Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger
Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger
Lügen ist menschlich - Marius Leutenegger
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Das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen<br />
Nr. 2/2013<br />
Ihr persönliches<br />
Exemplar –<br />
mit Wettbewerb!<br />
<strong>Lügen</strong> <strong>ist</strong><br />
<strong>menschlich</strong><br />
«Das Verschwiegene»<br />
von Linn Ullmann<br />
Es muss nicht immer<br />
«Shades» sein<br />
Erotische<br />
Neuerscheinungen<br />
Verbindung über Raum<br />
und Zeit<br />
«Die vierzig Geheimnisse der<br />
Liebe» von Elif Shafak<br />
Und ausserdem:<br />
Neue Bildbände, neue<br />
Kinderbücher, neue<br />
Reiseführer
Editorial | 3<br />
STARTER<br />
PAKET<br />
eReader, Hülle, Ladegerät und Fr. 25.– Prepaid Card<br />
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statt 212.–<br />
Angebot solange Vorrat<br />
BOOKEEN ODYSSEY 2013 EDITION<br />
Bücher sind erotisch<br />
Liebe Leserin<br />
Lieber Leser<br />
András Németh<br />
Mitglied der Geschäftsleitung<br />
Im vergangenen Jahr war eine erotische Geschichte<br />
der weltweit grösste Bucherfolg: «Shades of Grey».<br />
70 Millionen Exemplare der Trilogie von E.L. James<br />
wurden verkauft. Seit «Harry Potter» hat keine<br />
Buchserie mehr derart abgeräumt.<br />
Dass erotische Literatur die Bestseller-L<strong>ist</strong>en<br />
anführt, <strong>ist</strong> ungewöhnlich – dass sie gut ankommt,<br />
hingegen nicht. Einige der ältesten Werke der Weltliteratur<br />
sind erotischen Inhalts, und viele Longseller<br />
gehören zu diesem Genre. Bei der Erotik spielt<br />
das Buch eben alle seine Stärken aus: Es kann<br />
uns ins Welten entführen, die uns im wirklichen<br />
Leben verschlossen bleiben. Bücher kennen keine<br />
Scham und beurteilen uns nicht. Mit ihnen können<br />
wir Abenteuer erleben, auch wenn wir selber keine<br />
Helden sind.<br />
Und <strong>ist</strong> nicht das Lesen per se erotisch Doch, findet<br />
Alex Pschera: «Lesen <strong>ist</strong> ein erotischer Akt», schreibt<br />
der deutsche Publiz<strong>ist</strong>. «Besitz und Vereinigung sind<br />
seine Merkmale. Das Riechen am Druckwerk <strong>ist</strong> Vorspiel<br />
des Kommenden. Das Buch <strong>ist</strong> ein Körper. Jedes<br />
Buch hat seinen eigenen Geruch, wie auch jeder<br />
geliebte Mensch seinen eigenen Geruch hat.»<br />
Wir, die wir täglich mit Büchern zu tun haben, teilen<br />
diese Meinung natürlich: Bücher bereiten tiefe<br />
Freude und machen stets Lust auf mehr. Und weil<br />
Bücher so erotisch sind, widmen wir den Hauptbeitrag<br />
in diesem «Books» der erotischen Literatur. Ich<br />
wünsche Ihnen damit viel Vergnügen!<br />
Inhalt<br />
Verbindung über Raum und Zeit<br />
«Die vierzig Geheimnisse<br />
der Liebe» von<br />
Elif Shafak<br />
Seite 10<br />
Reisebücher-Spezial<br />
Vorfreude und Hilfe<br />
vor Ort<br />
Seite 23<br />
© Muammer Yanmaz<br />
Erotische Literatur:<br />
Es muss nicht<br />
immer «Shades»<br />
sein<br />
Seite 14<br />
4 Notizen<br />
20 Neue Bildbände Schön,<br />
schöner, Krauthammer<br />
32 Kaffeepause Die Debatte<br />
36 Fantastisch!<br />
Fantasy-Neuerscheinungen<br />
40 Im Schaufenster<br />
«Das Verschwiegene» von<br />
Linn Ullmann<br />
42 Kinderwelt<br />
Freunde machen Freude<br />
44 Neues von Orell Füssli<br />
45 Mein Buch<br />
46 Kochbücher «Jerusalem»<br />
48 Kreuzworträtsel<br />
49 Veranstaltungen<br />
51 Kolumne<br />
Darum schreibe ich –<br />
von Linus Reichlin<br />
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Die nächste Ausgabe von Books, dem Magazin der Orell-Füssli-Buchhandlungen,<br />
erscheint am 13. September 2013. Sie erhalten Books kostenlos in jeder Filiale.<br />
Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.books.ch, orders@books.ch<br />
und Telefon 0848 849 848. Buchhandlungen von Orell Füssli finden Sie in Basel,<br />
Bern, Frauenfeld, St.Gallen, Winterthur und Zürich sowie am Flughafen Zürich.<br />
Preisänderungen vorbehalten. Unsere aktuellen Verkaufspreise und eine umfassende<br />
Auswahl an Büchern, Filmen und Spielen finden Sie auf www.books.ch.<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Orell Füssli Buchhandlungs AG, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich<br />
Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich<br />
Redaktion: Die Blattmacher GmbH, Zürich<br />
Gestaltungskonzept/Layout: Strichpunkt GmbH, Winterthur<br />
Coverfoto: Agnete Brun<br />
Alle so gekennzeichneten Bücher sind auf www.books.ch<br />
auch als eBook erhältlich.
4 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 5<br />
Notizen<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
Die Ernährung gehört zu den Fundamenten des Menschseins. Entsprechend<br />
gross <strong>ist</strong> denn auch das Angebot an Ratschlägen, Tipps und Ideen rund um die<br />
Ernährung. Die vielen Informationen machen es zwischendurch aber vielleicht<br />
nötig, sich ein wenig zu erden – und das gelingt hervorragend mit dem Buch<br />
«Essen Sie nichts, was Ihre Grossmutter nicht als Essen erkannt hätte»,<br />
erschienen bei Kunstmann. Mit erfrischender Unoriginalität erinnert uns Autor<br />
Michael Pollan darin an die Binsenwahrheiten rund ums Essen: Die ganze<br />
westliche Ernährung <strong>ist</strong> ungesund, weil zu fett, zu süss und zu künstlich. Wie<br />
soll man darauf reagieren Pollan antwortet mit einfachen Rezepten: Meiden<br />
Sie Produkte mit Zutaten, die ein Drittklässler nicht aussprechen kann; meiden<br />
Sie Nahrungsmittel, für die im Fernsehen geworben wird; meiden sie Esswaren,<br />
die in allen Sprachen denselben Namen haben. Und besonders sinnvoll: «Zahlen<br />
Sie mehr, essen Sie weniger.» Die schönen Illustrationen von Maira Kalman<br />
machen das Buch auch zu einem optischen Vergnügen.<br />
Manche Wörter<br />
kann man kaum<br />
noch hören, weil sie<br />
bis zum Gehtnichtmehr<br />
ge- und missbraucht<br />
werden.<br />
Dazu zählt «Nachhaltigkeit».<br />
Und darüber<br />
soll man gleich<br />
ein ganzes Buch lesen<br />
Unbedingt –<br />
denn Ulrich Grober gibt in «Die Entdeckung<br />
der Nachhaltigkeit», erschienen bei Kunstmann,<br />
dem Begriff seine Würde und sein Gewicht<br />
zurück. Auf faszinierende Weise legt<br />
der Autor dar, wie alt das Konzept <strong>ist</strong>, das<br />
heute als modernes Mass aller Dinge gilt.<br />
1994 definierte zum Beispiel die UNO Nachhaltigkeit<br />
als ein Dreieck aus ökologischem<br />
Gleichgewicht, ökonomischer Sicherheit und<br />
sozialer Gerechtigkeit – exakt so umschrieb<br />
Hans Carl von Carlowitz den Begriff bereits<br />
1713. Die Notwendigkeit, nachhaltig zu handeln,<br />
<strong>ist</strong> also schon lange bekannt, und Grober<br />
zeigt auf, warum es so schwer <strong>ist</strong>, dieses<br />
Wissen in konkretes Handeln zu übertragen.<br />
Ein kulturh<strong>ist</strong>orisches Sachbuch, das man<br />
nicht so schnell vergisst.<br />
Mit seinem<br />
Erstling «Flieg,<br />
Hitler, flieg!»<br />
räumte der<br />
junge britische<br />
Autor Ned<br />
Beauman<br />
ziemlich ab – er<br />
gewann damit<br />
unzählige Preise, die internationale<br />
Kritik überschlug sich geradezu vor<br />
Bege<strong>ist</strong>erung. Jetzt liegt der neue<br />
Roman von Beauman vor, und er <strong>ist</strong><br />
ähnlich schillernd, böse und vergnüglich<br />
wie das Debüt. Der gezwungen<br />
originelle Titel der bei Dumont<br />
publizierten Übersetzung sollte einen<br />
nicht vom Lesen abschrecken: «Egon<br />
Loesers erstaunlicher Mechanismus<br />
zur beinahe augenblicklichen Beförderung<br />
eines Menschen von Ort zu<br />
Ort», im Englischen «The Teleportion<br />
Accident», <strong>ist</strong> eine Art Road-Movie,<br />
der sich über mehrere Jahrzehnte<br />
hinzieht. Der Bühnenbildner Egon<br />
Loeser, der nicht zufälligerweise einen<br />
Namen wie ein Schimpfwort trägt,<br />
verfolgt seine Traumfrau Adele Hitler<br />
(«weder verwandt noch verschwägert»)<br />
von Berlin über Paris nach Los<br />
Angeles. Er <strong>ist</strong> von zwei Dingen<br />
besessen: Adele endlich ins Bett zu<br />
kriegen – und hinter die Geheimnisse<br />
des Grössten seiner Zunft zu kommen:<br />
Dem venezianischen Bühnenbildner<br />
Lavicini soll es nämlich einst<br />
gelungen sein, eine barocke Maschine<br />
zum Beamen von Menschen zu<br />
bauen. Auch KGB und Forscher in<br />
Kalifornien sind hinter dem Teleportionsgerät<br />
her, schliesslich herrscht<br />
Krieg. Beauman staffiert seinen<br />
bizarren Plot mit einem Ideenreichtum<br />
aus, der locker für drei Romane<br />
gereicht hätte; das durchwegs<br />
exzentrische Personal wächst einem<br />
ziemlich ans Herz, obwohl es aus<br />
ausnahmslos unsympathischen<br />
Neurotikern besteht. Das Buch <strong>ist</strong><br />
brillant geschrieben und hat seinen<br />
Platz auf der Longl<strong>ist</strong> des Booker<br />
Prizes mehr als verdient.<br />
Leute, die das mögen,<br />
mögen auch ...<br />
Oft <strong>ist</strong> die letzte Seite eines Buchs jene,<br />
die man am wenigsten mag – weil man<br />
nicht möchte, dass das Lesevergnügen<br />
schon zu Ende <strong>ist</strong>. Glücklicherweise<br />
gibt es Fachleute, die einem in solchen<br />
Momenten Bücher<br />
mit vergleichbaren<br />
Qualitäten empfehlen<br />
können – Fachleute<br />
wie Marcel<br />
Rauber. Der 42-Jährige<br />
arbeitet als Abteilungsleiter<br />
im<br />
Parterre bei Rösslitor<br />
Bücher in St.Gallen.<br />
Das Lesen entdeckte<br />
er während<br />
seiner Lehre zum<br />
Bäcker-Konditor.<br />
«Wegen der Arbeitszeiten<br />
lebte ich an<br />
meinen Bekannten<br />
vorbei – und so füllte<br />
ich mir die freie Zeit<br />
mit Lesen», erinnert er sich. Bücher bege<strong>ist</strong>erten<br />
ihn schliesslich derart, dass<br />
er sich auch noch zum Buchhändler<br />
ausbilden liess.<br />
«‹Tschick› des Berliner Schriftstellers<br />
Wolfgang Herrndorf war 2010 eines<br />
der erfolgreichsten deutschsprachigen<br />
Bücher; die Geschichte einer ungewöhnlichen<br />
Freundschaft zwischen einem<br />
14-Jährigen aus bürgerlichen Verhältnissen<br />
und einem verwahrlosten<br />
jugendlichen Spätaussiedler aus Russland,<br />
die ein wenig an ‹Huckleberry<br />
Finn› von Mark Twain erinnert, gewann<br />
unzählige Preise. Wer ‹Tschick› mochte,<br />
wird auch ‹Wunder› der US-Amerikanerin<br />
Raquel J. Palacio lieben. Beide<br />
Romane erzählen vom Erwachsenwerden,<br />
von den Schwierigkeiten,<br />
sich im Leben<br />
zurechtzufinden – und<br />
beide Bücher vergisst<br />
man als Leser nicht<br />
mehr. ‹Wunder› <strong>ist</strong> ein<br />
Debütroman und hat<br />
das Potential zum Lieblingsbuch.<br />
Im Mittelpunkt<br />
steht der zehnjährige<br />
August, der mit<br />
seinen Eltern und seiner<br />
grossen Schwester in<br />
New York lebt. Weil er<br />
seit seiner Geburt mindestens<br />
27-mal am Gesicht<br />
operiert werden<br />
musste, <strong>ist</strong> er noch nie<br />
auf eine richtige Schule<br />
gegangen. Aber jetzt soll er in die 5.<br />
Klasse kommen. August <strong>ist</strong> es gewohnt,<br />
angestarrt zu werden, und er weiss,<br />
dass die me<strong>ist</strong>en Schüler nicht absichtlich<br />
gemein zu ihm sind. Sein sehnlichster<br />
Wunsch <strong>ist</strong> es aber, nicht weiter aufzufallen,<br />
ein ganz normaler Junge zu<br />
sein und Freunde zu finden. Doch nicht<br />
aufzufallen <strong>ist</strong> nicht leicht, wenn man<br />
so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig,<br />
klug und grosszügig <strong>ist</strong> wie August …<br />
Tun Sie sich einen Gefallen und lesen<br />
Sie dieses Buch!»<br />
Mani Matter <strong>ist</strong> ein Schweizer<br />
Mythos. Die Ausstellung «Mani<br />
Matter (1936-1972)» war ein so<br />
grosser Erfolg, dass sie nach einer<br />
langen Tournee durch die Schweiz<br />
noch einmal – und bis September<br />
– im Landesmuseum in Zürich zu<br />
sehen <strong>ist</strong>. Mitgearbeitet an der<br />
faszinierenden Schau hat auch<br />
Wilfried Meichtry; der H<strong>ist</strong>oriker<br />
<strong>ist</strong> vor allem bekannt für sein Buch<br />
über Iris Roten, «Verliebte Feinde»,<br />
das auch verfilmt wurde. Durch<br />
seine Tätigkeit für die Ausstellung<br />
lernte Meichtry die Witwe von<br />
Mani Matter kennen, Joy Matter.<br />
«Und eines Tages sagte ich ihr,<br />
dass ich gern eine Biographie über<br />
Mani Matter schreiben würde»,<br />
erzählte der Autor in einem Interview.<br />
Diese Biographie <strong>ist</strong> jetzt von<br />
Nagel&Kimche veröffentlich<br />
worden – und sie <strong>ist</strong> ein Genuss<br />
nicht nur für die vielen Matter-<br />
Fans. Meichtry hat eine literarische<br />
Biographie verfasst, die<br />
einem einen überaus sympathischen<br />
Menschen in seiner ganzen<br />
Vielschichtigkeit näher bringt –<br />
denn der Autor konnte erstmals<br />
auf 31 Archivschachteln von Joy<br />
Matter zugreifen; zudem präsentiert<br />
einem «Mani Matter» auch<br />
ein Panoptikum der Nachkriegsschweiz<br />
zwischen<br />
Tradition und<br />
Aufbruch. Der<br />
Erfolg, den dieses<br />
Buch zweifellos<br />
haben wird, <strong>ist</strong> ihm<br />
zu gönnen.<br />
© Joy Matter
6 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 7<br />
Hollywood – der Glanz dieses Namens<br />
rührt nicht von den heutigen Blockbuster-Produktionen<br />
her, sondern entstand,<br />
als die Filmfabrik noch wie eine Fussballliga<br />
organisiert war. Bis in die<br />
1960er-Jahre hinein hielten sich die<br />
grossen Studios wie MGM, Paramount<br />
oder Warner Brothers feste Teams von<br />
Schauspielerinnen und Schauspieler.<br />
Die Stars waren vertraglich gebunden<br />
und den Studio-Bossen mehr oder weniger<br />
ausgeliefert – welche Rollen sie spielen<br />
durften, wie oft sie vor der Kamera<br />
standen, welches Image sie letztlich hatten,<br />
entzog sich ihrer Kontrolle. Auch die<br />
Gestaltung des Privatlebens wurde zu einem Teil von den Studios vorgegeben. Auf<br />
diese Weise wurde Hollywood zu seinem grössten Produkt: eine inszenierte, glamouröse<br />
Welt voller Stars und Sternchen. Dieses Produkt strahlte einen Zauber aus,<br />
der heute verschwunden <strong>ist</strong>. Aber wir können ihn noch immer spüren – zum Beispiel<br />
dank des wunderbaren Fotobands «Hollywood Unseen» von Prestel. Der<br />
Untertitel verspricht «Filmstars hinter den Kulissen», doch der Alltag, in dem die<br />
berühmtesten Darsteller ihrer Zeit gezeigt werden, war natürlich ebenfalls sorgsam<br />
inszeniert und vorteilhaft ausgeleuchtet. Man entdeckt in diesem Band also<br />
keine Geheimnisse, sondern erfährt anhand der Bilder viel darüber, wie das goldene<br />
Hollywood funktionierte, wie es die Stars machte und für welche Werte es stand.<br />
In «Books» berichten wir vorwiegend<br />
über Literatur aus dem deutschsprachigen<br />
Raum – und über internationale<br />
Bestseller. Die Romandie kommt nur selten<br />
vor. Das <strong>ist</strong> ein Makel, den es schleunigst<br />
zu korrigieren gilt – mit dem Verweis<br />
auf ein mehr als lesenswertes Buch<br />
einer jungen französischsprachigen Autorin:<br />
«Bestseller» der Freiburgerin Isabelle<br />
Flükiger, erschienen im Rotpunkt-<br />
Verlag. Das schmale Bändchen, das man<br />
an einem Sonntagmorgen vor, während<br />
und nach dem Zmorge in einem Stück<br />
verschlingen kann, handelt von einem<br />
jungen, urbanen und sehr verliebten<br />
Paar, das Perspektiven sucht und wortwörtlich<br />
auf den Hund kommt. Flükiger<br />
beschreibt mit viel Selbstironie das Leben<br />
von Fastdreissigern in der Schweiz –<br />
von Menschen also, die in aller Regel mit<br />
beiden Beinen auf dem Boden stehen und<br />
den Überfluss so sehr verachten, wie sie<br />
ihn auch als selbstverständlich betrachten.<br />
Doch keine Angst: Es geht hier nicht<br />
um Gesellschaftskritik,<br />
sondern um<br />
eine leichte<br />
Geschichte,<br />
von der man<br />
sich wünscht,<br />
sie ginge noch<br />
lange, lange<br />
weiter ...<br />
In dieser Ausgabe von «Books» dreht<br />
sich vieles um die Liebe: Ab Seite 10<br />
stellen wir zahlreiche Liebes- und<br />
Erotikromane vor. Es <strong>ist</strong> zwar nicht<br />
unbedingt wahr, dass ein Bild mehr<br />
sagt als 1000 Worte, aber manchmal<br />
sind Bilder natürlich genauso schön<br />
wie Geschriebenes. Deshalb wollen<br />
wir hier noch auf ein Buch über die<br />
Liebe hinweisen, bei dem es viel zu<br />
sehen gibt: «Die schönsten Liebespaare<br />
in der Kunst», erschienen bei<br />
Prestel. Der Bildband hält genau das,<br />
was der Titel verspricht. Er zeigt rund<br />
80 Bilder, auf denen geküsst, geschmachtet,<br />
umarmt, bewundert und<br />
liebkost wird. Die Werke stammen aus<br />
allen Epochen und von den bekanntesten<br />
Künstlern; die me<strong>ist</strong>en von ihnen<br />
hat man schon irgendwo gesehen,<br />
erst in diesem Kontext spürt man aber<br />
so richtig, wie zart sie Gefühle darstellen.<br />
Begleitet wird die Auswahl<br />
von angenehm wenigen kunsth<strong>ist</strong>orischen<br />
Erläuterungen und schönen Gedichten,<br />
die wiederum belegen:<br />
Manchmal sagen wenige Worte eben<br />
doch so viel wie ein Bild.<br />
Was lesen Sie gerade<br />
Ellen Ringier, Jur<strong>ist</strong>in und Präsidentin der Stiftung «Elternsein»<br />
«Seit dem Zerfall der Sowjetunion im<br />
Jahr 1991 glaubte ich, Russland sei auf<br />
dem Weg zu einer Demokratie. Zugegebenermassen<br />
auf einem ausserordentlich<br />
schwierigen Weg. Dass nach Gorbatschow<br />
und Jelzin ein KGB-Mann<br />
‹gewählt› worden war, irritierte anfangs,<br />
aber die Hoffnung auf den jungen Putin<br />
blieb.<br />
Das, was ich in der mir zur Verfügung<br />
stehenden Presse zu den wenig rechtsstaatlichen<br />
Verurteilungen von Oligarchen<br />
wie Chodorkowski und Lebedjew<br />
las, irritierte zwar ungemein. Andererseits<br />
– gibt es ein Recht auf Staatsplünderung<br />
Musste man Mitleid mit Leuten<br />
wie Gussinski in Israel oder Abramowitsch<br />
in London haben, die sich mit astronomischen<br />
Besitztümern aus Russland<br />
verabschiedet hatten Und der<br />
Krieg gegen Terror<strong>ist</strong>en in Tschetschenien,<br />
war er als Selbstverteidigungsmassnahme<br />
etwa nicht gerechtfertigt<br />
Masha Gessen, Autorin von ‹Der Mann<br />
ohne Gesicht. Wladimir Putin – eine Enthüllung›,<br />
belehrt mich eines Besseren!<br />
Wer diese Aufl<strong>ist</strong>ung von im Namen des<br />
(manipulierten) Rechts begangenen Verbrechen<br />
– wahrlich eine Enthüllung – gelesen<br />
hat, kann nicht anders, als die Hoffnung<br />
auf den demokratischen Prozess zu<br />
vergessen! Klar, die Beweiskette, die<br />
Gessen aufl<strong>ist</strong>et, basiert zu weiten Teilen<br />
auf Indizien. Sie überzeugt jedoch in hohem<br />
Masse – nicht zuletzt weil die Autorin<br />
mit keinem Wort vorgibt, die Dinge<br />
seien tatsächlich so geschehen, als hätten<br />
sich die Verbrechen gegen dissidente<br />
Bürger Russlands mit Sicherheit so abgespielt.<br />
‹So oder ähnlich›, <strong>ist</strong> man jedoch<br />
nach dem Lesen der (selbstverständlich<br />
nicht autorisierten) Biografie Putins<br />
überzeugt!<br />
Wladimir Putin hat von nun an ein Gesicht.»<br />
Der Mann ohne Gesicht<br />
Masha Gessen<br />
384 Seiten<br />
CHF 36.90<br />
Piper<br />
Leichter<br />
Lesen<br />
Die eReaDeR von<br />
oRell Füssli.<br />
einFach zu hause.
