10.02.2015 Aufrufe

Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger

Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger

Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen<br />

Nr. 2/2013<br />

Ihr persönliches<br />

Exemplar –<br />

mit Wettbewerb!<br />

<strong>Lügen</strong> <strong>ist</strong><br />

<strong>menschlich</strong><br />

«Das Verschwiegene»<br />

von Linn Ullmann<br />

Es muss nicht immer<br />

«Shades» sein<br />

Erotische<br />

Neuerscheinungen<br />

Verbindung über Raum<br />

und Zeit<br />

«Die vierzig Geheimnisse der<br />

Liebe» von Elif Shafak<br />

Und ausserdem:<br />

Neue Bildbände, neue<br />

Kinderbücher, neue<br />

Reiseführer


Editorial | 3<br />

STARTER<br />

PAKET<br />

eReader, Hülle, Ladegerät und Fr. 25.– Prepaid Card<br />

187.–<br />

statt 212.–<br />

Angebot solange Vorrat<br />

BOOKEEN ODYSSEY 2013 EDITION<br />

Bücher sind erotisch<br />

Liebe Leserin<br />

Lieber Leser<br />

András Németh<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Im vergangenen Jahr war eine erotische Geschichte<br />

der weltweit grösste Bucherfolg: «Shades of Grey».<br />

70 Millionen Exemplare der Trilogie von E.L. James<br />

wurden verkauft. Seit «Harry Potter» hat keine<br />

Buchserie mehr derart abgeräumt.<br />

Dass erotische Literatur die Bestseller-L<strong>ist</strong>en<br />

anführt, <strong>ist</strong> ungewöhnlich – dass sie gut ankommt,<br />

hingegen nicht. Einige der ältesten Werke der Weltliteratur<br />

sind erotischen Inhalts, und viele Longseller<br />

gehören zu diesem Genre. Bei der Erotik spielt<br />

das Buch eben alle seine Stärken aus: Es kann<br />

uns ins Welten entführen, die uns im wirklichen<br />

Leben verschlossen bleiben. Bücher kennen keine<br />

Scham und beurteilen uns nicht. Mit ihnen können<br />

wir Abenteuer erleben, auch wenn wir selber keine<br />

Helden sind.<br />

Und <strong>ist</strong> nicht das Lesen per se erotisch Doch, findet<br />

Alex Pschera: «Lesen <strong>ist</strong> ein erotischer Akt», schreibt<br />

der deutsche Publiz<strong>ist</strong>. «Besitz und Vereinigung sind<br />

seine Merkmale. Das Riechen am Druckwerk <strong>ist</strong> Vorspiel<br />

des Kommenden. Das Buch <strong>ist</strong> ein Körper. Jedes<br />

Buch hat seinen eigenen Geruch, wie auch jeder<br />

geliebte Mensch seinen eigenen Geruch hat.»<br />

Wir, die wir täglich mit Büchern zu tun haben, teilen<br />

diese Meinung natürlich: Bücher bereiten tiefe<br />

Freude und machen stets Lust auf mehr. Und weil<br />

Bücher so erotisch sind, widmen wir den Hauptbeitrag<br />

in diesem «Books» der erotischen Literatur. Ich<br />

wünsche Ihnen damit viel Vergnügen!<br />

Inhalt<br />

Verbindung über Raum und Zeit<br />

«Die vierzig Geheimnisse<br />

der Liebe» von<br />

Elif Shafak<br />

Seite 10<br />

Reisebücher-Spezial<br />

Vorfreude und Hilfe<br />

vor Ort<br />

Seite 23<br />

© Muammer Yanmaz<br />

Erotische Literatur:<br />

Es muss nicht<br />

immer «Shades»<br />

sein<br />

Seite 14<br />

4 Notizen<br />

20 Neue Bildbände Schön,<br />

schöner, Krauthammer<br />

32 Kaffeepause Die Debatte<br />

36 Fantastisch!<br />

Fantasy-Neuerscheinungen<br />

40 Im Schaufenster<br />

«Das Verschwiegene» von<br />

Linn Ullmann<br />

42 Kinderwelt<br />

Freunde machen Freude<br />

44 Neues von Orell Füssli<br />

45 Mein Buch<br />

46 Kochbücher «Jerusalem»<br />

48 Kreuzworträtsel<br />

49 Veranstaltungen<br />

51 Kolumne<br />

Darum schreibe ich –<br />

von Linus Reichlin<br />

INTEGRIERTER SHOP – ÜBER 400’000000 eBOOKS<br />

DOWNLOAD VIA WLAN<br />

PAPIEROPTIK – LESEN AUCH BEI SONNE<br />

Jetzt Fan werden:<br />

www.facebook.com/OrellFuessli<br />

Die nächste Ausgabe von Books, dem Magazin der Orell-Füssli-Buchhandlungen,<br />

erscheint am 13. September 2013. Sie erhalten Books kostenlos in jeder Filiale.<br />

Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.books.ch, orders@books.ch<br />

und Telefon 0848 849 848. Buchhandlungen von Orell Füssli finden Sie in Basel,<br />

Bern, Frauenfeld, St.Gallen, Winterthur und Zürich sowie am Flughafen Zürich.<br />

Preisänderungen vorbehalten. Unsere aktuellen Verkaufspreise und eine umfassende<br />

Auswahl an Büchern, Filmen und Spielen finden Sie auf www.books.ch.<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Orell Füssli Buchhandlungs AG, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich<br />

Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich<br />

Redaktion: Die Blattmacher GmbH, Zürich<br />

Gestaltungskonzept/Layout: Strichpunkt GmbH, Winterthur<br />

Coverfoto: Agnete Brun<br />

Alle so gekennzeichneten Bücher sind auf www.books.ch<br />

auch als eBook erhältlich.


4 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 5<br />

Notizen<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

Die Ernährung gehört zu den Fundamenten des Menschseins. Entsprechend<br />

gross <strong>ist</strong> denn auch das Angebot an Ratschlägen, Tipps und Ideen rund um die<br />

Ernährung. Die vielen Informationen machen es zwischendurch aber vielleicht<br />

nötig, sich ein wenig zu erden – und das gelingt hervorragend mit dem Buch<br />

«Essen Sie nichts, was Ihre Grossmutter nicht als Essen erkannt hätte»,<br />

erschienen bei Kunstmann. Mit erfrischender Unoriginalität erinnert uns Autor<br />

Michael Pollan darin an die Binsenwahrheiten rund ums Essen: Die ganze<br />

westliche Ernährung <strong>ist</strong> ungesund, weil zu fett, zu süss und zu künstlich. Wie<br />

soll man darauf reagieren Pollan antwortet mit einfachen Rezepten: Meiden<br />

Sie Produkte mit Zutaten, die ein Drittklässler nicht aussprechen kann; meiden<br />

Sie Nahrungsmittel, für die im Fernsehen geworben wird; meiden sie Esswaren,<br />

die in allen Sprachen denselben Namen haben. Und besonders sinnvoll: «Zahlen<br />

Sie mehr, essen Sie weniger.» Die schönen Illustrationen von Maira Kalman<br />

machen das Buch auch zu einem optischen Vergnügen.<br />

Manche Wörter<br />

kann man kaum<br />

noch hören, weil sie<br />

bis zum Gehtnichtmehr<br />

ge- und missbraucht<br />

werden.<br />

Dazu zählt «Nachhaltigkeit».<br />

Und darüber<br />

soll man gleich<br />

ein ganzes Buch lesen<br />

Unbedingt –<br />

denn Ulrich Grober gibt in «Die Entdeckung<br />

der Nachhaltigkeit», erschienen bei Kunstmann,<br />

dem Begriff seine Würde und sein Gewicht<br />

zurück. Auf faszinierende Weise legt<br />

der Autor dar, wie alt das Konzept <strong>ist</strong>, das<br />

heute als modernes Mass aller Dinge gilt.<br />

1994 definierte zum Beispiel die UNO Nachhaltigkeit<br />

als ein Dreieck aus ökologischem<br />

Gleichgewicht, ökonomischer Sicherheit und<br />

sozialer Gerechtigkeit – exakt so umschrieb<br />

Hans Carl von Carlowitz den Begriff bereits<br />

1713. Die Notwendigkeit, nachhaltig zu handeln,<br />

<strong>ist</strong> also schon lange bekannt, und Grober<br />

zeigt auf, warum es so schwer <strong>ist</strong>, dieses<br />

Wissen in konkretes Handeln zu übertragen.<br />

Ein kulturh<strong>ist</strong>orisches Sachbuch, das man<br />

nicht so schnell vergisst.<br />

Mit seinem<br />

Erstling «Flieg,<br />

Hitler, flieg!»<br />

räumte der<br />

junge britische<br />

Autor Ned<br />

Beauman<br />

ziemlich ab – er<br />

gewann damit<br />

unzählige Preise, die internationale<br />

Kritik überschlug sich geradezu vor<br />

Bege<strong>ist</strong>erung. Jetzt liegt der neue<br />

Roman von Beauman vor, und er <strong>ist</strong><br />

ähnlich schillernd, böse und vergnüglich<br />

wie das Debüt. Der gezwungen<br />

originelle Titel der bei Dumont<br />

publizierten Übersetzung sollte einen<br />

nicht vom Lesen abschrecken: «Egon<br />

Loesers erstaunlicher Mechanismus<br />

zur beinahe augenblicklichen Beförderung<br />

eines Menschen von Ort zu<br />

Ort», im Englischen «The Teleportion<br />

Accident», <strong>ist</strong> eine Art Road-Movie,<br />

der sich über mehrere Jahrzehnte<br />

hinzieht. Der Bühnenbildner Egon<br />

Loeser, der nicht zufälligerweise einen<br />

Namen wie ein Schimpfwort trägt,<br />

verfolgt seine Traumfrau Adele Hitler<br />

(«weder verwandt noch verschwägert»)<br />

von Berlin über Paris nach Los<br />

Angeles. Er <strong>ist</strong> von zwei Dingen<br />

besessen: Adele endlich ins Bett zu<br />

kriegen – und hinter die Geheimnisse<br />

des Grössten seiner Zunft zu kommen:<br />

Dem venezianischen Bühnenbildner<br />

Lavicini soll es nämlich einst<br />

gelungen sein, eine barocke Maschine<br />

zum Beamen von Menschen zu<br />

bauen. Auch KGB und Forscher in<br />

Kalifornien sind hinter dem Teleportionsgerät<br />

her, schliesslich herrscht<br />

Krieg. Beauman staffiert seinen<br />

bizarren Plot mit einem Ideenreichtum<br />

aus, der locker für drei Romane<br />

gereicht hätte; das durchwegs<br />

exzentrische Personal wächst einem<br />

ziemlich ans Herz, obwohl es aus<br />

ausnahmslos unsympathischen<br />

Neurotikern besteht. Das Buch <strong>ist</strong><br />

brillant geschrieben und hat seinen<br />

Platz auf der Longl<strong>ist</strong> des Booker<br />

Prizes mehr als verdient.<br />

Leute, die das mögen,<br />

mögen auch ...<br />

Oft <strong>ist</strong> die letzte Seite eines Buchs jene,<br />

die man am wenigsten mag – weil man<br />

nicht möchte, dass das Lesevergnügen<br />

schon zu Ende <strong>ist</strong>. Glücklicherweise<br />

gibt es Fachleute, die einem in solchen<br />

Momenten Bücher<br />

mit vergleichbaren<br />

Qualitäten empfehlen<br />

können – Fachleute<br />

wie Marcel<br />

Rauber. Der 42-Jährige<br />

arbeitet als Abteilungsleiter<br />

im<br />

Parterre bei Rösslitor<br />

Bücher in St.Gallen.<br />

Das Lesen entdeckte<br />

er während<br />

seiner Lehre zum<br />

Bäcker-Konditor.<br />

«Wegen der Arbeitszeiten<br />

lebte ich an<br />

meinen Bekannten<br />

vorbei – und so füllte<br />

ich mir die freie Zeit<br />

mit Lesen», erinnert er sich. Bücher bege<strong>ist</strong>erten<br />

ihn schliesslich derart, dass<br />

er sich auch noch zum Buchhändler<br />

ausbilden liess.<br />

«‹Tschick› des Berliner Schriftstellers<br />

Wolfgang Herrndorf war 2010 eines<br />

der erfolgreichsten deutschsprachigen<br />

Bücher; die Geschichte einer ungewöhnlichen<br />

Freundschaft zwischen einem<br />

14-Jährigen aus bürgerlichen Verhältnissen<br />

und einem verwahrlosten<br />

jugendlichen Spätaussiedler aus Russland,<br />

die ein wenig an ‹Huckleberry<br />

Finn› von Mark Twain erinnert, gewann<br />

unzählige Preise. Wer ‹Tschick› mochte,<br />

wird auch ‹Wunder› der US-Amerikanerin<br />

Raquel J. Palacio lieben. Beide<br />

Romane erzählen vom Erwachsenwerden,<br />

von den Schwierigkeiten,<br />

sich im Leben<br />

zurechtzufinden – und<br />

beide Bücher vergisst<br />

man als Leser nicht<br />

mehr. ‹Wunder› <strong>ist</strong> ein<br />

Debütroman und hat<br />

das Potential zum Lieblingsbuch.<br />

Im Mittelpunkt<br />

steht der zehnjährige<br />

August, der mit<br />

seinen Eltern und seiner<br />

grossen Schwester in<br />

New York lebt. Weil er<br />

seit seiner Geburt mindestens<br />

27-mal am Gesicht<br />

operiert werden<br />

musste, <strong>ist</strong> er noch nie<br />

auf eine richtige Schule<br />

gegangen. Aber jetzt soll er in die 5.<br />

Klasse kommen. August <strong>ist</strong> es gewohnt,<br />

angestarrt zu werden, und er weiss,<br />

dass die me<strong>ist</strong>en Schüler nicht absichtlich<br />

gemein zu ihm sind. Sein sehnlichster<br />

Wunsch <strong>ist</strong> es aber, nicht weiter aufzufallen,<br />

ein ganz normaler Junge zu<br />

sein und Freunde zu finden. Doch nicht<br />

aufzufallen <strong>ist</strong> nicht leicht, wenn man<br />

so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig,<br />

klug und grosszügig <strong>ist</strong> wie August …<br />

Tun Sie sich einen Gefallen und lesen<br />

Sie dieses Buch!»<br />

Mani Matter <strong>ist</strong> ein Schweizer<br />

Mythos. Die Ausstellung «Mani<br />

Matter (1936-1972)» war ein so<br />

grosser Erfolg, dass sie nach einer<br />

langen Tournee durch die Schweiz<br />

noch einmal – und bis September<br />

– im Landesmuseum in Zürich zu<br />

sehen <strong>ist</strong>. Mitgearbeitet an der<br />

faszinierenden Schau hat auch<br />

Wilfried Meichtry; der H<strong>ist</strong>oriker<br />

<strong>ist</strong> vor allem bekannt für sein Buch<br />

über Iris Roten, «Verliebte Feinde»,<br />

das auch verfilmt wurde. Durch<br />

seine Tätigkeit für die Ausstellung<br />

lernte Meichtry die Witwe von<br />

Mani Matter kennen, Joy Matter.<br />

«Und eines Tages sagte ich ihr,<br />

dass ich gern eine Biographie über<br />

Mani Matter schreiben würde»,<br />

erzählte der Autor in einem Interview.<br />

Diese Biographie <strong>ist</strong> jetzt von<br />

Nagel&Kimche veröffentlich<br />

worden – und sie <strong>ist</strong> ein Genuss<br />

nicht nur für die vielen Matter-<br />

Fans. Meichtry hat eine literarische<br />

Biographie verfasst, die<br />

einem einen überaus sympathischen<br />

Menschen in seiner ganzen<br />

Vielschichtigkeit näher bringt –<br />

denn der Autor konnte erstmals<br />

auf 31 Archivschachteln von Joy<br />

Matter zugreifen; zudem präsentiert<br />

einem «Mani Matter» auch<br />

ein Panoptikum der Nachkriegsschweiz<br />

zwischen<br />

Tradition und<br />

Aufbruch. Der<br />

Erfolg, den dieses<br />

Buch zweifellos<br />

haben wird, <strong>ist</strong> ihm<br />

zu gönnen.<br />

© Joy Matter


6 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 7<br />

Hollywood – der Glanz dieses Namens<br />

rührt nicht von den heutigen Blockbuster-Produktionen<br />

her, sondern entstand,<br />

als die Filmfabrik noch wie eine Fussballliga<br />

organisiert war. Bis in die<br />

1960er-Jahre hinein hielten sich die<br />

grossen Studios wie MGM, Paramount<br />

oder Warner Brothers feste Teams von<br />

Schauspielerinnen und Schauspieler.<br />

Die Stars waren vertraglich gebunden<br />

und den Studio-Bossen mehr oder weniger<br />

ausgeliefert – welche Rollen sie spielen<br />

durften, wie oft sie vor der Kamera<br />

standen, welches Image sie letztlich hatten,<br />

entzog sich ihrer Kontrolle. Auch die<br />

Gestaltung des Privatlebens wurde zu einem Teil von den Studios vorgegeben. Auf<br />

diese Weise wurde Hollywood zu seinem grössten Produkt: eine inszenierte, glamouröse<br />

Welt voller Stars und Sternchen. Dieses Produkt strahlte einen Zauber aus,<br />

der heute verschwunden <strong>ist</strong>. Aber wir können ihn noch immer spüren – zum Beispiel<br />

dank des wunderbaren Fotobands «Hollywood Unseen» von Prestel. Der<br />

Untertitel verspricht «Filmstars hinter den Kulissen», doch der Alltag, in dem die<br />

berühmtesten Darsteller ihrer Zeit gezeigt werden, war natürlich ebenfalls sorgsam<br />

inszeniert und vorteilhaft ausgeleuchtet. Man entdeckt in diesem Band also<br />

keine Geheimnisse, sondern erfährt anhand der Bilder viel darüber, wie das goldene<br />

Hollywood funktionierte, wie es die Stars machte und für welche Werte es stand.<br />

In «Books» berichten wir vorwiegend<br />

über Literatur aus dem deutschsprachigen<br />

Raum – und über internationale<br />

Bestseller. Die Romandie kommt nur selten<br />

vor. Das <strong>ist</strong> ein Makel, den es schleunigst<br />

zu korrigieren gilt – mit dem Verweis<br />

auf ein mehr als lesenswertes Buch<br />

einer jungen französischsprachigen Autorin:<br />

«Bestseller» der Freiburgerin Isabelle<br />

Flükiger, erschienen im Rotpunkt-<br />

Verlag. Das schmale Bändchen, das man<br />

an einem Sonntagmorgen vor, während<br />

und nach dem Zmorge in einem Stück<br />

verschlingen kann, handelt von einem<br />

jungen, urbanen und sehr verliebten<br />

Paar, das Perspektiven sucht und wortwörtlich<br />

auf den Hund kommt. Flükiger<br />

beschreibt mit viel Selbstironie das Leben<br />

von Fastdreissigern in der Schweiz –<br />

von Menschen also, die in aller Regel mit<br />

beiden Beinen auf dem Boden stehen und<br />

den Überfluss so sehr verachten, wie sie<br />

ihn auch als selbstverständlich betrachten.<br />

Doch keine Angst: Es geht hier nicht<br />

um Gesellschaftskritik,<br />

sondern um<br />

eine leichte<br />

Geschichte,<br />

von der man<br />

sich wünscht,<br />

sie ginge noch<br />

lange, lange<br />

weiter ...<br />

In dieser Ausgabe von «Books» dreht<br />

sich vieles um die Liebe: Ab Seite 10<br />

stellen wir zahlreiche Liebes- und<br />

Erotikromane vor. Es <strong>ist</strong> zwar nicht<br />

unbedingt wahr, dass ein Bild mehr<br />

sagt als 1000 Worte, aber manchmal<br />

sind Bilder natürlich genauso schön<br />

wie Geschriebenes. Deshalb wollen<br />

wir hier noch auf ein Buch über die<br />

Liebe hinweisen, bei dem es viel zu<br />

sehen gibt: «Die schönsten Liebespaare<br />

in der Kunst», erschienen bei<br />

Prestel. Der Bildband hält genau das,<br />

was der Titel verspricht. Er zeigt rund<br />

80 Bilder, auf denen geküsst, geschmachtet,<br />

umarmt, bewundert und<br />

liebkost wird. Die Werke stammen aus<br />

allen Epochen und von den bekanntesten<br />

Künstlern; die me<strong>ist</strong>en von ihnen<br />

hat man schon irgendwo gesehen,<br />

erst in diesem Kontext spürt man aber<br />

so richtig, wie zart sie Gefühle darstellen.<br />

Begleitet wird die Auswahl<br />

von angenehm wenigen kunsth<strong>ist</strong>orischen<br />

Erläuterungen und schönen Gedichten,<br />

die wiederum belegen:<br />

Manchmal sagen wenige Worte eben<br />

doch so viel wie ein Bild.<br />

Was lesen Sie gerade<br />

Ellen Ringier, Jur<strong>ist</strong>in und Präsidentin der Stiftung «Elternsein»<br />

«Seit dem Zerfall der Sowjetunion im<br />

Jahr 1991 glaubte ich, Russland sei auf<br />

dem Weg zu einer Demokratie. Zugegebenermassen<br />

auf einem ausserordentlich<br />

schwierigen Weg. Dass nach Gorbatschow<br />

und Jelzin ein KGB-Mann<br />

‹gewählt› worden war, irritierte anfangs,<br />

aber die Hoffnung auf den jungen Putin<br />

blieb.<br />

Das, was ich in der mir zur Verfügung<br />

stehenden Presse zu den wenig rechtsstaatlichen<br />

Verurteilungen von Oligarchen<br />

wie Chodorkowski und Lebedjew<br />

las, irritierte zwar ungemein. Andererseits<br />

– gibt es ein Recht auf Staatsplünderung<br />

Musste man Mitleid mit Leuten<br />

wie Gussinski in Israel oder Abramowitsch<br />

in London haben, die sich mit astronomischen<br />

Besitztümern aus Russland<br />

verabschiedet hatten Und der<br />

Krieg gegen Terror<strong>ist</strong>en in Tschetschenien,<br />

war er als Selbstverteidigungsmassnahme<br />

etwa nicht gerechtfertigt<br />

Masha Gessen, Autorin von ‹Der Mann<br />

ohne Gesicht. Wladimir Putin – eine Enthüllung›,<br />

belehrt mich eines Besseren!<br />

Wer diese Aufl<strong>ist</strong>ung von im Namen des<br />

(manipulierten) Rechts begangenen Verbrechen<br />

– wahrlich eine Enthüllung – gelesen<br />

hat, kann nicht anders, als die Hoffnung<br />

auf den demokratischen Prozess zu<br />

vergessen! Klar, die Beweiskette, die<br />

Gessen aufl<strong>ist</strong>et, basiert zu weiten Teilen<br />

auf Indizien. Sie überzeugt jedoch in hohem<br />

Masse – nicht zuletzt weil die Autorin<br />

mit keinem Wort vorgibt, die Dinge<br />

seien tatsächlich so geschehen, als hätten<br />

sich die Verbrechen gegen dissidente<br />

Bürger Russlands mit Sicherheit so abgespielt.<br />

‹So oder ähnlich›, <strong>ist</strong> man jedoch<br />

nach dem Lesen der (selbstverständlich<br />

nicht autorisierten) Biografie Putins<br />

überzeugt!<br />

Wladimir Putin hat von nun an ein Gesicht.»<br />

Der Mann ohne Gesicht<br />

Masha Gessen<br />

384 Seiten<br />

CHF 36.90<br />

Piper<br />

Leichter<br />

Lesen<br />

Die eReaDeR von<br />

oRell Füssli.<br />

einFach zu hause.


8 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 9<br />

Jahrestage<br />

... und ausserdem<br />

Quelle: Dieter Hildebrandt: Ödön von Horváth, Rowohlt 1975<br />

75 Jahre <strong>ist</strong> es her, dass Ödön von Horváth<br />

in Paris starb. Der österreichisch-ungarische<br />

Schriftsteller befand sich auf der Flucht<br />

vor den Nazis, als er am 1. Juni 1938 von<br />

einem herabfallenden Ast erschlagen wurde.<br />

Da war er gerade einmal 37 Jahre alt.<br />

Seine sozialkritischen Werke waren zu diesem<br />

Zeitpunkt verboten, wurden aber in<br />

Exilverlagen weiterhin veröffentlicht. Sein<br />

bekanntester Roman <strong>ist</strong> wohl «Jugend ohne<br />

Gott», der die Lieblosigkeit von Jugendlichen<br />

in Nazideutschland anprangert. Zeitlebens<br />

galt von Horváth aber vor allem als<br />

grosser Theaterautor, etwa dank seiner<br />

noch heute oft gespielten Dramen «Geschichten<br />

aus dem Wiener Wald», «Glaube<br />

Liebe Hoffnung» und «Kasimir und Karoline».<br />

Pflichtlektüre nicht nur für Schüler!<br />

Am 2. Juli jährt sich<br />

der Todestag von Lisa<br />

Tetzner zum 50. Mal.<br />

Es gibt nicht viele Jugendbücher,<br />

die so eindrücklich<br />

sind wie ihr<br />

Roman «Die schwarzen<br />

Brüder». Dass das<br />

1940 verfasste Buch<br />

das Schicksal von Tessiner<br />

Buben beschreibt, die als Kaminfeger<br />

nach Italien verdingt wurden, <strong>ist</strong> kein Zufall:<br />

Die Deutsche flüchtete 1933 vor den Nazis<br />

nach Carona bei Lugano, zusammen mit<br />

ihrem Mann Kurt Kläber. Das Paar lebte dort<br />

in der Nachbarschaft von Hermann Hesse<br />

und zuweilen mit Bert Brecht zusammen.<br />

Tetzners Mann war übrigens auch kein Unbekannter:<br />

Er nannte sich Kurt Held und<br />

verfasste «Die rote Zora und ihre Bande».<br />

«Die schwarzen Brüder» war denn auch ein<br />

Gemeinschaftswerk des Paars, wegen der<br />

Verfolgung von Kläber durch die Nazis<br />

erschien es aber nur unter Lisa Tetzners<br />

Namen.<br />

Mit Oliver Sacks wird am 9. Juli einer der<br />

bekanntesten Sachbuch-Autoren der Welt<br />

80-jährig. Seit Jahrzehnten bege<strong>ist</strong>ert der<br />

britische Neurologe mit seinen Beschreibungen<br />

komplexer psychischer Krankheiten.<br />

Weltberühmt machte ihn das Buch<br />

«Awakenings» über Menschen, die vorübergehend<br />

aus der Schlafkrankheit aufwachen<br />

und sich des Lebens erfreuen – es diente gar<br />

als Vorlage für einen Film mit Robert de Niro<br />

als Patient und Robin Williams als Dr. Sacks.<br />

In anderen Büchern beschäftigte sich Sacks<br />

mit dem Tourette-Syndrom, mit Autismus<br />

oder Gehörlosigkeit. Dabei gelang ihm stets<br />

das Kunststück, blendend zu unterhalten<br />

und Fallbeispiele mit viel Empathie, aber<br />

ohne Kitsch darzustellen. In seinem neuen,<br />

bei Rowohlt erschienenen<br />

und<br />

ebenfalls sehr lesenswerten<br />

Werk<br />

«Drachen, Doppelgänger<br />

und Dämonen»<br />

geht es um<br />

Halluzinationen.<br />

Am 14. August<br />

jährt sich der Todestag<br />

des Rennfahrers<br />

und Rennautobauers<br />

Enzo<br />

Ferrari zum 25.<br />

Mal. Was das mit<br />

Büchern zu tun<br />

hat Der Jahrestag<br />

bietet eine gute Gelegenheit, um auf eine<br />

originelle Neuerscheinung aufmerksam zu<br />

machen: «Nachdenkliche Rennfahrer»,<br />

zusammengestellt vom Journal<strong>ist</strong>en Max<br />

Küng und erschienen bei der Edition Patrick<br />

Frey. Das schmale Buch zeigt Fotos von –<br />

Überraschung! – nachdenklichen Rennfahrern.<br />

Diese Abenteurer haben ja auch viel<br />

Grund zum Grübeln, denn sie schweben<br />

ständig in Todesgefahr und werden oft genug<br />

auch tatsächlich mit dem Tod konfrontiert.<br />

Ein Buch nicht nur für Leute, die wissen,<br />

wer Enzo Ferrari war.<br />

Ein Abenteurer, der dem Tod ebenfalls gern<br />

hin und wieder ins Auge blickte, war auch<br />

T.E. Lawrence. Am 16. August <strong>ist</strong> es 125<br />

Jahre her, dass er geboren wurde. Sein Leben<br />

liest sich wie ein einziger Roman: Er<br />

war Archäologe, Geheimagent und briti-<br />

scher Offizier. Als solcher beteiligte er sich<br />

im Ersten Weltkrieg am Aufstand der Araber<br />

gegen das osmanische Reich – und wurde so<br />

zu Lawrence von Arabien. Seine Erlebnisse<br />

in Arabien beschrieb er im Bericht «Die sieben<br />

Säulen der Weisheit», der heute zur<br />

Weltliteratur zählt und von Ullstein als Taschenbuch<br />

angeboten wird.<br />

Und zum Schluss noch zwei Geburtstage für<br />

alle Comicfans: Im Juni 1938, also vor genau<br />

75 Jahren, wurde erstmals eine Geschichte<br />

über Superman veröffentlicht – das war<br />

auch die Geburtsstunde eines neuen Comicgenres,<br />

nämlich der Superheldengeschichten.<br />

Batman, Spiderman, Hulk, Iron Man<br />

und wie sie alle heissen, sie sind durchwegs<br />

im Sog des Riesenerfolgs um den «Stählernen»<br />

entstanden, der inkognito als der tapsige<br />

Reporter Clark Kent arbeitet und im<br />

Notfall zu einem fliegenden und mit unglaublichen<br />

Kräften ausgestatteten Helden<br />

mutiert. Superman zählt zu den Figuren mit<br />

dem weltweit höchsten Wiedererkennungswert,<br />

und längst gibt es die legendäre Schöpfung<br />

der beiden Teenager Jerry Siegel und<br />

Joe Shuster in unzähligen Varianten. Für<br />

Erstleser empfehlen wir hier die Comics, die<br />

bei Fischer KJB erscheinen; die etwas älteren<br />

bzw. ewigjungen Leser dürften an der<br />

Neuerscheinung «Der letzte Sohn» von Panini<br />

Manga und Comics ihre helle Freude<br />

haben.<br />

Erwachsene Comicfans<br />

haben ebenfalls<br />

Grund zum Feiern:<br />

Robert Crumb wird<br />

am 30. August 70<br />

Jahre alt. Er begann<br />

als Underground-<br />

Zeichner zur Flower-Power-Zeit;<br />

seine<br />

bekannteste Figur<br />

Fritz the Cat bege<strong>ist</strong>erte<br />

als drogensüchtiger<br />

Faulpelz die Hippies und erschreckte<br />

das Establishment. Viele seiner<br />

Comics gelten als sex<strong>ist</strong>isch und pornografisch,<br />

aber Crumb kann auch anders: Seine<br />

Comic-Interpretation des ersten Buch Mose,<br />

erschienen als «Genesis» in der Bibliothek<br />

der Süddeutschen Zeitung, gilt als Me<strong>ist</strong>erwerk.<br />

Auch wenn die me<strong>ist</strong>en Bücherfreunde<br />

kluge Leute sind und daher<br />

naturgemäss im Zuge reisen,<br />

kennen sie wohl ebenso die Freude<br />

am Fahren: im Auto gemütlich<br />

durch den Périgord schaukeln, wo<br />

Martin Walkers Romane spielen<br />

(mehr dazu rechts), oder auf vier<br />

Rädern die südsizilianische Welt<br />

von Commissario Montalbano erkunden.<br />

Für sie gibt es jetzt mit<br />

Wettbewerbs-Gewinner<br />

In der letzten Ausgabe von «Books» verlosten wir unter den Teilnehmenden unseres<br />

Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei Büchergutscheine. Gewonnen haben:<br />

1. Preis: Margrit Kloter, Dietlikon<br />

2. Preis: Chr<strong>ist</strong>a Montoya, Zürich<br />

3. Preis: Marco Heiniger, Zürich<br />

Herzliche Gratulation!<br />

«The Joy of Driving» auch die ideale<br />

Ablage für all die kleinen Dinge,<br />

die im Auto herumliegen – das<br />

Handy, die Reisedokumente oder<br />

die Taschentücher. Natürlich lassen<br />

sich mit dem Geheimfach-<br />

Buch auch ein paar Goldbarren<br />

oder ähnliches diskret im Büchergestell<br />

verwahren.<br />

Geheimfach-Buch<br />

CHF 29.90<br />

Das Lösungswort lautete übrigens «Wortschoepfungen». Die Gewinnerinnen und Gewinner<br />

der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt. Das aktuelle Kreuzworträtsel<br />

finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 48.<br />

Der schottische H<strong>ist</strong>oriker und<br />

Schriftsteller Martin Walker <strong>ist</strong><br />

in das französische Périgord<br />

verliebt – deshalb hat er seine<br />

Krimis um den Chef de Police<br />

Bruno Courrèges in dieser Region<br />

angesiedelt. Die spannenden<br />

Geschichten im ländlichen Ambiente<br />

kommen gut an: Walker zählt<br />

zu den heute erfolgreichsten<br />

Krimiautoren, bislang gingen<br />

allein auf Deutsch über 700’000<br />

Bruno-Romane über die Ladentische.<br />

Jetzt liegt der fünfte Band<br />

der Serie vor: «Femme fatale»,<br />

erschienen bei Diogenes. Der neue<br />

Fall <strong>ist</strong> der vielleicht bisher beste,<br />

denn Walker hat einige seiner<br />

früheren Laster überwunden:<br />

Allzu selbstverliebte Ausschweifungen<br />

haben einer präzisen<br />

Sprache Platz gemacht, es gibt<br />

kaum noch langfädige Beschreibungen<br />

regionaler Rezepte, mit<br />

denen Walker seinen Helden<br />

– und damit auch sich selber – als<br />

grossen Connaisseur ausweisen<br />

wollte. Bruno hat allerdings auch<br />

kaum Zeit, in fremde Kochtöpfe<br />

zu schielen, denn das neueste<br />

Verbrechen in seiner Gemeinde<br />

St-Denis hält ihn auf Trab: Eine<br />

wunderschöne nackte Frau liegt<br />

tot auf einem alten Kahn – inmitten<br />

obskurer Gegenstände …


10 | Reportage Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf Reportage | 11<br />

Verbindung über<br />

Raum und Zeit<br />

Die türkische Autorin Elif Shafak verwebt in «Die vierzig Geheimnisse<br />

der Liebe» das amerikanische Vorstadtleben auf faszinierende<br />

Weise mit der Mystik des mittelalterlichen Orients.<br />

Benjamin Gygax<br />

Goekhan Celem<br />

Eigentlich müsste Ella Rubinstein glücklich<br />

sein: Sie hat drei Kinder, einen gut verdienenden<br />

Zahnarzt zum Mann und ein schönes<br />

viktorianisches Haus in Massachusetts.<br />

«An erster Stelle auf Ellas<br />

Prioritätenl<strong>ist</strong>e standen ihre Kinder», beschreibt<br />

Elif Shafak ihre Protagon<strong>ist</strong>in.<br />

«David und sie hatten eine wunderschöne<br />

Tochter, Jeannette, die aufs College ging,<br />

und Zwillinge im Teenageralter, Orly und<br />

Avi. Außerdem hatten sie einen zwölf Jahre<br />

alten Golden Retriever namens Spirit,<br />

der Ella schon als Welpe auf ihrer morgendlichen<br />

Runde begleitet hatte, ein stets<br />

aufmunternder Gefährte an ihrer Seite.»<br />

Dennoch: Ella <strong>ist</strong> nicht glücklich. Ja sie <strong>ist</strong><br />

noch nicht einmal zufrieden. Als sie von<br />

ihrem Mann zum Valentinstag einen Diamantanhänger<br />

geschenkt erhält und die<br />

Widmung liest, <strong>ist</strong> sie erschüttert: «Ella<br />

hatte es David nie gesagt, aber als sie die<br />

Karte las, hatte sie das Gefühl, einen Nachruf<br />

zu lesen.» Und als wäre das nicht genug,<br />

brüskiert sie gleichzeitig auch noch<br />

ihre 19-jährige Tochter. Als diese nämlich<br />

verkündet, sie wolle ihren Freund heiraten,<br />

kann Ella ihre mütterlichen Befürchtungen<br />

nicht für sich behalten und interveniert,<br />

indem sie den Freund der Tochter<br />

anruft und von den Hochzeitsplänen abzubringen<br />

versucht. Dass diese Einmischung<br />

nicht den gewünschten Erfolg haben wird,<br />

weiss sie eigentlich selbst, doch sie glaubt,<br />

den Lauf der Dinge kontrollieren zu müssen.<br />

Liebe als Weg und Ziel<br />

David versucht, Ella inmitten ihres Scherbenhaufens<br />

eine neue Aufgabe zu verschaffen.<br />

Er vermittelt ihr eine kleine Arbeit<br />

für eine Bostoner Literaturagentur. Die<br />

diplomierte Angl<strong>ist</strong>in soll ein eingesandtes<br />

Manuskript begutachten. Etwas lustlos<br />

und von Selbstzweifeln gehemmt, beginnt<br />

Ella mit Lesen: «Sie fühlte sich leer, geradezu<br />

ermüdet von allem, was in ihrem Kopf<br />

umherwirbelte. Die Kreditkartenzahlungen<br />

für diesen Monat, Orlys schlimme Essgewohnheiten,<br />

Avis schlechte Noten, Tante<br />

Esther mit ihren traurigen Kuchen, die<br />

schwindende Gesundheit ihres Hundes<br />

Spirit, Jeannettes Heiratspläne, die heimlichen<br />

Affären ihres Mannes, die fehlende<br />

Liebe in ihrem Leben ... Einen nach dem<br />

anderen sperrte sie ihre Gedanken in kleine<br />

Schachteln ein. In dieser Stimmung<br />

nahm sie das Manuskript aus dem Umschlag<br />

und hielt es einen Moment in den<br />

Händen, wie um es zu wiegen. Auf dem<br />

ersten Blatt stand in indigoblauer Schrift<br />

der Titel des Romans: ‹Süsse Blasphemie›.»<br />

Dieser Roman eines geheimnisvollen<br />

Schriftstellers mit Namen A.Z. Zahara<br />

wird den weiteren Fortgang von Ellas Leben<br />

verändern. Schon im Prolog lässt uns<br />

die Autorin Elif Shafak wissen, wie die Geschichte<br />

ausgehen wird: «Für Ella bedeutete<br />

es schon eine gewaltige Anstrengung,<br />

auch nur ihre gewohnte Kaffeemarke zu<br />

wechseln. Weshalb sich niemand, auch sie<br />

selbst nicht, erklären konnte, warum sie im<br />

Herbst 2008 nach zwanzig Jahren Ehe die<br />

Scheidung einreichte.»<br />

Süsse Blasphemie<br />

Elif Shafak lässt uns nicht nur in einem<br />

Entwicklungsroman an den letzten fünf<br />

Monaten von Ellas festgefahrenem Eheleben<br />

teilhaben, sondern auch tief in eine<br />

Geschichte aus dem 13. Jahrhundert eintauchen.<br />

Die Autorin hat nämlich Ellas Geschichte<br />

mit den Kapiteln aus «Süsse Blasphemie»<br />

zu einer Collage montiert. Jedes<br />

Kapitel von «Die vierzig Geheimnisse der<br />

Elif Shafak<br />

Die 42-jährige Elif Shafak <strong>ist</strong> neben Orhan<br />

Pamuk die me<strong>ist</strong>gelesene türkische<br />

Autorin. Sie studierte Internationale Beziehungen<br />

in Ankara und publizierte ihren<br />

ersten Roman 1997. Weltweit erlangte<br />

sie 2006 Bekanntheit, als sie in der Türkei<br />

wegen «Herabwürdigung des Türkentums»<br />

angeklagt wurde. Sie hatte eine Figur aus<br />

ihrem Roman «Der Bastard von Istanbul»<br />

sagen lassen: «Ich stamme aus einer Familie,<br />

deren gesamte Verwandtschaft 1915<br />

von den Türken abgeschlachtet worden<br />

<strong>ist</strong>, ich habe gelernt, meine Herkunft zu<br />

verleugnen, und mir wurde beigebracht,<br />

dass es keinen Völkermord gegeben hat.»<br />

Aus Mangel an Beweisen wurde sie freigesprochen.<br />

Nach 2006 lehrte sie an der Abteilung<br />

für Nahost-Studien der University<br />

of Arizona in Tucson, zurzeit forscht sie<br />

an der Kingston Universität London. Elif<br />

Shafak <strong>ist</strong> mit dem Journal<strong>ist</strong>en Eyüp Can<br />

Sağlık verheiratet und wohnt in London<br />

und Istanbul. Das Paar hat eine Tochter<br />

und einen Sohn.


EINKAUFEN<br />

PUNKTEN<br />

PROFITIEREN<br />

Jeder Franken ein Bookpoint<br />

Auszahlung 4 mal pro Jahr<br />

Exklusive Angebote das<br />

ganze Jahr<br />

Regelmässiger Newsletter<br />

JETZT bestellen und punkten:<br />

www.books.ch / bookpoints<br />

oder in jeder Orell Füssli<br />

Buchhandlung und bei<br />

Rösslitor Bücher St.Gallen<br />

12 | Reportage Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Reportage | 13<br />

Der Sufismus bringe einen dazu, mit dem Herzen zu denken, sagt Elif Shafak.<br />

Liebe» <strong>ist</strong> mit dem Namen einer Person<br />

überschrieben und aus deren Sicht erzählt.<br />

Der fiktive h<strong>ist</strong>orische Roman Zaharas erzählt<br />

von der Begegnung des armen Wanderderwischs<br />

Schams-e Tabrizi mit dem<br />

persischen Gelehrten und Dichter Dschalal<br />

ad-Din Rumi um 1244 in der anatolischen<br />

Stadt Konya. Damals litt diese Weltregion<br />

unter den Kreuzzügen, dem Einfall der<br />

Mongolen unter Dschingis Khan und inneren<br />

Konflikten. In einem Essay zu ihrem<br />

Roman erklärt die Autorin: «In einer Zeit<br />

tief verwurzelter Bigotterie und von Konflikten<br />

standen Schams und Rumi ein für<br />

eine universelle Spiritualität und öffneten<br />

ihre Tür für Menschen jeder Herkunft gleichermassen.<br />

Sie sprachen von Liebe als<br />

Essenz des Lebens; Liebe, die über Länder,<br />

Kulturen und Städte verband.»<br />

Eine innige Beziehung<br />

Nicht nur die harten Lebensumstände sind<br />

h<strong>ist</strong>orisch verbürgt, sondern auch die Personen<br />

des Romans. Der Sufi Schams ex<strong>ist</strong>ierte<br />

tatsächlich; der Wanderprediger<br />

wurde «Sonne des Glaubens von Tabriz»<br />

genannt, und er begegnete Rumi auch in<br />

der Wirklichkeit. Die innige spirituelle Verbindung<br />

der beiden stiess auf Unverständnis<br />

oder Eifersucht, und die kompromisslose<br />

Ehrlichkeit von Schams schuf ihm<br />

viele Gegner – so, wie es Elif Shafak beschreibt.<br />

1246 verschwand der mittellose<br />

Wanderprediger aus Konya und kehrte<br />

noch einmal kurz zurück, bevor sich 1247<br />

seine Spur ganz verlor. Ob Schams wirklich<br />

umgebracht wurde, <strong>ist</strong> unklar, doch es<br />

wird allgemein angenommen. Bis heute <strong>ist</strong><br />

das Grab Schams im iranischen Khoy ein<br />

viel besuchtes Monument. Noch bekannter<br />

<strong>ist</strong> sein Schüler Rumi, der auch den Namen<br />

Maulana – «unser Me<strong>ist</strong>er» – trägt. Seine<br />

Verehrung verdankt der Dichter vor allem<br />

den während 30 Jahren gesammelten Versen<br />

aus «Der Diwan von Shams-e Tabrizi»,<br />

mit denen er nach dem Verlust seines<br />

Freundes seine grosse Trauer ausdrückte.<br />

Am bekanntesten sind aber seine Sammlung<br />

von Lebensweisheiten, die er in poetischen<br />

Vierzeilern festhielt.<br />

Der Weg der Sufis<br />

Elif Shafak kam 1971 in Strassburg zur<br />

Welt und wuchs unter anderem in Madrid,<br />

Amman und Köln auf. Die Tochter einer<br />

Diplomatin schrieb in einem Essay zur Geschichte<br />

hinter «Die vierzig Geheimnisse<br />

der Liebe»: «Ich war ein Einzelkind und<br />

wurde von einer alleinerziehenden, arbeitenden<br />

Mutter aufgezogen, die nicht viel<br />

Zeit mit mir verbringen konnte.» Wie<br />

kommt eine junge Frau aus einer so kosmopolitischen,<br />

säkularen und gebildeten<br />

Welt dazu, sich mit islamischer Mystik zu<br />

beschäftigen Die Gegenwelt lernte die Autorin<br />

als Mädchen bei ihrer Grossmutter<br />

kennen. Sie schreibt: «Weil ich einen Teil<br />

meiner Kindheit bei meiner liebevollen<br />

Grossmutter mit ihrem Aberglauben verbrachte,<br />

war mir klar, dass die Welt nicht<br />

ausschliesslich aus materiellen Dingen bestand,<br />

dass am Leben mehr dran war, als<br />

ich sehen konnte.» Und weil sie Bücher<br />

liebte und gern in ihren eigenen Geschichten<br />

lebte, begann ihr Interesse am Sufismus<br />

mit Büchern: «Ich begann aus intellektueller<br />

Neugierde darüber zu lesen, ein<br />

Buch führte zum nächsten ... Und je mehr<br />

ich las, desto mehr verlernte ich, denn das<br />

<strong>ist</strong> es, was der Sufismus mit uns macht: Er<br />

führt uns dazu, das zu tilgen, was wir wissen<br />

und dessen wir sicher sind. Danach<br />

denken wir noch einmal nach – diesmal<br />

nicht mit dem Verstand, sondern mit dem<br />

Herzen.» Ihre Auseinandersetzung mit<br />

dem Sufismus hat Elif Shafak in jene vierzig<br />

Regeln der Liebe gegossen, die dem<br />

Roman seinen Namen geben. Schams offenbart<br />

sie im Buch nach und nach in seinen<br />

Begegnungen mit den unterschiedlichsten<br />

Menschen. Beim Lesen kann man<br />

sich den Spass machen, die Regeln zu sammeln.<br />

Und wer das nicht selbst tun will,<br />

kann sich auf einen Leser verlassen, der<br />

die Arbeit übernommen hat: Auf der Webseite<br />

wilfried-ehrmann2.blogspot.ch werden<br />

die Regeln kommentiert.<br />

Die vierzig<br />

Geheimnisse der Liebe<br />

503 Seiten<br />

CHF 31.90<br />

Kein & Aber<br />

Der mystische Islam<br />

der Sufis<br />

Sufismus <strong>ist</strong> eine Sammelbezeichnung für<br />

Strömungen im Islam, die ein asketisches<br />

Leben und den mystisch-spirituellen Kern<br />

der Religion suchen, einen «inneren Sinn»<br />

des Korans. Sufis, oder auf Persisch<br />

Derwische, verstehen ihre Religion als<br />

Weg zu Gott und zur Wahrheit durch<br />

Liebe und Hingabe. Besonders interessieren<br />

sie sich deshalb für jene Suren, die von<br />

der individuellen Beziehung des Gläubigen<br />

zu Gott handeln. Dem Tanz kommt eine<br />

wichtige Rolle zum Erlangen religiöser<br />

Ekstase zu, so zum Beispiel beim<br />

türkischen Mevlevi-Orden und seiner<br />

Sema, dem Kre<strong>ist</strong>anz in Trance.<br />

Der Sufismus prägte nicht nur den Islam,<br />

sondern auch die westliche Welt – erstmals<br />

bereits im Mittelalter, als er die<br />

Vorstellungen von romantischer Liebe und<br />

Ritterlichkeit beeinflusste. Seit der Mitte<br />

des 20. Jahrhunderts löst sich der Sufismus<br />

teilweise ganz vom Islam und zieht<br />

Sinnsuchende aus aller Welt an.<br />

Weitere Bücher von<br />

Elif Shafak<br />

Spiegel der Stadt<br />

(2004)<br />

365 Seiten<br />

CHF 31.90<br />

Literaturca<br />

Die jüdische Familie Pereira<br />

gerät im 17. Jahrhundert in die Fänge der<br />

Inquisition, doch zwei Familienmitgliedern<br />

gelingt die Flucht nach Istanbul, wo Moslems,<br />

Chr<strong>ist</strong>en und Juden nebeneinander<br />

leben.<br />

Ein autobiographischer Bericht von<br />

Elif Shafak:<br />

Als Mutter bin ich<br />

nicht genug (2010)<br />

352 Seiten<br />

CHF 27.90<br />

Egmont<br />

Eine Frau trägt einen ganzen Harem in sich:<br />

Mit subtilem Witz und berührender Offenheit<br />

erzählt Shafak von der Schwierigkeit,<br />

als Frau allen Rollen gerecht zu werden.<br />

Nach der Geburt ihres Kindes verliert sie<br />

ihr inneres Gleichgewicht und fällt in eine<br />

Depression.<br />

Spannung<br />

vom Feinsten<br />

Klappenbroschur. 368 Seiten<br />

<br />

Aus dem Schwedischen von Dagmar Lendt<br />

Klappenbroschur. 416 Seiten<br />

www.kiwi-verlag.de


14 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Erotische Literatur | 15<br />

Es muss nicht<br />

immer<br />

« Shades » sein<br />

Der durchschlagende Erfolg von «Shades of Grey» hat ein Genre wieder belebt:<br />

die erotische Literatur, in der es um Dominanz und Unterwerfung geht. Dieses Genre<br />

<strong>ist</strong> alt und bietet unzählige Höhepunkte.<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

Zeichnete man einen Stammbaum der Unterwerfungsliteratur,<br />

wäre «Venus im<br />

Pelz» wohl die Grossmutter von «Shades of<br />

Grey» – und vielleicht gar die Stammmutter<br />

des gesamten Genres. Das schmale<br />

Bändchen erschien 1870 und wurde von<br />

Leopold von Sacher-Masoch verfasst. Der<br />

österreichische Autor <strong>ist</strong> als Namensgeber<br />

in die Geschichte eingegangen – nicht der<br />

süssen Sachertorte, sondern des viel pikanteren<br />

Masochismus’. Zu Lebzeiten war<br />

Sacher-Masoch ein international gefeierter<br />

Autor und hochgeachteter Universitätsprofessor;<br />

ihn überlebt hat aber eigentlich<br />

nur «Venus im Pelz». Darin erzählt er die<br />

Geschichte von Severin, der sich leidenschaftlich<br />

in die junge Witwe Wanda verliebt.<br />

Sie kann sich nicht recht dazu durchringen,<br />

ihn zu heiraten, denn sie weiss, wie<br />

unbeständig Gefühle sind. Severin schlägt<br />

Wanda vor, ihn als Sklaven zu akzeptieren,<br />

den sie jederzeit nach Belieben demütigen<br />

darf – denn er meint, dass seine Liebe zu<br />

ihr dann immer grösser werde, frei nach<br />

dem Grundsatz: Was man nicht wirklich<br />

besitzen kann, begehrt man umso stärker.<br />

Wanda zögert; sie weiss, ein solches Arrangement<br />

könnte ihre schlimmsten, bislang<br />

unterdrückten Eigenschaften wecken.<br />

Schliesslich aber willigt sie ein. Sie quält<br />

ihren Sklaven fortan psychisch und physisch,<br />

gibt sich ihm aber auch liebevoll hin.<br />

Dass Wanda andere Liebhaber hat, treibt<br />

Severin schier in den Selbstmord, er kann<br />

sich von seiner Herrin aber nicht lösen –<br />

bis sie bewusst zu weit geht und ihn von<br />

einem ihrer Liebhaber auspeitschen lässt.<br />

Severin <strong>ist</strong> von seiner Obsession geheilt<br />

und nimmt wieder sein früheres Leben an.<br />

Von Peitschen und Stiefeln<br />

Interessant <strong>ist</strong>, dass «Venus im Pelz» nachträglich<br />

fast zur Autobiographie von Sacher-Masoch<br />

wurde: 1873 heiratete der<br />

Autor eine junge Angelika, die sich wegen<br />

des Buchs in Wanda umbenannte. Mit ihr<br />

schloss Sacher-Masoch einen Sklavenvertrag<br />

ab, und wie die fiktive Wanda hielt es<br />

auch die echte am Ende nicht neben ihrem<br />

Sklaven aus. Doch zurück zu «Venus im<br />

Pelz». Das Buch enthält bereits viele Genre-typische<br />

Ingredienzien. Uniformen,<br />

Peitschen, Stiefel, Pelze und nächtliche<br />

Aussschweifungen kommen ebenso vor<br />

wie das Hin und Her zwischen Erniedrigung<br />

und Zärtlichkeit. Doch das Buch erschien<br />

in einer Zeit, in der es Zensur gab,<br />

und es beschränkt sich daher auf Andeutungen.<br />

Wer «gewisse Stellen» sucht, kann<br />

lange blättern – es gibt sie kaum, erregend<br />

<strong>ist</strong> allenfalls der Unterton der Geschichte.<br />

Die Dialoge des Buchs, das derzeit von Ro-<br />

man Polanski verfilmt wird, sind feinsinnig;<br />

Sacher-Masoch bedient sich gern bei<br />

der Hochkultur, um die Vorliebe seines<br />

Helden – und damit auch seine eigene – zu<br />

begründen, er zitiert fortlaufend Goethe<br />

oder antike Autoren. «Venus im Pelz» <strong>ist</strong><br />

daher eher Literatur für den feinsinnigen<br />

Kenner als Pornografie, die bekanntlich<br />

nur auf eines abzielt: die Lesenden sexuell<br />

zu erregen.<br />

«Mein Körper<br />

hatte nicht mit mir<br />

zu tun. Er war ein<br />

Köder, ein Mittel –<br />

so zu benutzen, wie<br />

er es entschied, mit<br />

dem Ziel, uns beide<br />

zu erregen.»<br />

«9 ½ Wochen»<br />

Die Hure mit den Rehaugen<br />

Dass auch die Österreicher der vordergründig<br />

prüden Habsburgerzeit keineswegs<br />

auf solche Werke verzichten mussten,<br />

bewe<strong>ist</strong> der 1906 erschienene Roman<br />

«Josefine Mutzenbacher. Die Geschichte<br />

einer Wienerischen Dirne. Von ihr selbst<br />

erzählt.» Auf dem Stammbaum jener Literatur,<br />

um die es hier geht, würde dieses<br />

Buch wohl die Position einer etwas verqueren<br />

Tante einnehmen. Der Titel verspricht<br />

Autobiografisches, doch eine Josefine<br />

Mutzenbacher <strong>ist</strong> nicht aktenkundig.<br />

Schon bei der Erstveröffentlichung des<br />

Buchs wurde daher munter über dessen<br />

Urheberschaft spekuliert. Am häufigsten<br />

fiel damals der Name Felix Salten. Der österreichische<br />

Autor gilt generell nicht gerade<br />

als Pornograf, denn er schrieb vor allem<br />

über Häschen und Rehe – sein wichtigstes<br />

Werk <strong>ist</strong> «Bambi», die Vorlage für den berühmten<br />

Disney-Film. Die Tatsache, dass<br />

sich Salten nie gegen die Zuschreibung des<br />

Mutzenbacher-Romans wehrte, macht ihn<br />

allerdings schon sehr verdächtig, denn er<br />

hätte allen Grund gehabt, sich von ihm zu<br />

d<strong>ist</strong>anzieren: Das Buch wurde schnell als<br />

jugendgefährdend und unsittlich verfemt,<br />

und noch 1992 stuften es deutsche Richter<br />

als «Kinderpornografie» ein.


