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die LUPE 67 vom 06.11.09 als - Haus Hall

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Ausgabe <strong>67</strong><br />

Themen <strong>die</strong>ser Ausgabe:<br />

» Kinder sind Lichtstrahlen<br />

» Erklär mir den LWL<br />

» Aktuelles


Vorwort<br />

Inhaltsübersicht<br />

Impressum<br />

2 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

einige Gesichter auf dem Titelbild werden Sie erkennen. Alle sind Lehrer an<br />

unserer Förderschule. Freitags machen sie seit einiger Zeit zusammen Musik<br />

unter dem Namen „Pommes Connection“. Ihr erster öffentlicher Auftritt wird<br />

im Festsaal von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> sein. Besuchen Sie uns <strong>als</strong>o bei unserem nächsten<br />

Sonntagskonzert am 22. November um 16:00 Uhr!<br />

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist das Schwerpunktthema <strong>die</strong>ses<br />

Heftes. Der LWL, wie er sich selbst nennt, ist für <strong>die</strong> Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> der<br />

mit Abstand wichtigste Kostenträger und dennoch vielen Menschen nahezu<br />

unbekannt. Wie unter guten Partnern üblich, ist über viel Positives in unserer<br />

Zusammenarbeit zu berichten, aber auch über Spannungen. Und <strong>die</strong> werden<br />

voraussichtlich zunehmen. Mit <strong>die</strong>ser <strong>LUPE</strong> wollen wir Ihnen <strong>die</strong> gemeinsamen<br />

Berührungspunkte und Zukunftsaufgaben etwas näher bringen.<br />

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.<br />

Es grüßt Sie<br />

Dr. Thomas Bröcheler, Direktor<br />

Kinder sind Lichtstrahlen S. 3<br />

Erklär mir den LWL S. 8<br />

Aktuelles S. 16<br />

Die <strong>LUPE</strong> – Zeitschrift der Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, Nr. <strong>67</strong>, <strong>06.11.09</strong><br />

Herausgeber: Bischöfliche Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, Dr. Thomas Bröcheler, Direktor<br />

Tungerloh-Capellen 4, 48712 Gescher<br />

Redaktion: Michel Hülskemper, Öffentlichkeitsreferent<br />

Tel. 02542-703-1006, Fax: 703-1908, michel.huelskemper@haushall.de<br />

Fotos: Maik Büger, Günther Frankemölle-Hermann, Elvira Hageleit, Michel Hülskemper,<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Norbert Ortmanns / Kirche und Leben,<br />

Ewald Röhring sowie aus dem Bestand von Wohn- und Arbeitsgruppen.<br />

Cartoons: Christian BOP Born<br />

Produktion: antek Werbekontor, Gescher<br />

Auflage: 2.600 Expl.<br />

Vertrieb: Kostenlose Ausgabe in allen Einrichtungen von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> an jeden Interessierten<br />

Postbezug: Mechtild Belker, Tel.: 02542 - 703-1001<br />

Konto: Nr. 53 000 329 Sparkasse Westmünsterland BLZ 401 545 30<br />

© <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, 2009<br />

www.haushall.de


Sie strahlen uns an. Sie sind einfach<br />

da und bezaubern uns. Lebensfreude<br />

auf zwei Beinen. Kinder sind ein Quell<br />

des Glücks, sagt ein altes Sprichwort.<br />

Wenn <strong>die</strong> Kinder erst einmal groß und<br />

aus dem <strong>Haus</strong> sind, wird das Leben ruhiger,<br />

sagen Eltern. Aber auch ärmer.<br />

Kinder sind spontan, folgen ihrem Gefühl,<br />

leben in der Gegenwart. So ganz<br />

anders <strong>als</strong> wir Erwachsenen. Da kann<br />

man manchmal glatt neidisch werden.<br />

Irgendwie sind sie vorbildlich, oder?<br />

Klar, Kinder machen nicht nur Freude.<br />

Sondern viel Arbeit und dann und<br />

wann Ärger. Und früher oder später<br />

auch Sorgen. Entwickeln sie sich gut?<br />

Läuft alles so, wie <strong>die</strong> Eltern es sich<br />

vorstellen? Wie steht es mit den Eigenarten,<br />

<strong>die</strong> das Kind entwickelt? Wird es<br />

seinen Weg in ein selbständiges, erfülltes<br />

Leben finden?<br />

Fragen, <strong>die</strong> Eltern auf dem Herzen<br />

haben – besonders, wenn ihr Kind in<br />

der Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> betreut wird.<br />

Kinder gab es hier schon immer.<br />

Anders <strong>als</strong> früher wohnen heute <strong>die</strong><br />

wenigsten in einer Heimgruppe. Die<br />

allermeisten leben bei Mama und Papa<br />

in ihrer Familie und nehmen tagsüber<br />

ein Förderangebot wahr – weil sie entwicklungsverzögert<br />

sind oder behindert.<br />

Oder weil sie ganz einfach in den<br />

integrativen Kindergarten gehen.<br />

Mehr <strong>als</strong> 400 Kinder und Jugendliche<br />

besuchen regelmäßig eine Einrichtung<br />

der Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>. Die Angebote<br />

reichen <strong>vom</strong> ersten Lebensjahr in der<br />

Frühförderung bis zur Entlassung aus<br />

der Förderschule spätestens mit 21.<br />

In <strong>die</strong>ser <strong>LUPE</strong> sprechen uns Kinder<br />

im Vorschulalter an. Mit ihren Augen,<br />

mit dem, was sie tun, mit ihrer kleinen<br />

Geschichte. Was wäre das Leben<br />

ohne sie? Fragen und Aufzeichnung:<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Kinder sind freundliche Lichtstrahlen<br />

Tjard aus Gescher im Kindergarten in Tungerloh-Capellen.<br />

Er kommt schon bald in <strong>die</strong> Schule. Er ist froh, wenn er mit anpacken kann.<br />

Zum Beispiel <strong>die</strong> leere Box <strong>vom</strong> Mittagessen zurücktragen.<br />

Tjard aus Billerbeck ist stolz. Er schafft es, oben zu bleiben, obwohl das Pferd<br />

so groß ist und sich auch noch so viel bewegt. Elmar Maier führt und sichert.<br />

Heilpädagogisches Reiten ist am schönsten in den Anlagen der Marienburg.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

3


Kinder sind freundliche Lichtstrahlen<br />

Michel, Cedric und Louisa haben<br />

etwas entdeckt. Im Kindergarten gehört<br />

der Wald zum festen Programm.<br />

Spielen in der Natur bedeutet: Freiheit<br />

und Abenteuer hinter jedem Baum!<br />

Nadine formt mit Ton. Es soll eine Giraffe werden, hat sie sich ausgedacht.<br />

Die Hände der Ergotherapeutin Mareen Weißner helfen mit. So wird Nadines visuelle Wahrnehmung gefördert.<br />

4 Lupe <strong>67</strong> – 2009


So lange<br />

<strong>die</strong> Kinder<br />

klein sind,<br />

gib ihnen tiefe Wurzeln.<br />

Wenn sie älter geworden<br />

sind, gib ihnen Flügel.<br />

(aus In<strong>die</strong>n)<br />

Kinder sind freundliche Lichtstrahlen<br />

Amar und <strong>die</strong> Hand seiner Betreuerin Helga Wohlfahrt. Der Zweijährige lebt auf der<br />

Helena-Gruppe und ist mit Abstand der jüngste Bewohner in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>.<br />

Phil macht <strong>die</strong> Federn an der Leine<br />

vorsichtig fest und Veronika Grönefeld<br />

macht mit. Die bunten Leichtgewichte<br />

wieder wegzupusten ist eine von<br />

vielen spielerischen Übungen in seiner<br />

Logopä<strong>die</strong>-Stunde.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

5


Kinder sind freundliche Lichtstrahlen<br />

6 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Mikele traut sich was: Kann der Hund<br />

mit den Ohren wackeln? Paul interessiert<br />

sich mehr dafür, wie es im Maul<br />

aussieht. Der Therapiehund Louis zeigt<br />

bei seinem Besuch im Kindergarten<br />

eine Engelsgeduld.<br />

Willem genießt seine Vorlesestunde. Sitzen fällt ihm schwer und im Liegen ist es sowieso viel gemütlicher. Jede Woche kommt<br />

Marion Hüning <strong>als</strong> ehrenamtliche Vorlesepatin in den Kindergarten.


Kinder<br />

sind nicht nur<br />

freundliche Lichtstrahlen<br />

des Himmels, sondern<br />

auch ernste Fragen aus<br />

der Ewigkeit.<br />

(Friedrich Schleiermacher)<br />

Kinder sind freundliche Lichtstrahlen<br />

Lucca hört, welche Geräusche sein Körper macht. Sonst immer in Bewegung, ist<br />

er für einen Moment ganz konzentriert. Die ärztliche Untersuchung durch Annette<br />

Suchhart findet in der Coesfelder Frühförderstelle statt. Die Ärztin und weitere<br />

Therapeuten gehören zum festen Team.<br />

Phil macht Geräusche, wenn er sich<br />

im Spiegel sieht. Und freut sich über<br />

jeden, der ihn anspricht. Er war der<br />

kleinste Gast in der Kurzzeitpflege.<br />

Jetzt besucht er den Kindergarten.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

7


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

Erklär mir den LWL<br />

Was für ein Name. 33 Buchstaben<br />

lang und man versteht doch nicht,<br />

was das sein soll: Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe.<br />

Keine Ahnung, sagen <strong>die</strong> einen,<br />

wenn man sie fragt. Es muss was<br />

mit Landwirtschaft zu tun haben,<br />

sagen andere. Oder es ist <strong>die</strong> Regierung,<br />

<strong>die</strong> Obrigkeit, aber wo und<br />

wieso, weiß man nicht.<br />

Eines steht fest: Der LWL, wie er<br />

sich selbst nennt, ist enorm wichtig.<br />

Viele Millionen gibt er in jedem<br />

Jahr für <strong>die</strong> Behindertenhilfe aus;<br />

fast 2 Milliarden Euro waren es im<br />

vergangenen Jahr. Für <strong>die</strong> Stiftung<br />

<strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> ist er der größte Geldgeber,<br />

mit Abstand. Und für viele<br />

Menschen mit Behinderung und<br />

ihre Familien <strong>die</strong> zuständige Behörde,<br />

wenn sie Hilfe brauchen.<br />

Das gilt vor allem, wenn es um<br />

Wohnangebote geht.<br />

Auf den Aspekt Wohnen wollen<br />

wir uns konzentrieren. In <strong>die</strong>ser<br />

<strong>LUPE</strong> erzählen Menschen von ihren<br />

Erfahrungen mit dem LWL. Außerdem<br />

schildern Verantwortliche <strong>die</strong><br />

Probleme und Zukunftsfragen, vor<br />

denen sie stehen. Und <strong>die</strong> sind<br />

schwierig.<br />

Wie Sie sich schon denken können,<br />

geht es ums Geld. Aber nicht<br />

nur. Es stellt sich <strong>die</strong> Frage, wie<br />

unsere Gesellschaft nach der<br />

Wirtschaftskrise mit Menschen mit<br />

Behinderung umgeht - und wie viel<br />

ihr das wert ist. Das „Sparen“ ist<br />

sozusagen <strong>die</strong> Oberfläche, <strong>die</strong> Haltung<br />

dahinter der Kern des Themas.<br />

Die öffentliche Diskussion darüber<br />

hat noch nicht einmal angefangen.<br />

Aber sie wird kommen.<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Michel Hülskemper ist Öffentlichkeitsreferent<br />

in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> und<br />

verantwortlich für <strong>die</strong> <strong>LUPE</strong>.<br />

8 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Die CD‘s sind schon im Regal<br />

Seit September wohnt Susanne Terliesner in der Ludger-Gruppe in Gescher.<br />

Es gab etliche Stationen auf ihrem Weg nach <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, wie <strong>die</strong> 18-jährige<br />

berichtet.<br />

Irgendwann kam schließlich der Tag,<br />

an dem sie alle zusammentrafen: Mutter<br />

und Schwester, eine Bezugsbetreuerin<br />

und Verantwortliche von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong><br />

und dazu noch Vertreter von Behörden.<br />

Eine große Runde saß um den Konferenztisch<br />

herum. Und mit dabei selbstverständlich<br />

auch <strong>die</strong> Person, um <strong>die</strong><br />

es ging: Susanne Terliesner. Die junge<br />

Frau wollte nach <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> ziehen und<br />

dort in einer Wohngruppe leben. Das<br />

musste mit vielen Beteiligten besprochen<br />

und schließlich in der großen<br />

Hilfeplankonferenz besiegelt werden.<br />

Susanne sollte noch einmal begründen,<br />

warum sie nicht allein wohnen,<br />

sondern in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> betreut werden<br />

möchte. Und alle Anwesenden mussten<br />

dazu Stellung nehmen. „Ein bisschen<br />

nervös war ich schon“, erinnert sie<br />

sich, „aber teilweise mag ich das auch.“<br />

Es war ein gutes Gefühl, dass sie selbst<br />

entscheiden konnte und dass sie damit<br />

nicht allein war. Und am Ende war klar:<br />

Sie kann in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> wohnen und <strong>die</strong><br />