8 | NOTIZEN Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIZEN | 9<br />
Jahrestage<br />
... und ausserdem<br />
Quelle: Dieter Hildebrandt: Ödön von Horváth, Rowohlt 1975<br />
75 Jahre <strong>ist</strong> es her, dass Ödön von Horváth<br />
in Paris starb. Der österreichisch-ungarische<br />
Schriftsteller befand sich auf der Flucht<br />
vor den Nazis, als er am 1. Juni 1938 von<br />
einem herabfallenden Ast erschlagen wurde.<br />
Da war er gerade einmal 37 Jahre alt.<br />
Seine sozialkritischen Werke waren zu diesem<br />
Zeitpunkt verboten, wurden aber in<br />
Exilverlagen weiterhin veröffentlicht. Sein<br />
bekanntester Roman <strong>ist</strong> wohl «Jugend ohne<br />
Gott», der die Lieblosigkeit von Jugendlichen<br />
in Nazideutschland anprangert. Zeitlebens<br />
galt von Horváth aber vor allem als<br />
grosser Theaterautor, etwa dank seiner<br />
noch heute oft gespielten Dramen «Geschichten<br />
aus dem Wiener Wald», «Glaube<br />
Liebe Hoffnung» und «Kasimir und Karoline».<br />
Pflichtlektüre nicht nur für Schüler!<br />
Am 2. Juli jährt sich<br />
der Todestag von Lisa<br />
Tetzner zum 50. Mal.<br />
Es gibt nicht viele Jugendbücher,<br />
die so eindrücklich<br />
sind wie ihr<br />
Roman «Die schwarzen<br />
Brüder». Dass das<br />
1940 verfasste Buch<br />
das Schicksal von Tessiner<br />
Buben beschreibt, die als Kaminfeger<br />
nach Italien verdingt wurden, <strong>ist</strong> kein Zufall:<br />
Die Deutsche flüchtete 1933 vor den Nazis<br />
nach Carona bei Lugano, zusammen mit<br />
ihrem Mann Kurt Kläber. Das Paar lebte dort<br />
in der Nachbarschaft von Hermann Hesse<br />
und zuweilen mit Bert Brecht zusammen.<br />
Tetzners Mann war übrigens auch kein Unbekannter:<br />
Er nannte sich Kurt Held und<br />
verfasste «Die rote Zora und ihre Bande».<br />
«Die schwarzen Brüder» war denn auch ein<br />
Gemeinschaftswerk des Paars, wegen der<br />
Verfolgung von Kläber durch die Nazis<br />
erschien es aber nur unter Lisa Tetzners<br />
Namen.<br />
Mit Oliver Sacks wird am 9. Juli einer der<br />
bekanntesten Sachbuch-Autoren der Welt<br />
80-jährig. Seit Jahrzehnten bege<strong>ist</strong>ert der<br />
britische Neurologe mit seinen Beschreibungen<br />
komplexer psychischer Krankheiten.<br />
Weltberühmt machte ihn das Buch<br />
«Awakenings» über Menschen, die vorübergehend<br />
aus der Schlafkrankheit aufwachen<br />
und sich des Lebens erfreuen – es diente gar<br />
als Vorlage für einen Film mit Robert de Niro<br />
als Patient und Robin Williams als Dr. Sacks.<br />
In anderen Büchern beschäftigte sich Sacks<br />
mit dem Tourette-Syndrom, mit Autismus<br />
oder Gehörlosigkeit. Dabei gelang ihm stets<br />
das Kunststück, blendend zu unterhalten<br />
und Fallbeispiele mit viel Empathie, aber<br />
ohne Kitsch darzustellen. In seinem neuen,<br />
bei Rowohlt erschienenen<br />
und<br />
ebenfalls sehr lesenswerten<br />
Werk<br />
«Drachen, Doppelgänger<br />
und Dämonen»<br />
geht es um<br />
Halluzinationen.<br />
Am 14. August<br />
jährt sich der Todestag<br />
des Rennfahrers<br />
und Rennautobauers<br />
Enzo<br />
Ferrari zum 25.<br />
Mal. Was das mit<br />
Büchern zu tun<br />
hat Der Jahrestag<br />
bietet eine gute Gelegenheit, um auf eine<br />
originelle Neuerscheinung aufmerksam zu<br />
machen: «Nachdenkliche Rennfahrer»,<br />
zusammengestellt vom Journal<strong>ist</strong>en Max<br />
Küng und erschienen bei der Edition Patrick<br />
Frey. Das schmale Buch zeigt Fotos von –<br />
Überraschung! – nachdenklichen Rennfahrern.<br />
Diese Abenteurer haben ja auch viel<br />
Grund zum Grübeln, denn sie schweben<br />
ständig in Todesgefahr und werden oft genug<br />
auch tatsächlich mit dem Tod konfrontiert.<br />
Ein Buch nicht nur für Leute, die wissen,<br />
wer Enzo Ferrari war.<br />
Ein Abenteurer, der dem Tod ebenfalls gern<br />
hin und wieder ins Auge blickte, war auch<br />
T.E. Lawrence. Am 16. August <strong>ist</strong> es 125<br />
Jahre her, dass er geboren wurde. Sein Leben<br />
liest sich wie ein einziger Roman: Er<br />
war Archäologe, Geheimagent und briti-<br />
scher Offizier. Als solcher beteiligte er sich<br />
im Ersten Weltkrieg am Aufstand der Araber<br />
gegen das osmanische Reich – und wurde so<br />
zu Lawrence von Arabien. Seine Erlebnisse<br />
in Arabien beschrieb er im Bericht «Die sieben<br />
Säulen der Weisheit», der heute zur<br />
Weltliteratur zählt und von Ullstein als Taschenbuch<br />
angeboten wird.<br />
Und zum Schluss noch zwei Geburtstage für<br />
alle Comicfans: Im Juni 1938, also vor genau<br />
75 Jahren, wurde erstmals eine Geschichte<br />
über Superman veröffentlicht – das war<br />
auch die Geburtsstunde eines neuen Comicgenres,<br />
nämlich der Superheldengeschichten.<br />
Batman, Spiderman, Hulk, Iron Man<br />
und wie sie alle heissen, sie sind durchwegs<br />
im Sog des Riesenerfolgs um den «Stählernen»<br />
entstanden, der inkognito als der tapsige<br />
Reporter Clark Kent arbeitet und im<br />
Notfall zu einem fliegenden und mit unglaublichen<br />
Kräften ausgestatteten Helden<br />
mutiert. Superman zählt zu den Figuren mit<br />
dem weltweit höchsten Wiedererkennungswert,<br />
und längst gibt es die legendäre Schöpfung<br />
der beiden Teenager Jerry Siegel und<br />
Joe Shuster in unzähligen Varianten. Für<br />
Erstleser empfehlen wir hier die Comics, die<br />
bei Fischer KJB erscheinen; die etwas älteren<br />
bzw. ewigjungen Leser dürften an der<br />
Neuerscheinung «Der letzte Sohn» von Panini<br />
Manga und Comics ihre helle Freude<br />
haben.<br />
Erwachsene Comicfans<br />
haben ebenfalls<br />
Grund zum Feiern:<br />
Robert Crumb wird<br />
am 30. August 70<br />
Jahre alt. Er begann<br />
als Underground-<br />
Zeichner zur Flower-Power-Zeit;<br />
seine<br />
bekannteste Figur<br />
Fritz the Cat bege<strong>ist</strong>erte<br />
als drogensüchtiger<br />
Faulpelz die Hippies und erschreckte<br />
das Establishment. Viele seiner<br />
Comics gelten als sex<strong>ist</strong>isch und pornografisch,<br />
aber Crumb kann auch anders: Seine<br />
Comic-Interpretation des ersten Buch Mose,<br />
erschienen als «Genesis» in der Bibliothek<br />
der Süddeutschen Zeitung, gilt als Me<strong>ist</strong>erwerk.<br />
Auch wenn die me<strong>ist</strong>en Bücherfreunde<br />
kluge Leute sind und daher<br />
naturgemäss im Zuge reisen,<br />
kennen sie wohl ebenso die Freude<br />
am Fahren: im Auto gemütlich<br />
durch den Périgord schaukeln, wo<br />
Martin Walkers Romane spielen<br />
(mehr dazu rechts), oder auf vier<br />
Rädern die südsizilianische Welt<br />
von Commissario Montalbano erkunden.<br />
Für sie gibt es jetzt mit<br />
Wettbewerbs-Gewinner<br />
In der letzten Ausgabe von «Books» verlosten wir unter den Teilnehmenden unseres<br />
Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei Büchergutscheine. Gewonnen haben:<br />
1. Preis: Margrit Kloter, Dietlikon<br />
2. Preis: Chr<strong>ist</strong>a Montoya, Zürich<br />
3. Preis: Marco Heiniger, Zürich<br />
Herzliche Gratulation!<br />
«The Joy of Driving» auch die ideale<br />
Ablage für all die kleinen Dinge,<br />
die im Auto herumliegen – das<br />
Handy, die Reisedokumente oder<br />
die Taschentücher. Natürlich lassen<br />
sich mit dem Geheimfach-<br />
Buch auch ein paar Goldbarren<br />
oder ähnliches diskret im Büchergestell<br />
verwahren.<br />
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Das Lösungswort lautete übrigens «Wortschoepfungen». Die Gewinnerinnen und Gewinner<br />
der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt. Das aktuelle Kreuzworträtsel<br />
finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 48.<br />
Der schottische H<strong>ist</strong>oriker und<br />
Schriftsteller Martin Walker <strong>ist</strong><br />
in das französische Périgord<br />
verliebt – deshalb hat er seine<br />
Krimis um den Chef de Police<br />
Bruno Courrèges in dieser Region<br />
angesiedelt. Die spannenden<br />
Geschichten im ländlichen Ambiente<br />
kommen gut an: Walker zählt<br />
zu den heute erfolgreichsten<br />
Krimiautoren, bislang gingen<br />
allein auf Deutsch über 700’000<br />
Bruno-Romane über die Ladentische.<br />
Jetzt liegt der fünfte Band<br />
der Serie vor: «Femme fatale»,<br />
erschienen bei Diogenes. Der neue<br />
Fall <strong>ist</strong> der vielleicht bisher beste,<br />
denn Walker hat einige seiner<br />
früheren Laster überwunden:<br />
Allzu selbstverliebte Ausschweifungen<br />
haben einer präzisen<br />
Sprache Platz gemacht, es gibt<br />
kaum noch langfädige Beschreibungen<br />
regionaler Rezepte, mit<br />
denen Walker seinen Helden<br />
– und damit auch sich selber – als<br />
grossen Connaisseur ausweisen<br />
wollte. Bruno hat allerdings auch<br />
kaum Zeit, in fremde Kochtöpfe<br />
zu schielen, denn das neueste<br />
Verbrechen in seiner Gemeinde<br />
St-Denis hält ihn auf Trab: Eine<br />
wunderschöne nackte Frau liegt<br />
tot auf einem alten Kahn – inmitten<br />
obskurer Gegenstände …
10 | Reportage Books Nr. 2/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf Reportage | 11<br />
Verbindung über<br />
Raum und Zeit<br />
Die türkische Autorin Elif Shafak verwebt in «Die vierzig Geheimnisse<br />
der Liebe» das amerikanische Vorstadtleben auf faszinierende<br />
Weise mit der Mystik des mittelalterlichen Orients.<br />
Benjamin Gygax<br />
Goekhan Celem<br />
Eigentlich müsste Ella Rubinstein glücklich<br />
sein: Sie hat drei Kinder, einen gut verdienenden<br />
Zahnarzt zum Mann und ein schönes<br />
viktorianisches Haus in Massachusetts.<br />
«An erster Stelle auf Ellas<br />
Prioritätenl<strong>ist</strong>e standen ihre Kinder», beschreibt<br />
Elif Shafak ihre Protagon<strong>ist</strong>in.<br />
«David und sie hatten eine wunderschöne<br />
Tochter, Jeannette, die aufs College ging,<br />
und Zwillinge im Teenageralter, Orly und<br />
Avi. Außerdem hatten sie einen zwölf Jahre<br />
alten Golden Retriever namens Spirit,<br />
der Ella schon als Welpe auf ihrer morgendlichen<br />
Runde begleitet hatte, ein stets<br />
aufmunternder Gefährte an ihrer Seite.»<br />
Dennoch: Ella <strong>ist</strong> nicht glücklich. Ja sie <strong>ist</strong><br />
noch nicht einmal zufrieden. Als sie von<br />
ihrem Mann zum Valentinstag einen Diamantanhänger<br />
geschenkt erhält und die<br />
Widmung liest, <strong>ist</strong> sie erschüttert: «Ella<br />
hatte es David nie gesagt, aber als sie die<br />
Karte las, hatte sie das Gefühl, einen Nachruf<br />
zu lesen.» Und als wäre das nicht genug,<br />
brüskiert sie gleichzeitig auch noch<br />
ihre 19-jährige Tochter. Als diese nämlich<br />
verkündet, sie wolle ihren Freund heiraten,<br />
kann Ella ihre mütterlichen Befürchtungen<br />
nicht für sich behalten und interveniert,<br />
indem sie den Freund der Tochter<br />
anruft und von den Hochzeitsplänen abzubringen<br />
versucht. Dass diese Einmischung<br />
nicht den gewünschten Erfolg haben wird,<br />
weiss sie eigentlich selbst, doch sie glaubt,<br />
den Lauf der Dinge kontrollieren zu müssen.<br />
Liebe als Weg und Ziel<br />
David versucht, Ella inmitten ihres Scherbenhaufens<br />
eine neue Aufgabe zu verschaffen.<br />
Er vermittelt ihr eine kleine Arbeit<br />
für eine Bostoner Literaturagentur. Die<br />
diplomierte Angl<strong>ist</strong>in soll ein eingesandtes<br />
Manuskript begutachten. Etwas lustlos<br />
und von Selbstzweifeln gehemmt, beginnt<br />
Ella mit Lesen: «Sie fühlte sich leer, geradezu<br />
ermüdet von allem, was in ihrem Kopf<br />
umherwirbelte. Die Kreditkartenzahlungen<br />
für diesen Monat, Orlys schlimme Essgewohnheiten,<br />
Avis schlechte Noten, Tante<br />
Esther mit ihren traurigen Kuchen, die<br />
schwindende Gesundheit ihres Hundes<br />
Spirit, Jeannettes Heiratspläne, die heimlichen<br />
Affären ihres Mannes, die fehlende<br />
Liebe in ihrem Leben ... Einen nach dem<br />
anderen sperrte sie ihre Gedanken in kleine<br />
Schachteln ein. In dieser Stimmung<br />
nahm sie das Manuskript aus dem Umschlag<br />
und hielt es einen Moment in den<br />
Händen, wie um es zu wiegen. Auf dem<br />
ersten Blatt stand in indigoblauer Schrift<br />
der Titel des Romans: ‹Süsse Blasphemie›.»<br />
Dieser Roman eines geheimnisvollen<br />
Schriftstellers mit Namen A.Z. Zahara<br />
wird den weiteren Fortgang von Ellas Leben<br />
verändern. Schon im Prolog lässt uns<br />
die Autorin Elif Shafak wissen, wie die Geschichte<br />
ausgehen wird: «Für Ella bedeutete<br />
es schon eine gewaltige Anstrengung,<br />
auch nur ihre gewohnte Kaffeemarke zu<br />
wechseln. Weshalb sich niemand, auch sie<br />
selbst nicht, erklären konnte, warum sie im<br />
Herbst 2008 nach zwanzig Jahren Ehe die<br />
Scheidung einreichte.»<br />
Süsse Blasphemie<br />
Elif Shafak lässt uns nicht nur in einem<br />
Entwicklungsroman an den letzten fünf<br />
Monaten von Ellas festgefahrenem Eheleben<br />
teilhaben, sondern auch tief in eine<br />
Geschichte aus dem 13. Jahrhundert eintauchen.<br />
Die Autorin hat nämlich Ellas Geschichte<br />
mit den Kapiteln aus «Süsse Blasphemie»<br />
zu einer Collage montiert. Jedes<br />
Kapitel von «Die vierzig Geheimnisse der<br />
Elif Shafak<br />
Die 42-jährige Elif Shafak <strong>ist</strong> neben Orhan<br />
Pamuk die me<strong>ist</strong>gelesene türkische<br />
Autorin. Sie studierte Internationale Beziehungen<br />
in Ankara und publizierte ihren<br />
ersten Roman 1997. Weltweit erlangte<br />
sie 2006 Bekanntheit, als sie in der Türkei<br />
wegen «Herabwürdigung des Türkentums»<br />
angeklagt wurde. Sie hatte eine Figur aus<br />
ihrem Roman «Der Bastard von Istanbul»<br />
sagen lassen: «Ich stamme aus einer Familie,<br />
deren gesamte Verwandtschaft 1915<br />
von den Türken abgeschlachtet worden<br />
<strong>ist</strong>, ich habe gelernt, meine Herkunft zu<br />
verleugnen, und mir wurde beigebracht,<br />
dass es keinen Völkermord gegeben hat.»<br />
Aus Mangel an Beweisen wurde sie freigesprochen.<br />
Nach 2006 lehrte sie an der Abteilung<br />
für Nahost-Studien der University<br />
of Arizona in Tucson, zurzeit forscht sie<br />
an der Kingston Universität London. Elif<br />
Shafak <strong>ist</strong> mit dem Journal<strong>ist</strong>en Eyüp Can<br />
Sağlık verheiratet und wohnt in London<br />
und Istanbul. Das Paar hat eine Tochter<br />
und einen Sohn.
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12 | Reportage Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Reportage | 13<br />
Der Sufismus bringe einen dazu, mit dem Herzen zu denken, sagt Elif Shafak.<br />
Liebe» <strong>ist</strong> mit dem Namen einer Person<br />
überschrieben und aus deren Sicht erzählt.<br />
Der fiktive h<strong>ist</strong>orische Roman Zaharas erzählt<br />
von der Begegnung des armen Wanderderwischs<br />
Schams-e Tabrizi mit dem<br />
persischen Gelehrten und Dichter Dschalal<br />
ad-Din Rumi um 1244 in der anatolischen<br />
Stadt Konya. Damals litt diese Weltregion<br />
unter den Kreuzzügen, dem Einfall der<br />
Mongolen unter Dschingis Khan und inneren<br />
Konflikten. In einem Essay zu ihrem<br />
Roman erklärt die Autorin: «In einer Zeit<br />
tief verwurzelter Bigotterie und von Konflikten<br />
standen Schams und Rumi ein für<br />
eine universelle Spiritualität und öffneten<br />
ihre Tür für Menschen jeder Herkunft gleichermassen.<br />
Sie sprachen von Liebe als<br />
Essenz des Lebens; Liebe, die über Länder,<br />
Kulturen und Städte verband.»<br />
Eine innige Beziehung<br />
Nicht nur die harten Lebensumstände sind<br />
h<strong>ist</strong>orisch verbürgt, sondern auch die Personen<br />
des Romans. Der Sufi Schams ex<strong>ist</strong>ierte<br />
tatsächlich; der Wanderprediger<br />
wurde «Sonne des Glaubens von Tabriz»<br />
genannt, und er begegnete Rumi auch in<br />
der Wirklichkeit. Die innige spirituelle Verbindung<br />
der beiden stiess auf Unverständnis<br />
oder Eifersucht, und die kompromisslose<br />
Ehrlichkeit von Schams schuf ihm<br />
viele Gegner – so, wie es Elif Shafak beschreibt.<br />
1246 verschwand der mittellose<br />
Wanderprediger aus Konya und kehrte<br />
noch einmal kurz zurück, bevor sich 1247<br />
seine Spur ganz verlor. Ob Schams wirklich<br />
umgebracht wurde, <strong>ist</strong> unklar, doch es<br />
wird allgemein angenommen. Bis heute <strong>ist</strong><br />
das Grab Schams im iranischen Khoy ein<br />
viel besuchtes Monument. Noch bekannter<br />
<strong>ist</strong> sein Schüler Rumi, der auch den Namen<br />
Maulana – «unser Me<strong>ist</strong>er» – trägt. Seine<br />
Verehrung verdankt der Dichter vor allem<br />
den während 30 Jahren gesammelten Versen<br />
aus «Der Diwan von Shams-e Tabrizi»,<br />
mit denen er nach dem Verlust seines<br />
Freundes seine grosse Trauer ausdrückte.<br />
Am bekanntesten sind aber seine Sammlung<br />
von Lebensweisheiten, die er in poetischen<br />
Vierzeilern festhielt.<br />
Der Weg der Sufis<br />
Elif Shafak kam 1971 in Strassburg zur<br />
Welt und wuchs unter anderem in Madrid,<br />
Amman und Köln auf. Die Tochter einer<br />
Diplomatin schrieb in einem Essay zur Geschichte<br />
hinter «Die vierzig Geheimnisse<br />
der Liebe»: «Ich war ein Einzelkind und<br />
wurde von einer alleinerziehenden, arbeitenden<br />
Mutter aufgezogen, die nicht viel<br />
Zeit mit mir verbringen konnte.» Wie<br />
kommt eine junge Frau aus einer so kosmopolitischen,<br />
säkularen und gebildeten<br />
Welt dazu, sich mit islamischer Mystik zu<br />
beschäftigen Die Gegenwelt lernte die Autorin<br />
als Mädchen bei ihrer Grossmutter<br />
kennen. Sie schreibt: «Weil ich einen Teil<br />
meiner Kindheit bei meiner liebevollen<br />
Grossmutter mit ihrem Aberglauben verbrachte,<br />
war mir klar, dass die Welt nicht<br />
ausschliesslich aus materiellen Dingen bestand,<br />
dass am Leben mehr dran war, als<br />
ich sehen konnte.» Und weil sie Bücher<br />
liebte und gern in ihren eigenen Geschichten<br />
lebte, begann ihr Interesse am Sufismus<br />
mit Büchern: «Ich begann aus intellektueller<br />
Neugierde darüber zu lesen, ein<br />
Buch führte zum nächsten ... Und je mehr<br />
ich las, desto mehr verlernte ich, denn das<br />
<strong>ist</strong> es, was der Sufismus mit uns macht: Er<br />
führt uns dazu, das zu tilgen, was wir wissen<br />
und dessen wir sicher sind. Danach<br />
denken wir noch einmal nach – diesmal<br />
nicht mit dem Verstand, sondern mit dem<br />
Herzen.» Ihre Auseinandersetzung mit<br />
dem Sufismus hat Elif Shafak in jene vierzig<br />
Regeln der Liebe gegossen, die dem<br />
Roman seinen Namen geben. Schams offenbart<br />
sie im Buch nach und nach in seinen<br />
Begegnungen mit den unterschiedlichsten<br />
Menschen. Beim Lesen kann man<br />
sich den Spass machen, die Regeln zu sammeln.<br />
Und wer das nicht selbst tun will,<br />
kann sich auf einen Leser verlassen, der<br />
die Arbeit übernommen hat: Auf der Webseite<br />
wilfried-ehrmann2.blogspot.ch werden<br />
die Regeln kommentiert.<br />
Die vierzig<br />
Geheimnisse der Liebe<br />
503 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Kein & Aber<br />
Der mystische Islam<br />
der Sufis<br />
Sufismus <strong>ist</strong> eine Sammelbezeichnung für<br />
Strömungen im Islam, die ein asketisches<br />
Leben und den mystisch-spirituellen Kern<br />
der Religion suchen, einen «inneren Sinn»<br />
des Korans. Sufis, oder auf Persisch<br />
Derwische, verstehen ihre Religion als<br />
Weg zu Gott und zur Wahrheit durch<br />
Liebe und Hingabe. Besonders interessieren<br />
sie sich deshalb für jene Suren, die von<br />
der individuellen Beziehung des Gläubigen<br />
zu Gott handeln. Dem Tanz kommt eine<br />
wichtige Rolle zum Erlangen religiöser<br />
Ekstase zu, so zum Beispiel beim<br />
türkischen Mevlevi-Orden und seiner<br />
Sema, dem Kre<strong>ist</strong>anz in Trance.<br />
Der Sufismus prägte nicht nur den Islam,<br />
sondern auch die westliche Welt – erstmals<br />
bereits im Mittelalter, als er die<br />
Vorstellungen von romantischer Liebe und<br />
Ritterlichkeit beeinflusste. Seit der Mitte<br />
des 20. Jahrhunderts löst sich der Sufismus<br />
teilweise ganz vom Islam und zieht<br />
Sinnsuchende aus aller Welt an.<br />
Weitere Bücher von<br />
Elif Shafak<br />
Spiegel der Stadt<br />
(2004)<br />
365 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Literaturca<br />
Die jüdische Familie Pereira<br />
gerät im 17. Jahrhundert in die Fänge der<br />
Inquisition, doch zwei Familienmitgliedern<br />
gelingt die Flucht nach Istanbul, wo Moslems,<br />
Chr<strong>ist</strong>en und Juden nebeneinander<br />
leben.<br />
Ein autobiographischer Bericht von<br />
Elif Shafak:<br />
Als Mutter bin ich<br />
nicht genug (2010)<br />
352 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Egmont<br />
Eine Frau trägt einen ganzen Harem in sich:<br />
Mit subtilem Witz und berührender Offenheit<br />
erzählt Shafak von der Schwierigkeit,<br />
als Frau allen Rollen gerecht zu werden.<br />
Nach der Geburt ihres Kindes verliert sie<br />
ihr inneres Gleichgewicht und fällt in eine<br />
Depression.<br />
Spannung<br />
vom Feinsten<br />
Klappenbroschur. 368 Seiten<br />
<br />
Aus dem Schwedischen von Dagmar Lendt<br />
Klappenbroschur. 416 Seiten<br />
www.kiwi-verlag.de
14 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Erotische Literatur | 15<br />
Es muss nicht<br />
immer<br />
« Shades » sein<br />
Der durchschlagende Erfolg von «Shades of Grey» hat ein Genre wieder belebt:<br />
die erotische Literatur, in der es um Dominanz und Unterwerfung geht. Dieses Genre<br />
<strong>ist</strong> alt und bietet unzählige Höhepunkte.<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
Zeichnete man einen Stammbaum der Unterwerfungsliteratur,<br />
wäre «Venus im<br />
Pelz» wohl die Grossmutter von «Shades of<br />
Grey» – und vielleicht gar die Stammmutter<br />
des gesamten Genres. Das schmale<br />
Bändchen erschien 1870 und wurde von<br />
Leopold von Sacher-Masoch verfasst. Der<br />
österreichische Autor <strong>ist</strong> als Namensgeber<br />
in die Geschichte eingegangen – nicht der<br />
süssen Sachertorte, sondern des viel pikanteren<br />
Masochismus’. Zu Lebzeiten war<br />
Sacher-Masoch ein international gefeierter<br />
Autor und hochgeachteter Universitätsprofessor;<br />
ihn überlebt hat aber eigentlich<br />
nur «Venus im Pelz». Darin erzählt er die<br />
Geschichte von Severin, der sich leidenschaftlich<br />
in die junge Witwe Wanda verliebt.<br />
Sie kann sich nicht recht dazu durchringen,<br />
ihn zu heiraten, denn sie weiss, wie<br />
unbeständig Gefühle sind. Severin schlägt<br />
Wanda vor, ihn als Sklaven zu akzeptieren,<br />
den sie jederzeit nach Belieben demütigen<br />
darf – denn er meint, dass seine Liebe zu<br />
ihr dann immer grösser werde, frei nach<br />
dem Grundsatz: Was man nicht wirklich<br />
besitzen kann, begehrt man umso stärker.<br />
Wanda zögert; sie weiss, ein solches Arrangement<br />
könnte ihre schlimmsten, bislang<br />
unterdrückten Eigenschaften wecken.<br />
Schliesslich aber willigt sie ein. Sie quält<br />
ihren Sklaven fortan psychisch und physisch,<br />
gibt sich ihm aber auch liebevoll hin.<br />
Dass Wanda andere Liebhaber hat, treibt<br />
Severin schier in den Selbstmord, er kann<br />
sich von seiner Herrin aber nicht lösen –<br />
bis sie bewusst zu weit geht und ihn von<br />
einem ihrer Liebhaber auspeitschen lässt.<br />
Severin <strong>ist</strong> von seiner Obsession geheilt<br />
und nimmt wieder sein früheres Leben an.<br />
Von Peitschen und Stiefeln<br />
Interessant <strong>ist</strong>, dass «Venus im Pelz» nachträglich<br />
fast zur Autobiographie von Sacher-Masoch<br />
wurde: 1873 heiratete der<br />
Autor eine junge Angelika, die sich wegen<br />
des Buchs in Wanda umbenannte. Mit ihr<br />
schloss Sacher-Masoch einen Sklavenvertrag<br />
ab, und wie die fiktive Wanda hielt es<br />
auch die echte am Ende nicht neben ihrem<br />
Sklaven aus. Doch zurück zu «Venus im<br />
Pelz». Das Buch enthält bereits viele Genre-typische<br />
Ingredienzien. Uniformen,<br />
Peitschen, Stiefel, Pelze und nächtliche<br />
Aussschweifungen kommen ebenso vor<br />
wie das Hin und Her zwischen Erniedrigung<br />
und Zärtlichkeit. Doch das Buch erschien<br />
in einer Zeit, in der es Zensur gab,<br />
und es beschränkt sich daher auf Andeutungen.<br />
Wer «gewisse Stellen» sucht, kann<br />
lange blättern – es gibt sie kaum, erregend<br />
<strong>ist</strong> allenfalls der Unterton der Geschichte.<br />
Die Dialoge des Buchs, das derzeit von Ro-<br />
man Polanski verfilmt wird, sind feinsinnig;<br />
Sacher-Masoch bedient sich gern bei<br />
der Hochkultur, um die Vorliebe seines<br />
Helden – und damit auch seine eigene – zu<br />
begründen, er zitiert fortlaufend Goethe<br />
oder antike Autoren. «Venus im Pelz» <strong>ist</strong><br />
daher eher Literatur für den feinsinnigen<br />
Kenner als Pornografie, die bekanntlich<br />
nur auf eines abzielt: die Lesenden sexuell<br />
zu erregen.<br />
«Mein Körper<br />
hatte nicht mit mir<br />
zu tun. Er war ein<br />
Köder, ein Mittel –<br />
so zu benutzen, wie<br />
er es entschied, mit<br />
dem Ziel, uns beide<br />
zu erregen.»<br />
«9 ½ Wochen»<br />
Die Hure mit den Rehaugen<br />
Dass auch die Österreicher der vordergründig<br />
prüden Habsburgerzeit keineswegs<br />
auf solche Werke verzichten mussten,<br />
bewe<strong>ist</strong> der 1906 erschienene Roman<br />
«Josefine Mutzenbacher. Die Geschichte<br />
einer Wienerischen Dirne. Von ihr selbst<br />
erzählt.» Auf dem Stammbaum jener Literatur,<br />
um die es hier geht, würde dieses<br />
Buch wohl die Position einer etwas verqueren<br />
Tante einnehmen. Der Titel verspricht<br />
Autobiografisches, doch eine Josefine<br />
Mutzenbacher <strong>ist</strong> nicht aktenkundig.<br />
Schon bei der Erstveröffentlichung des<br />
Buchs wurde daher munter über dessen<br />
Urheberschaft spekuliert. Am häufigsten<br />
fiel damals der Name Felix Salten. Der österreichische<br />
Autor gilt generell nicht gerade<br />
als Pornograf, denn er schrieb vor allem<br />
über Häschen und Rehe – sein wichtigstes<br />
Werk <strong>ist</strong> «Bambi», die Vorlage für den berühmten<br />
Disney-Film. Die Tatsache, dass<br />
sich Salten nie gegen die Zuschreibung des<br />
Mutzenbacher-Romans wehrte, macht ihn<br />
allerdings schon sehr verdächtig, denn er<br />
hätte allen Grund gehabt, sich von ihm zu<br />
d<strong>ist</strong>anzieren: Das Buch wurde schnell als<br />
jugendgefährdend und unsittlich verfemt,<br />
und noch 1992 stuften es deutsche Richter<br />
als «Kinderpornografie» ein.
