physio-Journal I 1/2015
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TITELTHEMA<br />
Indikationen<br />
Generell kann man sagen: »Bei allen Schwellungen, die nicht<br />
bakteriell verursacht und zudem nicht cardial oder renal bedingt<br />
sind, ist die Manuelle Lymphdrainage indiziert«. Warum<br />
ist das so? Prof. Weissleder schreibt in seinem Buch: »Jede<br />
Krankheit beginnt mit einer Stauung, mit einem Mikroödem<br />
im Interstitium (Bindegewebe).« (Weissleder u. Schuchhardt<br />
2011). Das ist der Raum zwischen Gefäßen und Zellen, und genau<br />
dieser Raum wird mittels der Manuellen Lymphdrainage<br />
entstaut.<br />
Verletzt man sich beim Sport (z. B. Supinationstrauma), so<br />
werden neben den Bandstrukturen auch Blutgefäße verletzt.<br />
Das Blut wird als »Fremdkörper« im Bindegewebe erkannt und<br />
es kommt im Rahmen der Wundheilung zu einer entzündlichen<br />
Reaktion. Dadurch wird die Schwellung anfangs noch<br />
verstärkt. Wird nun sofort nach Blutstillung mit der manuellen<br />
Lymphdrainage begonnen, entstauen wir das Bindegewebe<br />
um bis zu 4 x schneller als ohne Behandlung (Hutzschenreuter<br />
u. Brümmer 1986). Das Sprunggelenk ist bei täglicher Anwendung<br />
nach 4 Tagen komplett abgeschwollen, deswegen hat<br />
der Patient weniger Schmerzen, bessere Beweglichkeit und<br />
kann früher wieder mit dem Training beginnen. Dies wurde<br />
auch bei Ödemen nach Knie-Tep-Operationen durch eine australische<br />
Gruppe bei 43 Patienten festgestellt (Ebert 2013).<br />
Indikationspalette der Manuellen Lymphdrainage<br />
nach Dr. Vodder<br />
Lymphödeme jeglicher Art (primär, sekundär)<br />
Posttraumatische und postoperative Schwellungszustände<br />
(Hären u. Wiberg 2006)<br />
CRPS vormals Sudeck<br />
(Safaz et al. 2011, Werner u. Scholl 2000)<br />
Muskelverletzungen (M-Faserriß, Muskelkater, …)<br />
Schleudertrauma (Günther 1999)<br />
Verbrennungen, Narben<br />
(Hutzschenreuter u. Brünner 2003)<br />
Schlaganfall (Trettin 1993)<br />
Anatomie, Physiologie<br />
Das Lymphgefäßsystem ist ein Einbahnstraßensystem, welches<br />
in der Peripherie beginnt und am Angulus venosus endet. Man<br />
unterscheidet ein oberflächliches (Haut) und ein tiefes System<br />
(Muskeln, Knochen, Organe). Entlang der einzelnen Gefäßabschnitte<br />
sind Lymphknoten zwischengeschaltet, die hauptsächlich<br />
als Filterstationen dienen. In den 600 – 700 Lymphknoten<br />
im menschlichen Körper werden krankmachende<br />
Stoffe wie z. B. Viren, Bakterien, … herausgefiltert und unschädlich<br />
gemacht. Sie sind auch ein Ort der Immunabwehr,<br />
da hier ausgereifte Abwehrzellen des menschlichen Körpers<br />
Kontakt mit den sog. Antigenen haben und Antikörper bilden.<br />
Lymphozyten werden sensibilisiert, danach teilen sie sich, sodass<br />
eine spezifische (für dieses eine Antigen) Immunabwehr<br />
stattfinden kann. Zudem wird hier die Lymphe um bis zu<br />
50 % eingedickt. Regionäre Lymphknoten befinden sich z. B.<br />
in der Leiste und in den Achseln, die die Lymphe bestimmter<br />
Hautbezirke aufnehmen.<br />
Von peripher nach zentral<br />
Das initiale Lymphgefäß ist als Beginn des Lymphgefäßsystems<br />
anzusehen. Wie die Finger eines Handschuhs befinden sich<br />
diese blind im Gewebe. Sie bestehen aus sich überlappenden<br />
Endothelzellen, die mit einer dünnen Faserschicht umgeben<br />
und mit Ankerfilamenten im Bindegewebe fixiert sind (Gerli<br />
2000). Steigt der Druck im Gewebe (z. B. Schwellungszustände),<br />
so öffnen sich diese »Türen« und es kommt zum Einstrom<br />
in das Lymphgefäß. Bei zunehmendem Innendruck (Füllungszustand)<br />
schließen sich diese wieder. Die auch als initiale<br />
Lymphsinus bezeichneten Gefäße haben weder Muskulatur<br />
noch Klappen. Sie münden übergangslos in die sog. Präkollektoren,<br />
die sich wiederum in die nächstgrößeren Lymphgefäße,<br />
genannt Lymphkollektoren, fortsetzen. Die Lymphkollektoren<br />
bestehen aus einzelnen Abschnitten, wodurch im<br />
Mikroskop der Eindruck einer Perlschnurkette entsteht. Mislin<br />
benannte sie Lymphangione. Sie bestehen aus einer vegetativ<br />
innervierten Muskulatur sowie aus Klappen, die – ähnlich dem<br />
venösen System – den Rückstrom verhindern. Die Kollektoren<br />
vereinigen sich zu den Lymphstämmen, von denen der größte<br />
Lipödeme<br />
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises<br />
(PCP, Sklerodermie, Fibromyalgie, …)<br />
Nach kosmetischen Operationen<br />
(Lifting, Fettabsaugung, Krampfadern, …)<br />
Sportregeneration (Schillinger et al. 2006)<br />
Carpaltunnelsyndrom<br />
Allgemeine Streßsyndrome (Burnout, Migräne, Tinnitus)<br />
Obstipation<br />
Lymphfluss modifiziert nach Weissleder, Schuchhardt 2011:<br />
Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. Köln: Viavital Verlag<br />
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