Kostenfrage ist auch geregelt.<br />

Es war nicht <strong>die</strong> erste Besprechung,<br />

<strong>die</strong> sie wegen ihrer Heimaufnahme erlebte.<br />

Zuerst machte sie einen Besuch<br />

in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, um <strong>die</strong> Einrichtung unverbindlich<br />

kennenzulernen. Dann folgten<br />

zwei weitere Gespräche, um Einzelheiten<br />

zu klären. „Die haben mich viel<br />

gefragt, zum Beispiel über meine Hobbies.<br />

Und ich konnte selbst auch viele<br />

Fragen stellen“, erinnert sie sich. Und<br />

dass man draußen vor dem Café saß<br />

und dass ihr alles ganz locker vorkam.<br />

Ein so genanntes Probewochenende<br />

verbrachte sie gleich in der Ludger-<br />

Gruppe. „Da konnte ich alle kennenlernen.<br />

Wir haben zusammen gegessen<br />

und ich hab hier viel Zeit verbracht. So<br />

konnte ich mir in Ruhe überlegen, ob<br />

ich hierhin ziehen möchte.“ Ihr Entschluss<br />

stand spätestens am Sonntagabend<br />

fest.<br />

Ein wichtiger Punkt für sie: Gescher<br />

liegt nahe bei Südlohn und dort lebt<br />

ihre Mutter. „Jetzt kann ich sie viel<br />

besser besuchen <strong>als</strong> von Münster aus,<br />

wo ich bisher gewohnt habe.“ Die Busverbindungen<br />

wären nicht so super,<br />

aber hinkommen könnte man schon.<br />

Mit der Mutter teilt sie auch ihren Musikgeschmack.<br />

Und mit ihrer Schwester<br />

Martina <strong>die</strong> Vorliebe, „shoppen zu<br />

gehen“. Heute Nachmittag wollen sie<br />

zusammen ein Eis essen. Der Weg ist<br />

kurz, denn <strong>die</strong> Ludger-Gruppe liegt in<br />

der Stadt.<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Susanne Terliesner hat sich in der<br />

Ludger-Gruppe schnell eingelebt. Dort<br />

wohnt sie seit September.<br />

Der LWL im Überblick<br />

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

(LWL) ist ein Kommunalverband.<br />

Seine Mitglieder sind<br />

<strong>die</strong> neun kreisfreien Städte und 18<br />

Kreise in Westfalen-Lippe. Diese<br />

entsenden 100 Delegierte in das<br />

„Westfalenparlament“ nach Münster<br />

und kontrollieren so den Landschaftsverband.<br />

Der LWL betreibt 35 Förderschulen,<br />

19 Krankenhäuser, 17 Museen<br />

und hat 13.000 Mitarbeiter. Außerdem<br />

ist er einer der größten deutschen<br />

Hilfezahler für Menschen<br />

mit Behinderung. Er erfüllt nach<br />

eigener Darstellung viele Aufgaben<br />

im sozialen Bereich, in der<br />

Behinderten- und Jugendhilfe, in<br />

der Psychiatrie und in der Kultur,<br />

<strong>die</strong> sinnvollerweise westfalenweit<br />

wahrgenommen werden. Der LWL<br />

ist außerdem an Banken, Verkehrsund<br />

Energieunternehmen beteiligt.<br />

Der <strong>Haus</strong>halt hat ein Volumen von<br />

mehr <strong>als</strong> 2 Mrd. Euro. Mehr zum<br />

Thema auf der Website www.lwl.org<br />

LWL/Red.


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

„Man muss sich um vieles selbst kümmern“<br />

„Janas Traum war immer, in eine WG zu ziehen“, sagt ihre Zwillingsschwester Lisa. Seit wenigen Wochen lebt Jana<br />

in der Wohnstätte Maria Droste in Coesfeld. „Im Vorfeld war es ein immenser Schriftkram“, beschreibt ihr Vater <strong>die</strong><br />

letzten Monate.<br />

Peter Guddorp hat klare Vorstellungen.<br />

„Wir wollten, dass Jana sich loslöst<br />

<strong>vom</strong> Elternhaus, selbstständig wird<br />

und ein eigenes Leben aufbauen kann.“<br />

Und das in einer behüteten Umgebung,<br />

denn Jana ist behindert. „Wir haben<br />

<strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> über private Kontakte kennengelernt“,<br />

erinnert er sich im Gespräch<br />

mit der <strong>LUPE</strong>. „Bekannte haben<br />

uns darauf angesprochen und gesagt:<br />

Guckt euch das doch mal an.“<br />

Was dann folgte, sei ein enormer<br />

Wust von Untersuchungen, Besprechungen<br />

und Gutachten gewesen. Anträge<br />

mussten gestellt und Unterlagen<br />

eingereicht, Erklärungen abgegeben<br />

und Dokumente kopiert werden. Ob<br />

er den Aufwand für übertrieben hält?<br />

„Nein, ehrlich gesagt, doch nicht“,<br />

antwortet er. Viele Institutionen müssten<br />

nun mal mit entscheiden. Und dass<br />

der Landschaftsverband eine hieb- und<br />

stichfeste Begründung haben wolle,<br />

bevor er eine Kostenzusage gibt, das<br />

sei nicht mehr <strong>als</strong> recht und billig.<br />

Das ganze Verfahren mündete in <strong>die</strong><br />

Clearing-Sitzung ein. Peter Guddorp<br />

begleitete seine Tochter dorthin, musste<br />

selbst noch einmal seine Stellungnahme<br />

abgeben und war dann doch<br />

überrascht: „Das ging sehr zügig“.<br />

Einerseits sei ihm <strong>die</strong> Sitzung wie eine<br />

Formsache vorgekommen, denn alle<br />

wären sich vorher schon sicher gewesen,<br />

was für Jana der richtige Weg sei.<br />

„Aber dort kriegten wir es erst schwarz<br />

auf weiß.“ Die 19-jährige Jana braucht<br />

ein stationäres Betreuungsangebot, so<br />

lautete <strong>die</strong> Entscheidung des zuständigen<br />

Hilfeplaners.<br />

Jetzt war der Weg frei: Jana machte<br />

ein Probewochenende in der Wohnstätte<br />

und dann ging alles ganz schnell.<br />

„Am Umzugstag haben wir uns alle<br />

zusammengerissen, weil wir einfach<br />

gemerkt haben, dass Jana dort glücklich<br />

ist“, sagt ihre Schwester.<br />

Janas Auszug aus dem Elternhaus ist<br />

nicht <strong>die</strong> einzige Veränderung in der<br />

Familie. Lisa hat gerade ihr Fachabitur<br />

gemacht und am 1. August eine Berufsausbildung<br />

in Münster begonnen.<br />

Fast am gleichen Tag hat Jana <strong>die</strong> Förderschule<br />

abgeschlossen und nun <strong>die</strong><br />

Berufsbildungsphase in der Werkstatt<br />

von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> begonnen. Es sind Entwicklungen,<br />

mit denen Peter Guddorp<br />

zufrieden ist: „Wir wollten ja, dass unsere<br />

Kinder sich abnabeln.“<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Clearing-Stelle - was ist das denn?<br />

2003 hat der Landschaftsverband für<br />

Menschen mit Behinderung, <strong>die</strong> ein<br />

solches Hilfeangebot brauchen, das<br />

„individuelle Hilfeplanverfahren“ eingeführt.<br />

Unter Beteiligung der Betroffenen<br />

sollen <strong>die</strong> Art und der Umfang<br />

des Hilfebedarfs festgestellt werden.<br />

Meistens wenden sich Interessenten<br />

direkt an eine Einrichtung für<br />

ambulant betreutes Wohnen oder an<br />

ein Wohnheim oder an den psychosozialen<br />

Dienst des Gesundheitsamtes.<br />

Die Mitarbeiter der Einrichtung<br />

und <strong>die</strong> Gesundheitsämter helfen dabei,<br />

<strong>die</strong> Unterlagen für einen Antrag<br />

beim Landschaftsverband auszufüllen.<br />

Die Fragebögen zum Hilfeplanverfahren<br />

kann man im Internet herunterladen.<br />

Clearing-Sitzung<br />

Die Unterlagen werden an den Landschaftsverband<br />

geschickt, der dann<br />

zur gemeinsamen Besprechung in <strong>die</strong><br />

Clearing-Sitzung einlädt, um über den<br />

Antrag zu sprechen. An <strong>die</strong>ser Clearing-<br />

Sitzung nehmen teil: der Antragsteller<br />

und sein gesetzlicher Vertreter, meist<br />

auch ein Vertreter der angefragten Einrichtung,<br />

der Sachbearbeiter des Landschaftsverbandes,<br />

je ein Vertreter der<br />

Peter Guddorp hat sich dafür eingesetzt,<br />

dass seine Tochter Jana in <strong>Haus</strong><br />

<strong>Hall</strong> wohnen kann.<br />

LWL-Behindertenhilfe<br />

Rund 1,7 Mrd. Euro gibt der LWL jähr-<br />

lich für Menschen mit Behinderung<br />

aus. Der größte Teilbetrag fließt<br />

in stationäre Wohneinrichtungen.<br />

Dadurch erzielt <strong>die</strong> Stiftung <strong>Haus</strong><br />

<strong>Hall</strong> den größten Teil ihrer Einnahmen:<br />

rund 26 von 54 Mio Euro<br />

in 2008. Außerdem bezahlt der<br />

LWL in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> maßgeblich das<br />

Ambulant Betreute Wohnen, <strong>die</strong><br />

Werkstätten für Menschen mit Be-<br />

hinderung sowie den Heilpäda-<br />

gogischen Kindergarten. Red.<br />

„To clear“ bedeutet „klären“. „Clearing-Stelle“ heißt <strong>als</strong>o eigentlich „Klärungsstelle“ und bezeichnet eine Besprechung,<br />

in der geklärt wird, welche Hilfen behinderte Menschen im Lebensbereich des Wohnens brauchen, insbesondere,<br />

ob sie einen Platz in einem Heim oder ambulante Betreuung brauchen. Wie geht das?<br />

Anbieter von ambulant betreutem und<br />

stationärem Wohnen und ein Vertreter<br />

des örtlichen Gesundheitsamtes. Am<br />

Ende der Sitzung wird entschieden und<br />

nach der Sitzung kann mit der erforderlichen<br />

Hilfe begonnen werden.<br />

Die Sitzungen finden normalerweise<br />

einmal im Monat in den Kreisbehörden<br />

statt, d.h. in Ahaus, in Borken und in<br />

Coesfeld. Die Teilnehmer bekommen<br />

<strong>die</strong> Unterlagen vorher zur Vorbereitung.<br />

Die Besprechung eines einzelnen<br />

Falles dauert meist 15 – 30 Minuten.<br />

Wenn der Antrag gut vorbereitet und<br />

begründet wurde, ist <strong>die</strong> Besprechung<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

9


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

kurz und sie endet mit einer Zusage<br />

des Landschaftsverbandes für <strong>die</strong> beantragten<br />

Hilfen. Bei ambulanter Unterstützung<br />

wird manchmal über <strong>die</strong><br />

Anzahl der erforderlichen Betreuungsstunden<br />

diskutiert.<br />

Die Bewilligung der Hilfen wird immer<br />

befristet, auch in klaren Fällen, damit<br />

Verlauf und Wirkung der Hilfen nach<br />

einiger Zeit erneut überprüft werden,<br />

in der Regel nach zwei bis drei Jahren.<br />

Tribunal oder helfendes Gespräch?<br />

Dass <strong>die</strong> betroffenen behinderten Menschen<br />

an der Hilfeplanung direkt beteiligt<br />

sind, ist im Grundsatz natürlich gut<br />

und richtig. Dennoch sind manche in<br />

der konkreten Situation völlig verunsichert,<br />

wenn sie drei oder vier fremden<br />

10 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Personen gegenüber sitzen und ihren<br />

Hilfebedarf begründen sollen.<br />

Das gilt in ganz besonderer Weise<br />

für Menschen mit psychischer Erkrankung.<br />

Sie sind sich ihrer Situation oft<br />

sehr bewusst und leiden darunter. Sie<br />

erleben <strong>die</strong> Sitzung manchmal eher<br />

wie ein Tribunal, wo über <strong>die</strong> eigene<br />

Beeinträchtigung und Bedürftigkeit<br />

quasi öffentlich diskutiert wird. Trotz<br />

aller Bemühungen um eine entspannte<br />

Gesprächsatmosphäre wird das von Betroffenen<br />

manchmal <strong>als</strong> beschämend<br />

und demütigend empfunden.<br />

Es kommt vor, dass <strong>die</strong> betroffenen<br />

Menschen so verunsichert sind, dass<br />

sie gar nicht erst kommen oder dass<br />

sie sich kaum am Gespräch beteiligen<br />

können. Deshalb ist es wichtig, dass<br />

Erfahrungen eines LWL-Hilfeplaners<br />

„Wir wollen nicht nur bewilligen,<br />

sondern etwas bewirken.“ Das ist<br />

der Schlüsselsatz für den Hilfeplaner<br />

Franz-Josef Lambrecht. Am Ende eines<br />

Sitzungstages beantwortete er im<br />

Kreishaus <strong>die</strong> Fragen der <strong>LUPE</strong>. Der<br />

Diplom-Verwaltungswirt ist seit 20<br />

Jahren beim Landschaftsverband tätig<br />

und leitet seit 2005 <strong>die</strong> Hilfeplan-Gespräche<br />

im Kreis Borken.<br />

<strong>LUPE</strong>: Wie viele Fälle standen heute<br />

auf der Tagesordnung?<br />

sie begleitet und unterstützt werden.<br />

Hier haben <strong>die</strong> angefragten Einrichtungen<br />

eine wichtige Aufgabe. Sie können<br />

den Betroffenen mit ihrem Wissen und<br />

ihrer Erfahrung zur Seite stehen und<br />

ihnen helfen, ihre Interessen im Gespräch<br />

deutlich zu machen.<br />

Martin Nolte, Bereichsleiter EuLe<br />

Franz-Josef Lambrecht: In zwei Fällen<br />

ging es um ambulant betreutes Wohnen<br />

für Menschen mit geistiger Behinderung,<br />

in sieben anderen um <strong>die</strong><br />

Hilfe für psychisch kranke oder suchterkrankte<br />

Menschen.