16 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf Erotische Literatur | 17<br />
«‹Du willst also<br />
durchaus gepeitscht<br />
werden›,<br />
rief sie, indem<br />
sie den Kopf in<br />
den Nacken warf.<br />
‹Ja.›»<br />
«Venus im Pelz»<br />
Skinny Matcha<br />
Frappuccino ®<br />
blended beverage<br />
«Gewisse Stellen»<br />
Man kann lächeln über das steife Beamtendeutsch,<br />
in dem das damalige Urteil<br />
verfasst wurde – im entscheidenden Punkt<br />
muss man den Richtern aber Recht geben:<br />
Der Dauerbrenner «Josefine Mutzenbacher»<br />
IST Kinderpornografie. Das Buch<br />
erzählt nämlich, wie Josefine ihre Sexualität<br />
entdeckt und auszuleben beginnt. Am<br />
Ende des ersten Bands <strong>ist</strong> sie 14 Jahre alt.<br />
«Pepi» wird schon als Fünfjährige missbraucht<br />
und kann darüber nur lustvoll lächeln,<br />
sie hat inzestuöse Beziehungen und<br />
gibt sich freudig jedem hier, der sich mit<br />
ihr vergnügen will. Anders als bei Sacher-<br />
Masoch sind hier die «gewissen Stellen»<br />
die absolute Hauptsache. Me<strong>ist</strong> leiten nur<br />
zwei, drei Sätze von einem feurigen Abenteuer<br />
zum nächsten über. Wenn Wikipedia<br />
schreibt, hier werde auch «ein Sittenbild<br />
des Wiener Proletariats im ausgehenden<br />
19. Jahrhunderts präsentiert», <strong>ist</strong> das eine<br />
wohlwollende Übertreibung. Die Sprache<br />
<strong>ist</strong> zwar tatsächlich von anno dazumal, alles<br />
in allem bleibt «Josefine Mutzenbacher»<br />
aber Pornografie in reinster Form.<br />
Immerhin aber eine fröhliche – hier hat<br />
jemand beim Schreiben offenbar viel Spass<br />
gehabt und sich einer beneidenswerten<br />
Fantasie bedienen können.<br />
«Sie» und «Er»<br />
Ist «Venus im Pelz» die Grossmutter von<br />
«Shades of Grey», dann muss man den<br />
1978 erschienenen Roman «9 ½ Wochen<br />
– Erinnerungen an eine Liebesaffäre» von<br />
Elizabeth McNeill als dessen Mutter bezeichnen.<br />
Das Buch hat bereits viele Ähnlichkeiten<br />
mit den aktuellen Titeln der Unterwerfungsliteratur:<br />
Es <strong>ist</strong> in der Ich-Form<br />
aus Sicht der Frau erzählt, es spielt in der<br />
Grossstadt, die männliche Hauptfigur <strong>ist</strong><br />
ein stinkreicher und knallharter Geschäftsmann.<br />
Die Erzählerin unterwirft sich dem<br />
Mann mehr und mehr – bis zur völligen<br />
Selbstaufgabe. Ihr Leben teilt sich bald in<br />
einen beruflichen Alltag, in dem sie sehr<br />
erfolgreich <strong>ist</strong>, und in das vorwiegend sexuell<br />
geprägte Leben mit dem ungenannt<br />
bleibenden «Ihm», in dem sie fast immer<br />
gefesselt bleibt – an den Tisch, ans Bett, mit<br />
Handschellen im Bad. Er macht sie komplett<br />
von ihr abhängig, bestimmt ihr Programm,<br />
füttert sie, wäscht sie, kämmt ihr<br />
die Haare, liest ihr aus der Zeitung vor –<br />
und sie <strong>ist</strong> einfach wahnsinnig verliebt in<br />
diesen weltgewandten, sowohl dominanten<br />
wie mütterlichen Kerl. Doch wie so oft<br />
kann der Erregungspegel nur hoch bleiben,<br />
wenn ständig die Dosis der Demütigungen<br />
erhöht wird. Schliesslich bricht die<br />
Ich-Erzählerin zusammen, muss ins Krankenhaus<br />
– und löst sich von ihrem Dominator.<br />
Der Befreiungsschlag <strong>ist</strong> aber auch ein<br />
Verlust: «Es <strong>ist</strong> jetzt schon Jahre her, und<br />
manchmal frage ich mich, ob mein Körper<br />
je wieder anders reagieren wird als lau»,<br />
lautet der letzte Satz des kurzen Romans.<br />
Glaubwürdige Darstellung des<br />
Abdriftens<br />
Als «9 ½ Wochen» erschien, schlug der<br />
Roman wie eine Bombe ein – das Interesse<br />
an Unterwerfungsliteratur verläuft wellenförmig<br />
und wird offenbar immer wieder<br />
von einzelnen Werken ausgelöst, die genau<br />
den Nerv der Zeit treffen. Die Welle<br />
schwappte damals auch ins Kino, denn «9<br />
½ Wochen» wurde mit Kim Basinger und<br />
Mickey Rourke in den Hauptrollen verfilmt.<br />
Heute können sich die me<strong>ist</strong>en wohl nur an<br />
den erfolgreichen Film erinnern, das Buch<br />
<strong>ist</strong> aber weiterhin erhältlich. Und es <strong>ist</strong> eigentlich<br />
unverständlich, dass es nicht eine<br />
grössere Verbreitung gefunden hat, denn<br />
es <strong>ist</strong> über weite Stellen faszinierend. Über<br />
«Seine Stimme<br />
klang kultiviert<br />
und samtig, mit<br />
einem gewissen<br />
rauen Unterton,<br />
der mich sofort an<br />
Sex denken liess.<br />
An aussergewöhnlichen<br />
Sex.»<br />
«Crossfire»<br />
Dein Sommer.<br />
Dein Geschmack.<br />
Dein Frappuccino®.<br />
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Orell Füssli Buchhandlungen im Westside in Bern<br />
sowie im Kramhof und am Bellevue in Zürich.<br />
die Autorin lässt sich heute kaum noch etwas<br />
herausfinden, aber man darf annehmen,<br />
dass sie hier ihre eigene Geschichte<br />
erzählt – derart eindringlich und glaubwürdig<br />
wird die Transformation einer humorvollen<br />
Erfolgsfrau zum flehenden Sex-<br />
Spielzeug beschrieben. Hier kann man<br />
besser als bei Sacher-Masoch nachvollziehen,<br />
wie sich eine sexuelle Abhängigkeit<br />
entwickelt. Und anders als bei «Josefine<br />
Mutzenbacher» sind die sexuellen Passagen<br />
nicht Selbstzweck, sondern Teil der<br />
Entwicklungsgeschichte.<br />
Von der Fanfiction zum Welterfolg<br />
Machen wir nun aber den Sprung in die<br />
Gegenwart. «Schuld» an der neuesten Erfolgswelle<br />
der Unterwerfungsliteratur <strong>ist</strong><br />
bekanntlich die 2011 und 2012 erschienene<br />
Romantrilogie «Shades of Grey». Die<br />
britische Autorin E.L. James verfasste zunächst<br />
eine sogenannte Fanfiction zu den<br />
«Biss»-Büchern von Stephenie Meyer; sie<br />
verwickelte deren Protagon<strong>ist</strong>en Edward<br />
Cullen und Bella Swan in eine Geschichte<br />
voller Lustschmerz und spielerischer Bestrafung.<br />
Das kam bei den «Biss»-Fans<br />
nicht nur gut an, deshalb arbeitete die heute<br />
50-jährige ehemalige Fernsehproduzentin<br />
ihren Text um – die Hauptfiguren hiessen<br />
nun Anastasia Steele und Chr<strong>ist</strong>ian<br />
Grey – und veröffentlichte ihn auf ihrer eigenen<br />
Website. Dann wurde er als eBook<br />
und schliesslich als Taschenbuch zum<br />
Welterfolg: Bislang wurden 70 Millionen<br />
Exemplare der Trilogie verkauft. Das<br />
«Time»-Magazin kürte E.L. James 2012 zu<br />
den 100 einflussreichsten Menschen der<br />
Welt, und bezüglich der Welt der Unterhaltung<br />
stimmt diese Einschätzung auf jeden<br />
Fall: «Shades of Grey» hat unzählige Trittbrettfahrer<br />
motiviert, ähnliche Bücher auf<br />
den Markt zu werfen. Die Parallelen der<br />
Epigonen zum Original sind dabei auffallend:<br />
Fast alle richten sich an die gleiche<br />
Zielgruppe – urbane Frauen –, haben eine<br />
weibliche Urheberschaft und zeigen, dass<br />
eine klug agierende Frau vom ihrem dominanten<br />
Liebhaber am Ende nicht nur «süssen<br />
Schmerz», sondern auch wahre Liebe<br />
geschenkt erhält.<br />
«Ein Seufzen entfährt<br />
mir, bevor ich<br />
es zurückhalten<br />
kann.»<br />
«Colours of Love – Entblösst»<br />
Verklemmt statt wild<br />
Über den Qualitätsbegriff lässt sich so gut<br />
streiten wie über Geschmack, und auch<br />
«Shades of Grey» wurde von vielen in die<br />
Pfanne gehauen. Die englischsprachige<br />
Kritik bezeichnete die Trilogie als «Mummy<br />
Porn» – als Pornografie für Hausmütterchen.<br />
In diese Schublade gehören auch<br />
einige der Epigonen. Es <strong>ist</strong> jedenfalls erstaunlich,<br />
wie bieder manche der klar pornografischen<br />
Bücher wirken. Geht es zur<br />
Sache, wirkt die Atmosphäre oftmals eigenartig<br />
verklemmt und aseptisch. Im hervorragenden<br />
Film «Sophie’s Choice» mit<br />
Meryl Streep gibt es die Figur eines Bürgertöchterleins,<br />
das lernen muss, schmutzige<br />
Wörter in den Mund zu nehmen – und<br />
aus ihrem Mund klingen diese dann eben<br />
besonders befangen. So kommt es einem<br />
auch bei vielen Neuerscheinungen vor: Die<br />
Autorinnen beschreiben zwar mit deftigen<br />
Ausdrücken, was ihre Hauptfiguren miteinander<br />
anstellen, stellen aber sozusagen<br />
nur Behauptungen von Lust auf; die Beschreibungen<br />
bleiben so deutlich wie d<strong>ist</strong>anziert.<br />
Es <strong>ist</strong> schwierig<br />
Ein Beispiel dafür <strong>ist</strong> «Fire after dark» von<br />
Sadie Matthews. Auch hier wird Hauptfigur<br />
Beth ständig «fast in den Wahnsinn<br />
getrieben vor Lust»; ein Klischee reiht sich<br />
ans andere, der Maskenball <strong>ist</strong> ebenso unvermeidlich<br />
wie der gefährliche russische<br />
Oligarch. Doch die Sexszenen lassen wohl<br />
nicht nur den Schreiber dieser Zeilen kalt<br />
– gemäss dem Bonmot «Man spürt die Absicht<br />
und <strong>ist</strong> verstimmt». Ähnliches lässt<br />
sich auch über «Im Schatten der Lust» der<br />
deutschen Autorin Sandra Henke sagen –<br />
nur <strong>ist</strong> hier die Hauptfigur ausnahmsweise<br />
nicht gertenschlank, sondern üppig. Als<br />
männlicher Leser kann man deren Lebenspartner,<br />
der auf ihre eher billigen Verführungsversuche<br />
nicht mehr reagiert,<br />
durchaus verstehen. Diese beiden weniger<br />
geglückten Beispiele von erotischer Literatur<br />
belegen am Ende vor allem, wie schwierig<br />
es bleibt, eine gute Sexgeschichte zu<br />
schreiben. Eine erotische Stimmung zu<br />
«Mein Körper<br />
hatte nicht mit mir<br />
zu tun. Er war ein<br />
Köder, ein Mittel –<br />
so zu benutzen, wie<br />
er es entschied, mit<br />
dem Ziel, uns beide<br />
zu erregen.»<br />
«9 ½ Wochen»<br />
schaffen, <strong>ist</strong> ja schon im wahren Leben, wo<br />
einem ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung<br />
stehen, nicht immer einfach – auf<br />
dem Papier wird der Grat zwischen plump<br />
und intensiv noch einmal schmaler.<br />
Geduld bringt Lust<br />
Mit Beschreibungen des Sexakts <strong>ist</strong> es jedenfalls<br />
nicht getan – ohne eine sorgsam<br />
aufgebaute erotische Stimmung, ohne<br />
starke Charaktere bleibt alles an der Oberfläche<br />
und wird am Ende langweilig. Die<br />
Autoren und Autorinnen sind daher gut<br />
beraten, nicht gleich mit der Tür ins Haus<br />
zu fallen. Hervorragend gelingt das zum<br />
Beispiel dem anonymen Autoren-Duo, das<br />
unter dem Namen Vina Jackson die Serie
18 | Erotische Literatur Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 19<br />
«Kaum hatten die<br />
Mädchen das Lehrerzimmer<br />
verlassen,<br />
als er mich auf<br />
das Podium rief.»<br />
«Josefine Mutzenbacher»<br />
«80 Days» verfasst. Der erste Band «80<br />
Days – Die Farbe der Lust» beginnt mit<br />
dem Satz «Schuld war Vivaldi» – und einer<br />
komplett unerotischen Begegnung der<br />
Hauptfigur Summer mit ihrem Freund.<br />
Das Begehren Summers nach einem anderen<br />
Leben <strong>ist</strong> fast mit Händen zu greifen,<br />
doch das Autorenduo versteht es, das verbale<br />
Vorspiel gekonnt auszudehnen und<br />
aufzubauen. Lange gibt es nur Sehnsucht<br />
und unerfüllte Lust, man lernt die Protagon<strong>ist</strong>in<br />
kennen und verstehen – und beginnt,<br />
mit ihr der Erlösung entgegenzufiebern.<br />
Lustig <strong>ist</strong> lustvoll<br />
Ähnliche Qualitäten bietet «Crossfire» von<br />
Sylvia Day. Die Serie gilt gemeinhin als<br />
weiterer Epigone von «Shades of Grey», <strong>ist</strong><br />
das aber nicht, denn sie entstand gleichzeitig<br />
wie die Trilogie von E.L. James. Auf<br />
Englisch verkaufte sich das Buch etwa fünf<br />
Millionen Mal. In diesem Frühjahr <strong>ist</strong> es in<br />
38 weiteren Sprachen erschienen, darunter<br />
auch auf Deutsch. Der grosse Erfolg <strong>ist</strong><br />
verständlich, denn «Crossfire» hat etwas,<br />
was vielen anderen Neuerscheinungen des<br />
Genres abgeht: Humor. Natürlich beschreibt<br />
auch Sylvia Day alle Protagon<strong>ist</strong>en<br />
als superschöne, dauererregte Sexgötter,<br />
die genau wissen, mit welchen Knöpfen sie<br />
das Gegenüber in Sekundenschnelle anwerfen<br />
können – aber sie überdreht die<br />
entsprechenden Schräubchen zuweilen so<br />
genüsslich, dass eine leise Ironie den Text<br />
durchweht. Dabei geht es durchaus um<br />
ernste Themen: Die beiden Hauptfiguren,<br />
die hinreissende Eva und der – Überraschung!<br />
– knallharte Milliardär Gideon<br />
sind als Kinder beide missbraucht worden<br />
und können ihre Sexualität jetzt nur noch<br />
in den Kategorien von Dominanz und Unterwerfung<br />
ausleben. Gemeinsam müssen<br />
sie einen Weg zu einer gesunden, funktionierenden<br />
Beziehung finden. Das alles liest<br />
sich sehr flüssig, die Charaktere sind vielschichtig<br />
und machen neugierig. Und bei<br />
den wohldosiert eingestreuten Sexszenen<br />
findet Sylvia Day sogar einige Beschreibungen,<br />
die man so noch nicht gelesen hat<br />
– und das <strong>ist</strong> wahrlich nicht einfach!<br />
Wie den Spreu vom Weizen<br />
trennen<br />
Die Verwandtschaft der neuen Unterwerfungs-<br />
zur populären Bekenntnisliteratur<br />
wie «Bridget Jones» <strong>ist</strong> gross. Die me<strong>ist</strong>en<br />
Hauptfiguren berichten aus der Ich-Perspektive<br />
aus einem urban geprägten Alltag,<br />
wir nehmen teil an ihren Gedankengängen<br />
und erfahren, dass sie eigentlich überhaupt<br />
nicht masoch<strong>ist</strong>isch veranlagt sind<br />
und selber über die grosse Lust staunen,<br />
die ihnen dominante Partner bereiten können.<br />
Besonders deutlich wird dieser Aspekt<br />
beim Roman «Colours of Love – Entblösst»<br />
von Kathryn Taylor. Hier begleitet<br />
die Hauptfigur ihren dominanten Geliebten<br />
in einen «dieser Clubs», doch sie kann<br />
sich anderen Männern nicht hingeben. Der<br />
Geliebte versteht seine Herzensdame, verteidigt<br />
sie mit Fäusten und entschliesst<br />
sich, eine echte Beziehung mit ihr aufzubauen.<br />
Die Gratwanderung zwischen verrucht<br />
und brav gelingt hier vorzüglich, und<br />
diese Gratwanderung macht wohl auch<br />
den Erfolg der neuen Unterwerfungsliteratur<br />
aus: Im Zentrum stehen nicht lasterhafte<br />
Weiber, sondern gewöhnliche Frauen,<br />
die sich trauen, ein paar Schritte aus der<br />
Normalität zu machen. Das alles erhöht<br />
das Identifikationspotenzial beträchtlich,<br />
und wenn man die Sache nicht zu ernst<br />
nimmt, können solche Bücher Spass machen.<br />
Wie aber soll man bei den Hunderten<br />
von Neuerscheinungen Spreu vom Weizen<br />
trennen Nun, die me<strong>ist</strong>en neuen Titel erscheinen<br />
als Taschenbücher oder als<br />
eBooks und sind nicht teuer. Deshalb kann<br />
man ohne grossen Verlust eine Art Speed-<br />
Dating mit Büchern wagen: Man kauft<br />
gleich ein paar Titel – und macht sich lustvoll<br />
auf die Suche nach dem, das wirklich<br />
zu einem passt.<br />
Venus im Pelz<br />
Leopold von Sacher-Masoch<br />
281 Seiten<br />
CHF 14.90<br />
Insel Taschenbuch<br />
Josephine Mutzenbacher<br />
247 Seiten<br />
CHF 11.60<br />
Rowohlt<br />
9 ½ Wochen<br />
Elizabeth McNeill<br />
160 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Marterpfahl<br />
Fire after Dark – Dunkle<br />
Sehnsucht<br />
Sadie Matthews<br />
375 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Fischer Taschenbuch<br />
Im Schatten der Lust<br />
Sandra Henke<br />
239 Seiten<br />
CHF 12.90<br />
Heyne<br />
80 Days –<br />
Die Farbe der Lust<br />
Vita Jackson<br />
368 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
carl’s books<br />
Crossfire – Versuchung<br />
Sylvia Day<br />
413 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Heyne<br />
Colours of Love – Entblösst<br />
Kathryn Taylor<br />
320 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
Bastei-Lübbe<br />
Andrea Camilleri<br />
Die Tage des<br />
Zweifels<br />
Im Fahrwasser einer Luxusjacht wird<br />
ein namenloser Toter angespült.<br />
Die mondäne Schiffskapitänin wirkt<br />
ebenso mysteriös wie ihre Besatzung.<br />
Aber das <strong>ist</strong> nicht der einzige Grund,<br />
weshalb Commissario Montalbano<br />
so häufig am Hafen von Vigàta<br />
anzutreffen <strong>ist</strong>. Denn Salvo <strong>ist</strong> verliebt<br />
– und zwar in Laura, die Chefin der<br />
Hafenkommandatur. Doch wie soll<br />
er ihr das sagen Wie soll er es seiner<br />
Livia beibringen Darf er überhaupt<br />
in Laura verliebt sein, oder <strong>ist</strong> sie nur<br />
der emotionale Rettungsanker für<br />
sein fortgeschrittenes Alter Und wie<br />
soll er hinter das Geheimnis des Toten<br />
kommen, wenn alle Zeugen tun,<br />
als wären sie stumm wie Fische<br />
Der 14. Teil der erfolgreichen Serie<br />
um Commissario Montalbano.<br />
251 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Lübbe<br />
ISBN 978-3-7857-2466-8<br />
Derek B. Miller<br />
Ein seltsamer<br />
Ort zum<br />
Sterben<br />
Nach dem Tod seiner Frau <strong>ist</strong> der<br />
82-jährige Sheldon Horowitz zu<br />
seiner Enkelin nach Oslo gezogen – in<br />
ein fremdes Land ohne Juden. Viel<br />
Zeit, um über die Vergangenheit<br />
nachzudenken. All die Erinnerungen.<br />
All die Toten. Eines Tages hört Sheldon<br />
aus dem Treppenhaus Krach: Er<br />
öffnet die Tür, und in seiner Wohnung<br />
steht eine Frau mit einem kleinen<br />
Jungen. Kurze Zeit später <strong>ist</strong> die<br />
Tür aufgebrochen, die Frau tot und<br />
Sheldon mit dem Kind auf der Flucht<br />
den Oslofjord hinauf. Was wollen die<br />
Verfolger von dem Jungen Sheldon<br />
weiss es nicht. Aber er weiss: Sie werden<br />
ihn nicht kriegen.<br />
Ein humorvoller Thriller mit einem<br />
Schuss Roadmovie und einer Portion<br />
Lebenserinnerungen.<br />
416 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
rowohlt POLARIS<br />
ISBN 978-3-499-23086-8<br />
Ina Haller<br />
Tod im Aargau<br />
Nach der spektakulären Ermordung<br />
eines Erfolgsautors muss sich die<br />
Verlagsmitarbeiterin Andrina den<br />
bohrenden Fragen der Polizei stellen.<br />
Dann überschlagen sich die Ereignisse:<br />
Andrina findet die Verlagsräume<br />
verwüstet vor. Kurz darauf nimmt<br />
sich eine der beiden Verlegerinnen<br />
das Leben, und die Lektorin überlebt<br />
nur knapp einen Mordanschlag. Nach<br />
und nach erhärtet sich der Verdacht,<br />
dass die schrecklichen Ereignisse mit<br />
Andrina selbst zusammenhängen und<br />
sie in akuter Gefahr schwebt. Doch<br />
wer könnte einen Grund haben, sie<br />
zu töten<br />
224 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Emons<br />
ISBN 978-3-95451-076-4<br />
Arne Dahl<br />
Bussestunde<br />
Spätsommer in Stockholm, Sonntagnachmittag<br />
zwischen drei und vier:<br />
In dieser scheinbar friedvollen Zeit<br />
geschieht ein buchstäblich unsichtbares<br />
Verbrechen. Der schiere Zufall<br />
macht Lena Lindberg, ein Mitglied der<br />
A-Gruppe, zur ahnungslosen Zeugin.<br />
Während ihr Vorgesetzter Paul Hjelm<br />
den undankbaren Auftrag erhält, den<br />
verschwundenen Geheimdienstchef<br />
zu finden, stösst die A-Gruppe auf<br />
eine Serie sad<strong>ist</strong>ischer Morde an<br />
jungen Frauen. Doch nicht allein die<br />
Tatsache, dass auch Hjelms Tochter<br />
Tora ins Visier des Täters gerät, <strong>ist</strong><br />
der Grund für die aussergewöhnlichen<br />
Mittel, zu denen die A-Gruppe<br />
greift ...<br />
Der zehnte Fall für die legendäre<br />
Stockholmer A-Gruppe: Arne Dahl<br />
lässt Böses mit Bösem vergelten<br />
und beschert seinen Lesern das<br />
überraschende Finale seiner vielfach<br />
preisgekrönten Serie.<br />
464 Seiten<br />
CHF 32.90<br />
Piper<br />
ISBN 978-3-492-04969-6
20 | Neue Bildbände Books Nr. 2/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf Neue Bildbände | 21<br />
Schöner Lesen<br />
Schöne Bücher findet man überall bei Orell Füssli – die allerschönsten gibt es aber bei<br />
Krauthammer, der Abteilung für Kunst-, Architektur-, Design- und Fotobücher in der Filiale<br />
Kramhof in Zürich. Abteilungsleiterin Mirjam Kühnis hat einige besonders eindrückliche<br />
Neuerscheinungen herausgepickt.<br />
«Zum Thema Wohnen findet man bei<br />
Krauthammer eine grosse Auswahl an Büchern<br />
zu jedem Stil und für jeden Geschmack.<br />
‹Holly Beckers wunderbare<br />
Wohnideen› finde ich besonders gelungen,<br />
weil es nicht einfach geglückte Einrichtungen<br />
zeigt, sondern eine konkrete Anleitung<br />
gibt, wie man beim Einrichten vorgehen<br />
kann. Ich gehöre auch zu denen, die beim<br />
Einrichten nicht so recht wissen, wie sie<br />
beginnen sollen, und mir erscheint dieses<br />
Buch deshalb so schön wie nützlich. Die<br />
US-Amerikanerin Holly Becker zeigt, wie<br />
man sein Zuhause in acht Schritten – vom<br />
Vorbereiten bis zum Dekorieren – neu gestalten<br />
kann. Das Buch bietet viele nützliche<br />
Tipps sowie wertvolle L<strong>ist</strong>en und Fragebögen;<br />
es unterstützt einen beim<br />
Budgetieren und beim Finden des eigenen<br />
Stils. Und natürlich wartet es auch mit vielen<br />
tollen Einrichtungsbeispielen auf, die<br />
von der Autorin kompetent kommentiert<br />
werden.»<br />
Holly Beckers wunderbare<br />
Wohnideen<br />
Holly Becker<br />
207 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
Callwey<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
«Wenn wir gerade bei Stilfragen sind: Für<br />
viele <strong>ist</strong> ja auch das Velo Ausdruck ihres<br />
Lifestyles. Das schöne Buch ‹Velo – 2nd<br />
Gear› dokumentiert die aktuelle urbane<br />
Zweirad-Kultur. Grosszügige Bildstrecken<br />
zeigen originelle Bikes und nicht minder<br />
originelle Accessoires, geben Einblick in<br />
bestimmte Fahrrad-Szenen und verraten,<br />
wer die schönsten Gefährte herstellt. Alles<br />
nach dem Motto: ‹I Bike, Therefore I Am›<br />
– ich fahre Velo, also bin ich. Dieses Buch<br />
spricht wohl nur eine ganz kleine Zielgruppe<br />
an, aber ich habe es hier trotzdem vorstellen<br />
wollen – als gutes Beispiel dafür,<br />
dass man heute wirklich für jeden und jede<br />
ein tolles Buch findet. Einfach in den Krauthammer<br />
kommen und schmökern!»<br />
Velo – 2nd Gear<br />
Sven Ehmann<br />
168 Seiten<br />
CHF 53.–<br />
Die Gestalten<br />
«Wer sich für fremde Welten interessiert,<br />
dürfte auch am nächsten Buch seine helle<br />
Freude haben – an ‹The Design Hotels<br />
Book›. Der elegante bronzefarbene Schmöker<br />
präsentiert die grösste mir bekannte<br />
Zusammenstellung von Designerhotels.<br />
Vorgestellt werden neue und bewährte<br />
Häuser aller Weltregionen; schön gemachte<br />
Karten erleichtern die Orientierung, die<br />
kurzen Hotel-Porträts bieten umfassende<br />
Informationen über die Architektur und<br />
die Besonderheiten des jeweiligen Hauses.<br />
Natürlich wird alles mit vielen tollen Fotos<br />
abgerundet. Das Buch macht grosse Lust,<br />
gleich die Koffer zu packen und abzurauschen<br />
– wären diese Hotels nur nicht so<br />
teuer!»<br />
The Design Hotels Book<br />
792 Seiten<br />
CHF 85.–<br />
Die Gestalten<br />
«René Burri war unser Stargast, als wir vor<br />
zwei Jahren den Krauthammer im Kramhof<br />
eröffneten. In der Regel kennt man<br />
Burri als Schwarz-Weiss-Fotografen; weltberühmt<br />
sind seine Porträts von Che Guevara,<br />
Pablo Picasso oder Le Corbusier. Das<br />
neue Buch ‹Impossible Reminiscences›<br />
präsentiert nun eine Sammlung von Burri-<br />
Bildern in Farbe. Der grosse Band belegt,<br />
dass der Zürcher auch ein Me<strong>ist</strong>er der<br />
Farbfotografie <strong>ist</strong>. Die bislang zume<strong>ist</strong> unveröffentlichten<br />
Bilder entstanden während<br />
Burris fotojournal<strong>ist</strong>ischer Reisen<br />
rund um die Welt; sie geben Einblick in den<br />
Alltag ganz verschiedener Kulturen, und<br />
mir imponiert, wie Burri überall eine gewisse<br />
Ästhetik einfangen kann. Spannend<br />
<strong>ist</strong> auch, dass er am Ende des Buchs jede<br />
einzelne Aufnahme kommentiert und in<br />
einen Kontext stellt. Dieses Buch <strong>ist</strong> ein<br />
Genuss für Fotografie-Fans und alle, die<br />
sich für fremde Welten interessieren.»<br />
Impossible Reminiscences<br />
René Burri<br />
240 Seiten<br />
CHF 122.–<br />
Phaidon<br />
Holly Becker erklärt einem minutiös, wie man sein Heim so toll einrichtet.
