RIS/PACS-Investitionen: - Medizin-EDV

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Dr. Marco Eichelberg, OFFIS – Oldenburger F&E-Institut für Informatik-Werkzeuge und -Systeme: „Als würde man ein Auto kaufen und sich damit zufrieden geben, dass es ‚einen Motor‘ hat, ohne sich um Details wie Bauart, Hubraum, Leistung oder Verbrauch zu kümmern.“ 12 02/ 2005 TITELSTORY werden können (sollten). „Diese Erkenntnis hat sich aber noch nicht sehr stark in den Kliniken durchgesetzt.“ Jörg Mül- Jörg Müller, Leiter der Stabsler von den abteilungDatenverarbei- Städtischen tung/Medizininformatik Kliniken Städtische Kliniken Frank- Frankfurt am furt am Main–Höchst : Main-Höchst „Wenn schon von Prozess- glaubt, dass orientierung und Klinischen nur wenige Behandlungspfaden geKrankenhäusprochen wird, sollte man ser, die noch dies bei neuen Projekten kein RIS/PACS auch b erücksichtigen.“ einsetzen, auch schon entsprechendes Know-how dafür besitzen. „Dies gilt für die IT-Abteilungen ebenso wie für den Endanwender.“ In einem Sollk onzept sollten deshalb auch die notwendigen Ausbildungs- und Schulungsmaßnahmen für alle Beteiligten enthalten sein, da sie erhebliche Auswirkungen auf den zeitlichen Ablauf und die Akzeptanz eines Projektes haben. IT ebenso wie Endanwender sind mit dem Know-how für die elektronische Bilddatenverarbeitung offenbar nicht optimal vorbereitet. Edgar Wippel sieht es in Abhängigkeit vom fachlichen Hintergrund der Verantwortlichen. „Die wirklichen Probleme sollten im V orfeld durch ein Pflichtenheft beschrieben sein, dass setzt allerdings voraus, dass man diese auch erkennt“, meint er. Ganz eindeutig vermisst EDV-Leiter Friedhelm Brinkmann das nötige Know-how für die elektronische Bilddatenverarbeitung bei Mitarbeitern der Radiologie, der EDV und beim Anwender auf der- Station. „Woher sollen sie es auch haben, wenn sie noch keine Erfahrung (woanders) gesammelt haben?“, fragt er. Erfahrene Mitarbeiter in der IT mit Projekt- und Schnittstellenerfahrungen können aber nach Ansicht des Stuttgarter EDV-Experten dennoch solche Projekte erfolgreich managen. „Gute Projektpläne, QM-Sys- teme, gute Schulung und Betreuung können das kompensieren“, ist er optimistisch. „Optimal sind sicher auch Berater, die nicht nur Ausschreibungen betreuen und theoretisch bewandert sind, sondern Projekterfahrung haben und ‚vor Ort‘ sind.“ Der oftmals fehlende fachliche Einblick überrascht kaum, wenn Dr . Marco Eichelberg vor Augen führt, was etwa der Radiologe unbedingt von DICOM-Strukturen wissen muss. „Es ist wichtig zu verstehen, dass der DI- COM-Standard aus verschiedenen Bausteinen (Netzwerkdiensten und Optionen) aufgebaut ist, die in verschiedener Weise miteinander kombiniert werden können“, erläutert der Experte von OFFIS – Oldenburger F&E-Institut für Informatik-Werkzeuge und -Systeme (www.offis.de). Der DICOM- Standard enthält keine Vorschriften darüber, welche Dienste und Optionen denn für eine bestimmte Gerätekategorie, sei es ein bildgebendes System, ein PACS oder RIS, sinnvoll oder notwendig wären. Dies bleibt den Herstellern medizintechnischer Geräte und natürlich auch den Kunden überlassen, die im Rahmen einer Ausschreibung bestimmte DICOM-Leistungsmerkmale fordern können. Es reicht daher nicht aus, bei der Ausschreibung eines neuen Geräts einfach nur eine „DICOM-Schnittstelle“ zu verlangen. „Dies ist“, illustriert Marco Eichelberg, „als würde man ein Auto kaufen und sich damit zufrieden geben, dass es ‚einen Motor‘ hat, ohne sich um Details wie Bauart, Hubraum, Leistung oder V erbrauch zu kümmern.“ Regelwerk über DICOM-Schnittstellen ist Pflichtlektüre Es ist seiner Auffassung nach nicht ausreichend bekannt, welche DICOM- Leistungsmerkmale es eigentlich gibt, welche von diesen absolut notwendig sind, um Systeme in den radiologischen Arbeitsablauf integrieren zu können, und welche Merkmale eher nette „Extras“ darstellen, die für manchen Anwender wichtig, für manchen aber auch überflüssig sein können. Marco Eichelberg verweist auf die Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie das detaillierte Regelwerk der IHE-Initiative („Integrating the Healthcare Enterprise“). Sie liefern an diesem Punkt eine wichtige Hilfestellung. „Sie sollten überall dort, wo eine Beschaffung von Geräten mit DICOM-Schnittstellen ansteht, eine ‚Pflichtlektüre‘ sein“, lautet seine Empfehlung. Große finanzielle Einsparungen sind nicht zu erwarten Bei dem enormen technischen organisatorischen und personellen Aufwand ist naheliegend zu fragen, wann