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ADA journal - ADA-Aktive Diabetiker Austria

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Intensive Forschung gegen die noch immer unheilbare Krankheit Diabetes bleibt weiterhin notwendig. Foto: © Shutterstock / Radu Razvan<br />

Rotes Fleisch schmeckt gut und ist gefährlich<br />

Weiter forschen!<br />

Metformin schützt vor Gefäßschäden und therapiebedingten Krebserkrankungen.<br />

Es wirkt vielleicht sogar gegen die Alzheimer Krankheit.<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Herr Univ.-Prof. Dr.<br />

Michael Roden, Sie sind wissenschaftlicher<br />

Vorstand des Deutschen Diabetes<br />

Zentrums in Düsseldorf und international<br />

renommierter Experte für Stoffwechselerkrankungen.<br />

Bei der Jahrestagung der<br />

Österreichischen Diabetes Gesellschaft<br />

in Salzburg haben Sie berichtet, dass<br />

die Wurzeln einer manifestierten Zuckerkrankheit<br />

schon eineinhalb Jahrzehnte vor<br />

ihrem sichtbaren Ausbruch zu finden sind.<br />

Wie kann man die Gefährdung tatsächlich<br />

frühzeitig erkennen?<br />

Prof. Roden: Der Hinweis auf das Vorliegen<br />

eines gestörten Glukosestoffwechsels<br />

bereits lange vor dem manifesten<br />

Auftreten der Erkrankung ist nicht ganz<br />

neu, aber erst durch die neuen Ergebnisse<br />

aus der Whitehall II Studie nachgewiesen.<br />

Neben bereits gering höheren Blutglukosewerten,<br />

sowohl nüchtern als auch im<br />

OGTT, fiel eine deutliche Insulinresistenz<br />

auf, während die Insulinsekretion kompensatorisch<br />

höher war. Die Insulinresistenz<br />

bleibt also die wesentliche Störung,<br />

die der Erkrankung weit vorausgeht.<br />

Zuerst sind es die klassischen Risikofaktoren<br />

für Insulinresistenz – höheres Alter,<br />

männliches Geschlecht und zunehmende<br />

Körper(fett)masse –, die die Früherkennung<br />

erleichtern. Das spezifische (individuelle)<br />

Risiko zu erkennen, erfordert<br />

weitere Maßnahmen. Diabetes-Genscreening<br />

ist derzeit nicht hilfreich. Wesentlich<br />

besser bewähren sich Risikotests wie der<br />

Deutsche Diabetes Risikotest, der das<br />

individuelle Risiko anhand von weiteren<br />

Faktoren erhebt. Besonders Bluthochdruck<br />

und eine Kost reich an rotem<br />

Fleisch und arm an Vollkornprodukten<br />

erhöhen das Diabetesrisiko drastisch.<br />

Dieser Test sollte für die gezielte Vorsorgeuntersuchung<br />

Anwendung finden, da er<br />

auch ohne Blutabnahme und Labortests<br />

treffsicher ist (siehe auch Joost, Fritsche,<br />

Häring, Pfeiffer, Roden, Schulze. Dtsch<br />

Ärztebl 107:A600, 2010).<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Wie soll der Stoffwechsel<br />

bei Diabetes eingestellt werden und mit<br />

welchen Medikamenten bzw. Wirkstoffen?<br />

Prof. Roden: Die Einstellung des<br />

Glukosestoffwechsels zielt in erster Linie<br />

auf die Vermeidung von Retinopathie,<br />

Nephropathie und Neuropathie ab, die<br />

bei HbA 1c<br />

Werten von weniger als 7 %<br />

weitestgehend gegeben ist. Bezüglich<br />

sogenannter makrovaskulärer Folgen wie<br />

Herzinfarkt und Schlaganfall scheint eine<br />

frühzeitige intensivierte Therapie langfristig<br />

von Vorteil zu sein.<br />

■ Langzeitfolgen bremsen<br />

Versuche einer abrupten HbA 1c<br />

Senkung<br />

bei PatientInnen, die schwer einstellbar<br />

sind und/oder bereits Spätfolgen aufweisen,<br />

haben sich bisher nicht bewährt bzw.<br />

sind sogar nachteilig. In diesen Fällen ist<br />

die Blutdruck- und Cholesterinsenkung<br />

sicher vorrangiges Therapieziel. Das heißt,<br />

die Blutglukosesenkung sollte mit Bedacht<br />

und mehr individualisiert durchgeführt<br />

werden.<br />

Mittel der ersten Wahl ist und bleibt Metformin,<br />

das offenbar neben der Senkung<br />

von makrovaskulären Folgen auch mit geringerer<br />

Karzinomhäufigkeit assoziiert ist<br />

und nach einer ganz neuen Studie sogar<br />

dem Morbus Alzheimer entgegenwirken<br />

könnte.<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Welche dieser Medikamente<br />

