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Andreas Beck (VfB Stuttgart) - Ortsgruppe Wiesbaden

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002_0016_VadW_02_08.qxd 29.01.2008 8:16 Uhr Seite 13<br />

Adolf Pfeiffer -<br />

zum 90. Geburtstag<br />

am 2. Januar 2008<br />

Der grausame Erste Weltkrieg<br />

schlug seine letzten Schlachten<br />

auf den Blutfeldern Europas;<br />

Adolf Pfeiffers Vater war dabei, er<br />

kam schwer verwundet vom Krieg zurück<br />

in die Wolgasiedlung Schaffhausen.<br />

Hier erblickte 1918 im grauen Wintermonat<br />

Januar unser Jubilar Adolf Pfeiffer<br />

das Licht der Welt. Es war kurz nach<br />

dem “roten Oktober”, mit dem die Bolschewiken<br />

Lenins Russland auf den Weg<br />

in eine verheerende Epoche brachten.<br />

Und als wollten die neuen Machthaber<br />

ihre “progressiven” Methoden am<br />

Schicksal des neugeborenen Knaben ausprobieren,<br />

ging nichts von diesen an ihm<br />

spurlos vorbei - der Vater in den 30er<br />

Jahren erschossen, die Familie an den<br />

Rand der Existenz geführt.<br />

Trotz aller Schwierigkeiten beendete<br />

Adolf Pfeiffer jedoch das Pädagogische<br />

Technikum in Engels und wurde kurze<br />

Zeit später Dorfschullehrer.<br />

1941 wurde die Familie Pfeiffer wie alle<br />

Deutschen im bolschewistischen “Experimentstaat”<br />

der UdSSR in den Osten des<br />

Landes verschleppt. Die Pfeiffers kamen<br />

nach Karaganda, Kasachstan.<br />

Kurz darauf wurde Adolf Pfeiffer verhaftet<br />

und zweimal zum Tode verurteilt -- er<br />

sollte verschwinden. Aber die guten Götter<br />

streckten ihre Gnadenhand aus, und<br />

die beiden Todesstrafen wurden in zweimal<br />

zehn Jahre Straflager umgewandelt.<br />

Adolf Pfeiffers Leidenskelch war damit<br />

aber noch lange nicht geleert - das “Experiment<br />

hatte schließlich ja erst begonnen.<br />

Was danach mit ihm geschah, kann<br />

man in den poetischen Werken des<br />

Dichters nachlesen. Etwas Schreckliches<br />

möchte ich dem jedoch mit schwerem<br />

Herzen hinzufügen: Adolf Pfeiffer meint<br />

nämlich, er habe damals großes Glück im<br />

Unglück gehabt, und berichtet, wie man<br />

ihm im Lager vorführte, was mit einem<br />

Häftling geschehen würde, der sich weigerte,<br />

das erlogene Untersuchungsprotokoll<br />

zu unterzeichnen: Einem gefolterten<br />

Häftling wurden die Hoden in einer hölzernen<br />

Zwinge so lange zusammengepresst,<br />

bis der Gequälte in Ohnmacht fiel.<br />

Adolf Pfeiffer stockt noch heute, wenn<br />

Erinnerungen wie diese in ihm hochkommen.<br />

Am schlimmsten aber ist für ihn,<br />

dass davon heute keiner mehr etwas hören<br />

oder gar lesen will. Viele scheinen zu<br />

Adolf Pfeiffer<br />

glauben, das sei für immer vorbei. Ich<br />

kann Adolf Pfeiffer hier nur Recht geben,<br />

denn auch ich bekomme vor allem von<br />

unseren Jugendlichen oft zu hören: “Immer<br />

wieder in diesen alten Geschichten<br />

herumwühlen - das brauchen wir nicht.<br />

Wir wollen uns mit diesen Geschichten<br />

nicht unser fröhliches Leben im Westen<br />

