physio-Journal I 3/2016
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3 / <strong>2016</strong><br />
Bestell-Nr: dF31229 · € 5<br />
<strong>physio</strong>Ausgabe<br />
<strong>Journal</strong><br />
Hard Facts –<br />
Das Parkinson<br />
Syndrom<br />
Freezing of Gait –<br />
Hintergründe und<br />
Wissenswertes<br />
Workshop Parkinson Syndrom<br />
Aktuelle Therapieempfehlungen<br />
Zum Sammeln<br />
Muskelanatomie<br />
Kongressbericht<br />
CYBATHLON <strong>2016</strong><br />
Tests und Assessments<br />
Kurzinventar<br />
Intrinsische Motivation<br />
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EDITORIAL<br />
LIEBE LESERIN,<br />
LIEBER LESER,<br />
sowohl der verstorbene Papst Johannes Paul II. als auch Muhammad<br />
Ali waren davon betroffen – Morbus Parkinson. Das<br />
Parkinson-Syndrom gilt als eine der am häufigsten vorkommenden<br />
neurologischen Erkrankungen und wird mengenmäßig<br />
in der Zukunft eine immer größer werdende Bedeutung<br />
einnehmen. Grund genug also, diesem Syndrom eine eigene<br />
Ausgabe des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s zu widmen. In den Hard-Facts<br />
bekommt Ihr einen Einblick in die Verbreitung, die Einteilung<br />
und die zugrundeliegende Pathologie dieser Erkrankung. Welche<br />
Therapiemaßnahmen aktuell empfohlen werden und wie<br />
die Wirksamkeit bestimmter Therapieverfahren einzuordnen<br />
ist, könnt Ihr im Workshop von Sarah Klamroth erfahren. Ein<br />
wichtiges Symptom, unter dem die Betroffenen häufig leiden<br />
und welches auch für uns Physiotherapeuten relevant ist, ist<br />
das Freezing of Gait. Claudia Barthel wird in ihrem Artikel beschreiben,<br />
was das Freezing genau ist, welche Bedeutung es<br />
für den Patienten hat und wie eine geeignete Therapie aussehen<br />
kann.<br />
Das letzte Drittel des Jahres bedeutet für viele Schüler auch<br />
die Beendigung ihrer Ausbildung und den Start ins Berufsleben.<br />
Endlich ist das scheinbar nicht enden wollende Lernen<br />
für das Examen vorbei und das Konto freut sich auch. Damit<br />
der Einstieg in den Job so richtig rund verläuft, könnt Ihr in<br />
dieser Ausgabe lesen, auf was man bei einem Arbeitsvertrag<br />
achten sollte und was einem als Arbeitnehmer so alles zusteht.<br />
Außerdem gibt es auch wieder etwas zu gewinnen. Genaugenommen<br />
geht es um ein Online-Tutorial, in dem man wichtige<br />
Tipps und Therapieempfehlungen zu unterschiedlichen<br />
Krankheitsbildern bekommt. Was man machen muss, um es<br />
zu ergattern, erfahrt Ihr auf Seite 42.<br />
Viel Spaß beim Lesen und Mitmachen!!<br />
Eure<br />
Anna und Stephan<br />
PS<br />
So sind wir zu erreichen: heller@dieFachwelt.de kruft@dieFachwelt.de<br />
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2 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
INHALT<br />
Impressum<br />
<strong>physio</strong>-JOURNAL<br />
Verlag<br />
Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
Geschäftsführer<br />
Benjamin Bareiss<br />
Herausgeber/Redaktion<br />
Anna Heller, Marburg<br />
Stephan Kruft, Marburg<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Verena Gesing M.Sc., Dortmund<br />
Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />
Prof. Dr. Udo Wolf, Fulda<br />
Franz van den Berg, Straßwalchen<br />
Erscheinungsweise<br />
3 Ausgaben/Jahr<br />
Bestellung<br />
Online unter: www.dieFachwelt.de<br />
1–10 Ex.: € 5,– je Exemplar<br />
11–20 Ex.: € 3,20 je Exemplar<br />
ab 21 Ex.: € 1,60 je Exemplar<br />
Layout/Producing<br />
Lydia Kühn, Aix-en-Provence/Frankreich<br />
Druck<br />
PRINTERA, Zagreb/Kroatien<br />
Redaktionshinweise<br />
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin/Physiotherapie<br />
ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und<br />
klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere<br />
was Behandlung und medikamentöse Therapie<br />
anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung<br />
oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser darauf<br />
vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große<br />
Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem<br />
Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für<br />
Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen<br />
kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen<br />
werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf<br />
eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren<br />
an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauig-keiten<br />
dem Verlag mitzuteilen.<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge<br />
und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Mit Annahme des Manuskripts gehen das Recht zur<br />
Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur<br />
Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Speicherung<br />
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Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über.<br />
Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz<br />
festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />
Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung<br />
von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt das<br />
jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten<br />
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die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />
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Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über<br />
die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel. (0 30) 2 84 93-0 oder<br />
www.presse-monitor.de.<br />
Gebrauchsnamen<br />
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,<br />
Warenbezeichnungen und dgl. in dieser Zeitschrift berechtigt<br />
nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres<br />
von Jedermann benutzt werden dürfen; oft handelt<br />
es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen,<br />
auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.<br />
© Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
TITELTHEMA<br />
HARD FACTS<br />
PARKINSON-SYNDROME 5<br />
FREEZING OF GAIT<br />
WER ODER WAS IST DIESER MORBUS PARKINSON? 6<br />
PARKINSON<br />
DIFFERENTIALDIAGNOSTIK 9<br />
WORKSHOP PARKINSON-SYNDROM 13<br />
VORGESTELLT<br />
Leute: Claudia Barthel 16<br />
Kongressbericht: Cybathlon <strong>2016</strong> 18<br />
Return to Sports 21<br />
BRAINTUNING<br />
Eselsbrücken 26<br />
Wissenscheck 27<br />
Wissenscheck – Antworten 28<br />
Anatomie zum Herausnehmen 29<br />
Physiologiekarte: Lebenszyklus Erythrozyten 30<br />
Shorties Physiologie: Alterungsprozesse – Teil 1 31<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Tests und Assessments: Kurzinventar Intrinsische Motivation 33<br />
Diagnostik: Weißes Blutbild 35<br />
Studienzusammenfassungen 37<br />
Gesetze: Arbeitsverträge 39<br />
»FRISCH EINGETROFFEN«<br />
Bildatlas Manuelle Therapie 44<br />
MITMACHEN UND GEWINNEN<br />
Mach mit! Unsere Autoren 45<br />
Gewinnspiel Übersetzung 46<br />
VERANSTALTUNGEN UND TERMINE<br />
Veranstaltungskalender 47<br />
Ausblick: Das erwartet Euch in der nächsten Ausgabe<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 3
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TITELTHEMA<br />
HARD FACTS<br />
Text: Verena Gesing<br />
PARKINSON-SYNDROME<br />
Beim primären Parkinson-Syndrom handelt<br />
es sich um eine idiopathische, akinetischrigide<br />
Bewegungsstörung mit Ruhetremor<br />
und reduzierten Stellreflexen.<br />
Stellreflexe<br />
Stellreflexe bringen den Körper unabhängig<br />
von der ASTE wieder zurück in seine Normalstellung.<br />
Zuerst wird der Kopf gegen<br />
die Schwerkraft aufgerichtet, anschließend<br />
folgen der Rumpf und als letzter Schritt das<br />
Einstellen der Kopfstellung im Raum.<br />
Epidemiologie<br />
• Zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung<br />
(nach Alzheimer),<br />
• Manifestation v. a. zwischen dem 55.–65.<br />
Lebensjahr,<br />
• Prävalenz in Deutschland: 100–200 von<br />
100 000 Einwohnern.<br />
Ätiologie<br />
• Idiopathische, frühzeitige Apoptose der<br />
Zellen der Substantia nigra,<br />
• Intoxikation durch freie Radikale und/oder<br />
Umweltgifte (Pestizide) oder<br />
• genetischer Defekt (eher selten bzw. nur<br />
in Kombination mit beispielsweise o. g.<br />
Faktoren).<br />
Pathogenese<br />
• Durch Untergang der Neuronen in der<br />
Substantia nigra kommt es zu einem Dopaminmangel.<br />
• Der patho<strong>physio</strong>logische Prozess der<br />
Apoptose beginnt schon früh, aber erst<br />
wenn 70 % der dopaminergen Neuronen<br />
untergegangen sind, führt dies zu einem<br />
Parkinson-Syndrom.<br />
1. Idiopathisches<br />
Parkinson-Syndrom:<br />
• Rigor/Akinese: asymmetrisch, Extremitäten<br />
> Rumpf,<br />
• Tremor: Ruhe-, Bewegungs- (Aktions-),<br />
Haltetremor,<br />
• sehr gutes Ansprechen auf Levodopa<br />
(L-Dopa),<br />
• Zusatzsymptome: Ogilvie-Syndrom (Ileusparalyse),<br />
Depression,<br />
• Prognose: Lebenserwartung nach der<br />
Diagnosestellung 30–35 Jahre,<br />
• Demenz: 15–30 %.<br />
2. Symptomatische<br />
Parkinson-Syndrome:<br />
• durch Raumforderung entstanden:<br />
– Bsp. Meningeom (operative Entfernung),<br />
• vaskuläres Parkinson-Syndrom (VPS):<br />
– Mikroangiopathie (engl. small vasal<br />
disease),<br />
– Langsames, breitbeiniges Gehen,<br />
– keine Therapie mit Levodopa möglich.<br />
• medikamentös-toxisch entstanden:<br />
– Neuroleptika,<br />
– atypische Neuroleptika,<br />
– Therapie: Medikamente umstellen,<br />
Dosis reduzieren.<br />
• Normaldruck-Hydrozephalus:<br />
– Symptome: Demenz, Inkontinenz,<br />
Gangstörungen, Parkinson-Symptome,<br />
– Therapie: Shunt-Anlage.<br />
• durch Traumata entstanden (z. B. bei<br />
Boxern),<br />
• entzündlich entstanden: Enzephalitis.<br />
Weitere wichtige Infos zum Parkinson<br />
Syndrom und zu anderen Erkrankungen<br />
findest Du im Handbuch Physiotherapie.<br />
Einteilung<br />
3. Atypische<br />
Parkinson-Syndrome:<br />
• progressive supranukleäre Blickparese<br />
(PSP):<br />
– Rigor/Akinese: symmetrischer Rigor,<br />
Rumpf > Extremitäten,<br />
– Tremor: Haltetremor (Rabbit-Phänomen),<br />
– keine Besserung durch Therapie mit<br />
Levodopa,<br />
– Zusatzsymptome: eingemauerter Blick,<br />
vertikale Blickparese<br />
– Prognose: weitere Lebenserwartung<br />
7–9 Jahre,<br />
– Demenz: 100 %.<br />
• Multisystematrophie (MSA),<br />
• Lewy-Körperchen-Demenz (engl. Lewy<br />
body disease, LBD).<br />
Symptomatische Parkinson-Syndrome<br />
Einige andere Erkrankungen rufen<br />
typische Parkinsonsymptome hervor (z. B.<br />
Normaldruck-Hydrozephalus). Da bei ihnen<br />
aber eine vom primären Parkinson-Syndrom<br />
abweichende Kausalität dahinter steckt,<br />
lässt sich bei diesen sog. symptomatischen<br />
Parkinson-Syndromen mit Levodopa selten<br />
eine Besserung erzielen.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5
TITELTHEMA<br />
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FREEZING OF GAIT<br />
Text: Claudia Barthel<br />
WER ODER WAS IST DIESER MORBUS PARKINSON?<br />
Morbus Parkinson oder das idiopathische Parkinson Syndrom (IPS) ist das häufigste<br />
Syndrom (ca. 75 %) aus dem Formenkreis des Parkinsonismus. Die Ursache ist bislang<br />
noch unbekannt. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch das allmähliche Degenerieren<br />
der Dopamin produzierenden Zellen in der Substantia nigra und einer<br />
Ansammlung von sogenannten Lewy Körperchen (α-Synuklein Proteine) im zentralen,<br />
autonomen und peripheren Nervensystem (Capriotti u. Terzakis <strong>2016</strong>).<br />
Das idiopathische Parkinson Syndrom gungslosigkeit), Ruhetremor (Muskelzittern)<br />
und posturale Instabilität (Gang- und<br />
ist eine der am häufigsten vorkommenden<br />
neurologischen Erkrankung in Deutschland Gleichgewichtsstörungen). In der Literatur<br />
und betrifft Schätzungen zufolge etwa erscheinen immer mehr Studien zu den viel<br />
200 000 Menschen in Deutschland und verbreiteten nicht motorischen Symptomen<br />
ca. 1,2 Millionen in Europa (Gustavsson et wie: gastrointestinale Störungen, Blasenfunktionsstörungen,<br />
erektile Dysfunktionen,<br />
al. 2011). Aufgrund des demographischen<br />
Wandels wird sich die Zahl der Personen mit orthostatische Hypotonie, Schlafstörungen,<br />
Parkinson (PmP) bis zum Jahr 2030 weltweit<br />
verdoppeln (Dorsey et al. 2007), wo-<br />
wird immer deutlicher, welchen negativen<br />
Depressionen, Demenz und viele mehr. Es<br />
bei Männer ca. 1,46 Mal häufiger betroffen Einfluss auch die nicht motorischen Symptome<br />
auf die Lebensqualität haben können<br />
sind als Frauen (Taylor et al. 2007).<br />
Das IPS ist eine chronisch fortschreitende<br />
neurologische Erkrankung und<br />
(Martinez-Fernandez et al. <strong>2016</strong>).<br />
ist<br />
gekennzeichnet durch motorische und nicht<br />
motorische Symptome. Die motorischen<br />
Leit- oder Kardinalsymptome sind: Rigor<br />
(Muskelstarre), Bradykinesie (verlangsamte<br />
Bewegungen) bis hin zur Akinesie (Bewe-<br />
Freezing of Gait (FOG)<br />
Neben den weiter oben genannten Symptomen<br />
treten bei vielen Personen mit Parkinson<br />
(PmP) auch episodische Gehbeeinträchtigungen<br />
auf, wie zum Beispiel das<br />
»Freezing«. PmP bleiben plötzlich stehen<br />
oder sind erst gar nicht in der Lage einen<br />
Schritt zu machen und beschreiben die Situation<br />
mit dem »Festkleben der Füße am Boden«<br />
(Nutt et al. 2011). Diese Gehblockade<br />
kann zum Verlust des Gleichgewichts und<br />
somit zum Fall führen (Bloem et al. 2004).<br />
Die Prävalenz von Freezing nimmt mit der<br />
Dauer der Erkrankung und dem Schweregrad<br />
zu und kann in bis zu 80 % der PmP<br />
in den letzten Stadien vorkommen (Macht<br />
et al. 2007).<br />
Klassifikation von FOG<br />
Freezing kann unter bestimmten Umständen<br />
(Typen) auftreten und sich unterschiedlich<br />
manifestieren. In der Literatur werden<br />
5 Typen unterschieden: Drehen, Starten einer<br />
Bewegung, enge Durchgänge (z. B. eine<br />
Tür), Ziel erreichen und der offene Raum.<br />
Zudem sind 3 Manifestationen bekannt:<br />
Freezing mit kleinen Schritten, Freezing auf<br />
6 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
der Stelle und die vollständige Akinesie, also<br />
das vollständige Einfrieren der Bewegung<br />
auf der Stelle (Schaafsma et al. 2003). Am<br />
häufigsten wird Freezing während des Drehens<br />
(63 %) oder des Startens einer Bewegung<br />
(23 %) beschrieben (Schaafsma et al.<br />
2003). Die meisten FOG Episoden dauern<br />
nur kurz an (< 10 Sek.), können aber auch in<br />
schweren Fällen mehrere Minuten andauern<br />
(Schaafsma et al. 2003).<br />
Freezing tritt am Häufigsten auf, wenn<br />
dopaminerge Medikamente nicht mehr wirken<br />
(End of Dose), z. B. kurz vor der erneuten<br />
Einnahme des nächsten Medikaments<br />
oder wenn eine Medikamenteneinnahme<br />
vergessen wurde (Off-Zustand) (Schaafsma<br />
et al. 2003). In wenigen Fällen oder im fortgeschrittenen<br />
Stadium kann Freezing auch<br />
im optimalen ON-Zustand (bestmögliche<br />
Medikamenteneinstellung) vorkommen<br />
(Espay et al. 2012).<br />
Freezing of Gait messen<br />
Für den Untersuchenden stellt es vor allem<br />
eine Herausforderung dar, objektiv zu beurteilen,<br />
wie stark das Freezing-Phänomen bei<br />
PmP vorhanden ist. Dies hängt damit zusammen,<br />
dass Freezing episodisch auftritt und<br />
oft in der Klinik/Praxis während der Untersuchung<br />
vom Patienten unterdrückt werden<br />
kann. Die Unterdrückung geschieht meist<br />
unbewusst durch Aufregung oder der zusätzlichen<br />
Anstrengung während einer Untersuchung<br />
(Nonnekes et al. 2015). Da Freezing<br />
auch von der Medikamenteneinstellung<br />
abhängt, ist es dadurch auch stark mit der<br />
Compliance des Patienten verbunden. Oft<br />
wird Freezing fälschlicherweise durch subjektive<br />
Aussagen der PmP diagnostiziert, die<br />
allerdings meist nicht ausreichend informiert<br />
sind, wie sich Freezing tatsächlich äußert.<br />
Aus diesem Grund bietet es sich an, während<br />
der Anamnese ein Video über Freezing<br />
zu zeigen (Nonnekes et al. 2015; Stummer<br />
u. Bloem 2015).<br />
Bei der Befundung eines potentiellen<br />
»Freezers« wird folgende Einteilung in der<br />
Literatur beschrieben (Snijders et al. 2012):<br />
1) »Subjektiver Freezer«: PmP gibt an FOG<br />
zu haben<br />
2) »Wahrscheinlicher Freezer«: FOG wurde<br />
durch dritte Person (z. B. Angehörige/<br />
Partner/-in) bestätigt<br />
3) »Eindeutiger Freezer«: FOG wurde objektiv<br />
gemessen<br />
Subjektive FOG Messung<br />
Während der Anamnese ist es wichtig, nicht<br />
nach dem Phänomen (FOG) zu fragen, sondern<br />
viel mehr, wie sich Freezing äußert<br />
(Klebenbleiben am Boden) (Nonnekes et<br />
al., 2015). Hierbei kann es helfen, ein Video<br />
über FOG zu zeigen, um zu erläutern, was<br />
FOG ist und unter welchen Umständen FOG<br />
häufig vorkommt (Drehen, Starten, etc.).<br />
Um herauszufinden, wie störend bzw. problematisch<br />
FOG für die PmP im Alltag ist,<br />
kann es hilfreich sein, einen Fragebogen mit<br />
der PmP auszufüllen. Derzeit gibt es zwei<br />
Fragebögen: den Freezing of Gait Questionnaire<br />
(FOGQ) (Giladi et al. 2000) und dessen<br />
Neuversion, den New Freezing of Gait<br />
Questionnaire (NFOGQ) (Nieuwboer et al.<br />
2009). Der NFOGQ ist in drei Abschnitte unterteilt.<br />
Der erste Teil besteht aus einer Frage<br />
nach dem Vorkommen von Freezing. Im<br />
zweiten Teil geht es um die Dauer und die<br />
Frequenz von FOG beim Drehen und Starten<br />
einer Bewegung und im dritten Teil wird<br />
der Einfluss von FOG auf das tägliche Leben<br />
abgefragt. Diese Tests eignen sich auch als<br />
Therapieerfolgsmessung vor und nach einer<br />
Therapieperiode. Um ein besseres Bild von<br />
FOG im Alltag zu bekommen, ist es hilfreich,<br />
die PmP zu bitten, für 1–2 Wochen ein Tagebuch<br />
zu führen, das die Häufigkeit einer<br />
FOG Episode, den Tageszeitpunkt, den Ort,<br />
die Beziehung zu eventuellen Stürzen und<br />
den Medikamentenstatus dokumentiert.<br />
Objektive FOG Messung<br />
Die ersten schnellen klinischen Tests sind die<br />
Provokationstests für Freezing:<br />
1) schnelle 360 ° Drehungen in beide Richtungen<br />
mit mindestens 3 Wiederholungen<br />
pro Seite<br />
2) schnelle, kleine Schritte (ca. halbe Fußlänge)<br />
über eine Distanz von ca. 10 Metern<br />
3) Dual Task: Dabei laufen die Patienten eine<br />
vorgegebene Strecke (z. B. 10 Meter) und<br />
bekommen zusätzich noch eine kognitive<br />
(z. B. rückwärts zählen von 100) oder eine<br />
motorische (z. B. Tragen eines Tabletts mit<br />
einem Wasserglas) Aufgabe.<br />
Im besten Fall läuft dieser Test standardisiert<br />
ab, das heißt, es wird immer die gleiche Strecke<br />
gemessen, dasselbe Equipment verwendet<br />
und zur gleichen Tageszeit getestet, etc.<br />
Somit lassen sich diese schnellen Tests auch<br />
als Therapieerfolgsmessung verwenden.<br />
Die beste Methode, um Freezing objektiv<br />
zu messen (sog. »Goldener Standard«), ist<br />
die Video Analyse. Dabei filmt man die PmP<br />
auf einer standardisierten Strecke und analysiert<br />
im Nachhinein die Freezing Episoden:<br />
Anzahl, Dauer, Typ und Manifestation der<br />
Episoden. Aus der Dauer der Gesamtstrecke<br />
und der Dauer aller Freezing Episoden lässt<br />
sich dann ein Wert in Prozent über die Zeit<br />
mit Freezing ermitteln. Dieser Wert kann<br />
dann zwischen den einzelnen Messungen<br />
verglichen werden. Oft reicht es nicht aus,<br />
nur die Anzahl und die Dauer der Episoden<br />
zu vergleichen, da sie nicht direkt den<br />
Schweregrad des Betroffenen wiederspiegeln.<br />
In Zukunft lässt sich Freezing vielleicht<br />
auch mit tragbaren Sensoren messen, welche<br />
sich in zahlreichen Produkten wie in<br />
Smartphones, Smartwatches und Smartglasses<br />
befinden (Espay et al. <strong>2016</strong>; Maetzler<br />
et al. <strong>2016</strong>).<br />
