physio-Journal I 1/2016
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>physio</strong><br />
Ausgabe 1 / <strong>2016</strong><br />
Bestell-Nr: dF30825 · € 5<br />
<strong>Journal</strong><br />
Ebenensystem der Schmerztherapie –<br />
Befunderhebung<br />
bei chronischen<br />
Schmerzpatienten<br />
Workshop Schmerztherapie –<br />
Chronifizierte<br />
Schmerzen<br />
im Hüftbereich<br />
Assessments<br />
Pain Disability Index<br />
Braintuning<br />
Lernstrategien<br />
Zum Sammeln<br />
Muskelanatomie<br />
Diagnostik<br />
C-reaktives Protein
Besucht unsere<br />
Facebook-Seite!<br />
facebook.com/diefachwelt<br />
Gewinnspiel<br />
Zu gewinnen gibt es 1x Set Bildatlas<br />
Senso-Taping ® im Wert von 116 EUR.<br />
Alle, die unsere Facebook-Seite bis zum<br />
31.12.2015 liken, nehmen automatisch<br />
an der Verlosung teil.<br />
facebook.com/diefachwelt<br />
Die Gewinnerin/Der Gewinner wird am 31.12.15 benachrichtigt.
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERIN,<br />
LIEBER LESER,<br />
die Behandlung von Schmerzen ist ein bedeutender Teil<br />
unserer Arbeit als Physiotherapeuten. Doch manchmal<br />
sind diese auch eine Herausforderung, zumal die Ursachen<br />
nicht immer klar auf der Hand liegen und viele<br />
unterschiedliche Faktoren die Entstehung und Aufrechterhaltung<br />
von Schmerzen beeinflussen. Da man<br />
auch in der Ausbildung immer wieder vor der Frage<br />
steht, wie eine adäquate Therapie von Schmerzen aussehen<br />
kann, haben wir als Titelthema dieser Ausgabe<br />
des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s die Schmerztherapie gewählt. So<br />
wird anhand des Ebenenmodells nach Hockenholz erläutert,<br />
welche Faktoren bei der Befunderhebung eine<br />
Rolle spielen und wie eine entsprechende Behandlung<br />
aussehen kann. Zudem stellt Friederike Keifel die Behandlung<br />
einer Patientin in einer stationären Schmerztherapie<br />
vor, bei der neben Physiotherapeuten auch<br />
Mediziner, spezielle Pain Nurses und Psychologen beteiligt<br />
sind. Einblicke in die Bedeutung wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse bei der Patientenbehandlung gibt<br />
Verena Gesing – genau genommen geht es in ihrem<br />
Artikel um Beinlängendifferenzen, abgesenkte Fußgewölbe<br />
und die Vermeidung chronischer Kopfschmerzen.<br />
Wenn man sich mit dem Thema Schmerzen beschäftigt,<br />
stößt man immer wieder auf die Deutsche<br />
Schmerzliga e. V. Doch was macht diese eigentlich?<br />
Antworten auf diese Frage sowie auf die Rolle der<br />
Physiotherapie in der Schmerztherapie geben Birgitta<br />
Gibson von der Deutschen Schmerzliga e.V. und<br />
Norbert Schürmann, Mediziner im Bereich der speziellen<br />
Schmerztherapie. Für die Befunderhebung, aber<br />
auch für die Therapie nehmen Assessmentinstrumente<br />
eine bedeutende Stellung ein. Ein speziell auf Schmerzen<br />
ausgerichteter Fragebogen ist der Pain Disability<br />
Index. In der Reihe »Tests und Assessments« geht es<br />
diesmal um die Frage, wie dieser Fragebogen aussieht<br />
und wofür er eingesetzt werden kann.<br />
Nachdem in der letzten Ausgabe die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />
vorgestellt wurde, bleiben wir in der<br />
Reihe »Diagnostik« beim Thema Entzündungsparameter<br />
und schauen uns an, was der CRP-Wert ist und was<br />
er aussagt. In der Reihe »Braintuning« steht diesmal<br />
die Prüfungsvorbereitung im Mittelpunkt. Dort erfahrt<br />
Ihr, mit welchen Tricks das Lernen noch effektiver wird<br />
und wie mögliche Zeitverschwendungen vermieden<br />
werden können. Wie der Mittelkurs der Berufsfachschule<br />
Bayreuth Neues über Organspende gelernt hat,<br />
könnt Ihr im Artikel »Blitzumfrage in der Bayreuther<br />
Innenstadt« nachlesen. Habt Ihr auch ein spannendes<br />
Projekt? Dann schreibt uns und werdet Teil des<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s.<br />
Viel Spaß beim Lesen und Mitmachen!!<br />
Eure/r<br />
Anna und Stephan<br />
PS So sind wir zu erreichen: heller@dieFachwelt.de kruft@dieFachwelt.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 1
INHALT<br />
Impressum<br />
<strong>physio</strong>-JOURNAL<br />
Verlag<br />
Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
Geschäftsführer<br />
Benjamin Bareiss<br />
Herausgeber/Redaktion<br />
Anna Heller, Marburg<br />
Stephan Kruft, Marburg<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Verena Gesing M.Sc., Dortmund<br />
Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />
Prof. Dr. Udo Wolf, Fulda<br />
Franz van den Berg, Straßwalchen<br />
Erscheinungsweise<br />
3 Ausgaben/Jahr<br />
Bestellung<br />
Online unter: www.dieFachwelt.de<br />
1–10 Ex.: € 5,– je Exemplar<br />
11–20 Ex.: € 3,20 je Exemplar<br />
21–30 Ex.: € 1,60 je Exemplar<br />
Layout/Producing<br />
Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich<br />
Druck<br />
Grafisches Institut Kroatien, Zagreb<br />
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
TITELTHEMA<br />
STRUKTURIERTE BEFUNDERHEBUNG<br />
BEI CHRONISCHEN SCHMERZPATIENTEN 4<br />
BEINLÄNGENDIFFERENZ 10<br />
WORKSHOP SCHMERZTHERAPIE 16<br />
VORGESTELLT<br />
Leute: Birgitta Gibson von der Dt. Schmerzliga<br />
und Norbert Schürmann 22<br />
Blitzumfrage in der Bayreuther Innenstadt:<br />
Organspende Ja oder Nein? 25<br />
Fascia Research Kongress 2015<br />
Washington D.C. 27<br />
Redaktionshinweise<br />
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin/Physiotherapie<br />
ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und<br />
klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere<br />
was Behandlung und medikamentöse Therapie<br />
anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung<br />
oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser darauf<br />
vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große<br />
Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem<br />
Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für<br />
Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen<br />
kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen<br />
werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf<br />
eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren<br />
an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten<br />
dem Verlag mitzuteilen.<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge<br />
und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Mit Annahme des Manuskripts gehen das Recht zur<br />
Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur<br />
Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Speicherung<br />
in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken,<br />
Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über.<br />
Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz<br />
festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />
Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung<br />
von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt das<br />
jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten<br />
Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken einzustellen,<br />
die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />
Dritten geführt werden. Die Rechte für die Nutzung von<br />
Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über<br />
die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel. (0 30) 2 84 93-0 oder<br />
www.presse-monitor.de.<br />
Gebrauchsnamen<br />
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,<br />
Warenbezeichnungen und dgl. in dieser Zeitschrift berechtigt<br />
nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres<br />
von Jedermann benutzt werden dürfen; oft handelt<br />
es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen,<br />
auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.<br />
© Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
BRAINTUNING<br />
Lernstrategien, Lerntypen, Lernstile und<br />
Arbeitszeitgestaltung 32<br />
Wissenscheck 35<br />
Wissenscheck – Antworten 36<br />
Anatomie zum Herausnehmen 37<br />
MT Befundbogen »Fingergrundgelenk« 38<br />
Shorties Physiologie: Immunsystem Teil 2 39<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Tests und Assessments: Pain Disability Index 41<br />
Diagnostik: C-reaktives Protein (CRP) 43<br />
Studienzusammenfassungen 48<br />
Gesetze: Heilmittelverordnung 50<br />
»FRISCH EINGETROFFEN«<br />
»Heller-Skripte« zur Prüfungsvorbereitung 52<br />
MITMACHEN UND GEWINNEN<br />
Mach mit! 53<br />
VERANSTALTUNGEN UND TERMINE<br />
Veranstaltungskalender 55<br />
Ausblick: Das erwartet Euch in der nächsten Ausgabe<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 3
TITELTHEMA<br />
Text und Illustrationen: Florian Hockenholz; www.gemeso.de<br />
STRUKTURIERTE<br />
BEFUNDERHEBUNG<br />
BEI CHRONISCHEN<br />
SCHMERZPATIENTEN<br />
Das Konzept entstammt den Inhalten einer Weiterbildung der »www.gemeso.de«.<br />
Fotolia © photo 5000<br />
L Die Befunderhebung bei chronifizierten<br />
Schmerzpatienten stellt häufig für viele<br />
Therapeuten eine Herausforderung da. Neben<br />
einer in der Regel sehr langen Krankheitsgeschichte<br />
mit mehreren Diagnosen,<br />
wechselndem Krankheitsverlauf und vielen<br />
unterschiedlichen absolvierten Therapiemaßnahmen<br />
weisen Patienten meistens<br />
auch auf mehr als nur einen schmerzhaften<br />
Körperbereich hin. Zudem wechselt der<br />
Bereich, in dem die Patienten ihren Hauptschmerz<br />
angeben, oft von Behandlung zu<br />
Behandlung. Auch die emotionale Verfassung<br />
der Patienten kann die aktive Mitarbeit<br />
in der Therapie deutlich erschweren.<br />
Beim Beispiel des Fibromyalgie-Syndroms<br />
tritt häufig das Problem auf, dass es zwar<br />
einen lokalen Schmerz gibt, in der Untersuchung<br />
aber kein lokaler Schmerzauslöser<br />
festzustellen ist. Auch beim CRPS sind sehr<br />
deutlich feststellbare Symptome zu finden.<br />
Einzig über die lokalen Auslöser lässt sich die<br />
Gesamtsymptomatik meist ebenfalls nicht<br />
erklären. Bei vielen weiteren chronifizierten<br />
Schmerzpatienten stehen Schmerzpunkte<br />
und lokale Ursachen oft in keinem logischen<br />
Zusammenhang.<br />
Aufgrund dieser komplexen Merkmale besteht<br />
bei einer Untersuchung und Behandlung<br />
chronifizierter Schmerzpatienten das<br />
Risiko, dass der Therapeut den Überblick<br />
verliert. Es besteht dann die Gefahr, dass die<br />
Auswahl der Behandlungstechniken eher<br />
auf die Symptome zielt und die Suche bzw.<br />
Behandlung der ursächlichen Dysfunktionen<br />
in den Hintergrund gerät. Vom Moment des<br />
ersten Patientenkontakts an ist es daher für<br />
den gesamten Behandlungsverlauf unabdingbar,<br />
einer festen Struktur zu folgen.<br />
Einführung in das Ebenensystem der Schmerztherapie<br />
(nach dem Konzept von Florian Hockenholz)<br />
Das Ebenenmodell zeigt die einzelnen Ebenen,<br />
an denen wir uns in der Untersuchung<br />
und Behandlung orientieren. Je nach Ausbildung<br />
des Therapeuten kann das Modell<br />
beliebig erweitert werden. Für eine strukturierte<br />
Untersuchung und Behandlung eines<br />
Schmerzpatienten reichen diese Ebenen<br />
aber in den meisten Fällen aus, auch wenn<br />
im Einzellfall eine Erweiterung sinnvoll sein<br />
Lokale Ebene<br />
Die lokale Ebene beschreibt den schmerzhaften<br />
Bereich. Hierbei liegen Schmerzpunkt<br />
und schmerzverursachende Struktur<br />
häufig direkt übereinander. Meistens lässt<br />
sich schon in der Anamnese ein direktes<br />
Trauma feststellen. Wenige Tage nach dem<br />
Trauma ist aber selten nur noch diese eine<br />
Ebene betroffen. Wenn eine Ursache für<br />
die Schmerzsymptomatik ausschließlich<br />
in der lokalen Ebene liegt, muss diese für<br />
den Schmerz verantwortliche Struktur klar<br />
in der Funktionsuntersuchung differenziert<br />
werden können. Viele Schmerzsyndrome<br />
kann. Alle Ebenen müssen in die Untersuchung<br />
einbezogen werden, um anschließend<br />
die Faktoren nennen zu können, die<br />
den Schmerz auslösen. Wenn dies nicht zum<br />
Erfolg führt, können noch weitere Ebenen<br />
hinzugezogen werden.<br />
Die Untersuchung wird, wie im Schema<br />
dargestellt, von oben nach unten durchgeführt,<br />
bis die auslösenden Faktoren gefunden<br />
sind. Während bei akuten Prozessen<br />
die schmerzauslösende Struktur hauptsächlich<br />
auf der lokalen Ebene zu finden ist, findet<br />
sich bei Chronifizierungen das Problem<br />
meistens auf mehrere Ebenen verteilt. Die<br />
Gesamtsumme aller Dysfunktionen und<br />
Läsionen ist hier der »Verursacher« des<br />
Schmerzes. Das hier angegebene Schema<br />
zeigt für diesen Text nur die häufigsten Dysfunktionen<br />
und Läsionen an. Der Text dient<br />
daher lediglich als grobe Orientierung. Es<br />
gibt viele weitere Verknüpfungen, die hier<br />
nicht aufgeführt sind.<br />
erwecken den Eindruck, ihre Ursache in der<br />
lokalen Ebene zu haben. Häufig ist bei länger<br />
andauernden Schmerzsyndromen aber<br />
eine Verteilung der Ursachen auf mehrere<br />
Ebenen zu finden. Aus diesem Grund ist<br />
eine sorgfältige Untersuchung der lokalen<br />
Ebene sehr wichtig, um eine Verteilung der<br />
Ursachen auf mehrere Ebenen zu erkennen<br />
und auszuschließen. Bei einer rein lokalen<br />
Ursache hat dies auch eine rein lokale Behandlung<br />
zur Folge. Bei Ursachen auf mehr<br />
als einer Ebene muss weiter untersucht werden,<br />
damit sämtliche auslösenden Faktoren<br />
erkannt und behandelt werden können.<br />
4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Fasziale Ebene<br />
Die fasziale Ebene beschreibt eine unterschiedliche<br />
Lage von Schmerzpunkt und<br />
schmerzauslösender Struktur. Eine Narbe<br />
im Bereich der Schulter kann zu einem erhöhten<br />
Faszientonus des Arms und somit zu<br />
Schmerzen oder einer gestörten lymphatischen<br />
Resorption führen.<br />
Beispiel: Ursache in der unteren<br />
Extremität – Wirkung am Kiefer<br />
Faszien haben sehr viele Aufgaben, unter<br />
anderem auf den Körper einwirkende Kräfte<br />
aufzunehmen und auf den gesamten Körper<br />
zu verteilen. Dies hat zur Folge, dass aus<br />
einer drohenden großen Dysfunktion/Läsion<br />
für den Körper an der Stelle der einwirkenden<br />
Kraft mehrere kleine Dysfunktionen<br />
und auch Läsionen über den Körper verteilt<br />
entstehen.<br />
Wenn eine Dysfunktion im Sprunggelenk<br />
besteht, kann sich durch einen Faszienzug<br />
die Hauptsymptomatik über mehrere Stationen<br />
bis zum Kiefergelenk ausbreiten. Der<br />
Patient kann dann seinen Hauptschmerz<br />
am Kiefergelenk angeben, das Sprunggelenk<br />
macht zu diesem Zeitpunkt keine oder<br />
kaum Probleme. Das Kiefergelenkproblem<br />
kann in diesem Fall ursächlich nur durch eine<br />
Behandlung des Sprunggelenks behandelt<br />
werden. Eine ausschließlich lokale Behandlung<br />
des Kiefergelenks hätte in diesem Fall<br />
nur einen kurzfristigen Erfolg, da die Dysfunktion<br />
über den Faszienzug vom Sprunggelenk<br />
erneut ausgelöst werden würde.<br />
Beispiel – Anterior-mediane Kette<br />
Dysfunktionen des Os metatarsale 1 können<br />
sich über die Kette nach proximal und weiter<br />
nach kranial und in den Arm auswirken. Für<br />
den Patienten sind zahlreiche wahrnehmbare<br />
Schmerzpunkte möglich: von einem<br />
medialen Knieschmerz über Dysfunktionen<br />
der Symphysen und der Clavicula, Dysfunk-<br />
Abb: Anterior-mediane Kette<br />
tionen und Schmerzen im Arm bis hin zu<br />
schmerzbereitende Dysfunktionen der Kiefergelenke.<br />
Segmental-periphere Ebene<br />
Die segmental-periphere Ebene beschreibt<br />
im Konzept nach Hockenholz den Weg von<br />
der Nervenwurzel über den Plexus hinaus<br />
bis hin zum peripheren Nerv. Diagnostisch<br />
muss zwischen einem Problem der Nervenwurzel,<br />
des Plexus und des peripheren Nervs<br />
unterschieden werden. Bei Funktionsstörungen<br />
des Segments nahe der Spinalwurzel<br />
treten die Symptome in den »Tomen« des<br />
jeweiligen Spinalnervs auf:<br />
• Myotom (Muskel)<br />
• Dermatom (Haut)<br />
• Sklerotom (Knochen)<br />
• Enterotom/Viszerotom (Organ)<br />
• Neurotom (Nervalsegment)<br />
Häufig treten dann auch Schmerzausstrahlungen<br />
in den segmentalen Zuordnungen<br />
der Haut auf (Dermatom).<br />
Beispiel – Obere Extremität<br />
Bei Dysfunktionen der Segmente C 6 bis<br />
Th 1 treten eventuell Schmerzausstrahlungen<br />
in den entsprechenden Dermatomen<br />
auf. Das entsprechende Myotom kann sich<br />
jedoch im Verlauf des M. latissimus dorsi<br />
(Innervation: C 6–Th 1) bis hin zum Beckenkamm<br />
ausbreiten. Oft werden die Probleme<br />
Abb: Dermatom Vorderseite<br />
im Myotom als lokale Ursache angesehen<br />
und lokal (hier am Beckenkamm) behandelt.<br />
Die lokale Behandlung des M. latissimus<br />
dorsi am Beckenkamm führt aber zu keiner<br />
dauerhaften Verbesserung. Erst die Behandlung<br />
des zervikothorakalen Übergangs kann<br />
die Symptomatik langfristig verbessern.<br />
Abb: Dermatom Rückseite<br />
Bei sämtlichen Schmerzen in der Peripherie<br />
sollte daher geklärt werden, ob dieser<br />
– scheinbar lokale – Schmerz nicht ein Ausstrahlungsschmerz<br />
über die »Tome« des<br />
entsprechenden Wirbelsäulensegments ist.<br />
e<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5
TITELTHEMA<br />
Segmental-periphere Ebene<br />
Häufig finden sich jedoch hier Fehldiagnosen.<br />
In vielen beobachteten Fällen wurde zu<br />
früh eine Dysfunktion in der Nähe der Nervenwurzel<br />
diagnostiziert, da das periphere<br />
Verteilungsmuster der Schmerzen nicht<br />
korrekt beurteilt wurde. Kompressionen im<br />
Verlauf des peripheren Nerven führen zu<br />
Schmerzausstrahlungen, die denen ähneln,<br />
die durch Kompressionen der Nervenwurzel<br />
entstehen. Aufgrund der Ähnlichkeit der<br />
peripheren Verteilungsmuster sollte die Diagnostik<br />
in der Peripherie sehr genau erfolgen.<br />
Bei Unklarheiten kann auch eine probeweise<br />
Behandlung der Klemmstellen des<br />
peripheren Nervs Klarheit bringen. Sollte<br />
eine solche Klemmstelle für die Symptomatik<br />
verantwortlich sein, verbessert sich die<br />
periphere Symptomatik wenige Sekunden<br />
nach der Behandlung deutlich.<br />
Mögliche Kompressionsstellen der peripheren Nerven aus dem Plexus brachialis.<br />
Dysfunktionen des Plexus oder des peripheren Nervs können sich motorisch<br />
sowie sensibel im Ausstrahlungsgebiet des peripheren Nervs zeigen.<br />
Vegetative Ebene<br />
Auf der vegetativen Ebene sitzen die Steuerungseinheiten<br />
des Sympathikus und Parasympathikus.<br />
Durch eine vegetative Fehlregulation<br />
kann eine Schmerzsymptomatik<br />
im Körper entstehen oder verstärkt werden.<br />
Derweil der Sympathikus algetische<br />
und vegetativ-reflektorische<br />
Zeichen auslöst, ist der<br />
Parasympathikus nur für algetische<br />
Zeichen zuständig. Je<br />
nach Störung des Sympathikus<br />
kann es zu negativen Beeinflussungen<br />
der Durchblutung,<br />
der Kapselspannung, der Organfunktionen<br />
und vielen weiteren<br />
Symptomen kommen.<br />
Es können sympathische oder<br />
parasympathische Fehlregulationen<br />
auftreten. Eine genaue<br />
Untersuchung der Ursache ist<br />
auch hier entscheidend. Jede<br />
Schmerzsymptomatik hat auch<br />
immer eine mehr oder weniger<br />
dominante vegetative Komponente.<br />
Vegetative Verschaltung<br />
der zervikalen Ganglien.<br />
Beispiel – CRPS<br />
Das CRPS kann durch eine vegetative Überaktivität<br />
des Ganglion cervicothoracicum (in<br />
der Abbildung zur vegetativen Verschaltung<br />
blau) oder des vegetativen Zuordnungsbereichs<br />
im sympathischen Seitenhorn auf<br />
Höhe Th 3–Th 7 mit ausgelöst werden. Die<br />
vegetativen Informationen gelangen über<br />
die Spinalnerven C 7–Th 1 in die Peripherie.<br />
Eine Erhöhung der vegetativen Aktivität in<br />
diesem Bereich kann Einfluss auf fasziale<br />
Spannungen, Durchblutung, Schmerzempfinden<br />
und viele weitere Faktoren haben –<br />
schlussendlich kann es so zur Symptomatik<br />
eines CRPS kommen.<br />
6 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Viszerale Ebene<br />
Auch viszerale Dysfunktionen können periphere<br />
Schmerzsyndrome auslösen. Am<br />
bekanntesten dürfte eine Dysfunktion des<br />
Herzens sein (z. B. Angina pectoris). Hierbei<br />
verspührt die Person unter anderem ein unangenehmes<br />
»Schmerzsyndrom« der linken<br />
Rumpfhälfte und des linkes Arms.<br />
Auch die stechenden Schulterschmerzen<br />
auf der rechten Seite bei einer Gallenkolik<br />
sind relativ bekannt. Nicht alle Dysfunktionen/Läsionen<br />
innerer Organe lösen solch<br />
massive Schmerzen mit weiteren begleitenden<br />
Symptomen aus.<br />
Funktionsstörungen im kleinen Becken<br />
zeigen sich häufig durch Symptome an den<br />
Füßen und Unterschenkeln, die des Dickdarms<br />
durch Schmerzen im Bereich von ISG<br />
und Hüftgelenk.<br />
Auch Schmerzen geringerer Intensität<br />
können durch innere Organe ausgelöst<br />
werden. Im folgenden Beispiel gelangt der<br />
Schmerz über das vegetative Nervensystem<br />
in die Peripherie.<br />
Energetische Ebene<br />
Die energetische Ebene verläuft parallel zu<br />
allen anderen Ebenen. Das wird auch dadurch<br />
verdeutlicht, dass in der Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin vom »kleinen«<br />
lokalen Problem bis hin zum generalisierten<br />
»großen« Problem immer eine energetische<br />
Behandlung stattfindet.<br />
Wir dürfen bei dieser Ebene jedoch nicht<br />
vergessen, dass die energetische Behandlung<br />
keine einzelne Technik ist, sondern eine<br />
eigene, stark philosophisch geprägte Medizin,<br />
deren Studium einige Jahre dauert. Wir<br />
verwenden daher nur einzelne, sehr kleine<br />
Bausteine der energetischen Behandlung in<br />
unserer Therapie als Ergänzung zur »westlichen<br />
Medizin«. Die Anwendung der Energetik<br />
macht deshalb auch nur in Kombination<br />
mit dem gesamten Ebenensystem Sinn. Eine<br />
im Anschluss an die Behandlung noch bestehende<br />
Restsymptomatik bei einem chronischen<br />
Rückenschmerz könnte über den<br />
hier gezeigten Blasenmeridian noch weiter<br />
behandelt bzw. abgemildert werden.<br />
Ein Schmerzsyndrom ausschließlich nach<br />
den Regeln der Energetik zu behandeln, ist<br />
für die meisten Therapeuten mit westlich<br />
geprägter therapeutischer Ausbildung nur<br />
schwer möglich.<br />
Beispiel – Herz<br />
1 Ganglion cervicale superius (C 8–Th 3) –<br />
N. cardiacus cervicalis superior<br />
R Kopfsymptomatik<br />
2 Ganglion cervicale medius (Th 3–Th 7) –<br />
N. cardiacus cervicalis medius<br />
R Schulter-Arm-Symtomatik<br />
3 Ganglion cervicothoracicum (Th 3–Th 7) –<br />
N. cardiacus cervicalis inferior<br />
R Arm-Unteram-Symptomatik<br />
Durch die vegetative Versorgung der Organe<br />
breiten sich Probleme über das gesamte<br />
System aus. Über den vegetativen<br />
Weg kann jedes Organ periphere Schmerzen<br />
verursachen. Diagnostisch können beispielsweise<br />
die Bindegewebszonen genutzt<br />
werden. Eine weiterführende, ausführliche<br />
Diagnostik der betroffenen Organe durch<br />
einen Arzt ist auf jeden Fall zu empfehlen,<br />
denn anhand einer Bindegewebszone lässt<br />
sich nicht zwischen Dysfunktion und Läsion<br />
unterscheiden.<br />
4 Pars thoracalis des Sympathikus –<br />
Rami cardiaci thoracici (Th 2–Th 5)<br />
R Rumpsymptomatik<br />
Die Organe sind, genau wie alle anderen<br />
Strukturen des Körpers, in das fasziale System<br />
eingebunden. Hierüber kann etwa das<br />
Kolon die Bewegung der Halswirbelsäule<br />
einschränken, wodurch Schmerzen im Bereich<br />
der Halswirbelsäule ausgelöst werden<br />
können.<br />
e<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 7