sich die PACS-Investition wirklich amortisiert. Antworten sind nicht leicht zu finden. Weiterhin herrschen bei vielen Kunden immer noch Zweifel über die tatsächlichen Vorteile, die PACS-Lösungen und -Dienste bringen können. „Je nachdem, auf welcher Seite man steht, werden die Investitionen und auch die Folgekosten unterschätzt oder auch schön gerechnet“, weiß Jörg Müller aus Frankfurt am Main. Allein das Argument, konventionelle Mittel würden in großen Mengen eingespart, reicht für eine reale Kosten- Nutzenbetrachtung und die Investitionsplanung nicht aus. Zweifellos treffe dies sicher auch zu und es könnten damit erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden. Seiner Meinung nach rechnen sich Investitionen langfristig in Form von verbesserten Arbeitsabläufen, Vermeidung von Suchvorgängen, Steigerung der Behandlungsqualität und besserer integrierter Versorgung. „Unter Berücksichtigung aller Kostenfaktoren sind große finanzielle Einsparungen aber nicht zu erwarten“, holt der Leiter der Stabsabteilung Datenverarbeitung / Medizininformatik allzu euphorische Gemüter auf den Boden der Tatsachen zurück. Sein EDV-Leiter-Kollege aus Stuttgart, Friedhelm Brinkmann, sieht auf der einen Seite Filmkosten entfallen und Möglichkeiten, die Organisa-
tion zu straffen. Auf der anderen Seite rechnet er die W artungsgebühren für die Systeme wie PACS und RIS, an den Schnittstellen für Schnittstellenserver und Befundungsmonitore ein, die stark auch von den vereinbarten Servicelevels (Servicezeiten und Reaktionszeiten ) sowie Garantiedauern abhängen. „Hier gilt es ein Optimum zu finden in Bezug auf Ausfallsicherheit, Wiederherstellungszeit, Ausfallkonzept und Bezahlbarkeit“, betont der Praktiker. Edgar Wippel meint weniger skeptisch, häufig rechne sich ein PACS schon durch die Filmeinsparung. „Grundsätzlich wird diese ROI-Rechnung aber zu opti mistisch gesehen, eben weil die laufenden Kosten unterschätztwerden. Dazu zählt der Experte aus Görlitz in erster Linie den Aufwand, der für die Integration Edgar Wippel, Geschäfts- zu betreiben führer der -apparet- EDV- ist. Die InteundOrganisationsberagrationskostentung im Gesundheitswe- für ein solches sen: „Im Idealfall hat man komplexes ein entspanntes Verhältnis System seien zu den Lieferanten.“ häufig am Anfang nicht mit kalkuliert. Häufig gehen die Anwender von dem Trugschluss aus, sie würden es allein schaffen, die verschiedenen DICOM-Conformance- Statements zu interpretieren. „Dieses Verfahren ist sehr aufwändig, besonders wenn es gilt, die Geräte mehrerer Anbieter an ein PACS anzubinden“, merkt Wippel an. In Folge davon müsse oft nachträglich externes Know-how teuer eingekauft werden. Fehlschläge statt Unterstützung bei KIS- und PACS-Anbietern Der wirkliche Nutzen von RIS/PACS-Lösungen liegt in der stän- digen Verfügbarkeit der Textbefunde und der Bilder aller bildgebenden Verfahren für die behandelnden Fachkräfte aus der Medizin und Pflege. Dies ist wiederum nur durch eine angemessene, leistungsfähige und hoch verfügbare IT-Infrastruktur zu realisieren. „Manchmal muss eine vorhandene Infrastruktur angepasst und aufgerüstet werden. Ein leistungsfähiges, performantes und redundantes Netzwerk spielt dabei die „tragende“ Rolle und ist somit ein wichtiger Erfolgsfaktor“, weiß Jörg Müller. Zwar lässt sich bei der IT- Infrastruktur grundsätzlich über Schnittstellen alles andocken. „Allerdings ist der Unterstützungswille der KIS- und PACS- Anbieter häufig nicht sehr ausgeprägt, wenn diese den Eindruck haben, es geht ihnen ein möglicher Umsatz verloren“, kritisiert Edgar Wippel die häufigen Lippenbekenntnisse der Anbieter zu Offenheit und Transparenz. Fehlschläge bei PACS-Einführungen führen bei Beratern zu Denkanstößen. Als zwei Hauptgründe für eine misslungene PACS-Einführung kennt Edgar Wippel „die Ignoranz und Beratungsresistenz“. Für IT-Leiter Jörg Müller aus Frankfurt-Höchst hat es bei Bruchlandungen an einem profunden Leistungsverzeichnis sowie an einem ausführlichen Projektplan gefehlt. Mangelnde Investitionsplanung und das Sparen am falschen Ende tragen ebenfalls zum Misslingen bei. Der IT-Experte betont, dass die Verantwortlichkeiten auf der Fachabteilungsseite oft nicht eindeutig geregelt sind. Schließlich gibt es keinen verantwortlichen Projektleiter, der ausreichend freigestellte Projektmitarbeiter zur Verfügung hat. Mangelnde Vertragsgestaltung und unzureichende Schulungsmaßnahmen bringen das Fass nicht selten zum Überlaufen. ��
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