16 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf Erotische Literatur | 17<br />

«‹Du willst also<br />

durchaus gepeitscht<br />

werden›,<br />

rief sie, indem<br />

sie den Kopf in<br />

den Nacken warf.<br />

‹Ja.›»<br />

«Venus im Pelz»<br />

Skinny Matcha<br />

Frappuccino ®<br />

blended beverage<br />

«Gewisse Stellen»<br />

Man kann lächeln über das steife Beamtendeutsch,<br />

in dem das damalige Urteil<br />

verfasst wurde – im entscheidenden Punkt<br />

muss man den Richtern aber Recht geben:<br />

Der Dauerbrenner «Josefine Mutzenbacher»<br />

IST Kinderpornografie. Das Buch<br />

erzählt nämlich, wie Josefine ihre Sexualität<br />

entdeckt und auszuleben beginnt. Am<br />

Ende des ersten Bands <strong>ist</strong> sie 14 Jahre alt.<br />

«Pepi» wird schon als Fünfjährige missbraucht<br />

und kann darüber nur lustvoll lächeln,<br />

sie hat inzestuöse Beziehungen und<br />

gibt sich freudig jedem hier, der sich mit<br />

ihr vergnügen will. Anders als bei Sacher-<br />

Masoch sind hier die «gewissen Stellen»<br />

die absolute Hauptsache. Me<strong>ist</strong> leiten nur<br />

zwei, drei Sätze von einem feurigen Abenteuer<br />

zum nächsten über. Wenn Wikipedia<br />

schreibt, hier werde auch «ein Sittenbild<br />

des Wiener Proletariats im ausgehenden<br />

19. Jahrhunderts präsentiert», <strong>ist</strong> das eine<br />

wohlwollende Übertreibung. Die Sprache<br />

<strong>ist</strong> zwar tatsächlich von anno dazumal, alles<br />

in allem bleibt «Josefine Mutzenbacher»<br />

aber Pornografie in reinster Form.<br />

Immerhin aber eine fröhliche – hier hat<br />

jemand beim Schreiben offenbar viel Spass<br />

gehabt und sich einer beneidenswerten<br />

Fantasie bedienen können.<br />

«Sie» und «Er»<br />

Ist «Venus im Pelz» die Grossmutter von<br />

«Shades of Grey», dann muss man den<br />

1978 erschienenen Roman «9 ½ Wochen<br />

– Erinnerungen an eine Liebesaffäre» von<br />

Elizabeth McNeill als dessen Mutter bezeichnen.<br />

Das Buch hat bereits viele Ähnlichkeiten<br />

mit den aktuellen Titeln der Unterwerfungsliteratur:<br />

Es <strong>ist</strong> in der Ich-Form<br />

aus Sicht der Frau erzählt, es spielt in der<br />

Grossstadt, die männliche Hauptfigur <strong>ist</strong><br />

ein stinkreicher und knallharter Geschäftsmann.<br />

Die Erzählerin unterwirft sich dem<br />

Mann mehr und mehr – bis zur völligen<br />

Selbstaufgabe. Ihr Leben teilt sich bald in<br />

einen beruflichen Alltag, in dem sie sehr<br />

erfolgreich <strong>ist</strong>, und in das vorwiegend sexuell<br />

geprägte Leben mit dem ungenannt<br />

bleibenden «Ihm», in dem sie fast immer<br />

gefesselt bleibt – an den Tisch, ans Bett, mit<br />

Handschellen im Bad. Er macht sie komplett<br />

von ihr abhängig, bestimmt ihr Programm,<br />

füttert sie, wäscht sie, kämmt ihr<br />

die Haare, liest ihr aus der Zeitung vor –<br />

und sie <strong>ist</strong> einfach wahnsinnig verliebt in<br />

diesen weltgewandten, sowohl dominanten<br />

wie mütterlichen Kerl. Doch wie so oft<br />

kann der Erregungspegel nur hoch bleiben,<br />

wenn ständig die Dosis der Demütigungen<br />

erhöht wird. Schliesslich bricht die<br />

Ich-Erzählerin zusammen, muss ins Krankenhaus<br />

– und löst sich von ihrem Dominator.<br />

Der Befreiungsschlag <strong>ist</strong> aber auch ein<br />

Verlust: «Es <strong>ist</strong> jetzt schon Jahre her, und<br />

manchmal frage ich mich, ob mein Körper<br />

je wieder anders reagieren wird als lau»,<br />

lautet der letzte Satz des kurzen Romans.<br />

Glaubwürdige Darstellung des<br />

Abdriftens<br />

Als «9 ½ Wochen» erschien, schlug der<br />

Roman wie eine Bombe ein – das Interesse<br />

an Unterwerfungsliteratur verläuft wellenförmig<br />

und wird offenbar immer wieder<br />

von einzelnen Werken ausgelöst, die genau<br />

den Nerv der Zeit treffen. Die Welle<br />

schwappte damals auch ins Kino, denn «9<br />

½ Wochen» wurde mit Kim Basinger und<br />

Mickey Rourke in den Hauptrollen verfilmt.<br />

Heute können sich die me<strong>ist</strong>en wohl nur an<br />

den erfolgreichen Film erinnern, das Buch<br />

<strong>ist</strong> aber weiterhin erhältlich. Und es <strong>ist</strong> eigentlich<br />

unverständlich, dass es nicht eine<br />

grössere Verbreitung gefunden hat, denn<br />

es <strong>ist</strong> über weite Stellen faszinierend. Über<br />

«Seine Stimme<br />

klang kultiviert<br />

und samtig, mit<br />

einem gewissen<br />

rauen Unterton,<br />

der mich sofort an<br />

Sex denken liess.<br />

An aussergewöhnlichen<br />

Sex.»<br />

«Crossfire»<br />

Dein Sommer.<br />

Dein Geschmack.<br />

Dein Frappuccino®.<br />

blended beverage<br />

Besuche auch unsere Coffeehouses in den<br />

Orell Füssli Buchhandlungen im Westside in Bern<br />

sowie im Kramhof und am Bellevue in Zürich.<br />

die Autorin lässt sich heute kaum noch etwas<br />

herausfinden, aber man darf annehmen,<br />

dass sie hier ihre eigene Geschichte<br />

erzählt – derart eindringlich und glaubwürdig<br />

wird die Transformation einer humorvollen<br />

Erfolgsfrau zum flehenden Sex-<br />

Spielzeug beschrieben. Hier kann man<br />

besser als bei Sacher-Masoch nachvollziehen,<br />

wie sich eine sexuelle Abhängigkeit<br />

entwickelt. Und anders als bei «Josefine<br />

Mutzenbacher» sind die sexuellen Passagen<br />

nicht Selbstzweck, sondern Teil der<br />

Entwicklungsgeschichte.<br />

Von der Fanfiction zum Welterfolg<br />

Machen wir nun aber den Sprung in die<br />

Gegenwart. «Schuld» an der neuesten Erfolgswelle<br />

der Unterwerfungsliteratur <strong>ist</strong><br />

bekanntlich die 2011 und 2012 erschienene<br />

Romantrilogie «Shades of Grey». Die<br />

britische Autorin E.L. James verfasste zunächst<br />

eine sogenannte Fanfiction zu den<br />

«Biss»-Büchern von Stephenie Meyer; sie<br />

verwickelte deren Protagon<strong>ist</strong>en Edward<br />

Cullen und Bella Swan in eine Geschichte<br />

voller Lustschmerz und spielerischer Bestrafung.<br />

Das kam bei den «Biss»-Fans<br />

nicht nur gut an, deshalb arbeitete die heute<br />

50-jährige ehemalige Fernsehproduzentin<br />

ihren Text um – die Hauptfiguren hiessen<br />

nun Anastasia Steele und Chr<strong>ist</strong>ian<br />

Grey – und veröffentlichte ihn auf ihrer eigenen<br />

Website. Dann wurde er als eBook<br />

und schliesslich als Taschenbuch zum<br />

Welterfolg: Bislang wurden 70 Millionen<br />

Exemplare der Trilogie verkauft. Das<br />

«Time»-Magazin kürte E.L. James 2012 zu<br />

den 100 einflussreichsten Menschen der<br />

Welt, und bezüglich der Welt der Unterhaltung<br />

stimmt diese Einschätzung auf jeden<br />

Fall: «Shades of Grey» hat unzählige Trittbrettfahrer<br />

motiviert, ähnliche Bücher auf<br />

den Markt zu werfen. Die Parallelen der<br />

Epigonen zum Original sind dabei auffallend:<br />

Fast alle richten sich an die gleiche<br />

Zielgruppe – urbane Frauen –, haben eine<br />

weibliche Urheberschaft und zeigen, dass<br />

eine klug agierende Frau vom ihrem dominanten<br />

Liebhaber am Ende nicht nur «süssen<br />

Schmerz», sondern auch wahre Liebe<br />

geschenkt erhält.<br />

«Ein Seufzen entfährt<br />

mir, bevor ich<br />

es zurückhalten<br />

kann.»<br />

«Colours of Love – Entblösst»<br />

Verklemmt statt wild<br />

Über den Qualitätsbegriff lässt sich so gut<br />

streiten wie über Geschmack, und auch<br />

«Shades of Grey» wurde von vielen in die<br />

Pfanne gehauen. Die englischsprachige<br />

Kritik bezeichnete die Trilogie als «Mummy<br />

Porn» – als Pornografie für Hausmütterchen.<br />

In diese Schublade gehören auch<br />

einige der Epigonen. Es <strong>ist</strong> jedenfalls erstaunlich,<br />

wie bieder manche der klar pornografischen<br />

Bücher wirken. Geht es zur<br />

Sache, wirkt die Atmosphäre oftmals eigenartig<br />

verklemmt und aseptisch. Im hervorragenden<br />

Film «Sophie’s Choice» mit<br />

Meryl Streep gibt es die Figur eines Bürgertöchterleins,<br />

das lernen muss, schmutzige<br />

Wörter in den Mund zu nehmen – und<br />

aus ihrem Mund klingen diese dann eben<br />

besonders befangen. So kommt es einem<br />

auch bei vielen Neuerscheinungen vor: Die<br />

Autorinnen beschreiben zwar mit deftigen<br />

Ausdrücken, was ihre Hauptfiguren miteinander<br />

anstellen, stellen aber sozusagen<br />

nur Behauptungen von Lust auf; die Beschreibungen<br />

bleiben so deutlich wie d<strong>ist</strong>anziert.<br />

Es <strong>ist</strong> schwierig<br />

Ein Beispiel dafür <strong>ist</strong> «Fire after dark» von<br />

Sadie Matthews. Auch hier wird Hauptfigur<br />

Beth ständig «fast in den Wahnsinn<br />

getrieben vor Lust»; ein Klischee reiht sich<br />

ans andere, der Maskenball <strong>ist</strong> ebenso unvermeidlich<br />

wie der gefährliche russische<br />

Oligarch. Doch die Sexszenen lassen wohl<br />

nicht nur den Schreiber dieser Zeilen kalt<br />

– gemäss dem Bonmot «Man spürt die Absicht<br />

und <strong>ist</strong> verstimmt». Ähnliches lässt<br />

sich auch über «Im Schatten der Lust» der<br />

deutschen Autorin Sandra Henke sagen –<br />

nur <strong>ist</strong> hier die Hauptfigur ausnahmsweise<br />

nicht gertenschlank, sondern üppig. Als<br />

männlicher Leser kann man deren Lebenspartner,<br />

der auf ihre eher billigen Verführungsversuche<br />

nicht mehr reagiert,<br />

durchaus verstehen. Diese beiden weniger<br />

geglückten Beispiele von erotischer Literatur<br />

belegen am Ende vor allem, wie schwierig<br />

es bleibt, eine gute Sexgeschichte zu<br />

schreiben. Eine erotische Stimmung zu<br />

«Mein Körper<br />

hatte nicht mit mir<br />

zu tun. Er war ein<br />

Köder, ein Mittel –<br />

so zu benutzen, wie<br />

er es entschied, mit<br />

dem Ziel, uns beide<br />

zu erregen.»<br />

«9 ½ Wochen»<br />

schaffen, <strong>ist</strong> ja schon im wahren Leben, wo<br />

einem ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung<br />

stehen, nicht immer einfach – auf<br />

dem Papier wird der Grat zwischen plump<br />

und intensiv noch einmal schmaler.<br />

Geduld bringt Lust<br />

Mit Beschreibungen des Sexakts <strong>ist</strong> es jedenfalls<br />

nicht getan – ohne eine sorgsam<br />

aufgebaute erotische Stimmung, ohne<br />

starke Charaktere bleibt alles an der Oberfläche<br />

und wird am Ende langweilig. Die<br />

Autoren und Autorinnen sind daher gut<br />

beraten, nicht gleich mit der Tür ins Haus<br />

zu fallen. Hervorragend gelingt das zum<br />

Beispiel dem anonymen Autoren-Duo, das<br />

unter dem Namen Vina Jackson die Serie


18 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 19<br />

«Kaum hatten die<br />

Mädchen das Lehrerzimmer<br />

verlassen,<br />

als er mich auf<br />

das Podium rief.»<br />

«Josefine Mutzenbacher»<br />

«80 Days» verfasst. Der erste Band «80<br />

Days – Die Farbe der Lust» beginnt mit<br />

dem Satz «Schuld war Vivaldi» – und einer<br />

komplett unerotischen Begegnung der<br />

Hauptfigur Summer mit ihrem Freund.<br />

Das Begehren Summers nach einem anderen<br />

Leben <strong>ist</strong> fast mit Händen zu greifen,<br />

doch das Autorenduo versteht es, das verbale<br />

Vorspiel gekonnt auszudehnen und<br />

aufzubauen. Lange gibt es nur Sehnsucht<br />

und unerfüllte Lust, man lernt die Protagon<strong>ist</strong>in<br />

kennen und verstehen – und beginnt,<br />

mit ihr der Erlösung entgegenzufiebern.<br />

Lustig <strong>ist</strong> lustvoll<br />

Ähnliche Qualitäten bietet «Crossfire» von<br />

Sylvia Day. Die Serie gilt gemeinhin als<br />

weiterer Epigone von «Shades of Grey», <strong>ist</strong><br />

das aber nicht, denn sie entstand gleichzeitig<br />

wie die Trilogie von E.L. James. Auf<br />

Englisch verkaufte sich das Buch etwa fünf<br />

Millionen Mal. In diesem Frühjahr <strong>ist</strong> es in<br />

38 weiteren Sprachen erschienen, darunter<br />

auch auf Deutsch. Der grosse Erfolg <strong>ist</strong><br />

verständlich, denn «Crossfire» hat etwas,<br />

was vielen anderen Neuerscheinungen des<br />

Genres abgeht: Humor. Natürlich beschreibt<br />

auch Sylvia Day alle Protagon<strong>ist</strong>en<br />

als superschöne, dauererregte Sexgötter,<br />

die genau wissen, mit welchen Knöpfen sie<br />

das Gegenüber in Sekundenschnelle anwerfen<br />

können – aber sie überdreht die<br />

entsprechenden Schräubchen zuweilen so<br />

genüsslich, dass eine leise Ironie den Text<br />

durchweht. Dabei geht es durchaus um<br />

ernste Themen: Die beiden Hauptfiguren,<br />

die hinreissende Eva und der – Überraschung!<br />

– knallharte Milliardär Gideon<br />

sind als Kinder beide missbraucht worden<br />

und können ihre Sexualität jetzt nur noch<br />

in den Kategorien von Dominanz und Unterwerfung<br />

ausleben. Gemeinsam müssen<br />

sie einen Weg zu einer gesunden, funktionierenden<br />

Beziehung finden. Das alles liest<br />

sich sehr flüssig, die Charaktere sind vielschichtig<br />

und machen neugierig. Und bei<br />

den wohldosiert eingestreuten Sexszenen<br />

findet Sylvia Day sogar einige Beschreibungen,<br />

die man so noch nicht gelesen hat<br />

– und das <strong>ist</strong> wahrlich nicht einfach!<br />

Wie den Spreu vom Weizen<br />

trennen<br />

Die Verwandtschaft der neuen Unterwerfungs-<br />

zur populären Bekenntnisliteratur<br />

wie «Bridget Jones» <strong>ist</strong> gross. Die me<strong>ist</strong>en<br />

Hauptfiguren berichten aus der Ich-Perspektive<br />

aus einem urban geprägten Alltag,<br />

wir nehmen teil an ihren Gedankengängen<br />

und erfahren, dass sie eigentlich überhaupt<br />

nicht masoch<strong>ist</strong>isch veranlagt sind<br />

und selber über die grosse Lust staunen,<br />

die ihnen dominante Partner bereiten können.<br />

Besonders deutlich wird dieser Aspekt<br />

beim Roman «Colours of Love – Entblösst»<br />

von Kathryn Taylor. Hier begleitet<br />

die Hauptfigur ihren dominanten Geliebten<br />

in einen «dieser Clubs», doch sie kann<br />

sich anderen Männern nicht hingeben. Der<br />

Geliebte versteht seine Herzensdame, verteidigt<br />

sie mit Fäusten und entschliesst<br />

sich, eine echte Beziehung mit ihr aufzubauen.<br />

Die Gratwanderung zwischen verrucht<br />

und brav gelingt hier vorzüglich, und<br />

diese Gratwanderung macht wohl auch<br />

den Erfolg der neuen Unterwerfungsliteratur<br />

aus: Im Zentrum stehen nicht lasterhafte<br />

Weiber, sondern gewöhnliche Frauen,<br />

die sich trauen, ein paar Schritte aus der<br />

Normalität zu machen. Das alles erhöht<br />

das Identifikationspotenzial beträchtlich,<br />

und wenn man die Sache nicht zu ernst<br />

nimmt, können solche Bücher Spass machen.<br />

Wie aber soll man bei den Hunderten<br />

von Neuerscheinungen Spreu vom Weizen<br />

trennen Nun, die me<strong>ist</strong>en neuen Titel erscheinen<br />

als Taschenbücher oder als<br />

eBooks und sind nicht teuer. Deshalb kann<br />

man ohne grossen Verlust eine Art Speed-<br />

Dating mit Büchern wagen: Man kauft<br />

gleich ein paar Titel – und macht sich lustvoll<br />

auf die Suche nach dem, das wirklich<br />

zu einem passt.<br />

Venus im Pelz<br />

Leopold von Sacher-Masoch<br />

281 Seiten<br />

CHF 14.90<br />

Insel Taschenbuch<br />

Josephine Mutzenbacher<br />

247 Seiten<br />

CHF 11.60<br />

Rowohlt<br />

9 ½ Wochen<br />

Elizabeth McNeill<br />

160 Seiten<br />

CHF 24.90<br />

Marterpfahl<br />

Fire after Dark – Dunkle<br />

Sehnsucht<br />

Sadie Matthews<br />

375 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Fischer Taschenbuch<br />

Im Schatten der Lust<br />

Sandra Henke<br />

239 Seiten<br />

CHF 12.90<br />

Heyne<br />

80 Days –<br />

Die Farbe der Lust<br />

Vita Jackson<br />

368 Seiten<br />

CHF 19.90<br />

carl’s books<br />

Crossfire – Versuchung<br />

Sylvia Day<br />

413 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Heyne<br />

Colours of Love – Entblösst<br />

Kathryn Taylor<br />

320 Seiten<br />

CHF 16.90<br />

Bastei-Lübbe<br />

Andrea Camilleri<br />

Die Tage des<br />

Zweifels<br />

Im Fahrwasser einer Luxusjacht wird<br />

ein namenloser Toter angespült.<br />

Die mondäne Schiffskapitänin wirkt<br />

ebenso mysteriös wie ihre Besatzung.<br />

Aber das <strong>ist</strong> nicht der einzige Grund,<br />

weshalb Commissario Montalbano<br />

so häufig am Hafen von Vigàta<br />

anzutreffen <strong>ist</strong>. Denn Salvo <strong>ist</strong> verliebt<br />

– und zwar in Laura, die Chefin der<br />

Hafenkommandatur. Doch wie soll<br />

er ihr das sagen Wie soll er es seiner<br />

Livia beibringen Darf er überhaupt<br />

in Laura verliebt sein, oder <strong>ist</strong> sie nur<br />

der emotionale Rettungsanker für<br />

sein fortgeschrittenes Alter Und wie<br />

soll er hinter das Geheimnis des Toten<br />

kommen, wenn alle Zeugen tun,<br />

als wären sie stumm wie Fische<br />

Der 14. Teil der erfolgreichen Serie<br />

um Commissario Montalbano.<br />

251 Seiten<br />

CHF 31.90<br />

Lübbe<br />

ISBN 978-3-7857-2466-8<br />

Derek B. Miller<br />

Ein seltsamer<br />

Ort zum<br />

Sterben<br />

Nach dem Tod seiner Frau <strong>ist</strong> der<br />

82-jährige Sheldon Horowitz zu<br />

seiner Enkelin nach Oslo gezogen – in<br />

ein fremdes Land ohne Juden. Viel<br />

Zeit, um über die Vergangenheit<br />

nachzudenken. All die Erinnerungen.<br />

All die Toten. Eines Tages hört Sheldon<br />

aus dem Treppenhaus Krach: Er<br />

öffnet die Tür, und in seiner Wohnung<br />

steht eine Frau mit einem kleinen<br />

Jungen. Kurze Zeit später <strong>ist</strong> die<br />

Tür aufgebrochen, die Frau tot und<br />

Sheldon mit dem Kind auf der Flucht<br />

den Oslofjord hinauf. Was wollen die<br />

Verfolger von dem Jungen Sheldon<br />

weiss es nicht. Aber er weiss: Sie werden<br />

ihn nicht kriegen.<br />

Ein humorvoller Thriller mit einem<br />

Schuss Roadmovie und einer Portion<br />

Lebenserinnerungen.<br />

416 Seiten<br />

CHF 23.90<br />

rowohlt POLARIS<br />

ISBN 978-3-499-23086-8<br />

Ina Haller<br />

Tod im Aargau<br />

Nach der spektakulären Ermordung<br />

eines Erfolgsautors muss sich die<br />

Verlagsmitarbeiterin Andrina den<br />

bohrenden Fragen der Polizei stellen.<br />

Dann überschlagen sich die Ereignisse:<br />

Andrina findet die Verlagsräume<br />

verwüstet vor. Kurz darauf nimmt<br />

sich eine der beiden Verlegerinnen<br />

das Leben, und die Lektorin überlebt<br />

nur knapp einen Mordanschlag. Nach<br />

und nach erhärtet sich der Verdacht,<br />

dass die schrecklichen Ereignisse mit<br />

Andrina selbst zusammenhängen und<br />

sie in akuter Gefahr schwebt. Doch<br />

wer könnte einen Grund haben, sie<br />

zu töten<br />

224 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Emons<br />

ISBN 978-3-95451-076-4<br />

Arne Dahl<br />

Bussestunde<br />

Spätsommer in Stockholm, Sonntagnachmittag<br />

zwischen drei und vier:<br />

In dieser scheinbar friedvollen Zeit<br />

geschieht ein buchstäblich unsichtbares<br />

Verbrechen. Der schiere Zufall<br />

macht Lena Lindberg, ein Mitglied der<br />

A-Gruppe, zur ahnungslosen Zeugin.<br />

Während ihr Vorgesetzter Paul Hjelm<br />

den undankbaren Auftrag erhält, den<br />

verschwundenen Geheimdienstchef<br />

zu finden, stösst die A-Gruppe auf<br />

eine Serie sad<strong>ist</strong>ischer Morde an<br />

jungen Frauen. Doch nicht allein die<br />

Tatsache, dass auch Hjelms Tochter<br />

Tora ins Visier des Täters gerät, <strong>ist</strong><br />

der Grund für die aussergewöhnlichen<br />

Mittel, zu denen die A-Gruppe<br />

greift ...<br />

Der zehnte Fall für die legendäre<br />

Stockholmer A-Gruppe: Arne Dahl<br />

lässt Böses mit Bösem vergelten<br />

und beschert seinen Lesern das<br />

überraschende Finale seiner vielfach<br />

preisgekrönten Serie.<br />

464 Seiten<br />

CHF 32.90<br />

Piper<br />

ISBN 978-3-492-04969-6


20 | Neue Bildbände Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf Neue Bildbände | 21<br />

Schöner Lesen<br />

Schöne Bücher findet man überall bei Orell Füssli – die allerschönsten gibt es aber bei<br />

Krauthammer, der Abteilung für Kunst-, Architektur-, Design- und Fotobücher in der Filiale<br />

Kramhof in Zürich. Abteilungsleiterin Mirjam Kühnis hat einige besonders eindrückliche<br />

Neuerscheinungen herausgepickt.<br />

«Zum Thema Wohnen findet man bei<br />

Krauthammer eine grosse Auswahl an Büchern<br />

zu jedem Stil und für jeden Geschmack.<br />

‹Holly Beckers wunderbare<br />

Wohnideen› finde ich besonders gelungen,<br />

weil es nicht einfach geglückte Einrichtungen<br />

zeigt, sondern eine konkrete Anleitung<br />

gibt, wie man beim Einrichten vorgehen<br />

kann. Ich gehöre auch zu denen, die beim<br />

Einrichten nicht so recht wissen, wie sie<br />

beginnen sollen, und mir erscheint dieses<br />

Buch deshalb so schön wie nützlich. Die<br />

US-Amerikanerin Holly Becker zeigt, wie<br />

man sein Zuhause in acht Schritten – vom<br />

Vorbereiten bis zum Dekorieren – neu gestalten<br />

kann. Das Buch bietet viele nützliche<br />

Tipps sowie wertvolle L<strong>ist</strong>en und Fragebögen;<br />

es unterstützt einen beim<br />

Budgetieren und beim Finden des eigenen<br />

Stils. Und natürlich wartet es auch mit vielen<br />

tollen Einrichtungsbeispielen auf, die<br />

von der Autorin kompetent kommentiert<br />

werden.»<br />

Holly Beckers wunderbare<br />

Wohnideen<br />

Holly Becker<br />

207 Seiten<br />

CHF 39.90<br />

Callwey<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

«Wenn wir gerade bei Stilfragen sind: Für<br />

viele <strong>ist</strong> ja auch das Velo Ausdruck ihres<br />

Lifestyles. Das schöne Buch ‹Velo – 2nd<br />

Gear› dokumentiert die aktuelle urbane<br />

Zweirad-Kultur. Grosszügige Bildstrecken<br />

zeigen originelle Bikes und nicht minder<br />

originelle Accessoires, geben Einblick in<br />

bestimmte Fahrrad-Szenen und verraten,<br />

wer die schönsten Gefährte herstellt. Alles<br />

nach dem Motto: ‹I Bike, Therefore I Am›<br />

– ich fahre Velo, also bin ich. Dieses Buch<br />

spricht wohl nur eine ganz kleine Zielgruppe<br />

an, aber ich habe es hier trotzdem vorstellen<br />

wollen – als gutes Beispiel dafür,<br />

dass man heute wirklich für jeden und jede<br />

ein tolles Buch findet. Einfach in den Krauthammer<br />

kommen und schmökern!»<br />

Velo – 2nd Gear<br />

Sven Ehmann<br />

168 Seiten<br />

CHF 53.–<br />

Die Gestalten<br />

«Wer sich für fremde Welten interessiert,<br />

dürfte auch am nächsten Buch seine helle<br />

Freude haben – an ‹The Design Hotels<br />

Book›. Der elegante bronzefarbene Schmöker<br />

präsentiert die grösste mir bekannte<br />

Zusammenstellung von Designerhotels.<br />

Vorgestellt werden neue und bewährte<br />

Häuser aller Weltregionen; schön gemachte<br />

Karten erleichtern die Orientierung, die<br />

kurzen Hotel-Porträts bieten umfassende<br />

Informationen über die Architektur und<br />

die Besonderheiten des jeweiligen Hauses.<br />

Natürlich wird alles mit vielen tollen Fotos<br />

abgerundet. Das Buch macht grosse Lust,<br />

gleich die Koffer zu packen und abzurauschen<br />

– wären diese Hotels nur nicht so<br />

teuer!»<br />

The Design Hotels Book<br />

792 Seiten<br />

CHF 85.–<br />

Die Gestalten<br />

«René Burri war unser Stargast, als wir vor<br />

zwei Jahren den Krauthammer im Kramhof<br />

eröffneten. In der Regel kennt man<br />

Burri als Schwarz-Weiss-Fotografen; weltberühmt<br />

sind seine Porträts von Che Guevara,<br />

Pablo Picasso oder Le Corbusier. Das<br />

neue Buch ‹Impossible Reminiscences›<br />

präsentiert nun eine Sammlung von Burri-<br />

Bildern in Farbe. Der grosse Band belegt,<br />

dass der Zürcher auch ein Me<strong>ist</strong>er der<br />

Farbfotografie <strong>ist</strong>. Die bislang zume<strong>ist</strong> unveröffentlichten<br />

Bilder entstanden während<br />

Burris fotojournal<strong>ist</strong>ischer Reisen<br />

rund um die Welt; sie geben Einblick in den<br />

Alltag ganz verschiedener Kulturen, und<br />

mir imponiert, wie Burri überall eine gewisse<br />

Ästhetik einfangen kann. Spannend<br />

<strong>ist</strong> auch, dass er am Ende des Buchs jede<br />

einzelne Aufnahme kommentiert und in<br />

einen Kontext stellt. Dieses Buch <strong>ist</strong> ein<br />

Genuss für Fotografie-Fans und alle, die<br />

sich für fremde Welten interessieren.»<br />

Impossible Reminiscences<br />

René Burri<br />

240 Seiten<br />

CHF 122.–<br />

Phaidon<br />

Holly Becker erklärt einem minutiös, wie man sein Heim so toll einrichtet.


