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Das kostenlose Veranstaltungsmagazin für Lesben, Schwule und Transgender in Schleswig-Holstein
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Chinatown an der Elbe.<br />
LITERATUR<br />
02.2010<br />
HAJO 14<br />
Chinatowns? Sind ein Begriff. Den wir allerdings nicht unbedingt mit<br />
Sankt Pauli, Wirtschaftskrise und rechtsgerichteter Fremdenfeindlichkeit<br />
in Verbindung bringen würden. Aber genau all das gehört sozusagen<br />
zum ‚Ambiente‘ von Teresa Vaneks neuem Roman ‚Chinatown‘.<br />
(nb) - Hamburg, Ende der Zwanziger-, Anfang<br />
der Dreißigerjahre<br />
des vorigen Jahrhunderts:<br />
In der Hafengegend<br />
leben chinesische<br />
Einwanderer in einem<br />
‚eigenen‘ Viertel, unter<br />
ihnen auch die illegal ins<br />
Land gebrachte Prostituierte<br />
Mai Ling. Vor der<br />
Garküche eines Landsmannes<br />
bemerkt sie immer<br />
wieder eine junge<br />
rothaarige Frau, Alexandra,<br />
die nicht nur wegen<br />
ihrer<br />
lesbischen<br />
ihre<br />
augenscheinlich<br />
Begleiterin<br />
Aufmerksamkeit<br />
erregt. Als Mai Ling von<br />
einem<br />
gewalttätigen<br />
Freier schwer verletzt wird, nimmt Alexandra<br />
sie auf Bitten einer sozial engagierten<br />
Freundin bei sich auf, allerdings höchst<br />
widerwillig - zunächst …<br />
Die beiden Frauen lernen sich nun zwangsläufig<br />
näher kennen, und Alexandra fragt<br />
sich zunehmend, wie diese so kluge, stolze,<br />
westlich erzogene Frau in die Hände eines<br />
Zuhälters geraten konnte. Und ob es für<br />
Mai Ling eine realistische Chance gibt, der<br />
Prostitution zu entrinnen. Behördenhilfe<br />
in Anspruch zu nehmen, scheidet als Möglichkeit<br />
gänzlich aus: Ohne Papiere würde<br />
die Chinesin in ihre Heimat zurückgeschickt<br />
werden, wo ihr ein noch unwürdigeres<br />
Dasein bevorstünde.<br />
Bliebe also nur ein<br />
Weg fern der Legalität,<br />
schwierig und nicht ungefährlich<br />
…<br />
Wer schon Teresa Vaneks<br />
‚Schwarze Seide‘ gelesen<br />
hat und nun ‚Chinatown‘<br />
zur Hand nimmt,<br />
erwartet vermutlich ein<br />
Buch jenseits gängiger<br />
Lesbenliteratur, das mit<br />
einer nicht alltäglichen<br />
Begebenheit vor authentischem<br />
Hintergrund niveauvolle<br />
Unterhaltung<br />
bietet – und wird diese<br />
Erwartungen voll bestätigt<br />
finden!<br />
Recherche und schriftstellerische Freiheit<br />
gehen hier eine ausgesprochen fruchtbare<br />
Symbiose ein, führen den Leserinnen<br />
spannend die Schwächen vermeintlich<br />
starker Frauen einerseits, die unglaubliche<br />
Stärke schwacher Frauen andererseits vor<br />
Augen und vermitteln ganz nebenbei ein<br />
lebendiges Stück Zeit- und Kulturgeschichte.<br />
Sehr zu empfehlen!<br />
i Chinatown, Roman von Tereza Vanek,<br />
Ulrike Helmer Verlag, 2009.