Hilfeplan-Gespräche gibt es seit fast<br />

sieben Jahren. Sind sie Ihrer Meinung<br />

nach ein Fortschritt?<br />

Ja, ich bin damit sehr zufrieden. Vorher<br />

wurde nur nach Aktenlage entschieden.<br />

Jetzt wird jeder Antragsteller persönlich<br />

gefragt, kann sich selbst äußern<br />

und auch Bezugspersonen mitbringen,<br />

<strong>die</strong> ihn unterstützen. Wir wollen nicht<br />

über den behinderten Menschen entscheiden,<br />

sondern mit ihm.<br />

Für <strong>die</strong> Antragsteller hat <strong>die</strong> Sitzung<br />

eine enorme Bedeutung. Es fällt bestimmt<br />

nicht allen leicht, hier zu<br />

erscheinen.<br />

Ja, manchmal gibt es Tränen. Wenn<br />

sie über ihren Hilfebedarf sprechen,<br />

müssen sie natürlich auch über ihre<br />

Probleme und Schwächen reden. Das<br />

ist schwer. Da ist viel Fingerspitzengefühl<br />

nötig. Wir versuchen, ihnen<br />

<strong>die</strong> Angst zu nehmen. Manche müssen<br />

wir sogar ermuntern, Hilfe überhaupt<br />

in Anspruch zu nehmen. Ich bin froh<br />

darüber, dass es fast alle tatsächlich<br />

schaffen, teilzunehmen.<br />

Warum begrenzen Sie eine Kostenzusage<br />

auf eine bestimmte Zeit?<br />

Weil wir regelmäßig prüfen wollen, ob<br />

<strong>die</strong> Hilfe dem Einzelnen in seiner Situation<br />

wirklich gerecht wird. Bei jungen<br />

Erwachsenen, <strong>die</strong> aus dem Elternhaus<br />

ausgezogen sind, wird beispielsweise<br />

in der Regel nach zwölf Monaten<br />

überprüft, ob <strong>die</strong> Unterstützung Erfolg<br />

hat und bei Bedarf laden wir erneut zu<br />

einem Gespräch ein. Der Aufenthalt in<br />

einem Heim kann <strong>die</strong> Bedeutung eines<br />

Wohntrainings haben, an das sich vielleicht<br />

ambulantes Wohnen anschließt.<br />

Für psychisch kranke Menschen in einer<br />

Krise kann sich eine Wohngruppe zur<br />

Stabilisierung anbieten. Immer geht<br />

es darum, dass der einzelne Mensch<br />

später möglichst selbstständig leben<br />

kann.<br />

Worüber haben Sie sich besonders<br />

gefreut? Ein Beispiel?<br />

Ich denke an einen erwachsenen Menschen<br />

mit geistiger Behinderung, der<br />

nach dem Tod der Eltern kurzfristig einen<br />

Platz in einer Wohneinrichtung gefunden<br />

hatte, aber noch keine Kostenzusage<br />

hatte. Da konnte man spüren,<br />

wie viel Unsicherheit von ihm abfiel,<br />

<strong>als</strong> er <strong>die</strong> Zustimmung für das stationäre<br />

Wohnen erhielt. In solchen Fällen<br />

wird man schon mal spontan umarmt.<br />

Und was ist schwierig?<br />

Ich denke vor allem an Menschen mit<br />

einer Suizid-Problematik. Oder an Fälle<br />

mit Gewalt im häuslichen Umfeld. Da<br />

fragt man sich auf dem Nachhauseweg<br />

manchmal, ob man richtig entschieden<br />

hat.<br />

Ist Ihre Verantwortung manchmal<br />

auch eine Last?<br />

Die Sitzungen sind immer intensiv vorbereitet.<br />

Es liegen den Mitgliedern ausführliche<br />

Arztberichte, Sozialberichte<br />

und Hilfepläne vor. In der Hilfeplankonferenz<br />

verstehen wir uns <strong>als</strong> Team.<br />

Wir diskutieren nach der Anhörung<br />

über jeden Fall und dann erst treffen<br />

wir <strong>die</strong> Entscheidung. Und <strong>die</strong> ist hier<br />

im Kreis Borken so gut wie immer einstimmig.<br />

Es ist gut, dass wir das dem<br />

Antragsteller auch so sagen können.<br />

Die Zusammenarbeit klappt hervorragend.<br />

Man kann schon sagen, dass hier<br />

Fachleute vernünftig entscheiden.<br />

In der Fachdiskussion heißt <strong>die</strong> Parole:<br />

ambulant vor stationär. Ist das<br />

auch eine Betriebsanweisung von Ihren<br />

Chefs für Sie? Stehen Sie unter<br />

Druck?<br />

Nein. Es ist allerdings schon so, dass<br />

wir mit aller Macht versuchen, ambulante<br />

Hilfen anstelle von stationären<br />

zu gewähren. Aber entschieden wird<br />

in jedem Einzelfall. Man muss auch sehen:<br />

Heute sind viel mehr ambulante,<br />

individuelle Hilfen möglich <strong>als</strong> vor Jahren.<br />

Heute sind 80% der besprochenen<br />

Fälle „ambulant“. Beim LWL führen<br />

wir genaue Statistiken, um <strong>die</strong> Entwicklung<br />

der Fallzahlen insgesamt zu<br />

dokumentieren.<br />

Fragen und Aufzeichnung: Michel Hülskemper,<br />

<strong>LUPE</strong><br />

„Sparen ist schwer und schmerzhaft“<br />

„Im Kreis Borken haben wir bereits viele freiwillige Leistungen abgeschafft, darunter auch den Zuschuss<br />

für das Turnen bewegungsauffälliger Kinder – obwohl <strong>die</strong> Einsparung nur 1.700 Euro ausmacht.“ Das<br />

berichtet Wilhelm Stilkenbäumer. Der Kommunalpolitiker hat den Vorsitz im Sozialausschuss des Kreistages und ist<br />

außerdem beim Landschaftsverband engagiert: In der vergangenen Wahlperiode war er für den Kreis Borken Mitglied<br />

im „Westfalenparlament“ und er wird es wahrscheinlich auch wieder sein.<br />

Was für den Kreis Borken gilt, trifft für<br />

den LWL erst recht zu: Die finanzielle<br />

Situation zwingt den verantwortlichen<br />

Politikern Entscheidungen auf, <strong>die</strong><br />

Leistungseinschränkungen zur Folge<br />

haben. „2,3 Milliarden Euro gibt der<br />

LWL jährlich aus, davon 80 % für Menschen<br />

mit Behinderung“, stellt Stilkenbäumer<br />

<strong>die</strong> Dimensionen im Gespräch<br />

UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

mit der <strong>LUPE</strong> dar. Einerseits steigen<br />

<strong>die</strong> „Fallzahlen“ um 1.000 Betroffene<br />

pro Jahr bis ca. 2015 an, weil es immer<br />

mehr Menschen gibt, <strong>die</strong> Anspruch auf<br />

Hilfe haben; andererseits steht wegen<br />

der sinkenden Steuereinnahmen immer<br />

weniger Geld zur Verfügung. Dieses<br />

Dilemma wird insbesondere den LWL-<br />

Sozialausschuss im kommenden Jahr<br />

Franz-Josef Lambrecht ist Hilfeplaner<br />

des LWL im Kreis Borken.<br />

stark beschäftigen, denn hier werden<br />

<strong>die</strong> Weichen gestellt für <strong>die</strong> Behindertenhilfe<br />

in unserer Region.<br />

Ambulant vor stationär<br />

Ob er einen Ausweg sieht? „Nein“,<br />

antwortet der Sozialpolitiker zunächst<br />

und das klingt bescheiden; außerdem<br />

wolle er den anstehenden internen<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

11


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

Beratungen nicht vorgreifen. Dann<br />

bringt er den Grundsatz „ambulant vor<br />

stationär“ ins Gespräch und damit seine<br />

Hoffnung zum Ausdruck, dass sich<br />

dadurch Geld einsparen lasse, um <strong>die</strong>s<br />

dann wieder für „neu Betroffene“ ausgeben<br />

zu können. Die Gefahr, dass auf<br />

Teufel komm raus für jeden Menschen<br />

mit Behinderung nur noch ambulante<br />

Betreuungsformen angestrebt werden<br />

könnten, bestehe nicht. Stilkenbäumer<br />

kennt allerdings <strong>die</strong> Sorgen von Eltern<br />

und begegnet <strong>die</strong>sen mit der Zusage,<br />

dass ihre behinderten Kinder in stationäre<br />

Wohnformen umziehen oder<br />

zurückkehren können, „wenn es im<br />

Einzelfall mit dem Ambulant Betreuten<br />

Wohnen nicht klappt.“<br />

Sicherlich gäbe es weitere vertretbare<br />

Einsparmöglichkeiten, deutet der gelernte<br />

Verwaltungsangestellte an; man<br />

könne beispielsweise „<strong>die</strong> Heilmittel<br />

in Förderschulen ambulantisieren“.<br />

Gemeint sind etwa Logopä<strong>die</strong> und<br />

Krankengymnastik, <strong>die</strong> bisher im Rahmen<br />

des Unterrichts durch angestellte<br />

Fachkräfte erbracht werden. Stilkenbäumer:<br />

„Selbstständige können das<br />

gegen Honorarrechung und ärztliche<br />

Verordnungen günstiger machen; außerdem<br />

können dann <strong>die</strong> Familien individuell<br />

wechseln und sie haben mehr<br />

Wahlmöglichkeiten.“ In Wirtschaftskreisen<br />

nennt man das Outsourcing.<br />

Stilkenbäumer schränkt gleich ein:<br />

Diese Möglichkeiten werde man prüfen<br />

müssen, wo immer Fachkräfte aus dem<br />

Dienst ausscheiden. Für <strong>die</strong> zu fördernden<br />

Menschen dürfe sich allerdings<br />

keine Verschlechterung ergeben.<br />

„Runterzoomen geht nicht“<br />

Neben „vielen kleinen Tippelschritten“,<br />

um wenigstens den Ausgabenanstieg<br />

abzubremsen, sieht das CDU-Mitglied<br />

Stilkenbäumer den Schlüssel für das<br />

drängende Finanzproblem in Berlin:<br />

„Wir brauchen ein Bundesteilhabegesetz,<br />

das <strong>die</strong> Ansprüche der Menschen<br />

mit Behinderung zusammenhängend<br />

regelt und das gleichzeitig <strong>die</strong> erforderlichen<br />

Mittel bereitstellt.“ Dafür<br />

habe er sich schon in den letzten<br />

vier Jahren eingesetzt und das müsse<br />

man nun wieder einfordern. Eine neue<br />

Chance für das Vorhaben sieht er in der<br />

neuen Bundesregierung.<br />

Sozialpolitik ist für Wilhelm Stilkenbäumer<br />

keine trockene Materie. Als<br />

12 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Mitarbeiter einer großen Krankenkasse<br />

hat er täglich mit Problemen aus den<br />

Bereichen der Kranken-, Pflege- und<br />

Sozialversicherung zu tun. Dem Kreistag<br />

gehört Stilkenbäumer seit 1995 an.<br />

Für ihn ist <strong>die</strong> Mitarbeit in der Landschaftsversammlung<br />

eine sinnvolle Ergänzung,<br />

da der Bereich der Behindertenhilfe<br />

dort angesiedelt ist.<br />

Aus familiärer Erfahrung zieht er nicht<br />

nur seine Motivation, sondern auch<br />

<strong>die</strong> Prioritäten seines Engagements.<br />

Seine Tochter Helena (9) ist behindert<br />

und besucht <strong>die</strong> Förderschule von<br />

<strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> in Gescher. Gefragt, was er<br />

erreichen wolle, bekennt er, „dass wir<br />

zuerst unser Kind und seine optimale<br />

Entwicklung im Blick haben“. Dann<br />

aber müsse man sich fragen: „Was kann<br />

man meinem Kind, was kann man anderen<br />

betroffenen Familien zumuten?“<br />

Für viele Eltern, deren Kind behindert<br />

ist, stehe im Mittelpunkt <strong>die</strong> Frage,<br />

„was wird, wenn wir eines Tages nicht<br />

mehr da sind“. Neben der persönlichen<br />

Pflicht zur Vorsorge setze hier <strong>die</strong> Verantwortung<br />

der Gesellschaft an. Was<br />

das konkret bedeutet? „Wir benötigen<br />

Regelungen, <strong>die</strong> jedem Menschen mit<br />

Behinderung seinen Platz in unserer<br />

Gesellschaft garantieren.“<br />

Ob <strong>die</strong> Städte und Gemeinden <strong>die</strong> Angebote<br />

für Menschen mit Behinderung<br />

besser selbst und vor Ort organisieren<br />

könnten, anstatt <strong>die</strong>s einer entfernten<br />

Behörde zu übertragen? Der Rekener<br />

Stilkenbäumer winkt ab. „Die Idee hat<br />

einen gewissen Charme“, räumt er ein,<br />

aber <strong>die</strong>se Aufgaben der Solidargemeinschaft<br />

könne der Landschaftsverband<br />

besser und gerechter erfüllen.<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Wilhelm Stilkenbäumer hat den Vorsitz<br />

im Sozialausschuss des Kreises Borken.


