P.T. MAGAZIN 02/2015
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Über den Rezensent<br />
Dipl.-Met. Dr. phil. Wolfgang Thüne blickt<br />
auf eine über 35-jährige meteorologische<br />
Erfahrung, u.a. beim Wetteramt Frankfurt<br />
und beim ZDF zurück. Er ist einer der größten<br />
Kritiker des „Treibhauseffekts“ und<br />
populistischer Klimahysterie. Seine Bücher<br />
sorgten für gehörigen Wirbel in der Diskussion<br />
um Erderwärmung und CO2-Reduzierung.<br />
Gesellschaft<br />
14<br />
Das Parlament,<br />
Orwells „Animal Farm“ hat mit Thomas Böhms „Das<br />
Parlament der Tiere“ ein aktuelles, fabelhaftes und<br />
satirisches Pendant bekommen.<br />
„Der König ist tot, es lebe der König!“<br />
Denn kaum hat sich der Mensch, die<br />
„Krone der Schöpfung“ oder das noch<br />
selbstherrlichere Endprodukt einer<br />
zweckgerichteten „Evolution“, selbst<br />
ausgerottet, da beschließen die Tiere,<br />
das Modell „Parlamentarische Demokratie“<br />
einzuführen und zu ihrem wahren<br />
Endzweck zu führen, ja sie zur „Staatsreligion“<br />
zu erheben.<br />
Wie und auf welch kuriose Art und<br />
Weise dies geschehen soll und wie<br />
dieses einmalige Experiment endet,<br />
das schildert Thomas Böhm auf eine<br />
unnachahmlich einfallsreiche wie sehr<br />
unterhaltsame Weise in seinem viel zu<br />
wenig bekannten Buch „Das Parlament<br />
der Tiere“. Das Buch entpuppt sich als<br />
eine Politsatire der feinsten Art, die von<br />
der ersten bis zur letzten Zeile von überraschender<br />
Spannung ist.<br />
Es beginnt mit der Zeitungsente,<br />
die dem Platzhirsch zujubelt, dass die<br />
Menschheit ihren Geist aufgegeben hat.<br />
Der wittert daraufhin seine Chance auf<br />
die Weltherrschaft und gründet sogleich<br />
Das fromme Lamm<br />
ein Affenzirkus<br />
eine Partei. Zu gleicher Zeit weckt der<br />
Floh den Wolf und ruft ihm zu, dass<br />
auch seine Chance gekommen wäre, die<br />
Welt zu erobern. Zur Tarnung bekommt<br />
der Wolf ein Schafspelz aus reinster<br />
Schurwolle umgehängt: „Du wirst jetzt<br />
ein Politiker werden. Deshalb auch<br />
dein Schafspelz, denn das Vortäuschen<br />
falscher Tatsachen gehört dabei zum<br />
Geschäft“.<br />
Kaum haben sich diese beiden Lager<br />
gebildet, beginnt schon der Wahlkampf<br />
in Balzheim. Als erster betritt der Platzhirsch<br />
die Bühne und jubelt „Politik,<br />
Politik, wir machen Politik“. Der „Tag<br />
der Befreiung“ sei da und er wolle die<br />
Tierwelt ins Glück führen. Seine engsten<br />
Freunde und Unterstützer sind der Blindfisch,<br />
das Stinktier, der Hornochse, der<br />
Kredithai und der Galgenvogel. Gesucht<br />
wird ein Motto, an das alle Tiere der Welt<br />
glauben können, egal ob Kamel oder<br />
Eisbär. Schwieriger hat es der Wolf im<br />
Schafspelz, der noch nach Verbündeten<br />
sucht und sich an die Schafe mit den<br />
Worten „ich bin ein Schaf wie ihr“ wendet.<br />
Er wird beschnuppert und als erstes<br />
vom Leithammel willkommen geheißen,<br />
dann folgen der Neidhammel, der<br />
Streithammel, das Unschuldslamm, der<br />
Sündenbock und auch das Opferlamm.<br />
Darüber hinaus beteiligt sich auch noch<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2015</strong><br />
Illustrationen: Werner Kirner<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2015</strong><br />
der Salonlöwe am Wahlkampf, der die<br />
armen Raubtiere vertritt, die zu einer<br />
verfolgten Minderheit mutiert sind.<br />
So entbrennt im Abgeordnetenhaus,<br />
dem „Affenzirkus“, ein abwechslungsreicher<br />
und spannender Wahlkampf,<br />
den haushoch der Platzhirsch mit dem<br />