sind schon länger in Verwendung,<br />

und welche sind neu und noch wenig<br />

erprobt?<br />

Prof. Roden: Abgesehen von Human-<br />

Insulinpräparaten sind Metformin, Sulfonylharnstoffe<br />

und Glukosidasehemmer<br />

(Acarbose) schon lange in Verwendung<br />

und erprobt. Zu diesen Wirkgruppen liegen<br />

auch einige Langzeitstudien vor. Unter<br />

den Studien mit Glitazonen ist lediglich die<br />

Proactive (Pioglitazon) Studie mit gewissem<br />

Erfolg zu beurteilen. Für Gabe von<br />

Gliniden konnte in der groß angelegten<br />

Navigator (Nateglinide) Studie kein Vorteil<br />

gefunden werden. Für sämtliche neueren<br />

Wirkstoffgruppen, seien es die bereits<br />

zugelassenen Inkretinmimetika, Liraglutide<br />

und Exenatide oder DPPIV-Hemmer,<br />

liegen keine Langzeitstudien vor.<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Wie lange dauert die<br />

Entwicklung und Erprobung neuer<br />

Medikamente, welchen Nutzen bringen<br />

und welche Gefahren bergen sie?<br />

Prof. Roden: Die Entwicklung neuer<br />

Therapieformen kann Jahre erfordern,<br />

wird durch neue Methoden zwar rascher,<br />

aber die Wirksamkeit und Sicherheit in<br />

der Anwendung am Menschen bleibt<br />

aufwendig.<br />

■ Aufwendige Forschung<br />

Die Erforschung neuer Medikamente<br />

bleibt nach wie vor ein vordringliches<br />

Ziel, da der Typ 2 Diabetes derzeit nicht<br />

heilbar ist und auch die Spätfolgen nicht Prof. Roden: Erforschung neuer Medikamente<br />

weiterhin vordringlich. Foto: privat<br />

komplett verhindert werden können.<br />

Besonders wichtig ist die Entwicklung von<br />

individualisierten Therapien für spezielle<br />

Patienten- und Risikogruppen. Die Rahmen von Studien empfohlen werden.<br />

Gefahren sind neben überschießender Dies gilt, weil die meisten der neuen<br />

Blutglukosesenkung auch andere „systemische“<br />

Nebenwirkungen auf den Körper, geringe Vorteile gegenüber den erprobten<br />

Therapieformen zur Blutglukosenkung nur<br />

die oft nicht leicht aus der Entwicklung Medikamenten aufweisen. Eine Ausnahme<br />

– mit Einschränkungen – könnten jene<br />

abzuschätzen sind.<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Welchen PatientInnen Therapieformen darstellen, die zu einer<br />

sollen neu entwickelte Medikamente empfohlen<br />

werden?<br />

<strong>ADA</strong> Journal: Danke, Herr Professor,<br />

nachhaltigen Gewichtsreduktion führen.<br />

Prof. Roden: Neu entwickelte Medikamente<br />

sollten bis zur Veröffentlichung von<br />

für das Gespräch.<br />

Langzeit-Wirkungen und Nebenwirkungen<br />

Das Interview mit<br />

nur bei Gegenanzeige für die erprobten<br />

Univ..Prof. Dr. Michael Roden führte<br />

Medikamente, auf eigenes Risiko oder im <strong>ADA</strong> Journal-Chefredakteur Richard Andraschko<br />

Neue Medikamente vielleicht auch sinnvoll für die Dicken. Foto: © Shutterstock / PeJo<br />

<strong>ADA</strong><strong>journal</strong> 02/2011 08 09<br />

<strong>ADA</strong><strong>journal</strong> 02 / 2011

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