<strong>LUPE</strong>: Hilfe für Menschen mit Behinderung<br />

ist Sozialhilfe und <strong>die</strong> wiederum<br />

ist Sache der Städte und Kreise. Warum<br />

erledigt der Landschaftsverband<br />

<strong>die</strong>se Aufgaben? Kann er es besser <strong>als</strong><br />

<strong>die</strong> Kommunen?<br />

Matthias Münning: Es gibt Dinge, <strong>die</strong><br />

können Sie in Ihrem Ort nicht allein<br />

lösen, sondern nur in größeren regionalen<br />

Zusammenhängen. Die Hilfe<br />

für behinderte Menschen ist in mehr<br />

<strong>als</strong> 150 Jahren aufgebaut worden und<br />

das nicht überall gleichmäßig. Heute<br />

wollen wir, dass <strong>die</strong> Menschen mit Behinderung<br />

möglichst ortsnah versorgt<br />

werden. Dafür müssen wir das vorhandene<br />

Hilfesystem umbauen, um überall<br />

gleiche Lebensverhältnisse zu bekommen.<br />

Wir wollen das heutige Angebot<br />

an stationären Plätzen zurückbauen<br />

und ambulante Hilfen aufbauen.<br />

Warum?<br />

Weil wir glauben, dass <strong>die</strong> Menschen<br />

heute ambulant besser versorgt werden<br />

können. Heute können wir in vielen<br />

Fällen <strong>die</strong> Hilfen für Menschen mit Behinderung<br />

so organisieren, dass sie in<br />

ihrer eigenen Wohnung leben können<br />

und nur das Maß an ambulanter Hilfe<br />

hinzukommt, was sie gebrauchen, um<br />

selbständig zu leben. Und <strong>die</strong> Menschen<br />

fühlen sich besser dabei. Das ist<br />

unser Hauptmotiv...<br />

Neben dem Finanziellen!<br />

In erster Linie geht es um <strong>die</strong> behinderten<br />

Menschen. Selbstverständlich muss<br />

der LWL aber auch darauf achten, dass<br />

er <strong>die</strong> Finanzierung der erforderlichen<br />

Hilfen sichert. Wir müssen heute sehen,<br />

was wir zur Verfügung haben und wie<br />

wir das weiterentwickeln und anpassen<br />

können.<br />

Das individuelle Hilfeplanverfahren<br />

spielt seit 2003 eine zentrale Rolle.<br />

Sind Sie damit zufrieden?<br />

Wir sind sogar mächtig stolz darauf,<br />

dass wir das geschafft haben. Es bedeutet<br />

eine völlige Umstellung unserer Arbeit:<br />

von einer reinen Aktenverwaltung<br />

hin zu einer Stelle, <strong>die</strong> <strong>als</strong> erstes den<br />

Menschen in den Blick nimmt und mit<br />

ihm über <strong>die</strong> Hilfe spricht. Künftig wird<br />

UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

Es stellt sich <strong>die</strong> Verteilungsfrage<br />

Matthias Münning ist Landesrat beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe. An führender Stelle trägt der Jurist<br />

Verantwortung für <strong>die</strong> sozialen Themen des Kommunalverbandes. Im Gespräch mit der <strong>LUPE</strong> äußert er sich über <strong>die</strong><br />

aktuelle Situation der Behindertenhilfe.<br />

es um ein Gesamtplanverfahren gehen,<br />

das auch beispielsweise das Arbeiten in<br />

der Werkstatt einschließt.<br />

Früher gab es <strong>die</strong> Pflegesatzverhandlungen.<br />

Warum heute nicht mehr?<br />

Das Kostendeckungsprinzip hat dazu<br />

geführt, dass <strong>die</strong> Ausgaben sehr, sehr<br />

stark angestiegen sind. Der Gesetzgeber<br />

wollte <strong>die</strong> Einrichtungen dazu bringen,<br />

mit dem Geld stärker zu wirtschaften.<br />

Deshalb gibt es nun das prospektive<br />

Entgelt, das heißt: Der LWL trifft im Vor-<br />

aus eine Vereinbarung mit dem einzelnen<br />

Träger und der muss dann mit dem<br />

Geld auskommen.<br />

Mal ein bisschen in den Kaffeesatz geschaut:<br />

Wie werden <strong>die</strong> aktuellen Verhandlungen<br />

ausgehen?<br />

Die haben gerade erst begonnen und<br />

deshalb ist es schwierig, etwas zu sagen.<br />

Der LWL hat im letzten Jahr ungefähr<br />

120 Mio. Euro mehr für <strong>die</strong> Behindertenhilfe<br />

gebraucht und er benötigt<br />

2010 voraussichtlich um 100 Mio. Euro<br />

mehr, um den <strong>Haus</strong>halt auszugleichen.<br />

Diese Situation ist für ihn extrem<br />

schwierig, denn er kann <strong>die</strong>ses zusätzliche<br />

Geld immer nur aus den Kassen der<br />

Kreise und Städte nehmen. Die brauchen<br />

das Geld aber auch für andere soziale<br />

Aufgaben. Gleichzeitig gehen <strong>die</strong><br />

Steuereinnahmen zurück.<br />

Das Problem verschärft sich <strong>als</strong>o?<br />

Ja, deswegen wollen wir im nächsten<br />

Jahr nach Möglichkeit nicht mehr Geld<br />

ausgeben <strong>als</strong> in <strong>die</strong>sem Jahr. Die andere<br />

Seite, <strong>die</strong> freie Wohlfahrtspflege,<br />

hat schon gesagt: Alles wird teurer; wir<br />

brauchen mehr Geld, mindestens 5,2 %.<br />

An <strong>die</strong>sen Positionen kann man ungefähr<br />

erkennen, worüber verhandelt<br />

wird.<br />

Der Druck, der auf Ihnen lastet, muss<br />

doch enorm sein.<br />

Ja, das ist so. Wenn <strong>die</strong> Steuereinnahmen<br />

weiterhin so stark einbrechen,<br />

stellt sich <strong>die</strong> Verteilungsfrage. Die<br />

stellt sich auch dann, wenn man Schulden<br />

aufnimmt, denn dann verteilt man<br />

das Problem nur auf <strong>die</strong> nachkommende<br />

Generation. Andererseits muss der LWL<br />

<strong>die</strong> gesetzlich vorgeschriebenen Leis-<br />

tungen erbringen.<br />

Wie lange noch besteht der Wille in der<br />

Bevölkerung, sich <strong>die</strong> Behindertenhilfe<br />

so viel kosten zu lassen?<br />

Die Gesellschaft hat eine hohe Sympathie<br />

für <strong>die</strong>se Aufgabe, jedenfalls bislang.<br />

Es ist allerdings wenig Wissen darüber<br />

da, wie viel Geld dafür ausgegeben<br />

wird und woher das Geld kommt. Man<br />

solidarisiert sich mit den behinderten<br />

Menschen und findet es gut, dass es <strong>die</strong>se<br />

Hilfen gibt. Diese gute Ausgangslage<br />

müssen wir verständig und vernünftig<br />

nutzen. Das heißt: nur Geld ausgeben,<br />

wenn es wirklich erforderlich ist. Auch<br />

aus <strong>die</strong>sem Grund setzen wir uns ja so<br />

intensiv für eine ambulante Versorgung<br />

ein. Das ist für den LWL ein zentraler<br />

Punkt. Wir hatten mit der freien Wohlfahrtspflege<br />

vereinbart, dass wir 1.000<br />

stationäre Plätze abbauen und das haben<br />

wir gemeinsam geschafft. Jetzt<br />

müssen wir weitermachen.<br />

Der LWL besteht allerdings nicht nur<br />

aus der Verwaltung, sondern auch<br />

aus der Landschaftsversammlung, den<br />

Ausschüssen usw.<br />

Einige Dinge kann <strong>die</strong> hauptamtliche<br />

Verwaltung selbst entscheiden, in anderen<br />

muss sie <strong>die</strong> politischen Gremien<br />

um Zustimmung bitten. Das hängt von<br />

der Größenordnung der Ausgabe ab.<br />

Das ist in Vorschriften geregelt.<br />

Wir hatten in NRW gerade <strong>die</strong> Kommunalwahlen.<br />

Im Januar wird in Münster<br />

<strong>die</strong> konstituierende Sitzung der Landschaftsversammlung<br />

stattfinden. Was<br />

steht für 2010 auf der Tagesordnung?<br />

Unser Ziel ist, <strong>die</strong> kooperative Sozialplanung<br />

zu verbessern, das heißt, wir<br />

wollen mit allen 27 Kreisen und Städten<br />

feststellen: Was müssen wir vor Ort<br />

haben, um ein inklusives Gemeinwesen<br />

zu schaffen? Was muss vor Ort vorhanden<br />

sein und was muss der LWL, was<br />

<strong>die</strong> Stadt bzw. der Kreis noch dazu tun?<br />

Wir werden so genannte regionale Planungskonferenzen<br />

durchführen. Dazu<br />

kommen alle Anbieter an einen Tisch;<br />

dann wird geschaut: Welche Hilfen sind<br />

da und wie müssen <strong>die</strong> sich entwickeln,<br />

denn wir wollen ja mehr Menschen<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

13


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

Kommunen bezahlen LWL<br />

Am 28.01.2010 tagt erstm<strong>als</strong> nach<br />

den Kommunalwahlen <strong>die</strong> neue<br />

Landschaftsversammlung in Münster.<br />

Sie wird sich mit der Finanzsituation<br />

befassen müssen. Nach<br />

aktuellen Presseberichten steht dem<br />

LWL im nächsten Jahr voraussichtlich<br />

ein Defizit von 93 Mio. Euro bevor.<br />

Seine <strong>Haus</strong>haltsmittel – 2008<br />

mehr <strong>als</strong> 2 Mrd. Euro – bekommt er<br />

hauptsächlich von den Städten und<br />

Kreisen, <strong>die</strong> dafür eine gemeinsam<br />

festgelegte Umlage zahlen.<br />

Red.<br />

14 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

ambulant versorgen. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass <strong>die</strong> Eingliederungshilfe<br />

nur ein Segment ist. Wie sieht es<br />

zum Beispiel aus mit Treffpunkten in<br />

der betreffenden Stadt? Das Ganze ist<br />

ein absolut neues Vorhaben. Das Wort<br />

Sozialplanung wird häufig im Mund geführt,<br />

aber für eine inklusive Behindertenhilfe<br />

gibt es das bisher nicht.<br />

Stoßen Sie mit Ihrem Plan auf Begeisterung?<br />

In allen Mitgliedskörperschaften gibt<br />

es Verantwortliche, <strong>die</strong> sehr engagiert<br />

dabei sind. Ich habe keinen Zweifel,<br />

dass dabei etwas für <strong>die</strong> Menschen mit<br />

Behinderung herauskommt.<br />

Fragen und Aufzeichnung:<br />

Michel Hülskemper, <strong>LUPE</strong><br />

Matthias Münning leitet das Sozialdezernat<br />

im LWL. Der Landesrat ist außerdem<br />

Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der überörtlichen Träger der<br />

Sozialhilfe.<br />

Lesen Sie das Interview ungekürzt<br />

auf unserer Website www.haushall.de/<br />

Publikationen/<strong>LUPE</strong>


UNTER DER <strong>LUPE</strong>: Erklär mir den LWL<br />

Eine Partnerschaft mit vielen Abhängigkeiten<br />

Welche Bedeutung der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) für <strong>die</strong> Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> hat, lässt sich kurz und<br />

knapp beschreiben: Er bezahlt rund 85% des gesamten Heimbudgets und ist Kostenträger für <strong>die</strong> meisten Heimbewohner.<br />