Um FOG feststellen zu können, muss dem<br />
Betroffenen in erster Linie deutlich sein, was<br />
Freezing ist. Zudem sollten sowohl subjektive<br />
als auch objektive Messmethoden zum<br />
Einsatz kommen. Objektiv zu messen ist für<br />
den Behandelnden wichtig, um einschätzen<br />
zu können, wie groß das Problem ist. Die<br />
subjektiven Methoden sollten angewandt<br />
werden, um herauszufinden, wie problematisch<br />
das Freezing für den Patienten ist.<br />
Dies kann je nach PmP unterschiedlich eingeschätzt<br />
werden (Barthel et al. <strong>2016</strong>).<br />
Freezing of Gait behandeln<br />
Eine Methode, um FOG zu behandeln, ist<br />
das sogenannte Cueing. Cues werden definiert<br />
als »zeitliche oder räumliche externe<br />
Reize, die mit der Initiierung und fortgesetzten<br />
Ausführung motorischer Aktivitäten<br />
(Gehen) in Zusammenhang stehen« (Nieuwboer<br />
et al. 2007). Man unterscheidet visuelles<br />
(z. B. Streifen auf dem Boden oder<br />
projizierte Laserlinien), auditives (z. B. das<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 7
TITELTHEMA<br />
Ticken eines Metronoms) und taktiles Cueing<br />
(z. B. vibrierendes Armband). Die besten<br />
Therapieerfolge wurden bisher mit visuellem<br />
und auditivem Cueing beschrieben<br />
(Nieuwboer et al. 2007). Es wird empfohlen,<br />
zusammen mit der PmP verschiedene<br />
Cueing Strategien auszuprobieren, da die<br />
Wirksamkeit dieser Methode sehr individuell<br />
und kontextbezogen ist. Eine weitere<br />
Möglichkeit, um FOG zu verhindern oder<br />
zu verringern, ist das Anlernen sogenannter<br />
Aufmerksamkeitsstrategien. Dabei wird<br />
der PmP beispielsweise beigebracht, einen<br />
großen Schritt zu machen, vor dem nächsten<br />
Schritt das Gewicht zunächst von rechts<br />
nach links zu verlagern, die Knie anzuheben<br />
oder mit den Armen zu schwingen. Diese<br />
Strategien müssen in einem guten Moment<br />
(ON-Zustand) eingeübt werden, um dann<br />
im Falle von FOG angewandt werden zu<br />
können.<br />
Mittlerweile gibt es auch einige Hilfsmittel,<br />
die versprechen, FOG zu reduzieren,<br />
wie z. B. ein Stock (Egerton et al. 2015), ein<br />
Rollator (Bunting-Perry et al. 2013), Schuhe<br />
(Ferraye et al. <strong>2016</strong>) oder Smartglasses (Zhao<br />
et al. <strong>2016</strong>) mit einem Laser. Eine kürzlich<br />
erschienene Studie beschäftigte sich mit<br />
einem Laufrad für Erwachsene, welches in<br />
den meisten PmP zu einer signifikanten Reduzierung<br />
von FOG geführt hat (Stummer<br />
et al. 2015).<br />
• Die Rolle der Faszien in der Arbeit mit Narben,<br />
Adhäsionen und kollagenen Versteifungen<br />
• Integrative Triggerpunktbehandlung<br />
• Ausbildung zum Beckenbodentrainer<br />
• Basiskurs/Aufbaukurs Myofasziales Taping<br />
• Übungen für ein dreidimensionales und funktionelles<br />
Training<br />
• KISS/KIDD - Schädelasymmetrien und kindliche<br />
Entwicklungsverzögerungen<br />
• Ganzheitliche Skoliosebehandlung<br />
• KursleiterIn Autogenes Training<br />
• KursleiterIn Progressive Muskelentspannung<br />
• Nordic Walking Basic Instructor<br />
Landsberg/Lech, Oberstenfeld, Stuttgart,<br />
Stützerbach, Nordhausen, Weimar, Bad Klosterlausnitz,<br />
Leipzig, Großröhrsdorf, Görlitz<br />
Nützliche Literatur<br />
$ Europäische Leitlinie Physiotherapie:<br />
http://www.parkinsonnet.de/leitlinien/europaeische-leitlinie<br />
$ Leitlinie DGN:<br />
http://www.dgn.org/leitlinien/3219-030-010-idiopathisches-parkinson-syndrom<br />
Literatur<br />
Barthel C., Mallia E., Debu B., Bloem B.R., Ferraye<br />
M.U. (<strong>2016</strong>): The Practicalities of Assessing Freezing<br />
of Gait. J Parkinsons Dis.<br />
Bloem B.R., Hausdorff J.M., Visser J. E., Giladi N.<br />
(2004): Falls and freezing of gait in Parkinson‘s<br />
disease: a review of two interconnected, episodic<br />
phenomena. Mov Disord. 19(8): 871–884.<br />
Bunting-Perry L., Spindler M., Robinson K.M.,<br />
Noorigian J., Cianci H.J., Duda, J.E. (2013): Laser light<br />
visual cueing for freezing of gait in Parkinson disease:<br />
A pilot study with male participants. J Rehabil Res<br />
Dev. 50(2): 223–229.<br />
Anmerkung:<br />
Da die Literaturliste sehr lang ist, haben wir<br />
hier nur eine kleine Auswahl der verwendeten<br />
Quellen.<br />
Die vollständige Liste findet Ihr mit dem<br />
QR-Code.<br />
Capriotti T., Terzakis K. (<strong>2016</strong>): Parkinson Disease.<br />
Home Healthc Now. 34(6): 300–307.<br />
Dorsey E.R., Constantinescu R., Thompson J.P., Biglan<br />
K.M., Holloway R.G., Kieburtz K., Marshall F.J.,<br />
Ravina B.M., Schifitto G., Siderowf A., Tanner, C.M.<br />
(2007): Projected number of people with Parkinson<br />
disease in the most populous nations, 2005 through<br />
2030. Neurology. 68(5): 384–386.<br />
8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Fotolia © fotoliaxrender<br />
TITELTHEMA<br />
DIFFERENTIALDIAGNOSTIK<br />
Text: Verena Gesing<br />
Ein guter Freund Deiner Familie, Herr P.,<br />
kommt auf Dich zu und bittet Dich um ein<br />
Gespräch. Man habe bei ihm eine Parkinson<br />
Erkrankung diagnostiziert und ihn medikamentös<br />
eingestellt, dennoch haben sich die<br />
Symptome kaum verändert. Herr P. findet<br />
das komisch, da man ihm versichert habe,<br />
dass es durch die Medikamente zu einer<br />
Besserung der Symptomatik kommen solle.<br />
Zunächst versuchst Du in einem Gespräch<br />
mehr zu der Problematik zu erfahren.<br />
Während des Gesprächs mit Herrn P. fällt<br />
Dir schon einiges auf. Herr P.’s Bewegungen<br />
sind langsam und der Gang ist breitbasig<br />
und unsicher. Das Setzen auf einen Stuhl<br />
fällt ihm deutlich schwer.<br />
Herr P. berichtet davon, dass die Symptomatik<br />
schleichend begann, die zunehmende<br />
Unsicherheit beim Gehen aber am<br />
schlimmsten sei und dass er auch schon<br />
mehrere Stürze erlebt habe. Dazu komme<br />
auch eine Schwindelsymptomatik. Durch die<br />
oben genannten Symptome empfindet sich<br />
Herr P. in seinem Alltag stark eingeschränkt.<br />
Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck,<br />
dass er sich unwohl fühlt und soziale Kontakte<br />
meidet. Aber das sei zurzeit sowieso<br />
schwierig, da er in letzter Zeit auch sehr<br />
müde und nicht mehr so leistungsstark wie<br />
vorher sei. Herr P. ist 75 Jahre alt und hat<br />
Zeit seines Lebens eine Bürotätigkeit ausgeübt.<br />
Zunächst sollten wir uns Gedanken über<br />
die weitere Befundung machen. Dir fällt auf,<br />
dass der Patient untypischerweise keinen<br />
Tremor zeigt, was Dich sehr nachdenklich<br />
macht. Zunächst befassen wir uns deshalb<br />
mit den typischen klinischen Symptomen<br />
des Parkinson Syndroms.<br />
Klinik Parkinson Syndrom<br />
Zu den Kardinalsymptomen gehören:<br />
• Rigor<br />
• Tremor<br />
• Akinese/Bradykinese<br />
• posturale Instabilität<br />
Bradykinese<br />
Herabgesetzte Bewegungsgeschwindigkeit.<br />
Hypo-/Akinese<br />
Verminderte bzw. aufgehobene<br />
Bewegungsinitiierung und -amplitude,<br />
d. h. der Patient wirkt bewegungsarm,<br />
<strong>physio</strong>logische Ausgleichbewegungen, z. B.<br />
das Mitschwingen der Arme beim Gang, sind<br />
vermindert ausgeprägt oder fehlen ganz.<br />
Weitere Symptome sind:<br />
• Sensorische Störungen: Beeinträchtigung<br />
der Riech- und Geschmacksempfindung,<br />
Sehstörungen.<br />
• Neuropsychologische Störungen: Depression,<br />
Angststörungen, Bradyphrenie<br />
(verlangsamtes Denken), Pseudodemenz,<br />
Schlafstörungen.<br />
• Vegetative Störungen: Orthostatische Dysregulation,<br />
Salbengesicht, Temperaturdysregulation,<br />
Hypersalivation (vermehrtes<br />
Schwitzen), Obstipation, Inkontinenz, Impotenz,<br />
Verlust der Libido.<br />
• Muskel- und Gelenkschmerzen: Muskelverspannungen/Muskelhartspann<br />
(z. B.<br />
Schulterschmerzen, Rückenschmerzen)<br />
In der Regel wird die Diagnose des Parkinsons<br />
über die klinische Untersuchung gestellt,<br />
bei der oben genannte Symptome<br />
auffallen.<br />
Zwei der Kardinalsymptome sind bei Herrn<br />
P. augenscheinlich vorhanden. So klagt der<br />
Patient über eine posturale Instabilität und<br />
zeigt auch eine deutliche Bradykinese. Jedoch<br />
ist kein Tremor ersichtlich. Auf entsprechendes<br />
Nachfragen gibt Herr P. an,<br />
dass er bisher auch noch kein Zittern bemerkt<br />
habe. In der Befragung sind Dir keine<br />
Auffälligkeiten hinsichtlich des Muskeltonus<br />
des Patienten aufgefallen. Da ein erhöhter<br />
Muskeltonus allerdings auch nur einen dezenten<br />
Hinweis darstellt, der auch oft ohne<br />
Parkinsonerkrankung in der Bevölkerung<br />
vorkommt, testest Du den Tonus noch klinisch<br />
(s. u.). Du findest keinen erhöhten Tonus<br />
im Form eines Rigors, der sich oft als<br />
typisches Zahnradphänomen darstellt.<br />
Rigor<br />
Generalisierter Hypertonus (nicht nur<br />
bei Antischwerkraftmuskeln, wie bei<br />
einer Spastik). Ein Rigor entsteht durch<br />
eine verminderte Dekontraktionsfähigkeit<br />
der Antagonisten bei einer<br />
durchgeführten Bewegung. Dabei kann<br />
ein ruckartiges Nachlassen der Antagonisten<br />
(»Zahnradphänomen«) oder ein gleichbleibender<br />
Widerstand während der<br />
gesamten Bewegung (gleichbleibend<br />
erhöhter Tonus, »Bleirohrphänomen«)<br />
auftreten. Bei Tests ist der Rigor in allen<br />
Bewegungsrichtungen vorhanden.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 9
TITELTHEMA<br />
Klinische Tests<br />
gungen aus dem spastischen Muster heraus.<br />
Der Widerstand wird gegen Ende<br />
der Bewegung häufig stärker. In Richtung<br />
des spastischen Musters lässt sich ohne<br />
Widerstand bewegen, aber der Patient ist<br />
nicht in der Lage, die vom Therapeuten<br />
durchgeführte Bewegung zu stoppen.<br />
2. Palpation<br />
Palpation allein reicht als Test nicht aus, da<br />
eine sichere Unterscheidung zwischen Spastik,<br />
Rigor und Verspannungen dadurch nicht<br />
möglich ist.<br />
3. Testung der Reflexe<br />
4. Testung auf Kloni<br />
Um sich auch noch ein Bild der oberen Extremität<br />
machen zu können, testest Du als<br />
nächstes mit der typischen Pro- und Supinationsbewegung,<br />
ob eine Dysdiadochokinese<br />
1. Bewegen des Patienten durch<br />
den Therapeuten<br />
• Wichtig: Der Therapeut darf nicht ansagen,<br />
dass der Patient »lockerlassen« soll.<br />
• Normal: Der Patient nimmt die Eigenschwere<br />
der bewegten Körperregion ab,<br />
spannt aber gegen keine der möglichen<br />
Bewegungsrichtung an.<br />
• Hypoton/schlaff: Die Schwerkraft wird<br />
vom Patienten nicht oder nur wenig abgefangen.<br />
Die Gelenke sind nicht oder nur<br />
wenig gesichert. Der Patient hat nur eine<br />
mangelnde Kontrolle über die Bewegung.<br />
• Hyperton: Der Patient spannt gegen die<br />
passive Bewegung an. Bei einem Rigor<br />
(Parkinson) erfolgt die Anspannung gegen<br />
alle Bewegungsrichtungen, bei einer<br />
Spastik (Hemiparese, Multiple Sklerose,<br />
Querschnittlähmung) nur gegen Bewevorliegt.<br />
Aber auch dieser Test ist bei Herrn<br />
P. nicht auffällig.<br />
Dysdiadochokinese<br />
Fehlerhafte Zusammenarbeit von Agonisten<br />
und Antagonisten (z. B. beim Eindrehen<br />
einer Glühbirne).<br />
Nun kommt auch Frau P. hinzu. Sie fragt<br />
direkt nach, ob Herr P. Dir auch von seiner<br />
leichten Inkontinenz berichtet hat, die in der<br />
letzten Zeit aufgetreten ist. Als Herr P., dem<br />
diese Thematik sichtlich unangenehm ist,<br />
zur Toilette geht, berichtet Frau P. noch über<br />
einige Situationen, in denen ihr aufgefallen<br />
ist, dass Herr P. manchmal sehr vergesslich<br />
sei, aber darauf auch sehr empfindlich<br />
reagiere. Da Dir diese Informationen nicht<br />
eindeutig erscheinen, rätst Du Herrn und<br />
Frau P. dringend eine zweite Meinung einzuholen.<br />
DIFFERENTIALDIAGNOSTIKTIK<br />
Leitlinie Parkinson Syndroms<br />
Als Du wieder zu Hause bist, fängst Du an<br />
zu recherchieren. In der S3 Leitlinie des idiopathischen<br />
Parkinson Syndroms der Deutschen<br />
Gesellschaft für Neurologie findest<br />
du eine aufschlussreiche Tabelle, in der die<br />
Diagnosekriterien für die Parkinson Krankheit<br />
dargestellt werden:<br />
Diagnosekriterien für die Parkinson-Krankheit<br />
(modifiziert nach DGN et al. <strong>2016</strong>):<br />
1. Diagnose eines Parkinson Syndroms<br />
durch Feststellung von<br />
Akinese/Bradykinese:<br />
Verlangsamung bei der Durchführung willkürlicher<br />
Bewegungen, Abnahme der<br />
Amplitude bei repititiven Bewegungen in<br />
Kombination mit mindestens einem der<br />
folgenden Symptome:<br />
• Rigor<br />
• Ruhetremor<br />
• Posturale Instabilität, die nicht durch visuelle,<br />
vestibuläre, zerebelläre oder propriozeptive<br />
Störungen verursacht wird<br />
2. Vorhandensein unterstützender<br />
Kriterien<br />
• Einseitiger Beginn und Asymmetrien im<br />
Krankheitsverlauf<br />
• Ruhetremor<br />
• Positives Ansprechen auf L-Dopa<br />
• Auftreten von L-Dopa induzierten choreatischen<br />
Dyskinesien<br />
3. Fehlen von Ausschlusskriterien<br />
für die klinische Diagnose einer<br />
Parkinson-Krankheit<br />
• Behandlung mit Neuroleptika oder Exposition<br />
gegenüber anderen Medis bzw. Toxinen,<br />
die unter Verdacht stehen, Parkinson<br />
auszulösen (zum oder um den Zeitpunkt<br />
des Beginns der Symptomatik)<br />
• Strukturelle Veränderungen der Basalganglien<br />
nachgewiesen<br />
• Rezidivierende ischämische Insulte assoziiert<br />
mit Verschlechterung der Symptome<br />
• Wiederkehrende SHT in der Vorgeschichte<br />
• Enephalitis in der Vorgeschichte<br />
• Remissionen über längere Zeiträume<br />
4. Warn-Symptome, die auf ein<br />
atypisches Parkinson Syndrom<br />
hinweisen könnten sein:<br />
• Nichtansprechen auf hohe Dosen L-Dopa<br />
(1000 mg/Tag)<br />
• Frühzeitig auftretende Störungen des<br />
vegetativen NS: Synkopen, Impotenz, Urininkontinenz<br />
• Zerebelläre Zeichen<br />
• Positives Babinski Zeichen<br />
• Antecollis<br />
• Supranukleäre vertikale Blickparese<br />
• Frühe Stürze und posturale Instabilität<br />
• Apraxie<br />
• Im ersten Jahr auftretende Demenz<br />
• Im ersten Jahr auftretende fluktuierende<br />
visuelle Halluzinationen<br />
Tatsächlich spricht einiges eher für ein atypisches<br />
Parkinson Syndrom, wie z.B. das<br />
Nichtansprechen auf L-Dopa, oder die frühe<br />
Inkontinenz und Demenz. Auch die relativ<br />
früh auftretenden Stürze bzw. die posturale<br />
Instabilität sind Faktoren, die noch zusätzlich<br />
zu den schon oben genannten fehlenden<br />
Symptomen auffällig erscheinen.<br />
10 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Hydrocephalus<br />
Nach einigen Wochen möchten Herr und<br />
Frau P. sich erneut mit Dir treffen, inzwischen<br />
haben sie eine zweite Meinung eingeholt<br />
und wollen das Ergebnis mit Dir besprechen.<br />
Als Du zu Herrn und Frau P. kommst,<br />
fällt Dir sofort der stark verbesserte Gang<br />
von Herrn P auf, er ist nicht mehr so breitbasig,<br />
kleinschrittig, langsam und unsicher.<br />
Herr P. bedankt sich überschwänglich bei Dir<br />
für die Empfehlung, eine zweite Meinung<br />
einzuholen. So wurde nun ein Normaldruck<br />
Hydrocephalus diagnostiziert. Hierzu recherchierst<br />
du später die wesentlichen Fakten.<br />
Definition Normaldruck<br />
Hydrocephalus<br />
Ein Normaldruck Hydrocephalus tritt im<br />
Erwachsenenalter auf. Kennzeichnend ist,<br />
dass der intrakranielle Druck normal oder<br />
gering erhöht ist. Die Ventrikel sind allerdings<br />
erweitert und es liegt keine erhebliche<br />
kortikale Atrophie vor. Innerhalb des Ventrikelsystems<br />
sind keine Liquorzirkulations-<br />
störungen vorhanden. Kardinalsymptome<br />
sind Gangstörung, Demenz und Inkontinenz<br />
(Kiefer et al. 2012).<br />
Einteilung<br />
Es werden dabei zwei Formen des Normaldruck<br />
Hydrocephalus unterschieden:<br />
Zum einen der primäre (idiopathische)<br />
Normaldruck Hydrozephalus (dieser kommt<br />
v. a. bei älteren Menschen vor) oder der sekundäre<br />
Normaldruck Hydrocephalus, welcher<br />
keinen Altersgipfel aufweist. Die Ursache<br />
für einen Normaldruck Hydrocephalus<br />
können eine Subachachnoidalblutung,<br />
Meningitiden oder ein Schädelhirntrauma<br />
sein. Interessant ist, dass bei 80 % der an<br />
einem Normaldruck Hydrocephalus erkrankten<br />
Patienten das Krankheitsbild nicht diagnostiziert<br />
und somit auch nicht erkannt wird.<br />
Dies ist insofern fatal, dass eine frühzeitig<br />
einsetzende Behandlung die Symptome zu<br />
einem großen Prozentteil reduzieren kann<br />
(Kiefer et al. 2012).<br />
TITELTHEMA<br />
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Symptome<br />
In der folgenden Tabelle werden ausgewählte Symptome beider Krankheitsbilder (Parkinson<br />
vs. Normaldruck Hydocephalus) gegenüber gestellt, damit deutlich wird, inwieweit sie sich<br />
ähneln bzw. wo es Unterschiede gibt.<br />
Idiopathisches Parkinson Syndrom<br />
Kardinalsymptome: Rigor, Tremor,<br />
Bradykines/Akinese, Posturale Instabilität<br />
Demenz eher im fortgeschrittenem Stadium<br />
Gang: Schmalbasig, kleinschrittig, langsam,<br />
am Boden haftend und trippelnd, Start- und<br />
Stoppschwierigkeiten, Körperschwerpunkt<br />
liegt ventral, fehlendes Armpendel<br />
Gangunsicherheiten, Gleichgewichtsstörungen<br />
Normaldruck Hydrocephalus<br />
Kardinalsymptome (Hakim Trias):<br />
Gangstörung, (Drang)Inkontinenz, Demenz<br />
Demenz im frühen Stadium<br />
Gang: Breitbasig, langsam, kleinschrittig,<br />
am Boden haftend und trippelnd, verkürzte<br />
Schrittlänge und erhöhte Schrittzahl (Wolfsegger<br />
et al. 2011), Start und Stoppschwierigkeiten,<br />
Körperschwerpunkt liegt ventral<br />
Gangunsicherheiten, Gleichgewichtsstörungen<br />
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Schwierigkeiten beim Aufstehen und Hinsetzen<br />
und Drehen um die eigene Achse<br />
Freezing<br />
Freezing<br />
Arme beim Gehen in leichter Abduktion<br />
(Wolfsegger et al. 2011)<br />
Bradykinese i.d.R. komplett, d.h. obere,<br />
untere Extremität und Rumpf<br />
Ruhetremor<br />
Arme beim Gang in vermehrter Abduktion<br />
(Wolfsegger et al. 2011)<br />
Bradykinese v.a. der unteren Extremität (da die<br />
Ventrikelnahen Bereiche der Pyramidenaxone<br />
für die untere Extremität zuständig sind)<br />
Kein Ruhetremor<br />
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SGN 2.A31.1<br />
Weiter geht es auf der nächsten Seite<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 11
TITELTHEMA<br />
Diagnose und Therapie<br />
Auf die Frage nach den durchgeführten Untersuchungen<br />
antwortet Herr P., dass bei einem<br />
bildgebenden Verfahren des Schädels<br />
nur dezent erweiterte Ventrikel dargestellt<br />
wurden. Zusätzlich wurde ein sogenannter<br />
Spinal Tap Test durchgeführt. Dabei wird im<br />
Rahmen einer Lumbalpunktion Liquor abgelassen<br />
und sowohl vor als auch nach der<br />
Lumbalpunktion ein 10 m Gehtest durchgeführt.<br />
Bei diesem Test zeigten sich nach der<br />
Liquorentlastung deutliche Verbesserungen.<br />
Daher kann die Diagnose eines Normaldruck<br />
Hydrocephalus als gesichert angenommen<br />
werden. Nach Kiefer et al. (2012) sollten<br />
sich die Symptome, wie z. B. die Anzahl der<br />
Schritte und die gebrauchte Zeit, dabei um<br />
mindestens 20–30 % verbessert haben.<br />
Ähnlich verläuft dann auch die Therapie.<br />
War der Spinal Tap Test erfolgreich, kann als<br />
Therapie die Implantation eines Ventrikuloperitonealen<br />
Shunts erfolgen. Hierdurch<br />
wird der überschüssige Liquor über ein Ventil<br />
in den Bauchraum abgeleitet.<br />
Sind die Symptome noch nicht zu weit fortgeschritten,<br />
kann es bei 70–90 % der operierten<br />
Patienten zu anhaltenden klinischen<br />
Verbesserungen kommen (Kiefer et al. 2012)<br />
Dies wurde in Nachbeobachtungszeiträumen<br />
zwischen einem und sieben Jahren<br />
evaluiert.<br />
In der S1 Leitlinie Normaldruck Hydrocephalus<br />
der deutschen Gesellschaft für<br />
Neurologie werden folgende Prädiktoren für<br />