einfachsten aller Slogans gewinnt: „Alle<br />
werden satt. Alle sind brav und alles wird<br />
gut.“ Es kommt, wie es kommen muss:<br />
Der Platzhirsch wird bald größenwahnsinnig<br />
und gibt aus, die Sonne abzuschaffen,<br />
denn „dieser verfluchte Stern<br />
diktiere das Leben auf unserem Planeten“,<br />
und bestimme auch die „verfluchte<br />
Artenvielfalt“. Wenn überall das gleiche<br />
Klima herrsche, werde es so etwas wie<br />
Hundstage, Schafskälte oder Affenhitze<br />
nicht mehr geben. „Die Sonne ist einfach<br />
vom Kern her gemein, ungerecht und<br />
diskriminierend. Haben wir sie erst mal<br />
hinter die Wolken verjagt und hier unten<br />
überall stickige, warme Luft verbreitet,<br />
ist endlich Schluss mit dieser verfluchten<br />
Artenvielfalt“.<br />
Die Eintagsfliege<br />
Um langfristig die Artenvielfalt<br />
abzuschaffen, wird zudem ein „weltweites<br />
Rudelrammeln“ angesagt, eine<br />
„globale Sexorgie“, um alle Tiere gleichzustellen<br />
und ein völlig neues „Superwesen“<br />
als „Krone der Schöpfung“ zu<br />
schaffen. Um dem Futterneid ein Ende<br />
zu setzen, übernimmt der Staat die Kontrolle<br />
über Speis und Trank und fabriziert<br />
einen für alle Tiere gleichen und streng<br />
rationierten nahrhaften Einheitsbrei.<br />
Das Frontschwein<br />
Dagegen wettert, natürlich, der Salonlöwe<br />
samt Parteigenossen als Vertreter<br />
der Raubtier-Lobby. Das stärkste Argument:<br />
„Beim Fressen hört die Nächstenliebe<br />
auf“. In Balzheim soll ein<br />
gigantisches Zuchthaus entstehen. Alle<br />
Jungtiere sollten direkt nach der Geburt<br />
unter staatliche Aufsicht gestellt und<br />
„voll kontrolliert hochgepäppelt“ werden<br />
als Beispiel eines „gelebten Sozialstaats“.<br />
Der Hornochse als Bildungsministers<br />
tritt zurück mit der Begründung: „Bildung<br />
ist überflüssig, ja, Bildung ist sogar<br />
gefährlich, zumindest für das gemeine<br />
Tier. Das Ende der Menschheit sollte<br />
als Beweis für diese These wohl ausreichend<br />
sein. Die Zweibeiner haben sich zu<br />
Tode gebildet.“ Für diese weisen Worte<br />
erhebt der Platzhirsch den Hornochsen<br />
zum Ehrenpräsident.<br />
Über das Buch<br />
Thomas Böhm: Das Parlament der Tiere –<br />
Eine fabelhafte Politsatire<br />
Verlag tredition, Hamburg 2012,<br />
247 Seiten, 12,99 Euro<br />
ISBN 978-3-8495-5074-5<br />
„Soll das ein Witz sein?“ schimpft<br />
der Salonlöwe und bildet eine außerparlamentarische<br />
Opposition, die „Wahren<br />
Demokratiere“. Der Einheitsbrei,<br />
der zudem immer knapper wird, bringt<br />
letztlich das Fass zum Überlaufen und<br />
entfacht den Zorn der Tiere. Dem Platzhirsch,<br />
der sich heimlich über den Wolken<br />
ein Luftschloss hatte bauen lassen,<br />
entgleitet die Macht, er wird enttarnt<br />
und schließlich ins Tierheim gebracht.<br />
Danach kehrt in Balzheim wieder Frieden<br />
ein. Ohne Parteien, Politik und Bürokratie<br />
erholen sich die Tiere zusehends.<br />
Alles im allen: Ein köstliches Buch,<br />
das viele versteckte Wahrheiten enthält.<br />
Natürlich auch und gerade für Menschen.<br />
•<br />
Fabeln<br />
Wolfgang Thüne<br />
In der Fabel (lat. fabula, „Erzählung,<br />
Sage“) besitzen Tiere, Pflanzen oder<br />
andere Fabelwesen menschliche Eigenschaften<br />
und handeln dementsprechend<br />
menschlich. Sie hat als Erzählform in<br />
der europäischen Literatur eine lange<br />
Tradition von Aesop über Martin Luther,<br />
Gotthold Ephraim Lessing bis zu George<br />
Orwell. Die Pointe am Ende besitzt häufig<br />
eine lehrreiche, allgemeingültige<br />
Moral.