Volksfest-Zeitung 2006 - Cannstatter Volksfest

wollen wissen, ob sie einen Mann
kriegen, Jungs, wie sie mit Mädchen
umzugehen haben, für Männer
steht der Beruf als Problem im
Vordergrund, bei jüngeren Frauen
der Kinderwunsch, bei älteren
Menschen Gesundheit und ob die
Rente reicht.
och an Selbstüberschätzung
D leidet Samira nicht. Auf die
Frage, ob sie in die Zukunft sehen
könne, antwortet sie: „Keiner kann
in die Zukunft sehen. Man kann
nur Wege erkennen.“ Und zwei
Themen sind für Samira absolutes
Tabu: Unfall und Tod. „Leute, die
das vorhersagen, sind für mich
Scharlatane, denn damit kann der
Mensch nicht umgehen.“ Wenn sie
gefragt werde: „Wie alt werde ich
denn?“, dann antworte sie: „Da
oben ist ’ne Adresse, fragen Sie da
nach, weil nur er weiß es. Weder
ein Arzt noch ein Wahrsager weiß,
wie alt jemand wird.“
ür die Frau, die selbst gern
F lacht, ist Humor ein wichtiges
Lebensprinzip – das sie auch gern
ihren Kunden empfiehlt, vor allem
Paaren, die schon lang zusammenleben:
„Zärtlichkeit ist ganz
wichtig im Alter, und Humor.“
Oder sie empfiehlt angehenden
Rentnern, sich neue Ziele zu setzen,
bislang verschobene Wünsche
anzugehen. Binsenweisheiten?
Vielleicht. Und doch müssen
auch Binsenweisheiten ab und zu
ausgesprochen werden. Zweifel an
der Wahrsagerei? Vielleicht. Und
vielleicht würde man sich einer lebenserfahrenen
Frau wie Samira
auch ohne Karten und Handlinien
anvertrauen – auf das gewisse Pri-
Cannstatter Volksfestzeitung 2006
Das Bild trügt – nicht nur Frauen wollen Samiras Rat.
ckeln müsste man dann allerdings
verzichten. Und bei aller Skepsis:
Offenbar besteht Bedarf, sich aussprechen
zu können, sich von einer
neutralen Person einen
schnellen Rat in schwierigen Le-
benslagen holen zu können. Auch
auf dem Volksfest. Vor der Wohnwagentür
warten die nächsten
Kunden. Samira ist bereit.
Monika Bönisch