ein positives Ergebnis nach Shunt Operation<br />
beschrieben (DGN 2012):<br />
• »Die Gangstörung steht im Vordergrund<br />
der Symptome.«<br />
• »Die Gangstörung hat sich vor den kognitiven<br />
Defiziten entwickelt.«<br />
• »Die kognitiven Defizite bestehen noch<br />
nicht lange.«<br />
• »Im cCt hat sich noch keine kortikale Atrophie<br />
gezeigt.«<br />
• »Nur eine leichtgradige Erweiterung der<br />
Ventrikel ist vorhanden.«<br />
• »Es liegen keine Anzeichen einer subkortikalen<br />
vaskulären Enzephalopathie vor.«<br />
Herr und Frau P. sind sehr erfreut über den<br />
positiven Verlauf, den die Symptome nun<br />
genommen haben. Herr P. kann wieder in<br />
seinem sozialen Umfeld aktiv sein und ist<br />
sehr erleichtert. Er betont nochmal, dass er<br />
den Anstoß zum Einholen einer Zweitmeinung<br />
als sehr hilfreich empfunden hat und<br />
froh darüber ist, dass er sich mit der richtigen<br />
Diagnose und der damit hilfreichen<br />
Therapie wieder wohl in seiner Haut fühlt.<br />
Literatur<br />
DGN (2012): Normaldruckhydrozephalus. Entwicklungsstufe:<br />
S1. Zugriff am 22.10.<strong>2016</strong>: http://www.<br />
awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-063l_S1_Normaldruckhydrozephalus_2012_1.pdf<br />
DGN et al. (<strong>2016</strong>): Leitlinie Parkinson: Idiopathisches<br />
Parkinson Syndrom Entwicklungsstufe: S3. Zugriff am<br />
22.10.<strong>2016</strong>: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-010k_S3_Parkinson_Syndrome_Idiopathisch_<strong>2016</strong>-06.pdf<br />
Kiefer M., Unterberg A. (2012): The differential<br />
diagnosis and treatment of normal-pressure hydrocephalus.<br />
Dtsch Arztebl Int 109(1–2): 15–26.<br />
Wolfsegger T., Rotaru I., Topakian R., Aichner F. T.,<br />
Schwameder H. (2011): A Comparative Biomechanical<br />
Gait Analysis of Idiopathic Parkinson’s Disease and<br />
Normal Pressure Hydrocephalus. Akt Neurol 38(06):<br />
292–297.<br />
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12 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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TITELTHEMA<br />
WORKSHOP<br />
PARKINSON<br />
SYNDROM<br />
Physiotherapeutische Behandlung bei Morbus Parkinson:<br />
Aktuelle Therapieempfehlungen<br />
Text: Sarah Klamroth<br />
Morbus Parkinson ist eine fortschreitende<br />
neurologische Erkrankung, bei der<br />
bestimmte Zellbereiche im Gehirn nach und<br />
nach absterben. Dies betrifft vor allem die<br />
Nervenzellen, welche für die Steuerung von<br />
Bewegungsabläufen zuständig sind. Daraus<br />
ergeben sich auch die vier Hauptsymptome<br />
der Parkinsonerkrankung: Bewegungsarmut<br />
(Bradikinese), Muskelzittern (Tremor), Muskelstarre<br />
(Rigor) und Gang- und Gleichgewichtsstörungen<br />
(Posturale Instabilität). Die<br />
Beschwerden der Patienten sind zwar sehr<br />
vielfältig (u. a. Sprach-/Schluckstörungen,<br />
Kreislaufstörungen, Magen-Darm-Störungen,<br />
psychische Störungen), jedoch stehen<br />
die motorischen Störungen im Vordergrund<br />
und sind damit auch im Fokus der <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Behandlung.<br />
Wirksamkeit und<br />
Empfehlung<br />
Die Physiotherapie verfügt bekanntermaßen<br />
über eine sehr breite Palette an Maßnahmen<br />
und Techniken. Da Parkinsonpatienten<br />
eine große Symptomvielfalt mit sich<br />
bringen, werden bei diesem Krankheitsbild<br />
auch viele verschiedene <strong>physio</strong>therapeutische<br />
Maßnahmen angewendet. Leider<br />
gibt es keine umfassende Untersuchung,<br />
die aufzeigt, welche Maßnahmen Physiotherapeuten<br />
in Deutschland tatsächlich in<br />
der täglichen Praxis zur Behandlung von<br />
Parkinsonpatienten anwenden. Allerdings<br />
gibt es zahlreiche Studien, die sich mit der<br />
Wirksamkeit der einzelnen Behandlungstechniken<br />
bei Morbus Parkinson beschäftigen.<br />
Tomlinson und seine Kollegen (2012)<br />
haben zu diesem Thema eine sehr gute<br />
Übersichtsarbeit angefertigt, bei der die Ergebnisse<br />
von 39 Studien zusammengefasst<br />
wurden. Das Fazit für die Physiotherapie fällt<br />
insgesamt positiv aus, denn die Übersichtsarbeit<br />
zeigt, dass sich Gehfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit,<br />
Mobilität, der Grad der<br />
Behinderung und Aktivitäten des täglichen<br />
Lebens nach <strong>physio</strong>therapeutischer Behandlung<br />
bei Parkinsonpatienten verbesserten.<br />
Die angewandten Maßnahmen reichten dabei<br />
von klassischen <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Techniken (u. a. Krankengymnastik mit und<br />
ohne Gerät, Manualtherapie, PNF) bis hin<br />
zu körperlichem Training, Laufbandtraining,<br />
»Cueing« (Training mit Hilfe akustischer/<br />
visueller/taktiler Trigger) und Tanz. Interessanterweise<br />
war aber keine der Techniken<br />
hinsichtlich des Therapieeffektes überlegen,<br />
so dass die Autoren keine Empfehlung abgeben<br />
konnten, welche Maßnahmen am<br />
besten wirken. Alles in allem haben alle untersuchten<br />
Behandlungstechniken ähnlich<br />
positive Effekte, und keine Behandlungstechnik<br />
war deutlich wirksamer als die anderen.<br />
Auch die aktuelle S3-Leitlinie (Deutsche<br />
Gesellschaft für Neurologie <strong>2016</strong>) zur Diagnostik<br />
und Therapie von Morbus Parkinson<br />
spricht sich, basierend auf den aktuellen<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen, klar für<br />
<strong>physio</strong>therapeutische Maßnahmen aus. Inhalte<br />
der Behandlung sollten demnach vor<br />
allem Gang- und Gleichgewichtstraining,<br />
Kraft- und Dehnübungen, aerobes Training,<br />
Mobilitätstraining und Sturzprävention sein.<br />
Auch hier können keine klaren Empfehlungen<br />
abgegeben werden, welche Technik die<br />
effektivste ist. Vielmehr weisen die Autoren<br />
darauf hin, dass der Therapeut aus dem<br />
breiten Spektrum an Methoden diejenigen<br />
auswählt, die den Bedürfnissen des Patienten<br />
gerecht werden. Zur Veranschaulichung<br />
zwei Beispiele aus der Praxis: Hat ein Patient<br />
primär Probleme mit der Bewegungsinitiierung<br />
(»Freezing«) so kann beispielsweise<br />
»Cueing« mit Hilfe akustischer Signale sehr<br />
hilfreich sein. Berichtet ein Patient aber beispielsweise,<br />
dass er im Alltag auch starke<br />
konditionelle Probleme hat, so sollte auch<br />
ein aerobes Training durchgeführt werden,<br />
welches idealerweise auch noch funktionsorientiert<br />
ist (z. B. Laufbandtraining, Nordic<br />
Walking).<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 13
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Tai Chi kann die Gleichgewichtsfähigkeit stärken.<br />
Posturale Instabilität<br />
Da die posturale Instabilität der Parkinsonpatienten<br />
das Sturzrisiko erhöht, sollte bei<br />
der <strong>physio</strong>therapeutischen Behandlung ein<br />
besonderes Augenmerk auf der Verbesserung<br />
der Geh- und Gleichgewichtsfähigkeit<br />
liegen. Hinzu kommt, dass die gängigen<br />
Parkinsonmedikamente (L-Dopa) und ein<br />
operativer Eingriff (tiefe Hirnstimulation) die<br />
Gleichgewichtsfähigkeit kaum verbessern<br />
können. Im Gegenteil, die Langzeitbehandlung<br />
mit Dopamin verschlechtert sogar oftmals<br />
die posturale Stabilität der Patienten<br />
(Poewe 2009). Auch hier gibt es einige aktuelle<br />
Literaturübersichtsarbeiten, die zeigen,<br />
dass spezifisches Gleichgewichts- und<br />
Sturztraining (Allen et al. 2011, Klamroth et<br />
al. <strong>2016</strong>a, Canning et al. 2014), aber auch<br />
Tai Chi (Yang et al. 2014) und Tanz (Sharp<br />
und Hewitt 2014) die posturale Stabilität von<br />
Parkinsonpatienten verbessern. Es scheint<br />
demnach nicht die »eine« Technik zu geben,<br />
die die Gleichgewichts- und Gehfähigkeit<br />
bei Parkinson verbessert. Vielmehr sollte<br />
das Training einen hohen Schwierigkeitsgrad<br />
aufweisen und gezielt einzelne Komponenten<br />
des Gleichgewichts (statisches/dynamisches/reaktives<br />
Gleichgewicht) ansprechen.<br />
Am effektivsten gelingt das mit Methoden<br />
wie Tai Chi, Tanz und klassischen Gleichgewichtsübungen<br />
(Klamroth et al. <strong>2016</strong>a). Behandlungsmaßnahmen<br />
wie Aerobic Training,<br />
Kraftübungen oder Radfahren sind eher unterstützend<br />
anzuwenden und haben keinen<br />
direkten Effekt auf die posturale Stabilität.<br />
Heimübungsprogramme mit gemischten<br />
Übungen sind aufgrund ihrer geringen Spezifität<br />
zur Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit<br />
nicht empfehlenswert. Es wird<br />
vielmehr empfohlen, Gleichgewichtstraining<br />
mit einem hohen Schwierigkeitsgrad mit<br />
Hilfe therapeutischer Anleitung durchzuführen<br />
(Canning et al. 2014).<br />
Neue Therapieverfahren<br />
Basierend auf diesen aktuellen Erkenntnissen<br />
werden immer neue Therapieverfahren<br />
entwickelt, welche ein optimales Training<br />
der Geh- und Gleichgewichtsfähigkeit ermöglichen<br />
sollen. Diese neuen Interventionen<br />
kombinieren häufig ein Gangtraining<br />
mit zusätzlichen Anforderungen an das<br />
Gleichgewichtssystem. Da die Wirksamkeit<br />
und Umsetzbarkeit des Laufbandtrainings<br />
bei Parkinsonpatienten bereits sehr gut<br />
untersucht ist (Mehrholz et al. 2010), findet<br />
das Gangtraining meist auf dem Laufband<br />
statt. Zusätzlich müssen die Patienten<br />
Hindernisse in einer virtuellen Realität<br />
überwinden (Leinwand vor Laufband oder<br />
Hindernisse mittels Lichtstrahlen direkt auf<br />
die Laufbahn projiziert) (Hak et al. 2013),<br />
plötzliche Geschwindigkeitsänderungen des<br />
Laufbandes ausgleichen (provozieren von<br />
stolpern/stürzen) (Lurie et al. 2013) oder sich<br />
an kleine 3-dimensionale Auslenkungen der<br />
Lauffläche anpassen (simulieren des Gehens<br />
auf unebenem Untergrund) (Klamroth et al.<br />
<strong>2016</strong>b). Diese Therapieverfahren sind in der<br />
Fotolia © ASK-Fotografie<br />
14 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Umsetzung häufig sehr aufwendig und daher<br />
weniger für einzelne Physiotherpieeinrichtungen<br />
geeignet. Sie haben primär einen<br />
experimentellen Charakter und dienen<br />
dem besseren Verständnis von motorischem<br />
Lernen und damit der Optimierung <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Behandlungstechniken.<br />
Trotz der gut belegten Wirksamkeit <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Behandlungstechniken<br />
bleiben noch einige offene Fragen, die zukünftig<br />
mit Hilfe qualitativ hochwertiger<br />
Studien beantwortet werden müssen. So<br />
wurden beispielsweise die positiven Effekte<br />
nach <strong>physio</strong>therapeutischer Behandlung nur<br />
über einen kurzen Zeitraum von wenigen<br />
Wochen (manchmal Monaten) beobachtet.<br />
Demnach bleibt offen, welche langfristigen<br />
Auswirkungen ein Training auf den Verlauf<br />
der Parkinsonerkrankung nimmt. Die<br />
S3-Leitlinie (Deutsche Gesellschaft für Neurologie<br />
<strong>2016</strong>) empfiehlt die Durchführung<br />
<strong>physio</strong>therapeutischer Behandlungen über<br />
den gesamten Krankheitsverlauf und diese<br />
bereits im frühen Stadium der Erkrankung zu<br />
beginnen. Jedoch ist bislang unklar, für welches<br />
Krankheitsstadium welche Maßnahme<br />
und vor allem mit welcher Dosis (Intensität,<br />
Häufigkeit, Dauer) zu empfehlen ist. Darüber<br />
hinaus sind viele Techniken für die Einzeltherapie<br />
von Patienten ausgelegt. Jedoch<br />
gibt es viele Trainingsformen, die auch in der<br />
Gruppentherapie umgesetzt werden können,<br />
welche viele andere positive Begleiteffekte<br />
(soziale Kontakte, Austausch mit<br />
anderen Patienten, gegenseitiges Lernen)<br />
mit sich bringt. Interessant ist daher auch<br />
die Frage ob eine Eins-zu-Eins Therapie oder<br />
eine Gruppentherapie zu bevorzugen ist.<br />
Fazit für die Praxis<br />
• Physiotherapeuten steht ein breites Spektrum<br />
an wirksamen Maßnahmen zur<br />
Behandlung von Morbus Parkinson zur<br />
Verfügung (z. B. Krankengymnastik, körperliches<br />
Training, gerätegestütztes Training,<br />
Tanz, Tai Chi)<br />
• Bislang gibt es keinen Beleg dafür, dass eine<br />
bestimmte Behandlungstechnik wirksamer<br />
ist als andere. Vielmehr sollte der Therapeut<br />
entsprechend den Bedürfnissen/<br />
Beschwerden des Patienten eine individuelle<br />
Kombination verschiedener Maßnahmen<br />
zusammenstellen<br />
• Aufgrund des erhöhten Sturzrisikos von<br />
Parkinsonpatienten sollte ein besonderer<br />
Fokus auf der Verbesserung der Gleichgewichts-<br />
und Gehfähigkeit (posturale Stabilität)<br />
liegen<br />
• Übungen, die gezielt einzelne Komponenten<br />
des Gleichgewichtssystems ansprechen<br />
(statisch, dynamisch, reaktiv)<br />
und einen hohen Schwierigkeitsgrad besitzen,<br />
wirken sich besonders positiv auf<br />
die posturale Stabilität aus (z. B. klassische<br />
Gleichgewichtsübungen, Tanz, Tai Chi)<br />
• Gleichgewichtstraining und Sturzprävention<br />
sollte nur unter therapeutischer Anleitung<br />
und Aufsicht stattfinden<br />
• Neuere Therapieverfahren fokussieren sich<br />
vor allem auf eine Kombination von Gangund<br />
Gleichgewichtstraining (verschiedene<br />
Formen von Laufbandtraining)<br />
• Viele Techniken lassen sich auch gut in<br />
Form einer Kleingruppe von Patienten umsetzen,<br />
was viele positive Nebeneffekte<br />
hat und vor allem für Abwechslung in der<br />
(Langzeit-)Therapie sorgt<br />
Literatur<br />
Allen N.E., Sherrington C., Paul S.S., Canning C.G. (2011): Balance and falls in Parkinson’s disease: a meta-analysis of<br />
the effect of exercise and motor training. Mov Disord. 26: 1605–1615.<br />
Canning C.G., Paul S.S., Nieuwboer A. (2014): Prevention of falls in Parkinson’s disease: a review of fall risk factors and<br />
the role of physical interventions.Neurodegener Dis Manag. 4: 203–221.<br />
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) (<strong>2016</strong>): S3-Leitlinie Idiopathisches Parkinson-Syndrom.<br />
Hak L., Houdijk H., Steenbrink F., Mert A., van der Wurff P.J., Beek P., et al. (2013): Stepping strategies for regulating<br />
gait adaptability and stability. J. Biomech. 46 (5): 905–911.<br />
Klamroth S., Steib S., Devan S., Pfeifer K.(<strong>2016</strong>a): Effects of Exercise Therapy on Postural Instability in Parkinson Disease:<br />
A Meta-analysis. J Neurol Phys Ther. 40(1): 3–14.<br />
Klamroth S., Steib S., Gaßner H., Goßler J., Winkler J., Eskofier B., Klucken J., Pfeifer K. (<strong>2016</strong>b): Immediate effects of<br />
perturbation treadmill training on gait and postural control in patients with Parkinson's disease. GaiPos. 50: 102–108.<br />
Lurie J.D., Zagaria A.B., Pidgeon D.M., Forman J.L., Spratt K.F. (2013): Pilot comparative effectiveness study of surface<br />
perturbation treadmill training to prevent falls in older adults. BMC Geriatr. 13: 49.<br />
Mehrholz J., Friis R., Kugler J., Twork S., Storch A., Pohl M. (2010): Treadmill training for patients with Parkinson’s<br />
disease. Cochrane Database Syst. Rev. 1.<br />
Poewe W. (2009): Clinical measures of progression in Parkinson’s disease. MovDisord. 24(Suppl 2): 671–676.<br />
Sharp K., Hewitt J. Dance as an intervention for people with Parkinson’s disease: a systematic review and meta-analysis.<br />
Neurosci Biobehav Rev. 2014;47:445–456.<br />
Tomlinson CL, Patel S, Meek C, et al. Physiotherapy versus placebo or no intervention in Parkinson’s disease. Cochrane<br />
Database Syst Rev.2012;7:CD002817.<br />
Yang Y, Li X., Gong L., Zhu Y., Hao Y. (2014): Tai Chi for improvement of motor function, balance and gait in Parkinson’s<br />
disease: a systematic review and meta-analysis. PLoS One. 9(7): e102942.<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 15
VORGESTELLT<br />
In dieser Rubrik stellen wir Euch interessante Menschen vor, die vor einigen Jahren,<br />
genauso wie Ihr jetzt, ihre Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht haben<br />
oder die in ihrer Arbeit viel mit Physiotherapeuten zu tun haben. Außerdem berichten<br />
für Euch Physioschüler und -studenten von ihrer Schule oder Hochschule.<br />
Auch Ihr könnt Eure Ausbildungsstelle ins Rampenlicht rücken, wenn Ihr glaubt,<br />
dass von Eurer Schule oder Hochschule jeder mal gehört haben sollte! Da wir<br />
immer mit vielen Disziplinen zusammenarbeiten, darf natürlich bei »Vorgestellt«<br />
auch der Einblick in andere Berufsgruppen nicht fehlen! Freut Euch also auf interessante<br />
Menschen der Physiotherapie, interdisziplinäre Einblicke und die bunte<br />
Welt der Physioschulen und Hochschulen.<br />
Steckbrief<br />
Claudia<br />
Barthel M.Sc.<br />
INTERVIEWS | LEUTE<br />
CLAUDIA BARTHEL<br />
Text: Noëmi Hagemann<br />
Physiotherapeutin<br />
Bachelorstudium<br />
Physiotherapie an der<br />
HAWK Hildesheim<br />
Masterstudium Rehabilitationswissenschaften<br />
und Physiotherapie an<br />
der KU Leuven (Belgien)<br />
Aktuell Promotion an<br />
der Radboud Universität<br />
Nijmegen (Niederlande)<br />
l Nachdem Sie einige Zeit an der Uniklinik in Marburg gearbeitet haben, haben Sie<br />
sich noch einmal für ein Masterstudium an der KU Leuven, Belgien, entschieden.<br />
Wie kam das?<br />
l An der Uniklinik war ich immer ganz nah an Forschungsprojekten von Ärzten, allerdings<br />
gab es keine Forschung in unserer Physiotherapieabteilung. Das fand ich schade.<br />
Ich wusste, dass es in anderen Ländern üblich ist, neben der klinischen Arbeit auch zu<br />
forschen, so zum Beispiel in Belgien oder den Niederlanden. Ich wollte vom Beispiel<br />
der anderen Länder lernen, um dieses Wissen dann nach Deutschland zu bringen. Am<br />
Master in Leuven hat mich auch gereizt, dass es möglich ist, eine Spezialisierung zu<br />
wählen, in meinem Fall Neurologie.<br />
l Ihr Spezialthema ist die Neurologie und dort insbesondere die Erkrankung<br />
Morbus Parkinson. Was treibt Sie in der Arbeit mit Menschen mit Morbus Parkinson<br />
besonders an?<br />
l Morbus Parkinson ist eine chronische Erkrankung, deren Ursache nicht bekannt ist und<br />
für die es bisher auch noch keine Heilung gibt. Bisher werden nur die Symptome der<br />
Krankheit behandelt. Gerade im Bereich Rehabilitation sind die Personen mit Parkinson<br />
unheimlich dankbar, wenn es neue Behandlungsmöglichkeiten gibt, um den Alltag zu<br />
erleichtern und wieder besser am Leben teilzuhaben. Durch unsere Forschung ermöglichen<br />
wir es den Erkrankten, wieder mehr Lebensqualität zurück zu gewinnen und ihr<br />
Leben selber in die Hände zu nehmen.<br />
l Nach Ihrem Masterabschluss an der KU Leuven haben Sie eine Promotion<br />
begonnen. Worum geht es in Ihrer Doktorarbeit?<br />
l<br />
l Der Schwerpunkt meiner Doktorarbeit liegt in der Erforschung des Symptoms »Freezing<br />
of Gait« (FOG) bei Morbus Parkinson, insbesondere die Ursache, die Behandlung und<br />
die Provokation von FOG. FOG ist ein Symptom, welches als eine der Hauptursachen<br />
für Gangprobleme gilt. FOG wird beschrieben als ein Gefühl, dass die Füße am Boden<br />
festkleben. Dies kann einige Sekunden, aber auch Minuten andauern. Während meiner<br />
Promotion war ich an vielen Studien beteiligt: zum Beispiel an einer Studie mit einem<br />
16 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Laufrad für Erwachsene, bei der wir gezeigt haben, dass Patienten mit FOG, welche<br />
das Laufrad benutzen, weniger oder sogar kein FOG mehr haben als Patienten ohne<br />
Laufrad. So ein Laufrad könnte in Zukunft Menschen helfen, wieder am Alltag teilzuhaben<br />
und selbstständig und selbstbestimmt zu leben. Eine andere Studie beschäftigt<br />
sich mit dem visuellen »Cueing« mit einem Laserschuh, um FOG zu verhindern oder zu<br />
vermeiden. Im Ganglabor unter kontrollierten Bedingungen konnten wir die Wirksamkeit<br />
des Schuhs schon beweisen, nun ist abzuwarten, ob wir dies auch im Alltag zeigen<br />
können.<br />
Heller-Skripte<br />
zur Prüfungsvorbereitung<br />
l Welchen Nutzen stellen Ihre Ergebnisse für die Praxis und Forschung dar?<br />
