Rede Besselpreis 2010 - Besselgymnasium
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vorgegebene, festgefügte Handlungsfeld durch Spielräume der Entfaltung eigener<br />
Persönlichkeit und Talente mit Sinn zu füllen vermag.<br />
Der tiefere Beweggrund solch sinnstiftenden Handelns ist zweifellos in einer Haltung zu<br />
suchen, welche sich für das Lebensfeld, in dem man sich bewegt, mitverantwortlich weiß.<br />
Dieser Zusammenklang aber - von Selbstbestimmung, Engagement und prosozialem<br />
Verhalten - versteht sich keineswegs von selbst.<br />
Ich will hier gar nicht einmal von unserer Gesellschaft reden, in der das darwinsche Prinzip<br />
des 'survival of the fittest' verbunden mit mangelndem Interesse mancher Führungskräfte an<br />
den Menschen und ihrer persönlichen Entwicklung viele beruflich in die innere Emigration<br />
treibt.<br />
Nach einer aktuellen Studie fühlen sich in Deutschland nur noch 13% der Mitarbeiter ihrem<br />
Unternehmen emotional verbunden und sind wirklich engagiert.<br />
Entsprechende Zahlen für die Schüler an Deutschlands Schulen liegen mir nicht vor – man<br />
muss jedoch kein Schwarzmaler sein, wenn man vermutet, dass hier – was das innere<br />
Verbundenheitsprofil der Schüler zu ihrer Schule angeht – die Sache nicht unbedingt besser<br />
steht.<br />
Für nicht wenige gilt im übertragenen Sinne – nämlich, was ihr Engagement und ihre<br />
emotionale Präsenz angeht – Hape Kerkelings Pilger-Slogan: „Ich bin dann mal weg.“<br />
Das Problem zu benennen, heißt nicht, es bereits lösen zu können.<br />
Dennoch, ich behaupte einmal: Das Ziel zeitgemäßer Schulreformen tritt erst dann<br />
zureichend in den Blick, wenn eine neue Balance von Leistungsorientierung und<br />
Lebensorientierung, von nachprüfbarem Wissen und Identitätsbildung, von Kulturtechniken<br />
und kultureller Verwurzelung erreicht wird.<br />
Und damit Spielräume verantwortlichen Handelns geschaffen werden – dass also Schule<br />
Gelegenheiten schafft, Freiheit und Verantwortung wahrzunehmen,<br />
Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen mit dem Ziel, sich nicht nur als Lernort sondern als<br />
Lebensraum weiter zu etablieren.<br />
Wer nach einer Bildung sucht, die in einem ganzheitlichen Sinn Menschenbildung – also<br />
humanistische Bildung – ist, sollte sie auch heute finden können.<br />
Und wer – wie Charlotte Haake und Fynn Schmidt – die Bereitschaft entwickelt, in seinem<br />
Lebensraum Verantwortung zu übernehmen, gehört damit zu einer bestimmten Art von Elite,<br />
die wir heute und auch morgen brauchen werden:<br />
nicht zu einer Standes- und Besitzelite, wohl aber zu einer Verantwortungselite.<br />
Um es deutlich zu sagen: Der Zugang zu solchen Bildungsmöglichkeiten sollte möglichst<br />
breit sein; das gehört zu den Voraussetzungen einer Befähigungsgerechtigkeit, für die wir<br />
einzutreten haben. Aber das wir um der Gerechtigkeit willen auf die Ausbildung einer