TITELTHEMA<br />
Psycho-emotionale Ebene<br />
Auch die psycho-emotionale Ebene verläuft<br />
parallel zu den anderen Ebenen, weil sich<br />
Organismus und Psyche immer direkt gegenseitig<br />
beeinflussen. Schmerzerleben und<br />
-verarbeitung sind Lernprozesse. An diesen<br />
Lernprozessen ist vor allem das limbische<br />
System beteiligt. Die Lernprozesse verändern<br />
das gesamte Erleben und Leben des<br />
Patienten. Bei Personen mit starker Chronifizierung<br />
dreht sich ein Großteil des Lebens<br />
um das Thema Schmerz.<br />
Dieses Thema ist in der Theorie sehr komplex<br />
und umfasst in Kursen zum Ebenenkonzept<br />
nach Hockenholz (www.gemeso.de)<br />
viele Stunden in den Aufbaukursen.<br />
Aber auch diese Ebene lässt sich aus <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Perspektive beeinflussen.<br />
Durch Aufklärung, Entspannung und vor allem<br />
durch eine schmerzfreie Therapie lässt<br />
sich das Lernverhalten des Patienten in Bezug<br />
auf den Schmerz positiv beeinflussen.<br />
Untersuchungsplanung und Behandlung im 20-Minuten-Takt<br />
Den meisten Therapeuten bleibt ein Behandlungsrhythmus<br />
von 20 Minuten. Auch<br />
in dieser Zeittaktung lässt sich mit ein wenig<br />
Übung eine effektive Therapie nach dem<br />
Ebenenmodell problemlos gestalten.<br />
Fotolia © Von Schonertagen<br />
Behandlungsbeispiel<br />
Diagnose:<br />
• CRPS, Stadium 2, rechte Hand<br />
Lokaler Befund:<br />
• Schwellung der rechten Hand<br />
• Livide Verfärbung der Haut<br />
• Deutliche Bewegungseinschränkungen<br />
der Handwurzel- und Fingergelenke<br />
• Ruheschmerzen<br />
• Deutliche Schmerzverstärkung durch<br />
Berührung und Bewegung<br />
Aufgrund der Anamnese zu Beginn der ersten<br />
Therapieeinheit lassen sich die Bereiche<br />
planen, die in den folgenden Behandlungen<br />
untersucht und behandelt werden müssen.<br />
Bei vorangegangener Anamnese ergeben<br />
sich die folgenden hypothetischen Ansätze<br />
für die Untersuchung:<br />
1. Lokale Ebene<br />
• Manualtherapeutische Untersuchung<br />
von Unterarm und Hand<br />
2. Fasziale Ebene<br />
• Untersuchung der Faszienspannung<br />
mit Einfluss auf Unterarm und Hand<br />
3. Segmentale Ebene<br />
• Untersuchung der Wirbelsäulensegmente<br />
C 6–Th 1<br />
• Untersuchung des Plexus brachialis<br />
und der peripheren Nerven mit Wirkung<br />
auf Unterarm bzw. Hand bei<br />
Kompression<br />
4. Vegetative Ebene<br />
• Untersuchung des Ganglion cervicothoracicum<br />
(Wirbelsäulensegment Th 1<br />
und 1. Rippe; Perikaryen Th 3–Th 7)<br />
• Untersuchung eventuell des Ganglion<br />
cervicale medium (C 5–C 6) und ebenfalls<br />
der Perikaryen Th 3–Th 7<br />
5. Viszerale Ebene<br />
• Untersuchung der Organe des Ganglion<br />
cervicothoracicum (Th 3–Th 7) –<br />
Herz, Lunge, Schilddrüse, Speiseröhre,<br />
Luftröhre, …<br />
• Untersuchung der Organe des<br />
N. splanchnicus major (Th 5–Th 9) –<br />
Magen, Duodenum, Leber, Gallenblase,<br />
Pankreas, Milz, …<br />
• (R. cardiacus thoracicus, Rr. pulmonales<br />
thoracici)<br />
• … und Weitere<br />
Um alle Ebenen zu untersuchen, benötigt der<br />
Therapeut für den 20-Minuten-Rhythmus<br />
einige Erfahrung mit diesem System. Es können<br />
aber auch in der ersten Einheit zunächst<br />
die lokale und fasziale Ebenen untersucht<br />
werden. Dann lassen sich für diese beiden<br />
Bereiche bereits die Hypothesen überprüfen<br />
und die ersten Behandlungsmaßnahmen<br />
durchführen. In der zweiten Einheit können<br />
dann die verbleibenden Ebenen untersucht<br />
und hierbei eventuelle Hypothesen bestätigt<br />
werden. Danach kann anhand der bestätigten<br />
Hypothesen die Behandlung vollständig<br />
geplant und systematisch nach den einzelnen<br />
Ebenen vorgegangen werden.<br />
8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
www.sensotape.de<br />
TAPE<br />
10 Unterrichtseinheiten<br />
direkt vor Ort in Ihrer Ausbildungsstätte<br />
FÜR NUR<br />
Grundlagen aus Theorie und Praxis<br />
des kinesiologischen Tapings<br />
Therapiemöglichkeiten, Wirkprinzipien, Anlagetechniken<br />
und viele Anwendungs-Tipps<br />
Praxisbuch & Tapematerial im Wert von ¤ 78,70<br />
je Teilnehmer inkl.!<br />
Ihr Ansprechpartner für<br />
Kursbuchungen, Terminabsprachen und<br />
weitere Informationen:<br />
Benjamin Bareiss<br />
E-Mail: bareiss@dieFachwelt.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 9
TITELTHEMA<br />
Fotolia © Yeko Photo Studio<br />
Text: Verena Gesing<br />
BEINLÄNGENDIFFERENZ<br />
Nachdem wir uns in Heft 2/2015 schon<br />
einmal mit Beinlängendifferenzen und<br />
Beckenschiefständen auseinandergesetzt<br />
haben, werden wir die Thematik<br />
in dieser Ausgabe noch einmal vertiefen.<br />
Diesmal befassen wir uns mit der<br />
funktionellen Beinlängendifferenz.<br />
Eine funktionelle Beinlängendifferenz<br />
tritt vorwiegend unter Gewichtsbelastung<br />
auf, weshalb die funktionelle<br />
Beinlängendifferenz auch im Stand gemessen<br />
werden sollte. In liegender Position<br />
ist diese in der Regel nicht zuverlässig<br />
nachweisbar.<br />
Fallbeispiel<br />
Ein 12-jähriger Junge ist in der Praxis mit regelmäßig<br />
auftretenden Kopfschmerzen vorstellig.<br />
Er spielt fünfmal in der Woche Tennis<br />
und nimmt zusätzlich auch an Wettkämpfen<br />
teil. In einer vorhergehenden Untersuchung<br />
hatte der Kinderarzt einen Beckenschiefstand<br />
festgestellt, woraufhin er eine Überweisung<br />
zur Physiotherapie erhielt. Die Mutter ging<br />
mit dem Kind zunächst zum Osteopathen,<br />
der sich in der Behandlung überwiegend mit<br />
dem Beckenschiefstand befasste. Nachdem<br />
die Behandlung, die vorwiegend aus Mobilisationen<br />
des Beckens bestand, keine Besserung<br />
der Symptomatik erbrachte, ging die<br />
Mutter mit ihrem Sohn zur Physiotherapie.<br />
Hier konnte eine funktionelle Beinlängendifferenz<br />
nachgewiesen werden, die zu einem<br />
Beckenschiefstand führte.<br />
Um dem Jungen helfen zu können, müssen wir uns zunächst einmal mit den<br />
möglichen Ursachen einer funktionellen Beinlängendifferenz beschäftigen.<br />
Diese sind:<br />
n Habituelle Fehlhaltungen – z. B. Genu recurvatum oder Flexionshaltung im<br />
Kniegelenk, einseitige Entlastungshaltungen in den Hüftgelenken<br />
n Fehlstellungen von Hüft-, Knie- und Fußgelenken (Genu valgum, Genu varum, ...)<br />
n Hypomobilitäten mit resultierender Schonhaltung<br />
n Generell einseitige Haltungen aufgrund von Gewohnheiten des täglichen<br />
Lebens (Arbeitshaltungen usw.)<br />
n Einseitig oder asymmetrisch plane Fußgewölbe (Knick-Senk- oder Plattfuß)<br />
Mögliche Auswirkungen<br />
einer funktionellen<br />
Beinlängendifferenz:<br />
n Rückenschmerzen<br />
n Kopfschmerzen<br />
n Knieschmerzen<br />
n Skoliose<br />
n Arthrose<br />
n Instabiler Beckengürtel (Fehlstellung des ISG, …)<br />
Um herauszufinden, welche Ursachen bei<br />
dem o. g. Patienten vorliegen, ist eine ausführliche<br />
Befundung notwendig. Hierbei<br />
fällt auf, dass er ein planes Quergewölbe im<br />
rechten Fuß aufweist. Außerdem ist auch<br />
das Längsgewölbe eingesunken.<br />
Im Allgemeinen weist er eine eher hypotone<br />
Haltung auf (Schultergürtel in Protraktion,<br />
Kopf in ventraler Translation, BWS<br />
in vermehrter Kyphose). Als Hauptproblem<br />
gibt der Patient Kopfschmerzen an, die regelmäßig<br />
mehrmals pro Woche auftreten.<br />
Dieser Befund geht einher mit möglichen<br />
Auswirkungen einer funktionellen Beinlängendifferenz.<br />
Wobei hier sicherlich mehrere<br />
Faktoren zusammentreffen: hohe schulische<br />
Belastung, hohe Trainingsbelastung (5-<br />
mal pro Woche und zusätzlich noch Wettkämpfe),<br />
hypotone Körperhaltung, Affinität<br />
zu Computerspielen an PC und Playstation<br />
in der Freizeit. Zudem ist eine Kombination<br />
von Tennis und der allgemeinen Schultätigkeit<br />
tendenziell eher ungünstig, da beide<br />
Tätigkeiten mit den Armen vor dem Körper<br />
ausgeführt werden.<br />
10 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Wissenschaftlicher Hintergrund<br />
Kwon et al. untersuchten 2015 in einer Studie<br />
die Auswirkung einer künstlich herbei-<br />
Ergebnis: Während in der Position des Betalebene),<br />
WS-Kyphose und Lordosewinkel.<br />
geführten Beinlängendifferenz (BL) auf die ckens signifikante Unterschiede bestanden,<br />
Körperstatik sowie die Auswirkungen einer konnten diese bezüglich der Wirbelsäulenposition<br />
nicht gefunden werden!<br />
künstlich erzeugten BL-Differenz auf die<br />
Haltung, die Wirbelsäule und die Beckenposition.<br />
Hierbei wurden bei 20 gesunden Die Ergebnisse sind interessant. Eine künstlich<br />
herbeigeführte Beinlängendifferenz hat<br />
Patienten, die alle lediglich BL-Differenzen<br />
< 0,5 mm, aber keine sonstigen Pathologien<br />
aufzeigten, Untersuchungen durchge-<br />
dies ist i. d. R. zu erwarten, da das Becken<br />
zwar Auswirkungen auf das Becken, aber<br />
führt. Die Probanden bekamen Platten unterschiedlicher<br />
Höhe (1, 2, 3 und 4 cm) unter kungen auf die Wirbelsäule zeigen sich hier<br />
sich direkt dem Bein anschließt. Auswir-<br />
den rechten Fuß positioniert. Dabei wurde nicht, allerdings wurden lediglich der Lordose-<br />
und Kyphosewinkel untersucht und<br />
darauf geachtet, dass das Körpergewicht<br />
auf beiden Beinen gleich verteilt war. Nachdem<br />
die Platte untergelegt wurde, erfolgte andere Parameter. Auch muss bedacht wer-<br />
nicht das Ausmaß an Lateralflexion oder<br />
zunächst eine zweiminütige Pause, sodass den, dass die künstliche Beinlängendifferenz<br />
der Körper sich an die Änderung der Statik nur für 2 Minuten eingestellt wurde und der<br />
anpassen konnte. Anschließend wurde eine Körper nur wenig Zeit zur Adaptation hatte.<br />
Messung mittels Rasterstereographie durchgeführt,<br />
nach der die Probanden 5 Minuten per hingegen über einen längeren Zeitraum<br />
Bei einer normalen BL-Differenz hat der Kör-<br />
gehen sollten. Im Anschluss daran erfolgte die Möglichkeit sich anzupassen, sodass<br />
eine weitere Messung in <strong>physio</strong>logischer auch evtl. weitläufigere Veränderungen zu<br />
und entspannter Standposition, um eine Referenz<br />
zu erhalten. Mit der Rasterstereogra-<br />
erwarten sind.<br />
phie wurden folgende Parameter gemessen: Es muss also bedacht werden, dass es sich<br />
Becken Tilt (Frontalebene), Inklination (Sagit-<br />
bei der vorliegenden Untersuchung nur um<br />
TITELTHEMA<br />
eine Momentaufnahme handelt und nicht<br />
unbedingt eine Reaktion des Körpers vorliegt,<br />
die bei einer langwierigen BL-Differenz<br />
entsteht. Eine weitere Frage ist, ob es überhaupt<br />
möglich ist, eine BL-Differenz künstlich<br />
zu erzeugen. Möglicherweise gibt es<br />
einen Unterschied zwischen natürlicher und<br />
künstlicher Differenz der BL.<br />
In einem Review konnte Knutson (2005)<br />
zeigen, dass es bei Probanden, die vorher<br />
keinen Beckenschiefstand hatten, zu einer<br />
vergrößerten lumbalen Lateralflexion im Bereich<br />
der höheren Crista iliaca kam, wenn<br />
ein Bein mit einem Keil oder Brettchen angehoben<br />
wurde. Ebenso konnte bei Patienten<br />
mit einem Beckenschiefstand durch<br />
eine Korrektur die Lateralflexion wieder<br />
verringert werden. Knutson (2005) bezog<br />
in seinen Review auch eine Studie ein, in<br />
der Patienten untersucht wurden, die eine<br />
BL-Differenz aufgrund einer Femurfraktur<br />
hatten. Nach einem Zeitraum von 10 Jahren<br />
wurde gemessen, ob strukturelle Anpassungen<br />
bestanden. Das Ergebnis war, dass<br />
keine solcher strukturellen Anpassungen<br />
des Körpers gefunden werden konnten.<br />
Differenz bei nicht<br />
gewichtsbelasteter Position<br />
Eine Beinlängendifferenz, die in nicht gewichtsbelasteter<br />
Position vorliegt, ist wahrscheinlich<br />
das Resultat von hypertonen suprapelvischen<br />
Muskeln (M. erector spinae<br />
und M. quadratus lumborum).<br />
Durch die Muskelaktivität soll es zu folgenden<br />
Mechanismen bei Belastung kommen:<br />
Eine Kontraktion des M. quadratus lumborum<br />
bewirkt eine Lateralflexion und führt<br />
bei stabilem Becken zu einer Extension der<br />
Wirbelsäule. Wenn die Wirbelsäule stabil ist,<br />
wird das Becken nach kranial zum posterioren<br />
Aspekt der Beckenhälfte gezogen. Diese<br />
Belastung auf den posterioren Aspekt der<br />
Crista iliaca kann die ipsilaterale anteriore<br />
Beckenhälfte nach anterokaudal rotieren (=<br />
AS Ilium; Ilium ist nach anterior und superior<br />
rotiert) und die kontralaterale Hälfte in die<br />
entgegengesetzte Richtung (= PI Ilium; Ilium<br />
ist nach posterior und inferior rotiert).<br />
Fotolia © Benjaminpx<br />
Fazit:<br />
Auswirkungen von Beinlängendifferenzen<br />
Studien zeigen häufig nur einen kurzfristigen<br />
Effekt auf die Körperstatik. Relevant ist<br />
allerdings, wie der Körper sich langfristig an<br />
Veränderungen anpasst. Dies wird oft nicht<br />
im Zusammenhang mit funktionellen Beinlängendifferenzen<br />
untersucht.<br />
Ein weiteres Problem bei der Beurteilung<br />
von BL-Differenzen ist, dass nicht alle Körper<br />
gleich auf eine veränderte Beinlänge reagieren.<br />
Es gibt Körper, die reagieren kaum<br />
auf die Differenz, und andere reagieren<br />
mit Ausgleichshaltungen und vermehrten<br />
Schmerzen.<br />
BEINLÄNGENDIFFERENZ<br />
FALLBEISPIEL<br />
Außerdem muss noch bedacht werden,<br />
dass es ein Unterschied sein kann, ob die<br />
BL-Differenz künstlich erzeugt wird (durch<br />
das Unterschieben eines Brettchens). Es ist<br />
bisher noch nicht gewiss, ob der Körper auf<br />
solche Änderungen ähnlich oder gleich reagiert<br />
wie auf »natürlich« entstandene BL-<br />
Differenzen. Alles Weitere wie die Theorien<br />
zu Muskelaktivitäten usw. ist lediglich Theorie<br />
und noch nicht durch Studien nachgewiesen.<br />
a<br />
Weiter geht es auf<br />
der nächsten Seite …<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 11
TITELTHEMA<br />
Physiotherapie bei Beinlängendifferenzen<br />
Wie würden wir nun in der Therapie des<br />
Patienten vorgehen? Zunächst können wir<br />
auch hier eine kleine Literaturrecherche betreiben<br />
und schauen, was dazu die Studien<br />
zeigen.<br />
Studienergebnisse<br />
Als eine Therapieoption für funktionelle<br />
Beinlängendifferenzen werden Beckenstabilisationsmaßnahmen<br />
empfohlen, die Übungen<br />
zur Kräftigung von Bauch- und Beckenbodenmuskulatur<br />
enthalten sollen (Lee et al.<br />
2015). Das Team untersuchte in einer Studie<br />
die Effektivität dieser Maßnahme an Probanden<br />
mit einer funktionellen BL-Differenz.<br />
Es wurden 20 weibliche Probanden rekrutiert,<br />
die funktionelle BL-Differenzen von<br />
1–3 cm aufwiesen. Die Probanden wurden<br />
in 2 verschiedene Gruppen eingeteilt, die<br />
eine Gruppe (PSE-Gruppe) erhielt herkömmliche<br />
Becken-Stabilisations-Übungen, die andere<br />
Gruppe (3DE-Gruppe) erhielt ebenfalls<br />
die herkömmlichen Übungen, zusätzlich<br />
aber noch ergänzende Übungen an einem<br />
speziellen Gerät (3 Thera Balance).<br />
PSE-Gruppe<br />
Pelvis-Stabilisations-Programm für 50 Minuten,<br />
bei dem die Muskeln im Umkreis des<br />
Pelvis gekräftigt wurden (3-mal pro Woche,<br />
jeweils 50 Minuten über einen Zeitraum von<br />
6 Wochen).<br />
3DE-Gruppe<br />
Pelvis-Stabilisations-Programm für 40 Minuten<br />
– anschließend wurde noch für 10<br />
Minuten das 3D-Training mit dem Gerät<br />
durchgeführt (3-mal pro Woche, insgesamt<br />
jeweils 50 Minuten über einen Zeitraum von<br />
6 Wochen). Folgende Muskeln wurden hierbei<br />
aktiviert:<br />
n M. transversus abdominis<br />
n M. obliquus internus abdominis<br />
n M. obliquus externus abdominis<br />
n M. gluteus medius<br />
n M. gluteus maximus<br />
n M. latissimus dorsi<br />
n M.rectus abdominis<br />
n M. erector spinae<br />
n Hamstrings<br />
n M. quadriceps femoris<br />
n M. iliopsoas<br />
Die Beinlänge wurde mithilfe eines Maßbandes<br />
erfasst.<br />
Ergebnisse: Beide Gruppen zeigten signifikante<br />
Unterschiede in der Beinlänge vor und<br />
nach der Durchführung des Programms. Bei<br />
beiden Gruppen waren die Unterschiede<br />
der Beinlängen signifikant rückläufig! Allerdings<br />
waren auch die Unterschiede zwischen<br />
den Gruppen signifikant, sodass die<br />
3DE-Gruppe eine signifikant rückläufigere<br />
Beinlänge zeigte als die PSE-Gruppe.<br />
Fazit – Physiotherapie bei<br />
BL-Differenzen<br />
Durch ein Training der beckenstabilisierenden<br />
Muskulatur konnte eine Verringerung<br />
der BL-Differenz herbeigeführt werden.<br />
Dies ist ein interessanter Aspekt, da häufig<br />
Mobilisationstechniken zur Anwendung<br />
kommen, die eine Gleichheit der Beine herbeiführen<br />
sollen. Aber auch hier muss angemerkt<br />
werden, dass die Studie sehr klein<br />
war und i. d. R. bei jedem einzelnen Patienten<br />
individuell nach den Ursachen einer<br />
funktionellen BL-Differenz geschaut werden<br />
muss. Dass dieses Ergebnis zustande kam,<br />
ist umso erstaunlicher.<br />
Kehren wir zurück zu unserem Patienten.<br />
Hier ist es offensichtlich, dass der Beckenschiefstand<br />
aufgrund der Absenkung von<br />
Längs- und Quergewölbe entstanden ist.<br />
Somit sollte der Patient zunächst seine<br />
Fußmuskeln aktivieren und damit auch<br />
aufbauen und auftrainieren – anfänglich<br />
mithilfe von einfachen Greifübungen, um<br />
zunächst ein Gefühl und eine Wahrnehmung<br />
für seine Fußmuskulatur zu bekommen,<br />
und anschließend mit stabilisierenden<br />
Übungen wie z. B. der Übung »kurzer Fuß<br />
nach Janda«.<br />
Die Übungen sollten zunächst unter Entlastung<br />
und anschließend unter zunehmender<br />
Belastung stattfinden. Dies sollte die<br />
funktionelle Beinlängendifferenz auf lange<br />
Fazit – Allgemein<br />
Auch Patienten, bei denen augenscheinlich<br />
und diagnostisch ein Beckenschiefstand<br />
im Vordergrund steht, sollten zunächst intensiv<br />
diagnostisch untersucht werden,<br />
um die Schmerzursache herauszufinden.<br />
Dass der Beckenschiefstand automatisch<br />
Sicht verbessern bzw. beheben. Des Weiteren<br />
sollte aber auch noch ein Ausgleich geschaffen<br />
werden zu der hypotonen Haltung<br />
des Patienten und der vorwiegend ventral<br />
stattfindenden Körperarbeit (Schule, Tennis,<br />
PC-Spiele). Dies müsste in den weiteren<br />
Therapieeinheiten unbedingt berücksichtigt<br />
werden.<br />
Nach 10 Therapieeinheiten ist erkennbar,<br />
dass das Fußgewölbe sich tendenziell im<br />
Aufbau befindet. Es ist aber wichtig, dass<br />
die Therapie weiter fortgeführt wird, da<br />
nur eine konsequente Kräftigung der tiefen<br />
Fußmuskulatur erfolgversprechend ist. Auch<br />
die Kopfschmerzsymptomatik hat sich verbessert<br />
und ist rückläufig. Wird der oben<br />
genannte Patient betrachtet, hebt sich die<br />
Kopfschmerzproblematik als Schmerzproblematik<br />
hervor. Auch bei solch einem jungen<br />
Patienten besteht die Gefahr, dass der Kopfschmerz<br />
chronifizieren könnte.<br />
Deshalb ist es auch hier wichtig, frühzeitig<br />
therapeutisch einzugreifen. Ein bedeutsamer<br />
Teil bei der Therapie ist es, den<br />
Patienten in seinem gesamten Kontext zu<br />
betrachten und nicht nur auf ein wesentliches<br />
Merkmal zu schauen, was heraussticht<br />
(in diesem Fall der Beckenschiefstand).<br />
Sicherlich kann und wird solch eine Gegebenheit<br />
Schmerzen provozieren oder<br />
beeinflussen, aber auch die anderen Kontextfaktoren<br />
kommen in Betracht (hohe<br />
Belastung, schlechte Allgemeinhaltung und<br />
eine häufig eingenommene Position der<br />
Arme vor dem Körper). Ziel einer Therapie<br />
ist, es hier alle Kontextfaktoren zu berücksichtigen<br />
und auch während der Therapie<br />
anzusprechen. Wenn solche Patienten erst<br />
sehr spät zu einer Therapie erscheinen, sodass<br />
der Schmerz schon chronifiziert ist, sind<br />
vor allem multimodale Therapiekonzepte für<br />
den Patienten optimal.<br />
die Schmerzen verursacht, sollte nicht als<br />
gegeben hingenommen werden. Vielmehr<br />
sollte eine intensive Befundung stattfinden,<br />
bei der der Patient auch noch in seinem sozialen<br />
und psychischen Kontext betrachtet<br />
wird.<br />
12 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Exkurs Wissenschaft: Was bedeutet Signifikanz?<br />
Anhand der Durchführung einer Studie tatsächlich statistisch signifikant ist (und<br />
will man im Allgemeinen herausfinden, nicht aus einem Zufall resultiert), wird ein<br />
ob ein Unterschied zwischen zwei Gruppen<br />
besteht. Da ja auch rein zufällig ein fall ausschließen bzw. herausrechnen soll.<br />
Rechenverfahren verwendet, das den Zu-<br />
unterschiedliches Ergebnis herauskommen Hierzu wird ein p-Wert berechnet, d. h., der<br />
könnte, es sich aber um eine Studie handelt, p-Wert ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein<br />
will man den Zufall grundsätzlich ausschließen.<br />
Um also zu wissen, ob ein Ergebnis Gruppen vorhanden<br />
wahrer Unterschied zwischen den beiden<br />
ist.<br />
TITELTHEMA<br />
Beispiel<br />
Wir vergleichen zwei Gruppen miteinander,<br />
z. B. Patienten mit einer Knie-TEP und Patienten<br />
ohne chirurgischen Eingriff, d. h. mit<br />
konservativer Therapie. Es zeigt sich, dass<br />
Gruppe A (Knie-TEP) 90 ° Knieflexion zeigt,<br />
während Gruppe B (konservativ behandelt)<br />
105 ° Knieflexion aufweist.<br />
Wie können wir jetzt wissen, dass dieser<br />
Unterschied wirklich wahr und nicht einfach<br />
nur zufällig ist? Wir müssen sicher sein, dass<br />
dieser Wert statistisch signifikant (= statistisch<br />
bedeutsam) ist!<br />
Um das zu untersuchen, stellen wir<br />
zuerst einmal eine Hypothese auf:<br />
H0 = Es gibt keinen Unterschied in der<br />
Knieflexion zwischen Gruppe A<br />
und B (Nullhypothese).<br />
H1 = Es gibt einen Unterschied in der<br />
Knieflexion zwischen Gruppe A<br />
und B (Alternativhypothese).<br />
Es kann durch verschiedene Tests und<br />
mathematische Berechnungen die Wahrscheinlichkeit<br />
untersucht werden, ob der<br />
Unterschied mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
vorhanden ist oder nicht. Hierzu ist es nötig,<br />
dass die Mittelwerte der beiden Gruppen<br />
mit statistischen Tests verglichen werden.<br />
Der p-Wert kann verschiedene Zahlenwerte<br />
annehmen.<br />
Beträgt nun das Risiko, dass unsere H0 richtig<br />
ist, nur 5 oder 1 %, so kann davon ausgegangen<br />
werden, dass wir H1 annehmen<br />
dürfen (P < 0,05 = Ergebnis ist signifikant,<br />
P < 0,01 = Ergebnis ist hochsignifikant). Ist<br />
das Risiko jedoch größer, also z. B. 6 %, so<br />
müssen wir H1 verwerfen und H0 annehmen.<br />
Literatur<br />
Knutson G. A. (2005):<br />
Review Anatomic and functional leg-length<br />
inequality: A review and recommendation for clinical<br />
decision-making. Part II. The functional or unloaded<br />
leg-length asymmetry.<br />
Chiropractic & Osteopathy 13: 12.<br />
Kwon Y. J., Song M., Baek I. H., Lee T. (2015):<br />
The effect of simulating a leg-length discrepancy on<br />
pelvic position and spinal posture.<br />
<strong>Journal</strong> of Physical Therapy Science 27: 689–691.<br />
Lee B. H., Kim J. J., Kim C. K. (2015):<br />
Changes in foot pressure elicited by 3D air balance<br />
exercise and pelvic stability exercise for functional<br />
leg-length discrepancy in adult women.<br />
<strong>Journal</strong> of Physical Therapy Science 27: 917–920.<br />
Rannisto S., Okuloff A., Uitti J., Paananen M.,<br />
Rannisto P. H., Malmivaara A., Karppinen J. (2015):<br />
Leg-length discrepancy is associated with low back<br />
pain among those who must stand while working.<br />
BMC Musculoskeletal Disorders 16: 110.<br />
Fotolia © Photographee.eu<br />