l Ein Teil meiner Forschungsergebnisse kann direkt in die Praxis umgesetzt werden, was<br />
auch mit dem Laufrad bei uns in der Uniklinik in Nijmegen (Niederlande) schon passiert<br />
ist. Wir sind sehr daran interessiert, dass die Forschungsergebnisse auch in der Praxis<br />
Anwendung finden und veröffentlichen unsere Ergebnisse in Fachzeitschriften und auf<br />
Konferenzen, wie zum Beispiel dem Weltkongress für Physiotherapie. Unsere Ergebnisse<br />
sind auch sehr relevant für die Forschung, da sich aus unseren Erkenntnissen oft neue<br />
Fragen ergeben, welche es zu beantworten gilt.<br />
l Was sind aktuell beim ›Freezing of Gait‹ die ›heißen‹ Forschungsfragen?<br />
l Freezing of Gait ist ein viel diskutiertes Thema unter Forschern. Wichtige Fragen sind<br />
unter anderem: Wer bekommt Freezing und wann? Gibt es Faktoren, die Freezing begünstigen?<br />
Welcher Mechanismus im Gehirn ist für das Freezing verantwortlich?<br />
Ein anderes wichtiges Thema ist die Einteilung von Freezing: Welche Formen und Arten<br />
von Freezing gibt es und welche Behandlungsmethoden sind für welche Art von Freezing<br />
anzuwenden?<br />
l Einen Großteil Ihrer Arbeit haben Sie nun in Belgien und den Niederlanden<br />
verbracht – welche Unterschiede in der Ausbildung und der Arbeit haben Sie<br />
im Vergleich zu Deutschland wahrgenommen?<br />
l Ein ganz wesentlicher Unterschied für mich ist die Wertschätzung der Physiotherapie in<br />
der Gesellschaft und auch vom medizinischen Personal. In Belgien und den Niederlanden<br />
gibt es weniger Hierarchien im Klinikalltag und es ist ganz normal, dass ein Physiotherapeut<br />
neben der klinischen Tätigkeit forscht und sich auch während der Arbeitszeit über<br />
neue Studienerkenntnisse fortbildet. Behandlungen werden oft anhand von aktuellen<br />
Leitlinien durchgeführt. Somit fließen immer aktuelle Forschungserkenntnisse in die tägliche<br />
Arbeit mit ein. Mein Eindruck ist auch, dass weniger passiv behandelt und mehr auf<br />
Eigeninitiative der Patienten gesetzt wird. Der Therapeut bestimmt zusammen mit dem<br />
Patienten die Behandlungsziele, Maßnahmen, Dauer und Frequenz der Behandlung. Es<br />
kann also vorkommen, dass ein Patient mit Übungen nach Hause geschickt wird und erst<br />
in 3 Wochen zur Kontrolle wieder einbestellt wird; alles abhängig von den jeweiligen<br />
Behandlungszielen.<br />
l Nachdem Sie Ihre Promotion abgeschlossen haben – wo soll es hingehen?<br />
Haben Sie bestimmte Zukunftspläne oder Projekte, in denen Sie arbeiten und<br />
sich engagieren wollen?<br />
l Nach meiner Promotion will ich nach Deutschland zurückkehren. Sehr gut kann ich mir<br />
vorstellen, weiterhin zu forschen. Gerade in Deutschland ist es wichtig, Präsenz zu zeigen<br />
und als Physiotherapeut im Bereich der Physiotherapie zu forschen.<br />
• Effektiv und<br />
zielgerichtet lernen<br />
• Mit Hinweisen und<br />
wertvollen Tipps zur<br />
Prüfungsvorbereitung<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 17
VORGESTELLT<br />
CYBATHLON <strong>2016</strong><br />
MENSCH UND MASCHINE IM WETTKAMPF<br />
VON HEUTE FÜR DEN ALLTAG VON MORGEN<br />
Beide Fotos © AlessandroDellaBella<br />
Text: Tim Bumb<br />
Die Idee<br />
Als ich Anfang des Jahres von einer Kollegin von einer Veranstaltung<br />
erfahren habe, ähnlich den internationalen Paralympics,<br />
welche Menschen mit Prothesen in einem sportlichen Wettkampf<br />
die Möglichkeit bieten soll, die eigenen körperlichen<br />
und aktuell technischen Grenzen unter Beweis zu stellen, klang<br />
dies für mich nach einem Event, das ich nicht verpassen wollte.<br />
Bevor man in der Swiss Arena, dem Veranstaltungsort und<br />
sonstigen Heimatstadion der Eishockeyprofis des EHC Kloten,<br />
eintraf, führte der Weg durch eine kleine Ausstellung zur Geschichte<br />
der Prothesen und Rollstühle. Ausgestellt waren einfache<br />
Modelle des neunzehnten Jahrhunderts aus Holz und<br />
Eisen, bis hin zum modernen batteriebetriebenen Exoskelett.<br />
Letztere ermöglichen als technische Meisterwerke schon jetzt<br />
Menschen mit inkompletter bzw. kompletter Lähmung der<br />
Beine nach Rückenmarksverletzungen, sich wieder in aufrechter<br />
Körperhaltung fortzubewegen. Vor Ort konnte das Modell<br />
ReWalk bestaunt werden, welches Gehbewegungen von bis<br />
zu 2,6 km/h ermöglichen soll. Initiiert werden diese durch eine<br />
elektronisch erfasste Verlagerung des Körperschwerpunktes.<br />
Das deutsche Team, welches den ReWalk nutze, sollte auch<br />
später den Sieg in seiner Kategorie davontragen.<br />
In dem gut besuchten Stadion wurde man als erstes durch<br />
eine traditionelle Albhorngruppe in Empfang genommen, spätestens<br />
jetzt war ich auch gedanklich in der Schweiz angekommen.<br />
Pünktlich um fünf vor zehn wurde der Cybathlon unter<br />
anderem durch Prof. Robert Riener, den Initiator der Veranstaltung,<br />
feierlich eröffnet. Dieser leitet an der ETH Zürich das<br />
Labor für Sensomotorische Systeme und hatte vor vier Jahren<br />
erstmals die Idee, einen Wettkampf zu gestalten, der zeigen<br />
sollte was mit technischen Assistenzsystemen heute bereits<br />
möglich ist. Dies ist auch der grundlegende Unterschied zu<br />
den Paralympics, wie er in einem Interview erläutert: Es gehe<br />
nicht um körperliche Höchstleistungen, sondern das Meistern<br />
von alltagsgerechten Herausforderungen mit Hilfe von neuster<br />
Technologie, was sogar Menschen mit hoher Querschnittslähmung<br />
eine neue Möglichkeit bietet, sich sportlich zu messen.<br />
Vorstellung<br />
Mit einem dröhnenden »three, two, one« ging es mit dem<br />
»Powered Arm Prosthesis Race« in die erste Runde. Wie bei allen<br />
Kategorien, in denen sich die Athleten und ihre Hilfsmittel<br />
beweisen mussten, bestand der Parcours aus sechs verschiedenen<br />
Stationen. Bei dem Wettkampf für Piloten (die offizielle<br />
Bezeichnung der Teilnehmer) mit Armprothesen fühlte ich<br />
mich fast in eine abendliche TV-Gamingshow versetzt: Unter<br />
anderem mussten Puzzleteile mit verschiedenen Griffstücken<br />
positioniert werden, es gab einen »heißen Draht« (einen Metallring<br />
berührungsfrei um einen verschlungenen Draht führen),<br />
ein Tisch musste gedeckt werden und sogar Wäsche inkl.<br />
schwer zu meisternder Reißverschlüsse lag zum Aufhängen<br />
bereit. Um den Piloten eine ausreichende Herausforderung zu<br />
geben, durften bestimmte blau markierte Objekte nur mit der<br />
Prothese berührt werden. Bei diesem ersten Wettkampf wurde<br />
deutlich, wie viel Herausforderung das Wechseln einer Glühbirne<br />
oder das Schneiden einer Scheibe Brot für Menschen<br />
mit Armprothesen sein kann. Interessant war es ebenso, die<br />
unterschiedlichen Arten von Prothesen zu erleben. Beispielsweise<br />
trat das kanadische Team »M.A.S.S. Impact« mit der<br />
handelsüblichen Handprothese »bebionic« der Firma Steeper<br />
an, für die sie allerdings ein eigenes Steuersystem entwickelt<br />
haben. So ermöglicht dieses auch Rotationen der Hand um die<br />
eigene Achse am Unterarm.<br />
18 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
© AlessandroDellaBella<br />
© Nicola Pitaro<br />
© AlessandroDellaBella<br />
© Nicola Pitaro<br />
Als weitere Kategorien konnte man motorisierte Rollstühle<br />
bestaunen, welche sich über unebenes Terrain wälzten und<br />
teilweise sogar noch an wenigen Treppenstufen ihren Meister<br />
fanden. Jedes schier noch so unüberwindbare Hindernis<br />
wurde von tosendem Beifall und Anfeuerungsrufen<br />
des Publikums begleitet. Selbst als die<br />
offizielle Zeit zu Ende war und die Piloten<br />
mit der Technik und ihren letzten Kräften<br />
rangen, riss das Jubeln der Zuschauer zu<br />
keinem Zeitpunkt ab. Hierzu trugen auch<br />
die professionelle Moderation von Janine<br />
Geigele, einer bekannten Schweizer Moderatorin,<br />
und die Kommentation von Alex<br />
Oberholzer und Jonas Buchli, Professor für<br />
Robotik, an der ETH bei.<br />
Ohne Pause ging es weiter. Während die Hindernisse<br />
für die nächste Kategorie umgebaut wurden, konnte man Piloten<br />
mit gedankengesteuerten Avataren in einem Computerspiel<br />
gegeneinander antreten sehen. Das sogenannte BCI<br />
(Brain-Computer-Interface) übermittelt mittels EEG-Ableitung<br />
Gehirnströme an eine Software im Computer, welche diese<br />
in Befehle übersetzt. Beim Wettkampf mussten die Teilnehmer<br />
daran denken, dass der virtuelle Spielcharakter sich dreht,<br />
hüpft, rutscht oder durften an bestimmten Stellen des Spiels<br />
an überhaupt nichts denken, um voran zu kommen. Bei den<br />
Piloten des BCI handelte es sich ausschließlich um Tetraplegiker<br />
wie Supawat Samurpark vom thailändischen Team. Seit er<br />
2006 von einem Unbekannten angeschossen wurde, ist er auf<br />
einen Rollstuhl angewiesen. Zukünftig soll diese Technik das<br />
Steuern von Rollstuhl und anderen Hilfsmitteln ermöglichen.<br />
Spannend fand ich besonders die Exoskelette im Einsatz<br />
zu sehen. Speziell das Modell »VariLeg« von Studierenden der<br />
ETH hätte schon rein optisch einen Sonderpreis verdient gehabt:<br />
Gehhilfen mit blinkenden Lichtern an den Griffen zur<br />
Steuerung verschiedener Gangmodi, große weiße ovale Elemente<br />
seitlich der Beine um die Motoren zu verbergen<br />
und eine Art kleiner weißer Rucksack mit leuchtendem<br />
Schriftzug als Batteriefach. Hier schienen<br />
die Studierenden ein optisches Zeichen setzen<br />
zu wollen. Leider schaffte es das Team nur<br />
auf den fünften Platz, zu groß schienen die<br />
technischen Schwierigkeiten zu sein, mit<br />
denen der Pilot zu kämpfen hatte.<br />
Andere Teilnehmer absolvierten ihre<br />
speziellen Aufgaben mit Beinprothesen oder<br />
steuerten rein über externe elektrische Muskelstimulation<br />
an ihren plegischen Beinen Fahrräder<br />
auf einem Rundkurs. Aufgelockert wurden die Wettkämpfe<br />
durch Auftritte des Künstlers »Stix«. Der Artist und<br />
Tänzer erkrankte mit acht Monaten an Kinderlähmung und<br />
legte eine unglaubliche Show, eine Art Breakdance auf Stützen,<br />
hin.<br />
© AlessandroDellaBella<br />
Fazit und Ausblick<br />
Mit insgesamt 4600 Besuchern und 66 internationalen Teams<br />
war der erste Cybathlon ein voller Erfolg. Die Medienpräsenz<br />
war riesig und europaweit übertrugen Sendeanstalten die<br />
Wettkämpfe. Wenn alles klappt, möchten die Veranstalter in<br />
zwei bis vier Jahren einen weiteren Cybathlon ausrichten. Ich<br />
würde es ihnen wünschen und würde jederzeit wieder hinfahren.<br />
Wer mehr über die Teams, die Kategorien und die Technik<br />
erfahren möchte, findet unter www.cybathlon.ethz.ch alle<br />
weiteren Hintergrundinformationen.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 19
20 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Fotolia © Monika Wisniewska<br />
VORGESTELLT<br />
RETURN TO SPORTS<br />
Inwiefern kann einem Sportler<br />
nach seiner Knieverletzung »grünes Licht«<br />
für die Rückkehr gegeben werden?<br />
Text: Sven Friese<br />
Eine Verletzung im Sport ist nicht nur schmerzhaft, sondern<br />
kann auch in viele Lebensbereiche einschneiden. Sei es beim<br />
Profisportler, bei dem es um die Fortsetzung seiner Karriere<br />
geht, dem Hobbysportler, welcher wieder mit seiner Mannschaft<br />
trainieren und evtl. Siege feiern oder Niederlagen verhindern<br />
möchte, dem Studenten beim Sportstudium, dessen<br />
Sporttauglichkeit kursentscheidend sein kann oder aber auch<br />
dem Hobbyläufer, der Laufen als Ausgleich zum Alltag sieht.<br />
Mit bis zu 18 % aller Sportunfälle ist das Knie mit am meisten<br />
betroffen (Gläser u. Henke 2002). Die Dauer bis zur Wiedereinsatzfähigkeit<br />
danach wird mit unterschiedlichen Zeiten<br />
von 6 bis 9 Monaten angegeben (Thomeé et al. 2011).<br />
Wenn nun ein verletzter Sportler in die <strong>physio</strong>therapeutische<br />
Praxis kommt, wird sich ein routinemäßiges Bild vom<br />
Ausmaß der Verletzung gemacht: Ist die Verletzung akut? Gab<br />
es bereits eine OP oder steht sie bevor?<br />
Neben der Anamnese und dem Befund steht gegebenenfalls<br />
eine Aufklärung und Beratung über die Verletzung an.<br />
Dabei wird die Frage »Wann ist es denn wieder soweit?« innerhalb<br />
der Rehabilitation früher oder später auch dem Physiotherapeuten<br />
gestellt. Doch wie sieht es dann mit einer zuverlässigen<br />
Prognose aus? Bei der Antwort ist natürlich die<br />
Art der Verletzung entscheidend. Doch eine genaue Prognose<br />
kann häufig nur schwer getroffen werden.<br />
Funktionelle Tests – Sprungleistung<br />
Hop Tests<br />
Bei diesem Test erfolgen der Absprung und die Landung mit<br />
dem gleichen Bein.<br />
Reihenfolge:<br />
• Single Hop (Einzelner einbeiniger Sprung auf Distanz)<br />
• Cross-over Hop for Distance (Drei überkreuzte einbeinige<br />
Sprünge auf Distanz)<br />
• Tripple Hop (Drei einbeinige Sprünge hintereinander auf<br />
Distanz)<br />
• 6-meter timed Hop (Einbeinige Sprünge auf Zeit über eine<br />
Distanz von 6 Metern)<br />
Bei den Distanzsprüngen werden vor jedem Test, angefangen<br />
mit der nicht betroffenen Seite, zuerst 3 Probesprünge<br />
gemacht. Anschließend werden 3 gültige Sprünge gemessen<br />
und der Durchschnittswert daraus ermittelt. Die Sprünge werden<br />
als gültig bewertet, wenn die Landung stabil gewesen<br />
ist (mindestens 2 Sekunden stehen bleiben). Bei einem Fehlversuch<br />
wird der Sprung wiederholt. Die Testpersonen sollen<br />
beim Start das Schwungbein hinter die Startmarkierung bewegen.<br />
Nach erfolgreicher Landung wird die Sprungdistanz von<br />
der Startposition bis zur Ferse gemessen (Xergia et al. 2014).<br />
Für die Sprünge auf Zeit wird, so schnell es geht, einbeinig<br />
über eine markierte Strecke von 6 Metern gesprungen.<br />
Gemessen wird die Zeit zwischen dem Zeitpunkt, in dem die<br />
Ferse in der Luft ist und dem Erreichen der Zielmarkierung. <br />
Unabhängig davon, wer letztendlich über das »Go« zum<br />
Comeback das letzte Wort hat (und haben sollte), ist es natürlich<br />
sinnvoll, wenn der Physiotherapeut über messbare Verfahren<br />
verfügt, um dem Patienten und ggf. dessen Eltern, Arzt,<br />
evtl. Manager und Trainer eine <strong>physio</strong>therapeutische Prognose<br />
geben zu können.<br />
In der Literatur wird zur Einschätzung der Sporttauglichkeit<br />
nie nur ein einzelner Test als alleiniges Kriterium verwendet.<br />
Vielmehr wird mit einer Testbatterie gearbeitet, um einen besseren<br />
Eindruck zu erlangen. Relativ häufig werden 4 einbeinige<br />
Sprung-Tests (im engl. »Hop Tests«) verwendet (Adams<br />
et al. 2012, Grindem et al. <strong>2016</strong>, Meyer et al. 2011). Im Folgenden<br />
werden diese Tests beschrieben und kritisch diskutiert.<br />
Single-Leg-Hop-Tests<br />
© Markus Zeller<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 21
VORGESTELLT<br />
Auswertung: Um die Symmetrie des verletzen Beins mit der<br />
unverletzten zu beurteilen, wird nach erfolgreicher Landung<br />
der Sprünge ein Limb Symmetry Index (LSI) berechnet. Dabei<br />
dient die nichtbetroffene Seite als Vergleichsseite. Ein Ergebnis<br />
von mindestens 90 % sollte erreicht werden (Munro u. Herrington<br />
2011).<br />
Limb Symmetry Index (LSI)<br />
Distanzsprünge:<br />
(Durchschnittsweite betroffene Seite /<br />
Durchschnittsweite gesunde Seite)<br />
x 100 % = LSI<br />
Sprünge auf Zeit:<br />
(Durchschnittszeit gesunde Seite /<br />
Durchschnittszeit betroffene Seite)<br />
x 100 % = LSI<br />
Krafttest des M. Quadriceps<br />
Zusätzlich kann auch die isometrische Maximalkraft des<br />
M. quadriceps getestet werden. Dafür ist sicherlich für die<br />
meisten Praxen ein Dynamometer zweckmäßig. Hierbei wird<br />
beim sitzenden Patienten aus 90 Grad Knieflexion der Kraftwert<br />
ermittelt. Im Vergleich zur nichtbetroffenen Seite sollte<br />
im betroffenen M. quadriceps ein Wert von 80 % erreicht werden<br />
(Palmieri-Smith u. Lepley 2015). Werte ab diesem Bereich<br />
können einen Hinweis auf einen angenäherten LSI geben, was<br />
eine höhere Symmetrie im Seitenvergleich bedeutet (Palmieri-<br />
Smith u. Lepley 2015).<br />
Kinematik<br />
Kinematik ist die quantitative Beschreibung<br />
von Gelenkswinkeln oder<br />
von Bewegungen von Körpersegmenten.<br />
Kinematische Systeme werden<br />
in der Ganganalyse benutzt, um die<br />
Position und die Ausrichtung von<br />
Körpersegmenten, die Gelenkswinkel<br />
und die dazugehörenden linearen<br />
und angulären Geschwindigkeiten<br />
und Beschleunigungen aufzunehmen<br />
(Fialka-Moser 2013).<br />
Kinetik<br />
Kinetik ist die quantitative Beschreibung<br />
der Kräfte, die auf ein Gelenk<br />
oder einen Körperteil wirken, d. h.<br />
jener Faktoren, die eine Bewegung<br />
verursachen oder kontrollieren.<br />
Die gebräuchlichste Methode dabei<br />
ist die Messung von Bodenreaktionskräften<br />
mit Hilfe von Kraftmessplatten<br />
(Fialka-Moser 2013).<br />
Güte der Tests<br />
Ein Nachteil der beschriebenen Testverfahren ist jedoch, dass<br />
nicht gemessen werden kann, wie die Kinematik innerhalb<br />
der Funktion abläuft. Selbst wenn ein Sportler nach üblichen<br />
Kriterien ein »grünes Licht« bekäme, würde ein Eindruck zur<br />
Qualität innerhalb einer Bewegung fehlen.<br />
Annäherungen beim LSI korrelieren nach Xergia et al.<br />
(2014) zudem nicht mit der Kinematik und Kinetik der unteren<br />
Extremität. Die Forscher untersuchten 22 Männer 6 bis 9<br />
Monate nach einer Kreuzbandoperation, konnten aber keinen<br />
Zusammenhang zwischen einer Verbesserung des LSI und biomechanischen<br />
Analysen, wie z. B. dem Grad der Knie- oder<br />
Hüftflexion, feststellen (Xergia et al. 2014).<br />
Bezüglich der Reliabilität von Hop Tests haben Hegedus et<br />
al. (2015) eine Übersichtsarbeit publiziert. Das Ergebnis: Kein<br />
Test hat eine zufriedenstellende Validität und Reliabilität, weswegen<br />
die Ergebnisse mit Bedacht interpretiert werden sollten<br />
(Hegedus et al. 2015).<br />
Die Aussagekraft des LSI kann zudem durch die relativ hohe<br />
Rate von Kreuzbandverletzungen des kontralateralen Beines in<br />
Frage gestellt werden (Mueller et al. 2014). In einer Studie von<br />
Paterno et al. (2012) wurden Sportler untersucht, welche nach<br />
einer Pause von 12 Monaten ihre sportliche Tätigkeit wieder<br />
aufnahmen. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Studienteilnehmer<br />
eine 3-mal höhere Wahrscheinlichkeit verzeichneten,<br />
eine Verletzung am kontralateralen Bein zu erlangen.<br />
Fragebogen – IKDC 2000<br />
Womit kann der Zeitpunkt für die Testbatterie in etwa erkannt<br />
werden?<br />
Um überhaupt sicherstellen zu können, ob der Patient für<br />
funktionelle Tests bereit ist, kann ein Fragebogen herangezogen<br />
werden, der International Knee Documentation Committee<br />
2000 Subjective Knee Form (IKDC 2000), ein reliabler<br />
und valider kniespezifischer Fragebogen (Irrgang et al. 2001).<br />
Er dient zur Erfassung von Verbesserungen oder Verschlechterungen<br />
von Symptomen (Schwellungen, Steifigkeit, »giving<br />
way«) sowie Aktivitäten im Alltag (z. B. Treppensteigen) und<br />
zur Durchführungsmöglichkeit von sportlichen Aktivitäten.<br />
Das Testergebnis wird mit dem Ergebnis von nicht-operierten<br />
Menschen im ähnlichen Alter und gleichem Geschlecht<br />
verglichen.<br />
Ein Score unterhalb des Normwertes ist ein Indikator für ein<br />
schlechtes Abschneiden oder nicht Bestehen der funktionellen<br />
Tests. Ein Ergebnis im normalen Bereich lässt jedoch keine<br />
Aussage über ein erfolgreiches Abschneiden der Tests zu. Patienten,<br />
die vor 6 Monaten operiert wurden und im Score ein<br />
Ergebnis im unteren Bereich erreichten, zeigten eine 4-fach<br />
höhere Wahrscheinlichkeit bei der Testbatterie zu versagen.<br />
Gibt es auch nach 12 Monaten ein Ergebnis im unteren Bereich,<br />
ist die Wahrscheinlichkeit um das 4,5-fache höher (Logerstedt<br />
et al. 2014).<br />
22 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Eine Testbatterie mit mehreren Herausforderungen an die<br />