22 | Neue Bildbände Books Nr. 2/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf Spezial – Ratgeber | 23<br />
Books<br />
Spezial<br />
«Mein Liebling unter den Neuerscheinungen<br />
<strong>ist</strong> ‹A map of the world›. Es scheint unter<br />
jungen Designerinnen und Designer<br />
grosse Mode zu sein, sich mit Landkarten<br />
zu beschäftigen. Anders lässt sich die Fülle<br />
an spannenden, hübschen, aufregenden,<br />
überraschenden, bunten, dekorativen und<br />
von A bis Z speziellen Landkarten und<br />
Stadtplänen, die dieses Buch vereint, wohl<br />
kaum erklären. Manche Karten sind exakt<br />
und lesbar, andere gehören eher in die Kategorie<br />
‹Experimente› – alle aber machen<br />
grossen Spass. Manchmal fühlt man sich<br />
fast an Wimmelbilder erinnert, so übervoll<br />
sind manche Karten. Und man kann sich in<br />
vielen Darstellungen regelrecht verlieren,<br />
vor allem in jenen, die sich mit einer bekannten<br />
Stadt beschäftigen.»<br />
A Map of the World<br />
Antonis Antoniou<br />
221 Seiten<br />
CHF 59.–<br />
Gestalten<br />
Krauthammer<br />
Orell Füssli<br />
Jahrzehntelang war die Buchhandlung<br />
Krauthammer an der Oberen Zäune im<br />
Zürcher Niederdorf ein Mekka für alle, die<br />
Kunstbücher liebten – Architekten, Designer<br />
oder Kulturfreunde. 2001 übernahm<br />
Orell Füssli das renommierte Geschäft und<br />
verlegte es in einen vergrösserten Laden<br />
an der Marktgasse. Die Erweiterung der<br />
Filiale Kramhof 2011 ermöglichte dann<br />
einen erneuten Umzug: Heute <strong>ist</strong> der<br />
Krauthammer eine 300 Quadratmeter<br />
grosse, helle und besonders schön gestaltete<br />
Abteilung des Hauptgeschäfts an der<br />
Zürcher Bahnhofstrasse, sozusagen eine<br />
Spezialbuchhandlung in der Buchhandlung.<br />
Krauthammer bietet die schweizweit<br />
grösste Auswahl an Architektur-, Grafik-,<br />
Design- und Kunstbüchern und <strong>ist</strong> ein Eldorado<br />
für alle, die schöne Bücher mögen:<br />
Hier findet man neben den klassischen<br />
Bildbänden auch viele originelle Neuerscheinungen<br />
zu sämtlichen Themen rund<br />
um Mode, Inneneinrichtung, Fotografie und<br />
Style – und unzählige Bücher, die sich zum<br />
Schenken eignen. Geleitet wird die Abteilung<br />
von der 37-jährigen Mirjam Kühnis; sie<br />
hat auch die Bücher ausgesucht, die wir in<br />
diesem Beitrag vorstellen. «Am schönsten<br />
finde ich die Atmosphäre im Krauthammer,<br />
wenn es sich am Abend viele Leute mit unseren<br />
Büchern in der Sitzlounge gemütlich<br />
machen», sagt sie über ihren Arbeitsort.<br />
Reisebücher:<br />
Vorfreude und Hilfe<br />
vor Ort<br />
Wer eine Reise tut, der kann nicht nur etwas erleben. Er kann sich mit<br />
Reiseführern schon Monate vorher auf das Ziel einstellen und dadurch<br />
die Vorfreude erhöhen. Vor Ort aber erleichtern Reiseführer die<br />
Orientierung und liefern viele Informationen, die den Genuss erhöhen.<br />
Buchhändlerin Mirjam<br />
Kühnis: «Eine Flut<br />
von tollen Sachen!»
24 | Spezial – Reisebücher Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 25<br />
Weltweit wegweisend<br />
Hallwag Kümmerly+Frey <strong>ist</strong> der führende Schweizer Verlag<br />
für Tour<strong>ist</strong>ik. Fritz Ruchti <strong>ist</strong> zuständig für den Verkauf in der<br />
Schweiz – und weiss, welche Reiseführer besonders beliebt sind.<br />
Markus Ganz<br />
Fritz Ruchti von Hallwag Kümmerly+Frey:<br />
«Viele Reisende benützen die Bücher schon<br />
Wochen oder Monate im Voraus für die<br />
Planung.»<br />
«Books»: Der Buchhandel stagniert. Gilt<br />
das auch für den Bereich Tour<strong>ist</strong>ik<br />
Fritz Ruchti: Nein, hier nahm der Umsatz<br />
im Schweizer Markt um 4,5 Prozent, in<br />
den Teilbereichen der Reiseführer und<br />
Karten sogar um 9 Prozent zu.<br />
Wie erklären Sie sich dieses erstaunliche<br />
Wachstum<br />
Die Wirtschaftslage in der Schweiz <strong>ist</strong> anhaltend<br />
gut. Die Schweizer reisen deshalb<br />
nach wie vor sehr gern und benötigen<br />
dazu Informationen. Das gute Ergebnis<br />
hat auch damit zu tun, dass die Abwanderung<br />
ins Internet in diesem Bereich<br />
nicht so ausgeprägt <strong>ist</strong> wie etwa bei der<br />
Belletr<strong>ist</strong>ik.<br />
Hat sich die Nachfrage nach bestimmten<br />
geografischen Zielen verändert<br />
Zunehmend gefragt sind Reiseführer für<br />
Europas Metropolen in Kombination mit<br />
sehr guten Karten. Das Gebiet Nordamerika<br />
mit Schwerpunkten an der West- und<br />
Ostküste sowie Kanada liegt ebenfalls<br />
im Trend. Zugenommen hat zudem das<br />
Interesse nach Individual-Reiseführern<br />
für Asien, Australien und Südamerika, abgenommen<br />
hat dafür die Nachfrage nach<br />
Büchern über Nordafrika und über die<br />
klassischen Badeferiendestinationen entlang<br />
des Mittelmeers. Anhaltend gefragt<br />
sind Stadtführer für Paris, London, Berlin,<br />
Wien, Hamburg, Rom und – zunehmend –<br />
Barcelona.<br />
Sehen Sie einen Trend bei der Aufmachung<br />
der Reisebücher<br />
Es werden mehr Bilder und wesentlich<br />
mehr Grafiken eingesetzt, etwa 3D-<br />
Darstellungen von Gebäuden wie Kirchen<br />
und Palästen bei Baedeker. Zunehmend<br />
finden Leserinnen und Leser auch Links<br />
und QR-Codes, die sehr einfach zu weiterführenden<br />
Informationen im Internet<br />
führen. Dies <strong>ist</strong> vor allem bei sich schnell<br />
verändernden Themen wichtig, damit die<br />
Aktualität gesichert bleibt.<br />
Gibt es ungewöhnliche neue Konzepte<br />
Neue Ansätze haben es schwer. Grundsätzlich<br />
decken neu aufgelegte Reiseführer<br />
ein wesentlich breiteres Spektrum an<br />
Themen ab als früher.<br />
Werden Reiseführer spezifischer auf die<br />
Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen<br />
ausgerichtet<br />
Nein, es würde sich nicht lohnen, mehrere<br />
Titel für eine Destination zu schaffen. Es<br />
wird vielmehr versucht, in den einzelnen<br />
Reiseführern verschiedene Zielgruppen<br />
besser bedienen zu können.<br />
Stimmt der Eindruck, dass eBooks bei<br />
den Reiseführern noch keine grosse<br />
Bedeutung haben<br />
Ja, denn die me<strong>ist</strong>en Lesegeräte haben<br />
nur eine schwarzweisse Anzeige. Sie sind<br />
deshalb zum Betrachten eigentlich farbiger<br />
Reiseführer nicht geeignet, machen<br />
schlicht keinen Spass. Tablets haben zwar<br />
farbige Displays, sind aber me<strong>ist</strong> zu gross<br />
und zu schwer. Sie spiegeln zudem bei<br />
Sonnenlicht stark, sind somit schlecht<br />
zum Lesen geeignet. Sowohl eReaders wie<br />
Tablets kosten immer noch relativ viel,<br />
und die Diebstahlgefahr <strong>ist</strong> in den Ferien<br />
me<strong>ist</strong> grösser. Man muss deshalb viel<br />
vorsichtiger sein als bei einem Buch, kann<br />
die Geräte nicht einfach im Auto oder auf<br />
einem Café-Tisch liegen lassen. Somit<br />
wird die positive Art, sich mit der Reise<br />
auseinanderzusetzen, zum «Stressfaktor».<br />
Hat das Buch auch Vorteile bei der<br />
Handhabung<br />
Viele Reisende benützen die Bücher schon<br />
Wochen oder Monate im Voraus für die<br />
Planung, machen Notizen, kleben Zettel<br />
hinein, geben sie den späteren Mitreisenden<br />
weiter. Diese eigentlich sehr einfachen<br />
Praktiken funktionieren elektronisch<br />
nur mit Hindernissen oder gar nicht. Aus<br />
diesen Gründen <strong>ist</strong> der eReiseführer ganz<br />
einfach noch nicht «massentauglich». Der<br />
Umsatzanteil von eReiseführern hat bis<br />
heute bei kaum einem Reiseführer-Verlag<br />
die 5-Prozent-Marke erreicht. Aber er<br />
wird wachsen.<br />
Wieso werden über zwei Drittel aller<br />
Reiseführer noch immer im stationären<br />
Buchhandel gekauft<br />
Der Kunde will das Buch in der Hand<br />
halten und durchblättern können. Denn<br />
er will sehen, ob es seine Erwartungen<br />
erfüllt oder nicht. Dies hat auch damit zu<br />
tun, dass Reiseführer keine Romane sind.<br />
Es gibt Angebote der verschiedenen Anbieter<br />
zu ein und derselben Stadt, die sich<br />
oft stark unterscheiden; zum Glück, denn<br />
die Geschmäcker und Bedürfnisse sind ja<br />
auch sehr verschieden. Beim Kauf übers<br />
Internet sind diese Unterschiede nur sehr<br />
schwer feststellbar.<br />
Hallwag<br />
Kümmerly+Frey<br />
Hallwag Kümmerly+Frey <strong>ist</strong> vor allem<br />
bekannt für Kartografie, pflegt aber auch<br />
ein breites Programm an Reiseführern.<br />
Er vertreibt Reiseführer der Verlage<br />
Baedeker, Marco Polo, DuMont, Dorling<br />
Kindersley, Lonely Planet, promobil,<br />
Caravaning, National Geographic Deutschland<br />
und Kunth Verlag in der Schweiz<br />
exklusiv.<br />
Für jede Reise das richtige Buch<br />
Markus Ganz<br />
Dorling Kindersley: Der Bestseller<br />
Als weltweit erfolgreichste Reihe gilt «Visà-Vis»<br />
von Dorling Kindersley. Der neue<br />
Reiseführer zu New Orleans zeigt deren herausragenden<br />
Merkmale. Trotz kompaktem<br />
Format vermitteln ungewöhnlich viele<br />
Fotografien, dreidimensionale Aufrisszeichnungen<br />
und Illustrationen einen guten<br />
Eindruck des Reiseziels. Vor Ort überzeugt<br />
die Reihe mit vielen Informationen zu<br />
Attraktionen sowie einer umfangreichen<br />
L<strong>ist</strong>e von Restaurants und Hotels. Für viele<br />
Städteziele gibt es neu eine herausnehmbare<br />
Extrakarte auf plastifiziertem Papier.<br />
New Orleans<br />
Marilyn Wood<br />
248 Seiten<br />
CHF 43.90<br />
Dorling Kindersley<br />
Kenya.<br />
Masai Mara.<br />
Migration – ein einmaliges Erlebnis<br />
DuMont: Anspruchsvoll<br />
Der deutsche Verlag DuMont hat mit seinen<br />
anspruchsvollen Kunst-Reisebüchern einen<br />
neuen Standard gesetzt, den er auch mit<br />
neuen Titeln etwa zu China und Sizilien einhält.<br />
Er bietet mit der Reihe «DuMont direkt»<br />
aber auch Kompaktführer für Citytrips<br />
und Kurzreisen an – schliesslich <strong>ist</strong><br />
man auch bei einem Wochenendausflug auf<br />
gute Informationen angewiesen. Im neuen<br />
Band zu Istanbul werden die Highlights in<br />
kurzen Kapiteln vorgestellt, dazu gehören<br />
natürlich alle wichtigen Adressen und ein<br />
grosser, herausnehmbarer Faltplan.<br />
Istanbul<br />
120 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
DuMont<br />
Auf der Suche nach Nahrung wandern 2 Millionen Gnus, 250 000 Zebras und unzählige Antilopen<br />
jährlich ins Masai Mara Reservat. Dieses einmalige Naturschauspiel dürfen Sie auf gar<br />
keinen Fall verpassen. Sie übernachten im luxuriösen Exploreans Mara Rianta Camp **** ( * ) .<br />
CHF 465 pro Person/ Nacht, Reisedatum 1.8. – 31.10.2013<br />
Inbegriffen: All Inclusive, Übernachtung inkl. Pirschfahrt und Parkgebühren, Transfer vom/ zum Airstrip Masai Mara.<br />
ST/J/NBO/EXPMARA0121<br />
Weitere Infos zu diesem Angebot: www.travelhouse.ch/NBO0121<br />
Kontaktieren Sie den Afrika-Spezial<strong>ist</strong>en. Telefon 058 569 95 01<br />
Africantrails Sägere<strong>ist</strong>rasse 20 8152 Glattbrugg info.africantrails@travelhouse.ch www.travelhouse.ch<br />
Spannende Reiseberichte: blog.travelhouse.ch & facebook.com/travelhouse.ch<br />
Bikeline: Alles für die Veloferien<br />
Ein Naturerlebnis der besonderen Art bieten<br />
Velotouren. Der deutsche Verlag Esterbauer<br />
präsentiert mit seiner Reihe Bikeline<br />
eine Vielzahl von Büchern, die bei Touren<br />
in ganz Europa helfen. Für Schweizer besonders<br />
spannend <strong>ist</strong> wohl der «Bodensee-<br />
Radweg», der auf rund 260 Kilometern<br />
rund um Obersee, Untersee und Überlinger<br />
See führt. Das Buch stellt alle wichtigen<br />
Sehenswürdigkeiten vor und empfiehlt<br />
sinnvolle Etappen.<br />
Bodensee-Radweg<br />
119 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
Esterbauer
Neue Freizeitkarten<br />
inklusive Gratisversion für Smartphone<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 27<br />
Baedeker: Synonym für Reiseführer<br />
Der erste Reiseführer des deutschen Verlags<br />
erschien bereits 1832 – kein Wunder,<br />
galt Baedeker lange als Synonym für Reiseführer.<br />
Seinen herausragenden Ruf hat<br />
Baedecker bis heute halten können, obwohl<br />
die Konkurrenz gross geworden <strong>ist</strong>.<br />
Dies <strong>ist</strong> darauf zurückzuführen, dass der<br />
Verlag die bewährten Qualitäten seiner<br />
Produkte bis heute pflegt. Dies bestätigen<br />
die neuen Reiseführer, die optisch aufgefrischt<br />
und übersichtlicher gemacht wurden.<br />
Die neue Ausgabe des Paris-Führers<br />
etwa besticht wie eh und je mit der Fülle<br />
und Genauigkeit der Angaben sowie mit<br />
speziellen Tipps. Hinzu kommen ein grossformatiger<br />
Stadtplan im Massstab<br />
1:15’000, anschauliche Infografiken und<br />
eindrückliche 3D-Darstellungen.<br />
Paris<br />
389 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
Baedeker<br />
Marco Polo: Auch für Einwohner<br />
Von Marco Polo gibt es Reiseführer zu unzähligen<br />
Destinationen. Die Reihe «Insider-<br />
Tipps» bietet neben den üblichen Informationen<br />
und Karten auch Hinweise auf<br />
Attraktionen, die in anderen Reiseführern<br />
oft fehlen. Ein gutes Beispiel dafür <strong>ist</strong> der<br />
aktuelle Berlin-Führer, welcher der Berliner<br />
Clubszene viel Platz einräumt. Für einige<br />
Städte wie Zürich gibt es neu Cityguides,<br />
die sich nicht an Tour<strong>ist</strong>en, sondern an die<br />
Bewohner dieser Stadt richten. Einzigartig<br />
aber <strong>ist</strong> der Stadtführer «My New York<br />
City», der vom Pop-Art-Künstler James Rizzi<br />
farbenfroh illustriert wurde – allein sein<br />
Cityplan <strong>ist</strong> ein Kunstwerk für sich. Von «My<br />
New York City» gibt es auch eine grossformatige<br />
Kunstführer-Ausgabe mit ungewöhnlichen<br />
Gadgets wie einem Poster, zwei<br />
CDs sowie Gutscheinen für ein Kaffeetassen-Set<br />
und einen Regenschirm.<br />
My New York City<br />
James Rizzi, Peter Bührer<br />
239/352 Seiten<br />
CHF 32.90/145.–<br />
Marco Polo<br />
MairDuMont<br />
Haffmans & Tolkemitt: Raus in<br />
die Natur<br />
Ist Campieren spiessig Nein, meinen die<br />
Autoren der Reihe «Cool Camping», die eine<br />
neue Generation zum Schlafen unterm Sternenhimmel<br />
animieren will. Wer keine Lust<br />
auf Klimaanlage und Frühstücksbuffet<br />
habe, solle raus in die Natur. In «Cool Camping<br />
Europa» werden 80 «sensationelle<br />
Orte» zum Campen in ganz Europa vorgestellt,<br />
von Berlin Mitte über eine Insel vor<br />
Peniche in Portugal bis zu einem Platz direkt<br />
vor der Eigernordwand. Wer sich auf<br />
deutsche Orte konzentrieren möchte, für<br />
den gibt es «Cool Camping Deutschland».<br />
Und wer das Naturerlebnis kulinarisch abrunden<br />
möchte, findet im «Cool Camping<br />
Cookbook» angepasste Rezepte für klassische<br />
oder exotisch-raffinierte Gerichte.<br />
Cool Camping Europa<br />
Sophie Dawson u.a.<br />
318 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Haffmans & Tolkemitt<br />
© Davos.ch<br />
Wanderkarten<br />
Velokarten<br />
Mountainbike - Karten<br />
Winter - Erlebniskarten<br />
Indien.<br />
Märchen und Mythen.<br />
Outdoorkarten<br />
Geführte Gruppenreise – Rajasthan aus dem Märchenbuch<br />
Tauchen Sie ein in eine Zauberwelt voller Legenden und Traditionen. Prunkvolle Paläste,<br />
exotische Landschaften, bunte Märkte und eine lebensfrohe Bevölkerung reich an Traditionen<br />
und phantasie vollen Geschichten werden Sie in ihren Bann ziehen.<br />
14 Tage CHF 2445 pro Person, z. B. Reisedatum 6.10.2013<br />
Inbegriffen: Rundreise im klimatisierten Bus, Deutsch sprechende Reiseleitung. 12 Übernachtungen in guten Mittelklassehotels<br />
mit Halbpension, 1 Übernachtung im Manvar Desert Camp mit Vollpension, Besichtigungen inkl.<br />
Eintrittsgebühren. Reisedaten: 6.10., 4.11., 2.12.2013, 6.1., 2.2., 9.2., 3.3., 7.4. und 5.10.2014. SI/A/DEL/RTP100<br />
Weitere Infos zu diesem Angebot: www.travelhouse.ch/DEL7100<br />
www.swisstravelcenter.ch<br />
Kontaktieren Sie den Indien-Spezial<strong>ist</strong>en. Telefon 058 569 95 04<br />
Inditours Sägere<strong>ist</strong>rasse 20 8152 Glattbrugg info.inditours@travelhouse.ch www.travelhouse.ch<br />
Spannende Reiseberichte: blog.travelhouse.ch & facebook.com/travelhouse.ch
Alle Bücher finden Sie auch auf SPEZIAL – Reisebücher | 29<br />
Entdecke und erlebe die Welt mit den<br />
Marco Polo Insider-Tipps.<br />
3x Karibik gewinnen!<br />
Weitere Informationen im teilnehmenden Buchhandel.<br />
Teilnehmen dürfen alle Personen ab 18 Jahre mit Wohnsitz<br />
in D / A / CH / L. Teilnahmeschluss: 30.08.2013<br />
Jetzt mitmachen!<br />
Reisen – aber nicht<br />
nach Plan<br />
Die Engländer sind sozusagen die Erfinder des neuzeitlichen<br />
Tourismus’ – und damit auch des Reiseberichts. Zwei neue<br />
Bücher sind besonders lesenswert, denn sie zeigen, wohin eine<br />
Reise führen kann, wenn sie nicht von Tourismusbüros, Fahrplänen<br />
und Websites in geordnete Bahnen gezwängt wird.<br />
Hanspeter Künzler<br />
Die Expedition auf den höchsten Berg der<br />
Erde, Rum Doodle genannt, beginnt mit<br />
einer Panne: Ausgerechnet Humphrey<br />
Jungle, der Mann, der als Funkexperte und<br />
Navigator ins Team eingeladen wurde,<br />
geht auf dem Weg zur Vorbesprechung im<br />
Londoner Verkehrsdschungel verloren.<br />
Erst viel später gelangt er doch noch zur<br />
Gruppe – nach einer Irrfahrt, die ihn über<br />
Cockfosters, Hounslow, Wales und Buenos<br />
Aires in eine Banditenhöhle in Yog<strong>ist</strong>an<br />
führt. Zu diesem Zeitpunkt <strong>ist</strong> den ur-englischen<br />
Gentlemen, die sich zur Besteigung<br />
aufgemacht haben, bereits ein weiteres<br />
Ungeschick zugestossen. Lancelot Constant,<br />
«eigens wegen seines Taktgefühles<br />
und Kameradschaftsge<strong>ist</strong>es ausgesucht»,<br />
hat wegen seiner lückenhaften Kenntnisse<br />
der Lokalsprache aus Versehen statt 3000<br />
Träger deren 30’000 engagiert. Die desaströse<br />
Besteigung endet – so scheint es zumindest<br />
– mit dem desolaten Ausruf: «Wir<br />
hatten den falschen Berg bestiegen!»<br />
Eine absurdere, tölpelhaftere Expedition<br />
<strong>ist</strong> unmöglich. Und doch: den Zeitgenossen,<br />
die den zum Heulen lustigen Roman<br />
im Jahr 1956 erstmals zu Gesicht bekamen,<br />
war der Inhalt plausibel genug, dass<br />
die Kritikerin der ehrwürdigen Publikation<br />
«Good Housekeeping» zugeben musste,<br />
erst nach der Hälfte des Buches gemerkt zu<br />
haben, dass es sich nicht um einen Dokumentarbericht<br />
handle. «Die Besteigung<br />
des Rum Doodle» <strong>ist</strong> ein Me<strong>ist</strong>erwerk bitterböser<br />
Satire. Denn die Lektüre von den<br />
Berichten, welche die grossen englischen<br />
Bergsteigerpioniere ein paar Jahre früher<br />
aus dem Himalaya oder vom Cresta Run in<br />
St. Moritz zurückgeschickt hatten, zeigt,<br />
dass die Realität von der Fiktion so weit<br />
nicht entfernt war. Da wie dort haben wir<br />
es mit exzentrischen Engländern privilegierter<br />
Abstammung zu tun, lauter Männern,<br />
die sich ins ferne Abenteuer stürzen,<br />
ohne sich dabei viel zu überlegen. Ihre<br />
Ausrüstung <strong>ist</strong> dürftig, dafür ihr Bewusstsein,<br />
heldenhafte Pioniertaten zu unternehmen,<br />
gewaltig. Die Lokalbevölkerung<br />
besteht für sie aus ungehobelten Muskelpaketen,<br />
die selbst dann, wenn es ohne<br />
ihre tatkräftige Mithilfe nicht mehr weiterginge,<br />
mit herablassender Nonchalance<br />
behandelt werden.<br />
«Die Besteigung des Rum Doodle» gilt in<br />
der britischen Bergsteigerszene längst als<br />
Insider-Tipp. Es <strong>ist</strong> sogar ein Flecken Antarktis<br />
offiziell nach ihm benannt worden,<br />
Mount Rumdoodle. Doch der Roman bietet<br />
mehr als amüsanten Lesestoff für Kletterer.<br />
«The Guardian» hat ihn auf seine L<strong>ist</strong>e der<br />
«1000 Bücher, die jeder gelesen haben<br />
muss» gesetzt, denn er kann durchaus als<br />
Kritik an der Überheblichkeit gelesen werden,<br />
die das Verhalten vieler Briten im Imperium<br />
prägte. Vielleicht war die Satire<br />
dem Publikum aber zu bissig: dem Autor<br />
William E. Bowman (1911-1985) brachte<br />
sie jedenfalls nicht allzu viel Glück. Bowman<br />
wuchs in Middlesbrough auf, entwickelte<br />
früh eine Passion fürs Wandern, bestieg<br />
aber nie einen höheren Berg als den<br />
Scafell Pike im Lake D<strong>ist</strong>rict. Er verdiente<br />
sich den Lebensunterhalt als Ingenieur.<br />
Obwohl «Die Besteigung des Rum Doodle»<br />
in mehrere Sprachen übersetzt wurde,<br />
konnte Bowman nur noch ein weiteres<br />
Buch veröffentlichen – eine Parodie auf<br />
Thor Heyerdahls Reisebericht von der<br />
Kon-Tiki. Jetzt liegt sein Me<strong>ist</strong>erwerk endlich<br />
in einer neuen Übersetzung auf<br />
Deutsch vor.<br />
Ein Reisebuch ganz anderer Art <strong>ist</strong> «Slow<br />
Travel – Die Kunst des Reisens». Dan Kieran<br />
gehörte zehn Jahre lang zur Redaktion<br />
von «The Idler», einer englischen Publikation,<br />
die sich dem Müssiggang verschrieben<br />
hat. Kieran nimmt als Anfangspunkt<br />
seiner Reisen ein Zitat des chinesischen<br />
Philosophen Lao Tzu: «Ein guter Reisender<br />
hat keinen festen Plan. Und hat nicht vor, je<br />
an ein Ziel zu gelangen ...» Das moderne<br />
Reisen mit peinlich genau berechneten, auf<br />
Effizienz bedachten Fahr- und Flugplänen<br />
sei gleichermassen ein Anti-Reisen, meint<br />
er: Statt den Reisenden mit dem Unerwarteten<br />
zu konfrontieren und im wahrsten<br />
Sinn des Worts seinen Horizont zu erweitern,<br />
sei die moderne Reiseindustrie darauf<br />
bedacht, ihn nicht mit unerwarteten<br />
Erlebnissen zu stressen. Mit sanfter Eindringlichkeit<br />
und vielen appetitanregenden<br />
Anekdoten aus den eigenen Reisetagebüchern<br />
– ein Wochenende auf der Insel<br />
Mull, eine Zugreise nach Prag und so weiter<br />
– plädiert er für das instinktive Reisen<br />
ganz der Nase nach. «Slow Travel» <strong>ist</strong> ein<br />
Buch wie eine Reise, die alleweil ein lesendes<br />
Hockenbleiben in der Stube wert <strong>ist</strong>.<br />
Die Besteigung des<br />
Rum Doodle<br />
William E. Bowman<br />
180 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Rogner & Bernhard<br />
Slow Travel –<br />
Die Kunst des Reisens<br />
Dan Kieran<br />
250 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Rogner & Bernhard
30 | Buchtipps Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 31<br />
Günter Liehr<br />
Marseille –<br />
Porträt einer<br />
widerspenstigen<br />
Stadt<br />
Yann Arthus-Bertrand<br />
Der Mensch und<br />
die Weltmeere<br />
Vis-à-Vis Italien<br />
Ray Hartung<br />
Nepal<br />
Catharina Ingelman-<br />
Sundberg<br />
Wir fangen<br />
gerade erst an<br />
Susan Elizabeth Phillips<br />
Wer Ja sagt,<br />
muss sich<br />
wirklich trauen<br />
Kr<strong>ist</strong>in Harmel<br />
Solange am Himmel<br />
Sterne stehen<br />
Astrid Rosenfeld<br />
Elsa ungeheuer<br />
Marseille spielte immer eine besondere<br />
Rolle unter Frankreichs grossen<br />
Städten. Sie verteidigte ihre Eigenständigkeit<br />
und wehrte sich gegen Zugriffe<br />
des Zentralstaats. Dafür wurde sie<br />
auch mehrmals hart bestraft. Das<br />
Buch beschreibt die Bedeutung des<br />
Marseiller Hafens als Durchgangsstation<br />
für Waren und Reisende, Einund<br />
Auswanderer, Kolonialbeamte,<br />
Truppen- und Fluchtbewegungen.<br />
Wellen von Immigranten haben das<br />
Bevölkerungsgemisch dieser Stadt<br />