22 | Neue Bildbände Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf Spezial – Ratgeber | 23<br />

Books<br />

Spezial<br />

«Mein Liebling unter den Neuerscheinungen<br />

<strong>ist</strong> ‹A map of the world›. Es scheint unter<br />

jungen Designerinnen und Designer<br />

grosse Mode zu sein, sich mit Landkarten<br />

zu beschäftigen. Anders lässt sich die Fülle<br />

an spannenden, hübschen, aufregenden,<br />

überraschenden, bunten, dekorativen und<br />

von A bis Z speziellen Landkarten und<br />

Stadtplänen, die dieses Buch vereint, wohl<br />

kaum erklären. Manche Karten sind exakt<br />

und lesbar, andere gehören eher in die Kategorie<br />

‹Experimente› – alle aber machen<br />

grossen Spass. Manchmal fühlt man sich<br />

fast an Wimmelbilder erinnert, so übervoll<br />

sind manche Karten. Und man kann sich in<br />

vielen Darstellungen regelrecht verlieren,<br />

vor allem in jenen, die sich mit einer bekannten<br />

Stadt beschäftigen.»<br />

A Map of the World<br />

Antonis Antoniou<br />

221 Seiten<br />

CHF 59.–<br />

Gestalten<br />

Krauthammer<br />

Orell Füssli<br />

Jahrzehntelang war die Buchhandlung<br />

Krauthammer an der Oberen Zäune im<br />

Zürcher Niederdorf ein Mekka für alle, die<br />

Kunstbücher liebten – Architekten, Designer<br />

oder Kulturfreunde. 2001 übernahm<br />

Orell Füssli das renommierte Geschäft und<br />

verlegte es in einen vergrösserten Laden<br />

an der Marktgasse. Die Erweiterung der<br />

Filiale Kramhof 2011 ermöglichte dann<br />

einen erneuten Umzug: Heute <strong>ist</strong> der<br />

Krauthammer eine 300 Quadratmeter<br />

grosse, helle und besonders schön gestaltete<br />

Abteilung des Hauptgeschäfts an der<br />

Zürcher Bahnhofstrasse, sozusagen eine<br />

Spezialbuchhandlung in der Buchhandlung.<br />

Krauthammer bietet die schweizweit<br />

grösste Auswahl an Architektur-, Grafik-,<br />

Design- und Kunstbüchern und <strong>ist</strong> ein Eldorado<br />

für alle, die schöne Bücher mögen:<br />

Hier findet man neben den klassischen<br />

Bildbänden auch viele originelle Neuerscheinungen<br />

zu sämtlichen Themen rund<br />

um Mode, Inneneinrichtung, Fotografie und<br />

Style – und unzählige Bücher, die sich zum<br />

Schenken eignen. Geleitet wird die Abteilung<br />

von der 37-jährigen Mirjam Kühnis; sie<br />

hat auch die Bücher ausgesucht, die wir in<br />

diesem Beitrag vorstellen. «Am schönsten<br />

finde ich die Atmosphäre im Krauthammer,<br />

wenn es sich am Abend viele Leute mit unseren<br />

Büchern in der Sitzlounge gemütlich<br />

machen», sagt sie über ihren Arbeitsort.<br />

Reisebücher:<br />

Vorfreude und Hilfe<br />

vor Ort<br />

Wer eine Reise tut, der kann nicht nur etwas erleben. Er kann sich mit<br />

Reiseführern schon Monate vorher auf das Ziel einstellen und dadurch<br />

die Vorfreude erhöhen. Vor Ort aber erleichtern Reiseführer die<br />

Orientierung und liefern viele Informationen, die den Genuss erhöhen.<br />

Buchhändlerin Mirjam<br />

Kühnis: «Eine Flut<br />

von tollen Sachen!»


24 | Spezial – Reisebücher Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 25<br />

Weltweit wegweisend<br />

Hallwag Kümmerly+Frey <strong>ist</strong> der führende Schweizer Verlag<br />

für Tour<strong>ist</strong>ik. Fritz Ruchti <strong>ist</strong> zuständig für den Verkauf in der<br />

Schweiz – und weiss, welche Reiseführer besonders beliebt sind.<br />

Markus Ganz<br />

Fritz Ruchti von Hallwag Kümmerly+Frey:<br />

«Viele Reisende benützen die Bücher schon<br />

Wochen oder Monate im Voraus für die<br />

Planung.»<br />

«Books»: Der Buchhandel stagniert. Gilt<br />

das auch für den Bereich Tour<strong>ist</strong>ik<br />

Fritz Ruchti: Nein, hier nahm der Umsatz<br />

im Schweizer Markt um 4,5 Prozent, in<br />

den Teilbereichen der Reiseführer und<br />

Karten sogar um 9 Prozent zu.<br />

Wie erklären Sie sich dieses erstaunliche<br />

Wachstum<br />

Die Wirtschaftslage in der Schweiz <strong>ist</strong> anhaltend<br />

gut. Die Schweizer reisen deshalb<br />

nach wie vor sehr gern und benötigen<br />

dazu Informationen. Das gute Ergebnis<br />

hat auch damit zu tun, dass die Abwanderung<br />

ins Internet in diesem Bereich<br />

nicht so ausgeprägt <strong>ist</strong> wie etwa bei der<br />

Belletr<strong>ist</strong>ik.<br />

Hat sich die Nachfrage nach bestimmten<br />

geografischen Zielen verändert<br />

Zunehmend gefragt sind Reiseführer für<br />

Europas Metropolen in Kombination mit<br />

sehr guten Karten. Das Gebiet Nordamerika<br />

mit Schwerpunkten an der West- und<br />

Ostküste sowie Kanada liegt ebenfalls<br />

im Trend. Zugenommen hat zudem das<br />

Interesse nach Individual-Reiseführern<br />

für Asien, Australien und Südamerika, abgenommen<br />

hat dafür die Nachfrage nach<br />

Büchern über Nordafrika und über die<br />

klassischen Badeferiendestinationen entlang<br />

des Mittelmeers. Anhaltend gefragt<br />

sind Stadtführer für Paris, London, Berlin,<br />

Wien, Hamburg, Rom und – zunehmend –<br />

Barcelona.<br />

Sehen Sie einen Trend bei der Aufmachung<br />

der Reisebücher<br />

Es werden mehr Bilder und wesentlich<br />

mehr Grafiken eingesetzt, etwa 3D-<br />

Darstellungen von Gebäuden wie Kirchen<br />

und Palästen bei Baedeker. Zunehmend<br />

finden Leserinnen und Leser auch Links<br />

und QR-Codes, die sehr einfach zu weiterführenden<br />

Informationen im Internet<br />

führen. Dies <strong>ist</strong> vor allem bei sich schnell<br />

verändernden Themen wichtig, damit die<br />

Aktualität gesichert bleibt.<br />

Gibt es ungewöhnliche neue Konzepte<br />

Neue Ansätze haben es schwer. Grundsätzlich<br />

decken neu aufgelegte Reiseführer<br />

ein wesentlich breiteres Spektrum an<br />

Themen ab als früher.<br />

Werden Reiseführer spezifischer auf die<br />

Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen<br />

ausgerichtet<br />

Nein, es würde sich nicht lohnen, mehrere<br />

Titel für eine Destination zu schaffen. Es<br />

wird vielmehr versucht, in den einzelnen<br />

Reiseführern verschiedene Zielgruppen<br />

besser bedienen zu können.<br />

Stimmt der Eindruck, dass eBooks bei<br />

den Reiseführern noch keine grosse<br />

Bedeutung haben<br />

Ja, denn die me<strong>ist</strong>en Lesegeräte haben<br />

nur eine schwarzweisse Anzeige. Sie sind<br />

deshalb zum Betrachten eigentlich farbiger<br />

Reiseführer nicht geeignet, machen<br />

schlicht keinen Spass. Tablets haben zwar<br />

farbige Displays, sind aber me<strong>ist</strong> zu gross<br />

und zu schwer. Sie spiegeln zudem bei<br />

Sonnenlicht stark, sind somit schlecht<br />

zum Lesen geeignet. Sowohl eReaders wie<br />

Tablets kosten immer noch relativ viel,<br />

und die Diebstahlgefahr <strong>ist</strong> in den Ferien<br />

me<strong>ist</strong> grösser. Man muss deshalb viel<br />

vorsichtiger sein als bei einem Buch, kann<br />

die Geräte nicht einfach im Auto oder auf<br />

einem Café-Tisch liegen lassen. Somit<br />

wird die positive Art, sich mit der Reise<br />

auseinanderzusetzen, zum «Stressfaktor».<br />

Hat das Buch auch Vorteile bei der<br />

Handhabung<br />

Viele Reisende benützen die Bücher schon<br />

Wochen oder Monate im Voraus für die<br />

Planung, machen Notizen, kleben Zettel<br />

hinein, geben sie den späteren Mitreisenden<br />

weiter. Diese eigentlich sehr einfachen<br />

Praktiken funktionieren elektronisch<br />

nur mit Hindernissen oder gar nicht. Aus<br />

diesen Gründen <strong>ist</strong> der eReiseführer ganz<br />

einfach noch nicht «massentauglich». Der<br />

Umsatzanteil von eReiseführern hat bis<br />

heute bei kaum einem Reiseführer-Verlag<br />

die 5-Prozent-Marke erreicht. Aber er<br />

wird wachsen.<br />

Wieso werden über zwei Drittel aller<br />

Reiseführer noch immer im stationären<br />

Buchhandel gekauft<br />

Der Kunde will das Buch in der Hand<br />

halten und durchblättern können. Denn<br />

er will sehen, ob es seine Erwartungen<br />

erfüllt oder nicht. Dies hat auch damit zu<br />

tun, dass Reiseführer keine Romane sind.<br />

Es gibt Angebote der verschiedenen Anbieter<br />

zu ein und derselben Stadt, die sich<br />

oft stark unterscheiden; zum Glück, denn<br />

die Geschmäcker und Bedürfnisse sind ja<br />

auch sehr verschieden. Beim Kauf übers<br />

Internet sind diese Unterschiede nur sehr<br />

schwer feststellbar.<br />

Hallwag<br />

Kümmerly+Frey<br />

Hallwag Kümmerly+Frey <strong>ist</strong> vor allem<br />

bekannt für Kartografie, pflegt aber auch<br />

ein breites Programm an Reiseführern.<br />

Er vertreibt Reiseführer der Verlage<br />

Baedeker, Marco Polo, DuMont, Dorling<br />

Kindersley, Lonely Planet, promobil,<br />

Caravaning, National Geographic Deutschland<br />

und Kunth Verlag in der Schweiz<br />

exklusiv.<br />

Für jede Reise das richtige Buch<br />

Markus Ganz<br />

Dorling Kindersley: Der Bestseller<br />

Als weltweit erfolgreichste Reihe gilt «Visà-Vis»<br />

von Dorling Kindersley. Der neue<br />

Reiseführer zu New Orleans zeigt deren herausragenden<br />

Merkmale. Trotz kompaktem<br />

Format vermitteln ungewöhnlich viele<br />

Fotografien, dreidimensionale Aufrisszeichnungen<br />

und Illustrationen einen guten<br />

Eindruck des Reiseziels. Vor Ort überzeugt<br />

die Reihe mit vielen Informationen zu<br />

Attraktionen sowie einer umfangreichen<br />

L<strong>ist</strong>e von Restaurants und Hotels. Für viele<br />

Städteziele gibt es neu eine herausnehmbare<br />

Extrakarte auf plastifiziertem Papier.<br />

New Orleans<br />

Marilyn Wood<br />

248 Seiten<br />

CHF 43.90<br />

Dorling Kindersley<br />

Kenya.<br />

Masai Mara.<br />

Migration – ein einmaliges Erlebnis<br />

DuMont: Anspruchsvoll<br />

Der deutsche Verlag DuMont hat mit seinen<br />

anspruchsvollen Kunst-Reisebüchern einen<br />

neuen Standard gesetzt, den er auch mit<br />

neuen Titeln etwa zu China und Sizilien einhält.<br />

Er bietet mit der Reihe «DuMont direkt»<br />

aber auch Kompaktführer für Citytrips<br />

und Kurzreisen an – schliesslich <strong>ist</strong><br />

man auch bei einem Wochenendausflug auf<br />

gute Informationen angewiesen. Im neuen<br />

Band zu Istanbul werden die Highlights in<br />

kurzen Kapiteln vorgestellt, dazu gehören<br />

natürlich alle wichtigen Adressen und ein<br />

grosser, herausnehmbarer Faltplan.<br />

Istanbul<br />

120 Seiten<br />

CHF 18.90<br />

DuMont<br />

Auf der Suche nach Nahrung wandern 2 Millionen Gnus, 250 000 Zebras und unzählige Antilopen<br />

jährlich ins Masai Mara Reservat. Dieses einmalige Naturschauspiel dürfen Sie auf gar<br />

keinen Fall verpassen. Sie übernachten im luxuriösen Exploreans Mara Rianta Camp **** ( * ) .<br />

CHF 465 pro Person/ Nacht, Reisedatum 1.8. – 31.10.2013<br />

Inbegriffen: All Inclusive, Übernachtung inkl. Pirschfahrt und Parkgebühren, Transfer vom/ zum Airstrip Masai Mara.<br />

ST/J/NBO/EXPMARA0121<br />

Weitere Infos zu diesem Angebot: www.travelhouse.ch/NBO0121<br />

Kontaktieren Sie den Afrika-Spezial<strong>ist</strong>en. Telefon 058 569 95 01<br />

Africantrails Sägere<strong>ist</strong>rasse 20 8152 Glattbrugg info.africantrails@travelhouse.ch www.travelhouse.ch<br />

Spannende Reiseberichte: blog.travelhouse.ch & facebook.com/travelhouse.ch<br />

Bikeline: Alles für die Veloferien<br />

Ein Naturerlebnis der besonderen Art bieten<br />

Velotouren. Der deutsche Verlag Esterbauer<br />

präsentiert mit seiner Reihe Bikeline<br />

eine Vielzahl von Büchern, die bei Touren<br />

in ganz Europa helfen. Für Schweizer besonders<br />

spannend <strong>ist</strong> wohl der «Bodensee-<br />

Radweg», der auf rund 260 Kilometern<br />

rund um Obersee, Untersee und Überlinger<br />

See führt. Das Buch stellt alle wichtigen<br />

Sehenswürdigkeiten vor und empfiehlt<br />

sinnvolle Etappen.<br />

Bodensee-Radweg<br />

119 Seiten<br />

CHF 19.90<br />

Esterbauer


Neue Freizeitkarten<br />

inklusive Gratisversion für Smartphone<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 27<br />

Baedeker: Synonym für Reiseführer<br />

Der erste Reiseführer des deutschen Verlags<br />

erschien bereits 1832 – kein Wunder,<br />

galt Baedeker lange als Synonym für Reiseführer.<br />

Seinen herausragenden Ruf hat<br />

Baedecker bis heute halten können, obwohl<br />

die Konkurrenz gross geworden <strong>ist</strong>.<br />

Dies <strong>ist</strong> darauf zurückzuführen, dass der<br />

Verlag die bewährten Qualitäten seiner<br />

Produkte bis heute pflegt. Dies bestätigen<br />

die neuen Reiseführer, die optisch aufgefrischt<br />

und übersichtlicher gemacht wurden.<br />

Die neue Ausgabe des Paris-Führers<br />

etwa besticht wie eh und je mit der Fülle<br />

und Genauigkeit der Angaben sowie mit<br />

speziellen Tipps. Hinzu kommen ein grossformatiger<br />

Stadtplan im Massstab<br />

1:15’000, anschauliche Infografiken und<br />

eindrückliche 3D-Darstellungen.<br />

Paris<br />

389 Seiten<br />

CHF 39.90<br />

Baedeker<br />

Marco Polo: Auch für Einwohner<br />

Von Marco Polo gibt es Reiseführer zu unzähligen<br />

Destinationen. Die Reihe «Insider-<br />

Tipps» bietet neben den üblichen Informationen<br />

und Karten auch Hinweise auf<br />

Attraktionen, die in anderen Reiseführern<br />

oft fehlen. Ein gutes Beispiel dafür <strong>ist</strong> der<br />

aktuelle Berlin-Führer, welcher der Berliner<br />

Clubszene viel Platz einräumt. Für einige<br />

Städte wie Zürich gibt es neu Cityguides,<br />

die sich nicht an Tour<strong>ist</strong>en, sondern an die<br />

Bewohner dieser Stadt richten. Einzigartig<br />

aber <strong>ist</strong> der Stadtführer «My New York<br />

City», der vom Pop-Art-Künstler James Rizzi<br />

farbenfroh illustriert wurde – allein sein<br />

Cityplan <strong>ist</strong> ein Kunstwerk für sich. Von «My<br />

New York City» gibt es auch eine grossformatige<br />

Kunstführer-Ausgabe mit ungewöhnlichen<br />

Gadgets wie einem Poster, zwei<br />

CDs sowie Gutscheinen für ein Kaffeetassen-Set<br />

und einen Regenschirm.<br />

My New York City<br />

James Rizzi, Peter Bührer<br />

239/352 Seiten<br />

CHF 32.90/145.–<br />

Marco Polo<br />

MairDuMont<br />

Haffmans & Tolkemitt: Raus in<br />

die Natur<br />

Ist Campieren spiessig Nein, meinen die<br />

Autoren der Reihe «Cool Camping», die eine<br />

neue Generation zum Schlafen unterm Sternenhimmel<br />

animieren will. Wer keine Lust<br />

auf Klimaanlage und Frühstücksbuffet<br />

habe, solle raus in die Natur. In «Cool Camping<br />

Europa» werden 80 «sensationelle<br />

Orte» zum Campen in ganz Europa vorgestellt,<br />

von Berlin Mitte über eine Insel vor<br />

Peniche in Portugal bis zu einem Platz direkt<br />

vor der Eigernordwand. Wer sich auf<br />

deutsche Orte konzentrieren möchte, für<br />

den gibt es «Cool Camping Deutschland».<br />

Und wer das Naturerlebnis kulinarisch abrunden<br />

möchte, findet im «Cool Camping<br />

Cookbook» angepasste Rezepte für klassische<br />

oder exotisch-raffinierte Gerichte.<br />

Cool Camping Europa<br />

Sophie Dawson u.a.<br />

318 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Haffmans & Tolkemitt<br />

© Davos.ch<br />

Wanderkarten<br />

Velokarten<br />

Mountainbike - Karten<br />

Winter - Erlebniskarten<br />

Indien.<br />

Märchen und Mythen.<br />

Outdoorkarten<br />

Geführte Gruppenreise – Rajasthan aus dem Märchenbuch<br />

Tauchen Sie ein in eine Zauberwelt voller Legenden und Traditionen. Prunkvolle Paläste,<br />

exotische Landschaften, bunte Märkte und eine lebensfrohe Bevölkerung reich an Traditionen<br />

und phantasie vollen Geschichten werden Sie in ihren Bann ziehen.<br />

14 Tage CHF 2445 pro Person, z. B. Reisedatum 6.10.2013<br />

Inbegriffen: Rundreise im klimatisierten Bus, Deutsch sprechende Reiseleitung. 12 Übernachtungen in guten Mittelklassehotels<br />

mit Halbpension, 1 Übernachtung im Manvar Desert Camp mit Vollpension, Besichtigungen inkl.<br />

Eintrittsgebühren. Reisedaten: 6.10., 4.11., 2.12.2013, 6.1., 2.2., 9.2., 3.3., 7.4. und 5.10.2014. SI/A/DEL/RTP100<br />

Weitere Infos zu diesem Angebot: www.travelhouse.ch/DEL7100<br />

www.swisstravelcenter.ch<br />

Kontaktieren Sie den Indien-Spezial<strong>ist</strong>en. Telefon 058 569 95 04<br />

Inditours Sägere<strong>ist</strong>rasse 20 8152 Glattbrugg info.inditours@travelhouse.ch www.travelhouse.ch<br />

Spannende Reiseberichte: blog.travelhouse.ch & facebook.com/travelhouse.ch


Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 29<br />

Entdecke und erlebe die Welt mit den<br />

Marco Polo Insider-Tipps.<br />

3x Karibik gewinnen!<br />

Weitere Informationen im teilnehmenden Buchhandel.<br />

Teilnehmen dürfen alle Personen ab 18 Jahre mit Wohnsitz<br />

in D / A / CH / L. Teilnahmeschluss: 30.08.2013<br />

Jetzt mitmachen!<br />

Reisen – aber nicht<br />

nach Plan<br />

Die Engländer sind sozusagen die Erfinder des neuzeitlichen<br />

Tourismus’ – und damit auch des Reiseberichts. Zwei neue<br />

Bücher sind besonders lesenswert, denn sie zeigen, wohin eine<br />

Reise führen kann, wenn sie nicht von Tourismusbüros, Fahrplänen<br />

und Websites in geordnete Bahnen gezwängt wird.<br />

Hanspeter Künzler<br />

Die Expedition auf den höchsten Berg der<br />

Erde, Rum Doodle genannt, beginnt mit<br />

einer Panne: Ausgerechnet Humphrey<br />

Jungle, der Mann, der als Funkexperte und<br />

Navigator ins Team eingeladen wurde,<br />

geht auf dem Weg zur Vorbesprechung im<br />

Londoner Verkehrsdschungel verloren.<br />

Erst viel später gelangt er doch noch zur<br />

Gruppe – nach einer Irrfahrt, die ihn über<br />

Cockfosters, Hounslow, Wales und Buenos<br />

Aires in eine Banditenhöhle in Yog<strong>ist</strong>an<br />

führt. Zu diesem Zeitpunkt <strong>ist</strong> den ur-englischen<br />

Gentlemen, die sich zur Besteigung<br />

aufgemacht haben, bereits ein weiteres<br />

Ungeschick zugestossen. Lancelot Constant,<br />

«eigens wegen seines Taktgefühles<br />

und Kameradschaftsge<strong>ist</strong>es ausgesucht»,<br />

hat wegen seiner lückenhaften Kenntnisse<br />

der Lokalsprache aus Versehen statt 3000<br />

Träger deren 30’000 engagiert. Die desaströse<br />

Besteigung endet – so scheint es zumindest<br />

– mit dem desolaten Ausruf: «Wir<br />

hatten den falschen Berg bestiegen!»<br />

Eine absurdere, tölpelhaftere Expedition<br />

<strong>ist</strong> unmöglich. Und doch: den Zeitgenossen,<br />

die den zum Heulen lustigen Roman<br />

im Jahr 1956 erstmals zu Gesicht bekamen,<br />

war der Inhalt plausibel genug, dass<br />

die Kritikerin der ehrwürdigen Publikation<br />

«Good Housekeeping» zugeben musste,<br />

erst nach der Hälfte des Buches gemerkt zu<br />

haben, dass es sich nicht um einen Dokumentarbericht<br />

handle. «Die Besteigung<br />

des Rum Doodle» <strong>ist</strong> ein Me<strong>ist</strong>erwerk bitterböser<br />