Der LWL ist aber auch unser Partner<br />

der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungs-<br />

und Vergütungsvereinbarung.<br />

Daraus ergibt sich eine Abhängigkeit,<br />

<strong>die</strong> jedoch eine wechselseitige ist,<br />

denn der LWL ist darauf angewiesen,<br />

Vereinbarungen mit Einrichtungen zu<br />

haben, damit <strong>die</strong> Menschen mit Behinderung<br />

versorgt werden können.<br />

Der LWL betont immer wieder, dass<br />

ihm ein partnerschaftliches Verhältnis<br />

zu den Einrichtungen und Diensten<br />

wichtig ist. Insgesamt kann man feststellen:<br />

Ja, so verhält er sich tatsächlich.<br />

Das Bemühen der LWL-Mitarbeiter<br />

auf den verschiedenen Ebenen, gute<br />

und passende Angebote für Menschen<br />

mit Behinderung zu ermöglichen, ist<br />

ehrlich.<br />

Rechtsweg nicht ausgeschlossen<br />

Man muss allerdings ganz nüchtern<br />

sehen: Die gute Zusammenarbeit hat<br />

manchmal auch ihre Grenzen, denn der<br />

LWL und <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> haben unterschiedliche<br />

Aufgaben und manchmal unterschiedliche<br />

Ansichten. Dann muss<br />

auch schon einmal das Sozialgericht<br />

angerufen werden, um eine Aufnahme<br />

möglich zu machen. Solche Auseinandersetzungen<br />

kommen sehr selten vor,<br />

zeigen aber, dass wir bei aller Partnerschaft<br />

bereit sind, <strong>die</strong> Interessen der<br />

uns anvertrauten Menschen bzw. <strong>die</strong><br />

Interessen der Einrichtung auch über<br />

den Rechtsweg durchzusetzen, wenn<br />

es nicht anders geht.<br />

Spardiskussionen<br />

Leider lässt sich aus den Gesetzen<br />

häufig nicht genau ableiten, welchen<br />

Hilfeanspruch ein Mensch mit Behinderung<br />

tatsächlich hat. Dafür sind<br />

Formulierungen wie zum Beispiel „notwendige<br />

Hilfen“ oder „angemessene<br />

Leistung“ viel zu allgemein. Im Lauf<br />

der Zeit haben sich in der Praxis allgemein<br />

akzeptierte Leistungs- und Betreuungsstandards<br />

entwickelt, <strong>die</strong> aber<br />

nirgendwo verbindlich festgelegt sind.<br />

Genau an <strong>die</strong>sem Punkt wächst unsere<br />

Sorge angesichts der aktuellen<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise, <strong>die</strong> sich<br />

absehbar zu einer echten Sozialkrise<br />

auswachsen kann. Den Kommunen,<br />

<strong>die</strong> den Landschafsverband über eine<br />

Umlage zum größten Teil finanzieren,<br />

brechen <strong>die</strong> Steuereinnahmen in einem<br />

Umfang weg wie nie zuvor. Gleichzeitig<br />

nehmen mit steigender Arbeitslosigkeit<br />

<strong>die</strong> Sozialaufgaben der Kommunen<br />

zu. Schon beginnen neue Spardiskussionen,<br />

bei welchen Aufgaben gekürzt<br />

werden kann. Die Kommunen müssen<br />

schon rund 15% ihrer Kerneinnahmen<br />

an den LWL abführen und <strong>die</strong>ser Satz<br />

müsste angesichts der Kostensteigerungen<br />

in der Behindertenhilfe sogar<br />

erhöht werden; man kann erahnen, wie<br />

gering <strong>die</strong> Bereitschaft dazu sein wird.<br />

Angesichts klammer Kassen werden<br />

dann den Anliegen der Behindertenhilfe<br />

andere wichtige soziale Anliegen<br />

wie zum Beispiel der Ausbau der Ganztagsbetreuung<br />

an Schulen gegenübergestellt.<br />

Kommunen entlasten<br />

Diese Verteilungsdiskussionen führen<br />

zu nichts und sie verschleiern das eigentliche<br />

Problem. Die Kommunen<br />

brauchen Entlastung. Volle Unterstützung<br />

ver<strong>die</strong>nt ihre Forderung, dass<br />

sich <strong>die</strong> Länder oder der Bund an den<br />

Aufwendungen der Eingliederungshilfe<br />

für Menschen mit Behinderung zum<br />

Beispiel mit einem bundeseinheitlich<br />

geregelten Teilhabegeld zu beteiligen<br />

haben. Angesichts der desaströsen<br />

<strong>Haus</strong>haltslage beim Bund – <strong>die</strong> der<br />

Länder ist auch nicht viel besser –<br />

stoßen solche Forderungen allerdings<br />

auf taube Ohren und das wird sich in<br />

absehbarer Zeit leider nicht ändern.<br />

Nur Fachleistungsstunden?<br />

Der LWL geht davon aus, dass durch eine<br />

weitere Ambulantisierung der Wohnhilfen<br />

Kosten gespart werden können.<br />

Zum einen soll für weitere noch stationär<br />

betreute Menschen der Übergang<br />

in das ABW angestoßen werden. Zum<br />

anderen gibt es Bestrebungen, den<br />

ganzen stationären Bereich zumindest<br />

formal zu ambulantisieren, indem <strong>die</strong><br />

Vergütungssystematik auch in <strong>die</strong>sem<br />

Bereich auf sogenannte Fachleistungsstunden<br />

umgestellt wird.<br />

Die meisten Einrichtungen - und so<br />

auch <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> – sind skeptisch, ob<br />

<strong>die</strong>se Ansätze geeignet sind, weiterhin<br />

gute Betreuungsleistungen erbringen<br />

zu können und dabei Kosten zu sparen.<br />

Bis auf bestimmte Einzelfälle können<br />

wir uns unter den gegebenen Bedingungen<br />

für jetzt stationär betreute<br />

Menschen einen Übergang in <strong>die</strong> ambulante<br />

Betreuung nicht vorstellen. Dafür<br />

sind <strong>die</strong> Bedarfe zu komplex. Unsere<br />

Bewohner sind auf eine durchgehende<br />

Betreuung angewiesen. Die Umstellung<br />

der Vergütung für den stationären Bereich<br />

auf Fachleistungsstunden würde<br />

eine ganze Reihe von Fallstricken enthalten,<br />

<strong>die</strong> dazu führen können, dass<br />

der Betreuungs- und Lebensstandard<br />

für Heimbewohner abgesenkt wird.<br />

Deshalb werden wir einer Umstellung<br />

nur zustimmen, wenn langfristig gewährleistet<br />

ist, dass <strong>die</strong> gewohnte und<br />

notwendige Unterstützung weiterhin<br />

erbracht werden kann.<br />

Ausblick<br />

Fragt sich am Ende, wie es angesichts<br />

der ungewissen Aussichten weitergeht.<br />

Losgelöst von der aktuellen Krise gibt<br />

es den grundlegenden Konsens, dass<br />

<strong>die</strong> Schwächsten in unsere Gesellschaft<br />

– und dazu zählen <strong>die</strong> Menschen<br />

mit Behinderung – auch weiterhin <strong>die</strong><br />

notwendigen Hilfen erhalten. Dies<br />

wird von den Entscheidungsträgern in<br />

Politik und Verwaltung nicht in Frage<br />

gestellt. Und deshalb wird es Lösungen<br />

geben, auch wenn wir heute noch nicht<br />

wissen, wie <strong>die</strong>se aussehen werden.<br />

Dr. Thomas Bröcheler, Direktor<br />

Dr. Thomas Bröcheler ist Direktor der<br />

Bischöflichen Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

15


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Auftragslage WfbM<br />

Die Wirtschaftskrise wirft langsam<br />

ihre ersten Schatten auch auf <strong>die</strong><br />

Werkstätten. Für 2009 ist vermutlich<br />

von sinkenden Arbeitsumsätzen<br />

auszugehen, da <strong>die</strong> Aufträge unserer<br />

Partnerunternehmen zurückgehen<br />

und <strong>die</strong>s nicht durch Neuaufträge<br />

kompensiert werden kann.<br />

Konkret haben wir bis zum<br />

30.09.2009 einen Umsatzrückgang<br />

von 4,8% zum Vorjahr; in Euro ist<br />

<strong>die</strong>s ein Betrag von 102.000 Euro.<br />

Von <strong>die</strong>sem Umsatzrückgang sind<br />

insbesondere Kundenartikel mit<br />

sehr hohen Materialkostenanteilen<br />

betroffen, das heißt wir kaufen Material<br />

ein und geben <strong>die</strong>se Kosten<br />

im Preis an den Kunden weiter.<br />

Für <strong>die</strong> Lohnzahlung an <strong>die</strong> Beschäftigten<br />

ist der Anteil der<br />

Lohnsumme im Umsatz wichtiger.<br />

Dieser Rückgang liegt zurzeit bei<br />

ca. 25.000 Euro; das entspricht<br />

1,43%, Ich bin zuversichtlich, dass<br />

wir in den letzten drei Monaten des<br />

Jahres hier etwas aufholen können;<br />

eine vollständige Kompensation ist<br />

aber unwahrscheinlich.<br />

Insgesamt sind wir mit <strong>die</strong>sem<br />

Ergebnis von der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

noch sehr verschont<br />

worden. Vorteilhaft ist unsere Kun-<br />

denstruktur mit sehr unterschiedlichen<br />

Absatzgebieten. Andere Werk-<br />

stätten, <strong>die</strong> größere Kunden im Maschinenbau<br />

oder Automobilzulieferbereich<br />

haben, müssen Umsatzrückgänge<br />

zwischen 25 und 40%<br />

verkraften.<br />

Trotz der Wirtschaftskrise haben<br />

<strong>die</strong> Menschen in Deutschland 2009<br />

viel gekauft. Sollte <strong>die</strong> Krise allerdings<br />

zu einem anderen Endverbraucherverhalten<br />

führen, werden<br />

wir <strong>die</strong>se Entwicklung spüren.<br />

Auch in <strong>die</strong>sem Jahr gab es längere<br />

Phasen, in denen Aufträge<br />

oder Material fehlten. Diese Zeiten<br />

mussten <strong>die</strong> Arbeitsgruppen mit<br />

anderen Beschäftigungen füllen.<br />

Hierin lag aber auch eine Chance<br />

für Mitarbeiter, Zeit mit Beschäftigten<br />

anders zu nutzen, denn <strong>die</strong> Zeit<br />

für nicht so produktionsorientierte<br />

Arbeit fehlt häufig im Alltag.<br />

16 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Jürgen Dreyer, Leiter WfbM<br />

Plantage wird „Naturland“<br />

Die Äpfel der Marienburg kennt fast jeder. Aber es gibt noch mehr <strong>als</strong> <strong>die</strong>se Früchte.<br />

Unsere zehn Hektar große Plantage<br />

liegt neben der Marienburg in Coesfeld.<br />

Seit Mai 2009 sind wir Mitglied im Bioverband<br />

„Naturland“. Deshalb stellen<br />

wir unsere Plantage <strong>vom</strong> naturnahen<br />

Anbau auf Bioanbau um, was sich auf<br />

<strong>die</strong> Laufzeit von drei Jahren erstrecken<br />

wird. Ab dem Jahr 2012 dürfen wir unsere<br />

Produkte mit dem BIO-Siegel verkaufen.<br />

Bereits im nächsten Jahr darf<br />

<strong>die</strong> Ernte mit dem Zusatz „Erzeugnis aus<br />

der Umstellung auf den ökologischen<br />

Landbau“ gekennzeichnet werden.<br />

Die Früchte für unsere Konfitüren und<br />

Umgebaut wird das ehemalige ALDI-<br />

Geschäft an der Borkener Straße in<br />

Coesfeld. Dort entsteht eine neue Zweigwerkstatt<br />

für Menschen mit psychischer<br />

Behinderung. Ab Anfang 2010 werden<br />

hier etwa 40 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz<br />

haben.<br />

Dieser zusätzliche Standort ist notwendig<br />

geworden, weil <strong>die</strong> vorhandenen<br />

Kapazitäten in Velen und Ahaus<br />

Gelees werden unmittelbar am Erntetag<br />

weiterverarbeitet. Das garantiert<br />

qualitativ hochwertige Produkte. Mit<br />

Hilfe unserer hauseigenen Rezepturen<br />

und neuester Technik erzielen wir eine<br />

cremige Konsistenz und einen frischen,<br />

fruchtigen Geschmack. Im Gegensatz zur<br />

Industrie entstehen alle unsere Konfitüren<br />

und Gelees in Handarbeit.<br />

Annette Hövelbrinks, WfbM Vertrieb<br />

Neu in <strong>die</strong>sem Herbst: Fruchtaufstrich<br />

„Pflaume mit Marzipan“, ab November<br />

in den Läden erhältlich!<br />

InHand bald auch in Coesfeld<br />

Coesfeld<br />

nicht ausreichen und pro Jahr etwa 17<br />

Personen hinzukommen. Die zuständige<br />

Abteilungsleiterin Brigitte Heim (Foto)<br />

geht davon aus, dass <strong>die</strong>se Entwicklung<br />

anhält.<br />

In den Herbstmonaten sind Handwerksfirmen<br />

dabei, das Gebäude herzurichten.<br />

Es werden Fenster vergrößert, Sozial- und<br />

Sanitärräume geschaffen und eine Innenaufteilung<br />

der <strong>Hall</strong>e vorbereitet. Red.