hervorgebracht. Dass die zentralen<br />
Viertel noch heute von Immigranten<br />
und kleinen Leuten bewohnt sind,<br />
passt der aktuellen Stadtpolitik nicht<br />
ins Konzept. Ob aber die «Normalisierung»<br />
gelingt, <strong>ist</strong> bei dieser Stadt<br />
fraglich.<br />
«Günter Liehrs Darstellung von Marseille<br />
fasziniert – weil Liehr ein guter<br />
Erzähler <strong>ist</strong>.» SRF 2 Kultur<br />
Yann Arthus-Bertrand <strong>ist</strong> der wohl erfolgreichste<br />
Luftbildfotograf der Welt<br />
– und ein engagierter Umweltschützer.<br />
In diesem überwältigenden Band<br />
porträtiert er gemeinsam mit dem<br />
Unterwasserfotografen Brian Skerry<br />
die Grossartigkeit der Weltmeere<br />
und ihrer Bewohner in über 200<br />
Fotografien. Namhafte Journal<strong>ist</strong>en,<br />
Wissenschaftler und Umweltaktiv<strong>ist</strong>en<br />
weisen mit ihren Beiträgen auf<br />
die Überfischung, das Artensterben<br />
und die Verschmutzung der Meere<br />
hin. Gleichzeitig zeigen sie Lösungswege<br />
auf. Dieses Buch dokumentiert<br />
auf nie zuvor gesehene Weise die<br />
Faszination und Bedeutung der Meere<br />
für uns Menschen – und zeigt, was wir<br />
tun müssen, um diesen Lebensraum<br />
in Zukunft zu bewahren.<br />
Nur wenige Länder können sich<br />
mit Italien hinsichtlich Kunst, Küche<br />
und h<strong>ist</strong>orischem Erbe messen.<br />
Mindestens ebenso berühmt wie für<br />
seine Kultur <strong>ist</strong> das Land auch für<br />
seine Lebensfreude und natürlich<br />
für die traumhaften Strände. Dieser<br />
Reiseführer macht den Urlaub in<br />
Italien zum unvergesslichen Erlebnis.<br />
Neben Landschaft, Geschichte und<br />
Charakter werden die Höhepunkte<br />
jeder Region Italiens detailliert vorgestellt.<br />
Drei ausführliche Kapitel über<br />
Venedig, Florenz und Rom zeigen die<br />
schönsten Sehenswürdigkeiten dieser<br />
Städte. Umfassende Informationen<br />
zu Hotels, Restaurants, Shopping und<br />
Unterhaltung sowie viele praktische<br />
Reisetipps bieten alles Wichtige für<br />
eine entspannte Reise.<br />
Nepal <strong>ist</strong> ein Land der Superlative:<br />
Neben dem Mount Everest befinden<br />
sich weitere sieben 8000er im Norden<br />
des Landes. Gerade einmal 200<br />
Kilometer trennen die Berggiganten<br />
des Himalaya vom Flachland des Terai<br />
mit seinem subtropischem Klima.<br />
Mehr als 60 Völker leben in Nepal,<br />
ebenso vielfältig sind die Traditionen<br />
und religösen Bräuche. Ausgangspunkt<br />
vieler Trekkingrouten <strong>ist</strong> das<br />
schön gelegene Pokhara am Phewa-<br />
See. Die me<strong>ist</strong>en Urlauber zieht es<br />
in die Berge, wo sich fantastische<br />
Wanderungen unternehmen lassen.<br />
Dieser Reiseführer beschreibt alle<br />
Regionen Nepals, die wichtigsten<br />
Städte und Nationalparks. Zahlreiche<br />
bekannte und weniger bekannte<br />
Trekkingrouten werden ausführlich<br />
vorgestellt.<br />
Alles begann mit dem Chor in einem<br />
trostlosen Altersheim. Das Singen<br />
erinnerte Märtha, Snille, Kratze,<br />
Stina und Anna-Greta an bessere<br />
Tage – und daran, dass es im Leben<br />
einst noch so viel zu entdecken gab.<br />
Überall <strong>ist</strong> es besser als hier, sagen<br />
sich die fünf Freunde und schmieden<br />
einen verwegenen Plan: Sie werden<br />
ein Verbrechen begehen, um ins<br />
Gefängnis zu kommen. Denn dass<br />
es dort besser sein wird, weiss doch<br />
jeder. Aber ein Verbrechen zu planen<br />
und durchzuführen <strong>ist</strong> gar nicht so<br />
einfach – schon gar nicht, wenn man<br />
es eigentlich ehrlich meint.<br />
Eine wunderbare Geschichte über<br />
eine diebische Rentnergang, die nach<br />
einem Aufruhr im Altersheim ein<br />
neues Leben beginnt.<br />
Wo <strong>ist</strong> die Braut Ausgerechnet an<br />
ihrem Hochzeitstag flüchtet Lucy in<br />
letzter Sekunde und lässt ihren eigentlich<br />
so unwiderstehlichen Bräutigam<br />
vor dem Altar stehen. Er – und die<br />
komplette Kleinstadt – bleiben ratlos<br />
zurück. Als Lucy auf einen bedrohlich<br />
aussehenden, aber auch sehr<br />
reizvollen Fremden trifft, schwingt sie<br />
sich spontan auf den Rücksitz seines<br />
Motorrads. Das Ziel: unbekannt! Auf<br />
ihrem wilden Roadtrip versucht Lucy,<br />
mehr über diesen Mann zu erfahren,<br />
der so viel über sie zu wissen scheint,<br />
aber nichts über sich selbst preisgeben<br />
will …<br />
Rose McKenna liebt den Abend.<br />
Wenn am Himmel über Cape Cod<br />
an der amerikanischen Westküste<br />
die ersten Sterne sichtbar werden,<br />
erinnert sie sich – an die Menschen,<br />
die sie liebte und verlor und von denen<br />
sie nie jemandem erzählte. Doch<br />
Rose weiss, dass es bald zu spät sein<br />
wird, irgendjemandem irgendetwas<br />
zu erzählen – denn sie hat Alzheimer.<br />
Bald wird niemand mehr an das junge<br />
Paar denken, das sich 1942 in Paris<br />
die Liebe versprach. Als Rose ihre<br />
Enkelin Hope bittet, nach Frankreich<br />
zu reisen, ahnt diese nichts von der<br />
herzzerreissenden Geschichte, die sie<br />
dort entdecken wird: eine Geschichte<br />
voller Hoffnung, Schmerz und einer<br />
alles überwindenden Liebe.<br />
Lorenz Brauer <strong>ist</strong> der neue Star der<br />
internationalen Kunstszene. Doch<br />
kaum einer ahnt, dass hinter seinem<br />
kometenhaften Aufstieg nicht nur<br />
Talent, sondern der raffinierte Plan<br />
zweier einflussreicher Frauen steckt.<br />
Karl Brauer, Lorenz’ jüngerer Bruder,<br />
kennt die Hintergründe. Und er weiss<br />
auch, dass die verrätselten Bilder des<br />
aufstrebenden Malers ihren Ursprung<br />
in der Kindheit haben: als Lorenz und<br />
Karl ihre Mutter verloren hatten und<br />
Elsa in ihr Leben trat. Elsa mit den<br />
Streichholzarmen, dem rotzfrechen<br />
Mundwerk, den extravaganten<br />
Kleidern. Das Mädchen, an das einer<br />
der Brüder sein Herz verlor und der<br />
andere seine Illusionen. Das Mädchen,<br />
das keiner von beiden vergessen<br />
kann.<br />
12. Auflage 2013/2014<br />
260 Seiten, Mit farbigem Bildteil<br />
304 Seiten<br />
720 Seiten<br />
456 Seiten<br />
416 Seiten<br />
512 Seiten<br />
480 Seiten<br />
288 Seiten<br />
CHF 42.90<br />
CHF 59.00<br />
CHF 49.90<br />
CHF 29.90<br />
CHF 24.90<br />
CHF 23.90<br />
CHF 15.90<br />
CHF 31.90<br />
Rotpunktverlag<br />
Knesebeck<br />
Dorling Kindersley<br />
Trescher<br />
FISCHER Scherz<br />
Blanvalet<br />
Blanvalet<br />
Diogenes<br />
ISBN 978-3-85869-5352<br />
ISBN 978-3-86873-569-7<br />
ISBN 978-3-8310-2313-4<br />
ISBN 978-3-89794-198-4<br />
ISBN 978-3-651-00060-5<br />
ISBN 978-3-7645-0455-7<br />
ISBN 978-3-442-38121-0<br />
ISBN 978-3-257-06850-4
32 | Kaffeepause Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Kaffeepause | 33<br />
Das dritte Licht<br />
Claire Keegan<br />
96 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Steidl<br />
Dunkle Gewässer<br />
Joe R. Lansdale<br />
320 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Tropen bei Klett-Cotta<br />
In Küstennähe<br />
Joachim B. Schmidt<br />
368 Seiten<br />
CHF 33.90<br />
Landverlag<br />
Die Debatte<br />
Was machen Buchhändlerinnen in der Kaffeepause Sie<br />
plaudern über Bücher. Books hat sich im Café Bagels in<br />
der Filiale Winterthur zu den Orell-Füssli-Mitarbeiterinnen<br />
Patrizia Melaugh und Bettina Zeidler gesetzt.<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
Erik Brühlmann<br />
«Books»: Heute beginnen wir mit einem<br />
schmalen Buch: «Das dritte Licht» von<br />
Claire Keegan. Du hast es mitgebracht,<br />
Patrizia. Worum geht’s<br />
Patrizia Melaugh (PM): Die Geschichte<br />
spielt im ländlichen Irland. Ein Mädchen<br />
kommt für ein paar Sommermonate zu<br />
Pflegeeltern; sie stammt aus einer grossen<br />
Familie, ihre Mutter <strong>ist</strong> schon wieder<br />
schwanger, und der Vater bringt das<br />
Mädchen zur Gastfamilie, einem kinderlosen<br />
Paar. Claire Keegan beschreibt die<br />
Zeit, die das Mädchen bei den Pflegeeltern<br />
verbringt; alltägliche Dinge wie das Essen<br />
bei der Ankunft oder der abendliche Besuch<br />
von Freunden sind für das Mädchen<br />
ungewohnt, und erstmals fühlt es sich<br />
umsorgt. Diese Erwachsenen kümmern<br />
sich um das Mädchen, kaufen ihm neue<br />
Kleider oder führen es auch einmal an der<br />
Hand. Aus Kinderperspektive wird hier<br />
eine ganz einfache Geschichte erzählt.<br />
Wie endet sie<br />
Bettina Zeidler (BZ): Das Mädchen<br />
kommt zurück zu ihrer Familie, denn<br />
der Bruder <strong>ist</strong> zur Welt gekommen. Das<br />
Ende hat mich tief beeindruckt: wie das<br />
Mädchen von den leiblichen Eltern lieblos<br />
empfangen wird und dann ihrem Gastvater<br />
nachrennt, um ihn noch einmal zu<br />
umarmen.<br />
PM: Das Mädchen hat in den Monaten<br />
bei den Pflegeeltern wichtige Erfahrungen<br />
gemacht und auch ein Geheimnis<br />
entdeckt. Ich fand eindrücklich, wie die<br />
Pflegemutter zu Beginn mit dem Problem<br />
des Bettnässens umging – geschickt<br />
und unaufgeregt löst sie das Problem.<br />
Claire Keegan zeigt, wie unterschiedlich<br />
Familien sein können und dass die eigene<br />
Familie nicht unbedingt ein Hort von<br />
Geborgenheit und Liebe sein muss. Trotz<br />
seines geringen Umfangs hat «Das dritte<br />
Licht» eine unheimlich grosse Tiefe.<br />
Wie b<strong>ist</strong> du auf dieses Buch gestossen<br />
PM: Ich habe ein gewisses Interesse an<br />
irischer Literatur und entdeckte diese<br />
Neuerscheinung in einer Vorschau. Weil<br />
das Buch nicht einmal hundert Seiten<br />
umfasst, habe ich allerdings erst gezögert,<br />
es in diese Runde einzubringen ...<br />
BZ: Aber manchmal <strong>ist</strong> weniger einfach<br />
mehr – und das gilt bei diesem Buch auf<br />
jeden Fall.<br />
PM: Ja, für mich <strong>ist</strong> «Das dritte Licht»<br />
ein echtes Juwel, eine perfekte Kurzgeschichte.<br />
Dies auch deshalb, weil die<br />
Autorin nicht alles sagt, sondern vieles<br />
nur andeutet.<br />
BZ: Sie lässt uns Lesenden einen grossen<br />
Spielraum. Sie mutet uns zu, dass wir das,<br />
was sie schreibt, schon richtig interpretieren<br />
können. Mir hat auch sehr gefallen,<br />
dass alles sehr authentisch wirkt. Nie hatte<br />
ich das Gefühl, die Autorin übertreibe<br />
oder überzeichne etwas. Und die Sprache<br />
hat mich ebenfalls beeindruckt.<br />
PM: Bei diesem Buch liegt die Schönheit<br />
in der Einfachheit. Und in der Präzision:<br />
Oft benötigt Claire Keegan nur einen Satz<br />
– schon sieht man die Situation vor sich.<br />
Wem könnte dieses Buch gefallen<br />
BZ: Allen, die eine berührende Geschichte<br />
suchen. Die Geschichte <strong>ist</strong> so einfühlsam<br />
geschrieben.<br />
PM: Ich finde, dieses Buch kann jeder<br />
lesen, der sich nicht nur für Thriller interessiert.<br />
«Das dritte Licht» stammt von einer<br />
unbekannten Autorin und erscheint bei<br />
einem unabhängigen Verlag. Kann so ein<br />
Buch überhaupt ein Erfolg werden<br />
PM: Wir machen es zum Bestseller! Ich<br />
werde es auf jeden Fall jedem und jeder<br />
ans Herz legen.<br />
BZ: Ja, das <strong>ist</strong> ein Buch, das unbedingt<br />
empfohlen werden muss. Und das sicher<br />
sein Publikum finden wird. Es gibt zum<br />
Glück viele Leute, die kürzere Geschichten<br />
mögen.<br />
Das nächste Buch, über das wir sprechen,<br />
<strong>ist</strong> wesentlich dicker: «Dunkle<br />
Gewässer» von Joe R. Lansdale.<br />
BZ: Dieses Buch <strong>ist</strong> nicht nur bezüglich<br />
Umfang ganz anders als «Das dritte<br />
Licht».<br />
Es sieht von aussen aus wie ein<br />
Fantasy-Epos.<br />
BZ: Das <strong>ist</strong> es aber nicht.<br />
Was dann<br />
BZ: Das <strong>ist</strong> schwierig zu sagen. Es <strong>ist</strong><br />
auch kein Thriller und kein Krimi, wie auf<br />
dem Cover angekündigt wird. Im Internet<br />
fand ich den Begriff «Lansdale-Genre»;<br />
der Autor schreibt offenbar sehr eigen.<br />
Auf einer Fanseite erfuhr ich auch, dass<br />
Lansdale Zombie-Bücher schreibt. Zum<br />
Glück vernahm ich das erst, nachdem<br />
ich mich entschieden hatte, dieses Buch<br />
hier zu lesen – denn ich mag es zwar<br />
deftig, aber mit Zombies kann ich gar<br />
nichts anfangen. In «Dunkle Gewässer»<br />
kommen sie allerdings auch nicht vor. Die<br />
Geschichte spielt in den 1930er-Jahren in<br />
einer rückständigen Gegend von Osttexas.<br />
Es <strong>ist</strong> eine düstere Zeit, die von Prohibition,<br />
Depression und Rassismus geprägt<br />
wird. May Lynn, eines der schönsten<br />
Mädchen der Gegend, wird von ihrer besten<br />
Freundin Sue Ellen ermordet am Ufer<br />
des River Sabine aufgefunden. Gemeinsam<br />
mit ein paar Freunden beschliesst<br />
Sue Ellen, die Asche der Freundin nach<br />
Hollywood zu bringen, denn May Lynn<br />
wollte immer Filmstar werden. Sue Ellen<br />
und ihre Freunde stossen auf Geld, das<br />
May Lynns Bruder bei einem Banküberfall<br />
erbeutete, und machen sich damit, mit<br />
der Asche von May Lynn und Sue Ellens<br />
tablettensüchtiger Mutter auf den Weg<br />
nach Hollywood – sie fahren auf einem<br />
Boot den River Sabine hinunter. Wegen<br />
der Beute aus dem Banküberfall <strong>ist</strong> eine<br />
ganze Menge Leute hinter ihnen her: der<br />
Sheriff, die gierige Verwandtschaft und<br />
vor allem der schwarze Kopfgeldjäger<br />
Skunk. Die Reise wird wegen der Verfolger<br />
sehr gefährlich und abenteuerlich, es<br />
passiert dabei ungeheuer viel.<br />
Das <strong>ist</strong> also sozusagen die Entsprechung<br />
zu einem Road-Movie – ein River-Book<br />
BZ: Das kann man so sagen. Einige vergleichen<br />
dieses Buch mit «Huckleberry<br />
Finn», und inhaltlich gibt es tatsächlich<br />
gewisse Ähnlichkeiten. Aber «Dunkle Gewässer»<br />
<strong>ist</strong> viel brutaler als ein Buch von<br />
Mark Twain, es <strong>ist</strong> blutig und derb. Einem<br />
Jugendlichen kann man es jedenfalls<br />
nicht zu lesen geben. Weil ich selber aber<br />
Düsterkeit und Brutalität zwischen zwei<br />
Buchdeckeln mag, hat mir dieser Roman<br />
sehr gefallen – und auch deshalb, weil er<br />
so abenteuerlich <strong>ist</strong> und die Figuren so<br />
skurril sind. Ich habe als Leserin mehrere<br />
Seelen in mir, und hier <strong>ist</strong> meine Schlachtplattenseite<br />
gut bedient worden.<br />
Patrizia, du machst seit über drei Jahren<br />
bei der Debatte in «Books» mit, ich kenne<br />
deinen Geschmack daher ein wenig<br />
und wage die Behauptung: Lansdale <strong>ist</strong><br />
nicht dein Stil.<br />
PM: Tatsächlich nicht. Ich merkte sofort,<br />
dass dies kein Buch für mich <strong>ist</strong>. Ehrlich<br />
gesagt gefiel mir an diesem Roman gar<br />
nichts, weder der Ton noch die Geschichte<br />
noch das Personal. Aber hier geht es wohl<br />
um Geschmacksfragen, und ich muss<br />
sagen, dass ich eben auch «Huckleberry<br />
Finn» nie mochte. Ich sehe allerdings,<br />
dass man «Dunkle Gewässer» durchaus<br />
als spannendes Buch lesen kann.<br />
BZ: Mir war klar, dass dieses Buch polarisiert.<br />
Niemand wird sagen, das finde ich<br />
jetzt sosolala. Entweder mag man so etwas<br />
– oder nicht. Dieses Buch hat einfach<br />
meine düstere Seite angesprochen. Und<br />
mir gefällt sehr, wie Lansdale schreibt – er<br />
findet aussergewöhnliche Wege, einem etwas<br />
näherzubringen, und man kann sich<br />
alles hervorragend vorstellen. Ich roch<br />
beim Lesen förmlich, wie Skunk stinkt.<br />
Für wen eignet sich denn dieses Buch<br />
BZ: Ich werde es nur jenen empfehlen, die<br />
ich kenne und bei denen ich weiss, dass<br />
ihnen so etwas gefällt. Man kann sich mit<br />
der Empfehlung dieses Buchs auch in die<br />
Nesseln setzen, denn es <strong>ist</strong> schon sehr<br />
brutal – selbst ich als geübte Thriller-<br />
Leserin habe gelegentlich schlucken<br />
müssen. Aber manche Abenteurer unter<br />
den Lesern werden diesen Roman heiss<br />
und innig lieben.<br />
Kommen wir zum dritten Buch: «In<br />
Küstennähe». Autor <strong>ist</strong> der Schweizer<br />
Joachim B. Schmidt, der in Island lebt.<br />
Spielt der Roman auch dort<br />
BZ: Ja. Erzählt wird die Geschichte einer<br />
sich anbahnenden Freundschaft zwischen<br />
zwei Männern, die unterschiedlicher<br />
nicht sein können. Auf der einen Seite<br />
haben wir den 23-jährigen Lárus, auf der<br />
anderen den alten Grímur, einen alten<br />
Patrizia Melaugh, 61, lebt in Schaffhausen<br />
und arbeitet in der Abteilung Belletr<strong>ist</strong>ik<br />
der Filiale Kramhof. Sie mag vor allem<br />
Bücher aus dem englischen Sprachraum.<br />
Patrizia Melaugh:<br />
«Wir machen<br />
dieses Buch zum<br />
Bestseller! Ich werde<br />
es auf jeden Fall<br />
jedem und jeder<br />
ans Herz legen.»<br />
Bettina Zeidler:<br />
«Ja, das <strong>ist</strong> ein<br />
Buch, das unbedingt<br />
empfohlen<br />
werden muss. Und<br />
das sicher sein<br />
Publikum finden<br />
wird.»<br />
Bettina Zeidler, 48, lebt in St. Gallen.<br />
Sie arbeitet in der Abteilung Belletr<strong>ist</strong>ik<br />
der St. Galler Buchhandlung Rösslitor, die<br />
zu Orell Füssli gehört. Am liebsten liest sie<br />
skandinavische Krimis und Thriller
34 | Kaffeepause Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 35<br />
Patrizia Melaugh: «Ich habe auch ‹Huckleberry<br />
Finn› nie gemocht.»<br />
Mann in jenem Altersheim, in dem Lárus<br />
als Gehilfe des Hauswarts arbeitet. Es gibt<br />
zwei Erzählstränge. Der eine handelt vom<br />
Hier und Jetzt und der Begegnung der<br />
beiden Männer, der andere beschäftigt<br />
sich mit dem Leben von Grímur, den man<br />
den «Schlächter» nannte und der immer<br />
ein Einzelgänger war. Die beiden Erzählstränge<br />
laufen immer stärker zusammen<br />
– bis sich das Geheimnis um Grímur<br />
lüftet. Es gibt nämlich Gerüchte, er habe<br />
einst seine Halbschwester umgebracht ...<br />
PM: Schon der Anfang des Buchs <strong>ist</strong><br />
super. Im Zimmer 37a <strong>ist</strong> der Heizkörper<br />
kaputt, Lárus muss ihn flicken. Er tritt ins<br />
Zimmer und sieht da diesen alten Mann<br />
mehr tot als lebendig im Bett liegen. Bald<br />
erfährt Lárus, dass es sich beim Alten um<br />
Grímur handelt, dem er als Kind immer<br />
Streiche spielte. Er und seine Freunde<br />
hatten früher wahnsinnig Angst vor dem<br />
grimmigen Alten, jetzt liegt dieser Mann<br />
einfach so da – aber der Junge hat immer<br />
noch Angst. Das <strong>ist</strong> alles auch sehr witzig<br />
geschrieben. Lárus <strong>ist</strong> ein Schlitzohr und<br />
vertickt zum Beispiel so nebenbei auch<br />
noch Drogen. Ganz allmählich findet eine<br />
Annäherung zwischen den beiden statt,<br />
die auch von viel gegenseitiger Neugier<br />
genährt wird. Schmidt wechselt sehr clever<br />
von einem Erzählstrang zum anderen,<br />
verbindet Vergangenheit und Gegenwart,<br />
und das Geheimnis von Grímur interessiert<br />
einen immer mehr.<br />
BZ: Man muss sich vor dem Autor wirklich<br />
verneigen, wie raffiniert er seinen<br />
Roman aufgebaut hat. Bei vielen Details<br />
habe ich erst am Ende gemerkt, wie<br />
geschickt alles verwoben <strong>ist</strong> – und wie<br />
schlau alles aufgelöst wird. Es gibt für<br />
mich nur einen negativen Punkt: Ich hatte<br />
zu Beginn Mühe, in die Geschichte reinzukommen.<br />
Aber nach dem ersten Drittel<br />
konnte ich das Buch nicht mehr weglegen.<br />
PM: Eine besondere Qualität des Romans<br />
<strong>ist</strong> auch, dass er so humorvoll <strong>ist</strong>. Der Autor<br />
foutiert sich zum Beispiel mit Genuss<br />
um politische Korrektheit.<br />
BZ: Und er bedient gern auf spielerische<br />
Weise die Klischees.<br />
Merkt man, dass er Schweizer <strong>ist</strong><br />
PM: Ich würde sagen: Das <strong>ist</strong> ein isländischer<br />
Roman mit Schweizer Akzent.<br />
Isländisch machen ihn die Themen, die<br />
Atmosphäre, das Eigenbrötlerische der<br />
Figuren. Schweizerisch finde ich gelegentlich<br />
die Schreibe des Autors.<br />
Wem würdet ihr «In Küstennähe»<br />
empfehlen<br />
PM: Ich habe es gerade jemandem nahe<br />
gelegt, der etwas lesen wollte, das leicht<br />
und lustig <strong>ist</strong>.<br />
BZ: Das <strong>ist</strong> einfach ein guter Unterhaltungsroman<br />
in einer guten Sprache – und<br />
mit super Figuren.<br />
PM: Spannend, unterhaltsam, witzig –<br />
was will man mehr!<br />
«Inspiration <strong>ist</strong> für<br />
mich der Schlüssel<br />
zur Gestaltung eines<br />
aktiven Lebens.»<br />
Cheryl Strayed<br />
Der grosse Trip<br />
Cheryl Strayed <strong>ist</strong> gerade 26 geworden<br />
und hat alles verloren. Mit<br />
Drogen und Männern tröstet sie sich<br />
über den Tod ihrer Mutter und das<br />
Scheitern ihrer Ehe hinweg. Als ihr<br />
ein Outdoor-Führer über den Pacific<br />
Crest Trail in die Hände fällt, trifft<br />
sie die folgenreichste Entscheidung<br />
ihres Lebens: über 1000 Meilen zu<br />
wandern – allein, ohne Erfahrungen<br />
und mit einem Rucksack, den sie<br />
Monster nennt. Klapperschlangen und<br />
Schwarzbären, Hitze und Strapazen,<br />
Abenteurer und Einsamkeit sind die<br />
Begleiter auf dieser Reise, die sie fast<br />
umbringt, stärkt und schliesslich heilt.<br />
Das atemberaubende Abenteuer<br />
einer Selbstfindung – voller Witz und<br />
Intensität und mit einer respektlosen<br />
Heldin, die man einfach lieben muss.<br />
Sabine Ebert<br />
1813 – Kriegsfeuer<br />
Frühjahr 1813: Europa stöhnt unter<br />
Napoleons Herrschaft. Nach der<br />
dramatischen Niederlage der Grande<br />
Armée in Russland gehen Preussen<br />
und das Zarenreich zum Gegenangriff<br />
über. Im ausgebluteten Sachsen<br />
müssen Menschen Entscheidungen<br />
treffen, die ihr Leben unwiderruflich<br />
verändern werden: eine Mutter, die<br />
verzweifelt auf die Rückkehr ihrer<br />
Söhne hofft, ein General, der seinen<br />
Kopf riskiert, damit sich Sachsen den<br />
Alliierten anschliesst, eine Gräfin,<br />
die aus Liebe zur Spionin Napoleons<br />
wird, zwei Studenten, die zu den<br />
Lützowern wollen, die junge Henriette<br />
auf der Flucht vor Plünderern.<br />
Die Menschen ersehnen den Frieden,<br />
während die Herrscher Europa längst<br />
unter sich aufgeteilt haben und eine<br />
gewaltige Schlacht heraufbeschwören.<br />
August Strindberg<br />
Bis ans offene<br />
Meer<br />
Das Meer prägt die Bewohner der<br />
Schäreninseln. Strindberg schildert<br />
die Insellandschaft oft als Idylle, das<br />
bäuerliche Zusammenleben der Schärenbewohner<br />
humor<strong>ist</strong>isch. Allerdings<br />
geht es auf den Inseln keineswegs<br />
nur beschaulich zu: In der Abgeschiedenheit<br />
wird Neuankömmlingen mit<br />
Misstrauen begegnet, Hierarchien<br />
werden ausgereizt und harte Konflikte<br />
ausgetragen. Auch für die Befindlichkeit<br />
des modernen Menschen –<br />
zwischen Tradition, Fortschritt und<br />
Glaubenskrise – bewe<strong>ist</strong> der Dichter<br />
der Jahrhundertwende ein feines<br />
Gespür.<br />
Die facettenreiche «Meeresprosa»<br />
August Strindbergs – Erzählungen und<br />
die beiden Romane «Die Hemsöer»<br />
und «Am offenen Meer» – wurde<br />
zum 100. Todesjahr erstmals in einer<br />
dreibändigen Ausgabe zusammengeführt.<br />
Alice Munro<br />
Zu viel Glück<br />
Zu viel oder zu wenig: Für das Glück<br />
gibt es kein Mass – nie trifft man es<br />
richtig. Alice Munros Heldinnen und<br />
Helden geht es nicht anders. Sie<br />
haben das Zuviel und Zuwenig erlebt,<br />
sie kennen die Namen der Bäume,<br />
die Last ungeschriebener Briefe. Sie<br />
