ghemme. Zudem hat man<br />

mit Beppe Caviola einen Berater aus den<br />

Langhe verpflichtet, der in der Heimat<br />

von Barolo und Barbaresco nicht gerade<br />

zu den Traditionalisten zählt. Die Weine<br />

der Kellerei verbinden somit die Eleganz<br />

eines Gattinara- und Ghemme-Nebbiolo<br />

mit der Struktur eines modernen Barolo.<br />

Etwas frischer Wind kann schliesslich<br />

auch einem traditionsverbundenen<br />

Anbaugebiet nicht schaden.<br />

64 VINUM September 2008

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