MEHR KULTUR Von Beethoven, (k)einem Elfenbeinturm und offenen Türen Die erste Beethoven-Woche war ein großer Erfolg und in Bonn ein ganz besonderer Auftakt in das musikalische Jahr <strong>2014</strong>. Wir haben mit den beiden künstlerischen Leiterinnen des Kammermusiksaals Ursula Timmer-Fontani und Dr. Martella Gutiérrez-Denhoff über das neue Festival-Format in Bonn gesprochen. INTERVIEW: SUSANNE ROTHE Ursula Timmer-Fontani Martella Gutiérrez-Denhoff 3&50 exklusiv 100
MEHR KULTUR KONZERTKALENDER (AUSWAHL) Die erste Beethoven-Woche ist vorüber. Wie haben Sie sie erlebt und wie war die Resonanz der Besucher? Ursula Timmer-Fontani: Die Resonanz war sehr positiv. Wir haben ja auch früher schon kleinere Festivals veranstaltet und sind also nicht ganz neu in diesem Bereich, so dass wir hier durchaus Vergleiche haben. Publikum und Presse haben durchweg positiv reagiert. Wir hatten eine Auslastung von 90 Prozent. Das bedeutet, vier der sechs Konzerte, die im freien Verkauf waren, waren ausverkauft und alle anderen Veranstaltungen waren sehr, sehr gut besucht. Das ist ein sehr gutes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass wir erst Anfang November das Programm vorgestellt haben. Martella Gutiérrez-Denhoff: Ja, man kann wirklich sagen, unser Konzept „Alles aus einem Werk“ ist aufgegangen und unsere Idee beim Publikum angekommen. Als Dreh- und Angelpunkt dieser Premiere hatten wir die Klaviersonate e-Moll op. 90 ausgewählt – ein zentrales Werk, das viele Perspektiven für verschiedene Konzertformate eröffnete. Musikalisch haben wir uns damit, wie es ebenfalls das Konzept für die Zukunft vorsieht, 200 Jahre zurückorientiert und mit Beethoven im Jahr 1814 besonders auseinandergesetzt. Ursula Timmer-Fontani: Was wir dem Publikum geboten haben, reichte dann aber von Beethoven ausgehend bis in die Gegenwart hinein. So haben wir zum Beispiel für die Veranstaltung im Bonner Kunstverein drei Künstler aus ganz unterschiedlichen musikalischen Richtungen eingeladen, die uns haben erleben lassen, wie aktuelle Vokalmusik heute klingt. Ursula Timmer-Fontani: 1814 stand für Beethoven in seiner kompositorischen Arbeit offensichtlich das Gesangliche sehr im Vordergrund. Er komponierte die Klaviersonate op. 90 und überschrieb deren zweiten Satz mit „sehr singbar vorgetragen“. Wir haben uns daher in diesem Jahr auf das Gesangliche konzentriert. Und in Anlehnung an Beethovens Satzbezeichnung haben wir dann auch der ersten Beethoven-Woche das Motto „Sehr singbar“ gegeben. Gibt es für die Beethoven-Woche, die in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem 25-jährigen Bestehen des Kammermusiksaals und dem 125-jährigen Bestehen des Vereins Beethoven- Haus veranstaltet wurde, ein Vorbild? Martella Gutiérrez-Denhoff: Mit der Beethoven- Woche nehmen wir eine alte Tradition wieder auf und knüpfen an die historischen Kammermusikfeste des Vereins an. Mit ihnen rückte der berühmte Geiger und Brahms-Freund Joseph Joachim seit 1890 Bonn und das Beethoven- Haus in das Zentrum des damaligen Musikgeschehens. Wir bringen aber natürlich neue, zeitgemäße Aspekte und andere Konzertformate mit hinein. In Bonn gibt es viele Festivals, was unterscheidet die Beethoven-Woche von ihnen? Ursula Timmer-Fontani: Wir verfügen über einen wunderbaren Kammermusiksaal und konzentrieren uns daher natürlich auch auf die Kammermusik. Dabei schöpfen wir aus der großen Kompetenz unseres Hauses. Das bietet uns die Möglichkeit, uns auf bestimmte Formate, besondere Programme und auf die Nähe zu den Künstlern und zum Publikum zu konzentrieren. Gerade erfuhren wir von Nike Wagner, der neuen Intendantin des Beethovenfestes Bonn, das immer im Herbst stattfindet, dass sie sich eine 02.04.<strong>2014</strong> / 20:00 Uhr: Minetti Quartett, Maria Ehmer (Violine), Anna Knopp (Violine), Milan Milojicic (Viola), Leonhard Roczek (Violoncello) Kammerkonzert V 11.05.<strong>2014</strong> / 18:00 Uhr: Aleksey Semenenko (Violine), Inna Firsova (Klavier) Young Stars 16.05.<strong>2014</strong> / 20:00 Uhr: Kasia Bortnik Trio, Kasia Bortnik (Gesang), Johann May (Gitarre), Benny Garcia (Bass) Aspekte IV 22.05.<strong>2014</strong> / 20:00 Uhr: Natalia Prischipenko (Violine), Plamena Mangova (Klavier) Kammerkonzert VI 27.05.<strong>2014</strong> / 20:00 Uhr: Jewgeni Schuk (Violine), Alexander Hülshoff (Violoncello), Henri Sigfridsson (Klavier) Beethoven Extra III 19.08.<strong>2014</strong> / 20:00 Uhr: Julia Ronge Editoren-Werkstatt III intensivere Kooperation mit dem Beethoven- Haus vorstellen könnte (lesen Sie auch Seite 44). Wie sehen Sie das? Martella Gutiérrez-Denhoff: Wir hatten mit Frau Wagner schon Kontakt, und sind da natürlich ganz offen. Derzeit wissen wir noch nicht, wie das neue Konzept für die Beethovenfeste konkret aussehen wird. Insofern können wir dazu jetzt natürlich noch gar nicht mehr sagen. Können Sie denn schon etwas zu Ihren Plänen für die Beethoven-Woche 2015 sagen? Martella Gutiérrez-Denhoff: Wir werden unserem Konzept, ein Werk Beethovens in den Mittelpunkt zu stellen und 200 Jahre zurückzuschauen, sicherlich treu bleiben. Und so viel können wir schon versprechen: Es wird auf jeden Fall wieder sehr spannend! Ursula Timmer-Fontani: Was uns grundsätzlich, aber auch bei den Planungen für 2015 und die zukünftigen Beethoven-Wochen wichtig ist: Das Beethoven-Haus ist kein Elfenbeinturm. Wir sind vielmehr ein Haus mit vielen Türen, die sich in beide Richtungen öffnen und viele Zugänge zu Beethoven und zur Musik ermöglichen. Und der Kammermusiksaal hat, wenn man so will, eine sehr große Tür, die sich besonders weit öffnen lässt. • Fotos: Barbara Fromann/Beethoven-Haus Bonn Die Beethoven-Woche hieß „Sehr singbar“, wie passt das zu Beethoven? Alle (Termin-) Angaben sind ohne Gewähr. 3&50 exklusiv 101