Therapieliege<br />
ACTIV mit Drehhocker<br />
Attraktives Leasingangebot<br />
• 65 cm Polsterbreite<br />
• Elektromotor inkl. Sicherheitssperrbox<br />
• Rundumbügel<br />
• zuschaltbares Rädergestell<br />
• Kopfteil 3-teilig pos./neg.<br />
• höhenverstellbarer Drehhocker<br />
• Farbe Tundra Limone<br />
• aus eigener Herstellung<br />
Existenzgründer Paket<br />
für einen guten Start in die<br />
Selbständigkeit:<br />
Paketpreis<br />
€ 1.570,- netto<br />
€ 1.863,30 brutto<br />
(gültig bis 31.03.<strong>2016</strong>)<br />
Kostenloser Versand komplett montiert! *<br />
* nur BRD – Festland<br />
Leasingrate mtl.:<br />
€ 49,61 netto € 50,04 brutto<br />
bei 36 Monaten ohne Anzahlung *<br />
* nach Bonitätsprüfung unseres Leasingpartners<br />
Der Praxisausstatter für Physiotherapeuten!<br />
Jetzt online<br />
bestellen:<br />
www.villinger.de<br />
Villinger oHG<br />
Physio- und Praxiseinrichtungen<br />
Zeppelinstraße 23 . 79331 Teningen<br />
+49(0)7663 99082 . info@villinger.de<br />
Fordern Sie unseren Gesamtkatalog an!<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 13
ANZEIGEN<br />
Master of Science in Osteopathie *<br />
und Diplom in Osteopathie<br />
an Europas führender Akademie für Osteopathie<br />
*<br />
Einziger akkreditierter Studiengang für Osteopathie in Deutschland!<br />
*<br />
In Zusammenarbeit mit der fhg –<br />
Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol<br />
The International Academy of Osteopathy (IAO)<br />
Postfach 662314, 81220 München | Tel. 02 21 130 86 28 | info@osteopathie.eu | www.osteopathie.eu<br />
Manuelle Lymphdrainage / Komplexe<br />
Physikalische Entstauungstherapie (ML/KPE)<br />
4-wöchige Zertifizierungskurse<br />
... mit uns in die Zukunft!<br />
Zertifizierter Bildungsträger nach AZAV<br />
Praxisnahe Ausbildung<br />
Fachliche Betreuung auch nach Kursende<br />
Zertifikat berechtigt zur Abrechnung mit den Krankenkassen<br />
Simbach am Inn · München · Berlin · Potsdam · Cham · Erlangen · Bayreuth<br />
Jetzt anmelden!<br />
www.innakademie.de<br />
08571 7017<br />
INN AK Innakademie GmbH · Heraklithstr. 1a · 84359 Simbach am Inn · info@innakademie.de<br />
14 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Lymphologic Anz Physio-<strong>Journal</strong> Jan 2015 :Lymphologic 2015 09.01.2015 10:56 Uhr Page 1<br />
ANZEIGEN<br />
LYMPHOLOGIE – AUF DER GRUNDLAGE VON<br />
ÜBER<br />
30<br />
JAHREN ERFAHRUNG<br />
Frankfurt*<br />
EINE CHANCE FÜR SIE<br />
• Zertifikatsweiterbildung Manuelle Lymphdrainage / KPE<br />
• Maßnahme zugelassen für Weiterbildungsförderung (z. B. Bildungsgutscheine)<br />
• Einziges Schulungsunternehmen das auch Ihre verordnenden Ärzte curriculär fortbildet<br />
• Alle Unterrichtenden sind praktizierende Therapeuten und Ärzte<br />
ERFOLGREICH IN DER PRAXIS<br />
• Tägliche Telefonberatung nach der Weiterbildung<br />
• Jährlicher fachlich aktualisierender Rundbrief (kostenlos)<br />
• Refresherkurse bundesweit<br />
• Homepage mit vielen Services (Veröffentlichungen, Kongresse, Seminare)<br />
WEITERE FORTBILDUNGEN IN DER PHYSIOTHERAPIE<br />
Craniosakrale Therapie, Prototherapie, Manuelle Therapie, Sport<strong>physio</strong>therapie,<br />
Triggerpunkt etc. (z. T. in Zusammenarbeit mit der Fortbildungsakademie Plesch)<br />
INFORMATIONEN UND ANMELDUNG<br />
LYMPHOLOGIC ® med. Weiterbildungs GmbH<br />
Sekretariat: Im Neurod 2, 63741 Aschaffenburg<br />
Tel.: 06021-460988, Fax: 06021-4449585<br />
E-Mail: info@lymphologic.de<br />
www.lymphologic.de<br />
Hamburg<br />
Buxtehude*<br />
Wilhelmshaven<br />
Oldenburg<br />
Osnabrück<br />
Rheine<br />
Münster<br />
Seesen<br />
Bochum*<br />
Kassel*<br />
Bad Sulza<br />
Köln*<br />
Gotha<br />
Bornheim Arnstadt Erfurt Chemnitz<br />
Aachen* Bad Salzungen<br />
Jena<br />
Fulda<br />
Bad Orb<br />
Koblenz<br />
Gersfeld/Rhön<br />
Aschaffenburg*<br />
St. Wendel*<br />
Würzburg<br />
Nürnberg<br />
Bad Windsheim<br />
Böblingen<br />
Schwandorf<br />
Regensburg<br />
Augsburg<br />
München<br />
Bad Wörishofen<br />
NEU<br />
inklusive<br />
kursbegleitendes<br />
Online-Lernprogramm<br />
*In diesen Orten<br />
auch Kurse inkl.<br />
Wochenende<br />
Besuchen Sie uns auf<br />
www.facebook.de/lymphologic<br />
LYM PHOLOGIC<br />
Medizinische Weiterbildungs GmbH<br />
®<br />
IN DER LYMPHOLOGIE SETZT DEUTSCHLAND DEN INTERNATIONALEN MASSSTAB<br />
JETZT ANMELDEN<br />
Kursanmeldung unter: www.medweno.de<br />
NEU IM PROGRAMM<br />
Medical Flossing<br />
03.04.<strong>2016</strong><br />
Interdisziplinäre Wundtherapie<br />
am Ulcus cruris Patienten<br />
21.05. - 22.05.<strong>2016</strong><br />
Manuelle Schmerztherapie<br />
04.07. - 08.07.<strong>2016</strong><br />
Osteoporose Funktionstraining<br />
24.05. - 25.05.<strong>2016</strong><br />
Reflektorische Atemtherapie<br />
GK 01.09. - 14.09.<strong>2016</strong><br />
Einführung in die Tuina Therapie<br />
13.05. - 15.05.<strong>2016</strong><br />
Basale Stimulation® am Lebensende<br />
10.06.<strong>2016</strong><br />
Kursbroschüre <strong>2016</strong> kostenlos unter www.medweno.de bestellen<br />
Sanfte Chiropraktik<br />
14.11. - 20.11.<strong>2016</strong><br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 15
TITELTHEMA<br />
Text: Friederike Keifel<br />
WORKSHOP<br />
SCHMERZTHERAPIE<br />
16-jährige Patientin<br />
mit chronifizierten Schmerzen<br />
im Hüftbereich – Fallbeispiel<br />
Fotolia © Piotr Marcinski<br />
Vorgeschichte<br />
Als die Patientin 2 Jahre alt war, fiel den Eltern<br />
ein Nachziehen des rechten Beines auf.<br />
Nach einer Röntgenuntersuchung wurde ein<br />
Morbus Perthes an der rechten Hüfte diagnostiziert.<br />
Die Patientin wurde konservativ<br />
mit Physiotherapie und wenig Schmerzmittel<br />
behandelt.<br />
Bei Schulbeginn im Jahr 2004 hatte die<br />
Patientin ein fast normales Gangbild und<br />
konnte am Schulsport teilnehmen. Sie war<br />
in den darauffolgenden Jahren nie ganz<br />
schmerzfrei, konnte aber schwimmen und<br />
ins Fitnessstudio gehen und die Kampfsportart<br />
Judo ausüben. Während dieser Zeit hatte<br />
sie etwa einmal im Monat eine Woche lang<br />
verstärkt Schmerzen.<br />
Zu einer akuten Verschlechterung kam<br />
es 2008 nach einem Brand im Nachbarhaus.<br />
Die Patientin zog ihr rechtes Bein wieder<br />
nach, es traten Schmerzen in der rechten<br />
Hüfte und in der Leiste auf. Die Schmerzen<br />
hielten etwa eine Woche an. Der behandelnde<br />
Orthopäde führte die Beschwerden<br />
ausschließlich auf die Adipositas (nach WHO<br />
Stufe 1) der Patientin zurück. Aus dieser Unzufriedenheit<br />
heraus fand ein Arztwechsel<br />
statt – die Behandlung blieb weiter konservativ.<br />
2010 kam es zu einer erneuten Verschlechterung<br />
der Symptomatik: spürbarer<br />
Leistenschmerz, Schmerzen bei Innenrotation<br />
(IR) und Abduktion (ABD) der rechten<br />
Hüfte. Das Röntgenbild wies keine Veränderungen<br />
zum Vorbefund auf. Auch die Laboruntersuchung<br />
ergab keinen Hinweis auf ein<br />
entzündliches Geschehen. Der behandelnde<br />
Arzt stellte folgende Diagnose: V. a. Coxitis<br />
fugax (Hüftschnupfen) rechts, Z. n. Morbus<br />
Perthes.<br />
In den folgenden Jahren wurde die<br />
Patientin von ihren Klassenkammeraden<br />
gemobbt, woraufhin sie 2013 die Schule<br />
wechselte. Ab diesem Zeitpunkt kam es zu<br />
einer schleichenden Zunahme der Schmerzen<br />
im Bereich des rechten Hüftgelenks.<br />
Der Orthopäde überwies die Patientin 2014<br />
an eine Universitätsklinik. Nach 6 Monaten<br />
wurde eine Magnetresonanz-Arthrographie<br />
der rechten Hüfte durchgeführt. Die Untersuchung<br />
ergab einen Riss im Labrum, eine<br />
Bursitis zwischen Kapsel und M. iliopsoas<br />
sowie einen charakteristisch vergrößerten<br />
Hüftkopf nach ventral bei Z. n. Morbus<br />
Magnetresonanz (MR)-<br />
Arthrographie<br />
Ist eine valide Untersuchungsmethode<br />
für den<br />
Labrum-Kapsel-Komplex<br />
Sensitivität = 91 %<br />
Spezifität = 71 %<br />
(Schomacher et al. 2015)<br />
Perthes. Aufgrund dieses Befundes wurde<br />
eine OP-Indikation ausgesprochen. Der<br />
behandelnde Orthopäde verordnete bis<br />
zur Operation Physiotherapie mit Dehnung<br />
der Iliopsoassehne und Detonisierung der<br />
Psoasmuskulatur. Gleichzeitig wurde die<br />
Patientin 12 Tage mit NSAR (nichtsteroidalen<br />
Antirheumatika) behandelt.<br />
Im Januar 2015 erfolgte eine Hüftgelenkarthroskopie<br />
rechts:<br />
p Partielle Labrumresektion<br />
p Taillierung des Kopf-Schenkelhals-Übergangs<br />
ventrolateral<br />
p Weichteil-Release<br />
Diagnose:<br />
p Femoroacetabuläres Impingement (FAI)<br />
des rechten Hüftgelenks bei Cam-Deformität<br />
durch Morbus Perthes<br />
Hinweis Behandlung<br />
Obwohl für die konservative Vorgehensweise<br />
wenige Daten existieren,<br />
die die Wirksamkeit belegen, empfehlen<br />
Schomacher et al. (2015) zunächst<br />
die Durchführung einer konservativen<br />
Behandlung. Erst wenn diese erfolglos<br />
bleibt, sollte chirurgisch vorgegangen<br />
werden, da auch hierfür Langzeitergebnisse<br />
fehlen, die die entsprechende<br />
Effektivität bestätigen.<br />
16 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
In den ersten 3 Wochen nach der Operation<br />
hatte die Patientin keine Schmerzen und<br />
eine gute Beweglichkeit der rechten Hüfte.<br />
Im März 2015 stellte sich die Patientin<br />
erneut in der Uni-Klinik vor. Sie klagte über<br />
zunehmende Schmerzen. Die Dauerschmerzen<br />
führten mehr und mehr zu einer Bewegungseinschränkung<br />
im gesamten rechten<br />
Bein. Die behandelnden Ärzte vermittelten<br />
der Patientin das Gefühl, dass »sie sich den<br />
Schmerz nur einbilde«. Eine neurologische<br />
Untersuchung ergab keinen positiven Befund.<br />
Da die Schmerzen weiterhin persistierten<br />
und die <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung<br />
keinen Erfolg brachte, stellte sich die Patientin<br />
im April 2015 in unserer Schmerzambulanz<br />
vor. Nach Ausfüllen und Auswertung<br />
des Schmerzfragebogens der Deutschen<br />
Schmerzgesellschaft e. V. erfolgte im August<br />
die stationäre Aufnahme auf unserer<br />
Schmerzstation.<br />
TITELTHEMA<br />
Indikation zur multimodalen<br />
Schmerztherapie<br />
p Manifeste oder drohende Beeinträchtigung<br />
der Lebensqualität<br />
und der Arbeitsfähigkeit<br />
p Fehlschlag einer vorherigen unimodalen<br />
Schmerztherapie, eines<br />
schmerzbedingten Eingriffs<br />
p Schmerzunterhaltende psychische<br />
Begleiterkrankung<br />
Stationäre Schmerztherapie<br />
Vor der stationären Aufnahme untersuchte<br />
ich die Patientin gemeinsam mit unserer<br />
Oberärztin. Dabei sind uns ein deutliches<br />
Angstvermeidungsverhalten und eine<br />
Schonhaltung aufgefallen. Medikamente<br />
bei Aufnahme waren 15 Tropfen Trimineurin<br />
zur Nacht.<br />
Des Weiteren wurde die Patientin gebeten,<br />
ihre Krankheitsgeschichte bei der interdisziplinären<br />
Schmerzkonferenz im August<br />
2015 vorzustellen.<br />
Ziele der Patientin für den<br />
stationären Aufenthalt<br />
p Schmerzreduktion<br />
p Wichtig ist der Patientin, dass keine falschen<br />
Versprechungen und nichts hinter<br />
ihrem Rücken gemacht wird, wie beispielsweise<br />
die Anwendung neuer Behandlungsverfahren,<br />
die nicht mit ihr abgesprochen<br />
werden.<br />
Diagnosen bei Aufnahme<br />
Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte<br />
bei<br />
p Z. n. OP, Januar 2015, Labrumläsion rechte<br />
Hüfte aufgrund eines femeroacetabu-<br />
Hinweis Impingement<br />
Femoroacetabulären Impingement<br />
(FAI, wurde 1999 zum 1. Mal beschrieben)<br />
Es gibt zwei Formen:<br />
Cam-Impingement<br />
Zu viel Knochenvolumen in Höhe des<br />
Kopf-Hals-Übergangs<br />
Pincer-Impingemnet<br />
Zu viel Überdachung des Kopfes durch<br />
das Acetabulum<br />
lären Impingements des rechten Hüftgelenks<br />
bei Cam-Deformität (Abbildungen<br />
1 und 2)<br />
p Z. n. Morbus Perthes rechts<br />
p Unspezifischer Rückenschmerz<br />
Physiotherapeutische<br />
Befunderhebung<br />
Beschwerden bei der Aufnahme<br />
Brennender, ziehender, an Intensität kaum<br />
wechselnder Dauerschmerz (NRS 9/10) im<br />
Bereich der rechten Hüfte mit Ausstrahlung<br />
in die rechte Leiste, die rechte Gesäßhälfte<br />
und in den rechten ventralen Oberschenkel.<br />
Die Schmerzen werden verstärkt durch längeres<br />
Sitzen, Stehen und Gehen.<br />
Inspektion im Stand (Abbildung 3)<br />
p Das Gewicht ist im Stehen auf das linke<br />
Bein verlagert.<br />
p Das linke Knie ist überstreckt.<br />
p Das rechte Knie ist ca. 35 ° flektiert.<br />
p Die rechte Großzehe wird hochgezogen.<br />
p Einbeinstand ist nicht möglich.<br />
Beurteilung Gangbild<br />
p Vermehrter Armpendel links<br />
p Rechte Zehen, besonders die Großzehe<br />
werden hochgezogen.<br />
p Pat. setzt den Fuß mit der Ferse auf, rollt<br />
jedoch nicht über den Vorfuß ab.<br />
p Nach ca. 20 m legt die Pat. ihre Hand an<br />
den Trochanter major – aufgrund verstärkter<br />
Schmerzen.<br />
p Beim Fersengang wird das Bein nach<br />
außen rotiert.<br />
p Zehengang ist schmerzbedingt nicht<br />
möglich.<br />
p Seiltänzergang R Schmerzverstärkung,<br />
wenn das Bein nach vorne gestellt wird.<br />
Abbildung 1: Hüfte präoperativ<br />
Abbildung 2: Hüfte postoperativ<br />
Abbildung 3: Inspektion<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 17
TITELTHEMA<br />
Auffälligkeiten<br />
p Pat. kann sich nur mit Abstützen der<br />
Hände hinsetzen und aufstehen. 90 °<br />
Hüftflexion ist beim Sitzen möglich (Abbildung<br />
4).<br />
p Beim Hinlegen benutzt sie das linke Bein,<br />
um das rechte hochzuheben.<br />
p Sie zeigt eine starke Abwehrspannung (in<br />
Flex) bei der Hüftuntersuchung. Sie weint<br />
auch immer wieder während der Untersuchung.<br />
Sie möchte jedoch nicht, dass die<br />
Untersuchung deshalb abgebrochen wird.<br />
p Beim Sitzen kann die Patientin ihre Hüften<br />
90 ° flektieren, aber bei der klinischen<br />
Untersuchung der rechten Hüfte toleriert<br />
die Patientin nur 40 ° Flexion. Das Ausmaß<br />
der Extension kann nicht geprüft werden.<br />
p Das Bewegungsausmaß der linken Hüfte<br />
beträgt EXT/FLEX 0–0–100.<br />
p Die Patientin lässt eine Flexion des rechten<br />
Knies von 65 ° zu. Bei der Aufforderung,<br />
das Knie zu strecken, beginnt sie<br />
zu weinen und streckt das Knie um 5 ° =<br />
Extensionsdefizit von 60 °.<br />
p Das Bewegungsausmaß des linken Knies<br />
beträgt EXT/FLEX 0–0–120.<br />
p Deutliche Muskelatrophie des rechten<br />
Beines<br />
p Bei der Palpation der hüftumgebenden<br />
Muskulatur zeigt die Patientin eine Abwehrspannung<br />
und beginnt zu weinen.<br />
p Umfangmessung<br />
– 18 cm oberhalb Patellabasis:<br />
re. 63 cm, li. 66 cm<br />
– In Höhe des Kniegelenksspalts:<br />
re. 44 cm, li. 46 cm<br />
– 10 cm prox. des lat. Malleolus:<br />
re. 30,5 cm, li. 34 cm<br />
p Abwehrhaltung bei der Ankündigung von<br />
Traktion im re. Hüftgelenk<br />
Abbildung 4: Sitz<br />
p Impingement-Test nicht möglich<br />
p Labrum-Test nicht möglich<br />
p Modifizierter Thomas-Test nicht möglich<br />
p Abschied: Hinsetzen »normal« möglich,<br />
da der Stuhl keine Armlehne hatte<br />
Interpretation der <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Befunderhebung<br />
Es wurde deutlich, wie stark die Ängste der<br />
Patientin vor Bewegungen sind und wie<br />
ausgeprägt ihr Angstvermeidungsverhalten<br />
ist. Durch ihr Verhalten und ihre Gestik versuchte<br />
sie, uns ihre Schmerzen und ihre Einschränkung<br />
deutlich zu machen.<br />
Psychologische Untersuchung<br />
p Pat. sorgt sich, wie sie die Ausbildung mit<br />
den Schmerzen schaffen soll.<br />
p Angst vor Schmerzen bei Bewegung<br />
p Aussagen wie »Keiner versteht mich«,<br />
»keiner kann die Schmerzen nachempfinden«,<br />
»keiner kann mir helfen«<br />
p Kränkung und Enttäuschung (zu dick, sich<br />
den Schmerz einbilden)<br />
p Skepsis gegenüber Therapeuten<br />
p Lebt bei den Eltern, hat 2 Brüder (4 und<br />
14 Jahre alt)<br />
p Pat. hat ein sehr gutes Verhältnis zu den<br />
Eltern, kann mit ihnen über alles reden.<br />
Sie setzen sich auch für sie ein, z. B. bei<br />
Schwierigkeiten in der Behandlung.<br />
p Beginn einer Banklehre im Herbst 2015,<br />
evtl. anschließend BWL-Studium<br />
Zusätzliche Diagnostik<br />
p Psychologisch:<br />
– Chronifizierungsstadium nach<br />
Gerbershagen 1–3 = 2<br />
– BDI (Beck Depression Inventar) =<br />
13 Punkte, unauffällig (Items leicht<br />
erhöht aufgrund von Schmerzen)<br />
– Ergebnis: Anpassungsstörung, Angstvermeidungsverhalten<br />
mit körperlicher<br />
Schonung<br />
p Traumatologische Konsilaruntersuchung:<br />
– Untersuchung des Hüft- und Kniegelenks<br />
in PDA (Periduralanästhesie)<br />
– Ergebnis: freie Beweglichkeit von Hüftund<br />
Kniegelenk in PDA<br />
p Interdisziplinäre Schmerzkonferenz:<br />
– Die Schmerztherapeuten empfehlen<br />
einen multimodalen Therapieansatz<br />
und interventionelle Maßnahmen wie<br />
Epiduralkatheter und Schmerzpumpe.<br />
Multimodale Behandlungen<br />
p Physiotherapeutische Einzel- und Gruppentherapie<br />
p Psychologische Einzel- und Gruppentherapie<br />
p Differenzierte Pharmakotherapie<br />
p Entspannungsverfahren<br />
p Patientenedukation<br />
Therapieempfehlung<br />
Da die Hüft-OP schon 7 Monate zurückliegt,<br />
besteht keine Limitierung der Beweglichkeit<br />
und der Belastung. Risikosportarten sind erlaubt.<br />
Die Patientin wurde bei Behandlungsbeginn<br />
der Therapiegruppe A zugeordnet.<br />
Zusätzlich erhielt sie während ihres Aufenthalts<br />
Einzel<strong>physio</strong>therapie und psychologische<br />
Einzelgespräche mit den Schwerpunkten<br />
Angstreduktion und Rückfallprävention.<br />
Die <strong>physio</strong>therapeutischen Schwerpunkte<br />
waren:<br />
p Verbesserung der Beweglichkeit durch<br />
bspw.<br />
– Detonisieren hypotoner Muskeln (z. B.<br />
Funktionsmassage M. Iliopsoas)<br />
– Faszientechniken<br />
– PNF – Beckenpattern<br />
– Wassergymnastik<br />
– Spiegeltherapie<br />
p Verbesserung der Sensomotorik durch<br />
bspw.<br />
– Neuromuskuläre Ansteuerung der<br />
stabilisierenden Muskeln über minimale<br />
Traktion<br />
– PNF – Overflow über den Rumpf<br />
– Vorstellung von Bewegung bei<br />
geschlossenen Augen<br />
– Einsatz von instabilen Unterlagen<br />
z. B. Weichmatte/Kippbrett/Kreisel<br />
p Gangschule, bspw.<br />
– Beinachsentraining<br />
– Bewusstmachen der Fußbelastung<br />
p ADL-Training, bspw.<br />
– Alltagsbelastungen in Form von<br />
Terraintraining/Nordic Walking/<br />
Ergometertraining<br />
Theoretischer Hintergrund<br />
Aufgrund der langen Behandlungsgeschichte<br />
wurde besonderer Wert auf die<br />
Erfassung von biopsychosozialen Faktoren<br />
gelegt, da psychosoziale Faktoren beim Entstehen<br />
und Fortbestehen von chronischen<br />
Schmerzen eine große Rolle spielen. Dies<br />
18 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
wurde auch bei der Patientin deutlich, da<br />
sie extreme Angst vor schmerzauslösenden<br />
Bewegungen und Aktivitäten hatte.<br />
Durch das Erlernen eines neuen Bewegungsverhaltens,<br />
das dauerhaft beibehalten<br />
wird, verändert sich die schmerzbezogene<br />
Kognition. Laut Oostendorp & Samwel<br />
(2015) wird dies erreicht durch:<br />
p Zeitgebundene Erhöhung physischer Aktivitäten<br />
(Graded activity)<br />
p Verminderung der Bewegungsangst<br />
durch Konfrontation mit angstbesetzten<br />
Aktivitäten (Graded exposure)<br />
p Vermittlung einer aktiven Bewältigungsstrategie/Edukation<br />
Als Begründung legen die Autoren die kognitive<br />
Dissonanztheorie zugrunde. Sie besagt,<br />
dass der Mensch immer eindeutige<br />
und logische Situationen anstrebt. So kann<br />
der Mensch sein Selbstverständnis bestätigen.<br />
Stehen Informationen dazu im Widerspruch,<br />
kann dies zu Dissonanz und inneren<br />
Konflikten führen, beispielsweise »Bewegung<br />
ist schädlich und kann zu Verletzungen<br />
führen«. Der Patient versucht, seine eigene<br />
Überzeugung durch das Verhalten und<br />
die Intervention des Therapeuten (verbal<br />
und nonverbal/erschrockene Reaktion oder<br />
einfühlsame Bemerkung) zu bestätigen, z. B.<br />
»dass Bewegung schädlich ist«, um so sein<br />
Angstvermeidungsverhalten und die Passivität<br />
vor der Umwelt zu rechtfertigen. Übungen<br />
werden deshalb nicht oder weniger intensiv<br />
selbständig durchgeführt. Aus diesem<br />
Grund ist die Kommunikation zwischen Patient<br />
und Therapeut entscheidend für den Behandlungserfolg.<br />
Denn gehen Therapeuten<br />
auf das Schmerzverhalten des Patienten ein,<br />
kann dies zu einer Verstärkung des Angstvermeidungsverhaltens<br />
des Patienten führen.<br />
Hierbei ist zu beachten, dass die Angst<br />
des Therapeuten vor Schmerzen sich auf<br />
das Schmerzverhalten des Patienten negativ<br />
auswirken kann.<br />
Deshalb sollte vor Behandlungsbeginn folgende<br />
Punkte besprochen werden:<br />
p Aufklärung über die Schmerz<strong>physio</strong>logie<br />
und Schmerzpsychologie: Weder Bewegungen<br />
noch eine Schmerzzunahme sind<br />
schädlich.<br />
p Schmerzen sind beim Üben kein Kriterium,<br />
z. B. für den Abbruch der Übung.<br />
p Der Therapeut wird nicht auf eine<br />
Schmerzzunahme reagieren.<br />
p Der Therapeut gibt nur positives und ermutigendes<br />
Feedback.<br />
p Partner/Familie des Patienten werden in<br />
die Therapie integriert.<br />
Behandlungsverlauf<br />
Aufnahmetag: Die Patientin ist ängstlich<br />
und sehr skeptisch gegenüber den Behandlungen/dem<br />
Aufenthalt. Sie möchte über<br />
alle Interventionen aufgeklärt werden.<br />
1. Tag nach Aufnahme: Ständige Rückversicherung,<br />
dass keine Behandlung durchgeführt<br />
wird, ohne dass es mit ihr abgesprochen<br />
wird. Anlage eines Epiduralkatheters<br />
(13 ml Ropivacain 1%ig). Die behandelnde<br />
Ärztin schlägt der Patientin vor, in den nächsten<br />
Tagen das Schmerzmedikament durch<br />
eine Kochsalzlösung zu ersetzen. Die Patientin<br />
ist damit einverstanden und möchte<br />
nicht wissen, wann die Änderung erfolgt.<br />
2. Tag nach Aufnahme: Traumatologische<br />
Konsilaruntersuchung mit Fotodokumentation.<br />
Als die Videoaufnahmen der Patientin<br />
vorgespielt wurden, konnte sie zunächst gar<br />
nicht realisieren, dass das ihr Bein ist. Sie<br />
war danach den ganzen Nachmittag über<br />
bedrückt, grübelte viel und weinte öfters.<br />
Sie verließ an diesem Nachmittag kaum<br />
ihr Zimmer und hatte einen erhöhten Gesprächsbedarf.<br />
3. Tag nach Aufnahme: Nach intensiven<br />
Gesprächen, u. a. mit unserer Pain Nurse,<br />
zeigte sich die Patientin sehr erleichtert. Die<br />
Darstellung der freien Gelenkbeweglichkeit<br />
von Hüfte und Knie hatte sie die ganze<br />
Nacht über sehr beschäftigt. Die Schmerzen<br />
haben sich jedoch dadurch nicht verstärkt.<br />
Wie besprochen, erfolgte die Anlage einer<br />
Walkmed-Pumpe mit Ropivacain 0,2%ig in<br />
subparetischen Dosierung.<br />
7. Tag nach Aufnahme: Seit 3 Tagen läuft<br />
der Placebo-Versuch. Auch während des<br />
Placebo-Versuchs (Kochsalzlösung) kam es<br />
zu keiner Schmerzverstärkung bzw. Bewegungseinschränkung.<br />
8. Tag nach Aufnahme: Schmerzkatheter<br />
ex (PDK)<br />
9. Tag nach Aufnahme: Angehörigengespräch<br />
mit den Eltern, in dem die Notwendigkeit<br />
weiterer Mobilisierung und der Abbau<br />
eigener Ängste sowie die ausgeprägte<br />
Protektion thematisiert wurden.<br />
10. Tag nach Aufnahme: Entlassung<br />
Ergebnis: Die Patientin arbeitete immer motiviert<br />
mit. Es konnten eine Angstreduktion<br />
und eine Stimmungsaufhellung erzielt werden.<br />
Die Schmerzen haben sich reduziert<br />
(NRS: 2) und die Beweglichkeit hat sich<br />