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Besuch aus Südkorea<br />

Zum Sommerfest in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> war eine<br />

Gruppe aus Asien zu Gast. Die Reisegruppe<br />

aus Inchon verbrachte eine<br />

ganze Woche im Westmünsterland mit<br />

Fachbesuchen und Ausflügen. Die Besucher<br />

sind Mitarbeiter und Schüler<br />

einer evangelischen Gemeinde, <strong>die</strong><br />

sich stark für Menschen mit Behinderung<br />

engagiert. Organisiert wurde <strong>die</strong><br />

Reise von dem Gescheraner Verein Han<br />

Ma Um, der sich seit Jahren für <strong>die</strong>se<br />

Partnerschaft mit Korea einsetzt und<br />

bereits viele Begegnungen hier wie dort<br />

ermöglicht hat. Das Foto zeigt ein Segenslied,<br />

das <strong>die</strong> Gäste spontan während<br />

des Sommerfest-Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

in ihrer Muttersprache sangen und mit<br />

Gesten unterstützten.<br />

Auch das Sonntagskonzert Ende Oktober<br />

ging auf eine Initiative von Han Ma<br />

Um zurück. Musikstudenten aus Korea<br />

spielten im Festsaal von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> Werke<br />

der europäischen Klassik wie auch traditionelle<br />

Musikstücke aus ihrer Heimat<br />

– auf anerkannt hohem künstlerischem<br />

Niveau. Ergänzt wurde das Programm<br />

Das ist ihr Nachmittag: Regelmäßig<br />

trifft sich Annette Schwermann mit<br />

Sarah. Die 16-jährige lebt in der Elisabeth-Gruppe<br />

und freut sich auf <strong>die</strong><br />

gemeinsamen Unternehmungen nur zu<br />

zweit. Für sie ist es schön, „abgeholt“<br />

zu werden und mit einer Person an ihrer<br />

Seite ein Stück von der Welt zu erkunden.<br />

Für Annette Schwermann ist es ehrenamtlicher<br />

Einsatz in ihrer Freizeit.<br />

Und Sie? Fahren Sie gern Fahrrad? Suchen<br />

Sie einen Mit- oder Beifahrer für<br />

gelegentliche Fahrradtouren? Ob <strong>als</strong><br />

Fahrer auf dem eigenem Rad, der etwas<br />

von einem Handglockenchor von jungen<br />

Menschen mit Behinderung, <strong>die</strong> dazu<br />

extra von der Halbinsel im pazifischen<br />

Ozean angereist waren. Tee, Gebäck und<br />

Kostüme aus dem fernen Osten trugen<br />

zu der besonderen Atmosphäre der öffentlichen<br />

Veranstaltung bei. Red.<br />

Ehrenamtliche gesucht<br />

Begleitung benötigt, oder <strong>als</strong> Beifahrer<br />

auf dem Tandem oder vorn im Rollfiets:<br />

Viele Bewohner von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> genießen<br />

es, unterwegs zu sein. Ob wöchentlich<br />

oder 14-tägig, ob eine oder zwei Stunden:<br />

Schenken Sie unseren Radfreunden<br />

etwas von Ihrer Zeit!<br />

Wir führen Sie ein, begleiten Sie regelmäßig,<br />

bieten Schulungen und Versicherungsschutz.<br />

Rufen Sie an! Red.<br />

Lydia Jost, Koordina-<br />

torin Ehrenamt, Tel. 02542- 703 1007,<br />

lydia.jost@haushall.de<br />

AUS DER CHRONIK<br />

VON HAUS HALL<br />

Im Jahre 1855 wurde <strong>die</strong> Stiftung<br />

<strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> errichtet und mit dem Umund<br />

Ausbau der Gebäude begonnen.<br />

Dazu schrieb der Chronist:<br />

„Die Sorgen waren auch sonst noch<br />

groß genug. Verschlangen doch <strong>die</strong><br />

notwendigsten Einrichtungen schon<br />

ungeheure Geldmassen, so daß für<br />

<strong>die</strong> Ausführung der Bauten und Beschaffung<br />

von Inventar eine Schuldsumme<br />

von 63.840 M entstand;<br />

dagegen betrug der festgesetzte<br />

Pflegesatz für den Zögling jährlich<br />

nur 72 M. Die beste Kalkulation war<br />

hier zwecklos, mit <strong>die</strong>ser winzigen<br />

Einnahme Pflegekosten und Zinsen<br />

zu begleichen unmöglich.“<br />

Neben den niedrigen Pflegesätzen<br />

musste <strong>die</strong> Leitung weitere Geldquellen<br />

erschließen. Dies geschah<br />

durch <strong>die</strong> Genehmigung, in dem Einzugsbereich<br />

der Stiftung Kollekten<br />

abzuhalten. Über das Ergebnis im<br />

Jahre 1857 schrieb der Chronist:<br />

„Alle hatten Ursache sich zu freuen,<br />

brachte <strong>die</strong>se doch nicht weniger <strong>als</strong><br />

9.162 Taler gleich 27.486 M. Solche<br />

Kundgebungen aus Freundeshand<br />

ließen sich nicht abweisen. Die Gegenbescherung<br />

bestand in Lob und<br />

Dank. Man atmete auf, bezahlte <strong>die</strong><br />

Schulden und war zufrieden.“<br />

1870 wurden <strong>die</strong> Kollekten abgeschafft.<br />

„Im Begriffe, den Kindern<br />

das Essen, <strong>die</strong> Bekleidung und <strong>die</strong> Lagerstätten<br />

aufzubessern, verweigerte<br />

der Oberpräsident von Kühlwetter<br />

das fernere Abhalten der Kollekten<br />

mit dem Bemerken, Anstalten, welche<br />

ihre Bedürfnisse nicht selbst zu<br />

befriedigen vermöchten, hätten keine<br />

Berechtigung zu existieren.<br />

Daraufhin erhöhte der Direktor den<br />

Pflegesatz, zuletzt auf 195 M. Man<br />

sträubte sich auf der anderen Seite,<br />

<strong>die</strong> Notwendigkeit der Steigerungen<br />

anzuerkennen. Doch der Direktor<br />

wies jedesmal klar und faßlich nach,<br />

daß <strong>die</strong> Mehrforderungen zur Existenz<br />

der Anstalt absolut notwendig<br />

seien. Die endlich doch erfolgten<br />

Genehmigungen verschafften dem<br />

<strong>Haus</strong>e eine sichere Einnahmequelle“.<br />

Gerhard Meirich, Archivar<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

17


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Bildung im Baukasten für neue Mitarbeiter<br />

Bildung im Baukasten für neue Mitarbeiter<br />

Trotz fachschulischer Ausbildung und<br />

gut begleiteter Einarbeitung fehlt manchen<br />

neuen Mitarbeitern ein spezifisch<br />

auf <strong>die</strong> Einrichtung und das Arbeitsfeld<br />

ausgerichtetes Know-how. In Zusammenarbeit<br />

mit der Abteilung Fortbildung<br />

wurde <strong>die</strong> Qualifizierung „Bildung<br />

im Baukasten“ für neue Mitarbeiter<br />

im Bereich Wohnen im Jahr 2002 entwickelt.<br />

Bis heute haben 70 Personen<br />

teilgenommen und das Zertifikat erhalten.<br />

Es sind neue Mitarbeiter nach<br />

Abschluss der Ausbildung, Mitarbeiter,<br />

<strong>die</strong> aus anderen Einrichtungen kommen<br />

sowie Mitarbeiter nach langen Jahren<br />

der Elternzeit. Aktuell befinden sich<br />

50 neue Kollegen in der Qualifizierung.<br />

Diese umfasst neun Fortbildungen mit<br />

insgesamt 95 Stunden in 15 Veranstaltungen.<br />

Die Teilnehmer besuchen <strong>die</strong><br />

Kurse ohne Kostenbeteiligung und im<br />

Rahmen ihrer Dienstzeit und sollen alle<br />

Module in den ersten beiden Jahren besucht<br />

haben.<br />

Das Themenspektrum umfasst ein<br />

Pflichtprogramm (Erste Hilfe, Brandschutz,<br />

Medikamentenlehre, Aufsichtspflicht<br />

usw.) und schließt grundsätzliche<br />

Fragen ein, so z.B. Grundlagen der<br />

Elternarbeit, Umgang in schwierigen<br />

Betreuungssituationen, Grundlagen der<br />

Pflege usw. Je nach den Anforderungen<br />

der Wohngruppe und ihrer Bewohner<br />

wird das Pflichtprogramm individuell für<br />

jeden Mitarbeiter durch verschiedene<br />

Wahlmodule ergänzt. Insgesamt liegt<br />

ein Schwerpunkt in der Entwicklung<br />

einer grundsätzlichen Haltung, <strong>die</strong> an<br />

den Wertvorstellungen der kirchlichen<br />

Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> und an dem dort<br />

gelebten Verständnis des christlichen<br />

Menschenbildes orientiert ist.<br />

Nun ist in einer Analyse versucht worden,<br />

Wirkung und Lernfortschritt bei<br />

den Teilnehmern nach Abschluss der<br />

Maßnahme zu erfassen. Die Bewertung<br />

wurde in Anlehnung an Schulnoten vorgenommen.<br />

Die Veranstaltungen wurden<br />

im Schnitt zwischen 1,<strong>67</strong> und 2,98<br />

bewertet. Alle Teilnehmer schätzen<br />

ihren persönlichen Lernerfolg überwiegend<br />

gut ein. Sehr gut bewertet wird<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit, Austausch mit anderen<br />

Kollegen zu haben. Eher kritisch wird<br />

<strong>die</strong> Tatsache gesehen, zur Teilnahme<br />

verpflichtet worden zu sein, ebenso<br />

wie das Verhältnis von Aufwand und<br />

18 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Nützlichkeit. Am schwierigsten ist es,<br />

den Transfer der vermittelten Inhalte<br />

ins eigene Team zu leisten. Dies wird<br />

durchweg wegen fehlender Möglichkeiten<br />

und mangelnder Zeit <strong>als</strong> nur schwer<br />

leistbar bewertet.<br />

Insgesamt kann man mit dem Ergebnis<br />

zufrieden sein. Der Identifikation<br />

mit dem in der Stiftung gelebten Betreuungsverständnis<br />

wird viel Raum ge-<br />

Integrative Party in Stadtlohn<br />

80 Personen feierten <strong>die</strong> erste integrative<br />

Party in Stadtlohn. Mit den<br />

„Püttshakers“ ging es partymäßig ab.<br />

Die Tanzfläche war immer voll. Beim<br />

Live-Auftritt von Johannes Heim,<br />

Beschäftigter der Werkstatt <strong>Haus</strong><br />

<strong>Hall</strong>, auf seiner E-Gitarre rockte das<br />

Hengeler Gemeindehaus. Die Party-<br />

Event-Idee stammt von zwei jungen<br />

geben und den Mitarbeitern Raum und<br />

Möglichkeit für Entwicklung eröffnet.<br />

Gerade in Zeiten zunehmender Veränderungen<br />

und dadurch bedingter Unsicherheit<br />

bieten <strong>die</strong>se Möglichkeiten<br />

der Personalentwicklung Orientierung<br />

und Halt.<br />

Christine Goltz, Abt. Fortbildung<br />

Werkstattbeschäftigen, Jens Stegemann<br />

und Sebastian Rathmer, und<br />

wird nun fester Bestand der Freizeitvernetzung<br />

für Menschen mit Behinderung<br />

in Stadtlohn und Umgebung<br />

sein. Das Event ist jährlich geplant.<br />

Elvira Hageleit, Freizeit und FuD


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Umgezogen ins Appartement-<strong>Haus</strong><br />

Umgezogen ins Appartement-<strong>Haus</strong><br />

Bereits 118 Menschen werden durch <strong>die</strong><br />

Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> ambulant betreut.<br />

Sie leben selbständig in einer eigenen<br />

Wohnung in der Stadt und erhalten<br />

stundenweise Begleitung durch Fachkräfte.<br />

Gerade fertig gestellt ist das<br />

Appartement-<strong>Haus</strong> in Gescher. Dort<br />

sind 16 Wohnungen für eine bis maximal<br />

zwei Personen. Im Erdgeschoss befindet<br />

sich ein Gemeinschaftsraum. Für<br />

<strong>die</strong> <strong>LUPE</strong> berichten einige Bewohner<br />

von ihren ersten Eindrücken. Red.<br />

Es hat geklingelt<br />

Es wurde ein neues Wohnheim gebaut<br />

und <strong>als</strong> ich das gehört habe, da hat es<br />

in meinen Ohren geklingelt und dann<br />

hab ich geschaltet. Da wollte ich gerne<br />

einziehen. Alle Bewohner haben sich<br />

das neue <strong>Haus</strong> zusammen angeguckt,<br />

<strong>als</strong> es noch nicht fertig war. Es hat<br />

Zufrieden Zufrieden mit dem Ambulant Betreuten Wohnen?<br />

In <strong>die</strong>sem Jahr konnten alle Nutzer des<br />

Ambulant Betreuten Wohnens (ABW) an<br />

einer Befragung teilnehmen. Es wurden<br />

107 Fragebögen verschickt. Inzwischen<br />

liegen <strong>die</strong> Ergebnisse vor. Insgesamt<br />

haben 76 Nutzer geantwortet. Davon<br />

sind 36 Männer und 37 Frauen im Alter<br />

zwischen 25 und 68 Jahren.<br />

Der durchschnittliche Betreuungsumfang<br />

beträgt 4,35 Fachleistungsstunden<br />

(von 1 bis 8 Fachleistungsstunden).<br />

Die Betreuungsdauer im ABW betrug<br />

durchschnittlich drei Jahre. Zwölf Personen<br />

haben vorher alleine gewohnt,<br />

drei in einer anderen Einrichtung, 17<br />

bei ihrer Familie, 41 in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>.<br />