verderben lassen!”<br />

Mit solchen “klugen” Vorwürfen wird<br />

unser Patriarch Adolf Pfeiffer sicher oft<br />

konfrontiert, wenn er in seinen Gedichten,<br />

Balladen und Erinnerungen über die<br />

Vernichtung der Deutschen in der ehemaligen<br />

Sowjetunion schreibt.<br />

Wie bereits erwähnt, wurde Adolf Pfeiffer<br />

am 2. Januar 1918 in Schaffhausen an<br />

der Wolga geboren. Zehn seiner Geschwister<br />

und seine Mutter fielen der<br />

großen Hungersnot 1921/22 zum Opfer;<br />

sein Vater und er wurden verschont. Sein<br />

geschilderter Leidensweg endete erst mit<br />

der Entlassung aus dem Straflager in Kasachstan<br />

nach Stalins Tod.<br />

Nach seiner Entlassung arbeitete er im<br />

Gebiet Karaganda als Deutschlehrer und<br />

engagierte sich in allen Etappen und auf<br />

allen gesellschaftlichen Ebenen für die<br />

Autonomiebewegung der Deutschen in<br />

der Sowjetunion, ehe er nach Gorbatschows<br />

Perestroika nach Deutschland<br />

aussiedeln durfte. Heute lebt er mit seiner<br />

Tochter Ella in Wetzlar (Hessen).<br />

Reinhold Zielke<br />

Fortsetzung in der nächsten Ausgabe<br />

Viktor Heinz<br />

WIR GRATULIEREN<br />

Drei Musen und der Satan<br />

Zum 90. Jubiläum von Adolf Pfeiffer<br />

Die Wiege stand am Wolgastrand<br />

inmitten grüner Wiesen.<br />

So konnte dort schon Gottes Geist<br />

durch deine Seele fließen.<br />

Du nahmst den Duft der Steppe auf,<br />

das Zirpen der Zikaden ...<br />

Auf diese Art erwies der Herr<br />

dir schon die höchste Gnade.<br />

Die Blumenpracht im Wiegenland –<br />

die schönste Märcheninsel!<br />

Die inspirierte dich zur Kunst –<br />

du griffst zum Malerpinsel.<br />

Dann hauchte dich die Muse an,<br />

die zärtliche, die lichte.<br />

Welch herrliches Gefühl war das!<br />

So kamen die Gedichte.<br />

Die Äolsharfe hörtest du –<br />

das Summen leiser Bienen.<br />

Da reichte dir ein Engel schon<br />

die liebe Mandoline.<br />

So hat dich in der Jugendzeit<br />

der Steppenwind umfächelt.<br />

So haben dich am Wolgastrand<br />

drei Musen angelächelt.<br />

Was braucht ein Mensch<br />

auf Erden noch?<br />

Man kann nicht alles haben.<br />

Wie kann man unzufrieden sein?<br />

Das sind doch Gottes Gaben!<br />

Doch leider herrscht nicht Gott allein,<br />

es gibt auch einen Satan.<br />

Und dieser wollte dich so gern<br />

in seiner Hölle braten.<br />

Er ließ auf dich Dämonen los –<br />

sie hatten keine Chancen.<br />

Du konntest nicht, du wolltest nicht<br />

nach ihrer Pfeife tanzen.<br />

Du wehrtest immer wieder ab<br />

der falschen Richter Eifer.<br />

“Ich hust euch was, ich pfeif euch was -<br />

ich bin doch selbst ein Pfeiffer!”<br />

Zehn Jahre musstest du dann doch<br />

in Satans Hölle schmoren.<br />

Und hast es trotzdem überlebt,<br />

weil du von Gott erkoren.<br />

Du hast es trotzdem überlebt.<br />

Das grenzt schon an ein Wunder ...<br />

Ja, wer es schon auf NEUNZIG bringt,<br />

der bringt es auch auf HUNDERT!<br />

13 VOLK AUF DEM WEG Nr. 2 / 2008

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