funktionelle Leistungsfähigkeit sowie an die Kraft der unteren<br />
Extremität, kann bei der Einschätzung für den Zeitpunkt zur<br />
Rückkehr zum Sport in der Reha unterstützend sein. Es macht<br />
Sinn, vorher mit dem Fragebogen IKDC 2000 überhaupt erst<br />
mal abzuklären, inwiefern der Patient sich fähig fühlt.<br />
Fazit<br />
Innerhalb der Rehabilitation eines noch verletzten Sportlers<br />
kann dieser mit gezielten Interventionen wieder zu einer besseren<br />
Leistungsfähigkeit herangeführt werden. Der IKDC 2000<br />
ist geeignet, um dabei die subjektive Einschätzung zum Gesundheitszustand<br />
zu erfragen. Für ein genaueres Bild des Zustandes<br />
sollte das Messen der Kraft des M. quadriceps sowie<br />
die Leistung von einbeinigen Sprüngen jedoch besser in Verbindung<br />
mit biomechanischen Analysen betrachtet werden.<br />
Literatur<br />
Adams D., Logerstedt D.S., Hunter-Giordano A., Axe M.J., Snyder-Mackler L.<br />
(2012): Current concepts for anterior cruciate ligament reconstruction: a criterion-based<br />
rehabilitation progression. J Orthop Sports Phys Ther 42(7): 601–614.<br />
Fialka-Moser V. (2013): Kompendium Physikalische Medizin und Rehabilitation<br />
Diagnostische und therapeutische Konzepte. 3. Aufl., Springer: Vienna.<br />
Gläser H., Henke T. (2002). Sportunfälle – Häufigkeit, Kosten, Prävention. Zugriff<br />
am 29.05.<strong>2016</strong>: http://www.budoten.org/wp-content/uploads/2010/09/<br />
arag-sportunfaelle.pdf.<br />
Hegedus E.J., McDonough S., Bleakley C., Cook C.E., Baxter G.D. (2015): Clinician-friendly<br />
lower extremity physical performance measures in athletes: a systematic<br />
review of measurement properties and correlation with injury, part 1. The<br />
tests for knee function including the hop tests. J Sports Med 49(10): 642–648.<br />
Grindem H., Snyder-Mackler L., Moksnes H., Engebretsen L., Risberg M.A.<br />
(<strong>2016</strong>). Simple decision rules can reduce reinjury risk by 84 % after ACL reconstruction:<br />
the Delaware-Oslo ACL cohort study. Br J Sports Med 50(13): 804–808.<br />
Irrgang J.J., Anderson A.F., Boland A.L., Harner C.D., Kurosaka M., Neyret P.,<br />
Richmond J.C., Shelborne K.D. (2011): Development and validation of the international<br />
knee documentation committee subjective knee form. Am J Sports<br />
Med 5(29): 600–613.<br />
Logerstedt D., Di Stasi S., Grindem H., Lynch A., Eitzen I., Engebretsen L., Risberg<br />
M.A., Axe M.J., Snyder-Mackler L. (2014): Self-reported Knee Function Can<br />
Identify Athletes Who Fail Return to Activity Criteria up to 1 Year after Anterior<br />
Cruciate Ligament Reconstruction. A Delaware-Oslo ACL Cohort Study. J Orthop<br />
Sports Phys Ther 44(12): 914–923.<br />
Mueller L.M., Bloomer B.A., Durall C.J. (2014): Which outcome measures should<br />
be utilized to determine readiness to play after ACL reconstruction? J Sport<br />
Rehabil 23(2): 158–164.<br />
Munro A.G., Herrington L.C. (2011): Between-session reliability of four hop tests<br />
and the agility T-test. J Strength Cond Res 25(5): 1470–1477.<br />
Myer G.D., Schmitt L.C., Brent J.L., Ford K.R., Barber Foss K.D., Scherer B.J.,<br />
Heidt R.S. Jr, Divine J.G., Hewett T.E. (2011): Utilization of modified NFL combine<br />
testing to identify functional deficits in athletes following ACL reconstruction. J<br />
Orthop Sports Phys Ther 41(6): 377–387.<br />
Palmieri-Smith R.M., Lepley L.K. (2015): Quadriceps Strength Asymmetry Following<br />
ACL Reconstruction Alters Knee Joint Biomechanics and Functional Performance<br />
at Time of Return to Activity. Am J Sports Med 43(7): 1662–1669.<br />
Paterno M.V., Rauh M.J., Schmitt L.C., Ford K.R., Hewett T.E. (2012): Incidence of<br />
contralateral and ipsilateral anterior cruciate ligament (ACL) injury after primary<br />
ACL reconstruction and return to sport. Clin J Sport Med 22(2): 116–121.<br />
Thomeé R., Kaplan Y., Kvist J., Myklebust G., Risberg M.A., Theisen D., Tsepis<br />
E., Werner S., Wondrasch B., Witvrouw E. (2011): Muscle strength and hop performance<br />
criteria prior to return to sports after ACL reconstruction. Knee Surg<br />
Sports Traumatol Arthrosc 19: 1798–1805.<br />
Xergia S.A., Pappas E., Georgoulis A.D. (2014): Association of the single-limb<br />
hop test with isokinetic, kinematic, and kinetic asymmetries in patients after<br />
anterior cruciate ligament reconstruction. Sports Health 6 (3): 217–223.<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 23
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Muskelsystems. Alle Muskeln des Bewegungsapparates<br />
sind übersichtlich nach Regionen geordnet und<br />
einzeln dargestellt. Mehr als 800 farbige Abbildungen<br />
illustrieren Lage, Funktion und Untersuchung der einzelnen<br />
Muskeln.<br />
Das didaktische Konzept hat einen hohen Praxisbezug,<br />
ist visuell ansprechend dargestellt und übersichtlich<br />
gestaltet. Kurze, prägnante Beschreibungen und<br />
zahlreiche klinische Verweise bringen die Inhalte auf<br />
den Punkt. Ein besonderes Merkmal sind die Funktionstabellen:<br />
Sie beschreiben die Funktionen der einzelnen<br />
Muskeln im Zusammenspiel mit ihren Synergisten und<br />
Antagonisten. Das Muskelbuch wurde zudem in der<br />
aktuellen Auflage um die wichtigsten Muskeldehntests<br />
und wichtigsten motorischen Nerven erweitert. Die<br />
Muskeldehntests erleichtern es dem Anwender typische<br />
Muskelverkürzungen zu erkennen und zu behandeln.<br />
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BRAINTUNING<br />
Fotolia © pierluigipalazzi<br />
ESELSBRÜCKEN<br />
Chopart vs. Lisfranc<br />
Plexus brachialis<br />
Merksatz: Axel radelt zur Post<br />
Chopart – proximale Gelenklinie<br />
Lisfranc – distale Gelenklinie der Fußwurzel<br />
N. axillaris und N. radialis<br />
aus Fasciculus posterior.<br />
Lisfranc-Gelenklinie<br />
Chopart-Gelenklinie<br />
Geschwindigkeit<br />
Merksatz: Eines Dings Geschwindigkeit:<br />
Weg durch die verbrauchte Zeit.<br />
Die Geschwindigkeit berechnet sich<br />
aus dem Verhältnis von Weg zu Zeit (v = s/t)<br />
Mitose<br />
Merksatz: Ich pauke Mitose alle Tage.<br />
Bei der Mitose laufen nacheinander<br />
Interphase, Prophase, Metaphase,<br />
Anaphase und Telophase ab.<br />
Chemische Namen der<br />
Vitamine B 1 , B 2 , B 3 , B 6 und B 12<br />
Merksatz: The right night for parties and clubs<br />
B 1 = Thiamin, B 2 = Rib o fl a v i n ,<br />
B 3 = Niacin, B 6 = PALP und B 12 = Cobalamin<br />
Weitere Merksätze findet Ihr unter<br />
www.merkregeln.de<br />
26 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
REFRESHER- UND<br />
PRÜFUNGSFRAGEN<br />
Egal ob man gerade in der Ausbildung steckt, oder diese<br />
schon absolviert hat – man muss als Physiotherapeut<br />
eine ganze Menge wissen. Dabei weiß man häufig gar<br />
nicht mehr, mit was man sich schon alles beschäftigt hat.<br />
?<br />
?<br />
BRAINTUNING<br />
Hier findet Ihr einige Fragen, die in Prüfungen häufig<br />
abgefragt werden und mit denen Ihr testen könnt, was<br />
Ihr noch alles wisst. Die passenden Antworten findet Ihr<br />
in der nächsten Ausgabe des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s. Viel Spaß<br />
beim Lösen.<br />
1. Welche Personen sind besonders gefährdet, eine<br />
Patellaluxation zu entwickeln?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
2. Was ist eine Querlage?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
3. Bei welchen Symptomen besteht der Verdacht auf<br />
eine Schädelbasisfraktur?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
4. Nennen Sie vier Symptome der chronisch<br />
venösen Insuffizienz.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
5. Was kann man von einem zwölf Monate alten Kleinkind<br />
erwarten? Nennen Sie fünf Kriterien.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
6. Was ist eine Eklampsie?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
7. Definieren Sie den Begriff »Biomechanik«.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
8. Beschreiben Sie drei Formen der<br />
neuropsychologischen Sprachstörung.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
9. Was sollen propriozeptiven Einlagen bewirken?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
10. Nennen Sie die 8 Knochen der Handwurzel!<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
11. Was versteht man unter »Primärprävention«?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
12. Wann tritt typischerweise ein<br />
Angina Pectoris Anfall auf?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
Übrigens: Viele dieser Fragen stammen<br />
aus dem Heller-Skript, einer Skript-Reihe,<br />
die kurz und bündig die wesentlichen<br />
Themen der einzelnen Fächer<br />
zusammenfasst.<br />
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Damit der Pool an Fragen und Aufgaben immer weiter wachsen kann, brauchen wir Dich!<br />
Schicke uns Fragen, die Dir in Klausuren gestellt wurden, die Du Deinen Vorgängern aus der Nase ziehen konntest<br />
oder die im Dunstkreis geheimer Ordner in deiner Schule kursieren. Schreibe an: anna@hellerskripte.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 27
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ANTWORTEN<br />
ZUM WISSENSCHECK<br />
DER AUSGABE 2/<strong>2016</strong><br />
In Heft 2/<strong>2016</strong> haben wir Euch einige examensrelevante Fragen<br />
aus den Hellerskripten vorgestellt. Die dazugehörigen Antworten<br />
wollen wir Euch natürlich nicht vorenthalten! Falls Ihr noch<br />
weitere Fragen und Antworten als Lernhilfe benötigt, dann<br />
schaut einfach mal in die Hellerskripte rein!<br />
Mehr Infos unter www.hellerskripte.de<br />
Frage 1:<br />
Nach einem Mamma-Karzinom setzen sich die Metastasen<br />
am häufigsten in der Lunge, dem Skelett und dem ZNS ab.<br />
Frage 2:<br />
Physiologische Bildungsreize der Muskultur sind der Wechsel<br />
von konzentrischer und exzentrischer Kontraktion.<br />
Frage 3:<br />
Die »U9« findet zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr statt.<br />
Frage 4:<br />
Zu einer Ataxie können folgende pathologische Faktoren<br />
führen:<br />
• Kleinhirnläsionen<br />
• Läsionen der extrapyramidalen Bahnen<br />
• Läsionen des Vestibularorgans<br />
• Läsionen der Hinterstrangbahn<br />
Frage 5:<br />
Folgende Symptome können bei einer Marschfraktur<br />
vorhanden sein:<br />
• schleichend beginnender Schmerz nach Belastung<br />
• Schwellung und Erwärmung<br />
• Schmerzen klingen nach der Belastung wieder ab<br />
Frage 7:<br />
Bei der pAVK können folgende Lokalisationstypen mit<br />
entsprechend betroffener Arterie vorkommen:<br />
• Beckentyp: Bauchaorta, Aa. iliacae<br />
• Oberschenkeltyp: A. femoralis<br />
• Unterschenkeltyp: Aa. tibiales, A. fibularis<br />
• Schultergürteltyp: A. subclavia<br />
• Armtyp: A. bracialis, A. axillaris<br />
Frage 8:<br />
Unter einem Empyem versteht man die Eiteransammlung<br />
in einer anatomisch vorgeformten Körperhöhle.<br />
Frage 9:<br />
Ein Pleuraempyem ist eine Eiteransammlung zwischen<br />
der Pleura parietalis und der Pleura viszeralis.<br />
Frage 10:<br />
Folgende unspezifischen Krankheitszeichen können bei<br />
Tumoren beobachtet werden:<br />
• Gewichtsverlust<br />
• Appetitlosigkeit<br />
• Schwäche<br />
• Nachtschweiß<br />
• Leistungsabfall<br />
Frage 6:<br />
Zu Untersuchung der Menisken am Knie können folgende<br />
Tests durchgeführt werden:<br />
• Steinman I: Rotation bei Knieflexion. Schmerzen im<br />
medialen Gelenkspalt durch Außenrotation (Innenmeniskusläsion).<br />
Schmerzen im lateralen Gelenkspalt<br />
durch Innenrotation (Außenmeniskusläsion).<br />
• Steinmann II: Bei Beugung des Kniegelenks wandert der<br />
Druckschmerz von vorne nach hinten.<br />
• Payr-Zeichen: Schmerzen im Schneidersitz (FLEX/AR)<br />
auf der Innenseite des Kniegelenks weisen auf eine Innenmeniskusläsion<br />
hin.<br />
Frage 11:<br />
Unter der »Giggle-Inkontinenz« versteht man den Urinabgang<br />
in Folge von Lachen. Der Blasensphinkter kann<br />
nicht mehr vollständig kontrolliert werden.<br />
Frage 12:<br />
Der Thalamus empfängt alle sensiblen Informationen aus<br />
dem Rückenmark und filtert das Wesentliche aus, was zum<br />
sensiblen Kortex weitergeleitet wird.<br />
www.hellerskripte.de<br />
28 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
BRAINTUNING<br />
ANATOMIE ZUM SAMMELN<br />
M. iliopsoas<br />
In der nächsten Ausgabe:<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />
M. tensor fasciae latae<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 29
BRAINTUNING<br />
Physiologiekarten_Kap.2_v4<br />
19.08.2008 10:35 Uhr Seite 12<br />
2<br />
Blut und Immunsystem Nr. 21<br />
Beschreiben Sie den Lebenszyklus von Erythrozyten.<br />
PHYSIOLOGIEKARTE<br />
Lebenszyklus Erythrozyten<br />
Physiologiekarten_Kap.2_v4 19.08.2008 10:35 Uhr Seite 13<br />
Nr. 21<br />
PHYSIOLOGIEKARTE<br />
Lebenszyklus Erythrozyten<br />
Blut<br />
Knochenmark<br />
Stammzelle<br />
erythroide Vorstufen<br />
Erythropoetin (EPO)<br />
Normoblast<br />
Retikulozyt (kernhaltig)<br />
Erythrozyt (kernlos)<br />
Milz<br />
120 d<br />
Niere<br />
Im Knochenmark reifen die Erythrozyten<br />
aus hämatopoetischen<br />
Stammzellen unter dem Einfluss<br />
zahlreicher Wachstumsfaktoren.<br />
Nachdem ihre kernhaltige Vorstufe,<br />
die Retikulozyten, den Kern ausgestoßen<br />
haben, werden die Erythrozyten<br />
ins Blut ausgeschwemmt.<br />
Nach etwa vier Monaten (120<br />
Tagen) werden sie vor allem in der<br />
Milz, aber auch in Leber und im<br />
Knochenmark, wieder abgebaut.<br />
2<br />
<br />
Fotolia © alphaspirit<br />
30 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Viel Spaß und Erfolg beim<br />
Lesen und Verstehen!<br />
Fotolia © Eric Isselée<br />
SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />
BRAINTUNING<br />
Jeder kennt das: Die Ausbildung und das Studium zum Physiotherapeuten<br />
beinhalten vor allem in den Fächern Physiologie, Anatomie<br />
und in den klinischen Fächern zahlreiche sehr komplexe Themengebiete,<br />
die man sich immer wieder durchlesen muss, um sie endlich<br />
zu verstehen. Leider sind in der Fachliteratur die spannenden<br />
und kniffligen Themen auch sehr komplex und langatmig beschrieben.<br />
Deshalb wollen wir Euch gerne ein bisschen unterstützen und<br />
kleine Shorties verzehrfertig servieren. Hier findet Ihr knifflige Themengebiete<br />
häppchenweise kurz und prägnant zusammengefasst.<br />
Alterungsprozesse – Teil 1<br />
Text: Lina Wirtz<br />
Jeder spürt es irgendwann mal und viele wollen dem Prozess<br />
entgegenwirken: das Altern. Vom ersten Tag unseren Lebens<br />
werden wir älter und reifen. Natürlich sind die ersten<br />
Jahre hierbei die spannendsten, denn hier entwickelt das Kind<br />
unter anderem die motorischen Grundlagen, welche das gesamte<br />
Leben beeinflussen. In diesem Artikel soll es jedoch um<br />
den Alterungsprozess in späteren Jahren gehen. Dieser wird<br />
– vor allem beim Anblick von Tabellen rund um den demografischen<br />
Wandel – ein immer größer werdender Schwerpunkt<br />
im Bereich der <strong>physio</strong>therapeutischen Behandlung. In diesem<br />
Artikel wird auf die grundlegenden Theorien und Vorgänge<br />
rund um das Altern eingegangen. In der nächsten Ausgabe<br />
wird dann das Altern organbezogen erläutert.<br />
Um sich an die Physiologie des Alterungsprozesses heranzuarbeiten<br />
und diesen zu verstehen, ist grundlegend erst einmal<br />
festzustellen: »Was ist Altern?«.<br />
Wenn man im Internet nach einer Definition zum Altern<br />
sucht, erhält man beispielsweise Folgendes: »Das Alter ist<br />
eine biometrische Meßgröße, welche die seit dem Zeitpunkt<br />
der Geburt abgelaufene Zeitspanne der Existenz eines Lebewesens<br />
angibt. Das Alter markiert damit gleichzeitig die ungefähre<br />
Position im Lebenszyklus, die durch den <strong>physio</strong>logischen<br />
Prozess der Alterung determiniert ist« (Antwerpes u.<br />
Ostendorf o. D.). Der Alterungsprozess wird auch häufig als<br />
»Biomorphose« bezeichnet und lässt sich in 3 Ebenen und<br />
4 Kriterien kennzeichnen und definieren (Nowakowski 2013).<br />
Hinzukommend wird das Altern noch in das chronologische<br />
Alter (reine Zeitangabe in Bezug auf das Alter eines Individuums)<br />
und das biologische Alter (Angabe in Bezug auf den<br />
körperlichen und Entwicklungs- bzw. Verfallszustand) eingeteilt<br />
(Antwerpes u. Ostendorf o. D.).<br />
Das biologische Alter beschreibt beispielsweise einen körperlichen<br />
Leistungsabfall ab dem 25. Lebensjahr oder das<br />
Nachlassen der kognitiven, intellektuellen Leistung ab dem<br />
40. Lebensjahr.<br />
Der biologische Prozess des Alterns ist durch veränderte<br />
Stoffwechselvorgänge gekennzeichnet. Eine herabgesetzte<br />
Aktivität der Enzyme, Abnahme des Hyaluronsäuregehaltes<br />
(intrazelluläre Matrix enthält weniger Wasser) und Verkalkung<br />
der Gefäße führen unweigerlich zum Einsetzen des Alterungsprozesses.<br />
Die Enzyme beispielsweise katalysieren in unserem<br />
Körper Veränderungsvorgänge von Substraten. Im Falle dessen,<br />
dass die Aktivität der Enzyme geringer wird, müssen die<br />
Zellen hierfür mehr Energie verwenden (Zalpour <strong>2016</strong>, Antwerpes<br />
o. D.).<br />
Weiter kommt es auf zellulärer Ebene zu punktuellen Schäden<br />
im mikrobiologischen Bereich. Diese werden meist verursacht<br />
durch Gifte, die in den Zellstoffwechsel gelangen. Dies<br />
Biomorphose<br />
Drei Ebenen<br />
Vier Kriterien<br />
Der Alterungsprozess ist …<br />
biologisch<br />
sozial<br />
psychisch<br />
irreversibel<br />
schädlich<br />
Quelle: Zalpour <strong>2016</strong><br />
universal<br />
Biologisch und genetisch<br />
vorbestimmt<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 31
BRAINTUNING<br />
SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />
Alterungsprozesse – Teil 1<br />
bewirkt einen Funktionsrückgang der betroffenen Zelle, deren<br />
Funktion von anderen Zellen kompensiert werden muss, was<br />
wiederum auf Dauer zu einer Überlastung und zur Apoptose<br />
(Zelltod) führen kann. Zusätzlich spricht man von »Gerontogenen«,<br />
dies sind Langlebigkeitsgene, welche einen Einfluss<br />
auf das Altern haben sollen. Deren Einfluss ist aber noch nicht<br />
weitreichend erforscht.<br />
Theorien<br />
Auf sozialer und psychischer Ebene wurden in den letzten Jahren<br />
etliche Theorien aufgestellt. Die gängigen werden im Folgenden<br />
in Kürze aufgeführt. Diese orientieren sich an Lehr (2007).<br />
Defizit- bzw. Defektmodell<br />
Das Altern ist durch auftretende, funktionelle Defizite und Defekte<br />
gekennzeichnet. In diesem Modell werden die Kriterien<br />
und Rahmenbedingungen des Alterns durch das Aufstellen<br />
von negativen Faktoren beeinflusst.<br />
Disuse-Modell<br />
»Wer rastet, der rostet!«, mit dieser Aussage lässt sich das Modell<br />
sehr gut zusammenfassen. Ein Mensch, der das Gefühlt<br />
hat gebraucht zu werden, bleibt aktiv. Er fühlt sich verpflichtet<br />
und das Erfolgsgefühl, welches durch gelungene Arbeiten einsetzt,<br />
führt u. a. zur Freisetzung von Endorphinen. Hierdurch<br />
fühlt sich der Mensch besser und somit auch aktiver.<br />
Disengagementtheorie<br />
Diese Theorie ist das Gegenteil des Disuse-Modells und hat<br />
das Defizit- bzw. Defektmodell als Grundlage. Durch das Eintreten<br />
in die Lebensphase der Rente oder Pension verlieren<br />
viele ihren Tagesrhythmus und ziehen sich immer mehr zurück.<br />
Sie können sich schlechter bewegen und nicht mehr so<br />
viel leisten wie andere Menschen und sehen sich nicht mehr<br />
als beispielsweise »helfende Hand« in Freizeitvereinen.<br />
Kompetenz- bzw. Kontinuitätsmodell<br />
Der Mensch reflektiert seine vorhandenen Ressourcen und<br />
teilt sich diese ökonomisch ein. Hierdurch nimmt er angemessen<br />
und kontinuierlich am alltäglichen Leben teil.<br />
Zusammenfassend kann man sagen, das ganze Leben ist ein<br />
Alterungsprozess. Bemerkbar wird dieser jedoch erst, wenn<br />
Symptome auftreten und der Mensch deutlich in seinen Funktionen<br />
eingeschränkt wird.<br />
