gemeindebrief - Evangelische Kirchengemeinde Sulz am Neckar
gemeindebrief - Evangelische Kirchengemeinde Sulz am Neckar
gemeindebrief - Evangelische Kirchengemeinde Sulz am Neckar
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
in Kenntnis gesetzt haben. Und dass offenbar geplant ist, noch Größeres<br />
zu Wasser zu lassen. Der ‚Bedarf‘, so hieß es, sei da – aber vielleicht wäre<br />
es angemessener und anständiger, von Nachfrage zu sprechen, denn der<br />
Begriff des Bedürfnisses in diesem Zus<strong>am</strong>menhange leitet durchaus in<br />
die Irre, er könnte vor allem als Hohn auf alle gehört werden, denen das<br />
Nötigste zum täglichen Leben fehlt.<br />
Wahrscheinlich hätte es der näheren Aufklärung über das Gigantische im<br />
Einzelnen nicht wirklich bedurft; gerade jetzt, unbeweglich daliegend,<br />
erschien die Größe ja erst wirklich: Alles, was sich um den ohnmächtigen<br />
Leib abspielte, wirkte verschwindend, ja gebrechlich, gebrechlicher als<br />
das schon Gebrochene, es wirkte einfach vollkommen unerheblich.<br />
Gleichwohl k<strong>am</strong>en einem plötzlich die fast im monatlichen Rhythmus<br />
gekenterten Flüchtlingsboote in den Sinn; kurze Meldungen zumeist, das<br />
Elend der Ertrunkenen weniger beklagend als beschreibend, die in ihren<br />
verrosteten und vollkommen überladenen Barkassen schon vor dem<br />
Losfahren nur eine 50%-Chance haben, überhaupt irgendwo lebend an<br />
Land anzukommen.<br />
Das hier war nicht nur eine Nussschale auf den unendlichen Weiten des<br />
Meeres, es handelt sich da um so etwas wie eine schwimmende Stadt,<br />
deren Bedienstete organisiert sind wie eine Armee und besoldet werden<br />
wie Sklaven (die Kapitäne freilich ausgenommen). Sie halten den Betrieb<br />
<strong>am</strong> Laufen, sorgen dafür, dass man nicht nur essen und schlafen, genießen,<br />
ruhen, schauen und staunen kann, sondern dass es jederzeit auch<br />
möglich ist einzukaufen, ins Theater zu gehen, Vorträge zu hören, Gottesdienste<br />
und Partys zu feiern, Sport zu treiben und sich mit alldem die<br />
Zeit zu vertreiben. Es ist für alles gesorgt; eigentlich merkt man kaum<br />
noch, unterwegs zu sein. Man merkt kaum noch, sich auf dem Bodenlosen<br />
zu bewegen, über einer wankelmütigen Tiefe zu sein, über dem Abgrund<br />
zu tanzen. Es hat etwas Grenzenloses, es ist, als sehe man den<br />
Rand des Schiffes kaum noch. Der Rand, also die Grenze, rückt aus dem<br />
Blickfeld. Und es ist schwer, ja eigentlich unmöglich, sich vorzustellen,<br />
2