wissen, wie es sich anfühlt, wenn<br />
man den Mann, der die gemeinsamen<br />
Kinder getötet hat, in der<br />
Anstalt besucht. Alice Munro <strong>ist</strong> die<br />
Me<strong>ist</strong>erin des Nachhalls, der einem<br />
Leben seinen besonderen Klang, seine<br />
Spannung und Vibration gibt, der<br />
unserer Ex<strong>ist</strong>enz Farbe verleiht. Alice<br />
Munro macht ihre Leserinnen und<br />
Leser zu Komplizen der schwierigen<br />
Mission, das Glück zu finden. Nicht<br />
zu viel, nicht zu wenig, sondern das<br />
ideale «genau richtig». Und plötzlich<br />
verstehen wir unser Leben neu.<br />
«Ich<br />
«Ich<br />
möchte<br />
möchte<br />
mein<br />
mein Leben<br />
Leben<br />
individuell<br />
individuell<br />
und<br />
und<br />
exklusiv<br />
exklusiv<br />
gestalten.<br />
gestalten.<br />
Deshalb<br />
Deshalb<br />
habe<br />
habe<br />
ich mich<br />
ich mich<br />
für eine<br />
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TERTIANUM<br />
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36 | Fantastisch! Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Fantastisch! | 37<br />
Fantastisch!<br />
Eine Mitarbeiterin von Orell Füssli präsentiert Neuerscheinungen und Geheimtipps aus<br />
dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen.<br />
«Die drei Titel, die ich heute vorstelle,<br />
haben etwas gemeinsam: Alle sind zu Beginn<br />
etwas düster und melancholisch –<br />
auch wenn dies nicht alle Buchumschläge<br />
vermuten lassen.<br />
‹Rot wie das Meer› <strong>ist</strong> bereits ein paar<br />
Monate alt, ich empfehle es aber trotzdem<br />
sehr gern. Die US-amerikanische Autorin<br />
Maggie Stiefvater verzeichnete ihre ersten<br />
Erfolge mit Elfenbüchern, die stark<br />
von irischen Volksmärchen inspiriert<br />
waren. ‹Ballade› und ‹Lamento› gefielen<br />
mir aber gar nicht, ich fand die beiden<br />
Bände langatmig und flach. Dann folgte<br />
die Werwolf-Trilogie ‹Nach dem Sommer›,<br />
für die sie sich offensichtlich von<br />
Stephenie Meyers ‹Twilight› animieren<br />
liess. Den Werwölfen bescherte der Mond<br />
schlaflose Nächte, mir die Bücher. Selten<br />
habe ich mit Figuren in Büchern so mitgefiebert<br />
wie mit Grace und Sam aus<br />
‹Nach dem Sommer›.<br />
Diesmal hat Maggie Stiefvater eine ganz<br />
andere Inspirationsquelle gefunden: die<br />
alte irische Sage über die ‹Capaill Uisce›.<br />
Dabei handelt es sich um riesige und gefährliche<br />
Wasserpferde, die einmal jährlich<br />
mit der Flut aus dem Wasser steigen.<br />
‹Rot wie das Meer› spielt auf der irischen<br />
Insel Thisby, auf der jährlich das Skorpio-<br />
Rennen stattfindet, ein Wettkampf, bei<br />
dem auch Wasserpferde mitmachen. Bislang<br />
war das Rennen fest in Männerhand<br />
– bis sich die junge Puck Connolly entschliesst,<br />
mit ihrer kleinen Stute Dove<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
ebenfalls teilzunehmen. Das führt zu roten<br />
Köpfen und heissen Diskussion. Die<br />
zweite Hauptfigur des Buchs <strong>ist</strong> Sean<br />
Kendrick. Er pflegt die Pferde, reitet sie<br />
zu und besitzt selbst ein Wasserpferd.<br />
Der Roman erzählt drei Geschichten: jene<br />
von Puck, jene von Sean und die Sage<br />
über die Wasserpferde. An diesen Strängen<br />
schaukelt sich die Geschichte zu ihrem<br />
Höhepunkt hoch, dem grossen Rennen.<br />
Und ganz allmählich entwickelt sich<br />
auch eine ungewöhnliche Liebesgeschichte<br />
zwischen Sean und Puck.<br />
Vielleicht klingt das alles ein wenig dünn,<br />
aber Maggie Stiefvater schafft es, eine<br />
enorme Spannung aufzubauen. Beim Lesen<br />
hatte ich das Gefühl, tief in einen Nebel<br />
getaucht zu sein, um mich herum gab<br />
es nichts mehr – diese Stimmung schlug<br />
mich völlig in ihren Bann. Ich habe aber<br />
gemerkt, dass sich dieses Buch nicht wie<br />
viele andere Fantasy-Romane von allein<br />
verkauft, sondern dass es empfohlen werden<br />
muss. Also: ‹Rot wie das Meer› eignet<br />
sich für alle, die unergründliche Liebesgeschichten<br />
mögen. Junge Frauen, die<br />
eine Fantasy-Geschichte mit Tiefgang suchen,<br />
sind ebenfalls hervorragend bedient<br />
– sowie natürlich alle Fans von Maggie<br />
Stiefvater.<br />
Angelina Rubli, 28, <strong>ist</strong> im Kanton<br />
Schaffhausen aufgewachsen, wohnt in<br />
Dachsen und arbeitet bei Orell Füssli am<br />
Bellevue. «Das erste Geschenk, an das<br />
ich mich erinnern kann, war das Buch<br />
‹Ronja Räubertochter›», erzählt sie. «Von<br />
da an wollte ich nur noch lesen. In der<br />
Oberstufe machte ich mehrere Schnupperlehren,<br />
aber ich spürte stets: Ich will<br />
Buchhändlerin werden.» In der Filiale<br />
am Bellevue arbeitete Angelina zuerst<br />
in der Reisebuch-Abteilung, aber «dann<br />
willst du nur immer in die Ferien». Ihr<br />
Traum sei ein Wechsel in die Kinder- und<br />
Jugendbuchabteilung gewesen, weil «ich<br />
das den spannendsten Bereich finde – er<br />
<strong>ist</strong> extrem vielseitig, jeden Monat gibt es<br />
neue Strömungen». Der Traum ging mittlerweile<br />
in Erfüllung. Heute liest Angelina<br />
etwa drei bis vier Bücher pro Woche.<br />
Eigentümlicherweise beginnt sie dabei<br />
me<strong>ist</strong>ens mit dem Schluss. «Ich weiss auch<br />
nicht weshalb, aber ich lese zuerst immer<br />
die letzten Seiten – und schaue dann,<br />
wie die Geschichte zu diesem Schluss<br />
hingeführt wird.»<br />
Während ‹Rot wie das Meer› eine abgeschlossene<br />
Geschichte <strong>ist</strong>, handelt es sich<br />
bei meiner nächsten Empfehlung um den<br />
Auftakt zu einer Trilogie. ‹Für immer die<br />
Seele› der Kalifornierin Cynthia J. Omololu<br />
erzählt die Geschichte der 16-jährigen<br />
Cole, die immer wieder Visionen hat.<br />
Plötzlich sieht sie sich zum Beispiel auf<br />
einem Schafott stehen. Man liest, wie sie<br />
sich in diesem Moment fühlt, was zum<br />
Todesurteil geführt hat – und zack <strong>ist</strong><br />
man wieder zurück in der Gegenwart. So<br />
geht es hin und her. Zu Beginn spielen die<br />
Visionen von Cole immer in der frühen<br />
Neuzeit, später werden auch Ereignisse<br />
aus den 1920er-Jahren beschrieben. Cole<br />
machen ihre Visionen grosse Sorgen, sie<br />
hat Angst, sie sei plemplem, und sie vertraut<br />
sich niemandem an. Nachdem sie<br />
wegen einer Vision im Tower von London<br />
ohnmächtig geworden <strong>ist</strong>, wacht sie in<br />
den Armen des jungen Griffon auf. Sofort<br />
hat sie das Gefühl, diesen gutaussehenden<br />
jungen Mann schon lange zu kennen.<br />
Griffon erklärt Cole, dass sie eine herumwandernde<br />
Seele sei, die immer wieder<br />
neue Ex<strong>ist</strong>enzen durchlebe. Darüber hinaus<br />
erfährt Cole, dass es viele wie sie gibt<br />
– und dass sie eine Aufgabe zu erfüllen<br />
hat. Irgendwo in Zeit und Raum <strong>ist</strong> da<br />
aber auch noch eine böse Feindin, die sie<br />
seit jeher vernichten möchte.<br />
Schon diese kurze Zusammenfassung<br />
zeigt: ‹Für immer die Seele› <strong>ist</strong> extrem<br />
fantasievoll. Ich las das Buch, weil der<br />
Klappentext mein Interesse weckte. Da<br />
ich h<strong>ist</strong>orische Romane liebe, gefiel mir<br />
der Auftakt im 16. Jahrhundert ganz besonders<br />
– und ich war schon etwas enttäuscht,<br />
als das Buch dann plötzlich im<br />
Hier und Jetzt spielte. Aber dann zog es<br />
mich doch immer tiefer in die Geschichte<br />
hinein, denn ich wollte wissen, was es<br />
mit diesen Seelenwanderungen auf sich<br />
hat und wie die einzelnen Geschichten<br />
aus der Vergangenheit weitergehen. Cynthia<br />
J. Omololu hat die Fähigkeit, immer<br />
dann eine Episode zu verlassen, wenn es<br />
am spannendsten <strong>ist</strong> – so liest man immer<br />
weiter. Ich bin jedenfalls sehr gespannt,<br />
wie die Trilogie weitergeht. Dieses<br />
Buch eignet sich für alle, die<br />
h<strong>ist</strong>orische Romane mögen, aber auch<br />
ganz besonders für die Leserinnen und<br />
Leser von ‹Liebe geht durch alle Zeiten›.<br />
Auch das dritte Buch, das ich hier vorstelle,<br />
spielt grösstenteils ins England. Und<br />
auch wenn seine Autorin Deutsche <strong>ist</strong>,<br />
hat es einen sehr englischen Anklang.<br />
Kein Wunder: Alexandra Pilz <strong>ist</strong> am gleichen<br />
Tag wie Jane Austen geboren und<br />
liebt deren Werke. Hauptfigur von ‹Zurück<br />
nach Hollyhill› <strong>ist</strong> Emily; ihre Eltern<br />
kamen vor längerer Zeit bei einem Autounfall<br />
ums Leben. An ihrem 17. Geburtstag<br />
erhält Emily von ihrer Grossmutter,<br />
bei der sie aufwächst, einen Brief, den ihr<br />
einst ihre Mutter schrieb. Darin fordert<br />
die Mutter sie auf, nach Hollyhill zu gehen<br />
und dort ihre Vergangenheit kennenzulernen.<br />
Einst lebte nämlich ihre Mutter<br />
dort, doch sie verliess das Dorf, weil sie<br />
sich in Emilys Vater verliebt und dieser<br />
nicht dem Dorf angehört hatte.<br />
Doch Hollyhill findet man auf keiner Karte.<br />
Emily macht sich auf den Weg von<br />
Deutschland nach England und landet in<br />
einer verregneten Jane-Austen-Gegend,<br />
einem Moorgebiet irgendwo im grausten<br />
Gebiet Englands. Dort wird sie, verzweifelt<br />
wie sie <strong>ist</strong>, von Matt aufgegabelt. Und<br />
dieser attraktive Junge behauptet doch<br />
tatsächlich zu wissen, wo Hollyhill <strong>ist</strong>.<br />
Emily steigt in seinen Jeep, mit der er sie<br />
nach Hollyhill bringen will, und schläft<br />
ein. Als sie erwacht, <strong>ist</strong> alles anders. Und<br />
Emily erfährt: Hollyhill <strong>ist</strong> ein Dorf, das<br />
in der Zeit re<strong>ist</strong>. Es <strong>ist</strong> immer dort, wo jemand<br />
Hilfe braucht. Das gilt auch im Fall<br />
von Emily. Im Jahr 1980 geschehen grausame<br />
Mädchenmorde, und Emily, die inzwischen<br />
mit dem Dorf in eben jenes Jahr<br />
gere<strong>ist</strong> <strong>ist</strong>, gerät selbst ins Visier des Mörders.<br />
Die Idee hinter diesem Plot <strong>ist</strong> so cool! Am<br />
me<strong>ist</strong>en Spass machten mir die Beschreibungen<br />
der 1980er-Jahre. Emily erlebt,<br />
wie Lady Di heiratet, und sie kann sich<br />
nur wundern über die damals aktuelle<br />
Mode. Aber lustige Passagen sind in diesem<br />
Buch eigentlich eher die Ausnahme,<br />
auch hier dominiert eine düstere, fast<br />
traurige Stimmung. Das Buch eignet sich<br />
für alle, die genau das mögen: Romane,<br />
die sehr abwechslungsreich sind und<br />
ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugen.<br />
Ich zähle mich selber zu dieser<br />
Gruppe, und deshalb hoffe ich, dass Alexandra<br />
Pilz ihre Idee vom zeitreisenden<br />
Dorf noch für weitere Bücher nutzt.»<br />
Rot wie das Meer<br />
Maggie Stiefvater<br />
430 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
script5<br />
Für immer die Seele<br />
Cynthia J. Omololu<br />
381 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Dressler<br />
Zurück nach Hollyhill<br />
Alexandra Pilz<br />
348 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
Heyne
38 | Fantastisch! Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf BUCHtipps | 39<br />
Junge Mitarbeitende von Orell Füssli<br />
geben weitere Tipps:<br />
Tim Lenny George,<br />
18, absolviert<br />
im Kramhof in Zürich<br />
das dritte und<br />
letzte Jahr seiner<br />
Buchhändler-Lehre.<br />
Er lebt in einem<br />
Dorf ausserhalb<br />
von Bern und<br />
braucht täglich<br />
vier Stunden, um morgens zur Arbeit und<br />
danach wieder nach Hause zu gelangen.<br />
«Den weiten Weg nehme ich aber gern auf<br />
mich», sagt er. «Denn die Zeit im Zug kann<br />
ich zum Lesen nutzen.» Sein Tipp: «Departement<br />
19 – Die Wiederkehr» von<br />
Will Hunt. «Fantasy-Reihen finde ich<br />
grundsätzlich toll. Es gibt jedoch in vielen<br />
Fällen einen Makel: Je mehr Bände eine<br />
Reihe umfasst, desto langweiliger und<br />
plumper wird sie. Nicht so die Reihe ‹Department<br />
19› von Will Hill. Schon der erste<br />
Band, den ich bereits in ‹Books› empfahl,<br />
bege<strong>ist</strong>erte mich. Jetzt knüpft Hill mit einer<br />
Fortsetzung gekonnt daran an. Graf<br />
Dracula wurde von seinem treuen Anhänger<br />
Valeri, dem ältesten der Gebrüder Rusmanov,<br />
wieder zum Leben erweckt. Der<br />
grösste Alptraum des Departments 19<br />
wird damit Wirklichkeit. Doch Draculas<br />
Gegnern bleibt noch etwas Zeit, denn der<br />
Vampir muss erst wieder seine ursprünglichen<br />
Kräfte zurückerlangen. Bis zur<br />
Stunde Null dauert es noch genau vier Monate<br />
– dann kann Dracula nichts mehr aufhalten<br />
... ‹Department 19 – Die Wiederkehr›<br />
<strong>ist</strong>, wie schon sein Vorgänger, ein<br />
spannungsgeladener und mit reichlich<br />
Knalleffekten ausgestatter Fantasy-Kracher,<br />
der einem das Herz schneller pulsieren<br />
lässt.»<br />
Manuela Bigler,<br />
25, arbeitet in der<br />
Kinder- und Jugendbuchabteilung<br />
von Orell<br />
Füssli im Berner<br />
Einkaufszentrum<br />
Westside. «Das Lesen<br />
hat mich von<br />
Kind auf begleitet»,<br />
sagt sie, «deshalb wollte ich auch beruflich<br />
mit Büchern zu tun haben.» Am<br />
liebsten mag sie Fantasy-Romane. «Bei<br />
diesem Genre kann ich am besten abschalten»,<br />
sagt die Bernerin. «Ich lese nicht so<br />
gern Geschichten, die zu nahe an der Realität<br />
sind, denn Lesen soll ja auch einen<br />
Ausgleich zum Alltag bieten.» Ihr Tipp:<br />
«Incarceron» von Catherine Fisher.<br />
«Claudia, die Tochter des Wächters von Incarceron,<br />
weiss nicht viel über dieses ‹Paradies›,<br />
das vor Jahrhunderten geschaffen<br />
wurde. Denn keiner kommt mehr hinein,<br />
keiner hinaus. Incarceron <strong>ist</strong> ein Gefängnis;<br />
es beobachtet seine Insassen, es reagiert<br />
auf sie und denkt. Claudia will mehr<br />
herausfinden, bricht in das Arbeitszimmer<br />
ihres Vaters ein – und findet einen kr<strong>ist</strong>allenen<br />
Schlüssel. Er könnte Finn helfen,<br />
endlich aus Incarceron zu fliehen, wenn<br />
Claudia ihn dabei unterstützt ... Die Idee zu<br />
dieser Reihe <strong>ist</strong> völlig neu. Die Geschichte<br />
spielt in der Zukunft, aber jeglicher Wandel<br />
<strong>ist</strong> verboten – die Menschen müssen wie im<br />
17. Jahrhundert leben. Erzählt wird die<br />
Story abwechselnd aus der Sicht von Claudia<br />
und Finn. Erst nach und nach kann<br />
man alles zusammensetzen. Und das tut<br />
man sehr gern – denn die Geschichte <strong>ist</strong><br />
äusserst spannend, die Figuren sind interessant<br />
und die Wendungen überraschend.»<br />
Marino Castelli,<br />
28, wohnt in Ruswil<br />
und arbeitet<br />
bei Orell Füssli am<br />
Bellevue. Buchhändler<br />
wurde er,<br />
weil «ich ein leidenschaftlicher<br />
Leser bin und<br />
mein Hobby zum<br />
Beruf machen wollte». An seiner Tätigkeit<br />
schätzt er vor allem, dass er immer neue<br />
Bücher entdecken kann – auch dank der<br />
Kunden, die etwas Bestimmtes suchen.<br />
Marino liest querbeet, vor allem Krimis<br />
und Fantasy-Romane. Sein Tipp: «Return<br />
Man» von V.M. Zito. «Horden von Untoten<br />
haben die USA überrollt. Das Land <strong>ist</strong> aufgeteilt<br />
in den Osten, wo sich die letzten lebenden<br />
Menschen verschanzt haben, und<br />
in den Westen, wo Zombies Menschen jagen.<br />
Nur ein Mann wagt es noch, in die<br />
verseuchten Gebiete zurückzukehren, um<br />
im Auftrag der Lebenden deren untoten<br />
Verwandten die letzte Gnade zu erweisen<br />
und Spezialeinsätze auszuführen: Henry<br />
Marco ... Zombiebücher sind im Moment<br />
recht in – und sie werden wohl eine noch<br />
grössere Lesergemeinde bekommen, wenn<br />
im Juni ‹World War Z› von Marc Foster mit<br />
Brad Pitt in die Kinos kommt. Dieses Buch<br />
hier hat mir sehr gut gefallen, denn es hält,<br />
was man sich von einem Roman dieses<br />
Genres verspricht, es <strong>ist</strong> spannend und hat<br />
eine düstere und beklemmende Atmosphäre.<br />
Als Leser sitzt man förmlich auf Kohlen,<br />
weil man weiss, dass überall Gefahr lauert<br />
– trotzdem <strong>ist</strong> man überrascht, wenn das<br />
Unglück dann tatsächlich zuschlägt. Die<br />
Hauptperson wirkt zu Beginn kühl und gefühllos,<br />
bekommt aber von Kapitel zu Kapitel<br />
mehr Seele. Ich empfehle das Buch<br />
besonders allen Fans der weltweit erfolgreichen<br />
Kultserie ‹Walking Dead›.»<br />
Koethi Zan<br />
Danach<br />
Sarah Farber hat drei lange, grausame<br />
Jahre in einem Kellerverlies überlebt.<br />
Zehn Jahre <strong>ist</strong> das her, aber Sarah<br />
kann die Dunkelheit, die Kälte, die<br />
Verzweiflung, die Panik nicht vergessen.<br />
Und sie weiss noch immer nicht,<br />
was damals mit ihrer besten Freundin<br />
Jennifer geschah. Jetzt kann sie nicht<br />
länger vor der Vergangenheit davonlaufen.<br />
Ihr Peiniger soll auf Bewährung<br />
freikommen, und sie <strong>ist</strong> die einzige,<br />
die das verhindern kann – aber nur,<br />
wenn sie sich dem Schlimmsten stellt,<br />
das sie sich vorstellen kann: der<br />
Wahrheit.<br />
Koethi Zans Kunst <strong>ist</strong> es, das Grauen<br />
als Kino im Kopf erfahrbar zu<br />
machen: Sarahs Martyrium wird zum<br />
eigenen Martyrium, zu einer Qual, die<br />
das Vorstellbare übersteigt.<br />
Tania Carver<br />
Stirb, mein<br />
Prinz<br />
Ein altes Haus soll abgerissen werden.<br />
Da entdecken die Arbeiter etwas<br />
Grauenhaftes im Keller: einen Käfig<br />
aus Menschenknochen. Und darin ein<br />
verwahrlostes Kind. Wer <strong>ist</strong> dieser<br />
Junge Wer hat ihm das angetan Mit<br />
ihren Ermittlungen stören Kommissar<br />
Phil Brennan und Profilerin Marina<br />
Esposito einen kaltblütigen Menschensammler,<br />
der seit über 30 Jahren<br />
einem grausamen Ritual folgt. Doch<br />
dieser Killer duldet keine Einmischung.<br />
Er will den Jungen zurück. Und der<br />
Knochenkäfig enthält noch weitere<br />
Überraschungen – Geheimnisse, die<br />
Brennan und den Killer miteinander in<br />
Verbindung bringen. Die Zeit drängt,<br />
und niemand weiss, dass sich der<br />
Killer vor aller Augen verbirgt ...<br />
Robert Harris<br />
Angst<br />
Der amerikanische Physiker<br />
Alexander Hoffmann war lange im<br />
Europäischen Kernforschungszentrum<br />
CERN mit dem Aufbau des neuen<br />
Teilchenbeschleunigers beschäftigt.<br />
Zusammen mit seinem Partner, einem<br />
Investmentbanker, betreibt er nun<br />
einen äusserst lukrativen Hedgefonds.<br />
Hoffmann hat eine revolutionäre<br />
Form des algorithmischen Aktienhandels<br />
entwickelt: Künstliche Intelligenz<br />
und Angstparameter werden zu einer<br />
hochgeheimen Software verknüpft,<br />
die mit geradezu unheimlicher Präzision<br />
die Bewegungen der Finanzmärkte<br />
voraussagen kann. Eines Nachts überwindet<br />
ein Einbrecher die Sicherheitsanlagen<br />
von Hoffmanns Anwesen. Ein<br />
albtraumhafter Tag voller Paranoia<br />
und Gewalt beginnt.<br />
Tess Gerritsen<br />
Abendruh<br />
Sie sind die einzigen Überlebenden<br />
von schrecklichen Familientragödien.<br />
Erst wurden ihre Eltern<br />
brutal ermordet, dann auch noch die<br />
Pflegefamilien. In «Abendruh», einem<br />
Internat in der Abgeschiedenheit des<br />
amerikanischen Bundesstaats Maine,<br />
sollen drei Jugendliche ihre Sicherheit<br />
wiedergewinnen und in ein normales<br />
Leben zurückfinden. Doch obwohl die<br />
Schule nach aussen hin abgesichert <strong>ist</strong>,<br />
kommt es zu höchst beunruhigenden<br />
Vorfällen. Plötzlich bangen die drei<br />
Jugendlichen um ihr Leben. Maura<br />
Isles, die eine persönliche Verbindung<br />
zu «Abendruh» hat, <strong>ist</strong> vor Ort, als<br />
die Situation endgültig eskaliert.<br />
Der bislang bedrohlichste Fall für Jane<br />
Rizzoli und Maura Isles!<br />
Departement 19 –<br />
Die Wiederkehr<br />
Will Hill<br />
688 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Lübbe<br />
Incarceron –<br />
Fliehen heisst sterben<br />
Catherine Fisher<br />
475 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Penhaligon<br />
Return Man<br />
V.M. Zito<br />
541 Seiten<br />
CHF 14.90<br />
Heyne<br />
448 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
FISCHER Scherz<br />
ISBN 978-3-651-00045-2<br />
576 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
L<strong>ist</strong><br />
ISBN 978-3-471-35078-2<br />
384 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Heyne<br />
ISBN 978-3-453-43713-5<br />
416 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Limes<br />
ISBN 978-3-8090-2578-8
40 | im schaufenster Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf im schaufenster | 41<br />
<strong>Lügen</strong> <strong>ist</strong><br />
<strong>menschlich</strong><br />
Mit «Das Verschwiegene» liefert die norwegische Schriftstellerin und<br />
Journal<strong>ist</strong>in Linn Ullmann einen ungewöhnlichen Roman ab, der das<br />
Publikum in die alltäglichen Untiefen des Menschseins führt.<br />
Erik Brühlmann<br />
Drei junge Burschen wollen im Wald bei<br />
Mailund, in der Nähe von Oslo, einen<br />
Schatz bergen, den sie vor einiger Zeit vergraben<br />
hatten. Stattdessen buddeln sie<br />
eine Leiche aus: Mille, ein Mädchen, das<br />
zwei Jahre zuvor spurlos verschwunden<br />
war. Der Anfang von «Das Verschwiegene»<br />
der norwegischen Autorin Linn Ullmann<br />
würde jedem Krimi gut zu Gesicht stehen.<br />
Doch nicht in jedem Buch, in dem eine<br />
Leiche auftaucht, steckt auch ein Kriminalroman<br />
drin. Vielmehr bereitet die Tochter<br />
der Schauspielerin Liv Ullmann und des<br />
Regisseurs Ingmar Bergmann mit dem Leichenfund<br />
den Tisch für eine Mischung aus<br />
einem Psychogramm des allzu Menschlichen<br />
und der Geschichte einer nicht perfekten<br />
Familie.<br />
Viel mehr als die<br />
Tochter<br />
ml. Viele Söhne und Töchter verweigern<br />
sich oft dem Bereich, in dem die prominenten<br />
Eltern tätig sind – und werden<br />
zum Beispiel lieber Wissenschaftler als<br />
Politiker, lieber Lehrer als Schauspieler.<br />
Manche haben sich jedoch im gleichen<br />
Gebiet versucht. Eines der spannendsten<br />
Beispiele dafür <strong>ist</strong> Franz Xaver Wolfgang<br />
Mozart, das jüngste Kind von Wolfgang<br />
Amadeus. Seine Mutter Constanze hatte<br />
ihn schon früh zum Musiker bestimmt.<br />
Der Bub erhielt Unterricht von den<br />
bekanntesten Lehrern in Wien und galt als<br />
überaus talentiert. Er wurde dann auch<br />
Musiklehrer und Kompon<strong>ist</strong> in Lemberg,<br />
unternahm ausgedehnte Konzertreisen<br />
durch ganz Europa und schuf einige<br />
beachtliche Werke. Doch er blieb stets<br />
nur «der Sohn» – ein Umstand, der ihn<br />
vor allem im späteren Leben immer mehr<br />
ärgerte. Franz Grillparzer dichtete für den<br />
Nachruf des berühmten Mannes:<br />
Begabt, um höher aufzuragen,<br />
Hielt ein Gedanke deinen Flug;<br />
«Was würde wohl mein Vater sagen»<br />
War dich zu hemmen schon genug.<br />
Auch Linn Ullmann <strong>ist</strong> die Tochter<br />
berühmter Eltern: Ihre Mutter <strong>ist</strong> die<br />
norwegische Schauspielerin Liv Ullmann;<br />
diese wurde vor allem durch ihre Mitwirkung<br />
in Filmen von Ingmar Bergman, des<br />
bedeutendsten skandinavischen Regisseurs,<br />
berühmt. 1997 wurde Bergman bei den<br />
Filmfestspielen in Cannes als «Bester Filmregisseur<br />
aller Zeiten» geehrt. Auch wenn<br />
man solche Superlative nicht mag, gibt es<br />
nichts daran zu rütteln, dass Bergman die<br />
Filmgeschichte geprägt hat – mit Dramen<br />
