Psychodynamische Grundhaltung in der ... - Rudolf-heltzel.de
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h<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t sie daran zu erkennen, das ihr behan<strong>de</strong>ln<strong><strong>de</strong>r</strong> Psychiater e<strong>in</strong>e Mischung<br />
aus bei<strong>de</strong>m ist (also „sowohl-als-auch“), und daß er darüberh<strong>in</strong>aus selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Kontext mit bestimmten Rollenaufträgen arbeitet, <strong>de</strong>n er akzeptieren und<br />
mit <strong>de</strong>m er <strong>in</strong> möglichst beständiger Selbstreflektion umgehen muß. Gel<strong>in</strong>gt ihm<br />
dies e<strong>in</strong>igermaßen gut, so ist er se<strong>in</strong>en Patienten auch e<strong>in</strong> Mo<strong>de</strong>ll für die<br />
schwierige Integration von Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlichem und für die lebenslange Aufgabe,<br />
Kompromisse e<strong>in</strong>zugehen und von I<strong>de</strong>alansprüchen Abschied zu nehmen. -<br />
Dabei en<strong>de</strong>t psychodynamisches Verstehen ke<strong>in</strong>eswegs, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissar<br />
von Dienst angerufen wer<strong>de</strong>n muß. Im Gegenteil - gera<strong>de</strong> bei Zwangse<strong>in</strong>weisungen<br />
und vergleichbaren Krisensituationen verdichten sich geme<strong>in</strong>sam gestaltete<br />
Beziehungs - Szenen oft beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s prägnant (Heltzel, 1987).<br />
Was Herrn U. betrift, so kam es zwar nicht zu e<strong>in</strong>er Zwangse<strong>in</strong>weisung. In <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
ersten E<strong>in</strong>zelsitzung (zu <strong><strong>de</strong>r</strong> se<strong>in</strong> Vater ihn mit <strong>de</strong>m Auto brachte), sprach er jedoch<br />
<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> ihm eigenen, <strong>in</strong>direkten, aber höchst wirkungsvollen Weise se<strong>in</strong>e<br />
Verfassung an, <strong>in</strong><strong>de</strong>m er sagte: „Wenn ich Ihnen jetzt sagen wür<strong>de</strong>, daß ich<br />
selbstmordgefähr<strong>de</strong>t b<strong>in</strong> - Sie s<strong>in</strong>d ja Arzt - was wür<strong>de</strong>n Sie tun?“ Mich versetzte<br />
diese „Frage“ emotional <strong>in</strong> hohe Alarmbereitschaft, zumal Herr U. an<strong>de</strong>utete,<br />
daß er kurz davor sei, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abzuhauen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Suizid o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>e schwere Straftat<br />
zu begehen, damit er endlich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Knast komme, wo er h<strong>in</strong>gehöre. Ob ich ihm<br />
das glaube?! Ich glaubte es ihm und schlug - sicherlich auch zu me<strong>in</strong>er Beruhigung<br />
- e<strong>in</strong>e stationäre Behandlung vor, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient jedoch vehement ablehnte.<br />
Erst <strong>in</strong> Gegenwart se<strong>in</strong>er Mutter, die ihn zur zweiten Sitzung begleitete,<br />
stimmte er zu und g<strong>in</strong>g freiwillig <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik. Vielleicht tat er dies auch, weil sie<br />
nun verletzlicher schien als er, <strong>de</strong>pressiv, <strong>de</strong>n Tränen nahe und am En<strong>de</strong> ihrer<br />
Kräfte. In dieser Situation vermittelte die von mir vorgeschlagene Kl<strong>in</strong>ikaufnahme<br />
e<strong>in</strong>en Funken Hoffnung und ermöglichte e<strong>in</strong> vorübergehen<strong>de</strong>s Luftholen aller<br />
Beteiligten.<br />
11. Entwicklungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: Patienten, die <strong>in</strong> Kontakt mit <strong>de</strong>m SPsD kommen,<br />
bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich <strong>in</strong> aller Regel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er tiefgreifen<strong>de</strong>n Lebenskrise. Sie s<strong>in</strong>d<br />
mit überwältigen<strong>de</strong>n sozialen Problemen konfrontiert, ermangeln <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung