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nutzen für den Patienten tumortherapie ist komplex Wie ein Patient ...

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Ausgabe 2/12<br />

Universitätsklinikum<br />

Halle (Saale)<br />

medialog<br />

z e i t s c h r i f t d e s u n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m s h a l l e ( s a a l e )<br />

Krukenberg Krebszentrum<br />

Halle<br />

Nutzen <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

Tumortherapie<br />

<strong>ist</strong> <strong>komplex</strong><br />

<strong>Wie</strong> <strong>ein</strong> <strong>Patient</strong><br />

in <strong>ein</strong>e Studie gelangt<br />

Ausgabe 2/12<br />

1 |


e d i t o r i a l<br />

hintere Reihe, von links:<br />

Prof. Dr. Paolo Fornara,<br />

Dekan Prof. Dr. Michael Gekle,<br />

PD Dr. Thomas Klöss<br />

vordere Reihe, von links:<br />

Prof. Dr. Chr<strong>ist</strong>oph Thomssen,<br />

Andreas Wolter (KKH-Geschäftsführer),<br />

Dr. Bernd Schmidt<br />

Sehr geehrte Damen<br />

und Herren,<br />

liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen,<br />

das Titelfoto gibt Ihnen <strong>ein</strong>en Überblick<br />

über unseren Hauptstandort in der Ernst-<br />

Grube-Straße in Halle. <strong>Wie</strong> Sie erkennen können<br />

und vielleicht auch der Presse entnommen<br />

haben: wir bauen derzeit neue Gebäude,<br />

um das in die Jahre gekommene Bettenhaus<br />

II zu ersetzen und modernste Behandlungsund<br />

Unterbringungsmöglichkeiten zu bieten.<br />

Das Foto steht auch symbolisch <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Inhalt dieses Heftes: Wir möchten Ihnen damit<br />

<strong>ein</strong>en Überblick über unser Krukenberg<br />

Krebszentrum bieten, welches wir seit <strong>ein</strong>igen<br />

Monaten aufbauen und das nach und<br />

nach zur vollständigen Funktionsfähigkeit<br />

entwickelt wird.<br />

Dass solche interdisziplinären Krebszentren<br />

notwendig sind, zeigt die be<strong>ein</strong>druckende<br />

Zahl von mehr als 400.000 Neuerkrankungen<br />

bundesweit jedes Jahr, mehr<br />

als 200.000 <strong><strong>Patient</strong>en</strong> versterben jährlich an<br />

<strong>ein</strong>er Tumorerkrankung und deren Folgen.<br />

Umso wichtiger <strong>ist</strong> es, die Kräfte, Fähigkeiten<br />

und Spezialisierungen im Interesse der <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

zu bündeln. Um der Herausforderung<br />

<strong>ein</strong>er wachsen<strong>den</strong> Zahl von Krebserkran-<br />

kungen adäquat zu begegnen, muss <strong>ein</strong>e Reihe<br />

von Problemen effektiver als bisher angegangen<br />

wer<strong>den</strong>. Dabei liegen diese Probleme<br />

nicht so sehr im Fehlen von Strukturen oder<br />

am Defizit individueller bzw. institutioneller<br />

fachlicher Qualifikation, sondern vielmehr<br />

an der unzureichen<strong>den</strong> Strukturierung und<br />

Abstimmung zwischen <strong>den</strong> an der Krebsbekämpfung<br />

beteiligten Akteuren. Nur <strong>ein</strong>e effektive,<br />

interdisziplinär und multimodal orientierte<br />

Strategie, die auch Erkenntnisse<br />

aus der aktuellen Forschung, aber auch aus<br />

der Versorgungssituation der <strong><strong>Patient</strong>en</strong> integriert,<br />

wird <strong>ein</strong>en wesentlichen Fortschritt<br />

in der Onkologie ermöglichen. Diesem Fortschritt<br />

dient das Krukenberg Krebszentrum<br />

Halle. Dessen Ge<strong>ist</strong> und Haltung <strong>ist</strong> wesentlich<br />

von Integration der Forschung und Kooperation<br />

mit Allgem<strong>ein</strong>- und Hausärzten, <strong>den</strong><br />

niedergelassenen Fachärzten sowie mit <strong>den</strong><br />

Lehrkrankenhäusern geprägt.<br />

Wir wür<strong>den</strong> uns freuen, wenn Sie uns<br />

weiterhin mit Anregungen und Hinweisen<br />

aus Ihrer täglichen Praxis dabei helfen wür<strong>den</strong>.<br />

Gerne auch per E-Mail an<br />

kkhalle@uk-halle.de.<br />

Bis dahin verbleibe ich<br />

mit freundlichen Grüßen<br />

PD Dr. Thomas Klöss<br />

Ärztlicher Direktor<br />

| 2


i n h a l t<br />

04 |<br />

Das Krukenberg Krebszentrum Halle<br />

Prof. Dr. Paolo Fornara<br />

07 |<br />

Tumorbiologische Forschung<br />

Prof. Dr. Stefan Hüttelmaier<br />

08 |<br />

Der Nutzen <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

Dr. Bernd Schmidt<br />

11 |<br />

Tumortherapie: Was erwartet die <strong><strong>Patient</strong>en</strong> heute?<br />

Prof. Dr. Chr<strong>ist</strong>oph Thomssen<br />

14 |<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>-orientierte Forschung unter <strong>ein</strong>em Dach<br />

Prof. Dr. Andreas Stang<br />

16 |<br />

Cancer Care: Moderne Versorgungskonzepte<br />

Prof. Dr. Margarete Lan<strong>den</strong>berger, Prof. Dr. Dirk Vordermark<br />

18 |<br />

Psychoonkologische Versorgung<br />

Dr. Ute Berndt<br />

20 |<br />

<strong>Wie</strong> <strong>ein</strong> <strong>Patient</strong> in <strong>ein</strong>e klinische Studie gelangt<br />

Dr. Jörg Steighardt, Stephanie Wolff<br />

22 |<br />

Supportive Therapie<br />

PD Dr. Karin Jordan<br />

Ausgabe 2/12<br />

3 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Das Krukenberg<br />

Krebszentrum<br />

P rof. Dr. Pa olo Fornara<br />

Pro Jahr erkranken<br />

in Deutschland<br />

426.000 Menschen<br />

an Krebs, 211.000 sterben<br />

an <strong>den</strong> Folgen der Krankheit.<br />

Damit <strong>ist</strong> Krebs nach <strong>den</strong><br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

in unserem Land die<br />

zweithäufigste Todesursache.<br />

D<br />

ank deutlicher Fortschritte bei<br />

Früherkennung, Diagnostik, Therapie<br />

und Nachsorge haben sich<br />

die Überlebenschancen und die Lebensqualität<br />

krebskranker Menschen in Deutschland<br />

in <strong>den</strong> vergangenen Jahrzehnten erheblich<br />

verbessert. Für <strong>ein</strong>ige Krebsarten sind inzwischen<br />

die 5-Jahres-Überlebenschancen gut,<br />

sie betragen beispielsweise bei Brustkrebspatientinnen<br />

ca. 85 Prozent und liegen bei<br />

Männern mit Ho<strong>den</strong>krebs über 95 Prozent.<br />

Dennoch liegt die 5-Jahres-Gesamt-Überlebensrate<br />

<strong>für</strong> alle Krebserkrankten bei Frauen<br />

nur bei 61 Prozent und bei Männern nur bei<br />

55 Prozent.<br />

Trotz Fortschritten in der Krebsbekämpfung<br />

besteht also durchaus noch Verbesserungsbedarf<br />

und -potenzial und wir stehen<br />

jetzt mehr <strong>den</strong>n je vor wachsen<strong>den</strong> Herausforderungen.<br />

Trotz neuer Erkenntnisse im Verständnis<br />

der molekularen Mechanismen von<br />

Tumorerkrankungen, ihrer Diagnostik und<br />

Therapie, es seien nur die funktionelle Bildgebung<br />

mittels PET und die sogenannten „gezielten<br />

Tumortherapeutika“ erwähnt, bleibt<br />

der erzielte Zugewinn an Lebensqualität und<br />

Überleben <strong>für</strong> unsere <strong><strong>Patient</strong>en</strong> in weiten Bereichen<br />

hinter <strong>den</strong> – vielleicht auch zu hohen<br />

– Erwartungen zurück. Die Bilanz der vergangenen<br />

zehn Jahre der Fortschritte in der<br />

Onkologie fällt ernüchternd aus.<br />

Durch ökonomische Interessen und<br />

Zwänge, nicht zuletzt aber auch durch Fächeregoismen,<br />

Weiterbildungsordnungen, berufspolitische<br />

Überlegungen oder gar durch All<strong>ein</strong>vertretungsansprüche<br />

<strong>ein</strong>zelner Personen,<br />

Institutionen, Disziplinen oder Fachgesellschaften<br />

lassen sich multimodale Therapieverfahren<br />

und Forschungsergebnisse nicht ausreichend<br />

effektiv umsetzen.<br />

Somit <strong>ist</strong> und bleibt das Ziel die Verbesserung<br />

der Krebsbekämpfung durch <strong>ein</strong> effektives,<br />

zielgerichtetes und auf<strong>ein</strong>ander abgestimmtes<br />

Handeln aller Verantwortlichen im<br />

Rahmen <strong>ein</strong>es langfr<strong>ist</strong>ig angelegten Koordinierungs-<br />

und Kooperationsprogrammes.<br />

Am Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

hat man sich intensiv mit dieser Problema-<br />

| 4


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

tik aus<strong>ein</strong>andergesetzt und zur Optimierung<br />

von Früherkennung, Diagnostik, Therapie<br />

und Nachsorge onkologischer Erkrankungen<br />

<strong>ein</strong> integratives Krebszentrum angedacht, geplant<br />

und umgesetzt. Dabei handelt es sich<br />

um <strong>ein</strong> integratives Krebszentrum nach dem<br />

Muster <strong>ein</strong>es Comprehensive Cancer Centers,<br />

d. h. <strong>ein</strong>e Struktur, die alle an der Krebsbekämpfung<br />

Beteiligten durch <strong>ein</strong>e integrative<br />

Zusammenarbeit mit<strong>ein</strong>ander vernetzt.<br />

Das Krebszentrum des Universitätsklinikums<br />

Halle wurde nach der halleschen Medizingelehrten-Familie<br />

Krukenberg benannt.<br />

Unter anderem hatte der bekannte Pathologe<br />

und Gynäkologe Friedrich-Ernst Krukenberg<br />

(*1871 – †1946) <strong>den</strong> so genannten Krukenberg-Tumor<br />

erstmals beschrieben.<br />

Im Krukenberg Krebszentrum Halle<br />

(KKH) wollen Klinikum und Medizinische Fakultät<br />

die vielfältigen Aktivitäten aller an der<br />

Krebsbekämpfung Beteiligten wirksam auf<strong>ein</strong>ander<br />

abstimmen und <strong>ein</strong> zielorientiertes,<br />

synerg<strong>ist</strong>isches Vorgehen nicht nur anbieten<br />

sondern forcieren.<br />

Durch interdisziplinäre Vernetzung zwischen<br />

Klinik, Forschung, Tumordokumentation,<br />

Qualitätssicherung und Fortbildung soll<br />

zum <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>e optimale <strong><strong>Patient</strong>en</strong>versorgung<br />

und zum anderen <strong>ein</strong> rascher Wissenstransfer<br />

der Forschungsergebnisse in die klinische<br />

Praxis erreicht wer<strong>den</strong>. Deshalb <strong>ist</strong> auch die<br />

direkte Anbindung zu <strong>den</strong> Forschungsstrukturen<br />

<strong>ein</strong>e ganz wesentliche Säule des Krukenberg<br />

Krebszentrums Halle, um so neueste<br />

Forschungsergebnisse rasch <strong>für</strong> die onkologischen<br />

<strong>Patient</strong>innen und <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>nutzen</strong><br />

zu können.<br />

Vorteile <strong>für</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

Im Krukenberg Krebszentrum Halle wer<strong>den</strong><br />

Diagnose und Therapie über standardisierte<br />

Pfade auf kurzem Wege erfolgen. Hierbei<br />

dient als Leitfa<strong>den</strong> die Empfehlung von<br />

Prof. Dr. Lothar Weißbach, Präsi<strong>den</strong>t der<br />

Deutschen Krebsgesellschaft 1998 – 2000, je<strong>den</strong><br />

krebskranken <strong><strong>Patient</strong>en</strong>, innerhalb von<br />

24 Stun<strong>den</strong> nach Aufnahme <strong>ein</strong>em interdisziplinären<br />

Tumorboard zuzuführen. Die Therapie<br />

wird nach neuesten und innovativen<br />

Standards erfolgen, in dieser Behandlung<br />

wird die gesamte medizinische Versorgungskette<br />

<strong>ein</strong>gebun<strong>den</strong>. Dem <strong><strong>Patient</strong>en</strong> wird die<br />

Teilnahme an klinischen Studien und Projekten<br />

der translationalen Forschung eröffnet.<br />

Darüber hinaus erfährt der <strong>Patient</strong> – wenn<br />

nötig – <strong>ein</strong>e psychosoziale und psychoonkologische<br />

Betreuung. Ebenso sollen onkologische<br />

Nachsorge und Rehabilitation direkt<br />

<strong>ein</strong>gebun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>.<br />

Forschung und Kooperation<br />

Forschung steht neben der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>versorgung<br />

im Mittelpunkt des Krukenberg<br />

Krebszentrum Halle. Hierbei sind nicht<br />

nur Grundlagenforschung und klinische Forschung<br />

gem<strong>ein</strong>t, sondern insbesondere die<br />

translationale Forschung, um neueste Forschungsergebnisse<br />

rasch <strong>für</strong> die <strong>Patient</strong>innen<br />

und <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>nutzen</strong> zu können. Der Wissenstransfer<br />

auf translationaler Ebene wird<br />

<strong>ein</strong>e entschei<strong>den</strong>de professionelle Unterstützung<br />

durch das Koordinierungszentrum<br />

Ausgabe 2/12<br />

5 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Beteiligte Einrichtungen:<br />

Allgem<strong>ein</strong>-, Viszeral- und Gefäßchirurgie<br />

Direktor Prof. Henning Dralle<br />

Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin<br />

Direktor Prof. Michael Bucher<br />

Dermatologie und Venerologie<br />

Direktor Prof. Wolfgang Chr. Marsch<br />

Diagnostische Radiologie<br />

Direktor Prof. Rolf Peter Spielmann<br />

Gynäkologie / Brustzentrum<br />

Direktor Prof. Chr<strong>ist</strong>oph Thomssen<br />

Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde;<br />

Kopf- und Halschirurgie<br />

Direktor Prof. Stefan Plontke<br />

Herz- und Thoraxchirurgie<br />

Direktor Prof. Rolf Edgar Silber<br />

Innere Medizin I<br />

Komm. Direktor Dr. Bernd Schmidt<br />

Innere Medizin IV<br />

Direktor Prof. Hans-Joachim Schmoll<br />

Kinder- und Jugendmedizin<br />

Direktor Prof. Dieter Körholz<br />

Kinderchirurgie<br />

Direktor Prof. Rainer Finke<br />

Neurochirurgie<br />

Direktor Prof. Chr<strong>ist</strong>ian Strauss<br />

Neurologie<br />

Direktor Prof. Stephan Zierz<br />

Nuklearmedizin<br />

Direktor Prof. Manfred Bähre<br />

Orthopädie<br />

Direktor Prof. Karl-Stefan Delank<br />

Strahlentherapie<br />

Direktor Prof. Dirk Vordermark<br />

Unfall- und <strong>Wie</strong>derherstellungschirurgie<br />

Komm. Direktor Dr. Holger Siekmann<br />

Urologie<br />

Direktor Prof. Paolo Fornara<br />

Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie<br />

Komm. Direktor PD Dr. Dr. Alexander Eckert<br />

Klinische Epidemiologie<br />

Direktor Prof. Andreas Stang<br />

Pathologie<br />

K o n t a k t<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Krukenberg Krebszentrum<br />

Geschäftsführung Andreas Wolter<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06120 Halle<br />

Telefon: (0345) 557-7712<br />

Telefax: (0345) 557-7720<br />

KKHalle@uk-halle.de<br />

<strong>für</strong> Klinische Studien (KKS), das <strong>den</strong> bilateralen<br />

Transfer koordiniert und infrastrukturell<br />

sowie log<strong>ist</strong>isch unterstützt, erfahren. Integraler<br />

Bestandteil des Krebszentrums wird<br />

auch <strong>ein</strong>e zentrale Bio-, Gewebe- und Tumorbank<br />

s<strong>ein</strong>.<br />

Das Krukenberg Krebszentrum Halle<br />

wird sich in die Forschungsschwerpunkte<br />

der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität<br />

optimal integrieren. Das<br />

Krukenberg Krebszentrum Halle wird bereits<br />

ex<strong>ist</strong>ierende interne und externe Kooperationen<br />

intensivieren und <strong>ein</strong>e Reihe neuer<br />

Partner eng <strong>ein</strong>bin<strong>den</strong>. Hausintern <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e<br />

Verstärkung der Kooperation mit allen onkologisch<br />

ausgerichteten Kliniken und Instituten<br />

<strong>ein</strong>geleitet, die externe Kooperation<br />

mit Allgem<strong>ein</strong>ärzten, <strong>den</strong> niedergelassenen<br />

Fachärzten sowie mit <strong>den</strong> Lehrkrankenhäusern,<br />

mit onkologisch ausgerichteten rehabilitativen<br />

Institutionen sowie <strong>den</strong> Selbsthilfegruppen<br />

wird weiter intensiviert .<br />

Organigramm und Struktur<br />

Dem Vorstand des Krukenberg Krebszentrum<br />

Halle gehören ex officio alle an der Behandlung<br />

beteiligten Kliniken und Institute<br />

<strong>ein</strong>schließlich Rehabilitation, Palliativmedizin<br />

und Psychoonkologie. Angeleitet wird<br />

das Krebszentrum von <strong>ein</strong>em geschäftsführen<strong>den</strong><br />

Vorstand, dem die Professoren Paolo<br />

Fornara (Urologie), Chr<strong>ist</strong>oph Thomssen<br />

(Gynäkologie) und Dr. Bernd Schmidt (Innere<br />

Medizin) angehören. Den Kern des integrativen<br />

Tumorzentrums bil<strong>den</strong> die Tumor-<br />

boards, die von ärztlichen Referenten mit<br />

ausgewiesener fachspezifischer onkologischer<br />

Expertise organisiert und geleitet wer<strong>den</strong>.<br />

Schulter an Schulter wer<strong>den</strong> in <strong>den</strong> fachspezifischen<br />

Tumorboards Operateure mit onkologischer<br />

Spezialisierung, Strahlentherapeuten,<br />

Intern<strong>ist</strong>ische Onkologen, und Spezial<strong>ist</strong>en<br />

aus <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en onkologischen Fachbereichen<br />

zusammenarbeiten, um <strong>den</strong> <strong>Patient</strong>innen<br />

und <strong><strong>Patient</strong>en</strong> lange Wege und<br />

lange Wartezeiten zu ersparen. In regelmäßig<br />

stattfin<strong>den</strong><strong>den</strong> Konferenzen wer<strong>den</strong> alle<br />

Krankheitsfälle <strong>ein</strong>gehend besprochen, um<br />

<strong>für</strong> die Betroffenen die optimale Versorgung<br />

nach dem neuesten Stand der Wissenschaft<br />

zu gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

Die Organonkologen mit hoher fachspezifischer<br />

Expertise sowie die ex<strong>ist</strong>ieren<strong>den</strong><br />

Organkrebszentren wer<strong>den</strong> unter dem Dach<br />

des Krukenberg Krebszentrum Halle zusammengefasst,<br />

um <strong>ein</strong>e intensive Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>sten Tumordisziplinen<br />

noch besser zu gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

| 6


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

K o n t a k t<br />

Medizinische Fakultät der<br />

Martin-Luther-Universität<br />

Institut <strong>für</strong> Molekulare Medizin<br />

Sektion Zellbiologie<br />

Prof. Dr. rer. nat. Stefan Hüttelmaier<br />

H<strong>ein</strong>rich-Damerow-Straße 1<br />

06108 Halle<br />

Telefon: (0345) 557-2860<br />

Telefax: (0345) 557-2894<br />

stefan.huettelmaier@medizin.uni-halle.de<br />

Tumorbiologische<br />

Forschung P rof. Dr. Stefan Hüttelmaier<br />

Ein zentrales Problem der medizinischen Forschung <strong>ist</strong> die<br />

Translation, d. h. die Überführung respektive Implementierung<br />

von Ergebnissen der biomedizinischen Grundlagenforschung in die<br />

klinische Anwendung zum Wohle der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>.<br />

Dies <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>erseits begründet in der<br />

Komplexität der Problemstellung<br />

und <strong>den</strong> damit verbun<strong>den</strong>en langwierigen<br />

Prozessen von Sicherheitsabschätzung<br />

und klinischer Validierung, scheitert<br />

aber zume<strong>ist</strong> schon im Vorfeld an <strong>den</strong><br />

Konzepten und Forschungsansätzen in der<br />

Grundlagenforschung, die in <strong>den</strong> seltensten<br />

Fällen von <strong>ein</strong>er stringent translationalen<br />

Zielstellung respektive Grundidee geprägt<br />

sind. Im Sinne <strong>ein</strong>er verbesserten medizinischen<br />

Versorgung muss diese strukturelle<br />

systemimmanente Lücke geschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

Ein klinisches Behandlungszentrum wie das<br />

Krukenberg Krebszentrum bietet hier<strong>für</strong><br />

<strong>ein</strong>e maßgebliche und richtungsweisende<br />

Plattform, welche grundlagenorientierte und<br />

klinische Forschung bis hin zur <strong><strong>Patient</strong>en</strong>versorgung<br />

bündelt und somit die Basis <strong>für</strong><br />

translationale Krebsforschung bildet.<br />

Welchen Beitrag kann an dieser Stelle die<br />

Grundlagenforschung, z. B. in Form von Verbundforschungsprojekten<br />

wie dem Graduiertenkolleg<br />

1591 (GRK1591) le<strong>ist</strong>en? Das<br />

GRK1591 wurde 2010 an der Medizinischen<br />

Fakultät unter dem Thema „Post-transkriptionelle<br />

Genregulation: Mechanismen und Rolle<br />

in der Pathogenes“ etabliert. Das zentrale<br />

Leitmotiv dieses Forschungsverbundes <strong>ist</strong><br />

es, Mechanismen der Genexpression-Kontrolle<br />

zu charakterisieren, um zu verstehen,<br />

ob und in wie weit fehlgeleitet Genregulation<br />

Krankheitsentstehung respektive deren<br />

Progression bestimmt. Mit diesem Anliegen<br />

haben sich sieben Arbeitsgruppen der<br />

medizinischen und vier Arbeitsgruppen der<br />

naturwissenschaftlichen Fakultät zusammengefun<strong>den</strong><br />

und <strong>ein</strong> strukturiertes Ausbildungsprogramm<br />

<strong>für</strong> medizinische und naturwissenschaftliche<br />

Doktorarbeiten definiert.<br />

Die Krankheitsmodelle, welche vorrangig<br />

vom GRK1591 bearbeitet wer<strong>den</strong>, widmen<br />

sich der Frage, wie Tumorentstehung<br />

respektive Tumorprogression durch fehlgeleitete<br />

post-transkriptionelle Mechanismen<br />

der Genexpressionskontrolle ursächlich bedingt<br />

wer<strong>den</strong> können und welche molekularen<br />

Marker dieses Geschehen definieren.<br />

Insbesondere Letzteres bietet <strong>ein</strong>e ideale Ausgangsbasis<br />

<strong>für</strong> translationale Schnittstellen<br />

mit dem Krukenberg Krebszentrum. Molekularer<br />

Marker respektive Marker-Signaturen<br />

stellen <strong>ein</strong>e zentrale Grundvoraussetzung <strong>für</strong><br />

die Prognoseabschätzung und vor allem die<br />

Definition erfolgreicher Therapieprotokolle<br />

in der Behandlung von Tumorerkrankungen<br />

dar. Entsprechend liefert die I<strong>den</strong>tifizierung<br />

und klinische Charakterisierung solcher<br />

Marker <strong>ein</strong>en unmittelbaren Mehrwert<br />

<strong>für</strong> die Krankenversorgung. Mittel- und langfr<strong>ist</strong>ig<br />

können die Forschungsbemühungen<br />

des GRK1591 darüber hinaus <strong>ein</strong>en Beitrag<br />

liefern <strong>für</strong> die Definition alternativer Therapieprotokolle,<br />

zum Beispiel durch die I<strong>den</strong>tifizierung<br />

möglicher Interventionsstrategien,<br />

welche der Metastasierung von Tumorerkrankungen<br />

entgegenwirken.<br />

Die erfolgreiche Umsetzung translationaler<br />

Ansätze in der Tumorforschung <strong>ist</strong> <strong>ein</strong><br />

zentrales Anliegen des Krukenberg Krebszentrum<br />

Halle und des GRK1591. Die Bündelung<br />

der tumorbiologischen Forschungsinteressen<br />

unter dem Dach des Krukenberg<br />

Krebszentrum Halle wird maßgeblich von der<br />

Schaffung weiterer infrastruktureller Schnittstellen<br />

wie der Etablierung zentraler Tumorbanken<br />

sowie der gem<strong>ein</strong>samen Beforschung<br />

krankheitsrelevanter Tiermodelle profitieren.<br />

Die strukturierte Ausbildung naturwissenschaftlicher<br />

und medizinischer Wissenschaftler<br />

wie sie vom GRK1591 angeboten<br />

wird, bildet <strong>für</strong> die erfolgreiche Umsetzung<br />

dieser Anliegen <strong>ein</strong>e essentielle Grundvoraussetzung.<br />

In der nahen Zukunft muss es<br />

unser Anliegen s<strong>ein</strong>, strukturelle Rahmenbedingungen<br />

<strong>für</strong> <strong>ein</strong>e noch effektivere Fokussierung<br />

klinischer und grundlagenorientierter<br />

Forschungsbemühungen zum Wohle<br />

der <strong><strong>Patient</strong>en</strong> auszubauen.<br />

Ausgabe 2/12<br />

7 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Computertomographie (CT) mit<br />

großem Tumor der rechten Lunge<br />

Abb. links: Das Behandlungsteam<br />

bei der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>besprechung<br />

Der Nutzen <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

D r . Bernd Schmidt<br />

Herr M. (67) sucht s<strong>ein</strong>en<br />

Hausarzt auf, weil s<strong>ein</strong> Husten<br />

ihn schon seit mehr als acht<br />

Wochen quält. Dieser Husten<br />

<strong>ist</strong> irgendwie anders als jener<br />

„Raucherhusten“, <strong>den</strong> er seit<br />

vielen Jahren, eigentlich bereits<br />

seit s<strong>ein</strong>er ersten Zigarette<br />

mit 16, kennt.<br />

E<br />

ine antibiotische Therapie hatte<br />

ebenso wenig Erfolg wie die zahllosen<br />

Hausmittel, die Herr M.<br />

bereits ausprobiert hat. Der Hausarzt lässt <strong>ein</strong><br />

Röntgenbild anfertigen und sieht <strong>ein</strong>en Schatten<br />

auf der Lunge. Über die zentrale Informationsstelle<br />

des Krebszentrums organisiert der<br />

Hausarzt <strong>ein</strong>en Termin in der Klinik.<br />

Diese zentrale Anlaufstelle stellt die Erreichbarkeit<br />

<strong>für</strong> zuweisende Ärzte und <strong>für</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

sicher. Sie vermittelt an die relevanten<br />

Ansprechpartner und leitet Anfragen aller<br />

Art weiter. Sie vermittelt auf dem schnellst<br />

möglichen Weg Termine in <strong>den</strong> Spezialambulanzen<br />

und auf <strong>den</strong> Stationen und entlastet<br />

damit wesentlich die niedergelassenen Ärzte.<br />

Nach <strong>ein</strong>er ersten Vorstellung in der Ambulanz<br />

entscheidet der behandelnde Arzt,<br />

dass die weitere Diagnostik bei Herrn M. stationär<br />

erfolgen soll. Er organisiert <strong>ein</strong> Bett auf<br />

der Station <strong>für</strong> <strong>den</strong> übernächsten Tag. Entsprechend<br />

der interdisziplinär festgelegten<br />

Standards (SOP) bereitet er das Diagnostikprogramm<br />

vor.<br />

Die SOP des Comprehensive Cancer Center<br />

stellen die lokale Umsetzung der Leitlinien<br />

und Empfehlungen dar. Sie wer<strong>den</strong> durch die<br />

jeweils beteiligten Fachdisziplinen im Diagnose-<br />

und Therapie-Prozess erstellt und in regelmäßigen<br />

Abstän<strong>den</strong> aktualisiert.<br />

Bei der stationären Aufnahme <strong>ist</strong> das diagnostische<br />

Programm <strong>für</strong> Herrn M. bereits<br />

komplett vorbereitet, alle Untersuchungen<br />

sind angemeldet und terminiert. Dank der<br />

<strong>ein</strong>gespielten Zusammenarbeit zwischen <strong>den</strong><br />

Station und <strong>den</strong> Funktionsbereichen sind innerhalb<br />

weniger Tage die Diagnose und das<br />

klinische Tumorstadium gesichert. Der be-<br />

| 8


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Die Positronenemissionstomographie zeigt in leuchtendem<br />

Gelb die Bereiche mit erhöhter Glucosespeicherung<br />

Abb. rechts: Die Entscheidungen<br />

der Interdisziplinären Tumorkonferenz<br />

wer<strong>den</strong> dokumentiert und sind im<br />

Klinikinformationssystem abrufbar<br />

handelnde Arzt meldet <strong>den</strong> Fall <strong>für</strong> die Interdisziplinäre<br />

Tumorkonferenz an.<br />

Interdisziplinäre Tumorkonferenzen,<br />

die als Präsenz- oder in Einzelfällen (z. B. Pathologie<br />

oder andere externe Partner) als Tele-Konferenzen<br />

organisiert sind, stellen <strong>ein</strong><br />

Kernelement des CCC dar. In ihnen sind die<br />

Hauptbehandlungspartner obligat vertreten,<br />

weitere diagnostische oder therapeutische<br />

Partner wer<strong>den</strong> bedarfsweise hinzugezogen.<br />

Anhand der Vorgeschichte, der vorliegen<strong>den</strong><br />

bildgeben<strong>den</strong> Diagnostik und der H<strong>ist</strong>ologie<br />

fasst die Tumorkonferenz <strong>ein</strong>en verbindlichen<br />

Beschluss. Möglicherweise sind noch ergänzende<br />

diagnostische Schritte erforderlich oder<br />

aber die vorliegen<strong>den</strong> Informationen reichen<br />

<strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Therapieentscheidung aus. Mit diesem<br />

Vorgehen wird sichergestellt, dass alle<br />

Fachdisziplinen in die Entscheidungen <strong>ein</strong>bezogen<br />

sind. Jeder Fall soll in der Tumorkonferenz<br />

vorgestellt wer<strong>den</strong>. Das sichert auch<br />

in verm<strong>ein</strong>tlich klaren Fällen durch <strong>den</strong> kritischen<br />

interdisziplinären Blick <strong>ein</strong>e optimale<br />

Diagnose- und Behandlungsqualität. Der<br />

Beschluss der interdisziplinären Tumorkonferenz<br />

<strong>ist</strong> die Basis <strong>für</strong> das weitere Vorgehen.<br />

Er wird schriftlich dokumentiert und sowohl<br />

zentral elektronisch als auch in der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>akte<br />

abgelegt.<br />

Während der Tumorkonferenz wird geprüft,<br />

ob die Erkrankung von Herrn M. <strong>für</strong><br />

die Teilnahme an <strong>ein</strong>er klinischen Studie geeignet<br />

<strong>ist</strong>.<br />

Im CCC wer<strong>den</strong> sämtliche wissenschaftliche<br />

Aktivitäten zentral erfasst. Über die<br />

zentralen Strukturen besteht Zugriff auf die<br />

wichtigsten Informationen zu <strong>den</strong> laufen<strong>den</strong><br />

klinischen Studien. Dazu gehören insbesondere<br />

die Ein- und Ausschlusskriterien, Protokollzusammenfassungen<br />

und die Erreichbarkeit<br />

der verantwortlichen Studienärzte. Darüber<br />

hinaus dient das CCC auch als Rahmen <strong>für</strong> die<br />

Durchführung grundlagenwissenschaftlicher<br />

Untersuchungen. Translationale Forschung an<br />

der Schnittstelle zwischen präklinischer Forschung<br />

und klinischer Entwicklung <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> besonderes<br />

Anliegen des CCC. In dieser Struktur<br />

kann die D<strong>ist</strong>anz zwischen dem Experiment<br />

im Reagenzglas oder im Tierversuch und der<br />

Anwendung am Menschen verkürzt wer<strong>den</strong>.<br />

Die <strong><strong>Patient</strong>en</strong> können von modernsten diagnostischen<br />

und therapeutischen Verfahren<br />

profitieren, teilweise lange bevor diese allgem<strong>ein</strong><br />

verfügbar wer<strong>den</strong>.<br />

Bereits in dieser Phase stehen Herrn M.<br />

sämtliche unterstützen<strong>den</strong> Strukturen des<br />

CCC, wie z. B. Psychoonkologie, Schmerztherapie<br />

oder Palliativmedizin zur Verfügung.<br />

Der Kontakt zu Selbsthilfeorganisationen<br />

wird dem <strong><strong>Patient</strong>en</strong> aktiv angeboten.<br />

Entsprechend dem Nationalen Krebsplan<br />

<strong>ist</strong> das CCC bemüht, die <strong><strong>Patient</strong>en</strong>orientierung<br />

zu stärken. Das bedeutet, dass <strong>für</strong> alle<br />

Krebspatienten und ihre Angehörigen niedrig<br />

schwellige, zielgruppengerechte und qualitätsgesicherte<br />

Informationsangebote und qualitätsgesicherte<br />

Beratungs- und Hilfsangebote<br />

vorliegen.<br />

Die Umsetzung der Therapieentscheidung<br />

der Tumorkonferenz erfolgt - ambulant oder<br />

stationär - am Universitätsklinikum oder bei<br />

<strong>ein</strong>em der externen Partner, z. B. in der onkologischen<br />

Praxis.<br />

Die internen und externen Schnittstellen<br />

des CCC sind definiert. Eine konsequente und<br />

transparente Informationspolitik stellt <strong>ein</strong>e<br />

möglichst reibungslose sektoren- und berufsgruppenübergreifende<br />

Vernetzung der onkologischen<br />

Versorgung sicher. Es gehört zu<br />

<strong>den</strong> zentralen Aufgaben des CCC, die Schnittstellen<br />

regelmäßig zu evaluieren und ggf. zu<br />

verbessern. Dabei profitiert das CCC von Synergieeffekten<br />

bei der Übertragung von Lösungsansätzen<br />

zwischen verschie<strong>den</strong>en Tumorentitäten.<br />

Zu <strong>den</strong> wichtigsten Aspekten<br />

der Schnittstellen gehört der Informationsfluss.<br />

Strukturierte, <strong>ein</strong>heitliche Arztberichte<br />

Ausgabe 2/12 1/11<br />

9 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Tumorboards des KKH:<br />

Montag, 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr:<br />

Kopf-, Hals und Schädelbas<strong>ist</strong>umorkonferenz<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> HNO-Heilkunde<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-1658<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-1859<br />

Klinik <strong>für</strong> Diagnostische Radiologie<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-1421<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-2159<br />

Montag, 16.30 Uhr bis 18.00 Uhr:<br />

Interdisziplinäre Pädiatrische Tumorkonferenz<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Kinder- und Jugendmedizin<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-2504<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-2509<br />

Dienstag, 14.30 Uhr bis 15.15 Uhr:<br />

Neurochirurgische Tumorkonferenz<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Neurochirurgie<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-1407<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-1412<br />

Dienstag, 15.15 Uhr bis 15.45 Uhr:<br />

Knochen- und Weichteiltumorkonferenz<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Orthopädie<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-4805<br />

Klinik <strong>für</strong> Innere Medizin IV<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-3364<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-2950<br />

Dienstag, 15.45 Uhr bis 16.30 Uhr:<br />

Interdisziplinäre Tumorkonferenz<br />

gastrointestinale Tumore<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Innere Medizin I<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-3238<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-2253<br />

Mittwoch, 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr:<br />

GynZentrum/Brustzentrum<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Gynäkologie<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-1847<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-1501<br />

Donnerstag, 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr:<br />

Interdisziplinäre Tumorkonferenz Lungenkarzinom<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Innere Medizin I<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-3238<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-2253<br />

Donnerstag, 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr:<br />

Uroonkologische Konferenz<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>anmeldung über:<br />

Klinik <strong>für</strong> Urologie<br />

Telefon-Nr.: (0345) 557-1500<br />

Telefax-Nr.: (0345) 557-4666<br />

wer<strong>den</strong> deshalb unter interdisziplinär entwickelt,<br />

evaluiert und schrittweise verbessert.<br />

Die Re-Evaluation von Herrn M. im Verlaufe<br />

s<strong>ein</strong>er Therapie und ggf. die weitere<br />

K o n t a k t<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Universitätsklinik und Poliklinik <strong>für</strong><br />

Innere Medizin I<br />

Gastroenterologie, Pneumologie<br />

komm. Direktor Dr. Bernd Schmidt<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06120 Halle<br />

Telefon: (0345) 557-3238<br />

Telefax: (0345) 557-2253<br />

bernd.schmidt@uk-halle.de<br />

Nachsorge erfolgen ebenfalls nach <strong>den</strong> interdisziplinär<br />

festgelegten, <strong>ein</strong>heitlichen Regeln.<br />

Neue Therapieentscheidungen wer<strong>den</strong> wieder<br />

in der Tumorkonferenz diskutiert und getroffen.<br />

Sämtliche Befunde, Therapien und Behandlungsergebnisse<br />

wer<strong>den</strong> in der umfassen<strong>den</strong><br />

Tumordokumentation festgehalten.<br />

Diese Tumordokumentation <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> weiteres<br />

Kernelement des CCC. Über die gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Aufgaben hinaus sollen<br />

in der Tumordokumentation des CCC klinisch<br />

relevante Daten erfasst und verfügbar gemacht<br />

wer<strong>den</strong>. Dies dient der Qualitätssicherung<br />

und der Vergleichbarkeit verschie<strong>den</strong>er<br />

Einrichtungen. Zusätzlich können wesentliche<br />

Informationen <strong>für</strong> wissenschaftliche<br />

Fragestellungen über die Tumordokumentation<br />

erfasst wer<strong>den</strong>.<br />

Auf s<strong>ein</strong>em Weg durch die Strukturen des<br />

CCC erlebt Herr M. sowohl junge weniger erfahrene<br />

als auch ältere erfahrene Ärzte und<br />

Pflegekräfte. Für <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong> bil<strong>den</strong> sie <strong>ein</strong>e<br />

nahtlose Kette.<br />

Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der beteiligten<br />

Berufsgruppen in tumorspezifischen<br />

Belangen <strong>ist</strong> organisiert. Regelmäßige Fortbildungen<br />

und interdisziplinäre Veranstaltungen<br />

sorgen <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e möglichst hohe Kompetenz<br />

der handeln<strong>den</strong> Personen. Dabei geben die erfahrenen<br />

Mitarbeiter ihr Wissen an die Jüngeren<br />

weiter. Entsprechend der universitären<br />

Aufgaben beteiligt sich das CCC an der interdisziplinären,<br />

modularen Lehre an der medizinischen<br />

Fakultät der Martin-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg.<br />

Der Weg von Herrn M. durch die Strukturen<br />

zeigt, wie das CCC in die Behandlung<br />

der <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>ein</strong>greift und wie der <strong>Patient</strong><br />

von <strong>den</strong> Strukturen des CCC profitieren kann.<br />

| 10


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

P rof. Dr. Chr<strong>ist</strong>oph Thomssen<br />

Tumortherapie:<br />

Was erwartet die<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> heute?<br />

Die Komplexität am Beispiel Mammakarzinom<br />

E<br />

twa 74.500 Frauen wer<strong>den</strong> in<br />

Deutschland im Jahre 2012 an<br />

Brustkrebs erkranken und ca.<br />

17.000 Frauen versterben. In <strong>den</strong> letzten<br />

Jahren wur<strong>den</strong> wichtige Veränderungen in<br />

Gang gesetzt. Neben dem Früherkennungsprogramm<br />

wur<strong>den</strong>, beispielgebend auch <strong>für</strong><br />

andere Entitäten, spezialisierte interdisziplinäre<br />

Brustzentren gegründet. Über 80 %<br />

aller Brustkrebs-<strong>Patient</strong>innen wer<strong>den</strong> in solchen<br />

Zentren behandelt. Die Tumorreg<strong>ist</strong>er<br />

der Krebszentren wer<strong>den</strong> in Zukunft die genauen<br />

Zahlen erfassen.<br />

Krebsbehandlung <strong>ist</strong><br />

<strong>komplex</strong> gewor<strong>den</strong>.<br />

Die <strong>Patient</strong>innen ersch<strong>ein</strong>en heute über<br />

die Frauenärzte oder das Früherkennungsprogramm<br />

gut vorbereitet in der „Brust-<br />

sprechstunde“, in der die Ärzte der Frauenklinik<br />

(Oberärztin Dr. med. Regina Große)<br />

und der Diagnostischen Radiologie (Oberärztin<br />

Dr. med. Kathrin Ruschke) interdisziplinär<br />

tätig sind. Die <strong>Patient</strong>in wird intensiv<br />

klinisch und bildgebend (Ultraschall, Mammographie)<br />

untersucht [Abb. 1, S. 12], Diagnose<br />

und die Therapieschritte <strong>ein</strong>schließlich<br />

der adjuvanten prä- oder postoperativen medikamentösen<br />

Therapien wer<strong>den</strong> detailliert<br />

erklärt. Auch über das Ziel der reduzierten<br />

operativen Radikalität (Brusterhaltung, Vermeidung<br />

der Axilladissektion) wird aufgeklärt.<br />

Wenn nicht schon erfolgt, schließt sich<br />

die Gewebsentnahme mittels Ultraschall-,<br />

Mammographie- oder Kernspintomographiegestützter<br />

Nadelbiopsie oder Vakuumbiopsie<br />

an. Die Gewebszylinder wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die h<strong>ist</strong>o-<br />

pathologische Untersuchung in Formalin<br />

fixiert, <strong>ein</strong> Teil <strong>für</strong> weitergehende Analysen<br />

in flüssigem Stickstoff <strong>ein</strong>gefroren.<br />

Manchmal wird das Vorgehen gleich besprochen<br />

und <strong>ein</strong> Operationstermin bereits<br />

ausgemacht. Me<strong>ist</strong> wird <strong>für</strong> die endgültige<br />

Besprechung des Vorgehens aber <strong>ein</strong> zweiter<br />

Vorstellungstermin nach Eingang aller Befunde<br />

ausgemacht.<br />

Interdisziplinäre Therapieplanung<br />

statt überstürzter<br />

Operation<br />

Die Befunde wer<strong>den</strong> präoperativ im Rahmen<br />

der interdisziplinären senologischen<br />

Konferenz vorgestellt und mit <strong>den</strong> Fachärzten<br />

aus Radiodiagnostik, Pathologie und Strahlentherapie<br />

besprochen (Abb. 2, S. 13):<br />

Ausgabe 2/12<br />

11 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

48jährige <strong>Patient</strong>in, tastbarer Tumor<br />

(


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Abb. 2. <strong>Patient</strong>innenpfade bei Brustkrebsdiagnose und Therapie.<br />

Ambulante<br />

Vorstellung<br />

Radiologische<br />

Diagnostik<br />

Verdächtiger Herd:<br />

Stanzbiopsie<br />

Präoperatives<br />

interdisziplinäre<br />

Konferenz<br />

Besprechung der<br />

h<strong>ist</strong>ologischen Diagnose<br />

und der<br />

Behandlungsoptionen<br />

Be<strong>den</strong>kzeit<br />

Zweitm<strong>ein</strong>ung<br />

stationäre<br />

Aufnahme<br />

Operation:<br />

Tumorexzision,<br />

Geplante Operation<br />

Postoperative<br />

interdisziplinäre<br />

Konferenz<br />

Besprechung der Befunde und der<br />

Nachbehandlung<br />

Adjuvante systemische<br />

Therapie (bis zu 5<br />

Jahre)<br />

Adjuvante<br />

Strahlentherapie<br />

Be<strong>den</strong>kzeit<br />

Zweitm<strong>ein</strong>ung<br />

Nachsorge,<br />

Tumorreg<strong>ist</strong>er<br />

Abb. 2 (oben): <strong>Patient</strong>innenpfade bei Brustkrebsdiagnose und Therapie.<br />

Abb. 1 (linke Seite): Oberärztin Dr. med. Regina Große, Leitende<br />

Oberärztin am Brustzentrum des Universitätsklinikums Halle (Saale), beim<br />

Erklären <strong>ein</strong>es Ultraschallbefundes.<br />

Abb. 3: Kumulative Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit<br />

des Gesamtüberleben bei Brustkrebs an<br />

der Universitätsfrauenklinik Halle (Saale)<br />

(OS; n=1.471; nicht metastasiert zum<br />

Diagnosezeitpunkt. Kantelhardt E, Ruider T 2011)<br />

Im Rahmen der postoperativen Befundbesprechung<br />

wer<strong>den</strong> der <strong>Patient</strong>in die Einzelheiten<br />

des Therapieplans erklärt. Zur Besprechung<br />

der Studienteilnahme wird die<br />

Studienschwester (Sr. Tina Ruider) hinzugezogen.<br />

Die <strong>Patient</strong>in wird zur Chemotherapie-Ambulanz<br />

begleitet, um die Einrichtung<br />

und die dort tätigen Schwestern (Sr. Kathrin<br />

und Sr. Monika) kennenzulernen.<br />

Der <strong>Patient</strong>in hat in die Teilnahme an<br />

der Studie zur optimierten anti-HER2-Therapie<br />

<strong>ein</strong>gewilligt, die Studienschwester wird<br />

während der <strong>ein</strong>jährigen Therapiephase und<br />

auch der Zeit danach <strong>den</strong> Kontakt zu ihr halten<br />

und auch darauf achten, dass die formalen<br />

Notwendigkeiten GCP-konform <strong>ein</strong>gehalten<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Psychoonkologin, Maltherapeutin<br />

und „Breast Nurses“ sind<br />

die Baust<strong>ein</strong>e der psychoonkologischen<br />

Betreuung<br />

Für die Chemotherapie wird in Lokalanästhesie<br />

<strong>ein</strong> Port-a-Cath System <strong>ein</strong>gelegt.<br />

Zu jedem Therapiekurs bringt die <strong>Patient</strong>in<br />

<strong>ein</strong> aktuelles Blutbild vom Hausarzt mit,<br />

so dass sie jeweils nicht lange warten muss.<br />

Supportive Behandlungen wer<strong>den</strong> individu-<br />

ell angepasst in <strong>den</strong> Therapieplan aufgenommen.<br />

Während der Therapie und auch danach<br />

besteht das Angebot <strong>ein</strong>er weiteren psychoonkologischen<br />

Betreuung. Zusätzlich besteht<br />

auch Kontakt zu <strong>ein</strong>er der bei<strong>den</strong> speziell<br />

ausgebildeten „Breast Care Nurses“ (Sr.<br />

Mandy, Sr. Yvonne), die die <strong>Patient</strong>innen von<br />

Station her kennen und die sie im Verlauf begleiten.<br />

Nach Ende der adjuvanten Chemotherapie erfolgen<br />

die im Rahmen der Brusterhaltung notwendige<br />

Bestrahlung und die endokrine Therapie.<br />

Klinisches Tumorreg<strong>ist</strong>er,<br />

klinische Studien und translationale<br />

Forschung (Tumorbanking)<br />

sind besondere<br />

Merkmale <strong>ein</strong>es CCC<br />

Allen <strong>Patient</strong>innen wird die Nachsorge<br />

in unserer Ambulanz in Kooperation mit<br />

<strong>den</strong> niedergelassenen Kollegen angeboten.<br />

Die Nachsorgedaten wer<strong>den</strong> – nach Einwilligung<br />

– in die klinikinterne Datenbank überführt,<br />

mit deren Hilfe die Behandlungsergebnisse<br />

angezeigt wer<strong>den</strong> können, und auch an<br />

das zentrale Tumorreg<strong>ist</strong>er des Krukenberg<br />

Krebszentrums weitergeleitet.<br />

Zentralisierte Behandlung führt<br />

zur entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Verbesserung<br />

der Therapieergebnisse<br />

durch Leitlinienadhärenz und<br />

Strukturverbesserung<br />

Interdisziplinär abgestimmte Konzepte<br />

haben zur Verbesserung der Heilungsraten<br />

geführt. Zentrale Baust<strong>ein</strong>e sind die strukturierten<br />

interdisziplinäre Konferenzen, die<br />

psychoonkologische Betreuung während der<br />

gesamten Therapiephase und die Qualitätssicherung<br />

<strong>ein</strong>schließlich Tumorreg<strong>ist</strong>er. Klinische<br />

Studien und translationale Forschung<br />

(Etablierung <strong>ein</strong>er Biobank) sind integraler<br />

Teil dieses Konzeptes.<br />

Die Daten aus dem eigenen Brustzentrum<br />

belegen <strong>den</strong> Erfolg dieses Ansatzes (Abb.3).<br />

Struktur und Interdisziplinarität <strong>ein</strong>schließlich<br />

regelmäßiger Hinterfragung aller Entscheidungen<br />

sind zentrale Ansatzpunkte <strong>für</strong><br />

<strong>ein</strong>e Verbesserung der Therapieergebnisse.<br />

<strong>Wie</strong> beispielhaft beim Mammakarzinom dargestellt,<br />

können diese Prinzipien der interdisziplinären<br />

Entscheidungsfindung, der individuellen<br />

Betreuung und der konsequenten<br />

Umsetzung und Dokumentation des Therapieplanes<br />

und s<strong>ein</strong>er Ergebnisse auf andere<br />

Krankheitsentitäten übertragen wer<strong>den</strong>.<br />

Ausgabe 2/12<br />

13 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>-orientierte<br />

Forschung unter<br />

<strong>ein</strong>em Dach<br />

P rof. Dr. Andre a s Stang<br />

Grundsätzlich wird seitens der Deutschen Forschungsgem<strong>ein</strong>schaft<br />

zwischen der grundlagen-orientierten Forschung (Erkenntnisgewinn<br />

in biologischen Systemen), krankheitsorientierten Forschung<br />

(Erforschung von Erkrankungen an Modellsystemen wie<br />

z. B. Tierversuch, Zellexperiment) und patientenorientierten<br />

Forschung unterschie<strong>den</strong>, bei der durch Studien an <strong><strong>Patient</strong>en</strong> neue<br />

wissenschaftliche Evi<strong>den</strong>ce zu Fragen der Ätiologie, Diagnose,<br />

Prognose und Therapie gewonnen wird.<br />

Der Schwerpunkt der Medizinischen Fakultät<br />

„Klinische Epidemiologie und Pflegeforschung“<br />

widmet sich der patienten-orientierten<br />

klinischen Forschung von pflege- und<br />

rehabilitationsintensiven Erkrankungen. Dieser<br />

Schwerpunkt <strong>ist</strong> aufgrund der in Deutschland<br />

<strong>ein</strong>zigartigen Konstellation von Fächern<br />

bzw. Instituten an der Medizinischen Fakultät<br />

erklärbar: dem Institut <strong>für</strong> Klinische<br />

Epidemiologie (IKE), dem Institut <strong>für</strong> Medizinische<br />

Epidemiologie, Biometrie und Informatik<br />

(IMEBI), dem Institut <strong>für</strong> Gesundheits-<br />

und Pflegewissenschaften (IGPW), dem<br />

Institut <strong>für</strong> Rehabilitationsmedizin (IRM)<br />

und dem Institut <strong>für</strong> Medizinische Soziologie<br />

(IMS). Ergänzt wer<strong>den</strong> diese Institute durch<br />

die Sektion Allgem<strong>ein</strong>medizin (SAM) und das<br />

Koordinationszentrum <strong>für</strong> Klinische Studien<br />

Halle (KKSH). Die o.g. Einrichtungen bieten<br />

im Rahmen der patientenorientierten onkologischen<br />

Forschung multidisziplinäre Blickwinkel<br />

auf das onkologische Geschehen (Abbildung<br />

1).<br />

Die klassische Epidemiologie fokussiert<br />

auf die Messung von Krebserkrankungs- und<br />

Mortalitätsraten sowie deren Einflussfaktoren.<br />

Die klinische Epidemiologie konzentriert<br />

sich auf die Evaluation von Screening-,<br />

Diagnose-, Therapie- und Prognoseverfahren<br />

in der Onkologie. Beispielsweise evaluiert das<br />

IKE mit Hilfe <strong>ein</strong>es Panels von Brustkrebspathologen<br />

die Reliabilität und Validität der Befundung<br />

von stanzbioptischem Material bei<br />

<strong>Patient</strong>innen, die wegen <strong>ein</strong>es Verdachts auf<br />

Brustkrebs abgeklärt wer<strong>den</strong>. Im Rahmen der<br />

Nationalen Kohortenstudie, bei der deutschlandweit<br />

200.000 Männer und Frauen im<br />

Rahmen <strong>ein</strong>er Langzeitstudie zu Krebsrisiken<br />

untersucht wer<strong>den</strong>, <strong>ist</strong> die Medizinische Fakultät<br />

Halle <strong>ein</strong> Studienzentrum, in dem von<br />

2013 bis 2017 10.000 Männer und Frauen aus<br />

der Allgem<strong>ein</strong>bevölkerung detailliert untersucht<br />

wer<strong>den</strong> (www.nationale-kohorte.de).<br />

Weiterhin beschäftigen sich die bei<strong>den</strong> epidemiologischen<br />

Institute (IKE & IMEBI) mit der<br />

Krebsreg<strong>ist</strong>rierung und Auswertung von regionalen<br />

und überregionalen Krebsreg<strong>ist</strong>erdaten.<br />

Die Gesundheits- und Pflegeforschung beschäftigt<br />

sich mit der Optimierung von Pflege<br />

und Versorgung von Krebskranken in der Prävention,<br />

Akuttherapie und Nachversorgung.<br />

Gleichgewichtige Ziele sind die Heilung,<br />

Linderung sowie Förderung von Gesundheitskompetenz,<br />

Selbstmanagement und<br />

Partizipation. Beispielsweise sind die unterstützen<strong>den</strong><br />

Maßnahmen während und nach<br />

der Therapie von Krebspatienten („supportive<br />

care“) <strong>ein</strong> Forschungsschwerpunkt des IGPW.<br />

Hierbei wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong> selbst geführte<br />

Befin<strong>den</strong>s- und Behandlungs-Tagebücher<br />

(<strong>Patient</strong> Reported Outcomes (PRO) sowie<br />

technische Hilfsmittel (Ambient Ass<strong>ist</strong>ed<br />

| 14


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Abb.: Multidisziplinäre onkologische Forschung an der Medizinischen Fakultät der<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Universitätsklinikum Halle (Saale):<br />

Forschungsschwerpunkt „Klinische Epidemiologie und Pflegeforschung“<br />

Epidemiologie & Pflegeforschung<br />

Kliniken<br />

Rehabilitationsmedizin<br />

Gesundheitheits- &<br />

Pflegewissenschaften<br />

Living, AAL) zur Unterstützung von Krebskranken<br />

erprobt. Weitere Forschungsansätze<br />

zielen auf Alltagsautonomieförderung <strong>für</strong><br />

onkologische <strong><strong>Patient</strong>en</strong> mit Symptomen und<br />

Beschwer<strong>den</strong> durch strukturierte Pfleg<strong>ein</strong>tervention<br />

sowie <strong>ein</strong>richtungsübergreifende<br />

pflegerisch-interdisziplinäre Betreuung .<br />

Die Rehabilitationsmedizin widmet sich<br />

Fragen der verbesserten Vernetzung verschie<strong>den</strong>er<br />

Akteure im langfr<strong>ist</strong>igen Versorgungs-<br />

und Rehabilitationsprozess bei<br />

Krebskranken. Insbesondere erfolgt die Weiterentwicklung<br />

der onkologischen Rehabilitation<br />

zur Verstetigung des Reha-Erfolgs.<br />

Zur Untersuchung der Nachhaltigkeit von<br />

Le<strong>ist</strong>ungen zur medizinischen Rehabilitation<br />

bei Krebskranken wer<strong>den</strong> beispielsweise verschie<strong>den</strong>e<br />

gesundheitsbezogene Outcomes<br />

(u. a. Lebensqualität, Bewegungsaktivität)<br />

unter Berücksichtigung des sozialen Netzwerks<br />

und der realisierten sozialen Unterstützung<br />

betrachtet.<br />

Die Medizinische Soziologie wirft <strong>ein</strong>en<br />

gesellschaftlichen Blick auf <strong>den</strong> krebskranken<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> und analysiert die sozialen und<br />

wirtschaftlichen Risiken und Folgen <strong>ein</strong>er Tumorerkrankung<br />

<strong>für</strong> Betroffene und ihre Familien.<br />

Weiterer Schwerpunkt <strong>ist</strong> die Analyse<br />

des Einflusses von Armut und sozialer<br />

Ungleichheit auf Krebsrisiken und -erkrankungen.<br />

Beispielsweise untersucht das IMS<br />

im Rahmen <strong>ein</strong>es internationalen EU-Projekts<br />

die Rolle der Tabakkontrollpolitik <strong>für</strong><br />

soziale Unterschiede im Rauchen in Europa.<br />

Medizinsoziologische Aspekte der Inanspruchnahme<br />

und Qualität der Versorgung<br />

von Krebskranken stellen <strong>ein</strong>en weiteren Forschungsschwerpunkt<br />

des Instituts dar.<br />

Flankiert wer<strong>den</strong> diese Forschungsansätze<br />

von verschie<strong>den</strong>en Disziplinen bzw. Einrichtungen:<br />

<strong>für</strong> die Bearbeitung von Fragen<br />

der Versorgungsforschung („Health Care Research“)<br />

<strong>ist</strong> die Unterstützung durch die Allgem<strong>ein</strong>medizin<br />

von zentraler Bedeutung;<br />

zur Durchführung von GCP-konformen klinischen<br />

Studien (GCP: good clinical practice)<br />

stellt die Infrastruktur des KKSH <strong>ein</strong>e herausragende<br />

Unterstützung dar; <strong>für</strong> ethische<br />

Fragestellungen steht das Institut <strong>für</strong> Geschichte<br />

und Ethik der Medizin zur Verfügung;<br />

und <strong>für</strong> die biometrische Planung und<br />

Auswertung von Studiendaten <strong>ist</strong> die biostat<strong>ist</strong>ische<br />

Kompetenz unersetzlich. Das IMEBI<br />

übernimmt hier <strong>ein</strong>e Schlüsselstelle.<br />

Ein zukünftiges gem<strong>ein</strong>sames Forschungsgebiet<br />

des Forschungsschwerpunkts<br />

<strong>ist</strong> die <strong><strong>Patient</strong>en</strong>-Partizipation in der Entscheidungsfindung<br />

(share decision making)<br />

Epidemiologie, Biometrie<br />

und Informatik<br />

Medizinische Soziologie<br />

und im gesellschaftlichen Leben (social participation).<br />

Forschungsfragen in diesem<br />

Kontext zielen darauf ab, die Teilhabe von<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> an medizinischen Entscheidungen<br />

und dem gesellschaftlichen Leben zu messen,<br />

erklärende Faktoren <strong>für</strong> das Ausmaß der<br />

Partizipation zu i<strong>den</strong>tifizieren und Interventionsansätze<br />

zur Stärkung der Partizipation<br />

zu untersuchen.<br />

K o n t a k t<br />

KKSH, Allgem<strong>ein</strong>medizin<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>-orientierte klinische Forschung<br />

Nationale Kohortenstudie<br />

Kliniken<br />

Medizinische Fakultät der<br />

Martin-Luther-Universität<br />

Institut <strong>für</strong> Klinische Epidemiologie<br />

Direktor Prof. Dr. med. Andreas Stang<br />

Magdeburger Str. 8<br />

06112 Halle (Saale)<br />

Telefon: (0345) 557-3567<br />

Telefax: (0345) 557-3565<br />

andreas.stang@uk-halle.de<br />

Ausgabe 2/12<br />

15 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

„Cancer Care“:<br />

Moderne<br />

Versorgungskonzepte<br />

Moderne Versorgungskonzepte in der<br />

Onkologie hören nicht bei der ärztlichen<br />

Anordnung von Therapiestrategien auf.<br />

P rof. Dr. Margarete L an<strong>den</strong>berger<br />

P rof. Dr. Dirk Vordermark<br />

F<br />

ür <strong>den</strong> <strong>ein</strong>zelnen betroffenen<br />

Tumorpatienten stehen oft die<br />

Kontrolle s<strong>ein</strong>er Symptome, die<br />

Verträglichkeit der Behandlungen und die<br />

Lebensqualität während und auch nach <strong>ein</strong>er<br />

Tumortherapie im Vordergrund.<br />

Gem<strong>ein</strong>same Forschungsprojekte der<br />

Arbeitsgruppe von Prof. Dr. phil. Margarete<br />

Lan<strong>den</strong>berger am Institut <strong>für</strong> Gesundheits-<br />

und Pflegewissenschaften und der onkologischen<br />

Behandlungspartner, z. B. der<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> Innere Medizin IV (Direktor:<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Schmoll) und<br />

der Universitätsklinik <strong>für</strong> Strahlentherapie<br />

(Direktor: Prof. Dr. Dirk Vordermark) konnten<br />

zeigen, dass <strong>ein</strong>e strukturierte Intervention<br />

oder Pflege-Therapie, deren Wirksamkeit<br />

durch pflegerische Studien nachgewiesen <strong>ist</strong><br />

(Evi<strong>den</strong>zbasierung), bezüglich der Symptomausprägung<br />

beim <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>ein</strong>er aus unver-<br />

| 16


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

K o n t a k t<br />

Institut <strong>für</strong> Gesundheitsund<br />

Pflegewissenschaft<br />

Prof. Dr. Margarete Lan<strong>den</strong>berger<br />

Magdeburger Str. 8<br />

06108 Halle<br />

Tel.: (0345) 557-1220/-4106<br />

Fax: (0345) 557-4471<br />

margarete.lan<strong>den</strong>berger@medizin.uni-halle.de<br />

bun<strong>den</strong>en Einzelverrichtungen bestehen<strong>den</strong><br />

pflegerischen Versorgung überlegen <strong>ist</strong>.<br />

Studien der Arbeitsgruppe zeigen, dass<br />

Pflege <strong>ein</strong>e wichtige Schnittstelle zwischen<br />

stationärer und ambulanter Versorgung bildet,<br />

um onkologischen <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>ein</strong>en kontinuierlichen<br />

und bedarfsgerechten Zugang<br />

zu Versorgungsle<strong>ist</strong>ungen zu sichern und <strong>den</strong><br />

Informationsfluss zwischen <strong>den</strong> an der Behandlung<br />

Beteiligten zu verbessern.<br />

Die Förderung von Gesundheitskompetenz<br />

und Selbstmanagement <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> ebenso<br />

wichtiger Nutzen <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong>, wie die<br />

Forschung der Arbeitsgruppe belegt. Ärzte,<br />

Pflegekräfte, Psychoonkologen und andere Beteiligte<br />

im therapeutischen Team treffen Entscheidungen<br />

nicht über s<strong>ein</strong>en Kopf hinweg,<br />

sondern beziehen ihn aktiv <strong>ein</strong> (vgl. Beitrag<br />

Berndt). Pflegende tragen zur Gesundung der<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> durch instrumentelles Handeln bei,<br />

ebenso durch Beratung, Schulung und Training<br />

des <strong><strong>Patient</strong>en</strong>, beispielsweise durch Mobilisierung<br />

und Aktivierung, mit dem Ziel der<br />

<strong>Wie</strong>dererlangung der Alltagsfunktionalität<br />

nach Entlassung aus der Klinik.<br />

Pflegeforschung zeigt, dass Tumorpatienten<br />

von unterstützen<strong>den</strong> Maßnahmen<br />

während und nach der Therapie profitieren<br />

(vgl. Beitrag Jordan). Ebenso ermöglichen<br />

Forschungsdaten zur Lebensqualität, die Intensität<br />

von Tumortherapien im Hinblick sowohl<br />

auf Heilungschancen als auch Nebenwirkungsrisiken<br />

zu individualisieren. Die<br />

Forschung der Arbeitsgruppe unterstützt zugleich<br />

Ärzte und Pflegende in der Onkologie<br />

dabei, in ihrem gem<strong>ein</strong>samen Handeln<br />

die messbare Wirkung im Hinblick auf Heilung,<br />

Symptomlinderung und Lebensqualität<br />

zu erfassen und bei Bedarf anzupassen. Ein<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Universitätsklinik und Poliklinik <strong>für</strong><br />

Strahlentherapie<br />

Direktor Prof. Dr. Dirk Vordermark<br />

Tel. (0345) 557-4310<br />

Fax (0345) 557-4333<br />

dirk.vordermark@uk-halle.de<br />

Tel.: (0345) 557-0<br />

Beispiel <strong>für</strong> die gelungene Praxis-Umsetzung<br />

dieses Ansatzes <strong>ist</strong> die Unterstützung des<br />

Schmerzmedizinischen Dienstes durch <strong>ein</strong>e<br />

speziell qualifizierte Pain Nurse.<br />

Die Ergebnisse der onkologischen Pflege-,<br />

Versorgungs- und Lebensqualitätsforschung<br />

wer<strong>den</strong> zunehmend <strong>ein</strong>bezogen in pflegerische<br />

Expertenstandards und ärztliche S3-<br />

Leitlinien. Auch auf diesem Weg entsteht <strong>für</strong><br />

die Krebspatienten <strong>ein</strong> Nutzen durch <strong>ein</strong>en<br />

verbesserten Transfer von Forschungsergebnissen<br />

in die Krankenversorgung und -pflege.<br />

Ausgabe 2/12<br />

17 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Abb. links: Arbeit mit trustKarten<br />

(nach Diegelmann und Isermann). Innere<br />

Prozesse sollen durch impulsgebende<br />

Wortkarten angeregt wer<strong>den</strong>.<br />

Psychoonkologische<br />

Versorgung<br />

Jede schwere Krankheit, insbesondere Krebs, betrifft nicht nur <strong>den</strong><br />

Körper, sondern verursacht <strong>für</strong> die Betroffenen und ihre Angehörigen<br />

erhebliche psychische Belastungen.<br />

V<br />

iele <strong><strong>Patient</strong>en</strong> assoziieren mit<br />

<strong>ein</strong>er Krebsdiagnose <strong>ein</strong>e potentielle<br />

Lebensbedrohung, selbst<br />

wenn die Heilungsaussichten der Erkrankung<br />

gut sind.<br />

Die Prävalenz psychischer Störungen<br />

bei Karzinompatienten wurde in zahlreichen<br />

Studien untersucht. Die Ergebnisse weisen<br />

aufgrund unterschiedlicher <strong><strong>Patient</strong>en</strong>populationen<br />

und Messinstrumente <strong>ein</strong>e große<br />

Streubreite auf und schwanken zwischen<br />

1-50 Prozent. Ausmaß und Häufigkeit der<br />

psychischen Be<strong>ein</strong>trächtigungen sind von<br />

der Art, der Schwere und des Stadiums der<br />

Erkrankung, der Behandlung aber auch von<br />

der psychischen Verfassung der <strong><strong>Patient</strong>en</strong> im<br />

Vorfeld der Erkrankung abhängig. Am häufigsten<br />

werde Anpassungsstörungen (F43.2),<br />

Depressionen (F32), Angststörungen (F40,<br />

41) und Posttraumatische Belastungsstörungen<br />

(F43.1) diagnostiziert. Selbst wenn<br />

k<strong>ein</strong>e psychische Komorbidität mit Krankheitswert<br />

vorliegt, zeigt die Mehrheit der <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

<strong>ein</strong>e deutliche Belastungsreaktion<br />

mit <strong>ein</strong>er entsprechen<strong>den</strong> Änderung ihrer<br />

psychischen Befindlichkeit.<br />

Die Bereitstellung <strong>ein</strong>er bedarfsgerechten<br />

psychoonkologischen Versorgung <strong>ist</strong> in<br />

<strong>ein</strong>em Comprehensive Cancer Center daher<br />

unerlässlich. Hierzu gehören neben der eigentlichen<br />

psychoonkologischen Begleitung<br />

auch die systematische Erhebung des Betreuungsbedarfs<br />

sowie die Unterstützung der Erweiterung<br />

der psychosozialen Kompetenzen<br />

des gesamten medizinischen Teams. Die psychoonkologische<br />

Begleitung der Betroffenen<br />

und häufig auch ihrer Angehörigen <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e<br />

interdisziplinäre Aufgabe zwischen Ärzten,<br />

D r . Ute Berndt<br />

Psychologen, Seelsorgern, Sozialarbeitern<br />

und Pflegen<strong>den</strong>. Sie sollte grundsätzlich allen<br />

Karzinompatienten angeboten wer<strong>den</strong>.<br />

Die psychoonkologische Basisdiagnostik<br />

ermittelt <strong>den</strong> Betreuungsbedarf auch dann,<br />

wenn er vom <strong>Patient</strong> nicht selbst unmittelbar<br />

geäußert wird. Hierzu stehen verschie<strong>den</strong>e<br />

validierte Fragebögen (z. B. Hornheider<br />

Screening Instrument, D<strong>ist</strong>ress-Thermometer,<br />

Hospital Anxiety and Depression Scale<br />

Deutsche Version) zur Verfügung, die ohne<br />

großen Zeitaufwand <strong>ein</strong>gesetzt wer<strong>den</strong> können.<br />

Anhand <strong>ein</strong>es „cut-off Wertes“ wird der<br />

Betreuungsbedarf abgeleitet. In der Akutklinik<br />

erfolgt das psychoonkologische Betreuungsangebot<br />

zunächst niederschwellig und<br />

ressourcenorientiert. Das Gefühl <strong>ein</strong>er psychischen<br />

Stigmatisierung sollte unbedingt<br />

vermie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Wichtig <strong>ist</strong>, dass <strong>für</strong> die<br />

| 18


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Diagnostik: Erfassung von D<strong>ist</strong>ress mit dem D<strong>ist</strong>ress-Thermometer<br />

(Deutsche Version: Mehnert et al.)<br />

Zeichnungen: Krisenintervention und<br />

Traumexposition mit CIPBS® (Conflict<br />

Imagination, Painting and Bilateral<br />

Stimulation nach Diegelmann) <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e<br />

ressourcenaktivierende Technik der Trauma-,<br />

Krisen- und Konfliktbearbeitung.<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>gespräche <strong>ein</strong>e geschützte Atmosphäre<br />

geschaffen wird und <strong>ein</strong> hier<strong>für</strong> geeigneter<br />

Raum zur Verfügung steht. Die Gespräche<br />

müssen protokolliert wer<strong>den</strong>. Dem<br />

besonderen Bedürfnis nach Datenschutz des<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> muss unbedingt Rechnung getragen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Das Hauptziel der psychoonkologischen<br />

Begleitung <strong>ist</strong> es, <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>ein</strong>e Möglichkeit<br />

zu geben sich emotional zu entlasten<br />

und <strong>ein</strong>e positive Krankheitsverarbeitung zu<br />

unterstützen. Psychoonkologischer Interventionen<br />

richten sich zudem auf:<br />

• die Verbesserung bzw. <strong>den</strong> best möglichen<br />

erhalt der Lebensqualität<br />

• die Unterstützung der medizinischen<br />

Therapie (z. B. Entspannungstraining bei<br />

Übelkeit, Förderung der Compliance)<br />

• die Förderung der Krankheitsverarbeitung<br />

• die Minderung psychischer Belastung wie<br />

angst, Depression, ggf. Aggression<br />

• <strong>den</strong> Be<strong>ist</strong>and in Krisensituationen<br />

(Bewältigung des Diagnoseschocks,<br />

Ausbleiben des Therapieerfolges)<br />

• das Offenlegen und Mobilisieren von<br />

persönlichen und sozialen Ressourcen<br />

• <strong>den</strong> Umgang mit Kommunikationsproblemen<br />

in der Familie oder mit dem<br />

medizinischen Team<br />

• <strong>den</strong> Erhalt und der Förderung der<br />

familiären und außerfamiliären sozialen<br />

Integration (Anpassung an veränderte<br />

Rollen)<br />

• die Förderung der Selbstbestimmung und<br />

des Selbsthilfepotentials<br />

• die Bewältigung von irreversiblen<br />

verlusten und Be<strong>ein</strong>trächtigungen<br />

(z. B. Körperbild und Sexualität)<br />

• die Unterstützung <strong>ein</strong>es humanen<br />

sterbens (Sterbebegleitung)<br />

• die Angehörigenbetreuung u.v.m.<br />

Psychologische Interventionen umfassen<br />

neben Einzel-, Paar- und Familiengesprächen<br />

auch symp-tomorientierte und kreative<br />

Verfahren wie Entspannung, gelenkte<br />

Imagination sowie Kunst- und Gestaltungstherapie.<br />

Der Einfluss psychoonkologischer<br />

Interventionen auf die psychische Befindlichkeit<br />

von Tumorpatienten <strong>ist</strong> in verschie<strong>den</strong>en<br />

Studien untersucht und belegt wor<strong>den</strong>. Der<br />

Einsatz von Entspannungsverfahren wie Progressive<br />

Muskelrelaxation, Autogenes Training<br />

und gelenkte Imagination kann erwiesenermaßen<br />

Nebenwirkungen onkologischer<br />

Therapien wie z. B. Übelkeit und Erbrechen<br />

reduzieren. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens<br />

konnte aufgrund der sich widersprechen<strong>den</strong><br />

Studienergebnissen bisher jedoch<br />

nicht nachgewiesen wer<strong>den</strong>.<br />

Die psychoonkologische Versorgung <strong>ist</strong><br />

häufig an Fachabteilungen wie die Medizinische<br />

Psychologie, Psychosomatik oder Psychiatrie<br />

angegliedert und kann bei Bedarf <strong>für</strong><br />

die onkologischen <strong><strong>Patient</strong>en</strong> bestellt wer<strong>den</strong><br />

(Konsildienstmodell). Psychoonkologen sind<br />

jedoch auch in eigenständigen Abteilungen tätig<br />

oder sind direkt <strong>ein</strong>em onkologischen Zentrum,<br />

wie zum Beispiel dem Brustzentrum,<br />

zugeordnet. Für die psycho-onkologische Versorgung<br />

von <strong><strong>Patient</strong>en</strong> <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e entsprechende<br />

psychoonkologische Zusatzqualifikation,<br />

<strong>ein</strong>es von der Deutschen Krebsgesellschaft anerkannten<br />

Ausbildungsinstitutes, erforderlich.<br />

Zur Qualitätssicherung <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e mindestens<br />

monatliche Supervision und/oder Intervision<br />

notwendig. Des Weiteren gehört die interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit z. B. in Form von<br />

Fall- und Teambesprechungen und fachübergreifen<strong>den</strong><br />

Weiterbildungen zur psychoonkologischen<br />

Arbeit.<br />

K o n t a k t<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Universitätsklinik und Poliklinik<br />

<strong>für</strong> Gynäkologie<br />

Dr. phil. Ute Berndt<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06120 Halle<br />

Telefon: (0345) 557-1539<br />

Telefax: (0345) 557-1501<br />

ute.berndt@uk-halle.de<br />

Ausgabe 2/12<br />

19 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

<strong>Wie</strong> <strong>ein</strong> <strong>Patient</strong><br />

in <strong>ein</strong>e klinische<br />

Studie gelangt<br />

Die Schlüsselfigur jeder klinischen Studie <strong>ist</strong> der <strong>Patient</strong>. Für die Motivation zur Teilnahme sind<br />

unter anderem Grunderkrankung, Therapieoptionen, möglicher Nutzen, Angst vor Nebenwirkungen,<br />

Aufwand, Studienprotokoll und das Vertrauensverhältnis zum Arzt entschei<strong>den</strong>d.<br />

V<br />

erzögerungen bei der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>rekrutierung<br />

in klinischen Studien<br />

stellen <strong>ein</strong> relevantes Problem<br />

in der klinischen Forschung dar: in fast<br />

80 Prozent der klinischen Studien wer<strong>den</strong> die<br />

Zeitvorgaben nicht erfüllt, und bis 50 Prozent<br />

der teilnehmen<strong>den</strong> Prüfstellen rekrutieren<br />

maximal <strong>ein</strong>en <strong><strong>Patient</strong>en</strong>.<br />

Ein wesentlicher Grund hier<strong>für</strong> sind Akzeptanzprobleme<br />

der potentiellen Studienteilnehmer.<br />

Daher <strong>ist</strong> der Erfolg der beteiligten<br />

Prüfzentren neben oben genannter<br />

Faktoren maßgeblich bedingt von der gezielten<br />

Ansprache und der Motivation der <strong><strong>Patient</strong>en</strong>,<br />

die auf unterschiedlichen Wegen erfolgen<br />

kann:<br />

1. Eigenrekrutierung<br />

der Prüfärzte<br />

Ansprache des <strong><strong>Patient</strong>en</strong> durch Prüfarzte<br />

im Umfeld der eigenen Praxis/Klinik. Für die<br />

Nutzung der Re-Rekrutierung – die wiederholte<br />

Ansprache <strong>ein</strong>es <strong><strong>Patient</strong>en</strong> nach Abschluss<br />

<strong>ein</strong>er Studie – <strong>ist</strong> insbesondere die Systematik<br />

der elektronischen Datenerfassung<br />

entschei<strong>den</strong>d.<br />

2. Vermittlung durch <strong>den</strong><br />

niedergelassenen Arzt<br />

Ansprache der <strong><strong>Patient</strong>en</strong> in Zusammenarbeit<br />

mit niedergelassenen Ärzten: Der geeignete<br />

<strong>Patient</strong> wird von s<strong>ein</strong>em Haus- oder<br />

Facharzt <strong>für</strong> die Studie interessiert und informiert.<br />

Sämtliche studienbezogenen Untersuchungen<br />

und Formalien erfolgen dann<br />

am Prüfzentrum. Der Arzt kann <strong>ein</strong>erseits<br />

s<strong>ein</strong>en <strong><strong>Patient</strong>en</strong> Zugang zu modernsten Behandlungsmetho<strong>den</strong><br />

ermöglichen und andererseits<br />

s<strong>ein</strong> eigenes Praxisbudget schonen.<br />

Er <strong>ist</strong> darüber hinaus von Beginn an über die<br />

Studienbehandlung informiert und verringert<br />

durch <strong>den</strong> engen Kontakt zum <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

die Drop-Out-Rate.<br />

3. Bekanntmachung der<br />

Studien durch klassische<br />

Medien/Werbung<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>ansprache durch Anzeigen in<br />

Tageszeitungen und speziellen Publikationen<br />

| 20


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Klinische Studien<br />

D r . Jörg Steighardt<br />

S tephanie Wolff<br />

Die Neu- und Weiterentwicklung diagnostischer, therapeutischer und präventiver Verfahren<br />

muss in klinischen Studien erprobt und überprüft wer<strong>den</strong>. Dabei zielt die kommerzielle,<br />

von Pharma- oder Medizinprodukt<strong>ein</strong>dustrie in Auftrag gegebene klinische Forschung<br />

letztlich auf die Zulassung bzw. das Marketing neuer Erzeugnisse ab. Viele Bereiche der<br />

Weiterentwicklung medizinischer Verfahren, die im Zusammenhang mit der Anwendung<br />

von Arzneimitteln stehen und zume<strong>ist</strong> an Fragen aus der klinischen Versorgungspraxis anknüpfen,<br />

wer<strong>den</strong> dagegen von der Wissenschaft<br />

initiiert. Ohne diese nichtkommerziellen<br />

klinischen Studien – oft auch innerhalb<br />

onkologischer Fragestellungen und der universitären<br />

Forschung – sind viele Fortschritte<br />

in der Medizin zur Optimierung von Versorgungsle<strong>ist</strong>ungen,<br />

zur Minimierung von Risiken<br />

<strong>für</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong> und zum Ausschluss unwirksamer<br />

Verfahren und Produkte nicht möglich.<br />

wie Apotheken-Umschau und Selbsthilfe-Veröffentlichungen<br />

sowie Aushänge in Apotheken<br />

und ähnlichem.<br />

4. Internet<br />

Die <strong><strong>Patient</strong>en</strong>ansprache über internetgestützte<br />

Informationen wie Teilnehmerdatenbanken/<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>portale und Reg<strong>ist</strong>er wird<br />

immer wichtiger. Im Internet gibt es auch in<br />

deutscher Sprache verschie<strong>den</strong>e Verzeichnisse,<br />

in <strong>den</strong>en Studien aufgel<strong>ist</strong>et sind (z. B.<br />

das Deutsche Reg<strong>ist</strong>er Klinischer Studien als<br />

anerkanntes WHO-Primärreg<strong>ist</strong>er, das Deutsche<br />

Krebsstudienreg<strong>ist</strong>er der Deutschen<br />

Krebsgesellschaft (derzeit in Überarbeitung),<br />

Reg<strong>ist</strong>er verschie<strong>den</strong>er Fachgesellschaften<br />

und onkologischer Zentren). Die Informationen<br />

sind jedoch lückenhaft bzw. zersplittert<br />

und häufig nicht in <strong>ein</strong>er patientengerechten<br />

Sprache aufbereitet. Der behandelnde Arzt<br />

sollte daher die Studiensuche s<strong>ein</strong>es <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

fachlich begleiten.<br />

Insbesondere <strong>für</strong> industriegestützte Studien<br />

gibt es <strong><strong>Patient</strong>en</strong>portale (z. B. www.klinische-forschung-deutschland.de),<br />

die das<br />

Reg<strong>ist</strong>rieren potentieller Teilnehmer ermöglichen.<br />

5. Selbsthilfegruppen und<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong>organisationen<br />

Ansprache von <strong><strong>Patient</strong>en</strong> über Informationskampagnen<br />

der Selbsthilfegruppen wie<br />

die Deutsche Krebshilfe sowie <strong><strong>Patient</strong>en</strong>organisationen,<br />

die sich auf bestimmte Indikationen<br />

fokussieren.<br />

6. <strong><strong>Patient</strong>en</strong>informationssysteme<br />

an <strong>den</strong> Kliniken:<br />

Durch die zunehmende IT-Unterstützung<br />

von klinischen Prozessen hat der Datenbestand<br />

in Krankenhausinformationssystemen<br />

(KIS) in <strong>den</strong> vergangenen Jahren zugenommen.<br />

Hier liegt <strong>ein</strong> hohes Potential <strong>für</strong> die <strong><strong>Patient</strong>en</strong>rekrutierung,<br />

da Informationen im<br />

KIS rekrutierungsrelevant nutzbar sind.<br />

Die größten Reserven zur Beschleunigung<br />

klinischer Studien liegen in der Ausweitung<br />

der pro-aktiven öffentlichen Information<br />

potentieller Studienteilnehmer. Unlängst<br />

hat die Europäische Union <strong>ein</strong>e Kampagne<br />

gestartet, die auf die Ansprache von Bürgern,<br />

<strong><strong>Patient</strong>en</strong> und Multiplikatoren zur Sensibilisierung<br />

<strong>für</strong> die notwendige Durchführung klinischer<br />

Studien abzielt (ECRAN – European<br />

Communication in Research Awareness<br />

Needs) zielt.<br />

Am Anfang <strong>ein</strong>er erfolgreichen <strong><strong>Patient</strong>en</strong>rekrutierung<br />

steht allerdings immer <strong>ein</strong><br />

durchdachtes Studiendesign, welches neben<br />

<strong>den</strong> fachlich-inhaltlichen Zielstellungen auch<br />

die Realisierbarkeit und <strong>den</strong> Aufwand <strong>für</strong><br />

Prüfarzt und <strong>Patient</strong> – im Verhältnis zu Nutzen<br />

bzw. Risiko – berücksichtigt. Akzeptanzprobleme<br />

können damit von vornher<strong>ein</strong> minimiert<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

KKS Halle<br />

Die Stärkung der translationalen Ausrichtung<br />

im Bereich klinische Forschung wird<br />

strukturell unterstützt durch das Koordinierungszentrum<br />

<strong>für</strong> Klinische Studien Halle<br />

(KKSH). Als Einrichtung der Medizinischen<br />

Fakultät wendet sich das KKSH mit Beratung,<br />

Planung, Durchführung und Auswertung klinischer<br />

Studien an Ärzte und stellt Knowhow<br />

und Infrastruktur am Universitätsklinikum<br />

als auch externen Kooperationspartnern<br />

zur Verfügung. Darüber hinaus unterstützt<br />

das KKSH die Medizinische Fakultät bei der<br />

Übernahme der rechtlichen Verantwortung<br />

<strong>für</strong> klinische Prüfungen, die im Arzneimittelgesetz<br />

gefordert wird, und bietet regelmäßige<br />

Schulungen <strong>für</strong> Studienpersonal an.<br />

K o n t a k t<br />

Koordinierungszentrum <strong>für</strong> Klinische Studien<br />

(KKS) Halle<br />

Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg<br />

Dr. Jörg Steighardt<br />

Telefon: (0345) 557-4903<br />

Telefax: (0345) 557-5210<br />

info@kks-halle.de<br />

www.kks-halle.de<br />

Ausgabe 2/12<br />

21 |


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Abb.: PD Dr. Karin Jordan (l.)<br />

und Dr. Franziska Jahn (r.)<br />

Supportive Therapie<br />

Das Spektrum medikamentöser<br />

als auch strahlentherapeutischer<br />

Behandlungsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

onkologische <strong><strong>Patient</strong>en</strong> erfuhr<br />

in <strong>den</strong> vergangenen Jahren<br />

<strong>ein</strong>e deutliche Erweiterung und<br />

Differenzierung.<br />

PD Dr. K arin Jordan<br />

Einerseits wur<strong>den</strong> die Indikationen zu <strong>ein</strong>er<br />

adjuvanten und neoadjuvanten Therapie<br />

bei verschie<strong>den</strong>en soli<strong>den</strong> Tumoren ausgeweitet,<br />

andererseits sind systemische und/<br />

oder radiotherapeutische Behandlungsoptionen<br />

zunehmend auch älteren <strong><strong>Patient</strong>en</strong> zugänglich.<br />

Gleichzeitig ermöglichen neu <strong>ein</strong>geführte<br />

onkologische Substanzklassen und<br />

biologisch basierte Medikamente, wie spezifische<br />

Inhibitoren zellulärer Tyrosinkinasen<br />

oder monoklonale Antikörper, spezifischere<br />

Therapieansätze.<br />

Die Vielzahl von Neuerungen in der Tumortherapie<br />

sowie die Erkenntnis, dass <strong>ein</strong>e<br />

symptomlindernde Behandlung auch <strong>ein</strong>er<br />

optimalen Begleittherapie bedarf, lassen die<br />

Bedeutung supportiver Aspekte in gleichem<br />

Maße steigen. Die Supportivtherapie in der<br />

Onkologie umfasst Maßnahmen, die optimale<br />

Behandlungsvoraussetzungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

schaffen und damit auch die praktische<br />

Umsetzung neuer Therapiestrategien ermöglichen.<br />

Dazu gehört in erster Linie die patientenspezifische<br />

Verringerung akuter und chronischer<br />

therapie- und krankheitsbedingter<br />

Nebenwirkungen, um insbesondere auch in<br />

palliativer Intention die Lebensqualität zu erhalten<br />

oder gar zu verbessern und nicht in<br />

Folge der Therapie zu gefähr<strong>den</strong>.<br />

Bei <strong><strong>Patient</strong>en</strong> mit metastasierten Krebserkrankungen<br />

sind die häufigsten unangenehmen<br />

Begleitsymptome Erschöpfung und<br />

Müdigkeit (Fatigue), Schmerzen, Appetitverlust,<br />

Mundtrockenheit, Völlegefühl, Atemnot,<br />

Gewichtsabnahme, Husten und Angst. Als<br />

häufigste Nebenwirkungen der Chemotherapie<br />

gelten Übelkeit und Erbrechen, Alopezie,<br />

ausgeprägte Fatigue, Diarrhoe, trockene Haut,<br />

Infektionen, Schlafstörungen, Stomatitis und<br />

Geschmacksveränderungen.<br />

Basierend auf <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en klinischen<br />

Symptom<strong>komplex</strong>en kann die supportive<br />

onkologische Therapie u.a. in folgende<br />

Aufgabenbereiche gegliedert wer<strong>den</strong>:<br />

• antiemetische Therapie bei Chemotherapie<br />

und Strahlentherapie<br />

• Prophylaxe und Therapie der<br />

Knochenmarkinsuffizienz, z. B. durch<br />

Steigerung der Granulopoese oder<br />

Erythropoese mit Wachstumsfaktoren<br />

• Ersatz zellulärer Blutbestandteile<br />

• Prophylaxe und Therapie von Infektionen<br />

bei Neutropenie<br />

• Schmerztherapie<br />

| 22


K r u k e n b e r g K r e b s z e n t r u m H a l l e<br />

Rangfolge der häufigsten Nebenwirkungen/Be<strong>ein</strong>trächtigungen:<br />

• Ernährungstherapie<br />

• Anlage und Pflege venöser Zugänge<br />

• Pflege von Haut- und Schleimhaut (Zytoprotektion)<br />

bei Strahlen- oder<br />

Chemotherapie<br />

• psychosoziale Betreuung des <strong><strong>Patient</strong>en</strong> und<br />

s<strong>ein</strong>er Angehörigen<br />

• Therapie und Prophylaxe von Fatigue<br />

• Rehabilitation<br />

Die Supportivtherapie verfolgt dabei die<br />

Auffassung über die ganzheitliche Betrachtung<br />

des an <strong>ein</strong>em Tumor Erkrankten. Der<br />

<strong>Patient</strong> sollte dabei nicht nur als <strong>ein</strong>e Person<br />

gesehen wer<strong>den</strong>, deren Tumor sich in<br />

Folge der Therapie verkl<strong>ein</strong>ert, sondern deren<br />

individuelle Bedürfnisse im Gesamtkonzept<br />

der Behandlung Berücksichtigung fin<strong>den</strong><br />

müssen. Eine Behandlung maligner Erkrankungen<br />

kann daher nur dann effizient und<br />

sinnvoll s<strong>ein</strong>, wenn begleitende supportive<br />

Maßnahmen adäquat <strong>ein</strong>gesetzt wer<strong>den</strong>.<br />

Zum Beispiel zählt die Verhinderung von<br />

chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen<br />

zu <strong>den</strong> wesentlichsten Bestandteilen<br />

der supportiven Therapie. Diese Nebenwirkungen<br />

wer<strong>den</strong> von <strong><strong>Patient</strong>en</strong> als besonders<br />

belastend erlebt (Tabelle 1). Eine optimale<br />

antiemetische Prophylaxe verbessert nicht<br />

nur die Lebensqualität des <strong><strong>Patient</strong>en</strong>, sondern<br />

be<strong>ein</strong>flusst maßgeblich <strong>den</strong> Erfolg der<br />

antitumoralen Therapie durch Verhinderung<br />

unerwünschter Behandlungsverzögerungen<br />

oder -abbrüche.<br />

„Vor-Setron-Ära“ (1983)<br />

1. Erbrechen<br />

2. Übelkeit<br />

3. Alopezie<br />

4. Gedanken an die Chemotherapie<br />

5. Länge des Klinikaufenthaltes<br />

S3 Leitlinie Supportive Therapie<br />

bei onkologischen <strong><strong>Patient</strong>en</strong><br />

Ein wichtiges Ziel des nationalen Krebsplanes<br />

<strong>ist</strong> die Forschungserfolge und verbesserten<br />

Therapiemöglichkeiten, die in <strong>den</strong> vergangenen<br />

Jahren im Bereich der supportiven<br />

Therapien entstan<strong>den</strong> sind als Leitlinien auch<br />

in die tägliche Versorgung zu bringen. Im<br />

Sinne <strong>ein</strong>er Querschnittsleitlinie <strong>ist</strong> daher<br />

<strong>ein</strong>e Aufarbeitung und Empfehlungsfindung<br />

<strong>für</strong> zentrale und fachübergreifende Fragestellungen<br />

der supportiven Therapie interdisziplinär<br />

sinnvoll und auch notwendig.<br />

Unter dem Mandat der DGHO (Deutsche<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Hämatologie und Onkologie)<br />

und der ASORS (Arbeitsgem<strong>ein</strong>schaft<br />

Supportive Maßnahmen in der Onkologie<br />

Rehabilitation und Sozialmedizin) wird diese<br />

internationale Leitlinie in der Arbeitsgem<strong>ein</strong>schaft<br />

Supportive Therapie der Klinik<br />

<strong>für</strong> Innere IV durch PD Dr. Karin Jordan und<br />

das Leitliniensekretariat durch Dr. Franziska<br />

Jahn koordiniert.<br />

Die Erstellung der S3 Leitlinie „Supportive<br />

Therapie bei onkologischen <strong>Patient</strong>Innen“<br />

<strong>ist</strong> auf ca. zwei<strong>ein</strong>halb Jahre angelegt<br />

und <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> weiterer wichtiger Schritt in der<br />

Qualitätssicherung bei der Betreuung von<br />

„Nach-Setron-Ära“ (1996)<br />

1. Übelkeit<br />

2. Müdigkeit<br />

3. Alopezie<br />

4. Gedanken an <strong>ein</strong>e Injektion<br />

5. Erbrechen<br />

onkologischen <strong><strong>Patient</strong>en</strong>. Damit <strong>ist</strong> es der<br />

Universitätsklinik Innere Medizin IV, gelungen,<br />

ihren supportiven Schwerpunkt auf nationaler<br />

Ebene weiter auszubauen.<br />

Die Entwicklung qualitativ hochwertiger<br />

evi<strong>den</strong>zbasierter Leitlinien (S3 Leitlinien)<br />

erfolgt innerhalb des Leitlinienprogramms<br />

Onkologie. Dieses Leitlinienprogramm Onkologie<br />

wird als Initiative der Deutschen<br />

Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe<br />

sowie der Arbeitsgem<strong>ein</strong>schaft der Wissenschaftlichen<br />

Medizinischen Fachgesellschaften<br />

e.V. finanziell gefördert.<br />

K o n t a k t<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Universitätsklinik und Poliklinik <strong>für</strong><br />

Innere Medizin IV Onkologie/Hämatologie<br />

PD Dr. Karin Jordan; Leitende Oberärztin<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06120 Halle<br />

Telefon: (0345) 557-2019<br />

Telefax: (0345) 557-2950<br />

karin.jordan@uk-halle.de<br />

Ausgabe 2/12<br />

23 |


I m p r e s s u m<br />

Herausgeber:<br />

Universitätsklinikum Halle (Saale)<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06097 Halle (Saale)<br />

www.medizin.uni-halle.de<br />

jens.mueller@uk-halle.de<br />

Redaktion:<br />

Pressesprecher Jens Müller<br />

Fotos:<br />

Daniel Gandyra, Arvid Rostek<br />

Layout:<br />

konzeptundform, Halle<br />

Alle Rechte liegen beim Universitätsklinikum Halle (Saale)bzw.<br />

<strong>den</strong> Autoren. Nachdruck nur mit Genehmigung. Literatur bei<br />

<strong>den</strong> Autoren zu erfragen.

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