Literatur<br />
Antwerpes F., Ostendorf, N. (o.D.): Alter. Zugriff am 10.08.<strong>2016</strong>: http://flexikon.doccheck.com/de/Alter.<br />
Antwerpes F. et al. (o.D.): Enzym. Zugriff am 12.08.<strong>2016</strong>: http://flexikon.doccheck.com/de/Enzym.<br />
Lehr U. (2007): Psychosoziale Theorien des Alterns. In: Lehr U. (Hrsg.): Psychologie des Alterns. Quelle & Meyer, Wiebelsheim: 46–72.<br />
Nowakovski H. (2013): Hormone und die Psyche – die Endokrinologie des Alternden Menschen: Fünftes Symposium der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Springer-Verlag, Freiburg (Breisgau).<br />
Zalpour C. (<strong>2016</strong>): Alterung des Menschen. In: Zalpour C. (Hrsg.): Für die Physiotherapie – Anatomie und Physiologie. Lehrbuch für Physiotherapeuten, Masseure/medizinische Bademeister<br />
und Sportwissenschaftler. 4. Aufl., Elsevier, München: 111–118.<br />
Bibliografische Angaben<br />
976 Seiten, 2.800 Abbildungen<br />
Hardcover, Format: 220 x 250 mm<br />
3., erweiterte Auflage 2012<br />
€ 39,80<br />
32 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Fotolia © M.Dörr & M.Frommherz<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
TESTS UND ASSESSMENTS<br />
KURZINVENTAR INTRINSISCHE<br />
MOTIVATION (KIM)<br />
Text: Silke Wolf<br />
Das Gelingen einer aktiven und patientenzentrierten<br />
Therapie ist von diversen Faktoren abhängig. Die<br />
medizinische Vorgeschichte der Patienten, die Auswahl<br />
der geeigneten Interventionen und die entsprechende<br />
Anpassung an die Gegebenheiten spielen dabei eine<br />
wichtige Rolle. Grundsätzliche Voraussetzung für eine<br />
effektive Therapie ist aber die Motivation des Betreffenden.<br />
Einige Instrumente stehen zur Verfügung, um<br />
die Motivation einer Person zu »messen«. Das Kurzinventar<br />
Intrinsische Motivation – kurz KIM – stellt dabei<br />
eine Möglichkeit dar, um schnell und interventionsübergreifend<br />
wichtige Komponenten des inneren Antriebs<br />
abzufragen.<br />
Was ist das?<br />
Die theoretische Auseinandersetzung mit der Thematik Motivation<br />
als psychologisches Kernkonzept ist umfangreich und<br />
durch diverse komplexe Modelle beschrieben. Verschiedene<br />
Bereiche der Motivation können abgebildet werden und unterliegen<br />
in ihrer Definition und Natur permanentem Wandel.<br />
Einige Modelle unterscheiden dabei zwischen intrinsischer<br />
und extrinsischer Motivation, wobei unter Erstem die Beweggründe<br />
für ein bestimmtes Verhalten in der Handlung an sich<br />
verstanden werden. Die extrinsische Motivation dagegen ist<br />
durch den Wunsch nach Belohnung bzw. Vermeidung einer<br />
Bestrafung getragen.<br />
Ausgehend von der Selbstbestimmungstheorie (self-determination-theory)<br />
nach Deci und Ryan wurden verschiedene<br />
Bereiche der intrinsischen Motivation definiert, welche im KIM<br />
abgefragt werden. Die vier Subkategorien des KIM umfassen<br />
dementsprechend die Bereiche Interesse/Vergnügen, wahrgenommene<br />
Kompetenz, wahrgenommene Wahlfreiheit sowie<br />
Druck/Anspannung. Jedem Bereich sind im Instrument vier<br />
Fragen zugeordnet.<br />
Wie geht das?<br />
Das Kurzinventar Intrinsische Motivation ist ein multidimensionales<br />
Instrument zur Abfrage verschiedener Komponenten<br />
der intrinsischen Motivation. Die individuelle Beurteilung der<br />
einzelnen Komponenten hinsichtlich ihres Zutreffens hat dementsprechend<br />
maßgeblichen Einfluss auf die Motivation des<br />
Einzelnen. Das KIM bildet die vier Bereiche mit zwölf Items ab<br />
und ist die Kurzversion des Originalinstruments IMI (»Intrinsic<br />
Motivation Inventory«), welches 22 Items beinhaltet.<br />
Das Besondere am KIM ist die Möglichkeit, es interventionsübergreifend<br />
einzusetzen. In der standardisierten Fragestellung<br />
kann eine beliebige Tätigkeit für die jeweiligen Platzhalter<br />
eingesetzt werden. Die Bewertung erfolgt über eine<br />
fünf-stufige Likert-Skala mit den Ausprägungen 0 – stimmt<br />
gar nicht, 1 – stimmt wenig, 2 – stimmt teils-teils, 3 – stimmt<br />
ziemlich, 4 – stimmt völlig.<br />
Warum?<br />
Epidemiologische Studien zeigen, dass es in Zukunft zu einer<br />
Zunahme Lifestyle-bedingter Erkrankungen, wie Adipositas<br />
und Diabetes kommen wird. Außerdem wird die Zahl derer,<br />
die einer Langzeittherapie oder -rehabilitation bedürfen, zukünftig,<br />
bedingt durch die demographische Entwicklung, ansteigen.<br />
Daher ist es wichtig, effektive Präventionsmaßnahmen<br />
einerseits sowie gute Therapieangebote auf der anderen<br />
Seite unterbreiten zu können. Der Schlüssel zum Funktionieren<br />
solcher Programme, also ob sie tatsächlich wahrgenommen<br />
werden, liegt aber meist beim Individuum der Zielgruppe.<br />
Die Bereitschaft zur Teilnahme muss bestehen und eine hohe<br />
Motivation bedingt eine gute Therapietreue. Außerdem kann<br />
die Verwendung des KIM zur Adaption bereits bestehender<br />
Interventionen genutzt werden, um diese an die Bedürfnisse<br />
des Patienten anzupassen und somit die Motivation ggf. zu<br />
steigern.<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 33
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Zusammenfassung<br />
Es gibt zurzeit viele verschiedene Instrumente, die die Motivation<br />
zur Therapie oder die Motivation zur körperlichen Tätigkeit/zum<br />
Training abfragen. Eine Übersicht gibt Plonczynski<br />
(2000) in seinem Review »Measurement of motivation for<br />
exercise«.<br />
Das KIM kann zeitsparend und praktikabel in den Therapiealltag<br />
integriert werden, und helfen, die Interventionen<br />
effektiver und patientenzentrierter auszurichten. Somit kann<br />
die Zufriedenheit und die Therapietreue gesteigert werden,<br />
denn Motivation gilt als einer der wichtigsten Prädiktoren für<br />
Adhärenz.<br />
Weitere Informationen und das Instrument zum Download<br />
findet Ihr hier:<br />
http://www.archiv.ipn.uni-kiel.de/zfdn/pdf/15_Wilde.pdf<br />
Literatur<br />
Hafen K., Bengel J., Jastrebow J., Nübling R. (2000): Konzept und Dimensionen<br />
der Reha-Motivation. Prävention und Rehabilitation 12(1): 1–10.<br />
Markland D., Hardy L. (1997): On the factorial and construct validity of the<br />
Intrinsic Motivation Inventory: conceptual and operational concerns. Research<br />
Quarterly for Exercise and Sport 68(1): 20–32.<br />
McAuley E., Duncan T., Tammen W. (1989): Psychometric properties of the<br />
Intrinsic Motivation Inventory in a competitive sport setting: a confirmatory<br />
factor analysis. Research Quarterly for Exercise and Sport 60(1): 48–58.<br />
McGrane N., Galvin R., Cusack T., Stokes E. (2015): Addition of motivational<br />
interventions to exercise and traditional Physiotherapy: a review and meta-analysis.<br />
Physiotherapy 101(1): 1–12.<br />
Plonczynski D. (2000): Measurement of motivation for exercise. Health Education<br />
Research 15(6): 695–705.<br />
Ryan R. (1982): Control and information in the intrapersonal sphere: an<br />
extension of Cognitive Evaluation Theory. <strong>Journal</strong> of Personality and Social<br />
Psychology 43(3): 450–461.<br />
Wilde M., Bätz K., Kovaleva A., Urhahne D. (2009): Überprüfung einer Kurzskala<br />
intrinsischer Motivation (KIM). Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften<br />
15, 31–45.<br />
Info-Box: Weitere Beispiele für Instrumente zur Messung von Motivation<br />
FREM 17 – Fragebogen zur Erfassung rehabilitationsbezogener Erwartungen und Motivationen<br />
(http://www.assessment-info.de/assessment/seiten/datenbank/vollanzeige/vollanzeige-de.asp?vid=402)<br />
PALMS – Physical Activity and Leisure Motivation Scale<br />
(http://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/1471-2458-14-909)<br />
PAREMO 20 – Patientenfragebogen zur Erfassung der Reha-Motivation<br />
(http://www.gfqg.de/assessment/paremo.html)<br />
PRPS – Pittsburgh Rehabilitation Participation Scale<br />
(http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S000399930300892X und http://www.rehabmeasures.org/Lists/Rehab-<br />
Measures/Attachments/996/PITTSBURGH%20REHABILITATION%20PARTICIPATION%20SCALE.pdf)<br />
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34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
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DIAGNOSTIK<br />
WEISSES BLUTBILD<br />
Text: Susanne Klotz<br />
Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge der Diagnostik-Reihe. Nachdem Ihr in der letzten Ausgabe bereits<br />
das rote Blutbild kennengelernt habt, möchte ich Euch das weiße Blutbild nicht vorenthalten. Außerdem werden wir in<br />
dieser Ausgabe auch näher auf die Bestimmung der Leukozyten- und der Thrombozytenanzahl eingehen.<br />
Zuerst eine kurze Wiederholung zum<br />
Blutbild oder auch Hämogramm im Allgemeinen:<br />
Wie Ihr in der letzten Ausgabe<br />
gesehen habt, gibt es verschiedene Möglichkeiten,<br />
diese Art der Labordiagnostik zu<br />
unterteilen.<br />
Abbildung 1 gibt euch einen Überblick<br />
der gebräuchlichsten Einteilungen. Als Unter-<br />
suchungsmaterial wird venöses Blut verwendet,<br />
welches mit der kalziumbindenden<br />
Substanz EDTA ungerinnbar gemacht<br />
wurde. Die Anzahl der Blutzellen (Erythrozyten,<br />
Leukozyten und Thrombozyten) kann<br />
entweder mit Hilfe einer Zählkammer (Abbildung<br />
2) oder mechanisiert mit der Impedanzmessung<br />
(Abbildung 3) und der Durch-<br />
flusszytometrie bestimmt werden. Vorher<br />
müssen die anderen Zellen lysiert werden,<br />
um eine Zellart bestimmen zu können, so<br />
werden bei der Bestimmung der Leukozyten<br />
zuerst die Erythrozyten lysiert. Alle Verfahren<br />
habt ihr bereits in der letzten Ausgabe<br />
beim roten Blutbild kennengelernt.<br />
Blutbild<br />
Zählfelder<br />
Messöffnung<br />
rotes<br />
Blutbild<br />
weißes<br />
Blutbild<br />
kleines<br />
Blutbild<br />
großes<br />
Blutbild<br />
verdünnte Erythrozytenlösung<br />
Untersuchung der<br />
Differenzierung der<br />
rotes Blutbild +<br />
kleines Blutbild +<br />
Erythrozyten<br />
Leukozyten<br />
Anzahl der Leukozyten Differenzialblutbild<br />
+ Thrombozyten<br />
(weißes Blutbild + ggf.<br />
Morphologie von Erythrozyten<br />
Erythrozyten<br />
+ Thrombozyten)<br />
Abb. 1: Einteilung Blutbild Abb. 2: Zählkammer Abb. 3: Impedanzmessung<br />
elektrisches Feld<br />
Kleines Blutbild<br />
Um nun ein vollständiges kleines Blutbild zu<br />
erhalten, wird neben der Untersuchung der<br />
Erythrozyten und der dazugehörigen Parameter<br />
(rotes Blutbild) die Anzahl an Leukozyten<br />
und Thrombozyten bestimmt.<br />
Thrombozyten (PLT = platelets)<br />
Der Referenzbereich der für die Blutgerinnung<br />
wichtigen Thrombozyten oder<br />
Blutplättchen liegt altersunabhängig bei<br />
170 000–400 000 Thrombozyten/Mikroliter<br />
(μl) Blut. Eine Erhöhung der Thrombozyten<br />
(Thrombozytose) kann primär oder sekundär<br />
bedingt sein. Die häufigsten sekundären<br />
Ursachen sind chronisch-entzündliche Erkrankungen,<br />
Infektionen, Tumorerkrankungen<br />
und Blutungs- oder Operationsfolgen.<br />
Auch eine Verringerung der Anzahl an<br />
Thrombozyten (Thrombozytopenie) kann<br />
angeboren oder erworben sein. Die erworbenen<br />
Thrombozytopenien können unterteilt<br />
werden je nach zu Grunde liegender<br />
Störung bei der Bildung (Schädigung des<br />
Knochenmarks durch z. B. ionisierende<br />
Strahlung, lymphoproliferative Erkrankungen),<br />
der Verteilung (Splenomegalie, da bis<br />
zu 90 % der Blutplättchen in der Milz gespeichert<br />
werden) oder des Umsatzes von<br />
Thrombozyten. Umsatzstörungen können<br />
postinfektiös oder auch immunologisch<br />
durch Antikörper bedingt sein, wobei eine<br />
große Anzahl an Medikamenten, darunter<br />
auch Heparin, zu solch einer immunologisch<br />
bedingten Thrombozytopenie führen kann.<br />
Von einer echten Thrombozytopenie ist die<br />
Pseudo-Thrombozytopenie abzugrenzen.<br />
Hierbei kommt es aufgrund von Aggregation<br />
der Thrombozyten im EDTA-Blut fälschlicherweise<br />
zu niedrigeren Thromobzytenzahlen.<br />
Zum diagnostischen Ausschluss<br />
einer echten Thrombozytopenie sollte die<br />
Anzahl der Blutplättchen zusätzlich in einer<br />
mit Natriumcitrat-Lösung ungerinnbar<br />
gemachten Blutprobe (Citratblut) bestimmt<br />
werden.<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Leukozyten<br />
(WBC = white blood cells)<br />
Leukozyten oder weiße Blutkörperchen haben<br />
eine wichtige Funktion bei der Abwehr<br />
und Bekämpfung von Infektionen. Ihr Normalwert<br />
ist altersabhängig und beträgt für<br />
einen Erwachsenen 5000–10 000 Leukozyten<br />
pro μl Blut. Liegt eine Erhöhung bzw.<br />
eine Erniedrigung der Anzahl der weißen<br />
Blutzellen vor, spricht man von Leukozytose<br />
bzw. von Leukopenie, wobei unbedingt<br />
abgeklärt werden muss, welche Unterart<br />
der Leukozyten erhöht bzw. erniedrigt ist.<br />
Hierbei hilft das weiße Blutbild, was wir nun<br />
kennenlernen werden.<br />
Weißes Blutbild<br />
Die weißen Blutzellen können entsprechend<br />
ihrer Funktion in Unterarten differenziert<br />
werden. Die Bestimmung der verschiedenen<br />
Leukozytenunterarten wird als weißes oder<br />
auch Differentialblutbild bezeichnet, wobei<br />
in der Literatur der Begriff Differentialblutbild<br />
zum Teil auch weitere Parameter wie<br />
Erythrozyten- oder Thrombozytenmorphologie<br />
mit einschließt. Neben den absoluten<br />
Zellzahlen wird auch der prozentuale Anteil<br />
an der Gesamt-Leukozytenanzahl gemessen.<br />
Es können Granulozyten, Monozyten<br />
und Lymphozyten unterschieden werden.<br />
Die Bestimmung der Leukozytenarten<br />
erfolgt entweder mechanisiert mittels Widerstandsmessung<br />
und Laser-Streulichtmessung<br />
oder per Blutausstrich unter dem<br />
Mikroskop. Beim Blutausstrich wird ein Blutstropfen<br />
auf einem Objektträger zu einem<br />
dünnen Film ausgestrichen, getrocknet und<br />
fixiert. Anschließend kann der Blutausstrich<br />
angefärbt werden z. B. mit Methylenblau<br />
(basischer blauer Farbstoff) oder Eosin (saurer<br />
roter Farbstoff) und unter dem Mikroskop<br />
begutachtet werden. Es gibt auch computergesteuerte<br />
Videomikroskope, die mit<br />
Hilfe sogenannter Pattern-Recognition-Programme<br />
Blutausstriche auswerten können.<br />
hüllte Bläschen) ist nur schwach anfärbbar<br />
und erscheint daher im Blutausstrich farblos<br />
bis lachsfarben. Eine Erhöhung der Neutrophilen<br />
wird als Neutrophilie bezeichnet<br />
und findet sich bei akuten entzündlichen<br />
Geschehen, aber auch nach starken körperlichen<br />
Leistungen, Rauchern und Schwangeren.<br />
Entzündliche Erkrankungen gehen oft<br />
auch mit einer Linksverschiebung einher, einem<br />
erhöhten Anteil (über 5 %) an unreifen<br />
neutrophilen Granulozyten und dessen Vorstufen<br />
im Blutbild. Eine Neutropenie, eine<br />
Verringerung der Neutrophilen-Anzahl, tritt<br />
unter anderem bei bestimmten bakteriellen<br />
Infektionen auf.<br />
Eosinophile Granulozyten (EOS) haben<br />
einen Anteil von E % = 1–3 % (50–300 μl/<br />
Blut) an der Gesamtzahl der Leukozyten<br />
und sind an der Bekämpfung von Infektionen<br />
mit Würmern beteiligt. Im Blutausstrich<br />
lässt sich ihre Granula gelblich-rot anfärben.<br />
Parasitäre Erkrankungen, Allergien, Autoimmunerkrankungen<br />
und andere Ursachen<br />
können zu einem Anstieg der Eosinophilen,<br />
einer sogenannten Eosinophilie, führen. Die<br />
Verringerung, die Eosinopenie, kann bei<br />
Cortison-Therapie und Erkrankungen mit<br />
vermehrter Nebennierensteroid-Produktion<br />
beobachtet werden.<br />
Basophile Granulozyten (BASO) machen<br />
mit % B = 0–1 % (0–50 μl/Blut) den<br />
geringsten Anteil der gesamten Leukozyten<br />
aus und setzen bei der immunvermittelten<br />
Sofortreaktion Heparin und Histamin frei.<br />
Sie erscheinen im eingefärbten Blutausstrich<br />
bläulich. Die Vermehrungen der Basophilen<br />
im Sinne einer Basophilie kann bei myeloproliferativen<br />
Erkrankungen auftreten. Aufgrund<br />
des geringen Anteils an Basophilen<br />
an der Gesamt-Leukozytenzahl ist eine Verringerung<br />
(Basopenie) schwer zu diagnostizieren.<br />
Ursächlich können ein erhöhter Glukokortikoid-Spiegel,<br />
Hyperthyreose, Stress<br />
oder bei Frauen auch die Ovulation sein.<br />
Der Anteil an Monozyten (MONO) an der<br />
Zahl der weißen Blutzellen beträgt % M =<br />
4–8 % (200–800 μl/Blut). Sie sind Vorläuferzellen<br />
einer Reihe von Zellarten, die unter<br />
dem Namen mononukleäres Phagozytensystem<br />
zusammengefasst werden. Auf chemo-<br />
Neutrophile Granulozyten (NEU) machen<br />
mit % N = 40–60 % (2000–6000 μl/<br />
Blut) den größten Anteil an den weißen<br />
Blutkörperchen aus und spielen eine wichtige<br />
Rolle bei der Zerstörung und Abwehr<br />
von Bakterien. Ihre Granula (membranumtaktische<br />
Reize hin wandern die Zellen vom<br />
Blut ins Gewebe, transformieren dort in ihre<br />
Zellart und üben ihre jeweilige Funktion aus<br />
(u. a. Phagozytose, Freisetzung von Zytokinen,<br />
Antigenpräsentation). Im Blutausstrich<br />
sind sie typischerweise die größten Zellen<br />
und haben blaugraues Zytoplasma. Nach<br />
Infekten oder verschiedenen nicht-infektiösen<br />
Krankheiten wie Leberzirrhose kann<br />
eine Monozytose, eine Erhöhung der Anzahl<br />
an Monozyten auftreten, wohingegen<br />
einer Monozytopenie, einer Verringerung,<br />
nur geringe klinische Bedeutung zukommt.<br />
Die Lymphozyten (LYM) haben einen<br />
Anteil von %L = 22–47 % (1000–4000 μl/<br />
Blut) an den Leukozyten und erfüllen im<br />
Rahmen der spezifischen zellulären und humoralen<br />
Abwehr verschiedene Aufgaben,<br />
u. a. Bildung von Antikörpern. Die azurophile<br />
Granula von Lymphozyten lässt sich<br />
im Blutausstrich rötlich anfärben. Bei der<br />
Lymphozytose, der Vermehrung der Anzahl<br />
an Lymphozyten, kann eine reaktive<br />
Lymphozytose im Kindes- und Jugendalter<br />
bei verschiedenen Infektionskrankheiten<br />
z. B. infektiöse Mononukleose von einer<br />
Lymphozytose durch neoplastische Zellausschwemmungen<br />
bei älteren Menschen unterschieden<br />
werden. Die Verringerung der<br />
Lymphozyten (Lymphopenie) ist am häufigsten<br />
auf eine HIV-Infektion zurückzuführen,<br />
aber auch andere Infektionskrankheiten<br />
können für eine Lymphopenie verantwortlich<br />
sein.<br />
Literatur<br />
Adewoyin A.S., Nwogoh B. (2014): Peripheral blood<br />
film – A review. Ann Ibd Pg Med 12 (2): 71–79.<br />
Baumhoer D., Steinbrück I., Götz W. (2003): Histologie.<br />
Kurzlehrbuch zum Gegenstandskatalog. 2. Aufl., Urban<br />
& Fischer Verlag, München, Jena: 100–104.<br />
Dörner K. (2006): Klinische Chemie und Hämatologie.<br />
6. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart: 232–261.<br />
Hallbach J. (2006): Klinische Chemie und Hämatologie<br />
für den Einstieg. 2. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart:<br />
401–411.<br />
Stolba R. (2011): Labordiagnostik und Differentialdiagnose<br />
von Veränderungen der Leukozyten und ausgewählten<br />
hämatoonkologischen Erkrankungen.<br />
In: Halwachs-Baumann G (Hrsg.): Labormedizin.<br />
Klinik – Praxis – Fallbeispiele. 2. Aufl., Springer-Verlag,<br />
Wien: 233–270.<br />
Tiran B. (2011): Grundlagen, Erythrozyten, Thrombozyten.<br />
In: Halwachs-Baumann G (Hrsg.): Labormedizin.<br />
Klinik – Praxis – Fallbeispiele. 2. Aufl., Springer-Verlag,<br />
Wien: 207–232.<br />
Walzog B., Fandrey J. (2010): Blut: Ein flüssiges Organsystem.<br />
In: Klinke R, Pape H-C, Kurtz A, Silbernagl S<br />
(Hrsg.): Physiologie. 6. Aufl., Georg Thieme Verlag,<br />
Stuttgart, New York: 224–256.<br />
36 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
STUDIENZUSAMMENFASSUNGEN<br />
fotolia: © Amero<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Studien liefern uns interessante und wichtige Informationen<br />
zur Behandlung unserer Patienten. Doch<br />
leider hat man nicht immer die Zeit, sich intensiv<br />
mit wissenschaftlichen Arbeiten<br />
zu beschäftigen. Damit Ihr<br />