wie «Wilde Erdbeeren», «Szenen einer<br />
Ehe» oder «Herbstsonate». Bergman und<br />
Liv Ullmann führten fünf Jahre lang eine<br />
Beziehung, der die 1966 geborene Linn<br />
entsprang.<br />
Das Mädchen wuchs in Europa und in den<br />
USA auf, später studierte Linn Ullmann<br />
Literatur in New York. Sie foutierte<br />
sich um die schwere Hypothek, die ihre<br />
Abstammung mit sich brachte, und wagte<br />
sich schon früh in die Welt der Kunst;<br />
schon mit fünf Jahren wirkte sie neben<br />
ihrer Mutter in einem Film mit, sie wurde<br />
Kulturjournal<strong>ist</strong>in und veröffentlichte 1998<br />
ihren ersten Roman. Die Tatsache, dass<br />
sie so berühmte Eltern hat, nimmt sie so<br />
locker, wie das nur möglich <strong>ist</strong> – was ihr<br />
viel Respekt eingebracht hat. «Offensichtlich<br />
gibt es einen Einfluss der Eltern auf<br />
mich», sagte sie in einem Interview, «aber<br />
ich weiss nicht, auf welche Weise und in<br />
welchem Mass. Meine Eltern sind beide<br />
grosse Erzähler.»<br />
Das <strong>ist</strong> sie selber auch – als Schriftstellerin<br />
steht Linn Ullmann auf eigenen Beinen.<br />
Ihre Romane und Novellen werden<br />
mittlerweile in 15 Sprachen übersetzt;<br />
auf Deutsch <strong>ist</strong> zum Beispiel auch «Die<br />
Lügnerin» erhältlich – ebenfalls ein Buch<br />
mit beachtlichem Tiefgang und hohem<br />
Unterhaltungswert.<br />
Eigentlich <strong>ist</strong> alles anders<br />
«Ich schreibe über Dinge, vor denen ich<br />
Angst habe», sagte Linn Ullmann einmal in<br />
einem Interview. «Und ich habe Angst davor,<br />
angelogen zu werden – und es nicht zu<br />
bemerken.» Die Lüge steht in all ihren Varianten<br />
denn auch im Zentrum von «Das<br />
Verschwiegene»: Notlügen, Selbstbetrug,<br />
Dinge, die nicht gesagt werden oder auf<br />
den ersten Blick anders scheinen, als sie<br />
sind. Da wäre zum Beispiel Jon, der Vater,<br />
ein Schriftsteller, der schon seit Jahren unter<br />
einer Schreibblockade leidet. Er belügt<br />
sich selbst, indem er sich ständig einredet,<br />
dass der lang erwartete dritte Teil seiner<br />
Trilogie bald fertig sein wird. Es <strong>ist</strong> nur<br />
eine Frage der Zeit, der Umgebung, der<br />
Eingebung, der Organisation seiner Notizen<br />
... Siri, seine Frau, lädt sich Unmengen<br />
von Arbeit und Verpflichtungen auf – damit<br />
sie einerseits Jons Untätigkeit und den Familienunterhalt<br />
finanzieren kann und um<br />
andererseits vor sich selbst zu verbergen,<br />
dass ihr Leben nicht das <strong>ist</strong>, was es sein<br />
sollte, was sie sich vorstellte. «Was habe<br />
ich eigentlich aus meinem Leben gemacht»,<br />
fragt sie sich denn auch in einem<br />
Moment der Schwäche – und findet keine<br />
Antwort. Jenny wiederum, Siris Mutter, <strong>ist</strong><br />
eine Alkoholikerin, die nach langen Jahren<br />
der Abstinenz an ihrem 75. Geburtstag<br />
wieder zu trinken beginnt. weil sie mit ihrem<br />
Leben anfangen darf, was sie will –<br />
und nicht etwa, weil sie es braucht oder<br />
weil sie den frühen Tod von Siris Bruder<br />
noch immer nicht verwunden hat ...<br />
Wie ein Fächer<br />
«Das Verschwiegene» <strong>ist</strong> eine Geschichte,<br />
die sich vom Zeitpunkt des Leichenfunds<br />
an wie ein Fächer immer weiter öffnet. Mit<br />
jedem Kapitel erkennt man ein neues Stück<br />
des grossen Ganzen, setzt hier ein Stück<br />
Vergangenheit, dort ein Stück Gegenwart<br />
ein – und weiss doch nie so recht, wo das<br />
Ganze hinführen wird. Klar <strong>ist</strong> nur, dass<br />
Siris und Jons Familie in einem Netz von<br />
<strong>Lügen</strong> und Ungesagtem lebt und sich darin<br />
windet. Das erscheint zunächst grotesk,<br />
erwe<strong>ist</strong> sich bei näherem Hinsehen aber<br />
nur als eine scharfsinnige Betrachtung des<br />
Alltäglichen. Gleiches lässt sich auch über<br />
die Ehe sagen, die Jon und Siri führen und<br />
die alles andere als märchenhaft oder romantisch<br />
perfekt <strong>ist</strong> – eine Situation, welche<br />
die Autorin, die mit dem Dichter und<br />
Bühnenautor Niels Fredrik Dahl verheira-<br />
tet <strong>ist</strong>, aus eigener Erfahrung kennt: «Wir<br />
beide haben gescheiterte Ehen hinter uns;<br />
es <strong>ist</strong> uns nicht fremd, wie bedrückt und<br />
einsam man sich in einer Beziehung fühlen<br />
kann», sagt sie und liefert mit Jon und Siri<br />
ein literarisches Beispiel. Jon betrügt seine<br />
Frau mehrfach, <strong>ist</strong> ständig bemüht, seine<br />
Mailbox «Siri-kompatibel» zu halten,<br />
schläft statt im Ehebett lieber im Arbeitszimmer.<br />
Und Siri kontrolliert Jons Handy,<br />
seine E-Mails, weiss um seine Fremdbeziehungen<br />
und wird nicht müde, ihn mit der<br />
Nase auf seine Schreibblockade zu stossen.<br />
Alles, nur nicht sich aussprechen, <strong>ist</strong> die<br />
Devise.<br />
Der Kinder wegen<br />
Natürlich, die beiden haben Kinder – Liv<br />
und die ältere Alma –, da muss man den<br />
Schein des Perfekten natürlich wahren.<br />
Und dann <strong>ist</strong> da auch noch Mille, das Mädchen,<br />
das bei Jon und Siri als Au-Pair arbeitet,<br />
sodass man die funktionierende Familie<br />
geben muss. Doch was hat dieser Schein<br />
mit dem Sein zu tun Mille beispielsweise<br />
<strong>ist</strong> sowieso mehr an den <strong>menschlich</strong>en Seiten<br />
interessiert, die im Verborgenen liegen.<br />
Deshalb liebt sie es auch, Menschen zu fotografieren,<br />
ohne dass sie es bemerken.<br />
Und Alma wird mit der Zeit, wie es heisst,<br />
immer schwieriger, wird sozusagen zum<br />
Gegenentwurf von Jon und Siri. «Fuck you,<br />
Mama!», sagt sie mit unschöner Offenheit,<br />
rauft sich mit anderen Mädchen und lässt<br />
sich sogar dazu hinreissen, der Lehrerin<br />
den Zopf abzuschneiden – einfach, weil sie<br />
es kann. Mit dieser Offenheit, egal ob gespielt<br />
oder ehrlich, kommen Jon und Siri<br />
einfach nicht klar.<br />
EINE KOMÖDIE NACH EINE MARTIN KOMÖDIE SUTER NACH EINE MARTIN KOMÖDIE SUTER NACH MARTIN SUTER<br />
6. – 22. JUNI 2013 6. – 22. JUNI 2013 6. – 22. JUNI 2013<br />
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Aufführungsrechte Diogenes Verlag Aufführungsrechte Zürich<br />
Diogenes Verlag Aufführungsrechte Zürich Diogenes Verlag Zürich<br />
Und die Tat<br />
Was dies alles mit dem Tod von Mille zu tun<br />
hat Obwohl niemand in der Familie die<br />
Tat begangen hat, hat doch jeder mit seinem<br />
Verhalten zum Tod Milles beigetragen,<br />
bewusst oder unbewusst. Wer letztlich der<br />
Täter <strong>ist</strong>, bleibt nebensächlich. Denn dieses<br />
Wissen ändert nichts mehr am Tod des<br />
Mädchens. Viel wichtiger <strong>ist</strong> – und das <strong>ist</strong><br />
wohl die oft zitierte Moral der Geschicht’ –,<br />
dass es selbst aus verfahrenen Situationen<br />
Auswege geben kann. Wenn man sich denn<br />
dazu entschliesst, das Verschwiegene auf<br />
den Tisch zu bringen.<br />
Das Verschwiegene<br />
352 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Luchterhand
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Alle Bücher finden Sie auch auf Kinderwelt | 43<br />
© joelle tourlonIas / beltZ & gelberg<br />
Freunde machen Freude<br />
Pippi, Thomas und Annika; Kasperl und Seppel; Pettersson und Findus. In der bewährten Kinderliteratur<br />
spielen Freundschaften oft eine besondere Rolle. Deshalb wollen wir von unserer Gewährsfrau<br />
für Kinderbücher wissen: Gibt es auch gute Neuerscheinungen rund ums Thema Freundschaft<br />
«Freundschaft gibt Geborgenheit, deshalb<br />
kommt sie in vielen Kinderbüchern vor.<br />
Aus der grossen Fülle von Neuerscheinungen,<br />
die dieses Thema aufnehmen, habe<br />
ich vier Titel ausgewählt, für die ich sozusagen<br />
meine Hand ins Feuer legen würde<br />
– sie alle sind aussergewöhnlich gut.<br />
‹Wecke niemals einen Schrat› von Autor<br />
Wieland Freund und der Illustratorin Joëlle<br />
Tourlonias finde ich zum Beispiel wahnsinnig<br />
schön – das <strong>ist</strong> ein richtiges Herzensbuch,<br />
das mit viel Liebe gemacht<br />
wurde. Die Geschichte spielt im Elfenwald.<br />
Jannis und Motte sind zwei Elfenkinder,<br />
die gerade ihre Elfenprüfung ablegen<br />
mussten. Das Mädchen Motte hat sie mit<br />
Bravour bestanden, Jannis aber <strong>ist</strong> durchgerasselt,<br />
weil er immer den Unterricht<br />
schwänzte. Er kennt daher auch ‹Amsel<br />
<strong>Marius</strong> <strong>Leutenegger</strong><br />
Werden wahre Freunde:<br />
die Elfen Jannis und<br />
Motte aus «Wecke<br />
niemals einen Schrat».<br />
Salamanders Buch über alles› nicht genau,<br />
und deshalb stochert er auf einem Streifzug<br />
durch den Wald dummerweise in einem<br />
vermeintlichen Pilz herum – und<br />
weckt so den Schrat Wendel auf. In Salamanders<br />
weisem Buch steht, dass man<br />
niemals einen Schrat aufwecken darf; tut<br />
man es doch, folgt er einem für immer und<br />
bringt einem nur Unglück. Jannis will vor<br />
dem Schrat fliehen, doch er kann ihn nicht<br />
abschütteln. Weil er auf seiner Flucht den<br />
ganzen Elfenwald durcheinanderbringt,<br />
wird Jannis verstossen. In der ersten<br />
Nacht, in der er allein <strong>ist</strong>, beschwört der<br />
böse Zauberer Holunder einen Sturm herauf,<br />
der das ganze Elfenvolk und auch<br />
Salamanders Buch verweht. Jannis Freundin<br />
Motte und die Elfenkönigin werden<br />
vom bösen Zauberer entführt, und nur<br />
Jannis kann sie retten – zusammen mit<br />
Wendel. Während seines Abenteuers merkt<br />
Jannis allmählich, dass der weise Salamander<br />
sich mit seiner Einschätzung eines<br />
Schrats ziemlich geirrt hat ... Der heimliche<br />
Star dieses Buchs <strong>ist</strong> der Schrat Wendel,<br />
der total herzig gezeichnet wurde: Er<br />
hat eine Haut wie ein Pilz und sieht irgendwie<br />
aus wie eine grosse Bohne. Der Text <strong>ist</strong><br />
sehr sympathisch und äusserst unterhaltsam<br />
geschrieben, und die Bilder sind sehr<br />
attraktiv. Ich kann mir vorstellen, dass<br />
‹Wecke niemals einen Schrat› das Lieblingsbuch<br />
vieler Kinder werden wird. Sie<br />
können es selber lesen, es eignet sich aber<br />
auch zum Vorlesen für Buben und Mädchen<br />
im Kindergartenalter.<br />
Das nächste Buch gefällt wohl vor allem<br />
Mädchen – Buben lesen ja nicht so gern<br />
Geschichten mit weiblichen Hauptfiguren.<br />
‹Superhelden fliegen geheim› von Alice<br />
Pantermüller erzählt die Freundschaftsgeschichte<br />
von Karline und Rose. Karline<br />
hat ein Geheimnis, das sie nicht einmal<br />
Rose anvertrauen kann: Sie stammt aus<br />
einer Superheldenfamilie. Die Eltern und<br />
Geschw<strong>ist</strong>er von Karline retten dauernd<br />
die Welt, und es <strong>ist</strong> anzunehmen, dass auch<br />
die Jüngste irgendwelche Superkräfte hat<br />
– nur haben sich diese noch nicht gezeigt.<br />
Wie bei Superhelden üblich, agiert auch<br />
die Familie von Karline im Verborgenen.<br />
Dummerweise zieht Professor Puvogel in<br />
die Stadt, der berühmteste Superheldenforscher,<br />
der hinter dem Geheimnis der<br />
Superhelden her <strong>ist</strong>. Und sein Sohn Jona<br />
kommt ausgerechnet in die Klasse von<br />
Karline und Rose. Weil Jona auch eher ein<br />
Aussenseiter <strong>ist</strong>, freunden sich die beiden<br />
Mädchen aber mit ihm an. Und das <strong>ist</strong> gut,<br />
denn der Professor wird von zwei Gangstern<br />
entführt und braucht dringend Hilfe.<br />
Glücklicherweise entdeckt Karline endlich<br />
ihre Gabe: Sie versteht alle Tiere, und das<br />
erwe<strong>ist</strong> sich bei der Rettung des Professors<br />
als unschätzbar wertvoll ... ‹Superhelden<br />
fliegen geheim› <strong>ist</strong> ein sehr unterhaltsames<br />
und witziges Buch – und ein ausserge-<br />
wöhnliches obendrein. Die Geschichte<br />
wird rasant und mit viel Humor erzählt.<br />
Von Alice Pantermüller stammt auch die<br />
erfolgreiche Reihe ‹Mein Lotta-Leben›,<br />
aber dieses neue Buch hat mir besser gefallen,<br />
weil es so energiegeladen <strong>ist</strong>.<br />
Aussergewöhnlich <strong>ist</strong> auch das nächste<br />
Buch – darauf deutet ja bereits der Titel<br />
hin: ‹Päpste pupsen nicht›, geschrieben<br />
von Alexander Smoltczyk. Im Mittelpunkt<br />
stehen zwei Mädchen. Die Familien der<br />
beiden jungen Schweizerinnen leben in<br />
Comiczeichner Ulf K. lockert «Superhelden fliegen<br />
geheim» mit hübschen Illustrationen auf.<br />
Rom – die eine Familie aus romantischen<br />
Gründen, die andere, weil der Vater Kommandant<br />
der Schweizergarde <strong>ist</strong>. Die beiden<br />
Mädchen streifen zusammen durch<br />
die Stadt, über die man übrigens sehr viel<br />
erfährt, und sie stellen irgendwann fest,<br />
dass die Stare in diesem Jahr bei ihrem<br />
Flügen im Schwarm höchst ungewöhnliche<br />
Formationen bilden. Die beiden Mädchen<br />
machen sich auf die Suche nach den<br />
Ursachen für dieses Phänomen und begegnen<br />
dabei eigenartigen Leuten. Und sie<br />
stossen auf ein grosses Geheimnis: Ein<br />
Priester im Vatikan erfand eine Maschine,<br />
mit der sich der Flug der Stare manipulieren<br />
lässt, und diese Maschine wurde gestohlen.<br />
Komischerweise bringen die manipulierten<br />
Stare die Menschen jetzt dazu,<br />
rundheraus die Wahrheit zu sagen. Und<br />
das könnte im Falle des Papstes zu einer<br />
© ulF K. / aren<br />
Katastrophe führen, die es zu verhindern<br />
gilt ... In dieser Geschichte <strong>ist</strong> alles sehr<br />
mysteriös und speziell. Alexander Smoltczyk<br />
erzählt in seinem Debüt zwar schlüssig<br />
und klar, aber die Sache <strong>ist</strong> ein wenig<br />
verzwickt, deshalb eignet sich das Buch<br />
eher für geübte Leserinnen und Leser ab<br />
neun, zehn Jahren. Sie können sich auf viel<br />
Spannung und höchst originelle Wendungen<br />
freuen!<br />
Und dann <strong>ist</strong> mir gleich noch eine erstklassige<br />
Neuerscheinung zum Thema Freundschaft<br />
in die Hände geraten: ‹Ein Krokodil<br />
taucht ab› von Nina Weger – ein Superbuch!<br />
Das schöne Cover könnte einen auf<br />
eine falsche Fährte leiten, denn die Geschichte<br />
<strong>ist</strong> schon etwas düsterer, als der<br />
Umschlag verspricht. Hauptfigur <strong>ist</strong> Paul,<br />
der mit seinem Vater und dem Mississippi-<br />
Alligator Orinoko zusammenlebt; der Vater<br />
arbeitet mit Tieren und <strong>ist</strong> dadurch zu diesem<br />
ungewöhnlichen Haustier gekommen.<br />
Leider verliebt sich der Vater, und die neue<br />
Freundin zieht zusammen mit ihrer Tochter<br />
Elektra bei Paul ein. Es gibt ständig<br />
Streit, und bei einem Krach fällt Orinoko<br />
ins Klo und wird aus Versehen heruntergespült.<br />
Paul macht sich auf die Suche nach<br />
seinem besten Freund und geht in die Kanalisation.<br />
Dort trifft er auf eine grosse<br />
Bande von Kindern, die sich in der Kanalisation<br />
ein eigenes Reich eingerichtet hat.<br />
Paul muss schwören, dass er für immer bei<br />
diesen Ausreissern bleibt, und sie helfen<br />
ihm in Gegenzug, Orinoko zu finden. Doch<br />
dann taucht Elektra auf. Sie wollte Orinoko<br />
ebenfalls retten, um sich mit Paul zu versöhnen,<br />
doch sie hat sich in der Kanalisation<br />
verirrt. Erst verstehen sich Paul und<br />
Elektra überhaupt nicht, dann merkt er<br />
aber, dass sie es ehrlich meint mit der Versöhnung<br />
– und die beiden beschliessen, die<br />
Kanalisation gegen den Willen der Bande<br />
zu verlassen. Das alles <strong>ist</strong> total spannend,<br />
ein Abenteuer jagt das nächste, und man<br />
kann als Leserin oder Leser kaum Luft holen.<br />
Irgendwie hat mich das Ganze ein wenig<br />
an ‹Die rote Zora› erinnert – zumindest<br />
bezüglich Spannung <strong>ist</strong> der Vergleich<br />
durchaus angebracht.»<br />
Nicole Stäuble, 40, <strong>ist</strong> Buchhändlerin bei<br />
Orell Füssli in Frauenfeld; sie hat einen<br />
dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits<br />
meine Lehre zur Buchhändlerin bei Orell<br />
Füssli», erzählt sie. Schon in der Lehre<br />
seien Kinder- und Jugendbücher für sie<br />
das Grösste gewesen, denn «dieser Bereich<br />
<strong>ist</strong> so vielseitig und fast so etwas wie<br />
eine Buchhandlung in der Buchhandlung!»<br />
Ausserdem könne man die Kundinnen<br />
und Kunden, die Kinderbücher suchten,<br />
umfassend beraten: «Die me<strong>ist</strong>en Leute<br />
sind dankbar für Empfehlungen, weil sie<br />
sich mit den Neuerscheinungen nicht so<br />
gut auskennen.»<br />
Wecke niemals<br />
einen Schrat<br />
Wieland Freund,<br />
Joëlle Tourlonias<br />
(Illustrationen)<br />
217 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
Beltz & Gelberg<br />
ab 8 Jahren<br />
Superhelden<br />
fliegen geheim<br />
Alice Pantermüller,<br />
Ulf K. (Illustrationen)<br />
163 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Arena<br />
ab 9 Jahren<br />
Päpste pupsen<br />
nicht<br />
Alexander<br />
Smoltczyk<br />
CHF 18.90<br />
Dressler<br />
ab 10 Jahren<br />
Ein Krokodil<br />
taucht ab<br />
Nina Weger<br />
336 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
Oetinger<br />
ab 10 Jahren
44 | ORELL FÜSSLI Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Mein Buch | 45<br />
«Das kleine Gespenst»<br />
in Winterthur<br />
Ein Theatererlebnis für die ganze Familie: Der Kinderbuch-Klassiker<br />
«Das kleine Gespenst» wird auf Schloss Mörsburg unter freiem<br />
Himmel aufgeführt.<br />
Benjamin Gygax<br />
Am 18. Februar 2013 starb einer der grössten<br />
deutschen Kinderbuchautoren: Otfried<br />
Preussler. Er wurde fast 90 Jahre alt. Mit<br />
seinen Büchern hat Preussler Generationen<br />
von Kindern und Jugendlichen unterhalten.<br />
«Der kleine Wassermann», «Die<br />
kleine Hexe» oder «Der Räuber Hotzenplotz»<br />
sind auch Jahrzehnte nach ihrem<br />
Erscheinen bekannt und beliebt; und<br />
«Krabat» sorgt auch heute noch für Gänsehaut<br />
bei jugendlichen Leserinnen und Lesern.<br />
Preusslers 32 Bücher wurden in 55<br />
Sprachen übersetzt und rund 50 Millionen<br />
Mal gedruckt.<br />
Wie bühnentauglich die Geschichten des<br />
deutschen Schriftstellers sind, zeigt jetzt<br />
die Produktionsgesellschaft «summerträumli»<br />
der beiden Schauspieler Patrizia<br />
Gasser und Samuel Vetsch. Sie führt «Das<br />
kleine Gespenst» in einer werkgetreuen<br />
Dialektbearbeitung auf, unter freiem Himmel<br />
und vor perfekter Kulisse: im Hof von<br />
Schloss Mörsburg bei Stadel, Winterthur.<br />
«Viele Kindertheater sind Tourneeproduktionen<br />
und müssen deshalb auf aufwändige<br />
Bühnenbilder und Requisiten verzichten»,<br />
sagt Mit-Initiant und Regisseur<br />
Samuel Vetsch. «Wir wollten aber einmal<br />
Wettbewerb: Kurzgeschichten<br />
gesucht!<br />
Während einer Zugfahrt lässt sich wunderbar<br />
lesen – die Zeit bis zum Ziel <strong>ist</strong> sozusagen<br />
geschenkt, und man kann ungestört in<br />
Geschichten abtauchen. Re<strong>ist</strong> man mit dem<br />
Voralpen-Express, <strong>ist</strong> Lesen aber ausnahmsweise<br />
nicht die beste Beschäftigung,<br />
denn der Zug durchquert vom Bodensee bis<br />
zum Vierwaldstättersee einige der schönsten<br />
Gegenden der Schweiz. Warum also<br />
nicht einfach aus dem Fenster schauen und<br />
die Eindrücke geniessen<br />
Und wer seine Eindrücke in eine Kurzgeschichte<br />
packt, kann jetzt auch attraktive<br />
Preise gewinnen. Der Voralpen-Express<br />
und Orell Füssli suchen die spannendsten,<br />
lustigsten oder romantischsten Kurzgeschichten.<br />
Einzige Bedingung: Die Geschichte<br />
darf höchstens 5000 Zeichen lang<br />
sein und muss die fünf Begriffe «Voralpen-<br />
Express», «Rothenthurmer Hochmoor»,<br />
«Rickentunnel», «Sitterviadukt» und «unbekannter<br />
Koffer» enthalten.<br />
Senden Sie Ihre Geschichte bis zum 15. Oktober<br />
2013 unter www.voralpen-express.ch<br />
ein und gewinnen Sie ein Wochenende für<br />
zwei Personen in Bad Zurzach, eine<br />
Schreibwerkstatt mit Milena Moser oder einen<br />
E-Reader. Alle Informationen unter<br />
www.books.ch/geschichten-spinnen.<br />
ein richtiges Spektakel präsentieren, das<br />
Gross und Klein etwas bietet.» Die Macher,<br />
die schon beim MärliMusicalTheater von<br />
Andrew Bond zusammenarbeiteten, versprechen<br />
Live-Musik und Action.<br />
Geplant sind 15 Vorstellungen. Sie gehen<br />
zwischen dem 10. August und dem 15. September<br />
jeweils am Mittwoch-, Samstagund<br />
Sonntagnachmittag über die Bühne.<br />
Damit das Spektakel auch bei Regen nicht<br />
ins Wasser fällt, <strong>ist</strong> die Tribüne gedeckt.<br />
Informationen und Hinweise zum Vorverkauf<br />
unter www.summerträumli.ch.<br />
Preis für den<br />
Kramhof<br />
Seit 2004 vergibt die Arbeitsgemeinschaft<br />
für Jugendbuchverlage avj, der<br />
rund 90 Verlage im deutschsprachigen<br />
Raum angehören, jährlich den «Kinderbuchhandlungspreis».<br />
Die Auszeichnungen<br />
für 2013 wurden im Rahmen der<br />
Leipziger Buchmesse überreicht – und zu<br />
den Pre<strong>ist</strong>rägern gehört auch Orell Füssli.<br />
Die Filiale Kramhof an der Zürcher<br />
Bahnhofstrasse gewann den Preis für die<br />
Schweiz mit der Aktion «Testleser». Dabei<br />
empfehlen Kinder anderen Kindern<br />
Neuerscheinungen, die sie für besonders<br />
gelungen halten. Zum Testleser-Team gehören<br />
etwa 20 Buben und Mädchen, die<br />
sich auf einen Aufruf gemeldet haben. Sie<br />
können sich bei den Leseexemplaren bedienen<br />
und verfassen dann eine Rezension,<br />
die in der Buchhandlung ausgestellt<br />
wird. «Eine kreative Idee, mit der ein Beitrag<br />
zur Leseförderung gele<strong>ist</strong>et wird<br />
und welche die Buchhandlung für junge<br />
Kundinnen und Kunden interessant<br />
macht», urteilte die Jury.<br />
Einkaufen auf dem Weg<br />
in die Ferien<br />
Wir möchten von Orell-Füssli-Kundinnen und -Kunden wissen: Welches <strong>ist</strong><br />
Ihr liebstes Buch Heute antwortet David Auf der Maur aus Guarda.<br />
Erik Brühlmann<br />
In der Filiale von Orell Füssli am Flughafen<br />
Kloten herrscht zuweilen ein babylonisches<br />
Sprachwirrwarr. Deutsch, Englisch<br />
und Französisch sind ebenso in Gebrauch<br />
wie Idiome, die nicht so leicht zu identifizieren<br />
sind. Kein Wunder, sind doch die<br />
me<strong>ist</strong>en Kundinnen und Kunden im wahrsten<br />
Sinn des Wortes auf der Durchreise.<br />
Das gilt auch für den 42-jährigen David Auf<br />
der Maur. Der Landwirt aus dem Engadin<br />
<strong>ist</strong> eigentlich auf dem Weg in die Ferien<br />
JUDITH GMÜR I KARIN PREDIERI<br />
Feine Rezepte und praktische Tipps<br />
für Lager, Schulen, Mittagstische,<br />
Kantinen, Feste und grosse Familien.<br />
Mit farbigen Illustrationen und Spiralbindung.<br />
ISBN 978-3-85932-704-7<br />
Die Frage nach dem «Was koche ich heute»<br />
erübrigt sich mit diesem Buch. Freuen Sie sich<br />
auf strahlende Gesichter und dankbare Komplimente<br />
an langen Esstischen. und bewertet.<br />
nach Gran Canaria. Da kommt ihm die<br />
Buchhandlung von Orell Füssli gerade gelegen,<br />
um sich vor dem Flug noch mit Lesefutter<br />
einzudecken. «Ich lese eben sehr<br />
viel», sagt er, «Fachliteratur rund um die<br />
Landwirtschaft, Kochbücher, Krimis und<br />
am liebsten h<strong>ist</strong>orische Romane.» Mit digitalen<br />
Büchern kann David Auf der Maur<br />
wenig anfangen: «Ich liebe es einfach, ein<br />
Buch in der Hand zu halten!» Und von der<br />
Hand wandern die Bücher dann in die eigene<br />
Bibliothek, denn in den allerme<strong>ist</strong>en<br />
Fällen behält er, was er gelesen hat. «Ich<br />
finde es einfach toll, eine eigene Bibliothek<br />
zu haben.»<br />
Bei der Auswahl seiner Bücher verlässt<br />
sich David Auf der Maur auf seine Intuition:<br />
«Entweder gefällt mir das Cover, oder<br />
der Titel fasziniert mich – und me<strong>ist</strong>ens <strong>ist</strong><br />
das dann eine gute Wahl.» Zu seinen Lieblingsautoren<br />
gehören Ken Follett, Donna<br />
Leon, Dick Francis und Paulo Coelho. «Gefällt<br />
mir das Buch eines Autors, lese ich oft<br />
auch alle anderen von ihm», so der 42-Jährige,<br />
der auch kein Problem mit Literaturverfilmungen<br />
hat. «Ich gehe da ganz unbefangen<br />
heran. Wenn ich das Buch lese, lese<br />
URSULA KOHLER<br />
20 zweitägige Ausflüge mit Kind<br />
und Kegel.<br />
Zahlreiche Karten und farbige Abbildungen.<br />
ISBN 978-3-85932-700-9<br />
Wer Neues entdecken will, findet unter<br />
den 20 quasi pfannenfertigen zweitägigen<br />
Touren mit vielfältigen Varianten bestimmt<br />
immer wieder den passenden Ausflug.<br />
GABRIELLE ATTINGER<br />
20 neue Tipps für Kurzferien in<br />
der Schweiz.<br />
Zahlreiche farbige Abbildungen.<br />
ISBN 978-3-85932-699-6<br />
Wer diesen Reiseführer in der Hand hat,<br />
braucht nur noch die Tasche zu packen<br />
und los geht’s – in rundum genussreiche,<br />
erholsame Kurzferien.<br />
ich das Buch; wenn ich den Film sehe, sehe<br />
ich den Film. Oft haben beide Aufbereitungen<br />
eines Stoffs ihre Qualitäten, wenn auch<br />
nicht unbedingt dieselben.»<br />
Konsequenterweise empfiehlt der Landwirt<br />
für unsere Rubrik auch ein Buch, das<br />
sowohl in Buchform als auch in der Verfilmung<br />
mit Ben Whishaw und Dustin Hoffman<br />
zu den Grosserfolgen zählt: «Das Parfum»<br />
von Patrick Süskind aus dem Jahr<br />
1985. Der Roman – der einzige, den Süskind<br />
je geschrieben hat – erzählt die Geschichte<br />
von Jean-Bapt<strong>ist</strong>e Grenouille, der<br />
einen geradezu phänomenalen Geruchssinn<br />
besitzt, jedoch selbst ohne <strong>menschlich</strong>en<br />
Eigengeruch geboren wurde. Er beschliesst,<br />
grösster Parfumeur aller Zeiten<br />
zu werden. Für seine Vision, mit allen Mitteln<br />
das perfekte Parfum zu kreieren, wird<br />
er sogar zum Mörder – und muss erkennen,<br />
dass seine Kreation nur eine Illusion<br />
<strong>ist</strong>. «Wahnsinnig spannend geschrieben<br />
und total faszinierend!», findet David Auf<br />
der Maur.<br />
Das Parfum<br />
Patrick Süskind<br />
319 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
Diogenes<br />
Geniessen Sie spontane und<br />
spannende Ausflüge ohne<br />
zeitraubende Vorbereitungen.<br />
Verwöhnen Sie kulinarisch<br />
eine Gruppe mit neuen Ideen<br />
und einer stressfreien Planung.<br />
Die Freizeitführer des<br />
Werd Verlags helfen Ihnen<br />
dabei und sind Ihre sicheren<br />
Begleiter.<br />
werdverlag.ch
46 | Kochbücher Books Nr. 2/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf Kochbücher | 47<br />
Ein kulinarisches Mosaik<br />
Jerusalem <strong>ist</strong> ein Brennpunkt vieler Menschengruppen. Dies hat zu andauernden Konflikten, aber auch<br />
zu einer Konzentration von Kochtraditionen geführt. Yotam Ottolenghi zeigt mit seinen Kochbüchern,<br />
dass Völkerverständigung durch den Magen gehen kann.<br />
Markus Ganz<br />
Yotam Ottolenghi: «Wir bemühen uns zu überraschen<br />
und die Neugierde zu wecken.»<br />
Eine einzige für Jerusalem typische Küche<br />
kann es nicht geben. In der jahrtausendealten<br />
Stadt leben Angehörige verschiedener<br />
Strömungen des Judentums und des<br />
Islams, aber auch griechisch- und russisch-orthodoxe<br />
Chr<strong>ist</strong>en, chr<strong>ist</strong>liche Araber<br />
oder Kopten. Sie alle pflegen unterschiedliche<br />
Kochtraditionen, die von ihrer<br />
geografischen, kulturellen und religiösen<br />
Herkunft geprägt sind. Trotz dieser Vielfalt<br />
kann man aber auch Gemeinsamkeiten<br />
finden. Das zeigen Yotam Ottolenghi und<br />
Sami Tamimi mit ihrem aussergewöhnlichen<br />
Kochbuch «Jerusalem».<br />
Freundschaft in London<br />
Yotam Ottolenghi wurde 1968 als Sohn einer<br />
deutschen Mutter und eines italienischen<br />
Vaters im jüdisch geprägten West-<br />
Jerusalem geboren; der gleichaltrige<br />
Palästinenser Sami Tamimi wuchs zur selben<br />
Zeit im muslimischen Ost-Jerusalem<br />
auf. Die beiden sind einander dort nie begegnet.<br />
Zufällig lernten sie einander 1999<br />
in London kennen, wo Yotam Ottolenghi<br />
eine Kochausbildung absolviert hatte. Zusammen<br />
eröffneten sie 2002 eine Bar,<br />
dann kam ein Restaurant hinzu. Mittlerweile<br />
besitzen sie deren vier – denn die<br />
© Richard Learoyd / Dorling Kindersley<br />
geschmacksintensiven Kreationen ihrer<br />
mediterran-orientalischen Küche stiessen<br />
in der britischen Hauptstadt auf grosse Bege<strong>ist</strong>erung.<br />
«Wir bemühen uns zu überraschen<br />
und die Neugierde zu wecken»,<br />
schreiben sie auf ihrer Website.<br />
Kräftig und kühn<br />
Um diese Ziele zu erreichen, setzen sie<br />
«kräftige Aromen und kühne Farbkombinationen»<br />
ein, als Lieblingszutaten nennen<br />
sie Zitrone, Granatapfel, Knoblauch und<br />
Chili. Die bald landesweite Popularität ihrer<br />
Küche <strong>ist</strong> auch darauf zurückzuführen,<br />
dass sich Yotam Ottolenghi mit einer Kolumne<br />
im Wochenend-Magazin von «The<br />
Guardian» einen Namen gemacht hat. Er<br />
beschreibt dort auf zum Kochen verführende<br />
Weise, wie schmackhaft vegetarische<br />
Gerichte sein können. Dies führte zu<br />
zwei Kochbüchern, die international auf<br />
grosse Beachtung stiessen: «Genussvoll<br />
vegetarisch – mediteran. orientalisch. raffiniert»<br />
und «Das Kochbuch – mediteran.<br />
orientalisch. raffiniert».<br />
Kindheitserinnerungen<br />
Das neuste Kochbuch hat Yotam Ottolenghi<br />
nun mit seinem Freund und Geschäftspartner<br />
Sami Tamimi geschaffen. «Jerusalem»<br />
sei eine Suche nach den wundervollen Geschmackserlebnissen<br />
ihrer Kindheit, erklären<br />
die beiden in der Einführung. Neben<br />
traditionellen Gerichten, die sie<br />
teilweise heutigen Essgewohnheiten anpassten,<br />
bieten sie auch eigene Rezepte,<br />
die von dieser Stadt inspiriert wurden. Der<br />
grossformatige Bildband besticht jedoch<br />
nicht nur mit appetitanregend bebilderten<br />
Gerichten wie Mangoldkuchen, geschmorten<br />
Wachteln mit Aprikosen, Korinthen<br />
und Tamarinde oder gefüllten Quitten. Eindrücklich<br />
sind – neben stimmungsvollen<br />
Fotos aus dem Leben in Jerusalem – auch<br />
die Texte, die oft weit übers Kulinarische<br />
hinausgehen.<br />
Kulinarische Wege<br />
Zu den erklärten Lieblingsrezepten der Autoren<br />
gehört ein einfaches Couscous mit<br />
Tomaten und Zwiebeln. Es basiert auf einem<br />
Gericht aus Samis Kindheit, das ihm<br />
seine Mutter Na’ama im muslimischen<br />
Ostjerusalem kochte. Im selben Zeitraum<br />
ass Yotam im jüdischen Westteil der Stadt<br />
oft ein ähnliches Gericht, das ihm sein Vater<br />
Michael zubereitete. Doch statt Couscous<br />
verwendete dieser Ptitim, kleine<br />
Pastakugeln. «Die eine Variante schmeckte<br />
so herrlich wie die andere», schreiben die<br />
Autoren und schlagen den Bogen noch<br />
weiter: In der Küche der libyschen Juden<br />
gebe es ein ähnliches Gericht wie das von<br />
Michael. Es heisse Shorba und widerspiegle<br />
die Zeit der italienischen Besatzung in<br />
Libyen im frühen 20. Jahrhundert. Michaels<br />
Ptitim sei also möglicherweise von der<br />
libyschen Küche in Jerusalem beeinflusst,<br />
die ihrerseits wiederum italienische Spuren<br />
aufweise. «Und das Sahnehäubchen<br />
auf diesem interkulturellen Kuchen: Michaels<br />
Grossonkel Aldo Ascoli war Admiral<br />
der italienischen Marine, die 1911 in Tripolis<br />
einfiel und Libyen besetzte.»<br />
Jerusalem –<br />
Das Kochbuch<br />
Yotam Ottolenghi<br />
und Sami Tamimi<br />
318 Seiten<br />
CHF 36.90<br />
Dorling<br />
Kindersley<br />
Genussvoll vegetarisch –<br />
mediterran. orientalisch.<br />
raffiniert<br />
Yotam Ottolenghi<br />
287 Seiten<br />
CHF 36.90<br />
Dorling<br />
Kindersley<br />
Das Kochbuch –<br />
mediteran. orientalisch.<br />
raffiniert<br />
Yotam Ottolenghi<br />
303 Seiten<br />
CHF 37.90<br />
Dorling<br />
Kindersley<br />
Für Sie probiert: Geschmortes<br />
Kalbfleisch mit Dörrpflaumen<br />
und Lauch<br />
Rezept aus dem nebenan besprochenen Buch «Jerusalem»<br />
Die Küche der «Spanioli» – sephardische<br />
Juden, die seit vielen Generationen in Jerusalem<br />
ansässig sind – <strong>ist</strong> etwas ganz Besonderes.<br />
Die ersten Spanioli kamen im<br />
Zug der Judenvertreibung 1492 ins Land,<br />
oft nicht auf dem direkten Weg aus Spanien,<br />
sondern über andere Länder. Daher <strong>ist</strong><br />
ihre Art zu kochen von vielen Traditionen<br />
beeinflusst, die sie auf ihrem Weg nach<br />
Jerusalem kennenlernten. Inzwischen sind<br />
Für 4 Personen (reichlich)<br />
Zutaten:<br />
110 ml Sonnenblumenöl<br />
4 grosse Scheiben Kalbshaxe<br />
mit Knochen (etwa 1 kg)<br />
2 grosse Zwiebeln (etwa 500 g),<br />
fein gehackt<br />
3 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />
100 ml trockener Weisswein<br />
250 ml Hühner- oder Rinderbrühe<br />
1 Dose Tomatenstücke (400 g)<br />
5 Zweige Thymian, die Blätter fein<br />
gehackt<br />
2 Lorbeerblätter<br />
Schale von 1 Bio-Orange, in Streifen<br />
abgeschält<br />
2 kleine Zimtstangen<br />
½ TL gemahlener Piment<br />
2 Sternanis<br />
6 Stangen Lauch (nur die weissen Teile),<br />
in 1 ½ cm breite Ringe geschnitten<br />
200 g Dörrpflaumen, entsteint<br />
Salz und schwarzer Pfeffer<br />
Zum Servieren:<br />
120 g griechisches Joghurt<br />
2 EL fein gehackte glatte Petersilie<br />
2 EL abgeriebene Zitronenschale<br />
2 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />
in ihre Gerichte auch Elemente der aschkenasischen<br />
Küche eingeflossen – eine absolut<br />
faszinierende Mischung. Typisch für die<br />
sephardische Tradition <strong>ist</strong> die Kombination<br />
von Fleisch und getrockneten Früchten,<br />
wie wir sie hier finden. Das unterscheidet<br />
ihre Gerichte deutlich von der Küche der<br />
Palästinenser, in der trotz mancher Ähnlichkeiten<br />
Süsses nie mit Pikantem kombiniert<br />
wird.<br />
Zubereitung:<br />
Den Backofen auf 180 °C vorheizen.<br />
In einer grossen Pfanne mit schwerem Boden<br />
2 Esslöffel Öl erhitzen, das Fleisch darin<br />
auf jeder Seite 2 Minuten bei starker<br />
Hitze anbraten, danach in einem Sieb abtropfen<br />
lassen.<br />
Den grössten Teil des Fetts wegschütten.<br />
Erneut 2 Esslöffel Öl in der Pfanne erhitzen<br />
und darin die Zwiebeln mit dem Knoblauch<br />
etwa 10 Minuten bei mittlerer bis<br />
starker Hitze goldgelb anbraten. Dabei gelegentlich<br />
umrühren und den Bratensatz<br />
vom Boden lösen. Den Wein angiessen und<br />
3 Minuten bei starker Hitze kochen lassen,<br />
bis er fast vollständig verdampft <strong>ist</strong>. Die<br />
Hälfte der Brühe angiessen, Tomaten, Thymian,<br />
Lorbeerblätter, Orangenschale, die<br />
Gewürze, 1 Teelöffel Salz und etwas Pfeffer<br />
hinzufügen, gut umrühren und aufkochen<br />
lassen. Das Fleisch in die Pfanne legen und<br />
in der Sauce wenden.<br />
Das Fleisch mit der Sauce in eine ofenfeste<br />
Form füllen und gleichmässig darin verteilen.<br />
Mit Alufolie abdecken und für 2½ Stunden<br />
in den Backofen schieben. Gelegentlich<br />
prüfen, ob die Sauce nicht zu dick wird<br />
und am Rand verbrennt. Ist dies der Fall,<br />
etwas Wasser hinzufugen. Das Fleisch <strong>ist</strong><br />
gar, wenn es sich mühelos vom Knochen<br />
lösen lässt. Die Fleischstücke aus der Sauce<br />
nehmen und in einer grossen Schüssel<br />
etwas abkühlen lassen. Das Fleisch von<br />
den Knochen lösen und das Mark mit einem<br />
kleinen Messer aus den Knochen herauskratzen.<br />
Die Knochen wegwerfen.<br />
Das restliche Öl in einer Pfanne erhitzen,<br />
den Lauch darin etwa 3 Minuten unter gelegentlichem<br />
Rühren bei starker Hitze anbraten,<br />
dann zu der Sauce in die Form geben.<br />
In der Pfanne die Dörrpflaumen mit<br />
der restlichen Brühe, dem ausgelösten<br />
Fleisch und dem Knochenmark verrühren<br />
und ebenfalls in die Form geben. Mit Alufolie<br />
abdecken, die Form nochmals für 1<br />
Stunde in den Backofen schieben und anschliessend<br />
die Sauce noch einmal abschmecken.<br />
Mit dem Joghurt garnieren und mit einer<br />
Mischung aus Petersilie, Zitronenschale<br />
und Knoblauch bestreuen; heiss servieren.<br />
Anmerkungen:<br />
Das Kalbfleisch kann schon deutlich früher<br />
gar sein, deshalb frühzeitig überprüfen.<br />
Als Beilage passt Trockenreis, den man<br />
beispielsweise mit Butter, gehackten Zwiebeln,<br />
gerösteten Mandelsplittern und Kardamom<br />
anreichern kann.
48 | WETTBEWERB Books Nr. 2/2013<br />
Das Literatur-Kreuzworträtsel<br />
Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Gutscheinkarten von Orell Füssli:<br />
1. Preis: CHF 200.–, 2. Preis: CHF 100.–, 3. Preis: CHF 50.–, 4. bis 10. Preis: je CHF 20.–.<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf VERANSTALTUNGEN | 49<br />
Veranstaltungen von Orell Füssli<br />
Mai<br />
16.<br />
Handanalysen mit<br />
Monika Hauser<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
25.<br />
Märlischtund<br />
Juni<br />
1.<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
6.<br />
9.<br />
Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
Filiale am Bellevue, Zürich 20.30 h<br />
«Zürich» und «Basel»<br />
Mark van Huisseling und Alain Claude Sulzer<br />
lesen aus ihren Büchern über ihre Städte<br />
11.<br />
Handanalysen mit Monika Hauser<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
27.<br />
Märlischtund<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
17. Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />
L-Reihe<br />
Lesung von Daniel Kehlmann, Veranstaltet mit<br />
der Filiale Kramhof<br />
25.<br />
Zürich liest: Lesung und<br />
Diskussion mit Milena Moser<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur 19 h<br />
1.<br />
Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
August<br />
3.<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
31.<br />
Märlischtund<br />
Filiale Kramhof, Zürich 13-15 h<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
✁<br />
Lösungswort:<br />
Vorname / Name<br />
3.<br />
Filiale Rösslitor, St. Gallen 20 h<br />
Literaturcafé<br />
12.<br />
Lesezirkel<br />
Filiale Frauenfeld 19 h<br />
13. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
Handanalysen mit Monika Hauser<br />
29.<br />
Märlischtund<br />
Juli<br />
1.-7.<br />
3.<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
Filiale Basel<br />
10 Jahre Orell Füssli Basel<br />
3-fache Bookpoints aufs ganze Sortiment<br />
Glücksrad am 2., 4. und 7. Juli, jeweils<br />
16-19 h<br />
Filiale Basel 14-17 h<br />
Globi kommt zu Besuch<br />
20 % Rabatt aufs Globi-Sortiment<br />
September<br />
1.-30.<br />
7.<br />
Filiale Kramhof, Zürich<br />
20-Jahr-Jubiläum<br />
Diverse Veranstaltungen<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
12. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
Handanalysen mit Monika Hauser<br />
21.<br />
Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />
L-Reihe: «Sprechen wir über<br />
Eulen – und Diabetes»<br />
Lesung von David Sedaris, veranstaltet mit der<br />
Filiale Kramhof<br />
28.<br />
Märlischtund<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
Oktober<br />
5.<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur Nachmittag<br />
Theo der Bär kommt zu Besuch<br />
10. Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
Handanalysen mit Monika Hauser<br />
26.<br />
Märlischtund<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
30.<br />
Lesezirkel<br />
Filiale Frauenfeld 19 h<br />
November<br />
2.<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur 13-16 h<br />
Globi kommt zu Besuch<br />
14.<br />
Handanalysen mit Monika Hauser<br />
Filiale Marktgasse, Winterthur 17-20 h<br />
23.<br />
Märlischtund<br />
Filiale Frauenfeld 10.30 h<br />
23.<br />
Globi kommt zu Besuch<br />
Filiale Rosenberg, Winterthur 13-16 h<br />
25.<br />
L-Reihe: «Ein gutes Herz»<br />
Lesung von Leon de Winter, veranstaltet mit<br />
der Filiale Kramhof<br />
Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich 20 h<br />
Adresse<br />
Bis am 27. Juli 2013 in einer der Orell-Füssli-Filialen in Zürich, Basel, Bern,<br />
Winterthur, Frauenfeld, am Flughafen Zürich oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen<br />
abgeben – oder per E-Mail an: books@books.ch.<br />
Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.<br />
PLZ / Ort<br />
E-Mail<br />
Mehr Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf www.books.ch
Books Nr. 2/2013 Kolumne | 51<br />
GESCHICHTEN<br />
SPINNEN<br />
Schweizer Autorinnen und<br />
Autoren erzählen in «Books»,<br />
warum sie schreiben.<br />
Heute: Linus Reichlin<br />
würde sie Tee aus einem Samowar trinken<br />
und sich überlegen, wohin die Reise als<br />
nächstes führt, ob man einen Spaziergang<br />
zum Strand macht oder nicht doch lieber<br />
sich ein Pferd mietet.<br />
Hauptpreis:<br />
2 Übernachtungen für<br />
2 Personen in der<br />
Literaturküche in<br />
Bad Zurzach<br />
voralpen-express.ch<br />
Der wettbewerb Kurzgeschichten-<br />
2013!<br />
Der schönste Ort um zu lesen <strong>ist</strong> für mich<br />
ein frisch bezogenes Hotelbett. Nach einem<br />
guten Abendessen und reichlich Wein legt<br />
man sich kurz vor Mitternacht in die duftenden<br />
Laken, und im Schein der Nachttischlampe<br />
versinkt man in dem Buch, das<br />
man gerade liebt, folgt dem Helden auf seinen<br />
Wegen und wird von Seite zu Seite<br />
müder.<br />
Es <strong>ist</strong> mein erklärtes Ziel, Bücher zu schreiben,<br />
die den Lesern in einem Hotelbett<br />
solche Glücks- und Geborgenheitsgefühle<br />
verschaffen. Obwohl aber das Bett der primäre<br />
Ort der Leselust <strong>ist</strong>, soll man meine<br />
Bücher natürlich auch in der Hotellobby<br />
lesen können oder in der Hotelbar, meinetwegen<br />
auch im Speisesaal – Hauptsache<br />
Hotel. Literatur und Hotels gehören untrennbar<br />
zusammen, nirgendwo sind Bücher<br />
so sehr Bücher wie in Hotels, und<br />
keine Bibliothek <strong>ist</strong> so verlockend und<br />
abenteuerlich wie die in einem Hotel. Literatur<br />
<strong>ist</strong> immer Aufbruch, mit dem ersten<br />
Satz packen Autor und Leser gleichermassen<br />
ihr Bündel und betreten fremde Welten.<br />
Und wo stimmt das besser mit der<br />
Wirklichkeit überein als eben in einem Hotel,<br />
in dem auf den Aufbruch die Ruhe folgt<br />
und man bestenfalls in einem Kaminzimmer<br />
in einem englischen Ohrensessel sitzt<br />
und den Roman weiterliest, der nun gleichfalls<br />
nach dem Aufbruch in eine Phase der<br />
Ruhe eingetreten <strong>ist</strong>, in der die Geschichte<br />
vorübergehend an Tempo verliert, so als<br />
Schade für den Schriftsteller <strong>ist</strong> nur, dass<br />
er immer ein bisschen weniger Reisender<br />
<strong>ist</strong> als der Leser. Er <strong>ist</strong> gewissermassen der<br />
Reiseleiter und kennt deswegen sämtliche<br />
Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte<br />
schon. Zweifellos <strong>ist</strong> das Auftauchen der<br />
Pyramiden aus dem Kairoer Smog morgens<br />
um halb sechs auch für ihn immer<br />
wieder ein Ereignis, aber es <strong>ist</strong> eben nicht<br />
mehr so überraschend wie für den Reisenden,<br />
der es zum ersten Mal sieht. Und<br />
selbst wenn der Reiseleiter – beispielsweise<br />
bei einem Trekking-Urlaub – ebenfalls,<br />
wie der Reisende, zum ersten Mal unbekanntes<br />
Terrain betritt, wenn er also vorangeht<br />
und mit der Machete den Weg freihackt,<br />
<strong>ist</strong> für ihn das Erlebnis des Neuen<br />
mit Arbeit verbunden, während der Reisende<br />
hinter ihm auf dem frisch geschlagenen<br />
Weg das Neue mühelos geniessen<br />
kann. Der Schriftsteller arbeitet, der Leser<br />
geniesst, und deswegen <strong>ist</strong> es nur gerecht,<br />
dass er für den Genuss etwas bezahlt. Ich<br />
schreibe, damit Menschen in Hotels meine<br />
Bücher lesen, für die sie zuvor bezahlt haben.<br />
Mit einem Teil des so verdienten Geldes<br />
begleiche ich meinerseits die Rechnung<br />
des Hotels, in dem ich wiederum das<br />
Buch eines Kollegen lese, mit dem Unterschied,<br />
dass ich me<strong>ist</strong>ens für die Bücher<br />
von Kollegen nichts bezahlen muss, weil<br />
ich sie mir auf irgendeinem Weg erschnorre.<br />
Dadurch spare ich im Jahr rund 500<br />
Franken an Bücherkosten. Man könnte<br />
also auch sagen: Ich schreibe, um zu sparen,<br />
auch beispielsweise Schlusspointen.<br />
Linus Reichlin<br />
Linus Reichlin, 56, kam in Aarau zur Welt<br />
und lebt heute in Berlin. Bekannt wurde<br />
er erst als Journal<strong>ist</strong>, dann als Kolumn<strong>ist</strong> –<br />
und schliesslich als Schriftsteller. Für «Die<br />
Sehnsucht der Atome» erhielt er 2009 den<br />
Deutschen Krimipreis.<br />
Das Leuchten in der Ferne<br />
299 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Galiani<br />
© Susanne Schleyer
UNSERE BUCHHANDLUNGEN<br />
ZÜRICH<br />
KRAMHOF<br />
Füssl<strong>ist</strong>rasse 4, 8001 Zürich<br />
MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />
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MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />
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MO – FR: 09.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 18.00<br />
FLUGHAFEN<br />
Airport Center, 8060 Zürich-Flughafen<br />
MO – SO: 08.00 – 21.00<br />
ZÜRICH HAUPTBAHNHOF<br />
Shopville, Halle Landesmuseum, 8001 Zürich<br />
MO – FR: 07.00 – 21.00 | SA : 08.00 – 21.00<br />
SO: 09.00 – 20.00<br />
BAHNHOF STADELHOFEN<br />
Stadelhoferstrasse 8, 8001 Zürich<br />
MO – FR: 08.00 – 20.00 | SA: 09.00 – 19.00<br />
SO: 10.00 – 18.00<br />
ORELL FÜSSLI IM FRANZ CARL WEBER<br />
Bahnhofstrasse 62, 8001 Zürich<br />
MO – MI: 09.00 – 18.30 | DO / FR: 09.00 – 20.00<br />
SA: 09.00 – 18.00<br />
WINTERTHUR<br />
MARKTGASSE<br />
Marktgasse 3, 8400 Winterthur<br />
MO – MI / FR: 09.00 – 18.30 | DO: 09.00 – 21.00<br />
SA: 09.00 – 17.00<br />
ROSENBERG<br />
Einkaufszentrum Rosenberg<br />
Schaffhauserstrasse 152<br />
8400 Winterthur<br />
MO – FR: 08.30 – 20.00 | SA: 08.00 – 18.00<br />
ST.GALLEN<br />
RÖSSLITOR BÜCHER<br />
Multergasse 1– 3, 9001 St.Gallen<br />
MO – MI / FR: 09.00 – 18.30 | DO: 09.00 – 21.00<br />
SA: 09.00 – 17.00<br />
BAHNHOF ST.GALLEN<br />
Poststrasse 28, 9000 St.Gallen<br />
MO – FR: 08.00 – 21.00 | SA / SO : 10.00 – 20.00<br />
FRAUENFELD<br />
PASSAGE<br />
Einkaufszentrum Passage<br />
Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 Frauenfeld<br />
MO – DO: 08.00 – 19.00 | FR: 08.00 – 20.00<br />
SA: 08.00 – 17.00<br />
BERN<br />
WESTSIDE<br />
Einkaufszentrum Westside<br />
Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern<br />
MO – DO: 09.00 – 20.00 | FR: 09.00 – 22.00<br />
SA: 08.00 – 17.00<br />
BASEL<br />
BAHNHOF SBB<br />
Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 Basel<br />
MO – FR: 07.00 – 21.00 | SA : 08.00 – 21.00<br />
SO: 09.00 – 20.00<br />
KUNDENSERVICECENTER<br />
Telefon: 0848 849 848<br />
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