Satire. Denn die Lektüre von den<br />

Berichten, welche die grossen englischen<br />

Bergsteigerpioniere ein paar Jahre früher<br />

aus dem Himalaya oder vom Cresta Run in<br />

St. Moritz zurückgeschickt hatten, zeigt,<br />

dass die Realität von der Fiktion so weit<br />

nicht entfernt war. Da wie dort haben wir<br />

es mit exzentrischen Engländern privilegierter<br />

Abstammung zu tun, lauter Männern,<br />

die sich ins ferne Abenteuer stürzen,<br />

ohne sich dabei viel zu überlegen. Ihre<br />

Ausrüstung <strong>ist</strong> dürftig, dafür ihr Bewusstsein,<br />

heldenhafte Pioniertaten zu unternehmen,<br />

gewaltig. Die Lokalbevölkerung<br />

besteht für sie aus ungehobelten Muskelpaketen,<br />

die selbst dann, wenn es ohne<br />

ihre tatkräftige Mithilfe nicht mehr weiterginge,<br />

mit herablassender Nonchalance<br />

behandelt werden.<br />

«Die Besteigung des Rum Doodle» gilt in<br />

der britischen Bergsteigerszene längst als<br />

Insider-Tipp. Es <strong>ist</strong> sogar ein Flecken Antarktis<br />

offiziell nach ihm benannt worden,<br />

Mount Rumdoodle. Doch der Roman bietet<br />

mehr als amüsanten Lesestoff für Kletterer.<br />

«The Guardian» hat ihn auf seine L<strong>ist</strong>e der<br />

«1000 Bücher, die jeder gelesen haben<br />

muss» gesetzt, denn er kann durchaus als<br />

Kritik an der Überheblichkeit gelesen werden,<br />

die das Verhalten vieler Briten im Imperium<br />

prägte. Vielleicht war die Satire<br />

dem Publikum aber zu bissig: dem Autor<br />

William E. Bowman (1911-1985) brachte<br />

sie jedenfalls nicht allzu viel Glück. Bowman<br />

wuchs in Middlesbrough auf, entwickelte<br />

früh eine Passion fürs Wandern, bestieg<br />

aber nie einen höheren Berg als den<br />

Scafell Pike im Lake D<strong>ist</strong>rict. Er verdiente<br />

sich den Lebensunterhalt als Ingenieur.<br />

Obwohl «Die Besteigung des Rum Doodle»<br />

in mehrere Sprachen übersetzt wurde,<br />

konnte Bowman nur noch ein weiteres<br />

Buch veröffentlichen – eine Parodie auf<br />

Thor Heyerdahls Reisebericht von der<br />

Kon-Tiki. Jetzt liegt sein Me<strong>ist</strong>erwerk endlich<br />

in einer neuen Übersetzung auf<br />

Deutsch vor.<br />

Ein Reisebuch ganz anderer Art <strong>ist</strong> «Slow<br />

Travel – Die Kunst des Reisens». Dan Kieran<br />

gehörte zehn Jahre lang zur Redaktion<br />

von «The Idler», einer englischen Publikation,<br />

die sich dem Müssiggang verschrieben<br />

hat. Kieran nimmt als Anfangspunkt<br />

seiner Reisen ein Zitat des chinesischen<br />

Philosophen Lao Tzu: «Ein guter Reisender<br />

hat keinen festen Plan. Und hat nicht vor, je<br />

an ein Ziel zu gelangen ...» Das moderne<br />

Reisen mit peinlich genau berechneten, auf<br />

Effizienz bedachten Fahr- und Flugplänen<br />

sei gleichermassen ein Anti-Reisen, meint<br />

er: Statt den Reisenden mit dem Unerwarteten<br />

zu konfrontieren und im wahrsten<br />

Sinn des Worts seinen Horizont zu erweitern,<br />

sei die moderne Reiseindustrie darauf<br />

bedacht, ihn nicht mit unerwarteten<br />

Erlebnissen zu stressen. Mit sanfter Eindringlichkeit<br />

und vielen appetitanregenden<br />

Anekdoten aus den eigenen Reisetagebüchern<br />

– ein Wochenende auf der Insel<br />

Mull, eine Zugreise nach Prag und so weiter<br />

– plädiert er für das instinktive Reisen<br />

ganz der Nase nach. «Slow Travel» <strong>ist</strong> ein<br />

Buch wie eine Reise, die alleweil ein lesendes<br />

Hockenbleiben in der Stube wert <strong>ist</strong>.<br />

Die Besteigung des<br />

Rum Doodle<br />

William E. Bowman<br />

180 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Rogner & Bernhard<br />

Slow Travel –<br />

Die Kunst des Reisens<br />

Dan Kieran<br />

250 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Rogner & Bernhard


30 | Buchtipps Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 31<br />

Günter Liehr<br />

Marseille –<br />

Porträt einer<br />

widerspenstigen<br />

Stadt<br />

Yann Arthus-Bertrand<br />

Der Mensch und<br />

die Weltmeere<br />

Vis-à-Vis Italien<br />

Ray Hartung<br />

Nepal<br />

Catharina Ingelman-<br />

Sundberg<br />

Wir fangen<br />

gerade erst an<br />

Susan Elizabeth Phillips<br />

Wer Ja sagt,<br />

muss sich<br />

wirklich trauen<br />

Kr<strong>ist</strong>in Harmel<br />

Solange am Himmel<br />

Sterne stehen<br />

Astrid Rosenfeld<br />

Elsa ungeheuer<br />

Marseille spielte immer eine besondere<br />

Rolle unter Frankreichs grossen<br />

Städten. Sie verteidigte ihre Eigenständigkeit<br />

und wehrte sich gegen Zugriffe<br />

des Zentralstaats. Dafür wurde sie<br />

auch mehrmals hart bestraft. Das<br />

Buch beschreibt die Bedeutung des<br />

Marseiller Hafens als Durchgangsstation<br />

für Waren und Reisende, Einund<br />

Auswanderer, Kolonialbeamte,<br />

Truppen- und Fluchtbewegungen.<br />

Wellen von Immigranten haben das<br />

Bevölkerungsgemisch dieser Stadt<br />

hervorgebracht. Dass die zentralen<br />

Viertel noch heute von Immigranten<br />

und kleinen Leuten bewohnt sind,<br />

passt der aktuellen Stadtpolitik nicht<br />

ins Konzept. Ob aber die «Normalisierung»<br />

gelingt, <strong>ist</strong> bei dieser Stadt<br />

fraglich.<br />

«Günter Liehrs Darstellung von Marseille<br />

fasziniert – weil Liehr ein guter<br />

Erzähler <strong>ist</strong>.» SRF 2 Kultur<br />

Yann Arthus-Bertrand <strong>ist</strong> der wohl erfolgreichste<br />

Luftbildfotograf der Welt<br />

– und ein engagierter Umweltschützer.<br />

In diesem überwältigenden Band<br />

porträtiert er gemeinsam mit dem<br />

Unterwasserfotografen Brian Skerry<br />

die Grossartigkeit der Weltmeere<br />

und ihrer Bewohner in über 200<br />

Fotografien. Namhafte Journal<strong>ist</strong>en,<br />

Wissenschaftler und Umweltaktiv<strong>ist</strong>en<br />

weisen mit ihren Beiträgen auf<br />

die Überfischung, das Artensterben<br />

und die Verschmutzung der Meere<br />

hin. Gleichzeitig zeigen sie Lösungswege<br />

auf. Dieses Buch dokumentiert<br />

auf nie zuvor gesehene Weise die<br />

Faszination und Bedeutung der Meere<br />

für uns Menschen – und zeigt, was wir<br />

tun müssen, um diesen Lebensraum<br />

in Zukunft zu bewahren.<br />

Nur wenige Länder können sich<br />

mit Italien hinsichtlich Kunst, Küche<br />

und h<strong>ist</strong>orischem Erbe messen.<br />

Mindestens ebenso berühmt wie für<br />

seine Kultur <strong>ist</strong> das Land auch für<br />

seine Lebensfreude und natürlich<br />

für die traumhaften Strände. Dieser<br />

Reiseführer macht den Urlaub in<br />

Italien zum unvergesslichen Erlebnis.<br />

Neben Landschaft, Geschichte und<br />

Charakter werden die Höhepunkte<br />

jeder Region Italiens detailliert vorgestellt.<br />

Drei ausführliche Kapitel über<br />

Venedig, Florenz und Rom zeigen die<br />

schönsten Sehenswürdigkeiten dieser<br />

Städte. Umfassende Informationen<br />

zu Hotels, Restaurants, Shopping und<br />

Unterhaltung sowie viele praktische<br />

Reisetipps bieten alles Wichtige für<br />

eine entspannte Reise.<br />

Nepal <strong>ist</strong> ein Land der Superlative:<br />

Neben dem Mount Everest befinden<br />

sich weitere sieben 8000er im Norden<br />

des Landes. Gerade einmal 200<br />

Kilometer trennen die Berggiganten<br />

des Himalaya vom Flachland des Terai<br />

mit seinem subtropischem Klima.<br />

Mehr als 60 Völker leben in Nepal,<br />

ebenso vielfältig sind die Traditionen<br />

und religösen Bräuche. Ausgangspunkt<br />

vieler Trekkingrouten <strong>ist</strong> das<br />

schön gelegene Pokhara am Phewa-<br />

See. Die me<strong>ist</strong>en Urlauber zieht es<br />

in die Berge, wo sich fantastische<br />

Wanderungen unternehmen lassen.<br />

Dieser Reiseführer beschreibt alle<br />

Regionen Nepals, die wichtigsten<br />

Städte und Nationalparks. Zahlreiche<br />

bekannte und weniger bekannte<br />

Trekkingrouten werden ausführlich<br />

vorgestellt.<br />

Alles begann mit dem Chor in einem<br />

trostlosen Altersheim. Das Singen<br />

erinnerte Märtha, Snille, Kratze,<br />

Stina und Anna-Greta an bessere<br />

Tage – und daran, dass es im Leben<br />

einst noch so viel zu entdecken gab.<br />

Überall <strong>ist</strong> es besser als hier, sagen<br />

sich die fünf Freunde und schmieden<br />

einen verwegenen Plan: Sie werden<br />

ein Verbrechen begehen, um ins<br />

Gefängnis zu kommen. Denn dass<br />

es dort besser sein wird, weiss doch<br />

jeder. Aber ein Verbrechen zu planen<br />

und durchzuführen <strong>ist</strong> gar nicht so<br />

einfach – schon gar nicht, wenn man<br />

es eigentlich ehrlich meint.<br />

Eine wunderbare Geschichte über<br />

eine diebische Rentnergang, die nach<br />

einem Aufruhr im Altersheim ein<br />

neues Leben beginnt.<br />

Wo <strong>ist</strong> die Braut Ausgerechnet an<br />

ihrem Hochzeitstag flüchtet Lucy in<br />

letzter Sekunde und lässt ihren eigentlich<br />

so unwiderstehlichen Bräutigam<br />

vor dem Altar stehen. Er – und die<br />

komplette Kleinstadt – bleiben ratlos<br />

zurück. Als Lucy auf einen bedrohlich<br />

aussehenden, aber auch sehr<br />

reizvollen Fremden trifft, schwingt sie<br />

sich spontan auf den Rücksitz seines<br />

Motorrads. Das Ziel: unbekannt! Auf<br />

ihrem wilden Roadtrip versucht Lucy,<br />

mehr über diesen Mann zu erfahren,<br />

der so viel über sie zu wissen scheint,<br />

aber nichts über sich selbst preisgeben<br />

will …<br />

Rose McKenna liebt den Abend.<br />

Wenn am Himmel über Cape Cod<br />

an der amerikanischen Westküste<br />

die ersten Sterne sichtbar werden,<br />

erinnert sie sich – an die Menschen,<br />

die sie liebte und verlor und von denen<br />

sie nie jemandem erzählte. Doch<br />

Rose weiss, dass es bald zu spät sein<br />

wird, irgendjemandem irgendetwas<br />

zu erzählen – denn sie hat Alzheimer.<br />

Bald wird niemand mehr an das junge<br />

Paar denken, das sich 1942 in Paris<br />

die Liebe versprach. Als Rose ihre<br />

Enkelin Hope bittet, nach Frankreich<br />

zu reisen, ahnt diese nichts von der<br />

herzzerreissenden Geschichte, die sie<br />

dort entdecken wird: eine Geschichte<br />

voller Hoffnung, Schmerz und einer<br />

alles überwindenden Liebe.<br />

Lorenz Brauer <strong>ist</strong> der neue Star der<br />

internationalen Kunstszene. Doch<br />

kaum einer ahnt, dass hinter seinem<br />

kometenhaften Aufstieg nicht nur<br />

Talent, sondern der raffinierte Plan<br />

zweier einflussreicher Frauen steckt.<br />

Karl Brauer, Lorenz’ jüngerer Bruder,<br />

kennt die Hintergründe. Und er weiss<br />

auch, dass die verrätselten Bilder des<br />

aufstrebenden Malers ihren Ursprung<br />

in der Kindheit haben: als Lorenz und<br />

Karl ihre Mutter verloren hatten und<br />

Elsa in ihr Leben trat. Elsa mit den<br />

Streichholzarmen, dem rotzfrechen<br />

Mundwerk, den extravaganten<br />

Kleidern. Das Mädchen, an das einer<br />

der Brüder sein Herz verlor und der<br />

andere seine Illusionen. Das Mädchen,<br />

das keiner von beiden vergessen<br />

kann.<br />

12. Auflage 2013/2014<br />

260 Seiten, Mit farbigem Bildteil<br />

304 Seiten<br />

720 Seiten<br />

456 Seiten<br />

416 Seiten<br />

512 Seiten<br />

480 Seiten<br />

288 Seiten<br />

CHF 42.90<br />

CHF 59.00<br />

CHF 49.90<br />

CHF 29.90<br />

CHF 24.90<br />

CHF 23.90<br />

CHF 15.90<br />

CHF 31.90<br />

Rotpunktverlag<br />

Knesebeck<br />

Dorling Kindersley<br />

Trescher<br />

FISCHER Scherz<br />

Blanvalet<br />

Blanvalet<br />

Diogenes<br />

ISBN 978-3-85869-5352<br />

ISBN 978-3-86873-569-7<br />

ISBN 978-3-8310-2313-4<br />

ISBN 978-3-89794-198-4<br />

ISBN 978-3-651-00060-5<br />

ISBN 978-3-7645-0455-7<br />

ISBN 978-3-442-38121-0<br />

ISBN 978-3-257-06850-4


32 | Kaffeepause Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Kaffeepause | 33<br />

Das dritte Licht<br />

Claire Keegan<br />

96 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

Steidl<br />

Dunkle Gewässer<br />

Joe R. Lansdale<br />

320 Seiten<br />

CHF 31.90<br />

Tropen bei Klett-Cotta<br />

In Küstennähe<br />

Joachim B. Schmidt<br />

368 Seiten<br />

CHF 33.90<br />

Landverlag<br />

Die Debatte<br />

Was machen Buchhändlerinnen in der Kaffeepause Sie<br />

plaudern über Bücher. Books hat sich im Café Bagels in<br />

der Filiale Winterthur zu den Orell-Füssli-Mitarbeiterinnen<br />

Patrizia Melaugh und Bettina Zeidler gesetzt.<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

Erik Brühlmann<br />

«Books»: Heute beginnen wir mit einem<br />

schmalen Buch: «Das dritte Licht» von<br />

Claire Keegan. Du hast es mitgebracht,<br />

Patrizia. Worum geht’s<br />

Patrizia Melaugh (PM): Die Geschichte<br />

spielt im ländlichen Irland. Ein Mädchen<br />

kommt für ein paar Sommermonate zu<br />

Pflegeeltern; sie stammt aus einer grossen<br />

Familie, ihre Mutter <strong>ist</strong> schon wieder<br />

schwanger, und der Vater bringt das<br />

Mädchen zur Gastfamilie, einem kinderlosen<br />

Paar. Claire Keegan beschreibt die<br />

Zeit, die das Mädchen bei den Pflegeeltern<br />

verbringt; alltägliche Dinge wie das Essen<br />

bei der Ankunft oder der abendliche Besuch<br />

von Freunden sind für das Mädchen<br />

ungewohnt, und erstmals fühlt es sich<br />

umsorgt. Diese Erwachsenen kümmern<br />

sich um das Mädchen, kaufen ihm neue<br />

Kleider oder führen es auch einmal an der<br />

Hand. Aus Kinderperspektive wird hier<br />

eine ganz einfache Geschichte erzählt.<br />

Wie endet sie<br />

Bettina Zeidler (BZ): Das Mädchen<br />

kommt zurück zu ihrer Familie, denn<br />

der Bruder <strong>ist</strong> zur Welt gekommen. Das<br />

Ende hat mich tief beeindruckt: wie das<br />

Mädchen von den leiblichen Eltern lieblos<br />

empfangen wird und dann ihrem Gastvater<br />

nachrennt, um ihn noch einmal zu<br />

umarmen.<br />

PM: Das Mädchen hat in den Monaten<br />

bei den Pflegeeltern wichtige Erfahrungen<br />

gemacht und auch ein Geheimnis<br />

entdeckt. Ich fand eindrücklich, wie die<br />

Pflegemutter zu Beginn mit dem Problem<br />

des Bettnässens umging – geschickt<br />

und unaufgeregt löst sie das Problem.<br />

Claire Keegan zeigt, wie unterschiedlich<br />

Familien sein können und dass die eigene<br />

Familie nicht unbedingt ein Hort von<br />

Geborgenheit und Liebe sein muss. Trotz<br />

seines geringen Umfangs hat «Das dritte<br />

Licht» eine unheimlich grosse Tiefe.<br />

Wie b<strong>ist</strong> du auf dieses Buch gestossen<br />

PM: Ich habe ein gewisses Interesse an<br />

irischer Literatur und entdeckte diese<br />

Neuerscheinung in einer Vorschau. Weil<br />

das Buch nicht einmal hundert Seiten<br />

umfasst, habe ich allerdings erst gezögert,<br />

es in diese Runde einzubringen ...<br />

BZ: Aber manchmal <strong>ist</strong> weniger einfach<br />

mehr – und das gilt bei diesem Buch auf<br />

jeden Fall.<br />

PM: Ja, für mich <strong>ist</strong> «Das dritte Licht»<br />

ein echtes Juwel, eine perfekte Kurzgeschichte.<br />

Dies auch deshalb, weil die<br />

Autorin nicht alles sagt, sondern vieles<br />

nur andeutet.<br />

BZ: Sie lässt uns Lesenden einen grossen<br />

Spielraum. Sie mutet uns zu, dass wir das,<br />

was sie schreibt, schon richtig interpretieren<br />

können. Mir hat auch sehr gefallen,<br />

dass alles sehr authentisch wirkt. Nie hatte<br />

ich das Gefühl, die Autorin übertreibe<br />

oder überzeichne etwas. Und die Sprache<br />

hat mich ebenfalls beeindruckt.<br />

PM: Bei diesem Buch liegt die Schönheit<br />

in der Einfachheit. Und in der Präzision:<br />

Oft benötigt Claire Keegan nur einen Satz<br />

– schon sieht man die Situation vor sich.<br />

Wem könnte dieses Buch gefallen<br />

BZ: Allen, die eine berührende Geschichte<br />

suchen. Die Geschichte <strong>ist</strong> so einfühlsam<br />

geschrieben.<br />

PM: Ich finde, dieses Buch kann jeder<br />

lesen, der sich nicht nur für Thriller interessiert.<br />

«Das dritte Licht» stammt von einer<br />

unbekannten Autorin und erscheint bei<br />

einem unabhängigen Verlag. Kann so ein<br />

Buch überhaupt ein Erfolg werden<br />

PM: Wir machen es zum Bestseller! Ich<br />

werde es auf jeden Fall jedem und jeder<br />

ans Herz legen.<br />

BZ: Ja, das <strong>ist</strong> ein Buch, das unbedingt<br />

empfohlen werden muss. Und das sicher<br />

sein Publikum finden wird. Es gibt zum<br />

Glück viele Leute, die kürzere Geschichten<br />

mögen.<br />

Das nächste Buch, über das wir sprechen,<br />

<strong>ist</strong> wesentlich dicker: «Dunkle<br />

Gewässer» von Joe R. Lansdale.<br />

BZ: Dieses Buch <strong>ist</strong> nicht nur bezüglich<br />

Umfang ganz anders als «Das dritte<br />

Licht».<br />

Es sieht von aussen aus wie ein<br />

Fantasy-Epos.<br />

BZ: Das <strong>ist</strong> es aber nicht.<br />

Was dann<br />

BZ: Das <strong>ist</strong> schwierig zu sagen. Es <strong>ist</strong><br />

auch kein Thriller und kein Krimi, wie auf<br />

dem Cover angekündigt wird. Im Internet<br />

fand ich den Begriff «Lansdale-Genre»;<br />

der Autor schreibt offenbar sehr eigen.<br />

Auf einer Fanseite erfuhr ich auch, dass<br />

Lansdale Zombie-Bücher schreibt. Zum<br />

Glück vernahm ich das erst, nachdem<br />

ich mich entschieden hatte, dieses Buch<br />

hier zu lesen – denn ich mag es zwar<br />

deftig, aber mit Zombies kann ich gar<br />

nichts anfangen. In «Dunkle Gewässer»<br />

kommen sie allerdings auch nicht vor. Die<br />

Geschichte spielt in den 1930er-Jahren in<br />

einer rückständigen Gegend von Osttexas.<br />

Es <strong>ist</strong> eine düstere Zeit, die von Prohibition,<br />

Depression und Rassismus geprägt<br />

wird. May Lynn, eines der schönsten<br />

Mädchen der Gegend, wird von ihrer besten<br />

Freundin Sue Ellen ermordet am Ufer<br />

des River Sabine aufgefunden. Gemeinsam<br />

mit ein paar Freunden beschliesst<br />

Sue Ellen, die Asche der Freundin nach<br />

Hollywood zu bringen, denn May Lynn<br />

wollte immer Filmstar werden. Sue Ellen<br />

und ihre Freunde stossen auf Geld, das<br />

May Lynns Bruder bei einem Banküberfall<br />

erbeutete, und machen sich damit, mit<br />

der Asche von May Lynn und Sue Ellens<br />

tablettensüchtiger Mutter auf den Weg<br />

nach Hollywood – sie fahren auf einem<br />

Boot den River Sabine hinunter. Wegen<br />

der Beute aus dem Banküberfall <strong>ist</strong> eine<br />

ganze Menge Leute hinter ihnen her: der<br />

Sheriff, die gierige Verwandtschaft und<br />

vor allem der schwarze Kopfgeldjäger<br />

Skunk. Die Reise wird wegen der Verfolger<br />

sehr gefährlich und abenteuerlich, es<br />

passiert dabei ungeheuer viel.<br />

Das <strong>ist</strong> also sozusagen die Entsprechung<br />

zu einem Road-Movie – ein River-Book<br />

BZ: Das kann man so sagen. Einige vergleichen<br />

dieses Buch mit «Huckleberry<br />

Finn», und inhaltlich gibt es tatsächlich<br />

gewisse Ähnlichkeiten. Aber «Dunkle Gewässer»<br />

<strong>ist</strong> viel brutaler als ein Buch von<br />

Mark Twain, es <strong>ist</strong> blutig und derb. Einem<br />

Jugendlichen kann man es jedenfalls<br />

nicht zu lesen geben. Weil ich selber aber<br />

Düsterkeit und Brutalität zwischen zwei<br />

Buchdeckeln mag, hat mir dieser Roman<br />

sehr gefallen – und auch deshalb, weil er<br />

so abenteuerlich <strong>ist</strong> und die Figuren so<br />

skurril sind. Ich habe als Leserin mehrere<br />

Seelen in mir, und hier <strong>ist</strong> meine Schlachtplattenseite<br />

gut bedient worden.<br />

Patrizia, du machst seit über drei Jahren<br />

bei der Debatte in «Books» mit, ich kenne<br />

deinen Geschmack daher ein wenig<br />

und wage die Behauptung: Lansdale <strong>ist</strong><br />

nicht dein Stil.<br />

PM: Tatsächlich nicht. Ich merkte sofort,<br />

dass dies kein Buch für mich <strong>ist</strong>. Ehrlich<br />

gesagt gefiel mir an diesem Roman gar<br />

nichts, weder der Ton noch die Geschichte<br />

noch das Personal. Aber hier geht es wohl<br />

um Geschmacksfragen, und ich muss<br />

sagen, dass ich eben auch «Huckleberry<br />

Finn» nie mochte. Ich sehe allerdings,<br />

dass man «Dunkle Gewässer» durchaus<br />

als spannendes Buch lesen kann.<br />

BZ: Mir war klar, dass dieses Buch polarisiert.<br />

Niemand wird sagen, das finde ich<br />

jetzt sosolala. Entweder mag man so etwas<br />

– oder nicht. Dieses Buch hat einfach<br />

meine düstere Seite angesprochen. Und<br />

mir gefällt sehr, wie Lansdale schreibt – er<br />

findet aussergewöhnliche Wege, einem etwas<br />

näherzubringen, und man kann sich<br />

alles hervorragend vorstellen. Ich roch<br />

beim Lesen förmlich, wie Skunk stinkt.<br />

Für wen eignet sich denn dieses Buch<br />

BZ: Ich werde es nur jenen empfehlen, die<br />

ich kenne und bei denen ich weiss, dass<br />

ihnen so etwas gefällt. Man kann sich mit<br />

der Empfehlung dieses Buchs auch in die<br />

Nesseln setzen, denn es <strong>ist</strong> schon sehr<br />

brutal – selbst ich als geübte Thriller-<br />

Leserin habe gelegentlich schlucken<br />

müssen. Aber manche Abenteurer unter<br />

den Lesern werden diesen Roman heiss<br />

und innig lieben.<br />

Kommen wir zum dritten Buch: «In<br />

Küstennähe». Autor <strong>ist</strong> der Schweizer<br />

Joachim B. Schmidt, der in Island lebt.<br />

Spielt der Roman auch dort<br />

BZ: Ja. Erzählt wird die Geschichte einer<br />

sich anbahnenden Freundschaft zwischen<br />

zwei Männern, die unterschiedlicher<br />

nicht sein können. Auf der einen Seite<br />

haben wir den 23-jährigen Lárus, auf der<br />

anderen den alten Grímur, einen alten<br />

Patrizia Melaugh, 61, lebt in Schaffhausen<br />

und arbeitet in der Abteilung Belletr<strong>ist</strong>ik<br />

der Filiale Kramhof. Sie mag vor allem<br />

Bücher aus dem englischen Sprachraum.<br />

Patrizia Melaugh:<br />

«Wir machen<br />

dieses Buch zum<br />

Bestseller! Ich werde<br />

es auf jeden Fall<br />

jedem und jeder<br />

ans Herz legen.»<br />

Bettina Zeidler:<br />

«Ja, das <strong>ist</strong> ein<br />

Buch, das unbedingt<br />

empfohlen<br />

werden muss. Und<br />

das sicher sein<br />

Publikum finden<br />

wird.»<br />

Bettina Zeidler, 48, lebt in St. Gallen.<br />

Sie arbeitet in der Abteilung Belletr<strong>ist</strong>ik<br />

der St. Galler Buchhandlung Rösslitor, die<br />

zu Orell Füssli gehört. Am liebsten liest sie<br />

skandinavische Krimis und Thriller


34 | Kaffeepause Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 35<br />

Patrizia Melaugh: «Ich habe auch ‹Huckleberry<br />

Finn› nie gemocht.»<br />

Mann in jenem Altersheim, in dem Lárus<br />

als Gehilfe des Hauswarts arbeitet. Es gibt<br />

zwei Erzählstränge. Der eine handelt vom<br />

Hier und Jetzt und der Begegnung der<br />

beiden Männer, der andere beschäftigt<br />

sich mit dem Leben von Grímur, den man<br />

den «Schlächter» nannte und der immer<br />

ein Einzelgänger war. Die beiden Erzählstränge<br />

laufen immer stärker zusammen<br />

– bis sich das Geheimnis um Grímur<br />

lüftet. Es gibt nämlich Gerüchte, er habe<br />

einst seine Halbschwester umgebracht ...<br />

PM: Schon der Anfang des Buchs <strong>ist</strong><br />

super. Im Zimmer 37a <strong>ist</strong> der Heizkörper<br />

kaputt, Lárus muss ihn flicken. Er tritt ins<br />

Zimmer und sieht da diesen alten Mann<br />

mehr tot als lebendig im Bett liegen. Bald<br />

erfährt Lárus, dass es sich beim Alten um<br />

Grímur handelt, dem er als Kind immer<br />

Streiche spielte. Er und seine Freunde<br />

hatten früher wahnsinnig Angst vor dem<br />

grimmigen Alten, jetzt liegt dieser Mann<br />

einfach so da – aber der Junge hat immer<br />

noch Angst. Das <strong>ist</strong> alles auch sehr witzig<br />

geschrieben. Lárus <strong>ist</strong> ein Schlitzohr und<br />

vertickt zum Beispiel so nebenbei auch<br />

noch Drogen. Ganz allmählich findet eine<br />

Annäherung zwischen den beiden statt,<br />

die auch von viel gegenseitiger Neugier<br />

genährt wird. Schmidt wechselt sehr clever<br />

von einem Erzählstrang zum anderen,<br />

verbindet Vergangenheit und Gegenwart,<br />

und das Geheimnis von Grímur interessiert<br />

einen immer mehr.<br />

BZ: Man muss sich vor dem Autor wirklich<br />

verneigen, wie raffiniert er seinen<br />

Roman aufgebaut hat. Bei vielen Details<br />

habe ich erst am Ende gemerkt, wie<br />

geschickt alles verwoben <strong>ist</strong> – und wie<br />

schlau alles aufgelöst wird. Es gibt für<br />

mich nur einen negativen Punkt: Ich hatte<br />

zu Beginn Mühe, in die Geschichte reinzukommen.<br />

Aber nach dem ersten Drittel<br />

konnte ich das Buch nicht mehr weglegen.<br />

PM: Eine besondere Qualität des Romans<br />

<strong>ist</strong> auch, dass er so humorvoll <strong>ist</strong>. Der Autor<br />

foutiert sich zum Beispiel mit Genuss<br />

um politische Korrektheit.<br />

BZ: Und er bedient gern auf spielerische<br />

Weise die Klischees.<br />

Merkt man, dass er Schweizer <strong>ist</strong><br />

PM: Ich würde sagen: Das <strong>ist</strong> ein isländischer<br />

Roman mit Schweizer Akzent.<br />

Isländisch machen ihn die Themen, die<br />

Atmosphäre, das Eigenbrötlerische der<br />

Figuren. Schweizerisch finde ich gelegentlich<br />

die Schreibe des Autors.<br />

Wem würdet ihr «In Küstennähe»<br />

empfehlen<br />

PM: Ich habe es gerade jemandem nahe<br />

gelegt, der etwas lesen wollte, das leicht<br />

und lustig <strong>ist</strong>.<br />

BZ: Das <strong>ist</strong> einfach ein guter Unterhaltungsroman<br />

in einer guten Sprache – und<br />

mit super Figuren.<br />

PM: Spannend, unterhaltsam, witzig –<br />

was will man mehr!<br />

«Inspiration <strong>ist</strong> für<br />

mich der Schlüssel<br />

zur Gestaltung eines<br />

aktiven Lebens.»<br />

Cheryl Strayed<br />

Der grosse Trip<br />

Cheryl Strayed <strong>ist</strong> gerade 26 geworden<br />

und hat alles verloren. Mit<br />

Drogen und Männern tröstet sie sich<br />

über den Tod ihrer Mutter und das<br />

Scheitern ihrer Ehe hinweg. Als ihr<br />

ein Outdoor-Führer über den Pacific<br />

Crest Trail in die Hände fällt, trifft<br />

sie die folgenreichste Entscheidung<br />

ihres Lebens: über 1000 Meilen zu<br />

wandern – allein, ohne Erfahrungen<br />

und mit einem Rucksack, den sie<br />

Monster nennt. Klapperschlangen und<br />

Schwarzbären, Hitze und Strapazen,<br />

Abenteurer und Einsamkeit sind die<br />

Begleiter auf dieser Reise, die sie fast<br />

umbringt, stärkt und schliesslich heilt.<br />

Das atemberaubende Abenteuer<br />

einer Selbstfindung – voller Witz und<br />

Intensität und mit einer respektlosen<br />

Heldin, die man einfach lieben muss.<br />

Sabine Ebert<br />

1813 – Kriegsfeuer<br />

Frühjahr 1813: Europa stöhnt unter<br />

Napoleons Herrschaft. Nach der<br />

dramatischen Niederlage der Grande<br />

Armée in Russland gehen Preussen<br />

und das Zarenreich zum Gegenangriff<br />

über. Im ausgebluteten Sachsen<br />

müssen Menschen Entscheidungen<br />

treffen, die ihr Leben unwiderruflich<br />

verändern werden: eine Mutter, die<br />

verzweifelt auf die Rückkehr ihrer<br />

Söhne hofft, ein General, der seinen<br />

Kopf riskiert, damit sich Sachsen den<br />

Alliierten anschliesst, eine Gräfin,<br />

die aus Liebe zur Spionin Napoleons<br />

wird, zwei Studenten, die zu den<br />

Lützowern wollen, die junge Henriette<br />

auf der Flucht vor Plünderern.<br />

Die Menschen ersehnen den Frieden,<br />

während die Herrscher Europa längst<br />

unter sich aufgeteilt haben und eine<br />

gewaltige Schlacht heraufbeschwören.<br />

August Strindberg<br />

Bis ans offene<br />

Meer<br />

Das Meer prägt die Bewohner der<br />

Schäreninseln. Strindberg schildert<br />

die Insellandschaft oft als Idylle, das<br />

bäuerliche Zusammenleben der Schärenbewohner<br />

humor<strong>ist</strong>isch. Allerdings<br />

geht es auf den Inseln keineswegs<br />

nur beschaulich zu: In der Abgeschiedenheit<br />

wird Neuankömmlingen mit<br />

Misstrauen begegnet, Hierarchien<br />

werden ausgereizt und harte Konflikte<br />

ausgetragen. Auch für die Befindlichkeit<br />

des modernen Menschen –<br />

zwischen Tradition, Fortschritt und<br />

Glaubenskrise – bewe<strong>ist</strong> der Dichter<br />

der Jahrhundertwende ein feines<br />

Gespür.<br />

Die facettenreiche «Meeresprosa»<br />

August Strindbergs – Erzählungen und<br />

die beiden Romane «Die Hemsöer»<br />

und «Am offenen Meer» – wurde<br />

zum 100. Todesjahr erstmals in einer<br />

dreibändigen Ausgabe zusammengeführt.<br />

Alice Munro<br />

Zu viel Glück<br />

Zu viel oder zu wenig: Für das Glück<br />

gibt es kein Mass – nie trifft man es<br />

richtig. Alice Munros Heldinnen und<br />

Helden geht es nicht anders. Sie<br />

haben das Zuviel und Zuwenig erlebt,<br />

sie kennen die Namen der Bäume,<br />

die Last ungeschriebener Briefe. Sie<br />

wissen, wie es sich anfühlt, wenn<br />

man den Mann, der die gemeinsamen<br />

Kinder getötet hat, in der<br />

Anstalt besucht. Alice Munro <strong>ist</strong> die<br />

Me<strong>ist</strong>erin des Nachhalls, der einem<br />

Leben seinen besonderen Klang, seine<br />

Spannung und Vibration gibt, der<br />

unserer Ex<strong>ist</strong>enz Farbe verleiht. Alice<br />

Munro macht ihre Leserinnen und<br />

Leser zu Komplizen der schwierigen<br />

Mission, das Glück zu finden. Nicht<br />

zu viel, nicht zu wenig, sondern das<br />

ideale «genau richtig». Und plötzlich<br />

verstehen wir unser Leben neu.<br />

«Ich<br />

«Ich<br />

möchte<br />

möchte<br />

mein<br />

mein Leben<br />

Leben<br />

individuell<br />

individuell<br />

und<br />

und<br />

exklusiv<br />

exklusiv<br />

gestalten.<br />

gestalten.<br />

Deshalb<br />

Deshalb<br />

habe<br />

habe<br />

ich mich<br />

ich mich<br />

für eine<br />

für<br />

TERTIANUM<br />

eine TER-<br />

TIANUM Residenz Residenz entschieden. entschieden. Hier lebe ich Hier nach lebe meinen ich nach Vorstellungen meinen Vorstellungen und Komfortansprüchen, und Komfortansprüchen, profitiere von<br />

profitiere umfassenden von umfassenden Dienstle<strong>ist</strong>ungen Dienstle<strong>ist</strong>ungen und lasse mich und von lasse vielseitigen mich von Aktivitäten vielseitigen inspirieren.» Aktivitäten inspirieren.»<br />