deutlich verbessert. Die Patientin hat »hüpfend«<br />
die Klinik verlassen.<br />
Empfehlungen …<br />
… aus <strong>physio</strong>therapeutischer Sicht<br />
p Wiederaufnahme von Hobbys (mit dem<br />
Fahrrad zur Arbeit fahren, Schwimmen,<br />
Trainingstherapie, Judo)<br />
p Aufrechterhalten des neuen Bewegungsverhaltens<br />
durch kontinuierliches Training<br />
(exercise adherence)<br />
p Weiterhin Verbesserung der allgemeinen<br />
körperlichen Aktivität (physical activity<br />
adherence)<br />
… aus psychologischer Sicht<br />
p Fortführung der Entspannungsverfahren<br />
zur Rückfallprophylaxe<br />
p Ambulante Psychotherapie zur weiteren<br />
psychischen Stabilisierung, Förderung<br />
von Unabhängigkeit und Aktivität sowie<br />
zur Stärkung der Selbstsicherheit und des<br />
Selbstwertgefühls<br />
… aus ärztlicher Sicht<br />
p Wiedervorstellung nach 6 Wochen<br />
… aus pflegerische Sicht/Pain Nurse<br />
p Selbständiges Durchführen von ADL, z. B.<br />
Vermeiden von tiefen Sitzen<br />
p Beibehalten häuslicher Aktivitäten (activity<br />
adherence)<br />
p Soziales Umfeld bestärken<br />
WORKSHOP<br />
a<br />
SCHMERZTHERAPIE<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 19
TITELTHEMA<br />
Gut.<br />
Besser.<br />
THEORG.<br />
SOVDWAER GmbH<br />
Franckstraße 5<br />
71636 Ludwigsburg<br />
Tel. 0 71 41 / 9 37 33-0<br />
info@sovdwaer.de<br />
www.sovdwaer.de<br />
Mit vielen neuen und bewährten<br />
Funktionen unterstützt THEORG<br />
Sie perfekt im Praxisalltag. Durch<br />
den modularen Aufbau passt die<br />
Software immer – egal, wie klein<br />
oder groß Ihre Einrichtung ist.<br />
Maschinelle Rezepterfassung<br />
zum schnellen Einlesen von<br />
Verordnungen ohne Abtippen<br />
Modul Heilpraktiker/Osteopathie<br />
zur Verwaltung und Abrechnung<br />
von Heilpraktikerleistungen<br />
Umfassender Preislistenservice<br />
Automatische Heilmittelprüfung<br />
der Rezepte<br />
Umfassende Patientenund<br />
Rezepteverwaltung<br />
Fristen- und Frequenzprüfung<br />
zur Vermeidung von Absetzungen<br />
Übersichtliche Terminplanung<br />
mit Online-Terminreservierung<br />
Automatische Terminerinnerung<br />
per SMS oder E-Mail<br />
Schnelle, einfache und dennoch<br />
gesetzeskonforme Behandlungsdokumentation<br />
THEORG – auch für<br />
Existenzgründer<br />
die richtige Wahl!<br />
SGN 2.A31.1<br />
WORKSHOP<br />
SCHMERZTHERAPIE<br />
Ergebnis 4 Monate nach Aufenthalt<br />
p Die Banklehre wurde begonnen, die der<br />
Pat. großen Spaß macht.<br />
p Die Schmerzen haben sich geringfügig<br />
verstärkt.<br />
p Das Bewegungsausmaß hat sich etwas<br />
verringert.<br />
p Die Pat. geht zweimal pro Woche zum<br />
Sport.<br />
Evidenz der multimodalen Schmerztherapie<br />
Kaiser et al. kommen in ihrem 2015 erschienenen<br />
Artikel zu dem Ergebnis, dass<br />
die multimodale Schmerztherapie deutlich<br />
effektiver ist als unimodale Programme,<br />
Wartegruppen und herkömmliche Behandlungen.<br />
Heutzutage zählt die multimodale<br />
Schmerztherapie in Deutschland als Goldstandard<br />
in der Behandlung chronisch kranker<br />
Patienten. Ein gemeinsames Therapieziel<br />
muss die Edukation und die Aktivierung des<br />
Patienten sein. Hierfür ist die Einheit des<br />
Teams entscheidend, denn verschiedene<br />
Ansätze mit unterschiedlichen Zielen überfordern<br />
den Patienten – zumal der chronische<br />
Patient meist negative Erfahrungen<br />
durch widersprüchliche Befundinterpretationen<br />
und Therapieansätze gemacht hat. Interventionelle<br />
bzw. primär passive Maßnahmen<br />
können nach interdisziplinärer Prüfung<br />
eingesetzt werden.<br />
Das Behandlungssetting sollte folgende<br />
Punkte beinhalten:<br />
p Das Team setzt sich aus Ärzten, Psychologen<br />
bzw. Psychotherapeuten und weiteren<br />
Disziplinen zusammen, z. B. Physiotherapeuten<br />
und Ergotherapeuten.<br />
Literatur<br />
p Alle beteiligten Disziplinen sind gleichberechtigte<br />
Partner.<br />
p Eine Gesamttherapiedauer von 100 Stunden<br />
sollte nicht unterschritten werden.<br />
Über deren Aufteilung auf die einzelnen<br />
Disziplinen gibt es keinen Konsens.<br />
p Vor Therapiebeginn muss ein interdisziplinäres<br />
Assessment eingesetzt werden.<br />
p Es sollen regelmäßige Teamsitzungen<br />
s t a t t fi n d e n .<br />
p Alle Fachdisziplinen beurteilen den Behandlungsverlauf<br />
bei Behandlungsende.<br />
p Bei Therapieende wird eine gemeinsame<br />
Empfehlung an den Patienten und die<br />
nachbehandelnden Therapeuten gegeben.<br />
Laut Pfingsten et al. (2015) ist eine kombinierte<br />
Behandlung aus psychologischen<br />
Verfahren und körperlichem Training, dem<br />
sog. Functional-Restoration-Ansatz von<br />
Mayer und Gatchel (1988) folgend, sinnvoll.<br />
Der Fokus liegt auf körperlich aktivierenden<br />
Maßnahmen unter verhaltenstherapeutischen<br />
Prinzipien. Schmerzreduzierung spielt<br />
dabei eine untergeordnete Rolle.<br />
Imhoff A. B., Beitzel K., Stamer K., Klein E. (2010):<br />
Rehabilitation in der Orthopädischen Chirurgie. Springer: Berlin, Heidelberg, New York.<br />
Kaiser U., Sabatowski R., Azad S.C. (2015):<br />
Multimodale Schmerztherapie. Der Schmerz 29: 550–556.<br />
Oostendorp R., Samwel H. (2015):<br />
Physiotherapie in der Praxis: Ohne Theorie geht es nicht. manuelletherapie 19 (5): 229–235.<br />
Pfingsten M., Flor H., Nilges P. (2015):<br />
Psychologie und Schmerz in Deutschland. Der Schmerz 29: 544–549.<br />
Schomacher J., Bizzini M. (2015):<br />
Risikofaktoren für Koxarthrose und ihre <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung. Teil 1 – Instabilität des Hüftgelenks.<br />
Pt-Zeitschrift für Physiotherapeuten 67 (6): 23–31.<br />
Schomacher J., Bizzini M. (2015):<br />
Risikofaktoren für Koxarthrose und ihre <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung. Teil 2 – femoroacetabuläres<br />
Impingement (FAI) Pt-Zeitschrift für Physiotherapeuten 67 (7): 28–35.<br />
20 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Online erhältlich unter<br />
www.dieFachwelt.de<br />
NEU<br />
Bestellung auf<br />
www.dieFachwelt.de<br />
oder mit<br />
beiliegender<br />
Postkarte!<br />
Bibliografische Angaben<br />
500 Seiten, 450 Abbildungen, Hardcover<br />
1. Auflage <strong>2016</strong>, Bestell-Nr. 30930, € 89,99<br />
Lieferbar ab Juni <strong>2016</strong><br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 21
VORGESTELLT<br />
In dieser Rubrik stellen wir Euch interessante Menschen vor, die vor einigen Jahren,<br />
genauso wie Ihr jetzt, ihre Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht haben<br />
oder die in ihrer Arbeit viel mit Physiotherapeuten zu tun haben. Außerdem berichten<br />
für Euch Physioschüler und -studenten von ihrer Schule oder Hochschule.<br />
Auch Ihr könnt Eure Ausbildungsstelle ins Rampenlicht rücken, wenn Ihr glaubt,<br />
dass von Eurer Schule oder Hochschule jeder mal gehört haben sollte! Da wir<br />
immer mit vielen Disziplinen zusammenarbeiten, darf natürlich bei »Vorgestellt«<br />
auch der Einblick in andere Berufsgruppen nicht fehlen! Freut Euch also auf interessante<br />
Menschen der Physiotherapie, interdisziplinäre Einblicke und die bunte<br />
Welt der Physioschulen und Hochschulen.<br />
Steckbrief<br />
Birgitta Gibson<br />
Vizepräsidentin der<br />
Deutschen Schmerzliga e. V.<br />
Selbsthilfegruppenleiterin<br />
in Frankfurt am Main<br />
INTERVIEWS | LEUTE<br />
BIRGITTA GIBSON VON DER<br />
DEUTSCHEN SCHMERZLIGA<br />
UND<br />
NORBERT SCHÜRMANN<br />
Text: Noemi Hagemann<br />
l Die Deutsche Schmerzliga e. V. verfolgt das Ziel, Menschen mit chronischen<br />
Schmerzen zu unterstützen.<br />
Wie sehen Ihre Aufgaben im Einzelnen aus?<br />
l Wir stehen im Dialog mit Ärzten, Krankenkassen, Ärzteorganisationen aus dem Bereich<br />
Schmerz und mit Gesundheitspolitikern, um uns für die Rahmenbedingungen stark zu<br />
machen, die eine adäquate Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen überhaupt<br />
ermöglichen.<br />
Steckbrief<br />
Norbert Schürmann<br />
Leiter des Departments<br />
für Palliativmedizin und<br />
Schmerztherapie, Abteilung<br />
für Anästhesiologie und<br />
Intensivmedizin, St. Josef<br />
Krankenhaus in Moers<br />
Daraus entstehen folgende Aktivitäten und flächendeckende Hilfsangebote:<br />
• Selbsthilfegruppen vor Ort, Unterstützung bei der Gruppengründung<br />
• Patientenveranstaltungen (bundesweit)<br />
• Schmerztelefon 3 x wöchentlich<br />
• Broschürenversand<br />
• Adressdateien von qualifizierten Schmerzärzten, Kliniken, »NetzwerkApotheken<br />
Schmerz« und Physiotherapeuten<br />
• Mitgliederzeitschrift SCHMERZLIGA (4 x jährlich)<br />
• Persönliche Telefonsprechstunde zu medizinischen und/oder sozialrechtlichen Fragen<br />
l<br />
l Was ist Ihrer Erfahrung nach die Rolle des Physiotherapeuten in der chronischen<br />
Schmerzbegleitung?<br />
l Neben der medizinischen Schmerzbehandlung durch einen qualifizierten Arzt (optimalerweise<br />
einen Schmerzarzt mit entsprechender Ausbildung) nimmt die Physiotherapie<br />
eine führende Rolle in der multimodalen Schmerztherapie ein. Die Physiotherapie sorgt<br />
für eine Linderung der Schmerzen, wenn sie adäquat und in Abstimmung mit dem behandelnden<br />
Arzt erfolgt.<br />
22 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
l Welche Qualitäten sollte Ihrer Meinung nach ein guter Physiotherapeut bei der<br />
Behandlung von Schmerzen aufweisen?<br />
l Nur der qualifizierte Physiotherapeut, der Kenntnisse über den Unterschied zwischen<br />
akutem und chronischem Schmerz und bei Letzterem über die vielfältigen Ursachen hat,<br />
kann dem oft so unbeweglichen Schmerzpatienten zu einer Linderung seiner Schmerzen<br />
verhelfen. Grundlage der Behandlung ist das Ernstnehmen des chronischen Schmerzpatienten<br />
mit seinem »Leid«, das für ihn oft zu einem Partner und Bestandteil seines<br />
Lebens geworden ist. Hier ist Einfühlsamkeit und Empathie gefragt.<br />
Der Physiotherapeut wird den Patienten im Rahmen der Therapie »anleiten« und ihm<br />
individuelle Übungen vermitteln, die er auch zu Hause selbst durchführen kann. So können<br />
auch Verhaltensmuster in der Bewegung durchbrochen werden, die sich im Alltag<br />
eingeschlichen und die Schmerzen verstärkt oder auch nur manifestiert haben. Wichtig<br />
ist hier, dass während der Therapie die Übungen immer wieder auf ihre therapeutische<br />
Richtigkeit überprüft werden, bis der Patient sie wirklich beherrscht.<br />
l Die Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich Schmerztherapie steigen an. Auch das<br />
Curriculum vieler <strong>physio</strong>therapeutischen Studiengänge integriert neurowissenschaftliche<br />
Erkenntnisse und kognitive Aspekte der Verhaltenstherapie.<br />
Wie machen sich diese Entwicklungen in der <strong>physio</strong>therapeutischen Behandlung<br />
bemerkbar?<br />
l Es ist notwendig, dass Physiotherapeuten um die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
und kognitiven Aspekte der Verhaltenstherapie für die Behandlung von chronischen<br />
Schmerzpatienten wissen. Nur so kann der Patient mit seinem oft sehr komplexen<br />
Krankheitsbild adäquat behandelt werden. Jeder chronisch Schmerzkranke braucht eine<br />
individuelle Behandlung. Anders als ein Patient mit Akutschmerz hat er meist eine lange<br />
Leidensgeschichte mit seinem häufig verselbstständigten, vom Nervensystem erlernten<br />
Schmerz (Schmerzgedächtnis) hinter sich, die auch seine psychische und soziale Situation<br />
so verändert hat, dass es der Geduld und – zumindest am Anfang der Therapie – der<br />
ständigen Motivation durch den Therapeuten bedarf.<br />
REZEPTABRECHNUNG<br />
» Keine Grund-/ Mindestgebühr<br />
» Versicherungsschutz der Verordnungen<br />
bereits in Ihrer Praxis<br />
» Keine Verpflichtung zur regelmäßigen Einreichung<br />
» Verordnungsprüfung vor Abrechnung mit den Kostenträgern<br />
(Einzelheiten finden Sie untere www.srzh.de)<br />
» Bilderzeugung & –archivierung der Originalverordnung<br />
» Statistische Auswertung z.B. nach Arzt & Position<br />
» Webportal mit Kundenbereich<br />
ab 0,95 %*<br />
* Bsp. für eine Abrechnung mit vierwöchiger Auszahlung<br />
inklusive kostenfreier Banküberweisung<br />
& zzgl. MwSt.<br />
l Herr Schürmann, bei welchen Schmerzformen profitieren Patienten besonders von<br />
<strong>physio</strong>therapeutischen Maßnahmen?<br />
l Das sind zum größten Teil Patienten mit muskulären Erkrankungen, Gelenkblockaden<br />
und neuropathischen Erkrankungen. Diese profitieren extrem gut von physikalischer<br />
Therapie. Entscheidend für mich sind der zeitliche Zusammenhang und die Absprache<br />
zwischen Therapeut und Arzt. Nehmen wir als Beispiel die Blockade des Iliosakralgelenks<br />
(ISG). Eine medikamentöse Therapie mit Infiltrationen macht erst im Zusammenspiel mit<br />
dem Physiotherapeuten Sinn. Das zeitliche Zusammenspiel ist dabei entscheidend.<br />
Die Verbesserung der Gelenkfunktion ist unter der vorherigen Ausschaltung des<br />
Schmerzes durch die Infiltration ein entscheidender Faktor, ja fast eine Symbiose. Die<br />
Schmerztherapie ist dabei nur Mittel zum Zweck. Die Mobilisation, die Beweglichkeit<br />
und Wiederherstellung des Gelenks geschieht durch den Physiotherapeuten. Er<br />
hat einen hohen Anteil an der Rekonvaleszenz des Patienten. Wichtig erscheint mir,<br />
dass Terminabsprachen in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Infiltration<br />
stehen und dass der Arzt entweder mit dem Physiotherapeuten spricht oder über<br />
die Verordnung gezielte Hinweise und Anweisungen weitergibt, die der Physiotherapeut<br />
benötigt, z. B. ISG-Blockade links, Aufdehnung des Iliosakralgelenks erbeten.<br />
Die muskulären Strukturen gerade in dieser Region sind häufig komplex. Wenn wir<br />
heute von einer ISG-Blockade sprechen, kommen mehrere Muskel oder Muskelgruppen<br />
mit ihren Faszien und Bindegewebsstrukturen in Betracht, die dieses Beschwerdebild<br />
verstärken.<br />
INNOVATIVE PRAXISVERWALTUNGS-<br />
SOFTWARE » prothea «<br />
» Absetzungen minimieren durch detaillierte Kontrolle<br />
aller Eingaben<br />
» Kassenbuch, Rechnungs- und Mahnwesen<br />
» Benutzerfreundliche Terminplanung<br />
» Umfangreiche Dokumentationsmöglichkeiten<br />
» Mehrplatzfähigkeit und detaillierte Zugriffs- &<br />
Rechteverwaltung<br />
» JETZT – kostenfrei & unverbindlich Ihre Demo-CD<br />
bestellen<br />
SCHWERINER RECHENZENTRUM<br />
FÜR HEILBERUFE GMBH<br />
Schwerin | Berlin | Erfurt | Grimma | Augsburg<br />
INFORMATIONEN UNTER:<br />
0385 / 20 221 - 660<br />
WWW.SRZH.DE<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 23
VORGESTELLT<br />
INTERVIEWS | LEUTE<br />
BIRGITTA GIBSON<br />
UND<br />
NORBERT<br />
SCHÜRMANN<br />
»<br />
»<br />
Die Physiotherapie<br />
sorgt für eine<br />
Linderung der<br />
Schmerzen, wenn …<br />
Entscheidend für mich<br />
sind der zeitliche<br />
Zusammenhang und die<br />
Absprache zwischen<br />
Therapeut und Arzt.<br />
«<br />
«<br />
Der Physiotherapeut hat die Möglichkeit, den Spannungs- und Aktivitätszustand des<br />
einzelnen Muskels zu testen und diese zu behandeln – immer mit Sicht auf das Ganze<br />
und das ist in diesem Falle der Rücken. Beschwerdesymtomatiken lassen sich bei Blockaden,<br />
»Kreuzschmerzen« und Muskelverhärtungen nie als lokal gesehenes Problem<br />
behandeln, sondern immer im Zusammenhang mit dem gesamten Rücken. Stabilitätsunterschiede<br />
resultieren häufig durch Imbalancen und einseitige Belastungen. Daher sind<br />
lokale Schmerzexazerbationen immer Warnhinweise auf Stabilitätsverluste des gesamten<br />
Rückens.<br />
l Wie kann nach Ihrer Meinung eine vorbildliche interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
von Ärzten, Psycho- und Physiotherapeuten aussehen?<br />
l Die Kontaktpflege untereinander ist dabei schon sehr wesentlich. Im Krankenhaus haben<br />
wir täglichen Kontakt zu den Physiotherapeuten. Zudem finden einmal in der Woche<br />
Teamsitzungen statt, sodass wir uns in ständigem Austausch bewegen. Das ist im<br />
ambulanten Bereich in den seltensten Fällen so möglich. Leider – muss man sagen.<br />
Dennoch kann jeder Arzt dem Therapeuten wichtige Hinweise auf der Verordnung mitgeben.<br />
Die Verordnung von 10-mal Krankengymnastik ist dabei kein wichtiger Hinweis<br />
und eine völlig unzureichende Information für den Behandler. Im einzelnen Fall bietet<br />
sich immer das Telefongespräch an, um den Sachverhalt zu klären. Auch dabei gilt: »Es<br />
gib keine doofen Fragen«. Fragen entstehen aus nicht eindeutiger Aussage der Verordnung.<br />
Tauschen Sie sich mit Ihren Ärzten aus! Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas nicht<br />
klar ist.<br />
l Sie fordern, dass die Schmerztherapie- und diagnostik auch in die Approbationsordnung<br />
der Ärzte aufgenommen wird.<br />
Sehen Sie in der Ausbildung von Physiotherapeuten ebenfalls einen Verbesserungsbedarf?<br />
l Ich halte es für enorm wichtig, jungen Medizinern die Grundlagen der Schmerzdiagnostik<br />
und das Aufstellen von Arbeitshypothesen zu vermitteln, ohne (bis auf einige<br />
Ausnahmen) eine Schnittbilddiagnostik heranzuziehen. Dazu sind das Erlernen von Untersuchungstechniken,<br />
eine sichere Bewandtnis in der Anatomie und differenzialdiagnostisches<br />
Denken vonnöten.<br />
Sichere Kenntnisse in der Anatomie können für beide Berufsgruppen vorausgesetzt werden.<br />
Die Differentialdiagnose ist in der <strong>physio</strong>therapeutischen Ausbildung aber noch zu<br />
wenig repräsentiert und müsste daher im Unterricht mehr behandelt werden.<br />
Eine verbesserte Ausbildung würde aber auch nur dann Sinn machen, wenn sich in<br />
der Zusammenarbeit von Ärzten und Physiotherapeuten etwas Gravierendes ändert:<br />
Eine bessere Kommunikation zwischen Ärzten und Physiotherapeuten, eine größere Behandlungsfreiheit<br />
für die zuletzt genannte Berufsgruppe und das Aufbrechen veralteter<br />
verkrusteter Strukturen.<br />
Vielen Dank für die Interviews.<br />
ll<br />
ll<br />
24 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
Text: Mittelkurs der Berufsfachschule für Physiotherapie in Bayreuth<br />
BLITZUMFRAGE IN DER<br />
BAYREUTHER INNENSTADT:<br />
ORGANSPENDE JA ODER NEIN?<br />
L Immer wieder wird über das Thema »Organspende«<br />
diskutiert und die Meinungen dazu könnten unterschiedlicher<br />
nicht sein. Die einen halten noch fest an den<br />
letzten Skandalen, die anderen haben einen Ausweis<br />
und sind klar für Organspende. Ein großer Teil jedoch<br />
sieht sich das Spektakel von Weitem an und weiß nicht<br />
so recht, was nun wahr ist und wie oder ob man sich<br />
dafür oder dagegen entscheiden soll.<br />
Schließlich bleiben viele Fragen offen: Wie läuft so eine<br />
Organspende überhaupt ab? Und warum ist gerade<br />
dieses Thema so wichtig?<br />
In diesem Artikel sollen einige Mythen und Fakten<br />
geklärt und der genaue Ablauf einer Organspende<br />
beschrieben werden. Zudem haben 276 Bayreuther an<br />
einer Umfrage zum Thema »Organspende« teilgenommen<br />
und ihre Meinung zu diesem Thema gesagt.<br />
Wer wir sind …<br />
Wir sind der Mittelkurs der Berufsfachschule für Physiotherapie<br />
in Bayreuth und haben, nachdem wir das Thema »Organspende«<br />
im Unterricht hatten, die nachfolgende Umfrage<br />
in Bayreuth durchgeführt. Für uns war es wichtig zu sehen,<br />
wie die Leute auf das Thema reagieren und was überhaupt<br />
darüber bekannt ist. Natürlich auch, wie die Bereitschaft zum<br />
Spenden in unserer Stadt ist.<br />
Was wäre ein Artikel ohne Zahlen …?<br />
t Momentan warten allein in Deutschland rund 10.000<br />
Menschen auf ein Organ.<br />
t 8.000 davon brauchen dringend eine Niere – die Wartezeit<br />
beträgt durchschnittlich 5–6 Jahre. (Im Jahr 2014<br />
konnten 2.128 Patienten transplantiert werden.)<br />
t Täglich versterben durchschnittlich 3 Patienten, die auf der<br />
Warteliste stehen.<br />
t Im Jahr 2014 betrug die Anzahl der Spender/innen in<br />
Deutschland 864 – zum Vergleich: 2010 waren es noch<br />
1.269.<br />
Ablauf einer Organspende<br />
1. Durch einen Unfall oder eine Hirnblutung kommt es bei<br />
einem Patienten zum Hirntod.<br />
2. Feststellung des Hirntods<br />
3. Rücksprache mit der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation)<br />
über eine mögliche Organspende<br />
4. Gespräch mit den Angehörigen (Ist ein Organspendeausweis<br />
vorhanden? Was wäre der Wille des Patienten?)<br />
Wenn eine Einwilligung vorliegt:<br />
5. Der Patient wird untersucht und es werden alle nötigen<br />
Labor-und Blutwerte überprüft.<br />
6. Nach der Untersuchung werden alle Daten an Eurotransplant<br />
geschickt und die Organvermittlung kann beginnen.<br />
7. Über die DSO wird die Organentnahme organisiert und<br />
dann durchgeführt.<br />
8. Transport der Organe<br />
9. Transplantation<br />
Die Ergebnisse der Umfrage<br />
Insgesamt haben 276 Bayreuther an unserer Umfrage teilgenommen,<br />
davon 152 Frauen und 124 Männer. Grundsätzlich<br />
würden 81,7 % von ihnen spenden und nur 18,3 % nicht.<br />
Ein Unterschied zwischen Frauen und Männern bzgl. dieser<br />
Frage ist kaum vorhanden. Interessanter wurde es schon bei<br />
der Frage, wer denn ein Organ annehmen würde. Insgesamt<br />
würden 239, also 86,6 % unserer Probanden, ein Organ<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 25
VORGESTELLT<br />
Wie wird der Hirntod festgestellt?<br />
1. Eine schwere primäre/sekundäre Hirnschädigung muss<br />
nachgewiesen werden; reversible Ursachen müssen<br />
ausgeschlossen sein.<br />
2. Bewusstlosigkeit (Koma), Ausfall der Hirnstammreflexe<br />
(Hirnstamm-Areflexie) und Ausfall der Spontanatmung<br />
(Apnoe) müssen festgestellt werden.<br />
3. Durch klinische Verlaufsuntersuchungen und Abwarten<br />
der vorgeschriebenen Wartezeiten wird die Irreversibilität<br />
nachgewiesen.<br />
Die Feststellung des Hirntods muss durch zwei Ärzte, die die<br />
oben genannten drei Stufen unabhängig voneinander testen,<br />
erfolgen. Beide dürfen nicht an der Entnahme oder Übertragung<br />
der Organe beteiligt sein und müssen schon mehrjährige<br />
Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuter<br />
Hirnschädigung haben. Zudem dürfen sie nicht der Weisung eines<br />
beteiligten Arztes unterstehen. Einer der beiden Ärzte muss<br />
Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.<br />
Was ist der Unterschied zwischen<br />
Koma und Hirntod?<br />
Koma<br />
Das Koma ist eine tiefe Form der Bewusstlosigkeit. Zwar reagieren<br />
Koma-Patienten auf keine äußeren Reize, jedoch ist eine<br />
Hirnaktivität messbar und auch die Hirnstammreflexe sind auslösbar.<br />
Aus dem Koma kann ein Mensch wieder aufwachen, da<br />
das Gehirn immerhin funktionsfähig ist.<br />
Hirntod<br />
Der Hirntod ist ein Zustand, bei dem das Gehirn nicht mehr durchblutet<br />
wird. Es ist keine Aktivität feststellbar und der Tod des<br />
Menschen ist eingetreten. Das heißt auch, dass dieser Mensch<br />
nicht mehr aufwachen wird.<br />
Fotolia © euthymia<br />
annehmen, davon 108 Männer und 131 Frauen. 31 Probanden<br />
haben angegeben, sie würden kein Organ annehmen,<br />
und es gab 6 Enthaltungen. Was auffällt: Sowohl Männer als<br />
auch Frauen ohne Bereitschaft zur Organspende würden aber<br />
selbst ein Organ annehmen, so bspw. bei den Männern: 22<br />
gaben an, nicht spenden zu wollen – jedoch würden über<br />
50 % von ihnen ein Organ annehmen. Bei den Frauen, die<br />
nicht spenden wollen (27), kamen wir zu ähnlichen Ergebnissen:<br />
55 % würden ein Organ annehmen. Wir hatten auch das<br />
genaue Gegenteil: Insgesamt würden von den 227 Probanden<br />
mit Bereitschaft zur Organspende 5,3 % kein Organ annehmen.<br />
Für viele Menschen ist nicht jedes Organ wie das andere.<br />