trotzdem einen Einblick in neue<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse bekommt, findet Ihr<br />
hier verschiedene Zusammenfassungen von Studien,<br />
die für die Therapie interessant sein könnten.<br />
Techniken zur Unterstützung der Regeneration von Hand- und Armfunktion nach Schlaganfall – ein systematisches Review<br />
Die WHO geht von einem Anstieg der<br />
Schlaganfallinzidenz um 30 % innerhalb der<br />
nächsten 10 Jahre aus. Die meisten Patienten,<br />
die einen Schlaganfall erleiden oder erlitten<br />
haben, zeigen das Bild einer Hemiparese<br />
mit einer Beeinträchtigung der Hand- und<br />
Armfunktion unterschiedlichen Ausmaßes.<br />
Daher ist es wichtig, geeignete Therapiestrategien<br />
für die Rehabilitation dieser Patienten<br />
zu entwickeln bzw. die vorhandenen<br />
Konzepte auf ihre Effektivität hin zu überprüfen.<br />
Die Arbeitsgruppe um Hatem (<strong>2016</strong>) hat<br />
insgesamt 5712 Publikationen zur Rehabilitation<br />
nach Schlaganfall gesichtet und 270<br />
Arbeiten entsprechend vorab beschriebener<br />
Kriterien in eine systematische Literaturarbeit<br />
eingeschlossen. Die methodologische<br />
Silke Wolf<br />
Qualität der Studien wurde mittels PEDro<br />
Score erhoben. Alle Arbeiten mit einem<br />
Wert von unter 4 von 10 möglichen Punkten<br />
wurden aufgrund geringer Qualität ausgeschlossen.<br />
Insgesamt wurden 27 Therapiemodalitäten<br />
untersucht und in sechs Kategorien unterteilt:<br />
(1) neurofazilitatorische oder übungsbasierte<br />
Ansätze, (2) isolierte Konzepte, (3)<br />
Konzepte basierend auf motorischem Lernen,<br />
(4) Interventionen basierend auf Theorien<br />
der Spiegelneurone oder Bewegungsvorstellung,<br />
(5) adjuvante Therapien und (6)<br />
Technologie-unterstützte Therapien.<br />
Als Ergebnis der Literaturarbeit wurde ein<br />
Decision tree erstellt, der die Therapiemodalitäten,<br />
entsprechend der aktuellen Evidenz,<br />
den unterschiedlichen Stadien nach<br />
Schlaganfall (akut, sub-akut, chronisch) zuordnete.<br />
Außerdem flossen Faktoren wie die<br />
Möglichkeit, die Hand zu bewegen oder der<br />
Grad der Spastizität in das vorgeschlagene<br />
Rehabilitationsschema ein. Den primären Rehabilitationsstrategien<br />
(wie z. B. Kräftigungsübungen)<br />
wurden zudem ergänzende Therapien<br />
(wie z. B. Bewegungsvorstellung oder<br />
nicht-invasive Hirnstimulation) zugeordnet.<br />
Somit gibt der Artikel einen guten Überblick<br />
über die aktuelle wissenschaftliche Situation<br />
der Neurorehabilitation und ist als Open Access<br />
für jeden zugänglich.<br />
Literatur<br />
Hatem S., Saussez G., Faille M., Prist V., Zhang<br />
X., Dispa D., Bleyenheuft Y. (<strong>2016</strong>): Rehabilitation<br />
after stroke: a multiple systematic review focused<br />
on techniques to stimulate upper extremity recovery.<br />
Frontiers in Human Neuroscience 10: 442.<br />
Heimtrainingsprogramm für Menschen mit cystischer Fibrose<br />
Menschen, die an cystischer Fibrose leiden,<br />
profitieren häufig von körperlichem<br />
Training. So kommt es zu einer Verbesserung<br />
der kardiorespiratorischen und immunologischen<br />
Funktion sowie zu einer Steigerung<br />
der Ausdauer der Atemwegsmuskulatur. Als<br />
Alternative zu betreuten Übungsprogrammen<br />
werden häufig Heimübungsprogramme<br />
angeboten, deren Wirkung wissenschaftlich<br />
allerdings nur ungenügend untersucht sind.<br />
Rovedder et al. (2014) untersuchten daher in<br />
einer randomisierten klinischen Studie (RCT)<br />
die Effektivität eines Ausdauer- und Krafttrainings,<br />
welches von den Probanden zu<br />
Hause durchgeführt wurde.<br />
Das Forscherteam schloss in seine Studie 41<br />
Probanden ein, von denen 21 auf die Kon-<br />
Stephan Kruft<br />
troll- und 19 auf die Übungsgruppe fielen.<br />
Während die Probanden der Übungsgruppe<br />
über einen Zeitraum von 3 Monaten zu<br />
Hause ein tägliches Kraft- und Ausdauertraining<br />
absolvierten, führte die Kontrollgruppe<br />
ihre gewöhnlichen Aktivitäten aus. Als Outcome<br />
bestimmten die Forscher sowohl die<br />
Lebensqualität (Messinstrument: SF-36, Cystic<br />
Fibrosis Questionaire) als auch die Gehstrecke<br />
(Messinstrument: 6 MWT) sowie die<br />
Maximalkraft der Ellenbogenflexoren und<br />
Knieextensoren (Messinstrument: 1 RM).<br />
Ergebnis: Die Probanden der Übungsgruppe<br />
zeigten 3 Monate nach Aufnahme des<br />
Übungsprogramms gegenüber den Teilnehmern<br />
der Kontrollgruppe eine signifikant<br />
höhere Kraft der Beinmuskulatur. Hinsichtlich<br />
der Gehstrecke, der Lebensqualität oder<br />
der Kraft der Ellenbogenflexoren konnten<br />
allerdings keine signifikanten Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen gefunden werden.<br />
Als ein Grund für die nicht vorhandenen<br />
Unterschiede dieser Parameter führt das<br />
Forschungsteam an, dass die Interventionszeit<br />
von 3 Monaten möglicherweise für eine<br />
Veränderung zu kurz war. Da eine cystische<br />
Fibrose häufig mit einem Kraftdefzit des<br />
M. quadriceps einhergeht, ist ein solches<br />
Heimprogramm demnach von Bedeutung.<br />
Literatur<br />
Rovedder P.M.E., Flores J., Ziegler B., Casarotto F.,<br />
Jaques P., Barreto S.S.M., Dalcin P.T.R. (2014):<br />
Exercise programme in patients with cystic<br />
fibrosis: A randomized controlled trial. Respiratory<br />
Medicine 108, 1134–1140.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 37
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Ältere Menschen trainieren auch bei hoher Trainingsintensität motiviert und regelmäßig<br />
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass<br />
sowohl eine niedrige als auch eine hohe Intensität<br />
beim Krafttraining gleichermaßen<br />
effektiv ist, um Muskelkraft und -funktion<br />
bei älteren Menschen zu verbessern. Ob jedoch<br />
die verschiedenen Intensitäten einen<br />
unterschiedlichen Einfluss auf die Trainingsadhärenz<br />
und die Motivation von älteren<br />
Menschen haben, wurde in folgender Studie<br />
untersucht. Ziel der Studie war es, die langfristige<br />
Trainingsadhärenz von Krafttraining<br />
bei verschiedenen Intensitäten zu vergleichen<br />
sowie die damit verbundene Motivation<br />
und das Selbstvertrauen, die Übungen<br />
regelmäßig durchzuführen.<br />
In die Studie wurden 56 ältere Menschen<br />
(Durchschnitt: 68 Jahre) randomisiert einem<br />
folgenden Trainingsprogrammen<br />
zugewiesen: Gruppe »HIGH« (2 × 10–15<br />
Wiederholungen bei 80 % der maximalen<br />
Wiederholungszahl [1RM]), Gruppe »LOW«<br />
(1 × 80–100 Wiederholungen bei 20 % der<br />
maximalen Wiederholung), oder Gruppe<br />
»LOW+« (1 × 60 Wiederholungen bei 20 %<br />
bei 1 RM + 1 × 10–20 Wiederholungen bei<br />
Noëmi Hagemann<br />
40 % 1 RM). Die Trainingsadhärenz, Selbstwirksamkeit<br />
und autonome Motivation<br />
wurde zur Baseline, während und nach der<br />
Intervention gemessen sowie nach einem<br />
24-Wochen-Follow-Up. Nach dem Krafttraining<br />
stand es den Teilnehmern frei, ob sie<br />
das Training fortsetzen.<br />
Die Studie ergab, dass sowohl während<br />
als auch nach der Intervention bezüglich<br />
der Motivation, der Selbstwirksamkeit und<br />
des langfristigen Einhaltens des Trainings<br />
Fotolia © Sven Vietense<br />
keine signifikanten Unterschiede gemessen<br />
werden konnten. Alle Werte waren überdurchschnittlich<br />
hoch. Nach dem 24-Wochen-Follow-Up<br />
führten allerdings nur wenige<br />
das Training weiterhin durch: 17 % in<br />
der Gruppe »HIGH«, 21 % in »LOW+«, und<br />
11 % in »LOW«. Als Barrieren wurde von<br />
den Teilnehmern der Zeitfaktor (46 %), saisonale<br />
Gründe (40 %) und finanzielle Kosten<br />
(26 %) sowie ein größeres Interesse an anderen<br />
Sportarten (40 %) beschrieben.<br />
Aus den Ergebnissen lässt sich schließen,<br />
dass ältere Menschen keine motivationalen<br />
Unterschiede zwischen den Trainingsintensitäten<br />
wahrnehmen. Als Konsequenz auf<br />
die geringe Adhärenz nach dem 24-Wochen-Follow<br />
Up kann gezogen werden, dass<br />
ältere Menschen bei der Implementierung<br />
von Krafttraining in ihrer Freizeit sowie von<br />
Strategien zur Überwindung von Barrieren<br />
mehr Unterstützung benötigen.<br />
Literatur<br />
Van Roie E., Bautmans I., Coudyzer W., Boen F.,<br />
Delecluse C. (2015): Low- and High-Resistance<br />
Exercise: Long-Term Adherence and Motivation<br />
among Older Adults. Gerontology 61(6): 551–560.<br />
Wirkung von Therapeutischem Klettern bei Personen mit Multipler Sklerose – Hinweise oder Nachweise?<br />
Nicht zuletzt aufgrund der bestehenden<br />
Angst einer Krankheitsprogression, galt<br />
Sport oder übermäßige körperliche Anstrengung<br />
bei Patienten mit Multipler Sklerose<br />
lange Zeit als kontraindiziert. Doch auf Basis<br />
neuer Erkenntnisse kam es in den letzten<br />
Jahrzehnten bei diesem Krankheitsbild<br />
immer mehr zu einem Paradigmenwechsel<br />
hin zu der Empfehlung zum Sport. Ziel dieser<br />
Studie ist es, den Einfluss eines speziell<br />
entwickelten Übungsprogramms auf motorische<br />
und psychosoziale Faktoren der Erkrankung<br />
MS zu untersuchen.<br />
Das Studiendesign entsprach einer kontrollierten<br />
randomisierten Interventionsstudie<br />
(RCT) im Prä-Post-Design. Hierzu wurden<br />
insgesamt 27 Personen mit MS untersucht.<br />
Die Interventionsgruppe (I) bestand aus 12<br />
und die Kontrollgruppe (K) aus 15 Personen.<br />
Die Einschlusskriterien lauteten: gesicherte<br />
Diagnose der MS (Arztbrief), Alter 25–65<br />
Jahre, EDSS 0–7 Punkte, keine schwerwie-<br />
Michael Meyer<br />
genden Zusatzerkrankungen, keine Klettererfahrung<br />
sowie das selbstständige Erreichen<br />
des Trainingsortes. Trat ein Schub innerhalb<br />
des Interventionszeitraums (6 Monate)<br />
auf oder konnten die Teilnehmer nicht<br />
mindestens 18 der geforderten 20 Einheiten<br />
(je 2 Stunden) absolvieren, galt dies als Ausschlusskriterium.<br />
Der Inhalt des Interventionsprogramms bestand<br />
u. A. aus Top-rope-Klettern an einer<br />
13 Meter hohen Kletterwand sowie aus<br />
selektiven Übungen an der Sprossenwand<br />
mit Kletterwandelementen. Neben dem<br />
Neurostatus mittels EDSS (Multiple Sclerosis<br />
Functional Composite) wurden motorische<br />
Testverfahren (Gleichgewichtstests mit und<br />
ohne externe Störvariablen, Ganganalyse)<br />
sowie Fragebögen zu psychosozialen Parametern<br />
verwendet. Zusätzlich schrieb jeder<br />
Studienteilnehmer seine persönliche Einschätzung<br />
nach jeder Einheit auf.<br />
Die Auswertung der Daten zeigte sowohl<br />
innerhalb der Interventionsgruppe eine signifikante<br />
Reduktion des Fatigue-Werts<br />
(p = 0,011) als auch im Vergleich zur Kontrollgruppe<br />
(p = 0,031). Ebenso konnten in<br />
der Interventionsgruppe hinsichtlich des körperlichen<br />
Fatigue-Werts (KÖRP) (p = 0,021)<br />
und des kognitiven Fatigue-Werts (KOG)<br />
(p = 0,012) signifikante Verbesserungen erreicht<br />
werden.<br />
Das Klettern scheint für Personen mit MS<br />
eine geeignete Therapieform darzustellen<br />
und den Einzelnen zu mehr körperlicher Aktivität<br />
und Selbstständigkeit zu motivieren.<br />
Es sind jedoch weitere Studien notwendig,<br />
die zur Klärung von Wirkung und Hintergründen<br />
des Therapeutischen Kletterns für<br />
den direkten Anwendungsbezug in der Therapie<br />
beitragen.<br />
Literatur<br />
Kern C., Elmenhorst J., Oberhoffer R. (2013):<br />
Wirkung von Therapeutischem Klettern bei<br />
Personen mit Multipler Sklerose – Hinweise oder<br />
Nachweise? Neurol Rehabil 19 (4): 247-256.<br />
38 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Für viele Schüler und Studierende zählt<br />
das Fach »Berufskunde« nicht gerade zu<br />
den spannendsten Fächern in der Physiotherapieausbildung.<br />
Allerdings kann<br />
das Wissen über Regelungen und Gesetze<br />
für die spätere Arbeit sehr wichtig<br />
sein. In dieser Rubrik bekommt Ihr<br />
einen Einblick, welche Gesetze und Regelungen<br />
besonders relevant sind und<br />
was sie genau bedeuten.<br />
Fotolia © Thomas Reimer<br />
GESETZE<br />
ARBEITSVERTRÄGE<br />
Nach unzähligen Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen<br />
hast Du nun endlich Deine Traumanstellung bekommen.<br />
Aber nicht der Wohnortswechsel oder das neue Arbeitsumfeld<br />
bereitet Dir Sorgen, sondern der in Rechtsdeutsch verfasste<br />
Arbeitsvertrag. Wenn es um das Sammelwerk von Vorschriften<br />
und Belehrungen geht, staunen viele nicht schlecht, wenn<br />
sie die Vielzahl verfasster Klauseln lesen, die künftig bestimmen<br />
sollen, wie ihre Tätigkeit gestaltet, bezahlt und gekündigt<br />
werden soll. Wird der Vertrag jedoch genauer betrachtet,<br />
findet sich der Arbeitgeber in einer Reihe von rechtlichen Geheimhaltungsauflagen,<br />
Verhaltenspflichten und Kündigungsvorgaben<br />
wieder. Wenn Du Dir nach genauerem Studieren<br />
der vielen Textzeilen einen groben Überblick verschafft hast,<br />
stellst Du Dir die Frage nach dem Inhalt: Sind die Formulierungen<br />
eigentlich rechtens oder gesetzeswidrig? Welche Inhalte<br />
sollen in meinem Arbeitsvertrag festgehalten werden? Hat der<br />
Arbeitgeber bei der Gestaltung des Vertrags Mitspracherecht?<br />
Vertragsabschluss<br />
Zuerst einmal ist es von Vorteil zu wissen, was genau ein Arbeitsvertrag<br />
ist. Dieser kann schriftlich, mündlich und sogar<br />
stillschweigend vereinbart werden. Stillschweigend bedeutet<br />
in dem Fall, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit aufnimmt,<br />
ohne dem Arbeitgeber zu widersprechen. Jedoch wird der<br />
Vertrag dem Arbeitnehmer meist in Papierform vorgelegt. Allgemeingesprochen<br />
ist ein Arbeitsvertrag ein Vertrag, der zwischen<br />
dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossen<br />
wird und die wechselseitige Rechtsbeziehung beider Parteien<br />
regelt (Berufsverband der Rechtsjournalisten e. V. <strong>2016</strong>). So<br />
heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):<br />
§<br />
»(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher<br />
Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen<br />
Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten<br />
Vergütung verpflichtet.<br />
Text: Patricia Frahm<br />
(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste<br />
jeder Art sein.«<br />
BGB, § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag <strong>2016</strong><br />
Durch den Vertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer, und<br />
zwar nur er, die festgelegte Arbeitsleistung zu erbringen:<br />
§<br />
»Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste<br />
im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die<br />
Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.«<br />
BGB, § 613 Unübertragbarkeit <strong>2016</strong><br />
Hier wird der Grundsatz der »Höchstpersönlichkeit« beschrieben.<br />
In einem standardisierten Arbeitsvertrag stimmt der Arbeitnehmer<br />
zu, dass er seinen Dienst selbst ausübt und nicht<br />
auf Dritte übertragen kann. Wird ein Vertrag dahingehend<br />
individuell angepasst, sind Abweichungen im Falle einer unvorhergesehenen<br />
Verhinderung des Arbeitnehmers in engen<br />
Grenzen möglich. Ist ein Arbeitnehmer z. B. als ärztliches Hilfspersonal<br />
tätig, so ist es zulässig, dass bei routinemäßigen<br />
Nachsorgeuntersuchungen der Arzt durch eine Hilfskraft vertreten<br />
wird. Dies gilt als unterstützende Dienstleistung und ist von<br />
der Unübertragbarkeit der Tätigkeit ausgenommen (BAG 1992).<br />
Lohn<br />
Im Gegenzug hat der Arbeitgeber die Pflicht, entsprechende<br />
vereinbarte Arbeitsaufwandsentschädigung (Arbeitslohn) zu<br />
einem festgelegten Zeitpunkt an seinen Mitarbeiter zu entrichten<br />
(Einbock GmbH 2013). Das BGB formuliert es wie folgt:<br />
§<br />
»Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu<br />
entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten<br />
bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen<br />
Zeitabschnitte zu entrichten.«<br />
BGB, § 614 Fälligkeit der Vergütung <strong>2016</strong><br />
Die Höhe des Lohns entspricht immer dem Aufwand der Tätigkeit<br />
und wird durch Tarifgruppen des jeweiligen Bundeslandes<br />
eingestuft (BGB, § 612 Vergütung <strong>2016</strong>).<br />
<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 39
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Nicht tariflich gebundene Arbeitnehmer werden vom Arbeitgeber<br />
nach bestimmten Kriterien von einem Angestellten unterschieden.<br />
Diese und die dazugehörigen Lohnbestimmungen<br />
werden über das nationale Arbeitsrecht und Sozialrecht<br />
festgelegt. Meist bekleiden solche Angestellten einen Posten,<br />
dessen Beschreibung keiner Tarifgruppe entspricht oder zusätzlich<br />
weitaus verantwortungsvollere Aufgaben<br />
beinhaltet als die der beschriebenen Tätigkeit.<br />
Diese Arbeitnehmer werden dementsprechend<br />
mit mehr als dem üblichen Gehalt<br />
ihrer Tarifgruppe vergütet (WKO <strong>2016</strong>).<br />
Es wird davon ausgegangen, dass<br />
der Dienstleistende natürlich auch nur<br />
vergütet wird, wenn er die entsprechende<br />
Leistung erbringt. Was passiert<br />
jedoch wenn der Arbeitnehmer plötzlich<br />
arbeitsunfähig wird?<br />
Arbeitsausfälle<br />
Arbeitsausfälle kommen bundesweit meist durch<br />
Krankheit, Urlaubsanspruch oder Feiertage zustande. Hier<br />
sind festgelegte Regelungen zur Versorgung des Erkrankten<br />
in einem Arbeitsvertrag unabdingbar. Im Jahr 2014 kamen<br />
laut statista.com auf eine versicherte Person der Betriebskrankenkassen<br />
durchschnittlich rund 17,4 Arbeitsunfähigkeitstage<br />
pro Jahr (statista <strong>2016</strong>). Darunter zählen Ausfälle durch psychische<br />
Erkrankungen, Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems<br />
oder des Atmungssystems (unter anderem auch ein grippaler<br />
Infekt) (Kordt 2013). Damit der Arbeitnehmer unter solchen<br />
Umständen ärztlich versorgt wird, stellt das BGB in Arbeitsverträgen<br />
folgende Klausel auf:<br />
§<br />
»(1) Ist bei einem dauernden Dienstverhältnis, welches<br />
die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig<br />
oder hauptsächlich in Anspruch nimmt, der<br />
Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen,<br />
so hat der Dienstberechtigte ihm im Falle<br />
der Erkrankung die erforderliche Verpflegung und<br />
ärztliche Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen,<br />
jedoch nicht über die Beendigung des Dienstverhältnisses<br />
hinaus, zu gewähren, sofern nicht die<br />
Erkrankung von dem Verpflichteten vorsätzlich oder<br />
durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist.<br />
(…)«<br />
BGB, § 617 Pflicht zur Krankenfürsorge <strong>2016</strong>)<br />
Auch die Lohnfortzahlung ist durch dieses Gesetz gewährleistet.<br />
Angenommen der Arbeitnehmer ist nicht erkrankt, sondern<br />
durch den Ausfall der Straßenbahn, eine Ladung als Zeuge<br />
oder einen Todesfall in der Familie verhindert? Wird dem Arbeitnehmer<br />
dann trotzdem sein volles Gehalt am Monatsende<br />
ausgezahlt? Vertraglich festgehalten wird diese Regelung<br />
im BGB durch den Artikel der »Vorübergehenden Verhinderung«:<br />
§<br />
»Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs<br />
auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass<br />
er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch<br />
einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden<br />
an der Dienstleistung verhindert wird (…)«<br />
BGB, § 616 <strong>2016</strong><br />
Wichtig ist hierbei, dass der Verhinderungsgrund<br />
nur auf den Arbeitnehmer zutrifft und nicht<br />
auf mehrere Personen in der Belegschaft.<br />
Subjektive Gründe ohne in der Person des<br />
Arbeitnehmers liegende Gründe sind<br />
z. B. Eisglätte, bundesweite Trauer oder<br />
Verkehrsstörungen. Der Arbeitnehmer<br />
kann ebenfalls persönliche Gründe geltend<br />
machen, wie schwere Ereignisse im<br />
Familienkreis, staatsbürgerliche Pflichten<br />
und Erkrankung oder Pflege Angehöriger<br />