TERTIANUM<br />

TERTIANUM Residenzen<br />

Residenzen<br />

gibt<br />

gibt<br />

es an an guten guten Adressen Adressen in in der der<br />

Deutschschweiz und und im im Tessin. Tessin.<br />

448 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Kailash<br />

ISBN 978-3-424-63024-4<br />

928 Seiten<br />

CHF 39.90<br />

Knaur<br />

ISBN 978-3-426-65214-5<br />

792 Seiten<br />

CHF 99.00<br />

mareverlag<br />

ISBN 978-3-86648-151-0<br />

368 Seiten<br />

CHF 16.90<br />

Fischer<br />

ISBN 978-3-596-18686-0<br />

www.tertianum.ch Telefon: 043 544 15 15


36 | Fantastisch! Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Fantastisch! | 37<br />

Fantastisch!<br />

Eine Mitarbeiterin von Orell Füssli präsentiert Neuerscheinungen und Geheimtipps aus<br />

dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen.<br />

«Die drei Titel, die ich heute vorstelle,<br />

haben etwas gemeinsam: Alle sind zu Beginn<br />

etwas düster und melancholisch –<br />

auch wenn dies nicht alle Buchumschläge<br />

vermuten lassen.<br />

‹Rot wie das Meer› <strong>ist</strong> bereits ein paar<br />

Monate alt, ich empfehle es aber trotzdem<br />

sehr gern. Die US-amerikanische Autorin<br />

Maggie Stiefvater verzeichnete ihre ersten<br />

Erfolge mit Elfenbüchern, die stark<br />

von irischen Volksmärchen inspiriert<br />

waren. ‹Ballade› und ‹Lamento› gefielen<br />

mir aber gar nicht, ich fand die beiden<br />

Bände langatmig und flach. Dann folgte<br />

die Werwolf-Trilogie ‹Nach dem Sommer›,<br />

für die sie sich offensichtlich von<br />

Stephenie Meyers ‹Twilight› animieren<br />

liess. Den Werwölfen bescherte der Mond<br />

schlaflose Nächte, mir die Bücher. Selten<br />

habe ich mit Figuren in Büchern so mitgefiebert<br />

wie mit Grace und Sam aus<br />

‹Nach dem Sommer›.<br />

Diesmal hat Maggie Stiefvater eine ganz<br />

andere Inspirationsquelle gefunden: die<br />

alte irische Sage über die ‹Capaill Uisce›.<br />

Dabei handelt es sich um riesige und gefährliche<br />

Wasserpferde, die einmal jährlich<br />

mit der Flut aus dem Wasser steigen.<br />

‹Rot wie das Meer› spielt auf der irischen<br />

Insel Thisby, auf der jährlich das Skorpio-<br />

Rennen stattfindet, ein Wettkampf, bei<br />

dem auch Wasserpferde mitmachen. Bislang<br />

war das Rennen fest in Männerhand<br />

– bis sich die junge Puck Connolly entschliesst,<br />

mit ihrer kleinen Stute Dove<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

ebenfalls teilzunehmen. Das führt zu roten<br />

Köpfen und heissen Diskussion. Die<br />

zweite Hauptfigur des Buchs <strong>ist</strong> Sean<br />

Kendrick. Er pflegt die Pferde, reitet sie<br />

zu und besitzt selbst ein Wasserpferd.<br />

Der Roman erzählt drei Geschichten: jene<br />

von Puck, jene von Sean und die Sage<br />

über die Wasserpferde. An diesen Strängen<br />

schaukelt sich die Geschichte zu ihrem<br />

Höhepunkt hoch, dem grossen Rennen.<br />

Und ganz allmählich entwickelt sich<br />

auch eine ungewöhnliche Liebesgeschichte<br />

zwischen Sean und Puck.<br />

Vielleicht klingt das alles ein wenig dünn,<br />

aber Maggie Stiefvater schafft es, eine<br />

enorme Spannung aufzubauen. Beim Lesen<br />

hatte ich das Gefühl, tief in einen Nebel<br />

getaucht zu sein, um mich herum gab<br />

es nichts mehr – diese Stimmung schlug<br />

mich völlig in ihren Bann. Ich habe aber<br />

gemerkt, dass sich dieses Buch nicht wie<br />

viele andere Fantasy-Romane von allein<br />

verkauft, sondern dass es empfohlen werden<br />

muss. Also: ‹Rot wie das Meer› eignet<br />

sich für alle, die unergründliche Liebesgeschichten<br />

mögen. Junge Frauen, die<br />

eine Fantasy-Geschichte mit Tiefgang suchen,<br />

sind ebenfalls hervorragend bedient<br />

– sowie natürlich alle Fans von Maggie<br />

Stiefvater.<br />

Angelina Rubli, 28, <strong>ist</strong> im Kanton<br />

Schaffhausen aufgewachsen, wohnt in<br />

Dachsen und arbeitet bei Orell Füssli am<br />

Bellevue. «Das erste Geschenk, an das<br />

ich mich erinnern kann, war das Buch<br />

‹Ronja Räubertochter›», erzählt sie. «Von<br />

da an wollte ich nur noch lesen. In der<br />

Oberstufe machte ich mehrere Schnupperlehren,<br />

aber ich spürte stets: Ich will<br />

Buchhändlerin werden.» In der Filiale<br />

am Bellevue arbeitete Angelina zuerst<br />

in der Reisebuch-Abteilung, aber «dann<br />

willst du nur immer in die Ferien». Ihr<br />

Traum sei ein Wechsel in die Kinder- und<br />

Jugendbuchabteilung gewesen, weil «ich<br />

das den spannendsten Bereich finde – er<br />

<strong>ist</strong> extrem vielseitig, jeden Monat gibt es<br />

neue Strömungen». Der Traum ging mittlerweile<br />

in Erfüllung. Heute liest Angelina<br />

etwa drei bis vier Bücher pro Woche.<br />

Eigentümlicherweise beginnt sie dabei<br />

me<strong>ist</strong>ens mit dem Schluss. «Ich weiss auch<br />

nicht weshalb, aber ich lese zuerst immer<br />

die letzten Seiten – und schaue dann,<br />

wie die Geschichte zu diesem Schluss<br />

hingeführt wird.»<br />

Während ‹Rot wie das Meer› eine abgeschlossene<br />

Geschichte <strong>ist</strong>, handelt es sich<br />

bei meiner nächsten Empfehlung um den<br />

Auftakt zu einer Trilogie. ‹Für immer die<br />

Seele› der Kalifornierin Cynthia J. Omololu<br />

erzählt die Geschichte der 16-jährigen<br />

Cole, die immer wieder Visionen hat.<br />

Plötzlich sieht sie sich zum Beispiel auf<br />

einem Schafott stehen. Man liest, wie sie<br />

sich in diesem Moment fühlt, was zum<br />

Todesurteil geführt hat – und zack <strong>ist</strong><br />

man wieder zurück in der Gegenwart. So<br />

geht es hin und her. Zu Beginn spielen die<br />

Visionen von Cole immer in der frühen<br />

Neuzeit, später werden auch Ereignisse<br />

aus den 1920er-Jahren beschrieben. Cole<br />

machen ihre Visionen grosse Sorgen, sie<br />

hat Angst, sie sei plemplem, und sie vertraut<br />

sich niemandem an. Nachdem sie<br />

wegen einer Vision im Tower von London<br />

ohnmächtig geworden <strong>ist</strong>, wacht sie in<br />

den Armen des jungen Griffon auf. Sofort<br />

hat sie das Gefühl, diesen gutaussehenden<br />

jungen Mann schon lange zu kennen.<br />

Griffon erklärt Cole, dass sie eine herumwandernde<br />

Seele sei, die immer wieder<br />

neue Ex<strong>ist</strong>enzen durchlebe. Darüber hinaus<br />

erfährt Cole, dass es viele wie sie gibt<br />

– und dass sie eine Aufgabe zu erfüllen<br />

hat. Irgendwo in Zeit und Raum <strong>ist</strong> da<br />

aber auch noch eine böse Feindin, die sie<br />

seit jeher vernichten möchte.<br />

Schon diese kurze Zusammenfassung<br />

zeigt: ‹Für immer die Seele› <strong>ist</strong> extrem<br />

fantasievoll. Ich las das Buch, weil der<br />

Klappentext mein Interesse weckte. Da<br />

ich h<strong>ist</strong>orische Romane liebe, gefiel mir<br />

der Auftakt im 16. Jahrhundert ganz besonders<br />

– und ich war schon etwas enttäuscht,<br />

als das Buch dann plötzlich im<br />

Hier und Jetzt spielte. Aber dann zog es<br />

mich doch immer tiefer in die Geschichte<br />

hinein, denn ich wollte wissen, was es<br />

mit diesen Seelenwanderungen auf sich<br />

hat und wie die einzelnen Geschichten<br />

aus der Vergangenheit weitergehen. Cynthia<br />

J. Omololu hat die Fähigkeit, immer<br />

dann eine Episode zu verlassen, wenn es<br />

am spannendsten <strong>ist</strong> – so liest man immer<br />

weiter. Ich bin jedenfalls sehr gespannt,<br />

wie die Trilogie weitergeht. Dieses<br />

Buch eignet sich für alle, die<br />

h<strong>ist</strong>orische Romane mögen, aber auch<br />

ganz besonders für die Leserinnen und<br />

Leser von ‹Liebe geht durch alle Zeiten›.<br />

Auch das dritte Buch, das ich hier vorstelle,<br />

spielt grösstenteils ins England. Und<br />

auch wenn seine Autorin Deutsche <strong>ist</strong>,<br />

hat es einen sehr englischen Anklang.<br />

Kein Wunder: Alexandra Pilz <strong>ist</strong> am gleichen<br />

Tag wie Jane Austen geboren und<br />

liebt deren Werke. Hauptfigur von ‹Zurück<br />

nach Hollyhill› <strong>ist</strong> Emily; ihre Eltern<br />

kamen vor längerer Zeit bei einem Autounfall<br />

ums Leben. An ihrem 17. Geburtstag<br />

erhält Emily von ihrer Grossmutter,<br />

bei der sie aufwächst, einen Brief, den ihr<br />

einst ihre Mutter schrieb. Darin fordert<br />

die Mutter sie auf, nach Hollyhill zu gehen<br />

und dort ihre Vergangenheit kennenzulernen.<br />

Einst lebte nämlich ihre Mutter<br />

dort, doch sie verliess das Dorf, weil sie<br />

sich in Emilys Vater verliebt und dieser<br />

nicht dem Dorf angehört hatte.<br />

Doch Hollyhill findet man auf keiner Karte.<br />

Emily macht sich auf den Weg von<br />

Deutschland nach England und landet in<br />

einer verregneten Jane-Austen-Gegend,<br />

einem Moorgebiet irgendwo im grausten<br />

Gebiet Englands. Dort wird sie, verzweifelt<br />

wie sie <strong>ist</strong>, von Matt aufgegabelt. Und<br />

dieser attraktive Junge behauptet doch<br />

tatsächlich zu wissen, wo Hollyhill <strong>ist</strong>.<br />

Emily steigt in seinen Jeep, mit der er sie<br />

nach Hollyhill bringen will, und schläft<br />

ein. Als sie erwacht, <strong>ist</strong> alles anders. Und<br />

Emily erfährt: Hollyhill <strong>ist</strong> ein Dorf, das<br />

in der Zeit re<strong>ist</strong>. Es <strong>ist</strong> immer dort, wo jemand<br />

Hilfe braucht. Das gilt auch im Fall<br />

von Emily. Im Jahr 1980 geschehen grausame<br />

Mädchenmorde, und Emily, die inzwischen<br />

mit dem Dorf in eben jenes Jahr<br />

gere<strong>ist</strong> <strong>ist</strong>, gerät selbst ins Visier des Mörders.<br />

Die Idee hinter diesem Plot <strong>ist</strong> so cool! Am<br />

me<strong>ist</strong>en Spass machten mir die Beschreibungen<br />

der 1980er-Jahre. Emily erlebt,<br />

wie Lady Di heiratet, und sie kann sich<br />

nur wundern über die damals aktuelle<br />

Mode. Aber lustige Passagen sind in diesem<br />

Buch eigentlich eher die Ausnahme,<br />

auch hier dominiert eine düstere, fast<br />

traurige Stimmung. Das Buch eignet sich<br />

für alle, die genau das mögen: Romane,<br />

die sehr abwechslungsreich sind und<br />

ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugen.<br />

Ich zähle mich selber zu dieser<br />

Gruppe, und deshalb hoffe ich, dass Alexandra<br />

Pilz ihre Idee vom zeitreisenden<br />

Dorf noch für weitere Bücher nutzt.»<br />

Rot wie das Meer<br />

Maggie Stiefvater<br />

430 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

script5<br />

Für immer die Seele<br />

Cynthia J. Omololu<br />

381 Seiten<br />

CHF 27.90<br />

Dressler<br />

Zurück nach Hollyhill<br />

Alexandra Pilz<br />

348 Seiten<br />

CHF 26.90<br />

Heyne


38 | Fantastisch! Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 39<br />

Junge Mitarbeitende von Orell Füssli<br />

geben weitere Tipps:<br />

Tim Lenny George,<br />

18, absolviert<br />

im Kramhof in Zürich<br />

das dritte und<br />

letzte Jahr seiner<br />

Buchhändler-Lehre.<br />

Er lebt in einem<br />

Dorf ausserhalb<br />

von Bern und<br />

braucht täglich<br />

vier Stunden, um morgens zur Arbeit und<br />

danach wieder nach Hause zu gelangen.<br />

«Den weiten Weg nehme ich aber gern auf<br />

mich», sagt er. «Denn die Zeit im Zug kann<br />

ich zum Lesen nutzen.» Sein Tipp: «Departement<br />

19 – Die Wiederkehr» von<br />

Will Hunt. «Fantasy-Reihen finde ich<br />

grundsätzlich toll. Es gibt jedoch in vielen<br />

Fällen einen Makel: Je mehr Bände eine<br />

Reihe umfasst, desto langweiliger und<br />

plumper wird sie. Nicht so die Reihe ‹Department<br />

19› von Will Hill. Schon der erste<br />

Band, den ich bereits in ‹Books› empfahl,<br />

bege<strong>ist</strong>erte mich. Jetzt knüpft Hill mit einer<br />

Fortsetzung gekonnt daran an. Graf<br />

Dracula wurde von seinem treuen Anhänger<br />

Valeri, dem ältesten der Gebrüder Rusmanov,<br />

wieder zum Leben erweckt. Der<br />

grösste Alptraum des Departments 19<br />

wird damit Wirklichkeit. Doch Draculas<br />

Gegnern bleibt noch etwas Zeit, denn der<br />

Vampir muss erst wieder seine ursprünglichen<br />

Kräfte zurückerlangen. Bis zur<br />

Stunde Null dauert es noch genau vier Monate<br />

– dann kann Dracula nichts mehr aufhalten<br />

... ‹Department 19 – Die Wiederkehr›<br />

<strong>ist</strong>, wie schon sein Vorgänger, ein<br />

spannungsgeladener und mit reichlich<br />

Knalleffekten ausgestatter Fantasy-Kracher,<br />

der einem das Herz schneller pulsieren<br />

lässt.»<br />

Manuela Bigler,<br />

25, arbeitet in der<br />

Kinder- und Jugendbuchabteilung<br />

von Orell<br />

Füssli im Berner<br />

Einkaufszentrum<br />

Westside. «Das Lesen<br />

hat mich von<br />

Kind auf begleitet»,<br />

sagt sie, «deshalb wollte ich auch beruflich<br />

mit Büchern zu tun haben.» Am<br />

liebsten mag sie Fantasy-Romane. «Bei<br />

diesem Genre kann ich am besten abschalten»,<br />

sagt die Bernerin. «Ich lese nicht so<br />

gern Geschichten, die zu nahe an der Realität<br />

sind, denn Lesen soll ja auch einen<br />

Ausgleich zum Alltag bieten.» Ihr Tipp:<br />

«Incarceron» von Catherine Fisher.<br />

«Claudia, die Tochter des Wächters von Incarceron,<br />

weiss nicht viel über dieses ‹Paradies›,<br />

das vor Jahrhunderten geschaffen<br />

wurde. Denn keiner kommt mehr hinein,<br />

keiner hinaus. Incarceron <strong>ist</strong> ein Gefängnis;<br />

es beobachtet seine Insassen, es reagiert<br />

auf sie und denkt. Claudia will mehr<br />

herausfinden, bricht in das Arbeitszimmer<br />

ihres Vaters ein – und findet einen kr<strong>ist</strong>allenen<br />

Schlüssel. Er könnte Finn helfen,<br />

endlich aus Incarceron zu fliehen, wenn<br />

Claudia ihn dabei unterstützt ... Die Idee zu<br />

dieser Reihe <strong>ist</strong> völlig neu. Die Geschichte<br />

spielt in der Zukunft, aber jeglicher Wandel<br />

<strong>ist</strong> verboten – die Menschen müssen wie im<br />

17. Jahrhundert leben. Erzählt wird die<br />

Story abwechselnd aus der Sicht von Claudia<br />

und Finn. Erst nach und nach kann<br />

man alles zusammensetzen. Und das tut<br />

man sehr gern – denn die Geschichte <strong>ist</strong><br />

äusserst spannend, die Figuren sind interessant<br />

und die Wendungen überraschend.»<br />

Marino Castelli,<br />

28, wohnt in Ruswil<br />

und arbeitet<br />

bei Orell Füssli am<br />

Bellevue. Buchhändler<br />

wurde er,<br />

weil «ich ein leidenschaftlicher<br />

Leser bin und<br />

mein Hobby zum<br />

Beruf machen wollte». An seiner Tätigkeit<br />

schätzt er vor allem, dass er immer neue<br />

Bücher entdecken kann – auch dank der<br />

Kunden, die etwas Bestimmtes suchen.<br />

Marino liest querbeet, vor allem Krimis<br />

und Fantasy-Romane. Sein Tipp: «Return<br />

Man» von V.M. Zito. «Horden von Untoten<br />

haben die USA überrollt. Das Land <strong>ist</strong> aufgeteilt<br />

in den Osten, wo sich die letzten lebenden<br />

Menschen verschanzt haben, und<br />

in den Westen, wo Zombies Menschen jagen.<br />

Nur ein Mann wagt es noch, in die<br />

verseuchten Gebiete zurückzukehren, um<br />

im Auftrag der Lebenden deren untoten<br />

Verwandten die letzte Gnade zu erweisen<br />

und Spezialeinsätze auszuführen: Henry<br />

Marco ... Zombiebücher sind im Moment<br />

recht in – und sie werden wohl eine noch<br />

grössere Lesergemeinde bekommen, wenn<br />

im Juni ‹World War Z› von Marc Foster mit<br />

Brad Pitt in die Kinos kommt. Dieses Buch<br />

hier hat mir sehr gut gefallen, denn es hält,<br />

was man sich von einem Roman dieses<br />

Genres verspricht, es <strong>ist</strong> spannend und hat<br />

eine düstere und beklemmende Atmosphäre.<br />

Als Leser sitzt man förmlich auf Kohlen,<br />

weil man weiss, dass überall Gefahr lauert<br />

– trotzdem <strong>ist</strong> man überrascht, wenn das<br />

Unglück dann tatsächlich zuschlägt. Die<br />

Hauptperson wirkt zu Beginn kühl und gefühllos,<br />

bekommt aber von Kapitel zu Kapitel<br />

mehr Seele. Ich empfehle das Buch<br />

besonders allen Fans der weltweit erfolgreichen<br />

Kultserie ‹Walking Dead›.»<br />

Koethi Zan<br />

Danach<br />

Sarah Farber hat drei lange, grausame<br />

Jahre in einem Kellerverlies überlebt.<br />

Zehn Jahre <strong>ist</strong> das her, aber Sarah<br />

kann die Dunkelheit, die Kälte, die<br />

Verzweiflung, die Panik nicht vergessen.<br />

Und sie weiss noch immer nicht,<br />

was damals mit ihrer besten Freundin<br />

Jennifer geschah. Jetzt kann sie nicht<br />

länger vor der Vergangenheit davonlaufen.<br />

Ihr Peiniger soll auf Bewährung<br />

freikommen, und sie <strong>ist</strong> die einzige,<br />

die das verhindern kann – aber nur,<br />

wenn sie sich dem Schlimmsten stellt,<br />

das sie sich vorstellen kann: der<br />

Wahrheit.<br />

Koethi Zans Kunst <strong>ist</strong> es, das Grauen<br />

als Kino im Kopf erfahrbar zu<br />

machen: Sarahs Martyrium wird zum<br />

eigenen Martyrium, zu einer Qual, die<br />

das Vorstellbare übersteigt.<br />

Tania Carver<br />

Stirb, mein<br />

Prinz<br />

Ein altes Haus soll abgerissen werden.<br />

Da entdecken die Arbeiter etwas<br />

Grauenhaftes im Keller: einen Käfig<br />

aus Menschenknochen. Und darin ein<br />

verwahrlostes Kind. Wer <strong>ist</strong> dieser<br />

Junge Wer hat ihm das angetan Mit<br />

ihren Ermittlungen stören Kommissar<br />

Phil Brennan und Profilerin Marina<br />

Esposito einen kaltblütigen Menschensammler,<br />

der seit über 30 Jahren<br />

einem grausamen Ritual folgt. Doch<br />

dieser Killer duldet keine Einmischung.<br />

Er will den Jungen zurück. Und der<br />

Knochenkäfig enthält noch weitere<br />

Überraschungen – Geheimnisse, die<br />

Brennan und den Killer miteinander in<br />

Verbindung bringen. Die Zeit drängt,<br />

und niemand weiss, dass sich der<br />

Killer vor aller Augen verbirgt ...<br />

Robert Harris<br />

Angst<br />

Der amerikanische Physiker<br />

Alexander Hoffmann war lange im<br />

Europäischen Kernforschungszentrum<br />

CERN mit dem Aufbau des neuen<br />

Teilchenbeschleunigers beschäftigt.<br />

Zusammen mit seinem Partner, einem<br />

Investmentbanker, betreibt er nun<br />

einen äusserst lukrativen Hedgefonds.<br />

Hoffmann hat eine revolutionäre<br />

Form des algorithmischen Aktienhandels<br />

entwickelt: Künstliche Intelligenz<br />

und Angstparameter werden zu einer<br />

hochgeheimen Software verknüpft,<br />

die mit geradezu unheimlicher Präzision<br />

die Bewegungen der Finanzmärkte<br />

voraussagen kann. Eines Nachts überwindet<br />

ein Einbrecher die Sicherheitsanlagen<br />

von Hoffmanns Anwesen. Ein<br />

albtraumhafter Tag voller Paranoia<br />

und Gewalt beginnt.<br />

Tess Gerritsen<br />

Abendruh<br />

Sie sind die einzigen Überlebenden<br />

von schrecklichen Familientragödien.<br />

Erst wurden ihre Eltern<br />

brutal ermordet, dann auch noch die<br />

Pflegefamilien. In «Abendruh», einem<br />

Internat in der Abgeschiedenheit des<br />

amerikanischen Bundesstaats Maine,<br />

sollen drei Jugendliche ihre Sicherheit<br />

wiedergewinnen und in ein normales<br />

Leben zurückfinden. Doch obwohl die<br />

Schule nach aussen hin abgesichert <strong>ist</strong>,<br />

kommt es zu höchst beunruhigenden<br />

Vorfällen. Plötzlich bangen die drei<br />

Jugendlichen um ihr Leben. Maura<br />

Isles, die eine persönliche Verbindung<br />

zu «Abendruh» hat, <strong>ist</strong> vor Ort, als<br />

die Situation endgültig eskaliert.<br />

Der bislang bedrohlichste Fall für Jane<br />

Rizzoli und Maura Isles!<br />

Departement 19 –<br />

Die Wiederkehr<br />

Will Hill<br />

688 Seiten<br />

CHF 27.90<br />

Lübbe<br />

Incarceron –<br />

Fliehen heisst sterben<br />

Catherine Fisher<br />

475 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Penhaligon<br />

Return Man<br />

V.M. Zito<br />

541 Seiten<br />

CHF 14.90<br />

Heyne<br />

448 Seiten<br />

CHF 24.90<br />

FISCHER Scherz<br />

ISBN 978-3-651-00045-2<br />

576 Seiten<br />

CHF 24.90<br />

L<strong>ist</strong><br />

ISBN 978-3-471-35078-2<br />

384 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Heyne<br />

ISBN 978-3-453-43713-5<br />

416 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Limes<br />

ISBN 978-3-8090-2578-8


40 | im schaufenster Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf im schaufenster | 41<br />

<strong>Lügen</strong> <strong>ist</strong><br />

<strong>menschlich</strong><br />

Mit «Das Verschwiegene» liefert die norwegische Schriftstellerin und<br />

Journal<strong>ist</strong>in Linn Ullmann einen ungewöhnlichen Roman ab, der das<br />