Oft verbinden wir bspw. mit den Augen eines Menschen etwas<br />
ganz Besonderes. Wir wollten wissen, wie viele unserer<br />
Probanden alle Organe spenden würden und, wenn nicht alle,<br />
welche nicht.<br />
Von 227 zur Organspende bereiten Befragten gaben 190<br />
an, alle Organe zu spenden. Während 5 nicht auf die Frage<br />
antworten wollten, gaben immerhin 32 (14 %) an, nicht alle<br />
Organe spenden zu wollen. Die drei Organe, die hierbei mit<br />
Abstand am häufigsten genannt wurden, waren Herz, Augen<br />
und Haut.<br />
Eine weitere Fragestellung bezog sich darauf, wie gut die<br />
Probanden über die Voraussetzungen für eine Organspende<br />
Bescheid wissen. Wir fragten danach, ob bekannt ist, dass die<br />
Grundvoraussetzung für die Spende der Hirntod ist. 78,3 %<br />
wussten das, aber immerhin 21 % wussten es nicht. Überraschenderweise<br />
würden aber von diesen 21 % (entspricht 58<br />
Personen) 69 %, also 40 Probanden, trotzdem spenden. Von<br />
insgesamt 152 Teilnehmerinnen wussten 124, dass die Grundvoraussetzung<br />
für eine Spende der Hirntod ist.<br />
Abschließend haben wir noch die Frage gestellt, wer für<br />
und wer gegen Organspende ist und warum. Dafür waren<br />
245 Befragte, also 88,8 %, und dagegen 8,7 % (24). Es gab 7<br />
Enthaltungen. Von den Probanden ohne Spendenbereitschaft<br />
sind immerhin 36,7 % für die Spenden. Keiner der spendenbereiten<br />
Befragten ist gegen Organspende. Nun hat uns interessiert,<br />
warum die Probanden dafür bzw. dagegen sind.<br />
Hauptgrund für Organspende: Man kann Leben retten. Einige<br />
nannten als Grund auch, dass man die Organe nach dem<br />
Tod nicht mehr gebrauchen könne.<br />
Hauptgründe gegen Organspende: zu wenig Transparenz<br />
und der Glaube. Einige gaben auch den letzten Skandal als<br />
Grund für ihre Entscheidung an.<br />
Weitere Ergebnisse<br />
• Von den 276 Befragten haben 113 einen Spenderausweis.<br />
• 58 Personen, die keinen Ausweis haben, wollen später einen<br />
ausfüllen.<br />
Unsere Meinung<br />
Kurz bevor wir uns in die Bayreuther Innenstadt begaben,<br />
füllte jeder von uns den Fragebogen selbst aus. Anschließend<br />
stellten wir zu jeder Frage eine Hypothese auf, wie sich die<br />
Mehrzahl unserer Probanden entscheiden würde.<br />
r Von 24 Teilnehmern in unserem Kurs sind 23 für Organspenden<br />
und würden spenden.<br />
r 23 würden ein Organ annehmen.<br />
r Fast 50 % von uns haben einen Organspendeausweis.<br />
r Wir hatten vermutet, dass der Anteil derer, die nicht spenden<br />
wollen, höher sein würde.<br />
Literatur<br />
www.dso.de; www.eurotransplant.org<br />
26 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Innervation<br />
Bildgebung<br />
VORGESTELLT<br />
Gleitflächen<br />
L Vom 18.–20. September 2015 fand der 4. Fascia Research<br />
Kongress in Washington D. C. statt. Die Fascia Research Society<br />
richtete die Veranstaltung aus und sorgte für hochkarätige<br />
Vorträge, interdisziplinäre Workshops und konstruktiven<br />
Austausch. Wie international die Veranstaltung geworden ist,<br />
wurde bereits während der Begrüßung klar. Insgesamt waren<br />
ca. 800 Teilnehmer aus 35 Ländern vertreten. Zentrale Themen<br />
waren neben der Anatomie und Innervation die bildgebende<br />
Diagnostik faszialer Läsionen und die Bedeutung von<br />
Narbengewebe.<br />
Während der Hauptvorträge im Plenum ging es um wissenschaftliche<br />
Fragestellungen auf hohem Niveau und die daraus<br />
gewonnenen Erkenntnisse. In kleineren Vortragseinheiten<br />
wurden speziellere Themen abgehandelt, bei denen auch der<br />
Praxisbezug größer war. Zusätzlich gab es eine Ausstellerhalle<br />
der Sponsoren und regelmäßige Postersessions, die eine bunte<br />
Vielfalt an Studien und Innovationen zu bieten hatten.<br />
Erfreulich war die Teilnahme der unterschiedlichsten Berufe.<br />
Neben Ärzten und Physiotherapeuten waren Osteopathen,<br />
Chiropraktiker, Sportwissenschaftler, Yogalehrer,<br />
Masseure, Tierärzte und Ingenieure anzutreffen. Dement-<br />
Kraftübertragung<br />
4. Fascia<br />
Research<br />
Congress<br />
Biomechanik<br />
Anatomie<br />
und Physiologie<br />
Muskelsteifheit<br />
FASCIA RESEARCH<br />
KONGRESS 2015<br />
WASHINGTON D.C.<br />
Text: Klaas Stechmann<br />
Fotolia © sborisov<br />
sprechend spannend war der gegenseitige Austausch und die<br />
Vernetzung, welche unter anderem durch die Fascia Research<br />
Society vorangetrieben wurde.<br />
Im Anschluss an den Kongress wurden mehrere praktische<br />
Workshops veranstaltet, bei denen Therapiemethoden vorgestellt<br />
wurden oder diagnostische Geräte im Detail ausprobiert<br />
werden konnten. Auch wenn es weniger bahnbrechende Erkenntnisse<br />
zu veröffentlichen gab als es bei den letzten Kongressen,<br />
so wurden andererseits viele Thesen der letzten Jahre<br />
weiter vertieft und bestätigt. Es war gut zu erkennen, dass die<br />
Faszienforschung mittlerweile den Mittelpunkt vieler universitärer<br />
Institutionen darstellt und somit als ernstzunehmende<br />
wissenschaftliche Disziplin bereits etabliert ist. Der Kongress<br />
war sehr gut organisiert und die Atmosphäre positiv.<br />
Neben dem Kongress blieb noch die Möglichkeit, bei spätsommerlicher<br />
Hitze die Hauptstadt der USA zu erkunden, die<br />
mit vielen Denkmälern, Museen und städtischem Flair eine<br />
Reise wert ist. Wer das Event verpasst hat, jedoch an den vorgestellten<br />
Themen interessiert ist, kann sämtliche Veröffentlichungen<br />
in dem Buch zur Kongresszusammenfassung »Fascia<br />
Research IV« nachverfolgen.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 27
NEU<br />
Bestellung auf<br />
www.dieFachwelt.de<br />
oder mit<br />
beiliegender<br />
Postkarte!<br />
Bindegewebsmassage<br />
Faszien und Strukturen<br />
gezielt behandeln<br />
28 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />
212 Seiten, 360 Abbildungen, Softcover, 1. Auflage <strong>2016</strong><br />
Bestell-Nr: 30990<br />
€ 24,95
Exklusiv erhältlich unter<br />
www.dieFachwelt.de<br />
• Die Bindegewebsmassage ist ein sehr wirksames und effektives Verfahren, die Faszien und das gesamte Fasziensystem<br />
des Körpers gezielt zu behandeln. Sie bewirkt eine rasche und nachhaltige Linderung bei vielen funktionellen Erkrankungen und<br />
Schmerzzuständen. In diesem Buch werden neben den anatomischen und <strong>physio</strong>logischen Grundlagen die einzelnen Techniken<br />
detailliert erläutert. Anschließend werden die Behandlungsmöglichkeiten der Bindegewebs- bzw. Faszienmassage an zahlreichen<br />
Beschwerdebildern ausführlich beschrieben.<br />
Bildserien dokumentieren präzise<br />
das praktische Vorgehen am Patienten<br />
Einfach und gut formulierte Texte erläutern<br />
das grundlegende Wissen zur Behandlungsmethode<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 29
30 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Trailguide Anatomie<br />
Palpation und Anatomie<br />
444 Seiten, 1.400 Abbildungen, spiralgebunden, Format: 210 x 273 mm, € 29,95<br />
Trailguide – Bewegung und Biomechanik<br />
Schritt-für-Schritt Erläuterungen biomechanischer Grundprinzipien<br />
280 Seiten, 980 Abbildungen, Softcover, Format: 210 x 273 mm, € 24,95<br />
Trailguide – Das Arbeitsbuch<br />
Inkl. Malvorlagen, Lückentext Aufgaben, Frage- und Antwortteil<br />
236 Seiten, 500 Abbildungen, spiralgebunden, Format: 210 x 273 mm, € 19,95<br />
Trailguide – Lernkarten-Set Muskulatur und Skelettsystem<br />
Bewährtes Lernkartenkonzept<br />
Insgesamt 366 Karten (mit Stülpdeckelkarton), Format: 102 x 140 mm, € 34,95<br />
Erstmals in deutscher Sprache – Jetzt bestellen!<br />
Bestellung auf www.dieFachwelt.de<br />
oder mit beiliegender Postkarte!<br />
TRAILGUIDE ANATOMIE<br />
ANATOMISCHE STRUKTUREN ERSPÜREN LERNEN!<br />
Einzigartiges didaktisches Konzept, herausragende Abbildungen,<br />
speziell für die Physiotherapieausbildung konzipiert.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 31
BRAINTUNING<br />
Text: Wiebke Meisgeier<br />
LERNSTRATEGIEN<br />
LERNTYPEN<br />
LERNSTILE<br />
UND<br />
ARBEITSZEITGESTALTUNG<br />
Tomorrow's illiterate will not be the man<br />
who can't read; he will be the man<br />
who has not learned how to learn.<br />
Herbert Gerjuoy (nach Alvin Toffler, 1971)<br />
Fotolia © Picture-Factory<br />
Was sind Lernstrategien?<br />
Lernstrategien erleichtern die Aufnahme, Verarbeitung und<br />
Speicherung neuer Informationen, wobei zwischen »oberflächlichen«<br />
Wiederholungsstrategien und »tiefen« Elaborationsstrategien<br />
unterschieden werden kann. Klassische<br />
Gedächtnistechniken erleichtern das Behalten neuartiger<br />
Informationen vor allem dann, wenn es sich um sinnarmes,<br />
unverbundenes Lernmaterial handelt. Formal betrachtet beschreiben<br />
Lernstrategien Verhaltensweisen, die der Bewältigung<br />
von Lernaufgaben dienen können.<br />
Lernstrategien lassen sich in drei Bereiche einteilen:<br />
Mit kognitiven Lernstrategien sind jene Aspekte gemeint,<br />
die mit der unmittelbaren Informationsaufnahme zu tun haben,<br />
etwa konkrete Arbeitstechniken, die man zum Einprägen<br />
von neuen Informationen anwendet. Dazu gehören Organisieren<br />
(Skizzen anfertigen, Schlüsselwörter unterstreichen bzw.<br />
markieren), Elaborieren (Ausdenken von konkreten Beispielen,<br />
Bildung von Analogien zu bereits bekanntem Wissen),<br />
kritisches Prüfen von Argumentationszusammenhängen, das<br />
Nachdenken über Alternativen zum gerade Erlernten, das<br />
Wiederholen durch mehrmaliges Lesen oder auch das Auswendiglernen<br />
von Schlüsselbegriffen.<br />
Metakognitive Lernstrategien beziehen sich weniger auf<br />
den eigentlichen Lernvorgang, sondern mehr auf die Kontrolle<br />
des eigenen Lernfortschritts, also das selbständige Planen der<br />
Lernschritte (Reihenfolge festlegen, Relevantes von Irrelevantem<br />
trennen), das Überwachen von Lernerfolg und Lernschritten<br />
(Beispielaufgaben durcharbeiten, anderen den Lernstoff<br />
zu erklären versuchen).<br />
Ressourcenbezogene Lernstrategien beziehen sich in erster<br />
Linie auf die Organisation und die Rahmenbedingungen<br />
des Lernens. Dazu gehören das Zeitmanagement (Lernzeiten,<br />
Pausen festlegen und einhalten), die Arbeitsplatzgestaltung,<br />
das Vermeiden von Ablenkungen (z. B. TV, Haustier, Kollegen)<br />
und der Zugriff auf notwendige Hilfsmittel (Stifte, Rechner, Papier).<br />
Aber auch Anstrengung, Aufmerksamkeit, Willensstärke<br />
und Konzentration bei ungeliebten Stoffgebieten sowie das<br />
Ausdehnen der Lernzeiten auf Abendstunden und Wochenenden<br />
gehören dazu. Nicht zuletzt können dem Bereich auch<br />
die Nutzung zusätzlicher Informationsquellen (Lexika, Wörterbücher,<br />
Internet, Bibliothek) und das Lernen in Gemeinschaften<br />
(Lerngruppen, E-Mail an Lehrer) zugeordnet werden.<br />
Über das bereichsspezifische Wissen hinaus sind das Wissen<br />
über das eigene kognitive System und prozedurales Wissen<br />
(Kenntnisse über Strategien und Vorgehensweisen) von Belang,<br />
weil diese Wissensanteile darüber mitentscheiden, welche<br />
Lernwege eingeschlagen und welche Vorgehensweisen<br />
bei Lernschwierigkeiten ergriffen werden. Ganz wesentlich<br />
beteiligt sind auch motivationale Prozesse, denn Lernen erfordert<br />
vielfältige Aktivitäten, Anstrengungsbereitschaft sowie<br />
Selbstwirksamkeitserwartungen. Die Steuerung der Aktivi-<br />
32 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
täten, ihre Ausrichtung auf die Aneignung von Lerninhalten,<br />
die Mobilisierung von Anstrengungen und die Bereitstellung<br />
der entsprechenden Ressourcen (etwa Zeit zum Üben, Repetieren<br />
von Lernmaterial, Durcharbeiten von Texten) sollte der<br />
Lernende möglichst eigenständig vornehmen oder sich zumindest<br />
durch Lehrer oder Trainer dazu bewegen lassen.<br />
Neuere Untersuchungen zum sogenannten »Expert« oder<br />
»Independent Learning« zeigen, dass gerade in diesem Bereich<br />
große Unterschiede zwischen guten und schlechten Lernern<br />
bestehen, wobei die guten Lerner eine deutlich größere<br />
Frustrationstoleranz an den Tag legen, sich länger und dauerhafter<br />
mit einem Lerngegenstand auseinandersetzen und ein<br />
ausgeprägteres Interesse aufweisen.<br />
Neben den Anteilen des Lernenden selbst sind auch die<br />
Kontextbedingungen des Lernens zu erwähnen: die Konkretheit<br />
der angebotenen Lerninhalte, die Qualität und Vollständigkeit<br />
der Instruktion bzw. des Unterrichts und die Stellung<br />
des Lernenden in der Gruppe. In der Schule wird oft abstraktes<br />
Wissen gefordert, ohne dass den Schülern die Verwendbarkeit<br />
und der Situationsbezug klar sind. Dieses Lernen verlangt<br />
vom Schüler eher reproduktive Leistungen bzw. eigenständige<br />
Konkretisierungen. Das Lernen unter diesen Bedingungen erfordert<br />
andere Merkmale als projektartige, konkretere Unterrichtsformen.<br />
Es ist zu vermuten, dass das Phänomen der »Six<br />
Hours Retarded« (Schüler, die bei schulischen Lernaufgaben<br />
versagen, in ihrer Alltagsumgebung aber äußerst intelligent<br />
und lernfähig sind) ganz wesentlich mit diesen Lernbedingungen<br />
zusammenhängt. Untersuchungen zur Qualität und<br />
Vollständigkeit des Unterrichts zeigen, dass schulisches Lernen<br />
zumeist ein Lernen anhand von unvollständigen Instruktionen<br />
ist. Regelerkennung, Strategieableitung und Transferleistungen<br />
bleiben dem einzelnen Schüler selbst überlassen, ohne<br />
dass ausreichende Vorsorge für vertiefenden Lernprozesse getroffen<br />
wird – ein Sachverhalt, der die Notwendigkeit eigenständigen<br />
Lernens und vermehrter Lernaktivitäten zur Schließung<br />
der »Lücken« erhöht und das Lernen für einen Teil der<br />
Schüler erschwert.<br />
Lernen und Zeit<br />
BRAINTUNING<br />
Eine gut vorbereitete Arbeitszeitgestaltung fördert Lernerfolg<br />
und Zufriedenheit.<br />
Wenn von Zeitmanagement die Rede ist, bedeutet dies<br />
vor allem ein gutes Energie- und Selbstmanagement, was die<br />
Menschen letztlich zufriedener macht. Es geht dabei auch<br />
um die innere Einstellung auf dem Weg, seine Ziele zu verwirklichen,<br />
denn Selbstmanagement beginnt immer im Kopf.<br />
Viele Menschen verlieren zu viel Energie, um sich vor Dingen<br />
zu drücken, die sie am liebsten gar nicht erledigen möchten.<br />
Daher spielt die Motivation eine große Rolle. In zahlreichen<br />
Seminaren wird auch heute noch der »Irrglaube« verbreitet,<br />
durch eine gute und genaue Zeitplanung ließe sich der Druck<br />
reduzieren. Allerdings vergrößert sich der Druck eher, wenn<br />
die Zeit sehr kleinteilig verplant wird. Gerät nämlich eine solche<br />
Taktung durch einen Zufall durcheinander, wird wiederum<br />
viel Zeit benötigt, um sich neu zu organisieren.<br />
Zeitmanagement bedeutet systematisches und diszipliniertes<br />
Planen der eigenen Zeit, um auf diese Weise Zeit zu sparen,<br />
sodass mehr Zeit für die »wichtigen« Dinge in Beruf und<br />
Freizeit bleibt. Das Mehr an verfügbarer Zeit sollte aber nicht<br />
zu einem Mehr an Zeit für Arbeit führen, sondern mehr Zeit<br />
für Vorhaben schaffen, die einem selber als Person wichtig<br />
sind. Zeitmanagement soll daher letztlich mehr Zeit für Erholung<br />
und Möglichkeiten, wieder neue Energie zu tanken,<br />
freimachen. Zeitmanagement hilft also nicht nur dabei, Zeit<br />
zu sparen, sondern auch, sich auf die wesentlichen Dinge zu<br />
konzentrieren, was letztlich zu einer zufriedeneren Lebensgestaltung<br />
führt.<br />
Die Hauptursache für Lernschwierigkeiten bei Schülern,<br />
Studenten und auch Berufstätigen liegt häufig im Mangel an<br />
adäquaten Lerngewohnheiten, und dabei besonders im Umgang<br />
mit der Arbeits- und Lernzeit.<br />
Mögliche Ursachen von<br />
Lernschwierigkeiten<br />
Zeitverschwendung<br />
Viele Schüler und Studenten wollen zu viel auf einmal erledigen.<br />
Doch was sie dann tun, ist nicht lang und intensiv genug,<br />
um wirklich brauchbare Resultate zu erzielen. So erreichen sie<br />
im Grunde gar nichts und ihre Arbeitszeit ist verschwendet.<br />
Anfangshemmungen<br />
Die Entscheidung und damit verbundene Überwindung, nun<br />
endlich anzufangen, fallen vielen außerordentlich schwer. Sie<br />
lassen sich von jeder sich bietenden Möglichkeit ablenken<br />
oder verzetteln sich in überflüssigen und vorgeschobenen Tätigkeiten,<br />
die sie als Alibi benützen.<br />
Schlechtes Gewissen<br />
Dieses Alibi brauchen viele, weil sie durchaus das Gefühl haben,<br />
eigentlich nicht genug zu leisten bzw. mehr leisten zu<br />
können. Ein schlechtes Gewissen plagt sie konsequenterweise<br />
auch dann, wenn sie sich entspannen wollen, und hindert sie<br />
so zusätzlich auch noch an einer wirklich effektvollen Entspannung.<br />
Dadurch verpassen sie beides, nämlich Arbeit und Entspannung.<br />
e<br />
Fotolia © Andrey Bandurenko<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 33
BRAINTUNING<br />
Praktische Tipps<br />
Hier einige Tipps von Lothar Seiwert, einem Spezialisten des<br />
Zeitmanagements!<br />
Mehr Überblick durch O-Termine<br />
Damit das Chaos keine Chance hat, trage Dir jeden Tag eine<br />
halbe Stunde »O« in den Terminkalender ein. Diese Zeit ist<br />
reserviert fürs Organisieren und Ordnen: Stapel abtragen, Papiere<br />
abheften, E-Mails löschen, eine Schublade entrümpeln<br />
usw. Die O-Termine helfen auch gegen Ablenker und Zeitdiebe,<br />
denn an einem aufgeräumten Schreibtisch fällt es Dir<br />
leichter, an einer Aufgabe dranzubleiben, bis sie fertig ist. Und<br />
das spart letztendlich mehr als eine halbe Stunde täglich.<br />
Das Direkt-Prinzip<br />
Aufgaben, die nicht länger als fünf Minuten beanspruchen,<br />
erledige nach Möglichkeit sofort, denn alles, was Du sofort<br />
abarbeitest, kannst Du nicht vergessen. Das Problem an vielen<br />
kleinen Aufgaben ist nämlich, dass sie allmählich zu einem abschreckenden<br />
Berg werden, den man ewig vor sich herschiebt.<br />
Dadurch entsteht Druck, der mit der Zeit auch die anderen<br />
normalen Arbeiten beeinträchtigen kann. Eine schnelle Erledigung<br />
mit sichtbaren Erfolgserlebnissen hingegen motiviert<br />
und verschafft erneuten Überblick.<br />
Selbstmanagement: So geht’s!<br />
Durch eine konsequente Ausrichtung auf das Wesentliche und<br />
systematisches Vorgehen hast Du letztlich weniger Arbeit.<br />
Deine Entscheidung für Zeitmanagement sollte die bewusste<br />
Entscheidung sein, dass Du wirklich mehr Zeit haben<br />
willst. Ist das nicht der Fall, helfen alle Techniken des Zeitmanagements<br />
nichts.<br />
Dies ist der erste Schritt, um den eigenen Umgang mit Zeit<br />
zu verbessern: Schaue Dir an, womit Du hauptsächlich Deine<br />
Zeit verbringst. Dann beseitige die Dinge, die Dir unnötig »die<br />
Zeit stehlen«.<br />
Der zweite Schritt ist: Mache Dir klar, in welche Bereiche<br />
sich Dein Leben aufteilt und wie viel Zeit Du für den jeweiligen<br />
Bereich verwendest (Haushalt, Freunde, Sport usw.). Wichtig<br />
ist Dein klarer Blick auf die momentane Lebenssituation. Nachdem<br />
Du einen Überblick über die Aufgaben und das, was Du<br />
erreichen willst, gewonnen hast, kannst Du mit der konkreten<br />
Zeitplanung beginnen. Planen spart viel Zeit und verbessert<br />
das Arbeitsergebnis. Am besten ist es, wenn Du Dir am Tag<br />
5 bis 15 Minuten Zeit nimmst, um den aktuellen Tag oder<br />
aber auch am Abend den kommenden Tag zu planen. Auch<br />
eine komplette Wochenplanung ist hilfreich und hat den Vorteil,<br />
dass der Fokus mehr auf den langfristigen und strategischen<br />
Ergebnissen liegt (z. B. Prüfungsvorbereitung). Doch<br />
es ist notwendig, den Wochenplan flexibel umzugestalten,<br />
wenn es notwendig ist und Unvorhergesehenes eintritt. Die<br />
Zeitplanung solltest Du am besten schriftlich festhalten. Bei<br />
der Planung ist es übrigens ratsam, mit den wichtigsten Aufgaben<br />
des Tages oder der Woche zu beginnen. Auch ist es<br />
notwendig, Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu<br />
unterscheiden. Dringende Aufgaben sind schnell zu erledigen,<br />
da ein naher Termin feststeht, an dem sie abzuschließen sind.<br />
Wichtige Aufgaben sind dagegen meistens langfristiger und<br />
strategischer Natur.<br />
Bei der Planung und Umsetzung<br />
Deiner Lernstrategien wünsche ich Dir viel Erfolg.<br />
Literatur<br />
Stangl W. (<strong>2016</strong>): Lernstrategien – Lerntypen – Lernstile. Zugriff am 18.02.<strong>2016</strong>: http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/LERNEN/Lernstrategien.shtml<br />
Krapp A., Ryan R. M. (2002): Selbstwirksamkeit und Lernmotivation. Eine kritische Betrachtung der Theorie von Bandura aus der Sicht der Selbstbestimmungstheorie<br />
und der pädagogisch-psychologischen Interessentheorie. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 44: 54–82.<br />
Schlag B. (2013): Lern- und Leistungsmotivation. 4., überarbeitete u. aktualisierte Aufl. Springer VS (Lehrbuch), Wiesbaden.<br />
Siebert H., Jäger C. (2006): Lernmotivation und Bildungsbeteiligung. WBV, Bielefeld.<br />
Stuhlmann K. (2005): Entwicklung der Lern- und Leistungsmotivation im Übergang von der Adoleszenz ins frühe Erwachsenenalter.<br />
Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 25 (1): 67–81.<br />
Gerjuoy H., nach Toffler A. (1971). Future Shock. Pan, London.<br />
34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
REFRESHER- UND<br />
PRÜFUNGSFRAGEN<br />
?<br />
BRAINTUNING<br />
Egal ob man gerade in der Ausbildung steckt, oder diese<br />
schon absolviert hat – man muss als Physiotherapeut eine<br />
ganze Menge wissen. Dabei weiß man häufig gar nicht<br />
mehr, mit was man sich schon alles beschäftigt hat. Hier<br />
findet Ihr einige Fragen, die in Prüfungen häufig abgefragt<br />
werden und mit denen Ihr testen könnt, was<br />
Ihr noch alles wisst. Die passenden Antworten findet<br />
Ihr in der nächsten Ausgabe des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s.<br />
Viel Spaß beim Lösen.<br />
1. Nennen Sie die Merkmale eines »Plattfußes«?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
2. Welche Gefäßmissbildung ist die Hauptursache für eine<br />
Subarachnoidalblutung?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
3. Welche Struktur ist bei einem positiven drop-arm-sign<br />
wahrscheinlich betroffen?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
4. Wie wird der Gelenkknorpel mit Nährstoffen versorgt?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
5. Was versteht man unter einem Bewegungssegment?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
6. Nennen Sie einen Puffer.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
7. Beschreiben Sie die Blätter und Funktion der Pleura.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
8. Woran erkennt man eine Mangelgeburt?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
9. Nennen Sie drei Erkrankungen, die vorzeitig zu<br />
Arteriosklerose führen können.<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
10. Welche Risikofaktoren tragen zur Entstehung einer<br />
Herzinsuffizienz bei?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
11. Welche Formen der Lokalanästhesie lassen sich<br />
unterscheiden?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
12. Was versteht man unter einer HWS-Distorsion?<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
..............................................................................................<br />
Übrigens: Viele dieser Fragen stammen<br />
aus dem Heller-Skript, einer Skript-Reihe,<br />
die kurz und bündig die wesentlichen<br />
Themen der einzelnen Fächer<br />
zusammenfasst.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.hellerskripte.de<br />
Damit der Pool an Fragen und Aufgaben immer weiter wachsen kann, brauchen wir Dich!<br />