44 Personen wohnen jetzt alleine<br />

in einer eigenen (Miet-)Wohnung, 16<br />

leben mit einem Partner, 13 in Wohn-<br />

ganz schön lange gedauert und am 3.<br />

September war dann endlich mein großer<br />

Umzug.<br />

Mir gefällt alles in meinem neuen<br />

Zuhause und ich habe einen schönen<br />

Ausblick von meinem Balkon. Ich bin<br />

am 1.10. in Rente gegangen. Davor<br />

habe ich 23 Jahre in der Conrad-Gruppe<br />

gearbeitet. Ich freue mich auf <strong>die</strong><br />

Zeit hier im <strong>Haus</strong>. Margret Schmidt<br />

Aufbruch in <strong>die</strong> Zukunft<br />

Ich bin von der Außenwohngruppe<br />

Karl Leisner am Venneweg 9 in Gescher<br />

weggezogen. Als ich mein neues<br />

Appartement zum ersten Mal sah,<br />

war ich hin und weg. Aber es war ein<br />

langer Weg bis zum Umzug. Erst hieß<br />

es: im Juli. Dann: im August. Aber<br />

im September war es so weit. Dann<br />

kam der Umzug. Das war der Beginn<br />

gemeinschaften, zwei in stationärem<br />

Einzelwohnen <strong>als</strong> Übergang.<br />

Auf einer Skala von 1 (= gut) bis 4<br />

(= schlecht) lag <strong>die</strong> Gesamtzufriedenheit<br />

aller Befragten bei 1,56, wobei <strong>die</strong><br />

Zufriedenheit mit der Betreuung (1,4)<br />

besser war <strong>als</strong> <strong>die</strong> mit der Wohnung<br />

(1,66) und mit der Freizeit (1,8).<br />

Bei der Wohnung richtet sich <strong>die</strong><br />

Unzufriedenheit auf Nachbarschaft<br />

und Preis.<br />

Bei der Betreuung gibt es kritische<br />

Rückmeldungen zu Mitwirkungsmöglichkeiten,<br />

Infoweitergabe und Zuverlässigkeit<br />

sowie Pünktlichkeit. Sehr gut<br />

beurteilt werden <strong>die</strong> Erklärung schwieriger<br />

Sachverhalte, gut der Umgang<br />

mit Anliegen und Beschwerden.<br />

Bei der Freizeit bezieht sich <strong>die</strong> Unzu-<br />

einer neuen Herausforderung. Ich<br />

wohne jetzt auf der Konrad-Adenauer-<br />

Straße 40. Es gehört auch eine Küche<br />

dazu. Hier koche ich. Um 6:30 Uhr<br />

kommt immer ein Betreuer. Wir haben<br />

sogar <strong>die</strong> Möglichkeit, am Wochenende<br />

in der Gemeinschaft zu kochen und<br />

auch mitzuessen. Ulrich Hostnick<br />

Mein eigener Bereich<br />

Es gefällt mir hier sehr gut in meinem<br />

eigenen Appartement, weil es mein<br />

eigener Bereich ist. Schön ist es, hier<br />

mit einigen Leuten Kontakt zu haben.<br />

Ich finde es auch gut, dass <strong>die</strong> Betreuer<br />

uns helfen, wenn man irgendetwas hat.<br />

Das geht, weil meistens ein Betreuer<br />

im <strong>Haus</strong> ist. Ich finde es gut, dass man<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit hat, gemeinsam zu<br />

kochen. Uwe Dorroch<br />

friedenheit auf Kosten und auf alternative<br />

Angebote im Umfeld.<br />

In der relativ hohen Zufriedenheit mit<br />

der Betreuung unterscheiden sich geistig<br />

behinderte und psychisch erkrankte<br />

Menschen nicht.<br />

In der Gesamtzufriedenheit sind <strong>die</strong><br />

Menschen, <strong>die</strong> vorher in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> gewohnt<br />

haben, etwas zufriedener <strong>als</strong> andere.<br />

Außerdem sind Bewohner einer<br />

Wohngemeinschaft im Durchschnitt etwas<br />

zufriedener <strong>als</strong> alleine wohnende<br />

Betreute.<br />

Die Ergebnisse wurden Mitarbeitern<br />

und Betreuten vorgestellt. Der nächste<br />

Schritt wird <strong>die</strong> Entwicklung einer Mitwirkungsordnung<br />

sein.<br />

Martin Nolte / Red.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

19


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Unser Schwimmbad ist 43<br />

Das <strong>Hall</strong>enbad wurde 1966 erbaut.<br />

Es war dam<strong>als</strong> eines der modernsten<br />

Schwimmbäder im Altkreis Ahaus. Die<br />

Jahre sind nicht spurlos vorbei gegangen.<br />

Aber wir sind froh, dass wir - anders<br />

<strong>als</strong> manche Kommunen – unser<br />

Schwimmbad weiterhin in Betrieb haben.<br />

Gezielte Investitionen wie etwa<br />

ein neues Dach haben das ermöglicht.<br />

Auf einige häufig angesprochene Fragen<br />

und Vorbehalte will ich nun eingehen.<br />

Schwimmmeister? Früher sagte man<br />

„Badeanstalt“ und alle Aufsichtspersonen,<br />

<strong>die</strong> in einem Schwimmbad arbeiten,<br />

hießen „Bademeister“. Heute ist es<br />

ein richtiger Lehrberuf und <strong>die</strong> Berufsbezeichnung<br />

lautet „Fachangestellter<br />

für Bäderbetriebe“. Seine umfangreichen<br />

Aufgaben werden in der DIN 19643<br />

genau definiert.<br />

In jedem Schwimmbad wird mit Chlor<br />

zur Desinfektion gearbeitet. Es gibt genaue<br />

Vorschriften, wie hoch der Chlorgehalt<br />

sein darf. Diese Vorschrift ist<br />

für alle Schwimmbäder gleich. Durch<br />

<strong>die</strong> automatische Chlorpumpe wird dafür<br />

gesorgt, dass <strong>die</strong>se Werte beständig<br />

eingehalten werden können. Zur<br />

weiteren Absicherung lassen wir unser<br />

Wasser durch ein unabhängiges Institut<br />

in Münster überprüfen. Die Kontrollen<br />

können jederzeit und ohne Anmeldung<br />

erfolgen.<br />

Die Filteranlage reinigt alle grob- und<br />

feindispersen Stoffe zuverlässig aus<br />

dem Schwimmbeckenwasser. Ich stelle<br />

<strong>die</strong> Gegenfrage: Welches Wasser ist sauberer?<br />

Das Wasser in einem Baggersee,<br />

in dem auch Hunde schwimmen? Das<br />

Meer mit seinen Ballaststoffen durch <strong>die</strong><br />

20 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

Seefahrt? Das Planschbecken zu <strong>Haus</strong>e<br />

ohne Chlor? Mit Sicherheit können wir<br />

sagen, dass <strong>die</strong> Wasserqualität in unserem<br />

Schwimmbad einwandfrei ist.<br />

Das gilt entsprechend für <strong>die</strong> Räumlichkeiten.<br />

Neben der regelmäßigen<br />

Reinigung erfolgt auch eine regelmäßige<br />

Desinfektion. Dabei werden selbstverständlich<br />

nur gelistete Mittel eingesetzt,<br />

<strong>die</strong> aufeinander abgestimmt sind.<br />

Mithilfe einer Fachberaterin haben wir<br />

einen Hygieneplan erstellt. Dabei sind<br />

viele Vorgaben zu berücksichtigen, etwa<br />

gesetzliche Vorschriften oder <strong>die</strong> Ordnung<br />

der Deutschen Gesellschaft für das<br />

Badewesen e. V.<br />

Den Großteil der Arbeit leisten <strong>die</strong><br />

Mitarbeiterinnen der Servicegesellschaft<br />

von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> täglich in den<br />

frühen Morgenstunden. Die Zahl der<br />

Reinigungsstunden wurde verdreifacht.<br />

Hinzu kommt noch <strong>die</strong> jährliche<br />

Grundreinigung. Fazit: Fußpilz holt man<br />

sich eher anderswo.<br />

Weiterhin gibt es <strong>die</strong> festen Schwimmzeiten<br />

für Bewohner, Schule, Kindergarten<br />

usw. An jedem Werktag gibt es einen<br />

„Offenen Treff“ von 16:00 bis 17:45 Uhr<br />

und am Samstag von 09:00 bis 11:45<br />

Uhr. Abends ist das Schwimmbad von<br />

18:00 bis 22:00 Uhr an Vereine vermietet.<br />

Schwimmzeiten für Mitarbeiter sind<br />

werktags morgens von 06:30 bis 07:30<br />

Uhr und mittags von 12:00 bis 13:00<br />

Uhr sowie am Wochenende, außerdem<br />

abends in den Ferien, wenn Vereinsstunden<br />

ausfallen. Aktuelle Informationen<br />

erhält man an der Pforte.<br />

Ewald Röhring, Schwimmbad<br />

Nele und Sina aus Gescher haben im <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Bad schwimmen gelernt.<br />

Wasser ist Leben<br />

Alle Welt redet von Normalisierung.<br />

Ist ein <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Schwimmbad<br />

noch zeitgemäß?<br />

Das haben wir uns natürlich auch<br />

schon gefragt. Tatsächlich nutzen<br />

einige mobile und selbständige Menschen<br />

mit Behinderung öffentliche<br />

Bäder. Hier im ländlichen Bereich legen<br />

sie dafür manchmal weite Wege<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück.<br />

Man muss aber leider auch feststellen,<br />

dass es viele Probleme gibt.<br />

So sind zum Beispiel nicht alle Bäder<br />

wirklich rollstuhlgerecht. Und <strong>die</strong><br />

Transportfahrten dorthin sind mit<br />

erheblichem Aufwand verbunden.<br />

Welche Vorteile hat unser Bad?<br />

Die Wassertemperatur ist erheblich<br />

höher <strong>als</strong> in den meisten städtischen<br />

Bädern und das ist für eine<br />

therapeutische Nutzung ein ganz<br />

wichtiger Punkt. Auch können wir <strong>die</strong><br />

personelle Begleitung hier besser sicherstellen.<br />

Und schließlich ist unser<br />

<strong>Hall</strong>enbad besser auf inkontinente<br />

Besucher eingestellt.<br />

Ist ein Schwimmbad nicht hauptsächlich<br />

dazu da, sich auszutoben?<br />

Der Anteil schwer behinderter Menschen<br />

hat über Jahre hinweg stark<br />

zugenommen. Auch gibt es längst<br />

neue fachliche Entwicklungen in<br />

der Förderung behinderter Menschen.<br />

Das führte zu einer allmählichen<br />

Umorientierung des<br />

Angebote. Der sportliche und bewegungsorientierte<br />

Aspekt tritt gegen<br />

über einer stärker heilpädagogischen<br />

und entwicklungsorientierten<br />

Sichtweise zurück. Die Bewegung im<br />

Wasser ist für eine ganzheitliche Förderung<br />

gerade auch schwer behinderter<br />

Menschen zu einem wichtigen<br />

Baustein geworden.<br />

Welche Perspektive hat das Bad?<br />

Wir wollen <strong>die</strong> bauliche und technische<br />

Substanz mit wenigen Mitteln<br />

erhalten. Des Weiteren holen wir<br />

Vereine mit ihren Angeboten in unser<br />

Schwimmbad und dadurch kommt es<br />

manchmal zu schönen Begegnungen<br />

und gemeinsamen Aktivitäten.<br />

Francis Dietrich, Abteilungsleiterin Freizeit<br />

und FuD im Gespräch mit Michel Hülskemper,<br />

<strong>LUPE</strong>


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Ein schöner Fußballabend mit der Bundeswehr<br />

Ein schöner Fußballabend mit der Bundeswehr<br />

Die <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Fußballmannschaft kurz vor dem Anpfiff, hochmotiviert in den neuen Trikots.<br />

Angefangen hatte alles damit, dass<br />

unsere <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Mannschaft im vergangenen<br />