Publikum in die alltäglichen Untiefen des Menschseins führt.<br />

Erik Brühlmann<br />

Drei junge Burschen wollen im Wald bei<br />

Mailund, in der Nähe von Oslo, einen<br />

Schatz bergen, den sie vor einiger Zeit vergraben<br />

hatten. Stattdessen buddeln sie<br />

eine Leiche aus: Mille, ein Mädchen, das<br />

zwei Jahre zuvor spurlos verschwunden<br />

war. Der Anfang von «Das Verschwiegene»<br />

der norwegischen Autorin Linn Ullmann<br />

würde jedem Krimi gut zu Gesicht stehen.<br />

Doch nicht in jedem Buch, in dem eine<br />

Leiche auftaucht, steckt auch ein Kriminalroman<br />

drin. Vielmehr bereitet die Tochter<br />

der Schauspielerin Liv Ullmann und des<br />

Regisseurs Ingmar Bergmann mit dem Leichenfund<br />

den Tisch für eine Mischung aus<br />

einem Psychogramm des allzu Menschlichen<br />

und der Geschichte einer nicht perfekten<br />

Familie.<br />

Viel mehr als die<br />

Tochter<br />

ml. Viele Söhne und Töchter verweigern<br />

sich oft dem Bereich, in dem die prominenten<br />

Eltern tätig sind – und werden<br />

zum Beispiel lieber Wissenschaftler als<br />

Politiker, lieber Lehrer als Schauspieler.<br />

Manche haben sich jedoch im gleichen<br />

Gebiet versucht. Eines der spannendsten<br />

Beispiele dafür <strong>ist</strong> Franz Xaver Wolfgang<br />

Mozart, das jüngste Kind von Wolfgang<br />

Amadeus. Seine Mutter Constanze hatte<br />

ihn schon früh zum Musiker bestimmt.<br />

Der Bub erhielt Unterricht von den<br />

bekanntesten Lehrern in Wien und galt als<br />

überaus talentiert. Er wurde dann auch<br />

Musiklehrer und Kompon<strong>ist</strong> in Lemberg,<br />

unternahm ausgedehnte Konzertreisen<br />

durch ganz Europa und schuf einige<br />

beachtliche Werke. Doch er blieb stets<br />

nur «der Sohn» – ein Umstand, der ihn<br />

vor allem im späteren Leben immer mehr<br />

ärgerte. Franz Grillparzer dichtete für den<br />

Nachruf des berühmten Mannes:<br />

Begabt, um höher aufzuragen,<br />

Hielt ein Gedanke deinen Flug;<br />

«Was würde wohl mein Vater sagen»<br />

War dich zu hemmen schon genug.<br />

Auch Linn Ullmann <strong>ist</strong> die Tochter<br />

berühmter Eltern: Ihre Mutter <strong>ist</strong> die<br />

norwegische Schauspielerin Liv Ullmann;<br />

diese wurde vor allem durch ihre Mitwirkung<br />

in Filmen von Ingmar Bergman, des<br />

bedeutendsten skandinavischen Regisseurs,<br />

berühmt. 1997 wurde Bergman bei den<br />

Filmfestspielen in Cannes als «Bester Filmregisseur<br />

aller Zeiten» geehrt. Auch wenn<br />

man solche Superlative nicht mag, gibt es<br />

nichts daran zu rütteln, dass Bergman die<br />

Filmgeschichte geprägt hat – mit Dramen<br />

wie «Wilde Erdbeeren», «Szenen einer<br />

Ehe» oder «Herbstsonate». Bergman und<br />

Liv Ullmann führten fünf Jahre lang eine<br />

Beziehung, der die 1966 geborene Linn<br />

entsprang.<br />

Das Mädchen wuchs in Europa und in den<br />

USA auf, später studierte Linn Ullmann<br />

Literatur in New York. Sie foutierte<br />

sich um die schwere Hypothek, die ihre<br />

Abstammung mit sich brachte, und wagte<br />

sich schon früh in die Welt der Kunst;<br />

schon mit fünf Jahren wirkte sie neben<br />

ihrer Mutter in einem Film mit, sie wurde<br />

Kulturjournal<strong>ist</strong>in und veröffentlichte 1998<br />

ihren ersten Roman. Die Tatsache, dass<br />

sie so berühmte Eltern hat, nimmt sie so<br />

locker, wie das nur möglich <strong>ist</strong> – was ihr<br />

viel Respekt eingebracht hat. «Offensichtlich<br />

gibt es einen Einfluss der Eltern auf<br />

mich», sagte sie in einem Interview, «aber<br />

ich weiss nicht, auf welche Weise und in<br />

welchem Mass. Meine Eltern sind beide<br />

grosse Erzähler.»<br />

Das <strong>ist</strong> sie selber auch – als Schriftstellerin<br />

steht Linn Ullmann auf eigenen Beinen.<br />

Ihre Romane und Novellen werden<br />

mittlerweile in 15 Sprachen übersetzt;<br />

auf Deutsch <strong>ist</strong> zum Beispiel auch «Die<br />

Lügnerin» erhältlich – ebenfalls ein Buch<br />

mit beachtlichem Tiefgang und hohem<br />

Unterhaltungswert.<br />

Eigentlich <strong>ist</strong> alles anders<br />

«Ich schreibe über Dinge, vor denen ich<br />

Angst habe», sagte Linn Ullmann einmal in<br />

einem Interview. «Und ich habe Angst davor,<br />

angelogen zu werden – und es nicht zu<br />

bemerken.» Die Lüge steht in all ihren Varianten<br />

denn auch im Zentrum von «Das<br />

Verschwiegene»: Notlügen, Selbstbetrug,<br />

Dinge, die nicht gesagt werden oder auf<br />

den ersten Blick anders scheinen, als sie<br />

sind. Da wäre zum Beispiel Jon, der Vater,<br />

ein Schriftsteller, der schon seit Jahren unter<br />

einer Schreibblockade leidet. Er belügt<br />

sich selbst, indem er sich ständig einredet,<br />

dass der lang erwartete dritte Teil seiner<br />

Trilogie bald fertig sein wird. Es <strong>ist</strong> nur<br />

eine Frage der Zeit, der Umgebung, der<br />

Eingebung, der Organisation seiner Notizen<br />

... Siri, seine Frau, lädt sich Unmengen<br />

von Arbeit und Verpflichtungen auf – damit<br />

sie einerseits Jons Untätigkeit und den Familienunterhalt<br />

finanzieren kann und um<br />

andererseits vor sich selbst zu verbergen,<br />

dass ihr Leben nicht das <strong>ist</strong>, was es sein<br />

sollte, was sie sich vorstellte. «Was habe<br />

ich eigentlich aus meinem Leben gemacht»,<br />

fragt sie sich denn auch in einem<br />

Moment der Schwäche – und findet keine<br />

Antwort. Jenny wiederum, Siris Mutter, <strong>ist</strong><br />

eine Alkoholikerin, die nach langen Jahren<br />

der Abstinenz an ihrem 75. Geburtstag<br />

wieder zu trinken beginnt. weil sie mit ihrem<br />

Leben anfangen darf, was sie will –<br />

und nicht etwa, weil sie es braucht oder<br />

weil sie den frühen Tod von Siris Bruder<br />

noch immer nicht verwunden hat ...<br />

Wie ein Fächer<br />

«Das Verschwiegene» <strong>ist</strong> eine Geschichte,<br />

die sich vom Zeitpunkt des Leichenfunds<br />

an wie ein Fächer immer weiter öffnet. Mit<br />

jedem Kapitel erkennt man ein neues Stück<br />

des grossen Ganzen, setzt hier ein Stück<br />

Vergangenheit, dort ein Stück Gegenwart<br />

ein – und weiss doch nie so recht, wo das<br />

Ganze hinführen wird. Klar <strong>ist</strong> nur, dass<br />

Siris und Jons Familie in einem Netz von<br />

<strong>Lügen</strong> und Ungesagtem lebt und sich darin<br />

windet. Das erscheint zunächst grotesk,<br />

erwe<strong>ist</strong> sich bei näherem Hinsehen aber<br />

nur als eine scharfsinnige Betrachtung des<br />

Alltäglichen. Gleiches lässt sich auch über<br />

die Ehe sagen, die Jon und Siri führen und<br />

die alles andere als märchenhaft oder romantisch<br />

perfekt <strong>ist</strong> – eine Situation, welche<br />

die Autorin, die mit dem Dichter und<br />

Bühnenautor Niels Fredrik Dahl verheira-<br />

tet <strong>ist</strong>, aus eigener Erfahrung kennt: «Wir<br />

beide haben gescheiterte Ehen hinter uns;<br />

es <strong>ist</strong> uns nicht fremd, wie bedrückt und<br />

einsam man sich in einer Beziehung fühlen<br />

kann», sagt sie und liefert mit Jon und Siri<br />

ein literarisches Beispiel. Jon betrügt seine<br />

Frau mehrfach, <strong>ist</strong> ständig bemüht, seine<br />

Mailbox «Siri-kompatibel» zu halten,<br />

schläft statt im Ehebett lieber im Arbeitszimmer.<br />

Und Siri kontrolliert Jons Handy,<br />

seine E-Mails, weiss um seine Fremdbeziehungen<br />

und wird nicht müde, ihn mit der<br />

Nase auf seine Schreibblockade zu stossen.<br />

Alles, nur nicht sich aussprechen, <strong>ist</strong> die<br />

Devise.<br />

Der Kinder wegen<br />

Natürlich, die beiden haben Kinder – Liv<br />

und die ältere Alma –, da muss man den<br />

Schein des Perfekten natürlich wahren.<br />

Und dann <strong>ist</strong> da auch noch Mille, das Mädchen,<br />

das bei Jon und Siri als Au-Pair arbeitet,<br />

sodass man die funktionierende Familie<br />

geben muss. Doch was hat dieser Schein<br />

mit dem Sein zu tun Mille beispielsweise<br />

<strong>ist</strong> sowieso mehr an den <strong>menschlich</strong>en Seiten<br />

interessiert, die im Verborgenen liegen.<br />

Deshalb liebt sie es auch, Menschen zu fotografieren,<br />

ohne dass sie es bemerken.<br />

Und Alma wird mit der Zeit, wie es heisst,<br />

immer schwieriger, wird sozusagen zum<br />

Gegenentwurf von Jon und Siri. «Fuck you,<br />

Mama!», sagt sie mit unschöner Offenheit,<br />

rauft sich mit anderen Mädchen und lässt<br />

sich sogar dazu hinreissen, der Lehrerin<br />

den Zopf abzuschneiden – einfach, weil sie<br />

es kann. Mit dieser Offenheit, egal ob gespielt<br />

oder ehrlich, kommen Jon und Siri<br />

einfach nicht klar.<br />

EINE KOMÖDIE NACH EINE MARTIN KOMÖDIE SUTER NACH EINE MARTIN KOMÖDIE SUTER NACH MARTIN SUTER<br />

6. – 22. JUNI 2013 6. – 22. JUNI 2013 6. – 22. JUNI 2013<br />

WWW.CASINOTHEATER.CH WWW.CASINOTHEATER.CH WWW.CASINOTHEATER.CH<br />

Aufführungsrechte Diogenes Verlag Aufführungsrechte Zürich<br />

Diogenes Verlag Aufführungsrechte Zürich Diogenes Verlag Zürich<br />

Und die Tat<br />

Was dies alles mit dem Tod von Mille zu tun<br />

hat Obwohl niemand in der Familie die<br />

Tat begangen hat, hat doch jeder mit seinem<br />

Verhalten zum Tod Milles beigetragen,<br />

bewusst oder unbewusst. Wer letztlich der<br />

Täter <strong>ist</strong>, bleibt nebensächlich. Denn dieses<br />

Wissen ändert nichts mehr am Tod des<br />

Mädchens. Viel wichtiger <strong>ist</strong> – und das <strong>ist</strong><br />

wohl die oft zitierte Moral der Geschicht’ –,<br />

dass es selbst aus verfahrenen Situationen<br />

Auswege geben kann. Wenn man sich denn<br />

dazu entschliesst, das Verschwiegene auf<br />

den Tisch zu bringen.<br />

Das Verschwiegene<br />

352 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Luchterhand


42 | Kinderwelt Books Nr. 2/2013<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf Kinderwelt | 43<br />

© joelle tourlonIas / beltZ & gelberg<br />

Freunde machen Freude<br />

Pippi, Thomas und Annika; Kasperl und Seppel; Pettersson und Findus. In der bewährten Kinderliteratur<br />

spielen Freundschaften oft eine besondere Rolle. Deshalb wollen wir von unserer Gewährsfrau<br />

für Kinderbücher wissen: Gibt es auch gute Neuerscheinungen rund ums Thema Freundschaft<br />

«Freundschaft gibt Geborgenheit, deshalb<br />

kommt sie in vielen Kinderbüchern vor.<br />

Aus der grossen Fülle von Neuerscheinungen,<br />

die dieses Thema aufnehmen, habe<br />

ich vier Titel ausgewählt, für die ich sozusagen<br />

meine Hand ins Feuer legen würde<br />

– sie alle sind aussergewöhnlich gut.<br />

‹Wecke niemals einen Schrat› von Autor<br />

Wieland Freund und der Illustratorin Joëlle<br />

Tourlonias finde ich zum Beispiel wahnsinnig<br />

schön – das <strong>ist</strong> ein richtiges Herzensbuch,<br />

das mit viel Liebe gemacht<br />

wurde. Die Geschichte spielt im Elfenwald.<br />

Jannis und Motte sind zwei Elfenkinder,<br />

die gerade ihre Elfenprüfung ablegen<br />

mussten. Das Mädchen Motte hat sie mit<br />

Bravour bestanden, Jannis aber <strong>ist</strong> durchgerasselt,<br />

weil er immer den Unterricht<br />

schwänzte. Er kennt daher auch ‹Amsel<br />

<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />

Werden wahre Freunde:<br />

die Elfen Jannis und<br />

Motte aus «Wecke<br />

niemals einen Schrat».<br />

Salamanders Buch über alles› nicht genau,<br />

und deshalb stochert er auf einem Streifzug<br />

durch den Wald dummerweise in einem<br />

vermeintlichen Pilz herum – und<br />

weckt so den Schrat Wendel auf. In Salamanders<br />

weisem Buch steht, dass man<br />

niemals einen Schrat aufwecken darf; tut<br />

man es doch, folgt er einem für immer und<br />

bringt einem nur Unglück. Jannis will vor<br />

dem Schrat fliehen, doch er kann ihn nicht<br />

abschütteln. Weil er auf seiner Flucht den<br />

ganzen Elfenwald durcheinanderbringt,<br />

wird Jannis verstossen. In der ersten<br />

Nacht, in der er allein <strong>ist</strong>, beschwört der<br />

böse Zauberer Holunder einen Sturm herauf,<br />

der das ganze Elfenvolk und auch<br />

Salamanders Buch verweht. Jannis Freundin<br />

Motte und die Elfenkönigin werden<br />

vom bösen Zauberer entführt, und nur<br />

Jannis kann sie retten – zusammen mit<br />

Wendel. Während seines Abenteuers merkt<br />

Jannis allmählich, dass der weise Salamander<br />

sich mit seiner Einschätzung eines<br />

Schrats ziemlich geirrt hat ... Der heimliche<br />

Star dieses Buchs <strong>ist</strong> der Schrat Wendel,<br />

der total herzig gezeichnet wurde: Er<br />

hat eine Haut wie ein Pilz und sieht irgendwie<br />

aus wie eine grosse Bohne. Der Text <strong>ist</strong><br />

sehr sympathisch und äusserst unterhaltsam<br />

geschrieben, und die Bilder sind sehr<br />

attraktiv. Ich kann mir vorstellen, dass<br />

‹Wecke niemals einen Schrat› das Lieblingsbuch<br />

vieler Kinder werden wird. Sie<br />

können es selber lesen, es eignet sich aber<br />

auch zum Vorlesen für Buben und Mädchen<br />

im Kindergartenalter.<br />

Das nächste Buch gefällt wohl vor allem<br />

Mädchen – Buben lesen ja nicht so gern<br />

Geschichten mit weiblichen Hauptfiguren.<br />

‹Superhelden fliegen geheim› von Alice<br />

Pantermüller erzählt die Freundschaftsgeschichte<br />

von Karline und Rose. Karline<br />

hat ein Geheimnis, das sie nicht einmal<br />

Rose anvertrauen kann: Sie stammt aus<br />

einer Superheldenfamilie. Die Eltern und<br />

Geschw<strong>ist</strong>er von Karline retten dauernd<br />

die Welt, und es <strong>ist</strong> anzunehmen, dass auch<br />

die Jüngste irgendwelche Superkräfte hat<br />

– nur haben sich diese noch nicht gezeigt.<br />

Wie bei Superhelden üblich, agiert auch<br />

die Familie von Karline im Verborgenen.<br />

Dummerweise zieht Professor Puvogel in<br />

die Stadt, der berühmteste Superheldenforscher,<br />

der hinter dem Geheimnis der<br />

Superhelden her <strong>ist</strong>. Und sein Sohn Jona<br />

kommt ausgerechnet in die Klasse von<br />

Karline und Rose. Weil Jona auch eher ein<br />

Aussenseiter <strong>ist</strong>, freunden sich die beiden<br />

Mädchen aber mit ihm an. Und das <strong>ist</strong> gut,<br />

denn der Professor wird von zwei Gangstern<br />

entführt und braucht dringend Hilfe.<br />

Glücklicherweise entdeckt Karline endlich<br />

ihre Gabe: Sie versteht alle Tiere, und das<br />

erwe<strong>ist</strong> sich bei der Rettung des Professors<br />

als unschätzbar wertvoll ... ‹Superhelden<br />

fliegen geheim› <strong>ist</strong> ein sehr unterhaltsames<br />

und witziges Buch – und ein ausserge-<br />

wöhnliches obendrein. Die Geschichte<br />

wird rasant und mit viel Humor erzählt.<br />

Von Alice Pantermüller stammt auch die<br />

erfolgreiche Reihe ‹Mein Lotta-Leben›,<br />

aber dieses neue Buch hat mir besser gefallen,<br />

weil es so energiegeladen <strong>ist</strong>.<br />

Aussergewöhnlich <strong>ist</strong> auch das nächste<br />

Buch – darauf deutet ja bereits der Titel<br />

hin: ‹Päpste pupsen nicht›, geschrieben<br />

von Alexander Smoltczyk. Im Mittelpunkt<br />

stehen zwei Mädchen. Die Familien der<br />

beiden jungen Schweizerinnen leben in<br />

Comiczeichner Ulf K. lockert «Superhelden fliegen<br />

geheim» mit hübschen Illustrationen auf.<br />

Rom – die eine Familie aus romantischen<br />

Gründen, die andere, weil der Vater Kommandant<br />

der Schweizergarde <strong>ist</strong>. Die beiden<br />

Mädchen streifen zusammen durch<br />

die Stadt, über die man übrigens sehr viel<br />

erfährt, und sie stellen irgendwann fest,<br />

dass die Stare in diesem Jahr bei ihrem<br />

Flügen im Schwarm höchst ungewöhnliche<br />

Formationen bilden. Die beiden Mädchen<br />

machen sich auf die Suche nach den<br />

Ursachen für dieses Phänomen und begegnen<br />

dabei eigenartigen Leuten. Und sie<br />

stossen auf ein grosses Geheimnis: Ein<br />

Priester im Vatikan erfand eine Maschine,<br />

mit der sich der Flug der Stare manipulieren<br />

lässt, und diese Maschine wurde gestohlen.<br />

Komischerweise bringen die manipulierten<br />

Stare die Menschen jetzt dazu,<br />

rundheraus die Wahrheit zu sagen. Und<br />

das könnte im Falle des Papstes zu einer<br />

© ulF K. / aren<br />

Katastrophe führen, die es zu verhindern<br />

gilt ... In dieser Geschichte <strong>ist</strong> alles sehr<br />

mysteriös und speziell. Alexander Smoltczyk<br />

erzählt in seinem Debüt zwar schlüssig<br />

und klar, aber die Sache <strong>ist</strong> ein wenig<br />

verzwickt, deshalb eignet sich das Buch<br />

eher für geübte Leserinnen und Leser ab<br />

neun, zehn Jahren. Sie können sich auf viel<br />

Spannung und höchst originelle Wendungen<br />

freuen!<br />

Und dann <strong>ist</strong> mir gleich noch eine erstklassige<br />

Neuerscheinung zum Thema Freundschaft<br />

in die Hände geraten: ‹Ein Krokodil<br />

taucht ab› von Nina Weger – ein Superbuch!<br />

Das schöne Cover könnte einen auf<br />

eine falsche Fährte leiten, denn die Geschichte<br />

<strong>ist</strong> schon etwas düsterer, als der<br />

Umschlag verspricht. Hauptfigur <strong>ist</strong> Paul,<br />

der mit seinem Vater und dem Mississippi-<br />

Alligator Orinoko zusammenlebt; der Vater<br />

arbeitet mit Tieren und <strong>ist</strong> dadurch zu diesem<br />

ungewöhnlichen Haustier gekommen.<br />

Leider verliebt sich der Vater, und die neue<br />

Freundin zieht zusammen mit ihrer Tochter<br />

Elektra bei Paul ein. Es gibt ständig<br />

Streit, und bei einem Krach fällt Orinoko<br />

ins Klo und wird aus Versehen heruntergespült.<br />

Paul macht sich auf die Suche nach<br />

seinem besten Freund und geht in die Kanalisation.<br />

Dort trifft er auf eine grosse<br />

Bande von Kindern, die sich in der Kanalisation<br />

ein eigenes Reich eingerichtet hat.<br />

Paul muss schwören, dass er für immer bei<br />

diesen Ausreissern bleibt, und sie helfen<br />

ihm in Gegenzug, Orinoko zu finden. Doch<br />

dann taucht Elektra auf. Sie wollte Orinoko<br />

ebenfalls retten, um sich mit Paul zu versöhnen,<br />

doch sie hat sich in der Kanalisation<br />

verirrt. Erst verstehen sich Paul und<br />

Elektra überhaupt nicht, dann merkt er<br />

aber, dass sie es ehrlich meint mit der Versöhnung<br />

– und die beiden beschliessen, die<br />

Kanalisation gegen den Willen der Bande<br />

zu verlassen. Das alles <strong>ist</strong> total spannend,<br />

ein Abenteuer jagt das nächste, und man<br />

kann als Leserin oder Leser kaum Luft holen.<br />

Irgendwie hat mich das Ganze ein wenig<br />

an ‹Die rote Zora› erinnert – zumindest<br />

bezüglich Spannung <strong>ist</strong> der Vergleich<br />

durchaus angebracht.»<br />

Nicole Stäuble, 40, <strong>ist</strong> Buchhändlerin bei<br />

Orell Füssli in Frauenfeld; sie hat einen<br />

dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits<br />

meine Lehre zur Buchhändlerin bei Orell<br />

Füssli», erzählt sie. Schon in der Lehre<br />

seien Kinder- und Jugendbücher für sie<br />

das Grösste gewesen, denn «dieser Bereich<br />

<strong>ist</strong> so vielseitig und fast so etwas wie<br />

eine Buchhandlung in der Buchhandlung!»<br />

Ausserdem könne man die Kundinnen<br />

und Kunden, die Kinderbücher suchten,<br />

umfassend beraten: «Die me<strong>ist</strong>en Leute<br />

sind dankbar für Empfehlungen, weil sie<br />

sich mit den Neuerscheinungen nicht so<br />

gut auskennen.»<br />

Wecke niemals<br />

einen Schrat<br />

Wieland Freund,<br />

Joëlle Tourlonias<br />

(Illustrationen)<br />

217 Seiten<br />

CHF 23.90<br />

Beltz & Gelberg<br />

ab 8 Jahren<br />

Superhelden<br />

fliegen geheim<br />

Alice Pantermüller,<br />

Ulf K. (Illustrationen)<br />

163 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Arena<br />

ab 9 Jahren<br />

Päpste pupsen<br />

nicht<br />

Alexander<br />

Smoltczyk<br />

CHF 18.90<br />

Dressler<br />

ab 10 Jahren<br />

Ein Krokodil<br />

taucht ab<br />

Nina Weger<br />

336 Seiten<br />

CHF 19.90<br />

Oetinger<br />

ab 10 Jahren


44 | ORELL FÜSSLI Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Mein Buch | 45<br />

«Das kleine Gespenst»<br />

in Winterthur<br />

Ein Theatererlebnis für die ganze Familie: Der Kinderbuch-Klassiker<br />

«Das kleine Gespenst» wird auf Schloss Mörsburg unter freiem<br />

Himmel aufgeführt.<br />

Benjamin Gygax<br />

Am 18. Februar 2013 starb einer der grössten<br />

deutschen Kinderbuchautoren: Otfried<br />

Preussler. Er wurde fast 90 Jahre alt. Mit<br />

seinen Büchern hat Preussler Generationen<br />

von Kindern und Jugendlichen unterhalten.<br />

«Der kleine Wassermann», «Die<br />

kleine Hexe» oder «Der Räuber Hotzenplotz»<br />

sind auch Jahrzehnte nach ihrem<br />

Erscheinen bekannt und beliebt; und<br />

«Krabat» sorgt auch heute noch für Gänsehaut<br />

bei jugendlichen Leserinnen und Lesern.<br />

Preusslers 32 Bücher wurden in 55<br />

Sprachen übersetzt und rund 50 Millionen<br />

Mal gedruckt.<br />

Wie bühnentauglich die Geschichten des<br />

deutschen Schriftstellers sind, zeigt jetzt<br />

die Produktionsgesellschaft «summerträumli»<br />

der beiden Schauspieler Patrizia<br />

Gasser und Samuel Vetsch. Sie führt «Das<br />

kleine Gespenst» in einer werkgetreuen<br />

Dialektbearbeitung auf, unter freiem Himmel<br />

und vor perfekter Kulisse: im Hof von<br />

Schloss Mörsburg bei Stadel, Winterthur.<br />

«Viele Kindertheater sind Tourneeproduktionen<br />

und müssen deshalb auf aufwändige<br />

Bühnenbilder und Requisiten verzichten»,<br />

sagt Mit-Initiant und Regisseur<br />

Samuel Vetsch. «Wir wollten aber einmal<br />

Wettbewerb: Kurzgeschichten<br />

gesucht!<br />

Während einer Zugfahrt lässt sich wunderbar<br />

lesen – die Zeit bis zum Ziel <strong>ist</strong> sozusagen<br />

geschenkt, und man kann ungestört in<br />

Geschichten abtauchen. Re<strong>ist</strong> man mit dem<br />

Voralpen-Express, <strong>ist</strong> Lesen aber ausnahmsweise<br />

nicht die beste Beschäftigung,<br />

denn der Zug durchquert vom Bodensee bis<br />

zum Vierwaldstättersee einige der schönsten<br />

Gegenden der Schweiz. Warum also<br />

nicht einfach aus dem Fenster schauen und<br />

die Eindrücke geniessen<br />

Und wer seine Eindrücke in eine Kurzgeschichte<br />

packt, kann jetzt auch attraktive<br />

Preise gewinnen. Der Voralpen-Express<br />

und Orell Füssli suchen die spannendsten,<br />

lustigsten oder romantischsten Kurzgeschichten.<br />

Einzige Bedingung: Die Geschichte<br />

darf höchstens 5000 Zeichen lang<br />

sein und muss die fünf Begriffe «Voralpen-<br />

Express», «Rothenthurmer Hochmoor»,<br />

«Rickentunnel», «Sitterviadukt» und «unbekannter<br />

Koffer» enthalten.<br />

Senden Sie Ihre Geschichte bis zum 15. Oktober<br />

2013 unter www.voralpen-express.ch<br />

ein und gewinnen Sie ein Wochenende für<br />

zwei Personen in Bad Zurzach, eine<br />

Schreibwerkstatt mit Milena Moser oder einen<br />

E-Reader. Alle Informationen unter<br />

www.books.ch/geschichten-spinnen.<br />

ein richtiges Spektakel präsentieren, das<br />

Gross und Klein etwas bietet.» Die Macher,<br />

die schon beim MärliMusicalTheater von<br />

Andrew Bond zusammenarbeiteten, versprechen<br />

Live-Musik und Action.<br />

Geplant sind 15 Vorstellungen. Sie gehen<br />

zwischen dem 10. August und dem 15. September<br />

jeweils am Mittwoch-, Samstagund<br />

Sonntagnachmittag über die Bühne.<br />

Damit das Spektakel auch bei Regen nicht<br />

ins Wasser fällt, <strong>ist</strong> die Tribüne gedeckt.<br />

Informationen und Hinweise zum Vorverkauf<br />

unter www.summerträumli.ch.<br />

Preis für den<br />

Kramhof<br />

Seit 2004 vergibt die Arbeitsgemeinschaft<br />

für Jugendbuchverlage avj, der<br />

rund 90 Verlage im deutschsprachigen<br />

Raum angehören, jährlich den «Kinderbuchhandlungspreis».<br />

Die Auszeichnungen<br />

für 2013 wurden im Rahmen der<br />

Leipziger Buchmesse überreicht – und zu<br />

den Pre<strong>ist</strong>rägern gehört auch Orell Füssli.<br />

Die Filiale Kramhof an der Zürcher<br />

Bahnhofstrasse gewann den Preis für die<br />

Schweiz mit der Aktion «Testleser». Dabei<br />

empfehlen Kinder anderen Kindern<br />

Neuerscheinungen, die sie für besonders<br />

gelungen halten. Zum Testleser-Team gehören<br />

etwa 20 Buben und Mädchen, die<br />

sich auf einen Aufruf gemeldet haben. Sie<br />

können sich bei den Leseexemplaren bedienen<br />

und verfassen dann eine Rezension,<br />

die in der Buchhandlung ausgestellt<br />

wird. «Eine kreative Idee, mit der ein Beitrag<br />

zur Leseförderung gele<strong>ist</strong>et wird<br />

und welche die Buchhandlung für junge<br />

Kundinnen und Kunden interessant<br />

macht», urteilte die Jury.<br />

Einkaufen auf dem Weg<br />

in die Ferien<br />

Wir möchten von Orell-Füssli-Kundinnen und -Kunden wissen: Welches <strong>ist</strong><br />