Schicke uns Fragen, die Dir in Klausuren gestellt wurden, die Du Deinen Vorgängern aus der Nase ziehen konntest<br />
oder die im Dunstkreis geheimer Ordner in deiner Schule kursieren.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35
!<br />
BRAINTUNING<br />
ANTWORTEN<br />
ZUM WISSENSCHECK<br />
DER 8. AUSGABE<br />
In Heft 3/2015 haben wir Euch einige examensrelevante Fragen<br />
aus den Hellerskripten vorgestellt. Die dazugehörigen Antworten<br />
wollen wir Euch natürlich nicht vorenthalten! Falls Ihr noch<br />
weitere Fragen und Antworten als Lernhilfe benötigt, dann<br />
schaut einfach mal in die Hellerskripte rein!<br />
Mehr Infos unter www.hellerskripte.de<br />
Frage 1:<br />
Eine Spondylolisthesis kann man nach Meyerding einteilen.<br />
• Meyerding I: Ventralverschiebung des Wirbelkörpers um<br />
weniger als 25 % der Wirbelkörpertiefe<br />
• Meyerding II: Ventralverschiebung um 25–50 %<br />
• Meyerding III: Ventralverschiebung um 50–75 %<br />
• Meyerding IV: Ventralverschiebung um mehr als 75 %<br />
Frage 2:<br />
Bei Verdacht auf ein Mamma-Ca können folgende diagnostische<br />
Maßnahmen durchgeführt werden:<br />
• Röntgen: Zur Frühdiagnostik eignet sich die<br />
Mammographie in zwei Ebenen.<br />
• Biopsie<br />
Frage 3:<br />
Die Stand- und Gangsicherheit kann mit dem Rhomberg-<br />
Versuch untersucht werden:<br />
• Der Patient steht mit eng aneinander stehenden Füßen<br />
(zuerst Augen geöffnet, dann geschlossen).<br />
• Physiologisch: Standsicherheit, kaum Schwankungen<br />
• Pathologisch: Fallneigung, Standunsicherheit bei geschlossenen<br />
Augen deutet auf eine Läsion der sensiblen Afferenzen<br />
hin.<br />
Frage 4:<br />
Unter einem Pseudokrupp versteht man eine stenosierende<br />
subglottische Laryngitis (unspezifische Kehlkopfentzündung<br />
unterhalb der Stimmritze).<br />
Frage 5:<br />
Durch eine Arteriosklerose können folgende Folgeerkrankungen<br />
entstehen:<br />
• KHK<br />
• Schlaganfall<br />
• Arterielle Hypertonie<br />
• pAVK<br />
Frage 6:<br />
Nach der Geburt findet der Gasaustausch im fetalen Kreislauf<br />
nicht mehr in der Plazenta statt, sondern in den kindlichen<br />
Lungen. Die fetalen Shunts (Foramen ovale, Ductus<br />
venosus, Ductus arteriosus) werden geschlossen.<br />
Frage 7:<br />
Unter einer primären Knochenbruchheilung versteht man,<br />
dass Frakturfragmente ohne Kallusbildung zusammenwachsen.<br />
Eine sekundäre Knochenbruchheilung bedeutet hingegen<br />
eine Frakturheilung mit Kallusbildung.<br />
Frage 8:<br />
Durch eine konstitutionell bedingte Plus-Oberlänge kann<br />
beim Bückvorgang eine vermehrte Belastung der extensorischen<br />
lumbosakralen Muskulatur entstehen.<br />
Frage 9:<br />
Wichtige Symptome bei Mukoviszidose sind:<br />
• Chronische Bronchitis<br />
• Maldigestion<br />
• Gedeihstörungen<br />
• Vorgewölbtes Abdomen<br />
• Appetitlosigkeit<br />
Frage 10:<br />
Im Alter nimmt die Elastizität der Gefäße ab, somit wird die<br />
Windkesselfunktion schwächer. Zudem muss das Herz auch<br />
die Blutsäule beschleunigen. Insgesamt steigt der systolische<br />
Wert.<br />
Frage 11:<br />
Risikofaktoren für eine Phlebothrombose sind:<br />
• Gravidität<br />
• Tumor<br />
• Immobilität<br />
• Einnahme von Ovulationshemmern<br />
• Krankhaft bedingte Gerinnungsstörungen<br />
Frage 12:<br />
Die Glasgow Coma Scale (GCS) dient zur Einschätzung einer<br />
Bewusstseins- und Hirnfunktionsstörung.<br />
36 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
BRAINTUNING<br />
ANATOMIE ZUM SAMMELN<br />
M. piriformis<br />
In der nächsten Ausgabe:<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />
M. latissimus dorsi<br />
.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 37
BRAINTUNING<br />
MT BEFUNDBOGEN<br />
»FINGERGRUNDGELENK«<br />
Inspektion<br />
Rechts<br />
Name:<br />
Datum:<br />
Links<br />
Palpation<br />
Aktive Flexion<br />
Passives Weiterbewegen in Flexion<br />
Passive Flexion<br />
Aktive Extension<br />
Passives Weiterbewegen in Extension<br />
Passive Extension<br />
Aktive Abduktion<br />
Passives Weiterbewegen in Abduktion<br />
Passive Abduktion<br />
Aktive Adduktion<br />
Passives Weiterbewegen in Adduktion<br />
Passive Adduktion<br />
Ausmaß/Quantität Qualität/EG Ausmaß/Quantität Qualität/EG<br />
Traktion (Carpometacarpalgelenk)<br />
Kompression (Carpometacarpalgelenk)<br />
Gleiten nach dorsal (Carpometacarpalgelenk)<br />
Gleiten nach volar (Carpometacarpalgelenk)<br />
Gleiten nach dorsal (proximales Intermetacarpalgelenk)<br />
Gleiten nach volar (proximales Intermetacarpalgelenk)<br />
Gleiten nach dorsal (distale intermetacarpale Syndesmose)<br />
Gleiten nach volar (distale intermetacarpale Syndesmose)<br />
Traktion (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Kompression (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Gleiten nach dorsal (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Gleiten nach volar (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Gleiten nach ulnar (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Gleiten nach radial (Metacarpophalangealgelenk)<br />
Widerstandstest Flexion<br />
Widerstandstest Extension<br />
Widerstandstest radial<br />
Widerstandstest ulnar<br />
Kraft Schmerzen Kraft Schmerzen<br />
.<br />
38 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
BRAINTUNING<br />
Fotolia © Eric Isselée<br />
Viel Spaß und Erfolg beim Lesen und Verstehen!<br />
SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />
Jeder kennt das: Die Ausbildung und das Studium zum Physiotherapeuten<br />
beinhalten vor allem in den Fächern Physiologie, Anatomie<br />
und in den klinischen Fächern zahlreiche sehr komplexe Themengebiete,<br />
die man sich immer wieder durchlesen muss, um sie endlich<br />
zu verstehen. Leider sind in der Fachliteratur die spannenden<br />
und kniffligen Themen auch sehr komplex und langatmig beschrieben.<br />
Deshalb wollen wir Euch gerne ein bisschen unterstützen und<br />
kleine Shorties verzehrfertig servieren. Hier findet Ihr knifflige Themengebiete<br />
häppchenweise kurz und prägnant zusammengefasst.<br />
Immunsystem Teil 2 – die Physiologie<br />
Text: Lina Wirtz<br />
L Im ersten Teil in Heft 3/2015 wurden die Bestandteile<br />
unseren Immunsystems beschrieben. In diesem Artikel<br />
soll es hauptsächlich um deren Funktion und das dahinterstehende<br />
Wirkprinzip, also die Physiologie gehen.<br />
Wir starten dort, wo wir das letzte Mal aufgehört haben<br />
– bei der Einteilung der spezifischen und unspezifischen<br />
Immunabwehr.<br />
Unspezifisches Immunsystem<br />
Die Abwehr, die uns Menschen von Beginn an zur Verfügung<br />
steht, ist die unspezifische Immunabwehr. Hier werden erst<br />
einmal alle körperfremden Zellen und Stoffe phagozytiert.<br />
Dies bedeutet, dass durch eine chemische Reaktion in unserem<br />
Körper die neutrophilen Granulozyten, Makrophagen<br />
und Monozyten aktiviert werden und sich um die gnadenlose<br />
Zerstörung der ungebetenen Gäste kümmern. Hierbei entstehen<br />
dann auch unsere klassischen Entzündungszeichen (Rubor,<br />
Calor, Dolor, Tumor, Functio laesa). Zusätzlich bildet sich<br />
häufig Eiter aus den Zelltrümmern, den Überresten der Zellen<br />
und abgestorbenen Granulozyten.<br />
Aber woher weiß denn die Immunabwehr, welche Zellen und<br />
Stoffe körperfremd sind? Alle Zellen unseres Körpers besitzen<br />
eine Art Strichcode als Erkennungsmerkmal. Dies ist das<br />
MHC-Protein oder auch HLA-I- und HLA-II-Protein genannt.<br />
Ist dieses Protein vorhanden, weiß der Körper, dass dies eigene<br />
Zellen und somit keine Antigene sind.<br />
Zusätzlich gehören auch noch die natürlichen Killerzellen zur<br />
unspezifischen Immunabwehr. Diese sind auf Viren, Bakterien<br />
und Tumorzellen spezialisiert. Es sind große Lymphozyten, die<br />
von virusinfizierten Zellen durch die Freisetzung von Interferonen<br />
aktiviert werden. Die natürlichen Killerzellen attackieren<br />
die infizierte Zelle und perforieren diese.<br />
Daraufhin stirbt die Zelle ab und der Virus<br />
verliert somit seine Wirtszelle und<br />
kann sich nicht weiterverbreiten.<br />
Neben der zellulären Abwehr gibt es<br />
auch noch die humorale unspezifische<br />
Immunabwehr. Hierfür produzieren die<br />
Monozyten und Makrophagen sogenannte<br />
Zytokine, welche die vermehrte Produktion der Immunzellen<br />
und der unspezifischen Immunabwehr einleiten.<br />
Dabei erhalten sie Unterstützung durch das Komplementsystem<br />
und das Lysozym.<br />
Spezifisches Immunsystem<br />
Wesentlich differenzierter ist die spezifische Immunabwehr,<br />
ein System, welches sich in unserem Körper stetig verändert<br />
und sich den Umweltfaktoren anpasst. Hier beginnt es mit der<br />
Antigenpräsentation durch die Makrophagen. Als wichtiger<br />
Mediator zwischen der spezifischen und unspezifischen Immunabwehr<br />
haben diese Zellen eine überaus relevante Rolle<br />
für unsere Gesundheit. Sie nehmen Erregerfragmente nach<br />
der Phagozytose auf und bauen sie in ihre eigene Membran<br />
ein, so können diese den T-Lymphozyten präsentiert werden.<br />
Bei diesen unterscheidet man die T-Helferzellen, T-Suppressorzellen<br />
und T-Killerzellen.<br />
Aufgaben der spezifischen T-Lymphozyten<br />
T-Helferzellen T-Supressorzellen T-Killerzellen<br />
• Produzieren<br />
Interleukine und<br />
beschleunigen<br />
deren klonale<br />
Vermehrung<br />
• Interleukine<br />
regen die Reifung<br />
der B-Lymphozyten<br />
an<br />
Komplementsystem<br />
Lösliche Plasmaproteine, die Bestandteile<br />
einer Enzymkaskade sind.<br />
Dieses wird aktiviert durch die<br />
Kohlenhydrate bakterieller Zellwände<br />
oder aber auch durch den<br />
Antigen-Antikörper-Komplex.<br />
• Beenden die<br />
Immunreaktion<br />
• Zerstören<br />
körpereigene,<br />
virusinfizierte<br />
oder entartete<br />
Zellen<br />
Neben den T-Lymphozyten betätigen sich auch noch die<br />
B-Lymphozyten an der Immunabwehr. Diese unterstützen<br />
die Immunabwehr insbesondere durch<br />
sogenannte »Frühantikörper«, welche<br />
an der Oberfläche der B-Lymphozyten<br />
zu finden sind. Diese Antikörper erkennen<br />
frühzeitig ein Antigen und binden<br />
sich an dieses. Für jedes Antigen sind<br />
B-Lymphozyten vorhanden, welche auf<br />
die Antigene spezialisiert sind (Schlüssel-<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 39
BRAINTUNING<br />
SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />
Schloss-Prinzip). Der Antigen-Antikörper-Komplex wird von<br />
B-Lymphozyten aufgenommen und kleinere Teilstücke hiervon<br />
werden an die MHC-Proteine der B-Lymphozyten weitergegeben,<br />
sodass diese auch als Antigen präsentiert werden<br />
können. Spezifische T-Helferzellen können nun das präsentierte<br />
Antigen erkennen und die B-Lymphozyten aktivieren,<br />
woraufhin diese proliferieren und Antikörper sezernieren.<br />
Aber was bedeutet denn nun eigentlich Immunisierung?<br />
Wie sichert unser Körper uns beispielsweise<br />
vor Krankheiten?<br />
Unser Körper ist imstande, sich selbst zu immunisieren. Das<br />
bedeutet, dass ein Teil der Zellen, die Kontakt mit dem Antigen<br />
hatten, als Gedächtniszellen erhalten bleiben. Sie wandern<br />
aus dem Blutkreislauf in die lymphatischen Gewebe ein<br />
und verweilen dort teilweise über Jahrzehnte. Kommt es also<br />
zu einem erneuten Kontakt mit einem bestimmten Antigen<br />
wie Windpocken oder Röteln, werden die Gedächtniszellen<br />
wieder aktiviert und arbeiten dann nach dem Schlüssel-<br />
Schloss-Prinzip. Die Gedächtniszellen haben im Grunde genommen<br />
einen direkten Weg, das Antigen unschädlich zu<br />
machen oder deutlich zu schwächen. Somit kann das Immunsystem<br />
mit den Erfahrungen der Gedächtniszellen schneller<br />
auf eine drohende Infektion reagieren. Im Laufe unseres<br />
Lebens wird dieses natürlich ausgeprägter und wir werden<br />
immuner.<br />
FUNCTIONAL<br />
FLOSS®BAND<br />
Functional FLOSS® Band: hergestellt aus 100 % Naturkautschuk und<br />
in verschiedenen Längen von ca. 1,03 bis 2,06 m erhältlich.<br />
Die Breite des Bandes für die Anwendungen an Armen, Beinen und Körper<br />
beträgt 5 cm. Für die Anwendung an kleinen Gelenken und<br />
den Händen gibt es das schmalere, 2,5 cm breite<br />
und kürzere Functional FLOSS® Band.<br />
FLOSS-Band<br />
BLAU<br />
€ 14,90<br />
Bestellung online unter<br />
www.functional-flossing.de<br />
FLOSS-Band<br />
GRÜN<br />
€ 12,90<br />
40 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Text: Silke Wolf<br />
TESTS UND ASSESSMENTS<br />
PAIN DISABILITY INDEX<br />
Schmerz – ein vielschichtiges Symptom und eines der wichtigsten<br />
<strong>physio</strong>logischen Signale, an denen sich <strong>physio</strong>therapeutische und medizinische<br />
Therapien orientieren. Allein in Deutschland leben Schätzungen<br />
zufolge etwa 15 Millionen Menschen, die unter chronischen<br />
Schmerzen leiden. Verschiedenste Ausprägungen und unterschiedlichste<br />
Ursachen können vorliegen. Die Befundung und die Evaluation<br />
des Schmerzes stellen daher grundlegende Elemente einer <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Behandlung dar. Häufig wird in der Praxis die Numerische<br />
Rating Skala (NRS) zur quantitativen Schmerzerfassung genutzt.<br />
Aber auch ganz individuelle Einschränkungen können durch Schmerz<br />
bedingt sein und sollten erfasst werden. Zur Darstellung des subjektiven<br />
Schmerzerlebens eignen sich spezielle Fragebögen und Instrumente<br />
wie der Pain Disability Index (PDI).<br />
Fotolia © n_eri<br />
Was ist das?<br />
Der Pain Disability Index (PDI) ist ein Instrument zur Erfassung<br />
von schmerzbedingten Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen.<br />
Der PDI ist nicht krankheitsspezifisch und kann somit diagnoseübergreifend<br />
eingesetzt werden. Damit eignet er sich<br />
sehr gut zum Einsatz bei diversen Schmerzerkrankungen wie<br />
Rücken-, Kopf-, Nerven- oder Tumorschmerzen.<br />
Mit dem PDI werden verschiedene Lebensbereiche abgefragt<br />
und hinsichtlich der Beeinträchtigung durch Schmerzen<br />
beurteilt. Somit erfolgt eine Messung der schmerzbedingten<br />
Behinderung, welche als Schnittstelle von körperlicher und<br />
psychischer Symptomatik interpretiert werden kann. Denn gerade<br />
chronische Schmerzen wirken sich auf das gesamte Leben<br />
des Patienten – also auf körperlicher, sozialer und psychischer<br />
Ebene – aus und sollten daher umfassend erhoben werden.<br />
Personen im Alter von 14 bis 90 Jahre können mit dem<br />
PDI erfasst werden, sofern keine kognitiven oder sprachlichen<br />
Einschränkungen bestehen.<br />
Warum?<br />
Die Messung bzw. Darstellung von Schmerz (R Info-Box,<br />
nächste Seite) und dessen Folgen stellen die moderne Medizin<br />
weiterhin vor eine Herausforderung, denn bildgebende und<br />
neuro<strong>physio</strong>logische Verfahren sind nicht (oder nur bedingt)<br />
geeignet, Schmerzen zu quantifizieren. Daher sind Selbsteinschätzungsskalen<br />
und Fragebögen das Mittel der Wahl, um<br />
Schmerzen und ihren Verlauf darzustellen. Meist zielen diese<br />
Instrumente auf eine Angabe des Schmerzes in Zahlenwerten<br />
ab. Zur sinnvollen Erhebung von Schmerz, vor allem bei<br />
Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen, sollten die<br />
gewonnenen Befunde aber vor dem Kontext von Funktionsbeeinträchtigungen<br />
und subjektiv empfundenen Einschränkungen<br />
diskutiert werden. Ihre Ermittlung leistet der PDI, indem<br />
er hauptsächlich auf den Partizipationslevel – also den<br />
Grad der Teilhabe – fokussiert.<br />
Wie geht das?<br />
Die Fragen des PDI zielen auf den Selbstreport von schmerzbedingten<br />
Einschränkungen. Es werden insgesamt sieben Lebensbereiche<br />
abgefragt, die im Fragebogen näher erläutert<br />
werden: familiäre und häusliche Verpflichtungen, Erholung,<br />
soziale Aktivitäten, Beruf, Sexualleben, Selbstversorgung und<br />
lebensnotwendige Tätigkeiten.<br />
Jede Frage kann auf einer numerischen 11-Item-Skala bewertet<br />
werden. Dabei bedeutet »0 = keine Beeinträchtigung«<br />
und »10 = völlige Beeinträchtigung«. Im Gegensatz zu Instrumenten<br />
zur Quantifizierung der Schmerzstärke (bspw. NRS)<br />
wird mit dem PDI der Grad der Beeinträchtigung erhoben. Zusätzlich<br />
sollte eine Erhebung der Schmerzstärke sowie der Lokalisation<br />
und Qualität des Schmerzes durchgeführt werden.<br />
Beides kann in jedem Fall hilfreich sein, die wahrgenommene<br />
Beeinträchtigung in einen Kontext zu setzen.<br />
Die Bearbeitungszeit für das Selbstbeurteilungsinstrument<br />
beträgt etwa fünf Minuten. Mit einer Auswertungszeit von<br />
etwa einer Minute lässt sich der PDI gut in die tägliche Behandlungspraxis<br />
integrieren und auch effizient in Forschungsprojekten<br />
zum Schmerz einsetzen.<br />
e<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 41
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Wie gut?<br />
Der PDI wurde mehrfach in Studien evaluiert. Dabei konnten<br />
seine Objektivität, Validität (Gültigkeit) sowie Reliabilität<br />
(Zuverlässigkeit) empirisch für verschiedene Krankheitsbilder<br />
belegt werden. Verschiedene Faktorenanalysen bescheinigten<br />
die Eindimensionalität des Tests, d. h, mittels statistischer Verfahren<br />
wurde ermittelt, dass der PDI auch bei unterschiedlichen<br />
Krankheitsbildern genau ein Merkmal erfasst – den<br />
Schmerz und durch ihn bedingte Beeinträchtigung.<br />
Zusammenfassung<br />
Schmerzbedingte Behinderung bzw. Beeinträchtigung stellt<br />
eine wichtige Variable im Behandlungsprozess von (chronischen)<br />
Schmerzerkrankungen dar. Um einen umfassenden<br />
Befund zu erstellen und um den Verlauf einer Behandlung zu<br />
dokumentieren, ist es daher sinnvoll, den Schmerz und dessen<br />
Auswirkungen zu erfassen. Dies kann durch den Einsatz des<br />
PDI geleistet werden.<br />
Ein kostenloser Download der deutschen Version ist unter<br />
anderem beim Institut für Qualitätssicherung in Prävention<br />
und Rehabilitation GmbH an der Deutschen Sporthochschule<br />
Köln möglich (www.assessment-info.de).<br />
INFO<br />
BOX<br />
Schmerz – ein komplexes Symptom<br />
Schmerzen quantitativ zu erfassen und zu<br />
differenzieren, stellt eine der großen Schwierigkeiten<br />
in der Medizin dar. Neben der zeitlichen<br />
Charakterisierung in akute, subakute oder<br />
chronische Schmerzen lassen sich viele weitere Unterscheidungsmerkmale<br />
bestimmen, die unter Umständen<br />
Rückschlüsse auf die Ursache zulassen. Eine spezielle<br />
Schmerzanamnese sollte daher Faktoren wie Lokalisation,<br />
Häufigkeit, Verlauf, Qualität, Abhängigkeit von Körperhaltung/Bewegung/Tageszeit,<br />
biographische Schmerzerfahrungen<br />
u. Ä. erfassen.<br />
Neben somatischen Aspekten können auch psychische<br />
und soziale Ereignisse das Schmerzerlebnis hervorrufen<br />
und beeinflussen. Dabei sind Einwirkungen auf allen<br />
Ebenen der Schmerzverarbeitung möglich: vom Schmerzrezeptor<br />
über die Reizweiterleitung bis hin zur zentralen<br />
Verarbeitung von Schmerz.<br />
Der Schmerz kann dementsprechend Symptom verschiedener<br />
Patho<strong>physio</strong>logien sein und vielfältige Funktionen<br />
annehmen: Alarmsignal für drohende (Gewebs-) Schädigung,<br />
Warnsignal für schwerwiegende Erkrankungen<br />
(Red Flag) oder Hinweis auf psychische Erkrankungen.<br />
Chronische Schmerzen lassen sich, entsprechend der Leitlinien<br />
für die Begutachtung von Schmerz, in drei Hauptkategorien<br />
einteilen: Schmerz als Leitsymptom einer Gewebsschädigung,<br />
Schmerz bei Gewebsschädigung mit<br />
psychischer Komorbidität und Schmerz als Leitsymptom<br />
einer psychischen Erkrankung. Ob Schmerzen überhaupt<br />
chronifizieren, ist dabei von verschiedenen Faktoren abhängig,<br />
die sich in umweltbezogene Faktoren (bspw. Arbeitsplatz<br />
oder Familie) und personenbezogene Faktoren<br />
(bspw. Soziodemographie oder somatische und psychosoziale<br />
Einflüsse) unterteilen lassen.<br />
Weitere Informationen, Schmerzfragebögen und Assessmentinstrumente<br />
finden sich auch unter folgenden Links:<br />
http://www.schmerzliga.de/<br />
http://www.dgss.org/startseite/<br />
http://www.dgss.org/deutscher-schmerzfragebogen/<br />
http://www.dnqp.de/38368.html<br />
http://www.drk-schmerz-zentrum.de/mz/06_downloads/6-2_aerzte.php<br />
Literatur<br />
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) – Deutsche Gesellschaft für Neurologie u. a. –<br />
Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen. Stand 31.05.2012. Registernummer 030 – 102.<br />
Zugriff am 16.02.<strong>2016</strong>: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-102.html (zuletzt abgerufen: 16.02.<strong>2016</strong>)<br />
Dillmann U., Nilges P., Saile H., Gerbershagen, H. U. (1994): Behinderungseinschätzung bei chronischen Schmerzpatienten. Der Schmerz 8 (2): 100–110.<br />
Grönblad M., Hupli M., Wennerstrand P., Jaävinen E., Lukinmaa A., Kouri J. P., Karahaharju E.O. (1993): Intercorrelation and test-retest reliability<br />
of the Pain Disability Index (PDI) and the Oswestry Disability Questionnaire (ODQ) and their correlation with pain intensity in low back pain patients.<br />
Clinical <strong>Journal</strong> of Pain 9 (3): 189–195.<br />
Pollard C.A. (1984): Preliminary validity study of the pain disability index. Perceptual and Motor Skills. 59 (3): 974.<br />
Soer R., Köke A.J., Vroomen P.C., Stegeman P., Smeets R.J., Coppes M.H., Reneman M.F. (2013): Extensive validation of the pain disability index in<br />
3 groups of patients with musculoskeletal pain. Spine 38 (9): E562–E568.<br />
Tait R.C., Chibnall J.T., Krause S. (1990): The Pain Disability Index: psychometric properties. Pain 40 (2): 171–182.<br />
Tait R.C., Pollard C.A., Margolis R.B., Duckro P.N., Krause S.J. (1987): The Pain Disability Index: psychometric and validity data.<br />
Archives of Physical Medicine and Rehabilitation. 68 (7): 438–441.<br />
42 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
DIAGNOSTIK<br />
C-REAKTIVES PROTEIN (CRP)<br />
Text: Susanne Klotz<br />
Fotolia © ugreen<br />
L Herzlich willkommen zu einer neuen Folge in der Diagnostik-Reihe.<br />
Nachdem wir in der letzten Ausgabe mit der<br />
Blutsenkungsgeschwindigkeit ein neues Kapitel aufgeschlagen<br />
haben, werden wir uns in diesem Beitrag erneut mit<br />
der Bestimmung von Entzündungsparametern beschäftigen,<br />
dieses Mal mit dem C-reaktiven Protein (CRP). Vielleicht erinnert<br />
Ihr Euch noch, dass ein großer Schwachpunkt bei der<br />
Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit das Auftreten<br />
von falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen war.<br />
Demgegenüber hat die Bestimmung der Konzentration von C-<br />
reaktivem Protein den Vorteil, dass sie ein sensitiver Indikator<br />
für Entzündungen darstellt. Sie reagiert außerdem schneller<br />
auf Veränderungen im Krankheitsgeschehen, weswegen der<br />
CRP-Bestimmung bei der Verlaufskontrolle eine besondere Bedeutung<br />
zukommt. Ähnlich wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />
ist eine Erhöhung des CRP nicht spezifisch und tritt<br />
bei vielen klinischen Situationen auf, die mit Entzündungen<br />
einhergehen.<br />
Bevor wir darauf näher eingehen, schauen wir uns zunächst<br />
an, wie das C-reaktive Protein zu seinem Namen gekommen<br />
ist. Den verdankt es den beiden amerikanischen<br />
Ärzten William S. Tillet und Thomas Francis Jr., die es erstmals<br />
1930 beschrieben. Tillet und Francis konnten bei Untersuchungen<br />
von Pneumonie-Patienten eine deutlich erhöhte Konzentration<br />
von CRP (das zu diesem Zeitpunkt noch namenlos war)<br />
im Serum nachweisen. Sie beobachteten auch, dass die Konzentration<br />