(Rößler <strong>2016</strong>). In diesen Fällen ist eine Kündigung<br />
seitens des Arbeitgebers unzulässig.<br />
Kündigungsschutz und Kündigung<br />
Im weiteren Verlauf der Rechtsgrundlagen in Bezug auf die Inhalte<br />
des Arbeitsvertrags folgt das Maßregelungsgesetz, welches<br />
dem Arbeitnehmer bei rechtem Verhalten Kündigungsschutz<br />
gewährt.<br />
§<br />
»Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer<br />
Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen,<br />
weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise<br />
seine Rechte ausübt.«<br />
BGB, § 612a Maßregelungsverbot<br />
Die Kündigung seitens des Arbeitgebers ist somit unwirksam,<br />
wenn der Arbeitnehmer beispielsweise eine Freistellung im<br />
Krankheitsfall des Kindes oder eine tarifgerechte Bezahlung<br />
fordert. Auch die Forderung nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag<br />
oder die korrekte Abmeldung bei bescheinigter<br />
Arbeitsunfähigkeit, kann nicht zu einer Kündigung führen.<br />
Beschrieben wird außerdem, dass der Arbeitnehmer auch geschützt<br />
ist, wenn er vermeintliche Ansprüche geltend macht,<br />
die ihm eigentlich gar nicht zustehen. Denn Sinn des Maßregelungsgesetztes<br />
ist es, die Betriebsangehörigen in ihrer<br />
Selbstbestimmung zu bekräftigen (Rumke <strong>2016</strong>).<br />
Kommt es dann tatsächlich zur Einstellung des Dienstverhältnisses,<br />
ist dies in mehr als zehn Paragrafen geregelt. Nachfolgend<br />
werden nicht alle Klauseln hierzu angefügt, sondern<br />
nur ein grober Überblick gegeben.<br />
Nachvollziehbar ist, dass das Vertragsverhältnis dann endet,<br />
wenn es der Arbeitsvertrag vorsieht, z. B. bei einem befristeten<br />
Arbeitsvertrag (BGB, § 620 (1) & (3) Beendigung des<br />
Dienstverhältnisses <strong>2016</strong>). Eine Kündigung eines Vertragsverhältnisses<br />
im öffentlichen Dienst erfolgt nach bestimmten<br />
Zeitabschnitten. Ist die Vergütung beispielsweise nach Tagen<br />
bemessen, so ist eine Kündigung an jedem Tag für den Ablauf<br />
des Folgetages zulässig. Wenn …<br />
40 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
§<br />
»… die Vergütung (jedoch) nach Monaten bemessen<br />
(…) (wird), (so ist die Kündigung) spätestens am 15.<br />
eines Monats für den Schluss des Kalendermonats<br />
(fällig).«<br />
BGB, § 621 Kündigungsfristen bei Dienstverhältnissen <strong>2016</strong><br />
Bei einem Vertragsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und<br />
einem Arbeitnehmer in einem Unternehmen oder einem Betrieb<br />
schreibt das BGB eine andere Regelung vor:<br />
»(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines<br />
§<br />
Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist<br />
von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende<br />
eines Kalendermonats gekündigt werden.<br />
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt<br />
die Kündigungsfrist (…) (im Falle des Arbeitsverhältnisses<br />
von):<br />
1. zwei Jahre(n) (…), einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,<br />
2. fünf Jahre(n) (…), zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,<br />
(usw.)«<br />
BGB, § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen <strong>2016</strong><br />
In Zeiten von modernen Apps und offline Postfächern darf<br />
bei einer Kündigung jedoch niemals auf<br />
eine elektronische Form zurückgegriffen<br />
werden. Damit die Vertragsauflösung<br />
bzw. Kündigung wirksam<br />
wird, bedarf es ausdrücklich der<br />
Schriftform (BGB, § 623 Schriftform<br />
der Kündigung <strong>2016</strong>).<br />
Attraktiv ist für einen nicht<br />
rechtskundigen Arbeitnehmer,<br />
beispielsweise im Falle einer<br />
fristlosen Kündigung (BGB, § 626<br />
Fristlose Kündigung aus wichtigem<br />
Grund <strong>2016</strong>), die Information zur<br />
Literatur<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Freistellung für die Suche nach einer Neuanstellung. Rechtlich<br />
sieht das Gesetz folgendes im Vertrag vor:<br />
»Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses<br />
hat der Dienstberechtigte dem Verpflichte-<br />
§<br />
ten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen<br />
eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.«<br />
BGB, § 629 Freizeit zur Stellungssuche <strong>2016</strong><br />
Auch die Pflicht des Arbeitgebers, dem Dienstleister ein Arbeitszeugnis<br />
in schriftlicher Form auszustellen, gehört zu<br />
den rechtlich geregelten Komponenten eines Arbeitsvertrags<br />
(BGB, § 630 Pflicht zur Zeugniserteilung <strong>2016</strong>).<br />
Verpflichtungen<br />
Neben diversen grundsätzlichen Regelungen zum Vertragsverhältnis<br />
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, reihen sich<br />
noch weitere Nebenverpflichtungen, die in jedem Arbeitsvertrag<br />
formuliert sind. Die Verschwiegenheitspflicht zählt mitunter<br />
zu den Standardauflagen eines Vertrags. Der Arbeitnehmer<br />
verpflichtet sich, Stillschweigen hinsichtlich der Interessen<br />
des Arbeitgebers und interne Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse<br />
zu bewahren (Berufsverband der Rechtsjournalisten e. V.,<br />
<strong>2016</strong>). Weitere Regelungen, die dringend im Arbeitsvertrag<br />
vermerkt werden sollten, sind der Anspruch auf Urlaub<br />
von mindestens 24 Werktagen im Jahr. Dieser ist vom<br />
Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) festgesetzt (Deutsche<br />
Wirtschafts-AG 2015).<br />
Hat sich der Arbeitgeber durch den Salat an<br />
Klauseln und Rechtsfloskeln gekämpft, besteht<br />
vor der Zustimmung die Möglichkeit zu entscheiden,<br />
ob, mit wem, mit welchem Inhalt und<br />
in welcher Form der Vertrag geschlossen werden<br />
soll. Denn beim Abschluss eines Arbeitsvertrags<br />
gilt von Grund auf das Prinzip der Vertragsfreiheit<br />
(Bundeszentrale für politische Bildung 2015).<br />
Becker C. (<strong>2016</strong>): Arbeitsrecht – Arbeitsvertrag. Zugriff am 28.09.<strong>2016</strong>:<br />
http://www.rechtswoerter buch.de/recht/a/arbeitsvertrag/.<br />
Berufsverband der Rechtsjournalisten e. V. (<strong>2016</strong>): Der Arbeitsvertrag – das Arbeitsrecht definiert die Schranken. Zugriff am 27.09.<strong>2016</strong>:<br />
http://www.arbeitsvertrag.org.<br />
BGB (<strong>2016</strong>): Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag. Zugriff am 28.09.<strong>2016</strong>: Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz unter<br />
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__611.html.<br />
Bundesarbeitsgericht (1992): Urteil vom 11.03.1992. Zugriff am 08.10.<strong>2016</strong>:<br />
https://www.jurion.de/de/document/show/0:448947,0/.<br />
Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Vertragsfreiheit. In: Duden Recht A–Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. (3).<br />
Berlin: Bibliographisches Institut. Zugriff am 15.10.<strong>2016</strong>:<br />
http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/23161/vertragsfreiheit.<br />
§<br />
GESETZE<br />
ARBEITSVERTRÄGE<br />
Anmerk.: Da die Literaturliste sehr lang ist, haben wir hier nur eine kleine Auswahl<br />
der verwendeten Quellen. Die vollständige Liste findet Ihr mit dem QR-Code.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 41
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 43
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Bücher, Lehr-Videos, CD-Roms, Lernkarten – heutzutage<br />
gibt es eine große Fülle an Informationsquellen.<br />
Aber woher weiß man eigentlich, welche sich zu fen lohnen?<br />
Auf genau diese Frage findet Ihr hier eine Antwort.<br />
In dieser Kolumne werden wir in jeder Ausgabe Bücher<br />
und Medien vorstellen, auf die das Wort »emp-<br />
kaufehlenswert«<br />
zutrifft.<br />
BILDATLAS<br />
MANUELLE THERAPIE<br />
Text: Nils Ahlandt<br />
Die Manuelle Therapie ist ein Therapiekonzept, das wesentliche<br />
Elemente der Untersuchung und Behandlung von Gelenken,<br />
Muskeln und neuronalen Strukturen beinhaltet. Die<br />
Grundlagen des manualtherapeutischen Konzeptes werden<br />
bereits in der Ausbildung an Physiotherapieschulen vermittelt.<br />
Schon während der Ausbildung oder dem Studium lernt man<br />
im Fach Manuelle Therapie zahlreiche Untersuchungs- und Behandlungstechniken<br />
zu sämtlichen Extremitätengelenken und<br />
gelegentlich auch zum Rumpf.<br />
Der Bildatlas der Manuellen Therapie von Udo Wolf umfasst<br />
alle Techniken, Handgriffe, Untersuchungs- und Behandlungsalgorythmen,<br />
die man während der schulischen Ausbildung<br />
und später im Berufsleben braucht. Das Buch ist somit<br />
ein sehr nachhaltiges Standardwerk, das sowohl zum theoretischen<br />
und praktischen Erlernen der Manuellen Therapie dient,<br />
aber auch ein Nachschlagewerk für erfahrene Physiotherapeuten<br />
ist. Das Besondere an diesem Bildatlas ist die Kombination<br />
aus herausragenden übersichtlichen Abbildungen und einer<br />
verständlichen Textbeschreibung. Eine exakte Ausführung der<br />
Technik ist in der Manuellen Therapie sehr wichtig. Um diese<br />
Präzision zu erlernen, sind alle Handgriffe genau beschrieben.<br />
In der aktuell lieferbaren 3. Auflage wurde der Inhalt ergänzt<br />
um ein 60seitiges Kapitel »Theorie und Grundlagen der<br />
Manuellen Therapie«.<br />
Fazit<br />
Der Bildatlas ist ein überaus hilfreiches Buch für Physiotherapieschüler<br />
zum Erlernen der Technik und zur Prüfungsvorbereitung<br />
sowie für berufstätige Physiotherapeuten. Besonders<br />
das Preis-Leistungsverhältnis ist hier zu erwähnen: 1000 Seiten,<br />
ca. 3000 Abbildungen für 39,80 €. Das Angebot ist preislich<br />
unschlagbar. Bestellt werden kann das Buch (Bestell-Nr.<br />
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44 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
MITMACHEN & AUTOREN<br />
Dein Artikel im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>!<br />
Sei es eine Hausarbeit, eine Bachelor-Thesis oder auch ein Artikel über Deine Schule,<br />
Du kannst ihn uns zuschicken und Teil dieser Zeitschrift werden.<br />
Haben wir Dein Interesse geweckt oder hast Du noch Fragen?<br />
Dann sende eine Mail an: kruft@dieFachwelt.de<br />
Wir freuen uns auf Deine Ideen!<br />
MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!<br />
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Die Autoren dieser Ausgabe:<br />
Verena Gesing<br />
Claudia Barthel Sarah Klamroth Noëmi Hagemann<br />
Tim Bumb<br />
Sven Friese<br />
Lina Wirtz Silke Wolf Susanne Klotz<br />
Michael Meyer<br />
Patricia Frahm<br />
Anna Heller<br />
Stephan Kruft<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 45
MITMACHEN & GEWINNEN<br />
Fotolia © nito<br />
GEWINNSPIEL<br />
ÜBERSETZUNG<br />
Eure Antwort<br />
sendet bitte an:<br />
kruft@dieFachwelt.de<br />
Einsendeschluss ist der<br />
01.02.2017<br />
Studien sind interessant und können bei therapeutischen<br />
Entscheidungen eine wichtige Hilfe sein. Allerdings sind sie<br />
meistens auf Englisch geschrieben, was manchmal etwas abschreckend<br />
wirken kann. Das Schöne ist aber: Je öfter man<br />
englische Studientexte liest, desto schneller kann man sie<br />
lesen und verstehen. In dieser Rubrik könnt Ihr nun Euer Englisch<br />
trainieren und gleich auch noch ordentlich abstauben.<br />
Dazu müsst Ihr nur den Text übersetzen und die Übersetzung<br />
formlos an uns schicken.<br />
Die Übersetzungen werden nach einheitlichen Kriterien bewertet.<br />
Aus allen treffenden Übersetzungen verlosen wir einen Gutschein<br />
für eine deutschsprachige Video-Guideline von Maximilian Herbst.<br />
Comparison Of High And Low Volume Eccentric Resistance Training<br />
In Patients With Jumper’S Knee<br />
Purpose<br />
The purpose of this study was to find a therapie<br />
concept wich save time and enable a<br />
more efficent therapy. The economic factor<br />
out of this purpose is obvious through the<br />
time reduction fact for this treatment. The<br />
these to find out the contents of a referring<br />
methode produced the following consideration:<br />
Identify the effects of comparisson<br />
between a higher volume eccentric training<br />
therapy, to a low volume eccentric therapy<br />
for reducing pain and improve function in<br />
athletic, male patients with insertiotendinopathia<br />
patellae (ITP) or jumper’s knee.<br />
Backround<br />
The present study reported two clinical<br />
methodes in connection with the eccentric<br />
strength training on a decline board to treat<br />
patients with IPT.<br />
Methods<br />
In this randomised controlled trial (mean age<br />
24 years), 16 patients with jumper’s knee<br />
were treated in two homogeneous groups.<br />
Every of both groups consists eight participatients<br />
at the beginning. The allocation<br />
happened in a randomised way. The first<br />
group (low volume) was treated with a one<br />
set eccentric force training with 15 repetitions,<br />
three times a week. The second group<br />
(higher volume) passed a three set eccentric<br />
force training with 15 repititions per set,<br />
also three times a week. Both groups used<br />
a 25 ° inclined decline board. All patients reserved<br />
their sporting activities at the beginning<br />
of the intervention for the following six<br />
weeks. After six weeks they get reintegrate<br />
in their individual sport activities. The patients<br />
were functional assessed with the VISA<br />
(Victorian Institute of Sport Assessment)<br />
score and for pain evaluation by the NRS<br />
(numeric rating scale).<br />
Results<br />
The results of this study shows no significant<br />
measurement differences between the<br />
two groups. Both groups improved their<br />
pain intensity (nrs) and their functional limitations<br />
(visa – scale) during the eight week<br />
treatment programm. Visa: group one – low<br />
volume: 30. 86 points and group two – higher<br />
volume: 33 points. NRS: group one and<br />
group two: four points each.<br />
Conclusion<br />
The results of this randomized clinical trial<br />
advice, that there are no significant differences<br />
between a higher volume or a low volume<br />
eccentric training, when patients with<br />
patella insertiotend.<br />
Geisler S., Alt A.H., Kreutz T. (<strong>2016</strong>): Comparison Of High And Low Volume Eccentric Resistance Training In Patients With Jumper’S Knee. Med Sci Sports 48(5 Suppl 1): 451.<br />
GUIDELINES<br />
Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen geben Leitlinien<br />
(Guidelines) Empfehlungen hinsichtlich des optimalen diagnostischen<br />
und therapeutischen Prozesses für verschiedene Krankheitsbilder.<br />
Die ersten deutschsprachigen Video-Guidelines geben solche wissenschaftsbasierten<br />
Empfehlungen für spezifische Problematiken. Unter<br />
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werden.<br />
Ihr entscheidet, welche Guideline Ihr gewinnen wollt!<br />
46 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />
Datum Veranstaltung Ort Internet<br />
JANUAR<br />
27.01.–29.01.2017 TheraPro Stuttgart www.messe-stuttgart.de/therapro/<br />
27.01.–29.01.2017 11. <strong>physio</strong>kongress Stuttgart<br />
28.01.2017 6. Bochumer Lymphtag Bochum<br />
FEBRUAR<br />
03.02.–05.02.2017 3. ARTZT Symposium Ernährung, Bewegung, Regeneration Montabaur<br />
www.artzt.eu/ueber-artzt/<br />
artzt-symposium<br />
10.02.–18.02.2017 31. Deutsch-Österreichisch-Schweizer Kongress für Sporttraumatologie & Sportmedizin Seefeld (A) www.seefeld-kongress.de<br />
11.02.2017 SRZH 4. Therapeutentag Augsburg www.therapeutentag.de<br />
18.02.2017 4. Physiotag im Rahmen des Endoprothetikkongress Berlin www.endokongress.de<br />
MÄRZ<br />
03.03.–04.03.2017 ZipT – Zukunftsinitiative interprofessionelle Therapie Ulm www.zipt.de<br />
04.03.2017 SRZH 4. Therapeutentag Schwerin www.therapeutentag.de<br />
09.03.–10.03.2017 3. Interprofessioneller Ausbildungskongress für Lehrende in Gesundheitsfachberufen Bielefeld<br />
09.03.–11.03.2017 Jahrestagung des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin Hamburg www.ebm-kongress.de<br />
09.03.–11.03.2017 19. Symposium Frühförderung Frankfurt/M www.fruehfoerderung-viff.de<br />
16.03.2017 Managementforum Leitende Physiotherapeuten in stationären Einrichtungen Leipzig<br />
16.03.–18.03.2017 Therapie Leipzig Leipzig www.therapie-leipzig.de<br />
16.03.–18.03.2017<br />
5. Jahreskongress Zirkel für Manuelle Medizin und Entwicklungstherapie (ZiMMT) und<br />
Ärzteseminar Berlin (ÄMM)<br />
Berlin<br />
www.zimmt.eu<br />
16.03.–18.03.2017 SRZH 4. Therapeutentag auf der „Therapie Leipzig“ Leipzig www.therapeutentag.de<br />
22.03.–25.03.2017 Der Deutsche Schmerz- und Palliativtag 2017 Frankfurt/M www.schmerz-und-palliativtag.de<br />
APRIL<br />
07.04.–10.04.2017 FIBO Köln www.fibo.de<br />
21.04.–22.04.2017 5. Salzburger Sport-Physiotherapie Symposium Salzburg (A) www.ssps-org.com<br />
27.04.–29.04.2017 6. Interdisziplinärer Palliativkongress Bregenz (A) www.palliativ.at<br />
29.04.–02.05.2017 Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. Mannheim www.dgim2017.de<br />
MAI<br />
04.05.–06.05.2017 10. Deutscher Kongress für Parkinson und andere Bewegungsstörungen Baden-Baden<br />
11.05.–13.05.2017 Internationale Fachmesse Rehab Karlsruhe www.rehab-karlsruhe.com<br />
12.05.–13.05.2017 41. Fortbildungstagung der Vereinigung der Bobath-Therapeuten Deutschlands e. V. Hamburg www.bobath-vereinigung.de<br />
16.05.–19.05.2017 CONNECT – Connective Tissues in Sports Medicine Ulm www.connect-ulm2017.com<br />
17.05.–20.05.2017 30. Jahrestagung der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie e. V. Ulm www.dmgp-kongress.de<br />
24.05.–26.05.2017 European Stroke Conference Berlin http://eurostroke.eu/<br />
03.05.–06.05.<strong>2016</strong> OTWorld Leipzig ot-world.com<br />
JUNI<br />
20.06.–22.06.2017 Hauptstadtkongress Berlin www.hauptstadtkongress.de<br />
22.06.–24.06.2017 Jahrestagung der Norddeutschen Orthopäden- und Unfallchirurgenvereinigung e. V. Dortmund www.nouv-kongress.de<br />
22.06.–24.06.2017 32. Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) Berlin www.gots-kongress.org<br />
JULI<br />
02.07.–04.07.2017 World Confederation for Physical Therapy Congress 2017 Kapstadt (ZAF) www.wcpt.org/congress<br />
Quellen Veranstaltungskalender<br />
• AWMF – Kongresskalender, AWMF online Das Portal der wissenschaftlichen Medizin, http://www.awmf.org/service/kongresskalender.html<br />
• Kongresskalender Via medici online, Thieme Verlag, https://www.thieme.de/viamedici/kongresse-kongresskalender-1665.htm<br />
• Physio Deutschland Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V., http://www.<strong>physio</strong>-deutschland.de/bundesverband/fachkreise/veranstaltungen.html<br />
• Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, http://www.conventus.de/kongresskalender/ausblick-2017/<br />
• PT – Portal für Physiotherapeuten, https://www.<strong>physio</strong>therapeuten.de/termines/<br />
• Thieme.de Themenwelten Physiotherapie, Thieme Verlag, https://www.thieme.de/de/<strong>physio</strong>therapie/<strong>physio</strong>termine-30453.htm<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 47
AUSBLICK<br />
<strong>physio</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
DAS ERWARTET EUCH<br />
IN DER 12. AUSGABE<br />
TITELTHEMA: BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT<br />
Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
Hintergründe zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement und Einsatzmöglichkeiten<br />
für Physiotherapeuten<br />
Wissenschaftlicher Hintergrund<br />
Wissenschaftliche Fakten zu den Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />
Workshop Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
Vorstellen eines therapeutischen Ansatzes<br />
Vorgestellt<br />
Schülerprojekt zur Sturzprophylaxe<br />
Weiteres:<br />
Studienzusammenfassungen<br />
Muskelplakat<br />
Assessments<br />
Prüfungsfragen<br />
Veranstaltungskalender<br />
… und vieles mehr<br />
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