Ihr liebstes Buch Heute antwortet David Auf der Maur aus Guarda.<br />

Erik Brühlmann<br />

In der Filiale von Orell Füssli am Flughafen<br />

Kloten herrscht zuweilen ein babylonisches<br />

Sprachwirrwarr. Deutsch, Englisch<br />

und Französisch sind ebenso in Gebrauch<br />

wie Idiome, die nicht so leicht zu identifizieren<br />

sind. Kein Wunder, sind doch die<br />

me<strong>ist</strong>en Kundinnen und Kunden im wahrsten<br />

Sinn des Wortes auf der Durchreise.<br />

Das gilt auch für den 42-jährigen David Auf<br />

der Maur. Der Landwirt aus dem Engadin<br />

<strong>ist</strong> eigentlich auf dem Weg in die Ferien<br />

JUDITH GMÜR I KARIN PREDIERI<br />

Feine Rezepte und praktische Tipps<br />

für Lager, Schulen, Mittagstische,<br />

Kantinen, Feste und grosse Familien.<br />

Mit farbigen Illustrationen und Spiralbindung.<br />

ISBN 978-3-85932-704-7<br />

Die Frage nach dem «Was koche ich heute»<br />

erübrigt sich mit diesem Buch. Freuen Sie sich<br />

auf strahlende Gesichter und dankbare Komplimente<br />

an langen Esstischen. und bewertet.<br />

nach Gran Canaria. Da kommt ihm die<br />

Buchhandlung von Orell Füssli gerade gelegen,<br />

um sich vor dem Flug noch mit Lesefutter<br />

einzudecken. «Ich lese eben sehr<br />

viel», sagt er, «Fachliteratur rund um die<br />

Landwirtschaft, Kochbücher, Krimis und<br />

am liebsten h<strong>ist</strong>orische Romane.» Mit digitalen<br />

Büchern kann David Auf der Maur<br />

wenig anfangen: «Ich liebe es einfach, ein<br />

Buch in der Hand zu halten!» Und von der<br />

Hand wandern die Bücher dann in die eigene<br />

Bibliothek, denn in den allerme<strong>ist</strong>en<br />

Fällen behält er, was er gelesen hat. «Ich<br />

finde es einfach toll, eine eigene Bibliothek<br />

zu haben.»<br />

Bei der Auswahl seiner Bücher verlässt<br />

sich David Auf der Maur auf seine Intuition:<br />

«Entweder gefällt mir das Cover, oder<br />

der Titel fasziniert mich – und me<strong>ist</strong>ens <strong>ist</strong><br />

das dann eine gute Wahl.» Zu seinen Lieblingsautoren<br />

gehören Ken Follett, Donna<br />

Leon, Dick Francis und Paulo Coelho. «Gefällt<br />

mir das Buch eines Autors, lese ich oft<br />

auch alle anderen von ihm», so der 42-Jährige,<br />

der auch kein Problem mit Literaturverfilmungen<br />

hat. «Ich gehe da ganz unbefangen<br />

heran. Wenn ich das Buch lese, lese<br />

URSULA KOHLER<br />

20 zweitägige Ausflüge mit Kind<br />

und Kegel.<br />

Zahlreiche Karten und farbige Abbildungen.<br />

ISBN 978-3-85932-700-9<br />

Wer Neues entdecken will, findet unter<br />

den 20 quasi pfannenfertigen zweitägigen<br />

Touren mit vielfältigen Varianten bestimmt<br />

immer wieder den passenden Ausflug.<br />

GABRIELLE ATTINGER<br />

20 neue Tipps für Kurzferien in<br />

der Schweiz.<br />

Zahlreiche farbige Abbildungen.<br />

ISBN 978-3-85932-699-6<br />

Wer diesen Reiseführer in der Hand hat,<br />

braucht nur noch die Tasche zu packen<br />

und los geht’s – in rundum genussreiche,<br />

erholsame Kurzferien.<br />

ich das Buch; wenn ich den Film sehe, sehe<br />

ich den Film. Oft haben beide Aufbereitungen<br />

eines Stoffs ihre Qualitäten, wenn auch<br />

nicht unbedingt dieselben.»<br />

Konsequenterweise empfiehlt der Landwirt<br />

für unsere Rubrik auch ein Buch, das<br />

sowohl in Buchform als auch in der Verfilmung<br />

mit Ben Whishaw und Dustin Hoffman<br />

zu den Grosserfolgen zählt: «Das Parfum»<br />

von Patrick Süskind aus dem Jahr<br />

1985. Der Roman – der einzige, den Süskind<br />

je geschrieben hat – erzählt die Geschichte<br />

von Jean-Bapt<strong>ist</strong>e Grenouille, der<br />

einen geradezu phänomenalen Geruchssinn<br />

besitzt, jedoch selbst ohne <strong>menschlich</strong>en<br />

Eigengeruch geboren wurde. Er beschliesst,<br />

grösster Parfumeur aller Zeiten<br />

zu werden. Für seine Vision, mit allen Mitteln<br />

das perfekte Parfum zu kreieren, wird<br />

er sogar zum Mörder – und muss erkennen,<br />

dass seine Kreation nur eine Illusion<br />

<strong>ist</strong>. «Wahnsinnig spannend geschrieben<br />

und total faszinierend!», findet David Auf<br />

der Maur.<br />

Das Parfum<br />

Patrick Süskind<br />

319 Seiten<br />

CHF 17.90<br />

Diogenes<br />

Geniessen Sie spontane und<br />

spannende Ausflüge ohne<br />

zeitraubende Vorbereitungen.<br />

Verwöhnen Sie kulinarisch<br />

eine Gruppe mit neuen Ideen<br />

und einer stressfreien Planung.<br />

Die Freizeitführer des<br />

Werd Verlags helfen Ihnen<br />

dabei und sind Ihre sicheren<br />

Begleiter.<br />

werdverlag.ch


46 | Kochbücher Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Kochbücher | 47<br />

Ein kulinarisches Mosaik<br />

Jerusalem <strong>ist</strong> ein Brennpunkt vieler Menschengruppen. Dies hat zu andauernden Konflikten, aber auch<br />

zu einer Konzentration von Kochtraditionen geführt. Yotam Ottolenghi zeigt mit seinen Kochbüchern,<br />

dass Völkerverständigung durch den Magen gehen kann.<br />

Markus Ganz<br />

Yotam Ottolenghi: «Wir bemühen uns zu überraschen<br />

und die Neugierde zu wecken.»<br />

Eine einzige für Jerusalem typische Küche<br />

kann es nicht geben. In der jahrtausendealten<br />

Stadt leben Angehörige verschiedener<br />

Strömungen des Judentums und des<br />

Islams, aber auch griechisch- und russisch-orthodoxe<br />

Chr<strong>ist</strong>en, chr<strong>ist</strong>liche Araber<br />

oder Kopten. Sie alle pflegen unterschiedliche<br />

Kochtraditionen, die von ihrer<br />

geografischen, kulturellen und religiösen<br />

Herkunft geprägt sind. Trotz dieser Vielfalt<br />

kann man aber auch Gemeinsamkeiten<br />

finden. Das zeigen Yotam Ottolenghi und<br />

Sami Tamimi mit ihrem aussergewöhnlichen<br />

Kochbuch «Jerusalem».<br />

Freundschaft in London<br />

Yotam Ottolenghi wurde 1968 als Sohn einer<br />

deutschen Mutter und eines italienischen<br />

Vaters im jüdisch geprägten West-<br />

Jerusalem geboren; der gleichaltrige<br />

Palästinenser Sami Tamimi wuchs zur selben<br />

Zeit im muslimischen Ost-Jerusalem<br />

auf. Die beiden sind einander dort nie begegnet.<br />

Zufällig lernten sie einander 1999<br />

in London kennen, wo Yotam Ottolenghi<br />

eine Kochausbildung absolviert hatte. Zusammen<br />

eröffneten sie 2002 eine Bar,<br />

dann kam ein Restaurant hinzu. Mittlerweile<br />

besitzen sie deren vier – denn die<br />

© Richard Learoyd / Dorling Kindersley<br />

geschmacksintensiven Kreationen ihrer<br />

mediterran-orientalischen Küche stiessen<br />

in der britischen Hauptstadt auf grosse Bege<strong>ist</strong>erung.<br />

«Wir bemühen uns zu überraschen<br />

und die Neugierde zu wecken»,<br />

schreiben sie auf ihrer Website.<br />

Kräftig und kühn<br />

Um diese Ziele zu erreichen, setzen sie<br />

«kräftige Aromen und kühne Farbkombinationen»<br />

ein, als Lieblingszutaten nennen<br />

sie Zitrone, Granatapfel, Knoblauch und<br />

Chili. Die bald landesweite Popularität ihrer<br />

Küche <strong>ist</strong> auch darauf zurückzuführen,<br />

dass sich Yotam Ottolenghi mit einer Kolumne<br />

im Wochenend-Magazin von «The<br />

Guardian» einen Namen gemacht hat. Er<br />

beschreibt dort auf zum Kochen verführende<br />

Weise, wie schmackhaft vegetarische<br />

Gerichte sein können. Dies führte zu<br />

zwei Kochbüchern, die international auf<br />

grosse Beachtung stiessen: «Genussvoll<br />

vegetarisch – mediteran. orientalisch. raffiniert»<br />

und «Das Kochbuch – mediteran.<br />

orientalisch. raffiniert».<br />

Kindheitserinnerungen<br />

Das neuste Kochbuch hat Yotam Ottolenghi<br />

nun mit seinem Freund und Geschäftspartner<br />

Sami Tamimi geschaffen. «Jerusalem»<br />

sei eine Suche nach den wundervollen Geschmackserlebnissen<br />

ihrer Kindheit, erklären<br />

die beiden in der Einführung. Neben<br />

traditionellen Gerichten, die sie<br />

teilweise heutigen Essgewohnheiten anpassten,<br />

bieten sie auch eigene Rezepte,<br />

die von dieser Stadt inspiriert wurden. Der<br />

grossformatige Bildband besticht jedoch<br />

nicht nur mit appetitanregend bebilderten<br />

Gerichten wie Mangoldkuchen, geschmorten<br />

Wachteln mit Aprikosen, Korinthen<br />

und Tamarinde oder gefüllten Quitten. Eindrücklich<br />

sind – neben stimmungsvollen<br />

Fotos aus dem Leben in Jerusalem – auch<br />

die Texte, die oft weit übers Kulinarische<br />

hinausgehen.<br />

Kulinarische Wege<br />

Zu den erklärten Lieblingsrezepten der Autoren<br />

gehört ein einfaches Couscous mit<br />

Tomaten und Zwiebeln. Es basiert auf einem<br />

Gericht aus Samis Kindheit, das ihm<br />

seine Mutter Na’ama im muslimischen<br />

Ostjerusalem kochte. Im selben Zeitraum<br />

ass Yotam im jüdischen Westteil der Stadt<br />

oft ein ähnliches Gericht, das ihm sein Vater<br />

Michael zubereitete. Doch statt Couscous<br />

verwendete dieser Ptitim, kleine<br />

Pastakugeln. «Die eine Variante schmeckte<br />

so herrlich wie die andere», schreiben die<br />

Autoren und schlagen den Bogen noch<br />

weiter: In der Küche der libyschen Juden<br />

gebe es ein ähnliches Gericht wie das von<br />

Michael. Es heisse Shorba und widerspiegle<br />

die Zeit der italienischen Besatzung in<br />

Libyen im frühen 20. Jahrhundert. Michaels<br />

Ptitim sei also möglicherweise von der<br />

libyschen Küche in Jerusalem beeinflusst,<br />

die ihrerseits wiederum italienische Spuren<br />

aufweise. «Und das Sahnehäubchen<br />

auf diesem interkulturellen Kuchen: Michaels<br />

Grossonkel Aldo Ascoli war Admiral<br />

der italienischen Marine, die 1911 in Tripolis<br />

einfiel und Libyen besetzte.»<br />

Jerusalem –<br />

Das Kochbuch<br />

Yotam Ottolenghi<br />

und Sami Tamimi<br />

318 Seiten<br />

CHF 36.90<br />

Dorling<br />

Kindersley<br />

Genussvoll vegetarisch –<br />

mediterran. orientalisch.<br />

raffiniert<br />

Yotam Ottolenghi<br />

287 Seiten<br />

CHF 36.90<br />

Dorling<br />

Kindersley<br />

Das Kochbuch –<br />

mediteran. orientalisch.<br />

raffiniert<br />

Yotam Ottolenghi<br />

303 Seiten<br />

CHF 37.90<br />

Dorling<br />

Kindersley<br />

Für Sie probiert: Geschmortes<br />

Kalbfleisch mit Dörrpflaumen<br />

und Lauch<br />

Rezept aus dem nebenan besprochenen Buch «Jerusalem»<br />

Die Küche der «Spanioli» – sephardische<br />

Juden, die seit vielen Generationen in Jerusalem<br />

ansässig sind – <strong>ist</strong> etwas ganz Besonderes.<br />

Die ersten Spanioli kamen im<br />

Zug der Judenvertreibung 1492 ins Land,<br />

oft nicht auf dem direkten Weg aus Spanien,<br />

sondern über andere Länder. Daher <strong>ist</strong><br />

ihre Art zu kochen von vielen Traditionen<br />

beeinflusst, die sie auf ihrem Weg nach<br />

Jerusalem kennenlernten. Inzwischen sind<br />

Für 4 Personen (reichlich)<br />

Zutaten:<br />

110 ml Sonnenblumenöl<br />

4 grosse Scheiben Kalbshaxe<br />

mit Knochen (etwa 1 kg)<br />

2 grosse Zwiebeln (etwa 500 g),<br />

fein gehackt<br />

3 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />

100 ml trockener Weisswein<br />

250 ml Hühner- oder Rinderbrühe<br />

1 Dose Tomatenstücke (400 g)<br />

5 Zweige Thymian, die Blätter fein<br />

gehackt<br />

2 Lorbeerblätter<br />

Schale von 1 Bio-Orange, in Streifen<br />

abgeschält<br />

2 kleine Zimtstangen<br />

½ TL gemahlener Piment<br />

2 Sternanis<br />

6 Stangen Lauch (nur die weissen Teile),<br />

in 1 ½ cm breite Ringe geschnitten<br />

200 g Dörrpflaumen, entsteint<br />

Salz und schwarzer Pfeffer<br />

Zum Servieren:<br />

120 g griechisches Joghurt<br />

2 EL fein gehackte glatte Petersilie<br />

2 EL abgeriebene Zitronenschale<br />

2 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />

in ihre Gerichte auch Elemente der aschkenasischen<br />

Küche eingeflossen – eine absolut<br />

faszinierende Mischung. Typisch für die<br />

sephardische Tradition <strong>ist</strong> die Kombination<br />

von Fleisch und getrockneten Früchten,<br />

wie wir sie hier finden. Das unterscheidet<br />

ihre Gerichte deutlich von der Küche der<br />

Palästinenser, in der trotz mancher Ähnlichkeiten<br />

Süsses nie mit Pikantem kombiniert<br />

wird.<br />

Zubereitung:<br />

Den Backofen auf 180 °C vorheizen.<br />

In einer grossen Pfanne mit schwerem Boden<br />

2 Esslöffel Öl erhitzen, das Fleisch darin<br />

auf jeder Seite 2 Minuten bei starker<br />

Hitze anbraten, danach in einem Sieb abtropfen<br />

lassen.<br />

Den grössten Teil des Fetts wegschütten.<br />

Erneut 2 Esslöffel Öl in der Pfanne erhitzen<br />

und darin die Zwiebeln mit dem Knoblauch<br />

etwa 10 Minuten bei mittlerer bis<br />

starker Hitze goldgelb anbraten. Dabei gelegentlich<br />

umrühren und den Bratensatz<br />

vom Boden lösen. Den Wein angiessen und<br />

3 Minuten bei starker Hitze kochen lassen,<br />

bis er fast vollständig verdampft <strong>ist</strong>. Die<br />

Hälfte der Brühe angiessen, Tomaten, Thymian,<br />

Lorbeerblätter, Orangenschale, die<br />

Gewürze, 1 Teelöffel Salz und etwas Pfeffer<br />

hinzufügen, gut umrühren und aufkochen<br />

lassen. Das Fleisch in die Pfanne legen und<br />

in der Sauce wenden.<br />

Das Fleisch mit der Sauce in eine ofenfeste<br />

Form füllen und gleichmässig darin verteilen.<br />

Mit Alufolie abdecken und für 2½ Stunden<br />

in den Backofen schieben. Gelegentlich<br />

prüfen, ob die Sauce nicht zu dick wird<br />

und am Rand verbrennt. Ist dies der Fall,<br />

etwas Wasser hinzufugen. Das Fleisch <strong>ist</strong><br />

gar, wenn es sich mühelos vom Knochen<br />

lösen lässt. Die Fleischstücke aus der Sauce<br />

nehmen und in einer grossen Schüssel<br />

etwas abkühlen lassen. Das Fleisch von<br />

den Knochen lösen und das Mark mit einem<br />

kleinen Messer aus den Knochen herauskratzen.<br />

Die Knochen wegwerfen.<br />

Das restliche Öl in einer Pfanne erhitzen,<br />

den Lauch darin etwa 3 Minuten unter gelegentlichem<br />

Rühren bei starker Hitze anbraten,<br />

dann zu der Sauce in die Form geben.<br />

In der Pfanne die Dörrpflaumen mit<br />

der restlichen Brühe, dem ausgelösten<br />

Fleisch und dem Knochenmark verrühren<br />

und ebenfalls in die Form geben. Mit Alufolie<br />

abdecken, die Form nochmals für 1<br />

Stunde in den Backofen schieben und anschliessend<br />

die Sauce noch einmal abschmecken.<br />

Mit dem Joghurt garnieren und mit einer<br />

Mischung aus Petersilie, Zitronenschale<br />

und Knoblauch bestreuen; heiss servieren.<br />

Anmerkungen:<br />

Das Kalbfleisch kann schon deutlich früher<br />

gar sein, deshalb frühzeitig überprüfen.<br />

Als Beilage passt Trockenreis, den man<br />

beispielsweise mit Butter, gehackten Zwiebeln,<br />

gerösteten Mandelsplittern und Kardamom<br />

anreichern kann.


48 | WETTBEWERB Books Nr. 2/2013<br />

Das Literatur-Kreuzworträtsel<br />

Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Gutscheinkarten von Orell Füssli:<br />

1. Preis: CHF 200.–, 2. Preis: CHF 100.–, 3. Preis: CHF 50.–, 4. bis 10. Preis: je CHF 20.–.<br />

Alle Bücher finden Sie auch auf VERANSTALTUNGEN | 49<br />

Veranstaltungen von Orell Füssli<br />

Mai<br />

16.<br />

Handanalysen mit<br />

Monika Hauser<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

25.<br />

Märlischtund<br />

Juni<br />

1.<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

6.<br />

9.<br />

Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

Filiale am Bellevue, Zürich 20.30 h<br />

«Zürich» und «Basel»<br />

Mark van Huisseling und Alain Claude Sulzer<br />

lesen aus ihren Büchern über ihre Städte<br />

11.<br />

Handanalysen mit Monika Hauser<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

27.<br />

Märlischtund<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

17. Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />

L-Reihe<br />

Lesung von Daniel Kehlmann, Veranstaltet mit<br />

der Filiale Kramhof<br />

25.<br />

Zürich liest: Lesung und<br />

Diskussion mit Milena Moser<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur 19 h<br />

1.<br />

Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

August<br />

3.<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

31.<br />

Märlischtund<br />

Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

✁<br />

Lösungswort:<br />

Vorname / Name<br />

3.<br />

Filiale Rösslitor, St. Gallen 20 h<br />

Literaturcafé<br />

12.<br />

Lesezirkel<br />

Filiale Frauenfeld 19 h<br />

13. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

Handanalysen mit Monika Hauser<br />

29.<br />

Märlischtund<br />

Juli<br />

1.-7.<br />

3.<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

Filiale Basel<br />

10 Jahre Orell Füssli Basel<br />

3-fache Bookpoints aufs ganze Sortiment<br />

Glücksrad am 2., 4. und 7. Juli, jeweils<br />

16-19 h<br />

Filiale Basel 14-17 h<br />

Globi kommt zu Besuch<br />

20 % Rabatt aufs Globi-Sortiment<br />

September<br />

1.-30.<br />

7.<br />

Filiale Kramhof, Zürich<br />

20-Jahr-Jubiläum<br />

Diverse Veranstaltungen<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

12. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

Handanalysen mit Monika Hauser<br />

21.<br />

Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />

L-Reihe: «Sprechen wir über<br />

Eulen – und Diabetes»<br />

Lesung von David Sedaris, veranstaltet mit der<br />

Filiale Kramhof<br />

28.<br />

Märlischtund<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

Oktober<br />

5.<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />

Theo der Bär kommt zu Besuch<br />

10. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

Handanalysen mit Monika Hauser<br />

26.<br />

Märlischtund<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

30.<br />

Lesezirkel<br />

Filiale Frauenfeld 19 h<br />

November<br />

2.<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur 13-16 h<br />

Globi kommt zu Besuch<br />

14.<br />

Handanalysen mit Monika Hauser<br />

Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />

23.<br />

Märlischtund<br />

Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />

23.<br />

Globi kommt zu Besuch<br />

Filiale Rosenberg, Winterthur 13-16 h<br />

25.<br />

L-Reihe: «Ein gutes Herz»<br />

Lesung von Leon de Winter, veranstaltet mit<br />

der Filiale Kramhof<br />

Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />

Adresse<br />

Bis am 27. Juli 2013 in einer der Orell-Füssli-Filialen in Zürich, Basel, Bern,<br />

Winterthur, Frauenfeld, am Flughafen Zürich oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen<br />

abgeben – oder per E-Mail an: books@books.ch.<br />

Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.<br />

PLZ / Ort<br />

E-Mail<br />

Mehr Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf www.books.ch


Books Nr. 2/2013 Kolumne | 51<br />

GESCHICHTEN<br />

SPINNEN<br />

Schweizer Autorinnen und<br />

Autoren erzählen in «Books»,<br />

warum sie schreiben.<br />

Heute: Linus Reichlin<br />

würde sie Tee aus einem Samowar trinken<br />

und sich überlegen, wohin die Reise als<br />

nächstes führt, ob man einen Spaziergang<br />

zum Strand macht oder nicht doch lieber<br />

sich ein Pferd mietet.<br />

Hauptpreis:<br />

2 Übernachtungen für<br />

2 Personen in der<br />

Literaturküche in<br />

Bad Zurzach<br />

voralpen-express.ch<br />

Der wettbewerb Kurzgeschichten-<br />

2013!<br />

Der schönste Ort um zu lesen <strong>ist</strong> für mich<br />

ein frisch bezogenes Hotelbett. Nach einem<br />

guten Abendessen und reichlich Wein legt<br />

man sich kurz vor Mitternacht in die duftenden<br />

Laken, und im Schein der Nachttischlampe<br />

versinkt man in dem Buch, das<br />

man gerade liebt, folgt dem Helden auf seinen<br />

Wegen und wird von Seite zu Seite<br />

müder.<br />

Es <strong>ist</strong> mein erklärtes Ziel, Bücher zu schreiben,<br />

die den Lesern in einem Hotelbett<br />

solche Glücks- und Geborgenheitsgefühle<br />

verschaffen. Obwohl aber das Bett der primäre<br />

Ort der Leselust <strong>ist</strong>, soll man meine<br />

Bücher natürlich auch in der Hotellobby<br />

lesen können oder in der Hotelbar, meinetwegen<br />

auch im Speisesaal – Hauptsache<br />

Hotel. Literatur und Hotels gehören untrennbar<br />

zusammen, nirgendwo sind Bücher<br />

so sehr Bücher wie in Hotels, und<br />

keine Bibliothek <strong>ist</strong> so verlockend und<br />

abenteuerlich wie die in einem Hotel. Literatur<br />

<strong>ist</strong> immer Aufbruch, mit dem ersten<br />

Satz packen Autor und Leser gleichermassen<br />

ihr Bündel und betreten fremde Welten.<br />

Und wo stimmt das besser mit der<br />

Wirklichkeit überein als eben in einem Hotel,<br />

in dem auf den Aufbruch die Ruhe folgt<br />

und man bestenfalls in einem Kaminzimmer<br />

in einem englischen Ohrensessel sitzt<br />

und den Roman weiterliest, der nun gleichfalls<br />

nach dem Aufbruch in eine Phase der<br />

Ruhe eingetreten <strong>ist</strong>, in der die Geschichte<br />

vorübergehend an Tempo verliert, so als<br />

Schade für den Schriftsteller <strong>ist</strong> nur, dass<br />

er immer ein bisschen weniger Reisender<br />

<strong>ist</strong> als der Leser. Er <strong>ist</strong> gewissermassen der<br />

Reiseleiter und kennt deswegen sämtliche<br />

Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte<br />

schon. Zweifellos <strong>ist</strong> das Auftauchen der<br />

Pyramiden aus dem Kairoer Smog morgens<br />

um halb sechs auch für ihn immer<br />

wieder ein Ereignis, aber es <strong>ist</strong> eben nicht<br />

mehr so überraschend wie für den Reisenden,<br />

der es zum ersten Mal sieht. Und<br />

selbst wenn der Reiseleiter – beispielsweise<br />

bei einem Trekking-Urlaub – ebenfalls,<br />

wie der Reisende, zum ersten Mal unbekanntes<br />

Terrain betritt, wenn er also vorangeht<br />

und mit der Machete den Weg freihackt,<br />

<strong>ist</strong> für ihn das Erlebnis des Neuen<br />

mit Arbeit verbunden, während der Reisende<br />

hinter ihm auf dem frisch geschlagenen<br />

Weg das Neue mühelos geniessen<br />

kann. Der Schriftsteller arbeitet, der Leser<br />

geniesst, und deswegen <strong>ist</strong> es nur gerecht,<br />

dass er für den Genuss etwas bezahlt. Ich<br />

schreibe, damit Menschen in Hotels meine<br />

Bücher lesen, für die sie zuvor bezahlt haben.<br />

Mit einem Teil des so verdienten Geldes<br />

begleiche ich meinerseits die Rechnung<br />

des Hotels, in dem ich wiederum das<br />

Buch eines Kollegen lese, mit dem Unterschied,<br />

dass ich me<strong>ist</strong>ens für die Bücher<br />

von Kollegen nichts bezahlen muss, weil<br />

ich sie mir auf irgendeinem Weg erschnorre.<br />

Dadurch spare ich im Jahr rund 500<br />

Franken an Bücherkosten. Man könnte<br />

also auch sagen: Ich schreibe, um zu sparen,<br />

auch beispielsweise Schlusspointen.<br />

Linus Reichlin<br />

Linus Reichlin, 56, kam in Aarau zur Welt<br />

und lebt heute in Berlin. Bekannt wurde<br />

er erst als Journal<strong>ist</strong>, dann als Kolumn<strong>ist</strong> –<br />

und schliesslich als Schriftsteller. Für «Die<br />

Sehnsucht der Atome» erhielt er 2009 den<br />

Deutschen Krimipreis.<br />

Das Leuchten in der Ferne<br />

299 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Galiani<br />

© Susanne Schleyer


UNSERE BUCHHANDLUNGEN<br />

ZÜRICH<br />

KRAMHOF<br />

Füssl<strong>ist</strong>rasse 4, 8001 Zürich<br />

MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />

AM BELLEVUE<br />

Theaterstrasse 8, 8001 Zürich<br />

MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />

THE BOOKSHOP<br />

Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich<br />

MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />

FLUGHAFEN<br />

Airport Center, 8060 Zürich-Flughafen<br />

MO – SO: 08.00 – 21.00<br />

ZÜRICH HAUPTBAHNHOF<br />

Shopville, Halle Landesmuseum, 8001 Zürich<br />

MO – FR: 07.00 – 21.00 | SA : 08.00 – 21.00<br />

SO: 09.00 – 20.00<br />

BAHNHOF STADELHOFEN<br />

Stadelhoferstrasse 8, 8001 Zürich<br />

MO – FR: 08.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 19.00<br />

SO: 10.00 – 18.00<br />

ORELL FÜSSLI IM FRANZ CARL WEBER<br />

Bahnhofstrasse 62, 8001 Zürich<br />

MO – MI: 09.00 – 18.30 | DO / FR: 09.00 – 20.00<br />

SA: 09.00 – 18.00<br />

WINTERTHUR<br />

MARKTGASSE<br />

Marktgasse 3, 8400 Winterthur<br />

MO – MI / FR: 09.00 – 18.30 | DO: 09.00 – 21.00<br />

SA: 09.00 – 17.00<br />

ROSENBERG<br />

Einkaufszentrum Rosenberg<br />

Schaffhauserstrasse 152<br />

8400 Winterthur<br />

MO – FR: 08.30 – 20.00 | SA: 08.00 – 18.00<br />

ST.GALLEN<br />

RÖSSLITOR BÜCHER<br />

Multergasse 1– 3, 9001 St.Gallen<br />

MO – MI / FR: 09.00 – 18.30 | DO: 09.00 – 21.00<br />

SA: 09.00 – 17.00<br />

BAHNHOF ST.GALLEN<br />

Poststrasse 28, 9000 St.Gallen<br />

MO – FR: 08.00 – 21.00 | SA / SO : 10.00 – 20.00<br />

FRAUENFELD<br />

PASSAGE<br />

Einkaufszentrum Passage<br />

Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 Frauenfeld<br />

MO – DO: 08.00 – 19.00 | FR: 08.00 – 20.00<br />

SA: 08.00 – 17.00<br />

BERN<br />

WESTSIDE<br />

Einkaufszentrum Westside<br />

Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern<br />

MO – DO: 09.00 – 20.00 | FR: 09.00 – 22.00<br />

SA: 08.00 – 17.00<br />

BASEL<br />

BAHNHOF SBB<br />

Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 Basel<br />

MO – FR: 07.00 – 21.00 | SA : 08.00 – 21.00<br />

SO: 09.00 – 20.00<br />

KUNDENSERVICECENTER<br />

Telefon: 0848 849 848<br />

Fax: 044 455 56 20<br />

E-Mail: orders@books.ch<br />

Orell Füssli Buchhandlungs AG<br />

Kundenservicecenter<br />

Dietzingerstrasse 3, Postfach<br />

8036 Zürich<br />

7MIO. ARTIKEL<br />

JETZT ONLINE<br />

VERFÜGBAR

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!