bei Patienten, die an Pneumonie verstarben, bis zu<br />
deren Tod hoch blieb und erst anschließend sank, wohingegen<br />
bei Patienten, die auf dem Weg der Besserung waren,<br />
die Konzentration mit fortschreitender Genesung absank. Das<br />
unbekannte Protein reagierte mit der sogenannten Fraktion C,<br />
einem spezifischen Anteil der Polysaccharide in der Zellwand<br />
der Pneumokokken, welche die Pneumonie verursachten. Aufgrund<br />
dieser hohen Bindungsaffinität des Proteins zur Fraktion<br />
C erhielt es den Namen C-reaktives Protein.Die Fraktion C<br />
der Zellmembran der Pneumokokken war die erste bekannte<br />
Andockstelle für CRP. Inzwischen sind auch andere Strukturen<br />
bekannt, an denen sich CRP binden kann. Bei körpereigenen<br />
Zellen dockt das C-reaktive Protein am Phosphocholin<br />
an, jedoch ist diese Bindungsstelle in gesunden Zellen für<br />
CRP nicht erreichbar. Nur in beschädigten oder apoptotischen<br />
Zellen kann sich das CRP anbinden. Mikroskopisch betrachtet<br />
besteht das CRP übrigens aus fünf identischen Polypeptideinheiten,<br />
sogenannten Protomeren, die zu einem Ring mit einer<br />
zentralen Pore angeordnet sind und in ihrer Gesamtstruktur<br />
als Pentraxin bezeichnet werden.<br />
Patho<strong>physio</strong>logie<br />
Klären wir nun die Frage, wie das C-reaktive Protein überhaupt<br />
gebildet wird und welche Wirkungen es im Entzündungsprozess<br />
spielt. Das C-reaktive Protein ist ein Akute-Phase-Protein<br />
und damit Teil der unspezifischen Immunabwehr. Diese Reaktion<br />
tritt im Rahmen von Entzündungsprozessen nach Gewebeschädigungen<br />
wie Infektionen oder Traumata auf. Es<br />
kommt zur Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen), die<br />
die Zytokine – Interleukin-1 (IL-1), Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor<br />
α (TNF-α) – produzieren. Zytokine sind Proteine,<br />
die das Wachstum von Zellen regulieren. Vor allem IL-6<br />
regt die Leberzellen (Hepatozyten) zur Bildung von CRP an.<br />
Der Abbau von CRP wird ebenfalls durch die Hepatozyten reguliert.<br />
Nachdem das C-reaktive Protein von den Leberzellen<br />
ausgeschüttet wurde, bindet es – wie bereits erwähnt – an<br />
Oberflächenstrukturen von Pathogenen. Dadurch wird das<br />
Komplementsystem über den Faktor C1 aktiviert. Das Komplementsystem<br />
ist ebenfalls ein Teil der unspezifischen Immunabwehr<br />
und besteht aus einer Gruppe von mehr als 20<br />
Proteinen, die zur Eliminierung von Pathogenen beitragen. Der<br />
Faktor C1 bindet an CRP, wodurch das Pathogen für die Phagozytose<br />
markiert ist (R Abbildung 1, nächste Seite). Neben<br />
dieser Aufgabe sorgt CRP unter anderem auch dafür, dass bestimmte<br />
Zytokine vermehrt und andere verringert freigesetzt<br />
werden.<br />
e<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 43
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Wirkmechanismus CRP<br />
a) Abwesenheit von CRP b) Anwesenheit von CRP<br />
C1<br />
Pathogen<br />
Komplementfaktor<br />
Zellwand<br />
C1<br />
CRP<br />
Pathogen<br />
… Der Faktor C1 bindet<br />
an CRP, wodurch das<br />
Pathogen für die<br />
Phagozytose markiert ist. …<br />
Abbildung 1<br />
Klinische Anwendung<br />
Prinzip Immunturbidimetrie und<br />
Immunnephelometrie<br />
Nachdem Ihr die Rolle von CRP bei der Immunantwort kennengelernt<br />
habt, kommen wir zur Anwendung als Indikator<br />
für Entzündungsprozesse. Da die Konzentration des C-reaktiven<br />
Proteins innerhalb der ersten 6–10 Stunden nach Beginn<br />
Lösung<br />
Antigen (Ag) und verklumpt mit dem Antikörper zu Antigen-<br />
der Entzündungsreaktion ansteigt, wird die Bestimmung mit des<br />
Lichtquelle<br />
Antigen-<br />
CRP-Levels im Serum als schneller, einfach Antikörper- durchzuführender<br />
eintretende<br />
Komplex<br />
und darüber hinaus kostengünstiger LichtstrahlungTest eingesetzt. Die Halbwertszeit<br />
von CRP beträgt (Strahlung) 19 Stunden, weswegen der Wert<br />
im Laufe der folgenden 2 Tage deutlich absinkt. Der Normalwert<br />
für die CRP-Konzentration im Serum beträgt bis zu 3 mg/<br />
Liter. Bei Entzündungen kann dieser Wert auf das 1.000- bis<br />
sogar 10.000-Fache ansteigen, wobei der Anstieg des CRP-<br />
Levels oft, aber nicht immer, proportional zum Grad der Gewebsschädigung<br />
ist. Als Faustregel gilt im Allgemeinen, dass<br />
der Anstieg bei bakteriellen bzw. akuten Entzündungen höher<br />
Wirkmechanismus CRP<br />
ist als bei viralen bzw. chronischen Entzündungen (natürlich<br />
gibt es auch hier Ausnahmen).<br />
Messverfahren<br />
bestimmter Medikamente berücksichtigt werden, die den<br />
CRP-Level C1<br />
Komplementfaktor<br />
senken können. Zum einen sind das logischerweise<br />
entzündungshemmende Substanzen wie nichtsteroidale Antirheumatika<br />
(z. B. COX-Hemmer) und zum anderen Substanzen,<br />
die vor allem bei kardiovaskulären Erkrankungen eingesetzt<br />
Pathogen werden wie Gerinnungshemmer, Lipidsenker (Statine),<br />
Zellwand<br />
ACE-Hemmer und Beta-Blocker. Hierbei muss natürlich unterschieden<br />
werden, ob die Medikamente schon vorher eingenommen<br />
wurden und damit einer Störgröße darstellen oder<br />
zur Therapie des aktuellen Entzündungsgeschehens eingesetzt<br />
werden und die Abnahme der CRP-Konzentration eine<br />
gewünschte Folgeerscheinung ist (Verlaufskontrolle).<br />
Bei etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung liegen die CRP-<br />
Werte im Bereich bis zu 3 mg/Liter. Bis vor wenigen Jahren<br />
galten auch noch Werte bis zu 10 mg/Liter als normal, aber<br />
austretende<br />
inzwischen Strahlung konnte nachgewiesen werden, dass leicht erhöhte<br />
Werte bis zu 10 mg/Liter Photorezeptoren einen Risikofaktor für arteriosklerotische<br />
und onkologische Erkrankungen sowie metabolisches<br />
Syndrom darstellen. Besonders für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
bedeuten bereits Werte im oberen Drittel des Norm-<br />
gebrochene<br />
bereichs Strahlung zwischen 2 bis 3 mg/Liter ein erhöhtes Risiko. Die<br />
Bestimmung dieser normalen bis gering erhöhten CRP-Konzentration<br />
wird als hochsensitive CRP-Messmethode (hsCRP)<br />
bezeichnet.<br />
C1<br />
a) Abwesenheit Bei der Interpretation von CRP des CRP-Levels muss die Einnahme b) Anwesenheit Die gängigsten von CRP Bestimmungsverfahren der CRP-Konzentration<br />
sind die Immunturbidimetrie und die Immunnephelometrie.<br />
Bei beiden Verfahren werden dem Serum des Patienten<br />
Antikörper (AK) gegen CRP zugesetzt. CRP fungiert hier als<br />
CRP<br />
Antikörper-Komplexen (auch als Immunkomplexe bezeichnet).<br />
Pathogen Die Flüssigkeit wird mit Licht einer bestimmten Wellenlänge,<br />
z. B. Laser, bestrahlt. Abhängig von der Größe und Anzahl der<br />
Ag-AK-Komplexe wird das Licht unterschiedlich absorbiert,<br />
Prinzip Immunturbidimetrie und<br />
Immunnephelometrie<br />
Lichtquelle<br />
eintretende<br />
Lichtstrahlung<br />
(Strahlung)<br />
Lösung<br />
mit<br />
Antigen-<br />
Antikörper-<br />
Komplex<br />
austretende<br />
Strahlung<br />
Photorezeptoren<br />
… Aus diesen Messdaten<br />
kann der CRP-Level<br />
errechnet werden …<br />
gebrochene<br />
Strahlung<br />
Abbildung 2<br />
44 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
reflektiert und gestreut. Rezeptoren in Form von Photodetektoren,<br />
auf die das gestreute Licht fällt, registrieren die Lichtintensität.<br />
Aus diesen Messdaten kann der CRP-Level errechnet<br />
werden (R Abbildung 2). Bei der Immunturbidimetrie wird der<br />
Intensitätsrest des eingestrahlten Lichts nach Durchtritt durch<br />
die Lösung im austretenden Lichtstrahl bei einer Wellenlänge<br />
von ca. 340 nm gemessen, wohingegen bei der Immunnephelometrie<br />
nur die Intensität der Streulichtsignale erfasst wird.<br />
Daher sind die Messsignale hier geringer.<br />
Indikationen<br />
Im einleitenden Abschnitt habt Ihr schon gelernt, dass ein erhöhter<br />
CRP-Level ein sensitiver Marker für ein Entzündungsgeschehen<br />
ist, aber keine spezifischen Aussagen über die<br />
Entzündungsursache liefern kann. Hier erfahrt Ihr, wie unterschiedlich<br />
die Gründe für eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins<br />
sein können:<br />
Infektionen<br />
Sowohl bei bakteriellen als auch bei viralen Entzündungsprozessen<br />
kann es zu einem Anstieg des CRP kommen, daher<br />
ist keine sichere Unterscheidung allein durch die CRP-Bestimmung<br />
möglich. In der Regel steigt das CRP aber bei bakteriellen<br />
Infektionen stärker als bei viralen.<br />
Postoperative Komplikationen<br />
Ein anhaltend hoher CRP-Wert über den 3.–4. postoperativen<br />
Tag oder ein Anstieg über das übliche Maß von 50–150 mg/Liter<br />
können Anzeichen für Infektionen oder Gewebsnekrosen sein.<br />
Akute, nicht infektiöse Entzündungen<br />
Z. B. akute Pankreatitis<br />
DIAGNOSTIK<br />
C-REAKTIVES PROTEIN (CRP)<br />
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Bestimmung<br />
des CRP-Levels im klinischen Alltag aufgrund seiner Sensitivität<br />
bei der Diagnose von Entzündungen weit verbreitet ist.<br />
Wie im letzten Abschnitt beschrieben, kann das CRP allerdings<br />
bei verschiedenen Entzündungsprozessen ansteigen, weshalb<br />
der Test nicht spezifisch ist. Ein Vorteil ist die schnelle Verfügbarkeit,<br />
da sich die Konzentration des C-reaktiven Proteins<br />
innerhalb der ersten 6–10 Stunden nach Entzündungsbeginn<br />
erhöht. Hier gilt in den meisten Fällen: Je höher der Wert<br />
steigt, desto akuter und größer die Gewebsschädigung und<br />
desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine<br />
bakterielle Infektion handelt.<br />
Chronische Entzündungen<br />
Auch chronische, nicht infektiöse Entzündungen wie Erkrankungen<br />
aus dem rheumatischen Formenkreis und andere Autoimmunerkrankungen<br />
(z. B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn,<br />
systemischer Lupus erythematodes) können einen Anstieg des<br />
CRP bewirken, allerdings kann der CRP-Spiegel auch im normalen<br />
oder leicht erhöhten Bereich liegen.<br />
Maligne Tumoren<br />
In der Umgebung von malignen Zellen kommt es infolge von<br />
Gewebsschädigung und Nekrosen immer auch zu chronischen<br />
Entzündungsprozessen mit Beteiligung von Leukozyten, Lymphozyten<br />
und Makrophagen. Diese sezernieren u. a. IL-6, welches<br />
wiederum die Hepatozyten zur Bildung von C-reaktivem<br />
Protein anregt.<br />
Arteriosklerotische Erkrankungen<br />
Z. B. Myokardinfarkt und instabile Angina pectoris, da arteriosklerotische<br />
Prozesse auch mit subklinischen Entzündungsprozessen<br />
einhergehen, bei denen es zur Sekretion von Zytokinen<br />
und damit zur Synthese von CRP kommt.<br />
Literatur<br />
Black S., Kushner I., Samols D. (2004):<br />
C-reactive protein.<br />
<strong>Journal</strong> of Biological Chemistry 279 (47): 48.487–48.490.<br />
Chang S., Malter L., Hudesman D. (2015):<br />
Disease monitoring in inflammatory bowel disease.<br />
World <strong>Journal</strong> of Gastroenterology 21 (40): 11.246–11.259.<br />
Hallbach J. (2011):<br />
Klinische Chemie und Hämatologie.<br />
Biomedizinische Analytik für MTLA und Studium.<br />
3. Auflage. Georg Thieme Verlag Stuttgart: 63–64.<br />
Pearson T. A., Mensah G. A., Alexander R. W., Anderson J. L., Cannon R. O.,<br />
Criqui M., Fadl Y. Y., Fortmann S. P., Hong Y., Myers G.L., Rifai N., Smith<br />
S. C., Taubert K., Tracy R. P., Vinicor F. (2003):<br />
Markers of inflammation and cardiovascular disease. Application to clinical<br />
and public health practice.<br />
A statement for healthcare professionals from the Centers for<br />
Disease Control and Prevention; American Heart Association.<br />
Circulation 107: 499–511.<br />
Tillett W. S., Francis T. (1930):<br />
Serological reactions in pneumonia with a non-protein somatic fraction<br />
of pneumococcus.<br />
<strong>Journal</strong> of Experimental Medicine 52 (4): 561–571.<br />
Wang C. S., Sun C. F. (2009):<br />
C-reactive protein and malignancy: Clinico-pathological association<br />
and therapeutic implication.<br />
Chang Gung Medical <strong>Journal</strong> 32: 471–482.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 45
ANZEIGEN<br />
Werden<br />
Sie Teil<br />
der Zukunft<br />
Wir haben alles, was Sie dafür brauchen –<br />
Abrechnung und Software sinnvoll verknüpft<br />
Mit der azh können Sie alles: Sicher abrechnen, effizient<br />
organisieren und dabei immer alles perfekt vernetzen.<br />
Einfach Rezepte einsenden, die Auszahlung erfolgt schnell<br />
und zuverlässig. Minimierte Rezepteinbehalte durch<br />
Kostenträger und Übersicht Ihrer gescannten Rezepte<br />
im Online-Portal. Volle Effizienz dank Schnittstelle zur<br />
Praxissoftware!<br />
Mit der Praxissoftware für Therapeuten und den Gesundheitssport<br />
trifft moderne Patienten- und Rezeptverwaltung<br />
auf innovative Features wie Befundungscockpit, Patienten -<br />
Erinnerung und die passenden Apps.<br />
Werden Sie jetzt einer von heute bereits 21.000 Kunden,<br />
die die azh mit Top-Zufriedenheitsnoten bewerten.<br />
KOMPLETT VERNETZTE LÖSUNGEN<br />
Modernes, innovatives und<br />
nachhaltiges Therapiemanagement,<br />
www.Physio-MINT.de<br />
azh Abrechnungs- und IT-Dienstleistungszentrum für Heilberufe GmbH<br />
Einsteinring 41-43 | 85609 Aschheim bei München | (0 89) 9 21 08-0 | www.azh.de<br />
16_0082 AZH_<strong>physio</strong><strong>Journal</strong>_215x146_LA01_RZ.indd 1 09.02.16 15:12<br />
Lehrinstitut<br />
für Manuelle Lymphdrainage,<br />
Komplexe Physikalische Entstauungstherapie<br />
4-wöchige Ausbildung<br />
bundesweit in zahlreichen Kursorten<br />
Földischule GmbH<br />
Zum Engelberg 18<br />
D-79249 Merzhausen<br />
Tel. 0761 40 69 21<br />
Fax 0761 40 69 83<br />
E-mail: info@foeldischule.de<br />
www.foeldischule.de<br />
Bochum<br />
Stadthagen<br />
Berlin<br />
Hoyerswerda<br />
Dresden<br />
Zwickau<br />
Reichenbach<br />
Bad Neustadt<br />
Bad Elster<br />
Schweinfurt<br />
Bad Mergentheim<br />
Der schnellste Weg zur<br />
Anmeldung: online unter<br />
www.foeldischule.de<br />
Zertifikatskurs<br />
berechtigt zur Abrechnung<br />
mit den Krankenkassen<br />
Refresher-Kurse<br />
aktuelles Programm online<br />
Freiburg<br />
Hinterzarten<br />
Bad Krozingen<br />
München<br />
Passau<br />
Bad Füssing<br />
Die Kurse der Földischule sind förderungswürdig!<br />
Wir beraten Sie gerne.<br />
46 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
ANZEIGEN<br />
Institut für Fort- und Weiterbildung<br />
im medizinischen Bereich<br />
Qualität in der Fort- und Weiterbildung.<br />
Für Sie – für Ihre Patienten.<br />
Unsere nächsten Kurse:<br />
Selos Therapie Teil 1<br />
mit Dr. Gregor Comploi<br />
vom 4. bis 5. Juni <strong>2016</strong><br />
Faszienfitness Grundlagenseminar<br />
mit Markus Roßman<br />
vom 18. bis 19. Juni <strong>2016</strong><br />
Mulligan-Concept –<br />
Mobilisation with Movement<br />
mit Johannes Bessler<br />
vom 23. bis 25. Juni <strong>2016</strong><br />
Tuina für Therapeuten –<br />
tuina et fascia Teil 1<br />
mit Richard Langmair<br />
vom 1. bis 3. Juli <strong>2016</strong><br />
Myofasziale Integration<br />
Obere Extremität, HWS, Thorax<br />
mit Benno Geißler<br />
vom 11. bis 13. Juli <strong>2016</strong><br />
Der Bildatlas Manuelle Therapie umfasst<br />
alle Techniken, Handgriffe, Untersuchungs-<br />
und Behandlungsalgorythmen die man<br />
während der schulischen Ausbildung und<br />
später im Berufsleben braucht.<br />
Es ist somit ein sehr nachhaltiges Standardwerk,<br />
das sowohl zum theoretischen<br />
und praktischen Erlernen der Manuellen<br />
Therapie dient, und aber auch ein Nachschlagewerk<br />
für erfahrene Physiotherapeuten<br />
ist.<br />
• sehr preiswert<br />
• sehr gute Abbildungen<br />
• alles in einem Buch<br />
• geeignet für Schule und Berufsalltag<br />
Bibliografische Angaben<br />
976 Seiten, 2.800 Abbildungen<br />
Hardcover, Format: 220 x 250 mm<br />
3., erweiterte Auflage 2012<br />
€ 39,80<br />
Cmmm – Complete myofazial<br />
management model Teil 1<br />
mit Julian Gaidys<br />
vom 15. bis 18. Juli <strong>2016</strong><br />
Faszien verstehen –<br />
Faszien therapieren<br />
mit Armin Neumeier<br />
vom 23. bis 25. September <strong>2016</strong><br />
Ortho-Bionomy ® – Ausbildung Teil 1<br />
mit Stefan Andrecht<br />
vom 29. September bis 2. Oktober <strong>2016</strong><br />
Manuelle Therapie<br />
nach Lutz M. Scheuerer<br />
Kursleitung: Lutz M. Scheuerer BSc<br />
Start der Ausbildung<br />
vom 17. bis 20. November <strong>2016</strong><br />
Infomed · Institut für Fort- und<br />
Weiterbildung im medizinischen Bereich<br />
Bayerwaldstr. 12 · 93073 Neutraubling<br />
Tel. 09401-912307 · Fax -912308<br />
Exklusiv erhältlich unter<br />
www.dieFachwelt.de<br />
Weitere Kurse auf:<br />
www.fortbildungszentrum.net<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 47<br />
mediABC AZ_68x295_150724 RZ.indd 1 24.07.15 11:37
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
STUDIENZUSAMMENFASSUNGEN<br />
fotolia: © Amero<br />
Studien liefern uns interessante und wichtige Informationen<br />
zur Behandlung unserer Patienten. Doch<br />
leider hat man nicht immer die<br />
Zeit, sich intensiv mit wissenschaftlichen<br />
Arbeiten zu beschäftigen.<br />
Damit Ihr trotzdem einen Einblick in neue<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse bekommt, findet Ihr<br />
hier verschiedene Zusammenfassungen von Studien,<br />
die für die Therapie interessant sein könnten.<br />
Chronischer unspezifischer Rückenschmerz: Langzeiteffekte einer verhaltensbezogenen Rehabilitation<br />
Sarah Klamroth<br />
L In Deutschland ist der chronische unspezifische<br />
Rückenschmerz eine der Hauptindikationen<br />
für eine orthopädische Rehabilitation.<br />
In einer randomisierten, kontrollierten<br />
Studie (n = 536) haben Semrau et al. (2015)<br />
eine verhaltensbezogene Rehabilitation (Experimentalgruppe),<br />
basierend auf dem biopsychosozialen<br />
Modell, mit dem Standardrehabilitationsprogramm<br />
(Kontrollgruppe) in<br />
Deutschland verglichen. Die verhaltensbezogene<br />
Rehabilitation beinhaltete 6 Therapiemodule:<br />
Rückenschmerzbezogenes Wissen‚<br />
verhaltensbezogene Bewegungstherapie,<br />
Umgang mit Schmerz, Entspannungsverfahren,<br />
arbeitsplatzbezogene Informationen,<br />
interdisziplinäre Teamsitzungen. Beide Grup-<br />
pen erhielten während ihres 3-wöchigen<br />
stationären Rehabilitationsaufenthalts den<br />
gleichen Umfang an Therapie (48 Stunden).<br />
Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten die<br />
Teilnehmer des verhaltensbezogenen Programms<br />
ein Jahr nach Abschluss der Rehabilitation<br />
leichte bis mittlere Verbesserungen<br />
der Funktionsfähigkeit (Hannover Functional<br />
Ability Questionnaire) und der körperlichen<br />
Aktivität (Freiburger Fragebogen zur körperlichen<br />
Aktivität) sowie eine Verminderung<br />
der Schmerzwahrnehmung (Numerische Ratingskala)<br />
und der Arbeitsunfähigkeitsdauer.<br />
Die Rehabilitation, basierend auf dem biopsychosozialen<br />
Modell, zeigte einige positive<br />
Langzeiteffekte, welche insbesondere dem<br />
Chronifizierungsprozess von unspezifischem<br />
Rückenschmerz entgegenwirken können.<br />
Um den Wirkmechanismus solcher komplexer<br />
Interventionsprogramme besser zu<br />
verstehen und diese Therapieansätze in das<br />
klinische Setting zu implementieren, ist eine<br />
enge Zusammenarbeit von Forschung und<br />
Praxis erforderlich.<br />
Literatur<br />
Semrau J., Hentschke C., Buchmann J., Meng<br />
K., Vogel H., Faller H., Bork H., Pfeifer K. (2015):<br />
Long-Term Effects of Interprofessional Biopsychosocial<br />
Rehabilitation for Adults with Chronic<br />
Non-Specific Low Back Pain: A Multicentre, Quasi-<br />
Experimental Study. PLoS ONE 10 (3): e0118609.<br />
Wirkung von Techniken zur Bewegungsrepräsentation bei Extremitätenschmerz<br />
Silke Wolf<br />
L Ziel der systematischen Literaturübersicht<br />
und Metaanalyse von Thieme und Kollegen<br />
war die Darstellung und Zusammenfassung<br />
der aktuellen Evidenz von Techniken zur<br />
Bewegungsrepräsentation (wie Spiegeltherapie<br />
oder Bewegungsvorstellung) zur<br />
Behandlung von Extremitätenschmerz. Als<br />
primäres Outcome wurde die Schmerzintensität,<br />
meist gemessen mittels Visueller Analog<br />
Skala (VAS), gewählt. Als sekundäres<br />
Outcome wurde unter anderem die gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität untersucht.<br />
Pathologische Schmerzen der Extremitäten<br />
sind beispielsweise bedingt durch Phantomschmerz,<br />
ein komplexes regionales Schmerzsyndrom<br />
(CRPS) oder zentrale Schmerzereignisse.<br />
Kommt es zu einer Chronifizierung<br />
von Schmerzen, ist diese häufig mit Verän-<br />
derungen der betreffenden sensorischen<br />
und motorischen kortikalen Netzwerke<br />
assoziiert. Techniken zur Bewegungsrepräsentation<br />
sollen genau an diesen Veränderungen<br />
ansetzen und die Funktionsfähigkeit<br />
dieser Bereiche wiederherstellen.<br />
4.373 Arbeiten wurden durch die systematische<br />
Suche in den Datenbanken CENTRAL,<br />
MEDLINE, CINAHL, EMBASE, AMED, Psych-<br />
Info, Physiotherapy Evidence Database und<br />
OTseeker identifiziert, von denen 15 randomisiert<br />
kontrollierte Studien eingeschlossen<br />
wurden.<br />
Insgesamt stellten die Autoren des Reviews<br />
einen moderat positiven (also schmerzverringernder)<br />
Effekt auf Extremitätenschmerz<br />
durch Techniken wie Spiegeltherapie, Bewegungsvorstellung<br />
oder Handlungsbeobachtung<br />
fest. Auch die Lebensqualität scheint<br />
durch diese Ansätze positiv beeinflussbar.<br />
Allerdings ist die schmerzverringernde Wirkung<br />
abhängig vom Krankheitsbild und der<br />
angewendeten Technik. Vor allem Spiegeltherapie<br />
und Graded Motor Imagery stellen<br />
sinnvolle Behandlungen für Patienten<br />
mit CRPS und akuten, nicht pathologischen<br />
Schmerzen dar. Die Schmerzreduktion für<br />
Phantomschmerz und Schmerzen nach<br />
Schlaganfall konnte nicht herausgestellt<br />
werden.<br />
Literatur<br />
Thieme H., Morkisch N., Rietz C., Dohle C.,<br />
Borgetto B. (<strong>2016</strong>): The Efficacy of Movement<br />
Representation Techniques for Treatment of Limb<br />
Pain – A Systematic Review and Meta-Analysis.<br />
The <strong>Journal</strong> of Pain 17 (2): 167–180.<br />
48 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Übungsprogramme bei posturaler Instabilität von Parkinsonpatienten sollten Gleichgewichtskomponenten enthalten<br />
Noemie Hagemann<br />
L Patienten mit einer Parkinson-Krankheit<br />
profitieren am meisten von Übungsprogrammen,<br />
die das Gleichgewicht herausfordern.<br />
Dieser Zusammenhang konnte in<br />
einer aktuellen Metaanalyse mit 1.072 Parkinsonpatienten<br />
gezeigt werden. Übungsprogramme,<br />
welche Kraft-, Ausdauer- oder<br />
Dehnungsübungen enthielten oder als<br />
Heimübungsprogramm ausgeführt wurden,<br />
hatten keinen signifikanten Einfluss auf die<br />
posturale Instabilität.<br />
Ein erfolgreiches Übungsprogramm enthielt<br />
die folgenden Komponenten: Gleichgewicht<br />
im ruhigen Stand, Pertubationstraining, antizipatorisches<br />
posturales Anpassen vor<br />
willentlichen Bewegungen sowie dynamische<br />
Gleichgewichtsübungen bei Bewegung.<br />
Übungen aus dem Tai Chi oder<br />
Tanzen konnten aufgrund der hohen Anforderungen<br />
an das Gleichgewicht ebenfalls als<br />
sehr effektiv eingestuft werden. Kurzfristig<br />
zeigten sich verbesserte Werte in Tests zur<br />
posturalen Instabilität.<br />
Diese Ergebnisse sind vielversprechend, da<br />
die posturale Instabilität nicht auf eine Therapie<br />
durch L-Dopa oder tiefe Hirnstimulation<br />
anspricht. Die signifikanten Effekte<br />
