P.T. MAGAZIN 02/2015
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Generation<br />
Hotdog<br />
Die Generation Y muss aktuelle und zukünftige Führungskräfte verstehen, zwischen<br />
Ihnen vermitteln und sich mit beiden entwickeln – keine leichte Aufgabe<br />
Über die Autorin<br />
Dr. Regina Mahlmann, promovierte Soziologin<br />
und Philosophin, arbeitet als Coach und<br />
Referentin in und für Unternehmen – als<br />
Sparringpartnerin für das Topmanagement<br />
und als Impulsgeberin und Begleiterin von<br />
Gruppen, insbesondere in veränderungsreichen<br />
und daher spannungsreichen Phasen<br />
eines Unternehmens. Weitere Information<br />
unter http://dr-mahlmann.de/<br />
Wirtschaft<br />
38<br />
Nach über 10 Jahren Lobliedern auf die<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten des Mainstreams<br />
der Generation Y treten allmählich<br />
ernüchternde Erfahrungen in den<br />
Vordergrund. Das hilft, Ypsiloner effektiv<br />
zu fordern und fördern. Allerdings muss<br />
ein bis dato komplett vernachlässigter<br />
Aspekt dringend berücksichtigt werden:<br />
Die Position der Ypsiloner zwischen Führungskräften<br />
der vorangegangen und<br />
Mitarbeitern der nachfolgenden Generationen.<br />
Auf Kollisionskurs<br />
Ypsiloner – inzwischen bis Mitte dreißig<br />
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Jahre alt – werden von zwei Seiten mit<br />
unterschiedlichen bis gegensätzlichen<br />
Haltungen und Werten, Ansprüchen und<br />
Forderungen konfrontiert: von ihren Vorgesetzten<br />
(Babyboomer, Generation X)<br />
und von Vertretern der „Generation Z“<br />
bzw. „Generation Game“, den ab Mitte<br />
der 1990er Jahre Geborenen, die allmählich<br />
als Auszubildende und Trainees in die<br />
Unternehmen spazieren.<br />
Während die Vorgesetzten vorzugsweise<br />
Verhaltensweisen wünschen, die<br />
nachhaltig zum Unternehmenserfolg<br />
beitragen, so etwa fachliche Kompetenz,<br />
Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Entscheidungsfreude<br />
und Ausfüllen von Führungsverantwortung,<br />
fordern die Jüngeren<br />
spielerisches Edutainment, Infotainment,<br />
Lernen via Serious Games (beispielsweise<br />
Simulationen) und Gamification. Letzteres<br />
ist aufgrund der Sozialisationserfahrung<br />
der Generation Z nur folgerichtig.<br />
Denn typischerweise sind sie mit Games<br />
unterschiedlicher Genre aufgewachsen,<br />
von digital basierten bis hin zu Pervasive<br />
Games (die Realität wird in digitale Spielhandlungen<br />
eingebunden), einschließlich<br />
Games mit Alternate (Spiele, die Grenzen<br />
zur Realität gezielt verwischen) und<br />
Augmented Reality (durch digitale Mittel<br />
erweiterte Realität) sowie digitalen<br />
Lernspielen. Der Boom von Games und<br />
Gamification wird seit Ende der 1990er,<br />
spätestens seit der Jahrtausendwende,<br />
großflächig diagnostiziert: in Kitas, Schulen,<br />
Berufsvorbereitung, Ausbildung, Universitäten<br />
bis hin zu Unternehmen.<br />
Folgen für die Ypsiloner<br />
Nach dem geltenden Grundsatz, dass<br />
Erfahrungen Präferenzen und Fertigkeiten<br />
entsprechende neuronale Verknüpfungen<br />
ausbilden, sorgt das Game-Design<br />
dafür, dass das Gehirn der Game-Sozialisierten<br />
optimal an die Regeln und Optionen<br />
der Gaming-Welt angepasst ist und<br />
weniger an die Regeln der realen Welt.<br />
Stichwortartig seien zwei dominante<br />
Facetten der Folgewirkung für Ypsiloner<br />
in Unternehmen skizziert:<br />
Facette 1: In der Praxis erweisen<br />
sich Ypsiloner als wenig resilient (Helikopter-,<br />
Curling-Eltern, Trophy Kids, egozentrische/theatralische<br />
Persönlichkeit)<br />
und risikoscheu. Sie sind als Suchmaschinenkinder<br />
wenig fähig bzw. willig,<br />
sich Kenntnisse anzueignen, Kenntnisse<br />
im Gedächtnis abrufbereit zu haben<br />
und Zusammenhänge herzustellen, verbindliche<br />
Entscheidungen zu treffen und<br />
Verantwortung zu übernehmen. In ihren<br />
Rollen als Experten und junge Führungskraft<br />
(Projektleiter) werden sie allerdings<br />
von ihren Vorgesetzten dazu angehalten,<br />
unternehmerisch zu agieren.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2015</strong><br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2015</strong><br />
