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EDITION . Ausgabe 2 . Familie Oh du schöne Rosenzeit<br />

56<br />

Damit wird das ökologische<br />

Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

gewahrt: Natur und Umwelt<br />

werden so genutzt, dass ihr<br />

Bestand auf natürliche Weise<br />

nachwachsen kann und das<br />

System erhalten bleibt – auch<br />

für die Kinder und Enkelkinder.<br />

nern brach, unterstellt man ihm nun, ein Agent der CIA zu sein.<br />

Das Urteil lautet auf fünf Jahre Gefängnis, von denen Sanati viele<br />

Monate in Isolationshaft verbringt. Zu Hause im Lalehzar-Tal verweigern<br />

die Bauern unterdessen Sanatis Frau das ohnehin knappe Wasser –<br />

eine vermeintliche Katastrophe. Doch dann geschieht das Wunder.<br />

Die Rosen wachsen dennoch an und blühen üppig. Das macht<br />

Eindruck auf die Bauern. Fortan glauben sie an die Rosenkultur.<br />

Denn diese bringt ihnen bei geringerem Arbeits- und minimalem<br />

Wassereinsatz sehr viel mehr Ertrag als Weizen oder Kartoffeln.<br />

Und sogar mehr als Opium, das sie lange Zeit zur Aufbesserung<br />

ihres spärlichen Einkommens illegal anbauten. Schlafmohnpfl anzungen<br />

waren – und sind – ein Verstoß gegen das Gesetz: Auf<br />

Drogenhandel steht die Todesstrafe.<br />

Das Vertrauen in die Rose als Alternative wächst, als die Bauern<br />

mit der Zeit feststellen, welche Preise die Abnehmer für das von<br />

ihnen produzierte Öl zu zahlen bereit sind. Da Wasser auf 3000 Metern<br />

Höhe bereits bei 90 Grad kocht, bleiben beim Destillieren der Blütenblätter<br />

wichtige Inhaltsstoffe erhalten. Es entsteht ein hochwertiger Rohstoff,<br />

der auf dem Weltmarkt Kilopreise zwischen 5.000 und 6.000 Euro<br />

erzielt. Fünf Tonnen Rosenblätter liefern nach der Destillation ein<br />

Kilo Rosenöl. Dabei ist das sogenannte erste Öl weniger wertvoll<br />

als das zweite, das beim Destillieren des Rosenwassers, einem Nebenprodukt<br />

der Erstdestillation, entsteht. Dieses zweite Öl ist alkohollöslich<br />

– in der Kosmetikindustrie eine begehrte Eigenschaft.<br />

900 Tonnen Rosenwasser und etwa 150 Liter Rosenblütenöl sind<br />

jährlich der lukrative Ertrag bei Zahra.<br />

Ein Philosoph der Freiheit Aber Homayoun Sanati ist ein<br />

Geschäftsmann, der nicht nur seinen Betrieb sieht. Er begeistert<br />

sich für die Gedanken Rudolf Steiners, für dessen „Philosophie<br />

der Freiheit“ und für die Anthroposophie. Besonders interessieren<br />

ihn – vor dem Hintergrund der Sanati-Kinderheime – die Waldorf-Pädagogik<br />

und – in puncto Rosenaufzucht – der biologische<br />

Landbau. Die Idee, dass der Dreiklang von Leben, Arbeiten und<br />

gesellschaftlicher Verantwortung so ausgerichtet sein müsse, dass<br />

der den nachfolgenden Generationen die Lebensgrundlage sichert,<br />

beeinfl usst ihn tief. Mit diesen Vorstellungen von Freiheit und Selbstbestimmtheit<br />

geht er seinen Weg, mit seiner Familie und vielen, die er<br />

in seinem Herzen dazuzählt: seine Schützlinge in den Waisenhäusern<br />

genauso wie seine Angestellten und deren Umfeld. Darum stellt er sein<br />

Unternehmen auf biologisch-dynamische Bewirtschaftung um –<br />

im Iran, zu einer Zeit, in der die sozialen und politischen Spielräume<br />

eng gesteckt sind. Sanati verwirklicht einen veritablen Rudolf-<br />

Steiner-Traum, mitten im wilden Mullahland.<br />

Heute arbeiten über fünfhundert Bauern nach strengen ökologischen<br />

Richtlinien für die Zarah Rosewater Company. Sie bewirtschaften<br />

ihre Felder ohne Pfl anzenschutzmittel, produzieren<br />

ihren eigenen Humus und richten sich bei ihrer Tierhaltung nach<br />

anthroposophischen Regeln. Damit wird das ökologische Prinzip<br />

der Nachhaltigkeit gewahrt: Natur und Umwelt werden so genutzt,<br />

dass ihr Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann und das<br />

System erhalten bleibt – auch für die Kinder und Enkelkinder. Der<br />

Rosenanbau erstreckt sich mittlerweile über eine Fläche von 1500 Hektar<br />

und überzieht das Tal jeden Frühsommer mit einem rosaroten, duftenden<br />

Teppich. Die größten Abnehmer sind französische und deutsche<br />

Biokosmetikhersteller. Zur alljährlichen Ernte, bei der bis zu 50 Tonnen<br />

Rosenblätter täglich eingefahren werden, reisen die Produktionsüberwacher<br />

und Qualitätsprüfer der Kosmetikfi rmen aus dem<br />

fernen Europa an und kontrollieren die Reinheit der Ingredienzen –<br />

mit großem Erfolg. Inzwischen liefert die Zarah Rosewater<br />

Company fünf Prozent der weltweiten Produktion von hochwertigem<br />

kontrolliert-biologisch angebautem Rosenöl.<br />

Auch die sozialen Bedingungen haben sich auf Sanatis Initiative<br />

hin deutlich verbessert. Begabten Kindern wird die Möglichkeit<br />

geboten, in Kerman zur Schule zu gehen. Ziel ist es, dass sie<br />

gut ausgebildet wieder in ihre Dörfern zurückkehren, um dort mitzuarbeiten.<br />

Darüber hinaus werden die Rechte von Frauen gestärkt,<br />

und ein eigens eingerichtetes Gesundheitszentrum vor Ort gewährleistet<br />

die medizinische Grundversorgung. Auch diese Saat scheint<br />

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