des Balancetrainings beruhen auf einem<br />
Übungsumfang von 2–4 Übungseinheiten<br />
pro Woche und einer Trainingsdauer von<br />
40–60 Minuten.<br />
Die Metaanalyse verdeutlicht die Bedeutung<br />
des Gleichgewichtstrainings zur Verringerung<br />
der postoralen Instabilität. Das stark<br />
erhöhte Sturzrisiko bei Morbus Parkinson<br />
steht in direktem Zusammenhang mit posturaler<br />
Instabilität. Physiotherapeutisches<br />
Training spielt daher eine bedeutsame Rolle<br />
zur Sturzprävention und Verbesserung von<br />
Bewegungsqualität bei Morbus Parkinson.<br />
Klamroth und Kollegen sprechen eine deutliche<br />
Empfehlung für das Gleichgewichtstraining<br />
von Parkinsonpatienten aus.<br />
Literatur<br />
Klamroth S., Steib S., Devan S., Pfeifer K. (<strong>2016</strong>).<br />
Effects of Exercise Therapy on Postural Instability<br />
in Parkinson Disease: A Meta-analysis. <strong>Journal</strong> of<br />
Neurologic Physical Therapy : 40 (1): 3–14.<br />
Körperliches Training bei Patienten nach einem Schlaganfall<br />
Michael Meyer<br />
L Neben der für gesunde ältere Menschen<br />
und auch Patienten allgemeinen Empfehlung,<br />
körperlich aktiv zu sein, existieren<br />
bereits Trainingsempfehlungen für Patientengruppen<br />
mit speziellen Erkrankungen<br />
wie dem Schlaganfall. Obwohl Training und<br />
körperliche Aktivität scheinbar generelle förderliche<br />
und positive Einflüsse haben, ist die<br />
Evidenz bezüglich der Wirksamkeit vieler Interventionen<br />
weiterhin unklar.<br />
Das primäre Ziel des systematischen Reviews<br />
von Saunders et al. (2013) ist es zu<br />
bestimmen, ob sportliches Training nach einem<br />
Schlaganfall das Sterberisiko senkt, den<br />
Grad der Abhängigkeit reduziert sowie das<br />
Ausmaß der körperlichen Behinderung verringert.<br />
Als sekundäres Ziel wurden die Trainingseffekte<br />
bezüglich körperlicher Fitness,<br />
Mobilität, körperlicher Funktion, Lebensqualität,<br />
Stimmung sowie des Auftretens<br />
von Nebenwirkungen untersucht.<br />
Entsprechend den Vorschriften der<br />
Cochrane Collaboration für die Erstellung<br />
eines Reviews wurden zunächst die Ein-/<br />
Ausschlusskriterien definiert, eine einheitliche<br />
Suchstrategie entwickelt und mit dieser<br />
Foto: Colourbox.de<br />
dann alle gängigen Datenbanken durchsucht.<br />
Es konnten so 45 Studien (2.188 Teilnehmer<br />
insgesamt: 995 Teilnehmer kardiorespiratorisches<br />
Training, 275 Teilnehmer<br />
Krafttraining, 918 Teilnehmer Mischform)<br />
eingeschlossen werden, die zwei voneinander<br />
unabhängige Reviewer sichteten und<br />
bewerteten.<br />
Das Fazit der Autoren lautet, dass kardiorespiratorisches<br />
Training die körperliche Behinderung<br />
von Schlaganfallpatienten reduziert,<br />
was vermutlich durch eine Verbesserung<br />
der Mobilität und des Gleichgewichts vermittelt<br />
wird. Es besteht ferner ausreichende<br />
Evidenz, dass kardiorespiratorisches Training<br />
und Gehen als eine Mischform von<br />
verschiedenen Trainingsformen besonders<br />
die Ganggeschwindigkeit sowie die Gangsicherheit<br />
verbessern, weshalb beides in<br />
der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten<br />
Anwendung finden sollte. Der Einsatz<br />
von Krafttraining zeigte hingegen nur eine<br />
unzureichende Evidenz in der Anwendung<br />
bei der Schlaganfallrehabilitation. Auch die<br />
Effekte hinsichtlich der Abhängigkeit der Patienten<br />
und der Sterblichkeit durch ein körperliches<br />
Training bleiben weiterhin unklar.<br />
Literatur<br />
Saunders D.H., Sanderson M., Brazzelli M., Greig<br />
C.A., Mead G.E. (2013):<br />
Physical fitness training for stroke patients. The<br />
Cochrane Database of Systematic Reviews 10:<br />
CD003316.<br />
Hast Du auch eine Studie, die interessant ist und die jeder kennen sollte?<br />
Dann schreibe eine Mail an folgende Adresse: kruft@dieFachwelt.de.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 49
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
§§ GESETZE §§<br />
Text:<br />
Anne Riethmüller<br />
Für viele Schüler und Studierende zählt das Fach »Berufskunde«<br />
nicht gerade zu den spannendsten Fächern in der Physiotherapieausbildung.<br />
Allerdings kann das Wissen über Regelungen<br />
und Gesetze für die spätere Arbeit sehr wichtig sein. In dieser<br />
Rubrik bekommt Ihr einen Einblick, welche Gesetze und Regelungen<br />
besonders relevant sind und was sie genau bedeuten.<br />
HEILMITTELVERORDNUNG<br />
Fotolia © vege<br />
Wie ist eine Heilmittelverordnung<br />
aufgebaut?<br />
VORDERSEITE<br />
Oben links:<br />
Angabe, ob Patient von der Zuzahlung befreit/nicht befreit<br />
ist (DMRZ, 2015).<br />
Oben:<br />
Versichertenangaben: Name, Adresse, Geburtsdatum, Versichertennummer<br />
des Patienten; Betriebsstättennummer<br />
und Arztnummer, Rezeptausstellungsdatum, Verordnung<br />
(Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb<br />
des Regelfalls), Behandlungsbeginn, Hausbesuch<br />
(ja/nein), Therapiebericht (ja/nein) (DMRZ, 2015).<br />
R Diese eben genannten Angaben werden alle vom Arzt ausgefüllt<br />
(DMRZ, 2015).<br />
Oben rechts:<br />
Auszufüllen am Ende aller Therapieeinheiten/Abrechnung des<br />
Rezepts: Institutionskennzeichen des Leistungserbringers,<br />
Gesamtzuzahlung/Gesamtbrutto; Heilmittelpositionsnummer;<br />
Wegegeldpauschale & Hausbesuch (nur<br />
bei Hausbesuch zu berücksichtigen); Rechnungsnummer<br />
und Belegnummer (DMRZ, 2015).<br />
Unten:<br />
Verordnungsmenge: richtet sich nach Heilmittelkatalog<br />
(IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Therapiemaßnahme: Es können zwei Heilmittel pro Rezept<br />
angegeben werden, wobei als zweites Heilmittel nur passive<br />
Maßnahmen, wie beispielsweise Elektrotherapie oder Fango,<br />
angegeben werden dürfen (HausMed, 2015).<br />
Therapiefrequenz: wöchentliche Anzahl der Behandlungen<br />
(IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Indikationsschlüssel: Es gibt vier Diagnosegruppen (Haus-<br />
Med, 2015). Jede hat eine Abkürzung, den sogenannten Indikationsschlüssel:<br />
Wirbelsäulenerkrankungen (WS1, WS2);<br />
Erkrankungen der Extremitäten (EX1 bis EX4); neurologische<br />
Erkrankungen (ZN1, ZN2, PN); Atemwegserkrankungen (AT1,<br />
AT2, AT3, GE); Erkrankungen des Lymphgefäßsystems (LY1,<br />
LY2, LY3) (HausMed, 2015).<br />
ICD-Code & wünschenswert: ausgeschriebene Diagnose<br />
(IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Unten rechts:<br />
Stempel und Unterschrift des Arztes<br />
(IntelliMed GmbH, 2015).<br />
RÜCKSEITE<br />
Mitte:<br />
Die entsprechende Therapiemaßnahme wird notiert und<br />
der Versicherte quittiert durch seine Unterschrift die empfangene<br />
Therapieleistung (DMRZ, 2015).<br />
R Für den Fall, dass die Therapie abgebrochen werden muss,<br />
sind im entsprechenden Begründungsfeld Abbruchdatum<br />
und -grund zu notieren (DMRZ, 2015).<br />
Unten rechts:<br />
Stempel der Physiotherapiepraxis und Unterschrift des<br />
behandelnden Therapeuten (DMRZ, 2015).<br />
Verordnungsregelungen<br />
R Grundsätzlich verordnet ein Arzt entsprechend der Diagnose<br />
des Patienten ein bestimmtes Heilmittel, beispielsweise<br />
Krankengymnastik (IntelliMed GmbH, 2015). Die<br />
Rezeptkosten (gesetzlich krankenversicherter Patient) übernimmt<br />
die entsprechende Krankenkasse, jedoch bezahlt<br />
der Patient eine Rezeptgebühr in Höhe von 10 Euro zuzüglich<br />
10 % der Behandlungskosten, die je nach Art und<br />
Menge der verordneten <strong>physio</strong>therapeutischen Maßnahme<br />
variieren (HausMed, 2015).<br />
R Im Allgemeinen muss eine <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung<br />
innerhalb von 14 Tagen beginnen (ab Rezeptausstel-<br />
50 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
lungsdatum) – es sei denn, der Arzt hat einen späteren<br />
Behandlungsbeginn ausdrücklich vermerkt (DMRZ, 2015).<br />
R Ein laufendes Rezept darf maximal 14 Tage mit entsprechenden<br />
Hinweisen unterbrochen werden. Falls der Patient/Therapeut<br />
wegen Krankheit/Urlaub das Intervall von<br />
14 Tagen nicht einhalten kann, sollte dies auf der Rückseite<br />
des Rezepts vermerkt und der Abstand ausnahmsweise<br />
überschritten werden (BIG direkt gesund, 2015).<br />
R Im Allgemeinen kann eine Folgeverordnung ausgestellt<br />
werden, wenn eine weitere Behandlung nach der Erstverordnung<br />
erforderlich wird (IntelliMed GmbH, 2015). Jedoch<br />
können nicht unzählige Folgerezepte abgerechnet werden,<br />
da für jede bestehende Diagnosegruppe eine Gesamtverordnungsmenge<br />
festgelegt ist (IntelliMed GmbH, 2015;<br />
HausMed, 2015). Nach »Ausschöpfung« der Gesamtverordnungsmenge<br />
muss ein behandlungsfreies Intervall von<br />
12 Wochen erfolgen. Erst danach kann eine Erstverordnung<br />
erneut ausgestellt werden (IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Verordnung außerhalb des Regelfalls<br />
Eine Verordnung außerhalb des Regelfalls kann ausgestellt<br />
werden, wenn im individuellen Einzelfall die Überschreitung<br />
der Gesamtverordnungsmenge (innerhalb des vorgeschriebenen<br />
therapiefreien Intervalls von 12 Wochen) notwendig wird<br />
(IntelliMed GmbH, 2015).<br />
R Hierfür müssen besondere Gründe vorliegen (IntelliMed<br />
GmbH, 2015). Auf dem Rezept muss der Arzt dementsprechend<br />
eine Begründung mit prognostischer Einschätzung<br />
vermerken (IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Achtung: Die Krankenkassen müssen vor dem Behandlungsbeginn<br />
eine Genehmigung erteilen (IntelliMed GmbH, 2015).<br />
Erst nach Eingang dieser Genehmigung darf mit der Therapie<br />
begonnen werden (IntelliMed GmbH, 2015). Die Genehmigung<br />
kann zeitlich befristet werden (HausMed, 2015).<br />
Es ist wichtig, dass Ihr die Vollständigkeit einer ärztlichen<br />
Verordnung vor Behandlungsbeginn überprüft und gegebenenfalls<br />
dem Arzt zur Korrektur gebt, damit die Krankenkasse<br />
die Rezeptkosten erstattet (HausMed, 2015).<br />
Literatur<br />
Becker eHealth GmbH (2015): Ärztliche Verordnung.<br />
Zugriff am 06.09.2015: http://www.hausmed.de/gesund-leben/<strong>physio</strong>therapie/aerztliche-verordnung.<br />
BIG-Direkt-gesund – BundesInnungskrankenkasse Gesundheit (2015): Heilmittel.<br />
Zugriff am 06.09.2015: https://www.big-direkt.de/leistungen/behandlungsunterstuetzende_leistungen/heilmittel/ faqs_heilmittel.html#anker9.<br />
DMRZ – Deutsches Medizinrechenzentrum GmbH (2015): Heilmittelverordnung richtig abrechnen und ausfüllen.<br />
Zugriff am 06.09.2015: http://www.dmrz.de/heilmittelverordnung-richtig-abrechnen-2013.html.<br />
IntelliMed GmbH (2015): Prinzip der Heilmittelverordnung.<br />
Zugriff am 06.09.2015: http://www.heilmittelkatalog.de/prinzip-der-heilmittelverordnung.html.<br />
IntelliMed GmbH (2015). Physikalische Therapie – Der Verordnungsvordruck.<br />
Zugriff am 06.09.2015: http://www.heilmittelkatalog.de/physikalische-therapie-der-verordnungsvordruck-67.html.<br />
Hervorragende Osteopathieausbildung<br />
auf höchstem Niveau.<br />
Deutsches<br />
OsteOpathie<br />
KOlleg DOK<br />
sie bekommen bei uns:<br />
- eine praxisorientierte 5-jährige berufsbegleitende<br />
Ausbildung (BAO anerkannt)<br />
- bei einem erfahrenen international renommierten<br />
Dozententeam (Osteopathen D.O., Ärzte)<br />
- über 20 Jahre Erfahrung in der Osteopathie-<br />
Ausbildung in Deutschland<br />
- über 35 Jahre Erfahrung in Kanada<br />
- eine individuelle, persönliche Betreuung<br />
sie sind:<br />
Physiotherapeut, Heilpraktiker, Arzt, oder Masseur<br />
mit MT-Ausbildung<br />
ausbildungsbeginn: im September<br />
Weiterbildung: Kurse in vielen osteopathischen<br />
Bereichen<br />
schulleitung: Philippe Druelle D.O.<br />
(Leiter des Kanadischen Schulverbands CEO)<br />
Deutsches Osteopathie Kolleg GmbH<br />
Anzengruberstraße 12<br />
83101 Rohrdorf<br />
Tel: +49 8032-98 89 19 13<br />
www.osteopathie-kolleg.com<br />
info@osteopathie-kolleg.com<br />
Wir freuen uns auf Ihren Anruf:<br />
Tel: +49 8032-98 89 19 13<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 51
FRISCH EINGETROFFEN<br />
»HELLER-SKRIPTE« ZUR<br />
PRÜFUNGSVORBEREITUNG<br />
Text: Nils Ahlandt<br />
Bücher, Lehr-Videos, CD-Roms, Lernkarten – heutzutage<br />
gibt es eine große Fülle an Informationsquellen.<br />
Aber woher weiß man eigentlich, welche sich zu kaufen<br />
lohnen?<br />
Auf genau diese Frage findet Ihr hier eine Antwort.<br />
In dieser Kolumne werden wir in jeder Ausgabe<br />
Bücher und Medien vorstellen, auf die das Wort<br />
»empfehlenswert« zutrifft.<br />
L Die Reihe der »Heller-Skripte« umfasst mittlerweile 9<br />
Bände. Der 1. Band wurde 2010 veröffentlicht. Seitdem wurden<br />
die einzelnen Skripte laufend überarbeitet und um Prüfungsfragen<br />
und Antworten ergänzt. Lieferbar sind aktuell<br />
folgende Skripte:<br />
Orthopädie • Physiologie • Chirurgie • Neurologie • Innere<br />
Medizin • Pädiatrie • Physik & Biomechanik • Gynäkologie &<br />
Geburtshilfe • Trainingslehre<br />
Die Autorin der Skripte, Anna Heller, machte in der Examensvorbereitung<br />
die Erfahrung, dass es speziell für die Physiotherapie<br />
Prüfungsvorbereitung keine geeignete Fachliteratur<br />
gab. Sie lernte aus folgenden Quellen: aus ihren eigenen<br />
Unterrichtsmitschriften, aus Fachbüchern und aus Dozentenskripten.<br />
Aus diesen drei Quellen fasste sie die wichtigsten<br />
Inhalte kurz und knapp zusammen. Mit ihren eigenen Zusammenfassungen<br />
bereitete sie sich dann auf die Prüfungen vor.<br />
Viele Ihrer Mitschüler waren beeindruckt von der Genauigkeit<br />
und Struktur der »Skripte«. Daraus entstand die Idee, die<br />
Zusammenfassungen auch anderen Schülern und Studenten<br />
zugänglich zu machen. Ein Vertriebspartner für die Skripte war<br />
schnell gefunden und die Erstauflagen wurden nach einem<br />
gründlichen Fachlektorat 2010 gedruckt. Die Resonanz der<br />
Schulen und Schüler auf das Erscheinen der Skriptenreihe war<br />
enorm. Viele Dozenten, die die Skripte kritisch prüften, schickten<br />
Anna konstruktive Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen.<br />
In jeder Neuauflage wurden diese Rückmeldungen<br />
eingearbeitet. Besonders erwähnenswert sind die vielen Prüfungsfragen,<br />
die Anna von (ehemaligen) Schülern zugeschickt<br />
bekam. In jedem Skript wurden die Prüfungsfragen am Kapitelende<br />
eingearbeitet (natürlich auch mit einem direkt darauf<br />
folgenden Antwortteil).<br />
Die Fragen bzw. die Beantwortung haben zwei Funktionen:<br />
1. Wiederholung des Stoffes und 2. Prüfungsvorbereitung.<br />
Anna ging es so, dass sie Texte las und auch verstand, aber<br />
Schwierigkeiten hatte, die Kernaussage in einer Prüfung auf<br />
den Punkt bringen. Die Fragen und Antworten stellen eine<br />
hilfreiche Lernhilfe da, um für die Prüfungssituation optimal<br />
vorbereitet zu sein.<br />
Inhaltlich wurden die Skripten nach dem bundesweit geltenden<br />
Curriculum des ZVK (Zentraler Verband der Krankengymnasten,<br />
heute »<strong>physio</strong>-Deutschland«) gegliedert.<br />
Die Skripte sind nicht im Buchhandel erhältlich sondern ausschließlich online unter:<br />
www.dieFachwelt.de<br />
Der Preis je Skript beträgt € 9,–.<br />
Im Set kosten alle Skripte zusammen € 72,90 (+ dazu gibt es gratis den »KeepCup« Kaffeebecher).<br />
52 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Dein Artikel im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>!<br />
MITMACHEN & GEWINNEN<br />
Sei es eine Hausarbeit, eine Bachelor-Thesis oder auch ein Artikel über Deine Schule,<br />
Du kannst ihn uns zuschicken und Teil dieser Zeitschrift werden.<br />
Haben wir Dein Interesse geweckt oder hast Du noch Fragen? Dann sende eine Mail an:<br />
kruft@dieFachwelt.de<br />
Wir freuen uns auf Deine Ideen!<br />
MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!<br />
Manuelle Lymphdrainage<br />
in Zusammenarbeit mit der Feldbergklinik Dr. Asdonk<br />
Anerkannt durch die Krankenkassen!<br />
(Der Kurs wird bei entsprechender Voraussetzung von der Arbeitsagentur nach AZAV gefördert!)<br />
Wir bieten Ihnen u. a.<br />
• P atientenvorstellung durch Arzt bzw. Fachlehrer<br />
• Intensi ve praxisbezogene “Klinische Tage”<br />
• B ehandlung von Patienten unter Supervision<br />
• U nterrichtsbezogenes ausführliches Lehrmaterial<br />
Fachlehrer: Joachim Diestmann und Team<br />
Physiotherapeut, Dipl. med. Pädagoge, Fachlehrer für Lymphdrainage und Ödemtherapie seit 1982<br />
Ödemzentrum Feldberg/St. Blasien GmbH & Co. Lehrinstitut KG Joachim Diestmann<br />
Gallusstraße 11 • 79843 Löffingen • Tel: (07654) 808 434 • Fax: (07654) 808 436<br />
Internet: www.oedemzentrum.de • E-Mail: kontakt@oedemzentrum.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 53
AUTOREN<br />
Die Autoren dieser Ausgabe:<br />
Florian Hockenholz<br />
Verena Gesing<br />
Friederike Keifel<br />
Noemi Hagemann<br />
BFS Bayreuth<br />
Klaus Stechmann<br />
Wiebke Meisgeier<br />
Lina Wirtz<br />
Silke Wolf<br />
Susanne Klotz<br />
Sarah Klamroth<br />
Michael Meyer<br />
Anne Riethmüller<br />
Anna Heller<br />
Stephan Kruft<br />
54 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />
Datum Veranstaltung Ort Internet<br />
MAI<br />
03.05.–04.05.<strong>2016</strong> 11. Kongress für Gesundheitsnetzwerker Berlin www.gesundheitsnetzwerker.de<br />
03.05.–06.05.<strong>2016</strong> OTWorld Leipzig www.ot-world.com<br />
20.05.–21.05.<strong>2016</strong> 40. Fortbildungstagung der Bobath Vereinigung Berlin www.bobath-vereinigung.de<br />
25.05.–28.05.<strong>2016</strong> 29. Jahrestagung der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie e. V. Hamburg www.dmgp-kongress.de<br />
JUNI<br />
08.06.–10.06.<strong>2016</strong> Hauptstadtkongress Berlin www.hauptstadtkongress.de<br />
08.06.–10.06.<strong>2016</strong><br />
48. Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin<br />
und Notfallmedizin und der Österreichischen Gesellschaft für Internistische und Allgemeine<br />
Intensivmedizin und Notfallmedizin<br />
Berlin<br />
09.06.–11.06.<strong>2016</strong> 23. Jahreskongress der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) Bremen www.<strong>2016</strong>.dvse-kongress.de<br />
11.06.<strong>2016</strong> 5. Deutsches McKenzie Symposium Berlin www.mckenzie.de/symposium<br />
12.06.–15.06.<strong>2016</strong> 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) Frankfurt/Main www.dgnc.de<br />
16.06.–17.06.<strong>2016</strong> Kongress Problem-based Learning Zürich (CH) www.pbl<strong>2016</strong>.ch<br />
16.06.–18.06.<strong>2016</strong><br />
31. Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin<br />
(GOTS)<br />
München<br />
www.gots-kongress.org<br />
17.06.–18.06.<strong>2016</strong> Physioswiss Congress Basel (CH)<br />
www.<strong>physio</strong>swiss.ch/<strong>physio</strong>swisscongress<br />
25.06.<strong>2016</strong> Interdisziplinäre ALS-Fortbildung für Therapeuten Würzburg<br />
JULI<br />
04.07.–08.07.<strong>2016</strong> EUROPEAN Summer School in Evidence-Based Public Health (EBPH) München<br />
04.07.–15.07.<strong>2016</strong><br />
SEPTEMBER<br />
Summer School »Assistive Technology in Physiotherapy and Rehabilitation: From<br />
Wheelchairs to Robotics«<br />
Utrecht (NL)<br />
05.09.–09.09.<strong>2016</strong> 2. International Summer School »Physical activity promotion in Physiotherapy« Winterthur (CH)<br />
07.09.–10.09.<strong>2016</strong> 11. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Leipzig www.palliativkongress.de<br />
08.09.–10.09.<strong>2016</strong> Physiotherapy Summer School Leuven (B)<br />
17.09.<strong>2016</strong> 2. Juniorenkongress Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland Köln<br />
07.09.–10.09.<strong>2016</strong> Gerontologie und Geriatrie Kongress <strong>2016</strong> Stuttgart<br />
22.09.–24.09.<strong>2016</strong> Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie Frankfurt/Main http://dgh-kongress.de/<br />
28.09.–01.10.<strong>2016</strong> Rehacare Düsseldorf www.rehacare.de<br />
30.09.–01.10.<strong>2016</strong><br />
OKTOBER<br />
Frankfurt/Main<br />
19.10.–22.10.<strong>2016</strong> Deutscher Schmerzkongress Mannheim http://schmerzkongress<strong>2016</strong>.de/<br />
20.10.–21.10.<strong>2016</strong> 15. Europäischer Gesundheitskongress München http://gesundheitskongress.de/<br />
21.10.–22.10.<strong>2016</strong> Bundeskongress Physiotherapie »Physiotherapie mit Hand und Fuss« Radebeul<br />
Gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention<br />
und der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
www.bundeskongress-<strong>physio</strong>therapie.de<br />
25.10.–28.10.<strong>2016</strong> Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie DKOU Berlin http://dkou.org<br />
27.10.<strong>2016</strong> Tagung Gesundheit und Technologie – eHealth in Interaktionen Bochum<br />
Quellen Veranstaltungskalender<br />
– AWMF – Kongresskalender, AWMF online Das Portal der wissenschaftlichen Medizin,<br />
http://www.awmf.org/service/kongresskalender.html<br />
– Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.,<br />
http://www.ebm-netzwerk.de/ebm-events/kalender<br />
– Physio Deutschland Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V.,<br />
http://www.<strong>physio</strong>-deutschland.de/bundesverband/fachkreise/veranstaltungen.html<br />
– PT – Portal für Physiotherapeuten, https://www.<strong>physio</strong>therapeuten.de/termines/<br />
– Thieme.de Themenwelten Physiotherapie, Thieme Verlag,<br />
https://www.thieme.de/de/<strong>physio</strong>therapie/<strong>physio</strong>termine-30453.htm<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 55
AUSBLICK<br />
<strong>physio</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
DAS ERWARTET EUCH<br />
IN DER 10. AUSGABE<br />
TITELTHEMA: TRIGGERPUNKTTHERAPIE<br />
Triggerpunkte<br />
Hintergründe über Triggerpunkte und deren Behandlung<br />
Wissenschaftlicher Hintergrund<br />
Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es im Bereich der Triggerpunkttherapie?<br />
Fallbeispiel »Triggerpunkte«<br />
Vorstellen einer Triggerpunkttherapie anhand eines Fallbeispiels<br />
Diagnostik<br />
Was ist eigentlich ein Blutbild?<br />
Weiteres:<br />
Studienzusammenfassungen<br />
Muskelplakat<br />
Assessments<br />
Prüfungsfragen<br />
Veranstaltungskalender<br />
… und vieles mehr<br />
56 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
Bestellung exklusiv<br />
online unter<br />
www.dieFachwelt.de<br />
Günstige Mengenpreise!<br />
Winkelmesser ab € 2,95<br />
Maßband ab € 1,95
www.dieFachwelt.de<br />
Die Onlinebuchhandlung für<br />
Physiotherapeuten<br />
Unsere besonderen Serviceangebote<br />
Stellenmarkt<br />
Bei uns suchen Praxen und Kliniken gezielt nach Berufseinsteigern. Der Physio-Stellenmarkt<br />
online unter: www.dieFachwelt.de<br />
Sammelbestellungen<br />
Gerne helfen wir bei der Organisation von Sammel- und Klassensatzbestellungen.<br />
Fachweltpreise<br />
Unsere Exklusivausgaben bieten wir zu besonders günstigen<br />
Schüler- und Studentenpreisen an. Nur bei uns online unter:<br />
www.dieFachwelt.de<br />
Zahlarten<br />
Um eine einfache und sichere Zahlungsabwicklung zu<br />
gewähren, können Sie bei uns per Rechnung, Kreditkarte,<br />
Lastschrift oder PayPal bezahlen.<br />
Ratenkauf<br />
Exklusiv für Schüler und Studenten besteht die Möglichkeit<br />
ohne Zusatzkosten und Zinsen ab € 100,– Bestellwert<br />
den Bücherkauf per Ratenzahlung (6, 9 oder 12<br />
Raten) zu begleichen.<br />
Sendungsverfolgung<br />
Im persönlichen Kundenkonto können Sie jederzeit den aktuellen<br />
Lieferstatus ihrer Sendung abrufen und per DHL-Sendungsverfolgung<br />
den genauen Zustellungstermin erfahren.<br />
www.dieFachwelt.de ∙ info@dieFachwelt.de