Facette 2: Gamesozialisierte Mitarbeitende<br />
erwarten „Spaß“ am Arbeitsplatz,<br />
also spielerisches Agieren und<br />
Experimentieren. Sie erwarten, jene<br />
Bedingungen vorzufinden, die der Logik<br />
des Spiel-Designs entsprechen. Dazu<br />
gehören Spannung, Chancen auf grandiose<br />
Siege und andere Belohnungen,<br />
einfache, klare Regeln und Anweisungen.<br />
Weiterhin zählen erreichbare und<br />
erfolgssichere Ziele dazu sowie eine Förderung,<br />
in der gewünschte Leistungssteigerungen<br />
allmählich und persönlich<br />
angepasst werden und in der permanent<br />
und unmittelbar Feedback gegeben wird.<br />
Erfahrene Führungskräfte sind gefragt<br />
Neuere Erkenntnisse legen zudem nahe,<br />
dass die jüngeren Mitarbeiter auf eine<br />
Arbeitszeit nach dem Motto „9 to 5“ und<br />
auf Trennung von Arbeit und Privatheit<br />
Wert legen. Führungskräfte müssen die<br />
Klaviatur von autoritätsgeprägtem über<br />
demokratisches bis hin zu vernetztem,<br />
agilem Führen beherrschen.<br />
Bereits diese Skizze demonstriert:<br />
Ypsiloner, insbesondere in Leitungsfunktionen,<br />
sind das Würstchen im Hotdog.<br />
Die auseinandergehenden Erwartungen<br />
verursachen zudem eine Art Loyalitätskonflikt:<br />
zu ihren Vorgesetzten als deren<br />
Mitarbeiter/in und zu ihren Unterstellten<br />
als deren Vorgesetzte. Dieser innere<br />
Konflikt wurzelt in dem Umstand, dass<br />
Ypsiloner wie die Gaming-Generation<br />
den Digital Natives zugehören. Sie sind<br />
ausgezeichnet mit virtuellen Welten vertraut,<br />
was in einer stärkeren Affinität zu<br />
ihren Mitarbeitenden mündet – eine<br />
Nähe, die sie im Arbeits- und besonders<br />
im Führungsalltag nur begrenzt ausleben<br />
können.<br />
Dieser Umstand hat Konsequenzen<br />
für Senior-Führungskräfte. Ihnen obliegt<br />
es – flankiert von der Personalabteilung<br />
– , dafür zu sorgen, dass Ypsiloner gezielt<br />
Chancen erhalten, all das zu erlernen,<br />
was sie benötigen, um zu allen Seiten,<br />
nach oben, unten, zur Seite, verantwortungsvoll<br />
handeln zu können.<br />
Um diese Lernfelder kompetent zu<br />
bedienen, etwa in den Funktionen „Mentor“,<br />
„Coach“, „Autorität“, eignen sich<br />
– trotz „Schwächen“ – gerade die (viel<br />
gescholtenen) Vertreter der vorangegangen<br />
Generationen. Diese seit Marc Prensky<br />
so genannten Digital Immigrants,<br />
geprägt von Anforderungen der analogen<br />
und digitalen Welt, verfügen im Vergleich<br />
am ehesten über jene Fähig- und<br />
Fertigkeiten, die Entscheidungsträger<br />
und Führungskräfte benötigen, um eine<br />
Organisation zukunftsfähig zu halten<br />
bzw. zu machen. Zu diesem Fächer an<br />
Fähig- und Fertigkeiten gehört maßgeblich,<br />
dank Selbstreflexion<br />
und vielfältiger<br />
Erfahrungen<br />
eigene Defizite und<br />
somit Lernfelder zu<br />
identifizieren und<br />
entsprechende Aktivitäten<br />
folgen zu<br />
lassen.<br />
Personal Mastery<br />
Das Würstchen ist<br />
beim Hot Dog das<br />
eigentlich Schmackhafte,<br />
darauf<br />
machte mich ein<br />
Vortragsteilnehmer<br />
aufmerksam. Die<br />
Ypsiloner als Würstchen<br />
zwischen den<br />
Brötchenhälften<br />
sind sowohl für<br />
sich selbst als auch<br />
in der Beziehung<br />
von Führen und<br />
Geführt-Werden<br />
in einer besonderen<br />
Lage, die zum<br />
Dilemma ausarten<br />
kann. Solange Führung<br />
noch nicht<br />
vollständig an IT-<br />
Programme und<br />
Big Data-Analysten<br />
abgegeben ist, ste-<br />
hen die gegenwärtigen erfahrenen Führungspersonen<br />
in der besonderen Verantwortung,<br />
den Ypsilonern systematisch<br />
und wiederholt Gelegenheit zu geben,<br />
Souveränität zu entwickeln. Diese „Personal<br />
Mastery“ (Peter Senge) schließt<br />
persönliche Resilienz ebenso ein wie strategische<br />
und soziale (Führungs-)Kompetenzen<br />
und zielt auf eine umfassende<br />
Entwicklung von Selbstbestimmung und<br />
Verantwortung. Personalabteilungen stehen<br />
hierbei in der Pflicht, vorbereitend,<br />
flankierend und nachbereitend zu unterstützen.<br />
•<br />
Regina Mahlmann<br />
Wir in Europa. Für Sie.<br />
sagt<br />
Danke.<br />
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