Jahr von der Bundeswehr<br />

einen Satz Trikots geschenkt bekam.<br />

Natürlich nahmen wir <strong>die</strong>se im Rahmen<br />

eines Freundschaftsspiels in Empfang.<br />

Das Rückspiel fand nun wieder auf unserem<br />

Rasen statt.<br />

Die Vorfreude war in unserer Mannschaft<br />

schon einige Wochen vor dem<br />

eigentlichen Spiel riesig. Es ist für alle<br />

immer ein Highlight, in den Trikots<br />

aufzulaufen. Das erklärt auch <strong>die</strong> rege<br />

Teilnahme von 30 <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Mitspielern.<br />

Sogar zwei Trikotsätze reichten<br />

nicht aus; deshalb musste zwischendurch<br />

noch schnell getauscht werden,<br />

denn alle wollten ja spielen.<br />

Nach einem harten Fight ging das<br />

Spiel mit 11:10 für <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> aus und<br />

<strong>die</strong> Freude war groß. Minutenlang<br />

sang <strong>die</strong> Mannschaft Lieder. Anschlie-<br />

ßend ging es im schön vorbereiteten<br />

Café mit Würstchen und dem ein<br />

oder anderen Getränk weiter. Nach<br />

der Pokalübergabe durch Stabsfeldwebel<br />

Michael Kersting <strong>vom</strong> deutsch-<br />

niederländischen Korps klang der<br />

Abend langsam aus.<br />

Mit Vorfreude wird das verabredete<br />

Spiel im nächsten Jahr erwartet. Vielleicht<br />

wieder ein Erfolg für <strong>die</strong> <strong>Haus</strong><br />

<strong>Hall</strong>er Mannschaft? Frederik Just<br />

Die ersten 34 Brote sind frisch gebacken<br />

Die ersten 34 Brote sind frisch gebacken<br />

Ingo Görkes, Heimleiter Johannes Tepaße und Matthias Gildhuis haben sich für <strong>die</strong><br />

Sanierung des Backofens stark gemacht, zusammen mit vielen Spendern und Förderern.<br />

Über 100 Jahre alt ist der historische<br />

Backofen im Guten Hirten. Das 20 Tonnen<br />

schwere Gerät war vorsichtig aus<br />

seinem Kellerdasein an <strong>die</strong> frische Luft<br />

gesetzt und fachmännisch restauriert<br />

worden - mitsamt Löwenköpfen und<br />

Pranken. Jetzt steht das Schmuckstück<br />

am neuen Standort im Park. Am Tag vor<br />

dem Erntedankfest wurde zum ersten<br />

Mal angeheizt. „Seine Wärme soll auf<br />

<strong>die</strong> <strong>Haus</strong>gemeinschaft ausstrahlen“,<br />

sagte Pastoralreferent Klaus Mees bei<br />

der kleinen Einweihungsfeier. Bewohner<br />

und Gäste kosteten gleich von dem<br />

frischen Brot. Das Projekt wurde ausschließlich<br />

durch Spenden finanziert.<br />

Red.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

21


+ Aktuell + + + Aktuell + + + Aktuell +<br />

Die „Spurensucher“ on tour<br />

Seit zwei Jahren trifft sich <strong>die</strong> Gruppe regelmäßig. Die ingesamt zwölf Jugendlichen<br />

aus <strong>Haus</strong> Berkelwiese sind ihrem Glauben in der Gemeinschaft auf der Spur.<br />

Ein Freitagmorgen. Die Spurensucher<br />

aus dem <strong>Haus</strong> Berkelwiese machen sich<br />

wieder auf <strong>die</strong> Suche. Heute steht eine<br />

Exkursion nach Münster an. Die zwölf<br />

Jugendlichen des religionspädagogischen<br />

Projekts sind heute <strong>vom</strong> Schulunterricht<br />

freigestellt. Die Rucksäcke sind<br />

gepackt und <strong>die</strong> Begleiter haben alles<br />

vorbereitet, damit <strong>die</strong> Suche an ihr Ziel<br />

Sie machen sich auf den Weg: Die Bibel<br />

erleben - das ist eine Leitidee der<br />

Spurensucher.<br />

kommt. Mit den <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Bullis geht<br />

es zum Coesfelder Bahnhof und von<br />

dort mit dem Zug nach Münster. Auf<br />

dem Domplatz vor dem St. Paulus-Dom<br />

22 Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

warten schon zwei Pastoralreferentenkollegen,<br />

<strong>die</strong> der <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er Gruppe<br />

den Dom und den Domherrenfriedhof<br />

zeigen werden. Groß, sehr groß ist hier<br />

alles und herrlich erstrahlt der Dom von<br />

innen und außen an <strong>die</strong>sem Tag. Vieles<br />

gibt es zu sehen, zu fragen und zu erkunden.<br />

Das Grab von Bischof Galen,<br />

der sich dam<strong>als</strong> auch für <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>er<br />

Bewohner eingesetzt hat, <strong>die</strong> riesige<br />

Orgel, <strong>die</strong> astronomische Uhr… Einige<br />

Jugendliche interessieren sich besonders<br />

für das große Domläutewerk.<br />

Wie bei jeder Suche der Spurensucher<br />

wird irgendwann Rast gemacht und<br />

das Mitgebrachte miteinander geteilt,<br />

<strong>die</strong>smal im Pfarrheim der Überwassergemeinde;<br />

es reicht wie immer und es<br />

bleibt sogar noch etwas übrig. Als Dessert<br />

geht aber ein Eis immer.<br />

Langsam, aber sicher brechen wir<br />

wieder zum Bahnhof auf, erzählen <strong>vom</strong><br />

Dom, <strong>vom</strong> neuen und alten Bischof,<br />

seinen Vorgängern und dem allerersten<br />

Bischof von Münster, dem Hl. Liudger;<br />

vor 1200 Jahren ist er gestorben.<br />

Nach einer spannenden Zugfahrt<br />

geht ein schöner und interessanter Tag<br />

voller Eindrücke zu Ende - in Vorfreude<br />

auf <strong>die</strong> nächste Suche. Beim nächsten<br />

Mal, ein paar Wochen später, soll es mit<br />

Fahrrädern in eine Waldkapelle nur aus<br />

Bäumen in Gescher gehen.<br />

Seit zwei Jahren besteht <strong>die</strong>ses<br />

gruppenübergreifende religionpädago-<br />

gische Projekt im Wohnbreich Berkelwiese<br />

von <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>. Treibend war <strong>die</strong><br />

Idee, neben Kirche und Schule ein ju-<br />

08.11.09 Schautag<br />

Kindergarten St. Antonius,<br />

14:00 – 16:00 Uhr<br />

09.-11.11.09 Anmeldungen<br />

Kindergarten St. Antonius,<br />

14:30 – 16:30 Uhr<br />

11.11.09 Martinsumzug<br />

Förderschule, Gescher,<br />

17:15 Uhr<br />

12.11.09 Martinsumzug<br />

Kindergarten, 17:30 Uhr<br />

ab Antoniuskapelle<br />

22.11.09 Sonntagskonzert:<br />

Pommes Connection<br />

Festsaal <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, Gescher,<br />

16:00 Uhr<br />

14.03.10 Sonntagskonzert:<br />

Die Kanzelschwalben<br />

<strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>, Gescher,<br />

16:00 Uhr<br />

gendgemäßes und zum vorgegebenen<br />

Rahmen des Wohngruppenalltags passendes<br />

religiöses Angebot zu machen,<br />

das erlebnisorientiert ist und Gemeinschaft<br />

stiftet. Fünf Betreuer aus den<br />

Wohngruppen gehören <strong>als</strong> regelmäßige<br />

Begleiter zum Team.<br />

Viele gute Erfahrungen und Rückmeldungen<br />

ermutigen uns, in <strong>die</strong>ser<br />

Richtung weiter zu suchen. Was regelmäßig<br />

dazu gehört? Die Leute aus den<br />

anderen Gruppen, eine große Portion<br />

Humor und sicher wieder neue Erfahrungen,<br />

<strong>die</strong> deutlich machen: Gott ist<br />

mitten unter uns. Ihn zu suchen und<br />

zu entdecken ist wie das Ziel einer Spurensuche.<br />

Helmut Hater, Seelsorger in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong>


Wir trauern um <strong>die</strong> Verstorbenen:<br />

Wilfried Musholt<br />

Geboren am 30.11.1966,<br />

lebte seit 1988 in <strong>Haus</strong><br />

<strong>Hall</strong>, zuerst in der Georg-<br />

Gruppe und später dann in<br />

der Kolping-Gruppe.<br />

Er starb am 21.08.2009<br />

und wurde auf dem Friedhof<br />

in Stadtlohn beerdigt.<br />

Er hat sich für uns eingesetzt<br />

Am 28.06.2009 verstarb Paul Hinzmann.<br />

Der Theologe war von 1969<br />

bis zu seiner Pensionierung 2001 in<br />

der Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> <strong>als</strong> Seelsorger<br />

tätig. Sehr viele Menschen haben ihn<br />

hier gekannt. Besonders engagiert<br />

war er in der Mitarbeitervertretung<br />

(MAV). Deren derzeitige Vorsitzende<br />

Rita Hölker erinnert an ihn:<br />

Seine markante Persönlichkeit und<br />

sein Rundum-Engagement waren etwas<br />

Besonderes. Paul hat viele wichtige<br />

Dinge in <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> mit angestoßen.<br />

Ich denke zum Beispiel an <strong>die</strong> Grundkurse,<br />

Fachseminare und Fortbildungen,<br />

an <strong>die</strong> Abenteuerspielplätze und<br />

Ferienmaßnahmen in den 70-er Jahren,<br />

an <strong>die</strong> Stiftungssatzung und an<br />

<strong>die</strong> Organisationsentwicklung, <strong>die</strong> in<br />

Burlo ihren Anfang genommen hatte.<br />

Oder an das Thema Sexualität und<br />

Partnerschaft. Viele positive Entwicklungen<br />

verbinde ich mit Paul.<br />

In der MAV war er lange Zeit Vorsitzender<br />

oder stellvertretender Vorsitzender.<br />

Er war maßgeblich an der Erarbeitung<br />

der Vergütungsregelungen<br />

für <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> beteiligt. Die Mitarbeiter<br />

hatte er immer im Blick. Er hat sich für<br />

uns alle eingesetzt nach der Devise:<br />

gute Arbeit für guten Lohn.<br />

So manche Diskussionen mit Paul<br />

waren kontrovers und heftig. Er trat<br />

entschieden für den Teamgedanken<br />

ein. Er wollte, dass Entscheidungen<br />

möglichst breit diskutiert werden,<br />

dass alle sich einbringen können und<br />

Beschlüsse demokratisch herbeigeführt<br />

werden. Es war schmerzhaft für<br />

ihn zu sehen, dass <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong> eine andere<br />

Entwicklung genommen hat <strong>als</strong><br />

es ihm persönlich vorschwebte.<br />

Sehr beeindruckt hat mich seine Art,<br />

Gottes<strong>die</strong>nste zu gestalten. Als Seelsorger<br />

hat er sich immer <strong>als</strong> Ansprechpartner<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Für mich war Paul jemand, der für<br />

Menschen mit Behinderung alles gegeben<br />

hat.<br />

Rita Hölker im Gespräch mit der <strong>LUPE</strong>;<br />

Aufzeichnung: Michel Hülskemper<br />

Oft sind es <strong>die</strong><br />

Menschen mit Behinderung,<br />

<strong>die</strong> uns <strong>als</strong> Mitarbeiter<br />

mitnehmen zu den<br />

wesentlichen Fragen<br />

des Lebens.<br />

Christiane Wolters<br />

Geboren am 10.12.1971,<br />

lebte seit fast 25 Jahren in<br />

der Katharina-Gruppe.<br />

Sie starb am 20.10.2009<br />

und wurde auf dem Friedhof<br />

in Rosendahl-Osterwick<br />

beerdigt.<br />

Lupe <strong>67</strong> – 2009<br />

23


www.haushall.de/Förderverein<br />

Integration schon im Kindergarten<br />

Kinder mit und ohne Behinderung<br />

spielen und lernen gemeinsam:<br />

Dafür entsteht <strong>die</strong> neue Kita St. Antonius.<br />

Mit modernen Räumen für Gruppen,<br />

Bildungsangebote und Therapien.<br />

Und mit vielen Angeboten draußen<br />

zum Bewegen, Toben und Experimentieren.<br />

Unser Jahresspendenprojekt<br />

Damit Luis und Eva und Marco wirklich<br />

gute Chancen für ihre Entwicklung<br />

bekommen: 80.000 Euro will der<br />

Förderverein zusammenbringen für eine<br />

gute Ausstattung innen und außen.<br />

Helfen Sie mit!<br />

Jede Spende hilft.<br />

Oder werden Sie Mitglied<br />

im Förderverein.<br />

Förderverein der Bischöflichen Stiftung <strong>Haus</strong> <strong>Hall</strong><br />

Postfach 1161 • 48704 Gescher • Tel.: 02542-703.1001<br />

info@haushall.de<br />

Sparkasse Westmünsterland<br />

BLZ 401 545 30 • Konto-Nr. 53 038 824

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